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Schweizerisches Bundesblatt.

28. Jahrgang. II,

Nr. 25.

3. Juni 1876.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r u k n n g s g e h ü h r per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk nnd Expedition der Stämpflischen Bnchdrnkerei in Bern.

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Votum von

Herrn Ständerath Freuler zu seiner Motion betreffend die Firma ,,eidgenössische Bank".

(Vom 10. März 1876.)

Tit!

Ich erlaube mir, Ihnen zu beantragen, Sie wollen beschließen : Der Bundesrath ist eingeladen, dahin zu wirken, nöthigenfalls durch Hülfe der Gerichte, daß die in Bern und durch Filialinstitute auch in anderen Kantonen domizilirte Aktiengesellschaft : ,,Eidgenössische Bank"-, ,,Banque fédérale", aufhöre, in ihrer Firma das Prädikat ,,eidgenössisch zu führen.

Die anderen Kantone, auf welche ich Bezug nehme, sind : Zürich, Luzern, Basel, St. Gallen, Waadt, Neuenburg, Genf.

Herr Präsident, meine Herren! Als ich vor einigen Tagen mir erlaubte, diesen Antrag in Form der Motion auf den Tisch Ihres Hauses zu legen, wurde mir von befreundeter und jedenfalls wohlwollender Seite zugesprochen, ich möchte ihn wieder zurückziehen; er seie unzeitgemäß und mache daher den Eindruck der Gehässigkeit oder der Effekthascherei; sein Schicksal sei deßhalb zum Voraus besiegelt ; er werde als Spektakelstück durch den Saal rauschen und darin verrauschen. U n z e i t i g sei er, weil antiquirt, und abgesehen hievon, weil jedenfalls zur Stunde gar keine sachliche Veranlaßung vorliege, ihn zu stellen.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

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742 Ich erlaube mir deßhalb vor Allem zu konstatiren, daß eine p e r s ö n l i c h e Veranlaßung zur Stellung meines Antrages für mich durchaus nicht vorliegt. Ich stand und stehe zu dem angezogenen Institute, der ,,Eidgenössischen Bank", in gar keiner Beziehung, auch nicht zu den Persönlichkeiten, welche dasselbe leiten und verwalten.

Ich fühle mich deßhalb vollständig frei von aller Leidenschaft und hoffe durch meinen Vortrag selbst Ihnen dafür den Beweis leisten zu können. Ich anerkenne, daß ich in dem bezogenen Institute als solchem keinerlei besondere Gefährdung unseres Staatstitels erblicke ; ich habe noch nie etwas Anderes gehört, als daß das Institut ausgezeichnet administrirt werde, und ich weiß, daß die Persönlichkeiten, welche an dessen Spitze stehen, hochachtbare Männer sind.

Daß es mir auch durchaus nicht darum zu thun ist, ein Spektakelstück aufzuführen, wird sich Ihnen aus der Begründung der Motion wohl ebenfalls ergeben; dagegen habe ich Ihnen vor Allem zu erklären, warum ich just diese Session als den richtigen Zeitmoment zur Stellung meines Antrages erachte, und worin ich die besondere Veranlaßung zu letzterem heute erblicke.

Der Artikel 39 unserer Verfassung sagt: ,,Der Bund ist befugt, im Wege der Gesetzgebung allgemeine Vorschriften über die Ausgabe und die Einlösung von Banknoten zu erlassen.tt Von dieser Befugniß hat bekanntlich der Bund Gebrauch gemacht und gerade jetzt ist das bezügliche Banknotengesetz dem eidgenössischen Referendum unterstellt. Es liegt daher heute der Zeitmoment vor, wo die eidgenössischen Behörden sich wohl vor die Frage stellen müssen : welches werden die nächsten Folgen sein, wenn das Gesetz angenommen, -- welche, wenn es vom Volke verworfen wird?

