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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Emil Ballif, von Villeneuve, Kts. Freiburg.

(Vom 7. Juni 1876.)

Tit.!

Den 16. Mai abhin erschien der in der Artillerie-Rekrute u schule n in Bière anwesende Rekrut Albert Kölliker von Vuarens vor seinem Hauptmann, Herrn Tièche, und meldete demselben, daß ihm sein Portemonnaie mit Fr. 12 Inhalt abhanden gekommen sei.

Am gleichen Tage wurde ein Instruktor während des Unterrichtes in der Reitbahn von zwei Kameraden Köllikers auf ein am Boden Hegendes Portemonnaie aufmerksam gemacht, welches Kölliker als das seinige erkannte, jedoch in demselben statt Fr. 12 nur noch Fr. l nebst einer Waschmarke vorfand.

Auf Befragen hin, wen er im Verdachte des begangenen Diebstahls halte, nannte er seinen neben ihm schlafenden Kameraden Emil Ballif von Villeneuve, Kantons Freiburg. Dieser wurde nunmehr einvernommen und verhört, stellte jedoch den Diebstahl anfänglich in Abrede, unter Vorbringung verschiedener sich widersprechender Angaben, woher er Geld erhalten haben wollte. Wie aus den Akten aber hervorgeht, stellen sich diese Angaben insgesammt als unwahr heraus. Ballif wurde nun als des Diebstahls verdächtig vorderhand in Arrest gesezt.

Am folgenden Morgen hatte derselbe neuerdings vor seinem mit der Voruntersuchung beauftragten Hauptmann zu erscheinen,

1003 dem er in der Folge ein unumwundenes Geständniß ablegte, wonach er den 16. Mai zwischen seinem und dem Bette seines Kameraden Kölliker auf der Planke ein Portemonnaie erbtikte, dasselbe behändigte und ein lOFrankenstük aus demselben nahm. Ballif schob dann das Portemonnaie in die Hosentasche des Kameraden Kölliker, zog es jedoch einige Augenblike nachher wieder heraus, um es in seinen eigenen Sak zu steken. In der Reitbahn ließ er dasselbe fallen und es wurde, wie oben bemerkt, von einem Instruktor aufgehoben.

Das zur Beurtheilung dieses Diebstahls zusammenberufene Kriegsgericht der II. Division erkannte den Ballif als des Diebstahls schuldig und verurtheilte denselben unterm 26. gleichen Monats zu 6 Monaten Gefängnißstrafe, ohne Einstellung in den bürgerlichen Rechten.

Ballif hat gegen dieses Urtheil unterm 27. Mai ein Begnadigungsgesuch eingereicht, worin er sich neben der Berufung auf seine Jugend und Unerfahrenheit namentlich darauf stüzt, daß er an Epilepsie leide, die er, um nicht dienstfrei zu werden, vor der Untersuchungskommission verheimlicht habe. Hätte er nun dieses Vergehen im bürgerlichen Leben begangen, führt er im Weitern an, so würde er weit geringer bestraft worden sein.

Wir vermögen in diesen Auseinandersezungen keine stichhaltigen Gründe für Eintreten auf sein Begnadigungsgesuch zu erbliken ; offenbar steht sein Leiden weder mit dem Militärdienste noch mit dem begangenen Vergehen in irgend welchem Zusammenhange.

Wir beehren uns daher zu beantragen, es sei das Begnadigungsgesuch nicht zu beruksichtigen, und es habe bei der verhängten Strafe, welche sich übrigens auf das Minimum beschränkt, sein Verbleiben.

Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 7. Juni 1876.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

ScMess.

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Bericht des

Bundesrathes an den Schweiz. Nationalrath über Sicherung der Pfandgläubiger und Obligationäre bei Fusionen und Veräusserungen von Eisenbahnen.

(Vom 9. Juni 1876.)

Tit.!

In Ihrer Sizung vom 1. Juli 1875 haben Sie, anläßlich der Genehmigung der Fusion der Linien Winterthur-Singen-Kreuzlingen und Winterthur-Zofingen, ein Postulat zum Beschlüsse erhoben, welches folgendermaßen lautet: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu begutachten, ob und wie weit bei Fusionen und Veräußerungen von Bisenbahnlinien die nachsuchenden Gesellschaften augehalten werden sollen, Nachweise zu leisten, daß die Rechte ihrer Pfandgläubiger und Obligationäre durch das neu zu schaffende Verhältniß hinlänglich gewahrt bleiben."

Indem der Bundesrath sich hiemit beehrt, Ihnen seine diesfälligen Ansichten vorzulegen, hält er es nicht für erforderlich, die Frage einläßlicher zu prüfen, ob und in wie weit bei Gelegenheit und in Folge einer Fusion oder einer Veräußerung einzelner Linien die Schädigung der Gläubiger, gleichviel ob dieselben mit einem Pfandrecht ausgerüstet seien oder nicht, denkbar wäre: es wird wohl zuzugeben sein, daß Transaktionen der gedachten Art in der

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Emil Ballif, von Villeneuve, Kts. Freiburg. (Vom 7. Juni 1876.)

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Jahr

1876

Année Anno Band

2

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27

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.06.1876

Date Data Seite

1002-1004

Page Pagina Ref. No

10 009 156

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