Wird, wie ich vermuthe, das Banknotengesetz a n g e n o m m e n und rechtskräftig, so ist voraussichtlich, daß diejenigen Banken, welche bis heute die größte Notenemission besitzen, sich beim Bunde melden, über die Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen sich ausweisen und von ihm für so und so viel Millionen Noten verlangen werden mit der Bescheinigung, daß sie ,,schweizerische Emissionsbanken1* seien, was nach Inhalt bezogenen Gesetzes beurkundet, daß der Bund, der Staat, die Eidgenossenschaft, zwar nicht eine finanzielle, wohl aber eine moralische Garantie, die der Contrôle, für jene Noten übernehme. Diese
hervorragendsten Institute sind: die Banque du commerce à Genève mit einer Emission von Fr. 14,700,000, die Zürcher Kantonalbank mit einer solchen von Fr.8,000,000; die Banque cantonale neuchâteloise mit einer Emission von Fr. 6,796,000 und die eidgenössische Bank mit einer solchen von. 6,000,000 Franken Banknoten. In diesem Momente hat also der Staat zum ersten Mal Gelegenheit und wird

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gezwungen, offizielle Kenntniß von dem Bestehen einer ,,Eidgenössischen Bank"1 zu nehmen und er wird sich nothgedrungen hier vor die .Frage stellen müssen, ob er jene offiziell als solche und als schweizerische Emissionsbank bestätigen solle? Wird das Banknotengesetz angenommen, so stehen wir also vor dem Momente, wo jene Frage gelöst werden muß, und dem Bundesrathe, welcher bis heute eine sehr passive Stellung zu derselben eingenommen hat, wird es sicher zu großer Beruhigung dienen, wenn er da.nnzumal schon im Besitze direkter Weisung von Seite der Bundesversammlung sich befindet.

Wenn das Banknotengesetz v e r w o r f e n wird, was wird davon die Folge sein? Dreierlei Meinungen, dreierlei Richtungen werden dann sich geltend machen, wie dies heute dem Entwurfe gegenüber schon der Fall ist. Die eine wird den status quo erhalten, die andere auf der Basis des verworfenen Entwurfes einen neuen Versuch machen wollen ; eine dritte endlich aber wird auf die Errichtung einer Staatsbank, allerdings nicht mit dem Monopol, aber mit der Befugniß der Notenemission, dringen. Eine Möglichkeit, die heute schon in's Auge gefaßt werden muß, wäre nun, daß diese dritte Richtung, wenn auch nicht sofort, doch vielleicht im Laufe von Jahren obsiegen und durchdringen würde. Wie nun dann ?

Diese Staatsbank als commercielles Institut müßte doch einen Handelsnamen, eine Firma besitzen und führen, der sie deutlich als solche von allen anderen privaten Instituten unterschiede und heraushöbe. Ich will kein Schema entwerfen für alle möglichen Arten, wie dies geschehen könnte ; aber offenbar wäre sprachlich, politisch und handelspolitisch die einfachste, deutlichste und damit richtigste Bezeichnung: ,,Eidgenössische Bank11, ,,Banque fédéralea. Und daran, ihrem Institute diesen richtigen und einzig ihm gebührenden Namen zu geben, soll die Eidgenossenschaft verhindert, darin gehemmt und beeinträchtigt sein durch ein Privatinstitut, das ihn rechtswidrig usurpirt hat? Es läßt sich nicht bestreiten, daß es schon Mittel gäbe, in der deutschen Sprache noch eher als in der französischen, das Staatsinstitut als solches im Namen zu kennzeichnen; allein die Pseudobase würde nicht blos zu schwulstigen Umschreibungen veranlaßen, sondern sie würde durch Fortführung ihres Titels aus diesem eine unberechtigte Conkurreriz in dem Geschäftskreise
des wirklich eidgenössischen Institutes unterhalten. Es ist also klar, daß in jenem Momente wieder die Frage aufgeworfen werden müßte, ob die Privatgesellschaft ,,Eidgenössische Bank" zur Führung dieses Namens berechtigt seie? Diese Frage aber erst in jenem Momente zu lösen, wo der Staat als wirklicher Conkurrent auftritt, würde den Verhandlungen die Objektivität benehmen,

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welche bei den Staatsbehörden vorausgesetzt werden muß, wenn nicht ihrem Ansehen Eintrag geschehen soll. Heute dagegen sind wir noch vollständig unbefangen und können die Frage ohne allen Eigennutz, ohne alle Leidenschaft in aller Ruhe erörtern. Lassen Sie mich dies thun.

Ich halte dafür, Niemand als unser Staat darf den Namen Eidgenossenschaft, adjectif also das Prädikat ,,eidgenössisch"1 führen und für sich in Anspruch nehmen; er gehört einzig ihm, unserem Bundesstaate, unserer Schweiz als staatlicher Organisation; es ist sei n Name. Bevor ich dies historisch erörtere, möchte ich es rechtlich begründen. In dieser Beziehung behaupte ich, d i e a u s s c h l i e ß l i c h e F ü h r u n g d e s s t a a t l i e h e n T i t e l s ist ein Souveränitätsrecht und eine Souveränitätsp f l i c h t des Staates.

Ich werde unten Gelegenheit nehmen, von der Führung des andern Staatssymboles, des Staatssiegels, des Wappens, das Gleiche auszuführen. Für meine Ansicht kann ich zwar weder Gesetze, noch gelehrte Autoritäten citiren; in den Werken meiner früheren Staatsrechtslehrer Bluntschli und Mohl habe ich nichts Derartiges ausgesprochen gefunden; auch nicht in meinen verstaubten Collegienheften; aber ich glaube blos deswegen nicht, weil die obige Behauptung als etwas Selbstverständliches, das nie ernstlich zweifelhaft werden könne, vorausgesetzt wird. Das Recht, Athem zu schöpfen, ist nirgends durch positives Gesetz garantirt oder gelehrt erörtert worden -- es ist ein Naturrecht; ebenso das ,,zu heißen", einen Namen zu tragen. Das Gesetz normirt nur, daß Niemand den Namen eines Andern sich aneignen dürfe (Aneignung fremden Familienstandes), vor Allem nicht den einer schon bestehenden juristischen Person, eine Firma. Was nun von jeder juristischen Person im Staate gilt, muß vor Allem doch wohl auch Geltung haben für diejenige, welche sie alle umfaßt, für den Staat selbst.

Der Staat hat somit vor Allen das Recht, sich zu heißen, sich einen Namen beizulegen und zu verbieten, daß ein Anderer sich ihn ebenfalls aneigne. Der Staat hat dieses Recht auch schon deßwegen, weil es seine Pflicht ist; denn er muß im Falle sein, sich als solcher unzweideutig erkennen geben zu können, gegen Außen, gegen Innen, ja sogar als bloße Privatperson, als Vermögenssubjekt; i c h m u ß b e s t i m m t w i s s e n , w e n n d e r
Staat m i r gegenü b e r tritt, daß ich es mit ihm und mit keiner anderen P e r s o n zu t h u n h a b e und u m g e k e h r t . So ist es auch überall und seit jeher in der Welt gehalten. Jedes Land, wenn es nicht bloß geographisch, sondern als staatliche Organisation sich zu erkennen geben will, setzt dem Namen des Landes ein Prädikat

745 bei, welches dies bezeichnet; in monarchischen Staaten gewöhnlich das Souveränitätsprädikat, welches mit jenem zusammen den offiziellen Staatstitel bildet: Königreich Württemberg, Großherzogthum Baden, Kaiserthum Oesterreich, Königreich Italien, u. s. w. ; auch adjectivisch wird dei' Staatstitel gebogen, z. B. großherzoglich badisch, königlich württembergisch u. s. w. Als Beiwort legt der Staatstitel selbstverständlich dem folgenden Hauptwort das staatliche Kleid an, gibt ihm die Staatseigenschaft: die badischen Bahnen und die großherzoglich badischen Bahnen, eine österreichische Villa und eine kaiserlieh österreichische Villa, eine württembergische Bank und eine königlich württembergische Bank sind deßhalb nicht identisch.

Welchen Staatstitel führt die Schweiz?

Daß unser Land als Land Schweiz heißt, habe ich in diesem Saale nicht zu erörtern und habe nicht nothwendig, auf alle Geschichts- und Geographie-Werke, auf alle Reisehandbücher, auf alle ,,Schweizer*-Ansichten und Bilder aus der ,,Schweiz" hinzuweisen; man kann ja jeden Jungen im In- und Auslande fragen, der ordentlich sprechen gelernt hat. Aber hier schon sei es betont, Schweiz heißt unser Land und nicht etwa Eidgenossenschaft. Es spricht Niemand davon, er reise in die Eidgenossenschaft; Niemand, er stamme aus der Eidgenossenschaft; Schweizerreisen, nicht eidgenössische macht man, und Schweizeransichten, vues suisses, bietet man zum Verkaufe aus, nicht eidgenössische, nicht vues fédérales.

,, S c h w e i z e r l a n d 1 1 ist das Wort, das, wir hören es draußen oder daheim, von der Jugend bis ins Alter jenen mächtigen Zauber ausübt auf uns Alle!

Auch die Schweiz bedarf, um sich als staatliche Corporation erkennen zu geben, eines staatlichen Namens, eines offiziellen Staatstitels. Sie könnte sich nach Analogie anderer Staaten in dieser Beziehung z. B. nennen: Schweizerische Republik; sie hieß auch, freilich nur während sehr kurzer und trauriger Zeit, und möchte ich sagen, unfreiwillig unter fremdem Dictate, ähnlich, nämlich : Helvetische Republik ; auch Schweizerischer Bundesstaat könnte sie sich nennen und ähnlich mehr; aber sie hat sich nun einmal nie so genannt und nennt sich auch heute nicht so. Ihr Staatstitel ist seit ihrer staatlichen Entstehung bis heute: E i d g e n o s s e n s c h a f t , vervollständigt Schweizerische
Eidgenossenschaft; adjectivisch gebogen: E i d g e n ö s s i s c h . Die Inwohner der Schweiz, welche dem Staatsorganismus angehören und denselben bilden, heißen u.it Rücksicht hierauf: Eidgenossen. Man kann Schweizer sein, aber doch momentan dem Staatsorganismus der Schweiz sich

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entzogen haben, darum spricht man von den ,,Schweizern im Auslande und nicht von den ausländischen Eidgenossen.

Diesen Titel ,,Eidgenossenschaft legt sich auch unser Staat nicht zufällig bei; er ist kein leeres Wort, er ist Wahrheit, er ist der Ausdruck einer historischen Thatsache. Es ist keine Mythe, es ist wirklich wahr, daß kein einziger der zweiund z wanzig Staaten, deren Abgeordnete wir sind, unter anderer Form Glied unseres heutigen Bundesstaates geworden ist, als unter der eines wirklich ausgeschworenen, eines körperlichen Eides. Schon das älteste Dokument, welches wir über unsere Bünde besitzen, das einzige, welches noch lateinisch abgefaßt ist, das vom i. August 1291, welches den Bund der drei Waldstätte beurkundet, sagt nicht blos, daß dieser durch einen körperlichen Eid besiegelt worden, sondern daß dies damals schon althergebrachte Form und Bedingung gewesen seie. Es heißt nämlich dort im Eingang: Noverint igitur universi, quod homines vallis Uranie, universitasque valliis de Switz, ac communitas hominum intramontanorum vallis inferioris, maliciam temporis attendentes ac in omnem eventum quelibet universitas promsit alteri accurrere p r e s t i t o s u p e r hiis c o r p o r a l i t e r j u r a m e n t o , âbsque dolo servandis, antiquam c o n f e d e r a t i o n i s f o r m a m j u r a m e n t o v a l l a t a m presentibus innovando etc. etc.

In der Urkunde über den Zutritt der vierten Waldstatt Luzern vom Jahr 1352 heißt es im Eingang: ,,Darumb so künden und offnen wir, der Schultheiß, der Ammanii, die Räte und die Burgere gemeiniglich der Stadt zu Luzern, die Landlüt von Uri, von Schwitz und von Underwalden, allen denen, die diesen Brief lèsent, oder hörent lesen, daß wir darumb, daß wir fürsterhint und fürkommind die Herte und die Strenge dos Zites und wir desterbaß mit Frieden und mit Gnaden beliben mögend, und wir unser Lib und unser Gut dester baß beschirmen und behalten mögind, s o band wir uns mit T r e u w e n und Eiden ewigklich und s t ä t i g l i c h z u s a m m e n v e r s i c h e r t u n d g e b u n d e n , also daß wir bei unsern Treuwen und bi u n s e r e n Eiden gelopt und g e s c h w o r e n habend, einander zu helfen und zu raten, mit Lib und mit Güte, in allem dem Rechten, und mit allen den Gedingen, als hienach geschrieben stat, etc." Schon in dieser Urkunde
nennen sich aber auch, in der ersten deutschen also, die Verbündeten: E i d g e n o s s e n . Es heißt nämlich in derselben weiter unten : ,,War auch, daß dhein Mißhelle, oder Krieg sich hübe, oder untererstunde, unter uns den vorgenampten E i d g e n o s s e n , darzu sollend unter uns die besten und witzigesten kommen etc. etc." Dasselbe Wort Eidtgenossen wiederholt

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sich noch öfter in dieser Urkunde. Dasselbe sehen wir in allen späteren Urkunden, die ich in Rücksicht auf Dire Zeit in einem parlamentarischen Vortrage Ihnen wohl nicht alle vortragen darf.

Beispielsweise will ich noch einen Satz aus derjenigen von Glarus vom Jahre 1552 anführen; es heißt dort: ,,Wäre aber, daß uns die vorgenannten E i d g e n o s s e n von Zürich, von Ure, von Schwitz und von Underwalden gemeinlich, oder der Merteil unter uns düchte und uns uff den Eid erkanntind, daß der Gebrest und die Sach, darumb dann die vorgenannten unser E i d g e n o s s e n von Glarus gemant hettind, als ungerecht und als unredlich wäre, darumb süllend sie uns dannen gehorsam sin etc. etc. Eben in derselben Urkunde ist auch die Rede von ,,den Eidgenossen gemeinlich.tt Es heißt nämlich : ,,Wäre auch, daß wir die vorgenanten Eidgenossen von Zürich, von Ure, von Schwitz und von Underwalden einhelligklich eines Gezogen und Gesässes ze Rat wurdint für Stett und für Vestineu, und wir unser Eidgenossen von Glarus zu uns darmantind, was wir da Schaden oder Kosten habiud mit Werken oder mit Werklüten, daß die E y d g e n o s s e n gemeiniglich a n t r i f f t , dann süllend wir die von Glarus auch unseren Teil ingeben etc.a Die-Urkunde vom Jahre vorher, über den Beitritt Zürichs itn Mai 1351, spricht, wie viele spätere, in ihrem Eingang den Schwur noch deutlicher aus, indem sie sagt : ,,Wir der Bürgermeister tund kund.... daß wir -- einer ewigen Pündtnuß und Frundschaft übereinkommen sind, zusammen g e l o p t und g e s c h w o r e n h a b e n d , lieplich u n d ö f f e n t l i c h g e l o p t Eide z u G o t t u n d d e n Heiligen, f ü r u n s u n d a l l e u n s e r e N a c h k o m m e n , d i e h a r z u m i t N a m e n ewigklich v e r b u n d e n und b e g r i f f e n sin süllend.

Wie wörtlich dieses Ausschwören des Eides zu verstehen ist, das mag Ihnen folgende Stelle aus einem Bündnisse belegen, welches im Jahr 1454 der Kanton, den ich hier zu vertreten die Ehre habe, mit ,,den Eidgenossen" abschloß, welches im Grunde anno 1501 nur neuerdings bestätigt wurde. Es heißt dort: ,,Und also habend wir, Obgenannte von Schaff hausen a l l e gemei n lie h u n d u n d e r u n s j e g l i c h b e s o n d e r s , w a s Mannen o d e r K n a b e n 16 Jahr alt und ä l t e r sind g e l e h r t Eyd mit uffgebottenen F i
n g e r n zu G o t t und den H e i l i g e n ges c h w o r e n für uns und unsere Nachkommen, was dieser Brief von uns wiset und s e j t . . . . wahrlich und stät zu halten."

Nicht blos aber nennen sie sich ,,Eidgenossen" in Bezug auf ihre staatliche Verbindung, unsere Vorfahren, sie nennen eben diese selbst schon in den ältesten Urkunden ,,E i d g e n o s s e nschaft.

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Bekanntlich finden wir in jener Zeit noch keine ,,Verfassung" im heutigen Sinn, aber wir begegnen verschiedenen Statuten, ,,Briefen14, welche sie ersetzen; dem Pfaffenbrief von J370, welcher die religiösen Dinge, dem Sempacherbrief von 1393, welcher die militärischen, dem Stanzer Verabkommniß von 1481, welches die ökonomischen Angelegenheiten regelt. In allen diesen drei Urkunden finden wir für die Bezeichnung des Staates, der staatlichen Vereinigung, den ihr gebührenden Namen ,,Eidgenossenschaft 1 *, Erlauben Sie mir, Ihnen dies aus jeder Urkunde mit einem Beispiel zu belegen.

Es steht unter Anderem im Pfaffenbrief: ,,Wir sind auch einhelligklich übereinkommen, daß wir all Straßen von der stübenden Brück untz gen Zürich zu allen Zyten in aller u n s e r E i d g e n o s s e n s c h a f t schirmen sollend und wellind. Er sige Gast, Landtmann, Frömbd oder heimisch, wie sie geheissen sind, daß die mit Ir Lib und mit Ir Gut in allen unseren und dero, so zu uns gehörend, gerichten und Gebieten sicher faren, daß sie ohne Recht nieman bekumbern, sumen noch schädigen soll. " Im Sempacherbrief finden wir beispielsweise folgende Stelle : ,,Zu dem ersten meynen wir, daß jetlich Statt und jetlich Land in unser E i d t g e n o s s e n s c h a f t bei den Eidten, so wir unsern Stetten und Ländern geschworen hand eigenlich besorgen und versprechend auch das also einhelligklich zu halten in diesem Brief, daß kein E i d t g e n o ß den anderen, oder denen die zu Inen gehörend gemeinlich noch Ir dheinen sonderlich, himethin frevenlich oder mit Gewalt in Irò Hüsser laufen sollend."

I m S t a n z e r V e r a b k o m m n i ß a b e r f i n d e n w i r schon in d e s s e n E i n g a n g ,, E i d g e n o s s e n s c h a f t " als Staatst i t e l p r o k l a m i r t . Es lautet nämlich jener : ,,In dem Namen des Vaters, des Sunes und des heiligen Geistes. Amen. Wir Burgermeister, die Schultheißen, Ammann, Räthe, Burger, Landlüth und Gemeinden gemeinlich dieser hie nachgemelten Stetten und Landen: Nämlich von Zürich, Bernn, Lutzern, Ure, Swytz, Unterwaiden ob und nid dem Kernnwalde, von Zug mit dem usseren Ampt, so dazu gehörrt, und von Glarus, als die a c h t O r t e der Eydgenossenschaft."

Und von da ab? Meine Herren! Wie hießen doch bis in die letzten Jahre des vergangenen Jahrhunderts all die Gesetze, Verordnungen
und Beschlüsse, die unser Land beschlugen? Ich habe sie hier in Händen ; ich habe gestern dem ,,Eidgenössischen" Archiv die offizielle Sammlung der ,, E i d g e n ö s s i s c h e n Abschiede", der ,, g e m e i n e i d g e n ö s s i s c h e n T a g s a t z u n g ' 1 e n t n o m m e n .

749 Uebergehen wir die Paar Jahre der Schmach und der Fremdherrschaft unseres Vaterlandes und nehmen wir die erste eigentliche V e r f a s s u n g zur Hand, welche die zweiundzwanzig Kantone, die wir heute vertreten, vereinigt hat, jene Verfassung, die noch unsere leiblichen Väter aufgestellt haben, die vom J a h r e 1815, gegenüber welcher die von 1848 und die gegenwärtige ja nur als zeitgemäße Revisionsarbeiten erscheinen. Was ersehen wir aus ihr?

Auch sie ist noch von den sämmtlichen Vertretern der zweiundzwanzig Kantone beschworen worden und gibt daher mit vollem Recht und voller Wahrheit dem so begründeten Staate den Titel ,,die Schweizerische Eidgenossenschaft." Es lautet der § 15 dieser Verfassung wörtlich so : Sowohl gegenwärtiger Bundesvertrag, als auch die Kantonalverfassungen sollen in das eidgenössische Archiv niedergelegt werden. Die 22 K a n t o n e k o n s t i t u i r e n s i c h als Schweizerische Eidgenossenschaft; sie erklären, daß sie frei und ungezwungen in diesen Bund treten, denselben im Glück wie im Unglück als Brüder und E i d g e n o s s e n getreulich halten, insonders aber, daß sie von nun an alle daraus entstehenden Pflichten und Verbindlichkeiten gegenseitig erfüllen wollen, und damit eine für das Wohl des gesammten Vaterlandes so wichtige Handlung, nach der Sitte der Väter, eine heilige Gewährschaft erhalte, so ist diese Bundesurkunde nicht allein durch die bevollmächtigten Gesandten eines jeden Standes unterzeichnet und mit dem neuen Bundessiegel versehen, sondern auch durch einen theuren Eid zu Gott dem Allmächtigen feierlich bekräftigt worden.

Also geschehen, unterschrieben und besiegelt durch die nachgenannten Herren Gesandten und Legationsräthe der E i d g e n ö s s i s c h e n S t ä n d e , in Zürich den 7. Augustmonat im Jahr nach Christi Geburt 1815."

In der offiziellen Sammlung heißt es weiter: ,,Hier folgt der den Gesandtschaften der Eidgenössischen Stände, zur Beschwörung des Bundes, am 7. August 1815, vorgelegte Eid: ,,Wir die Gesandten der 22 s o u v e r ä n e n S t ä n d e der Eidg e n o s s e n s c h a f t , im Namen und als Bevollmächtigte der Bürgermeister, Schultheißen, Landammänner, Häupter, Landeshauptmann, Staatsräthe, Syndics, kleinen und großen Räthe und ganzen Gemeinden der Hohen Stände Zürich, Bern etc. s c h w ö r e n : Den B u n d der E
i d g e n o s s e n laut Inhalt der soeben verlesenen .'Trkunde vom 7. August 1815 wahr und stets zu halten, und dak'T Leib und Leben, Gut und Blut hinzugeben, die Wohlfahrt und den Nutzen des gesammten Vaterlandes und jedes einzelnen Standes nach besten Kräften zu fördern und deren Schaden abzuwenden; im Glück und im Unglück als B r ü d e r und E i d g e n o s s e n mit

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einander zu leben, und alles zu leisten, was Pflicht und Ehre von treuen Bundesgenossen fordert."

Worauf die Gesandtschaften mit lauter, vernehmbarer Stimme die Worte nachgesprochen haben: ,,Was der soeben vorgelesene Eid enthält, das wird mein hoher Stand, der mich hieher gesandt, halten und vollziehen, getreulich und ohne Gefährde: das betheure ich bei Gott dem Allmächtigen, so wahr mir seine Gnade helfen möge."

Das haben noch unsere leiblichen Väter geschworen und heute schon wollen manche Söhne behaupten, der Titel ,,Eidgenossenschaft" und ,,Eidgenosse" sei ein leeres Wort, das weiter keine Stütze und keine Bedeutung habe als die einer Mythe längst verschwundener Zeit.

Und gehen wir über zu den beiden folgenden Verfassungen, zu der von 1848" und der heutigen vom 29. Mai 1874, die auf unserem Pulte liegt, was steht an ihrer Spitze ? ,,Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Im Namen Gottes des Allmächtigen ! D i e s c h w e i z e r i s c h e E i d g e n o s s e n s c h a f t , in der Absicht, den Bund der Eidgenossen zu befestigen, die Einheit, Kraft und Ehre der schweizerischen Nation zu erhalten und zu fördern, hat nachstehende Bundesverfassung angenommen: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. Artikel 1. D i e durch gegenwärtigen Bund vereinigten Völker der z w e i u n d z w a n z i g souveränen K a n t o n e , als: Zürich etc., b i l d e n in i h r e r Ges a m m t h e i t die Schweizerische Eidgenossenschaft."

Damit, meine Herren, habe ich wohl mehr als gegenüber den Vertretern der ,,Eidgenössischen Stände" nöthig war, begründet, daß ,,Eidgenossenschaft" der offizielle Titel unseres Staates ist und daß ihm derselbe nicht blos rechtlich, sondern auch als historisch erworbene Thatsache ausschließlich zukömmt.

Oben schon habe ich auch ausgeführt, daß es nichts Auffallendes, sondern etwas Gewöhnliches ist, daß in den Staatstitel auch der geographische aufgenommen werde; es ist deshalb ,,Schweizerische" Eidgenossenschaft jedenfalls eine sprachlich erlaubte Vervollständigung; es ist nicht eine Wortcumulation wie ,,hölzerne Holzgelte," denn die Begriffe sind nicht adaequat. In monarchischen Staaten, welche das bloße Souveränitäts-Prädicat vorsetzen, ist natürlich der Landesname im Hauptwort wie im Beiwort
unentbehrlich. Königreich, Großherzogthum; königlich, großherzoglich bedeutet an und für sich keinen Staat, wohl aber Königreich Bayern, Großherzogthum Baden, königlich bayrisch,

751 großherzoglich badisch. Nicht so bei der Eidgenossenschaft. Dies Wort allein schon unterscheidet sie von den anderen Staaten und giebt ihr staatlichen Charaeter; es ist deshalb eine erlaubte, aber keineswegs nöthige Vervollständigung, das Wort schweizerisch : es ist dies in Folge dessen auch in der adjectiven Form nicht uotliwendig und dort auch durchaus nicht gebräuchlich. ,,Eidgenössisieh" bedeutet ,,der Eidgenossenschaft11, der schweizerischen Eidgenossenschaft angehörend; nicht ,,schweizerisch eidgenössisch11. Wohl aber kann an der Stelle ,,Eidgenössisch11 das Prädikat ,,Schweizerisch" hin und wieder genügend erscheinen, nämlich da, wo das Hauptwort für sich hinlänglich die Eidgenossenschaft, das Staatliche, zu erkennen giebt. Es genügt deshalb : Schweizerischer Bundesrath, Schweizerischer Nationalrath, Schweizeriehes Bundesgericht u. s.w.; da wo aber das Hauptwort nicht schon ausdrücklich das ,,Eidgenössisch" in sich schließt, da kann es durch das Beiwort ,,Schweizerisch" nicht ersetzt werden ; denn das Wort Schweizerisch berührt den Staat als solchen nicht, giebt ihn nicht zu erkennen, ist nicht sein Losungswort. Es bedarf überhaupt keiner weiteren Erklärung, es bedarf nur der elementarsten Sprachkenntniß, nicht einmal Sachkenntniß, um zu wissen, daß ein gewaltiger Unterschied ist zwischen : Eidgenössischen Beamten und Schweizerisch en Beamten; eidgenössischen Räthen und schweizerischen Räthen ; schweizerischen Offizieren und eidgenössischen Offizieren ; eidgenössischen Fonds und schweizerischen Fonds, daher auch zwischen ,,Eidgenössischer Bank" und beispielsweise ,,Schweizerischer Creditanstalt." Schweizerisch verfängt das Land, ist blos örtlich zu beziehen, wie z. B. Schweizerische Nordostbahn, Schweizerische Centralbahn; ,,Eidgenössisch" verfängt den Staat, kömmt daher ihm zu und ist jedem Dritten unerlaubt, verboten. Daher mein Antrag.

Herr Präsident! Meine Herren Ständeräthe! Nachdem ich damit, so gut es mir in kurzer Zeit möglich war, den Ihnen unterbreiteten Antrag begründet habe, wollen Sie mir gestatten, daß ich flüchtig noch einige Einwendungen berühre, welche demselben etwa entgegengestellt werden könnten, wobei ich selbstredend die cynischeu Wuthausbrüche vollständig übergehe, in die der hiesige anonyme Correspondent eines Tageblattes verfallen ist, schon bevor der gestellte
Antrag hierorts nur zur Erörterung kam. Es giebt eben Leute, die es für uöthig und Erfolg versprechend erachten, und deren Character es angemessen ist, durch Begeiferung Anderer um die Gunst Dritter zu wedeln ; für diese habe ich keine Argumente. Die Haupteinwendungen aber, die vielleicht auftauchen mögen, sind wohl gerichtet gegen die Consequenzen, welche sowohl für das bezogene Actieninstitut als im Allgemeinen sich ergeben würden, wenn der

752 gestellte Antrag zum Beschlüsse erhoben und durchgeführt würde.

Fassen wir sie ins Auge.

Was das bezogene Institut betrifft, so wird es zweifelsohne durch die Ausführung meines Antrages geschädigt werden. So sehr ich mich nun auch davor hüte, einem Andern Unrecht und Schaden zuzufügen, so wenig scheue ich mich davor, ihn daran zu hindern,.

Unrecht zu thun und sich unrechtmäßig zu bereichern. Diese Hemmung eines Dritten, diese Schädigung, ist nicht bloß ein Recht, sondern eine Pflicht des Staates. Diese Pflicht, wie jede andere, erlischt nicht durch Verjährung. Weitere Ausübung und Ausbeutung von Unrecht zu verhindern, ist es nie zu spät. Die Einwendung, mein Antrag sei im Princip richtig und begründet, aber früher, vor 10 Jahren hätte er gestellt werden sollen, heute sei er nicht mehr ausführbar, ist daher nicht stichhaltig, unrichtig. Ein Ersitzungsrecht giebt es in dieser Richtung nicht und aus bisheriger Passivität des Bundes kann nicht auf eine stillschweigende Concession desselben geschlossen werden; denn nicht der Bund, sondern die Regierung des Kantons Bern hatte die Actiengesellschaft zu concediren. Erst durch die gegenwärtige Bundesverfassung erhält der Bund Veranlaßung, sich offiziell selbst um das Bankwesen zu kümmern; bis dahin fehlte sie für ihn. Wenn die Eidgenossenschaft bisher darauf verziehtet hat, gegenüber der pseudo ,,Eidgenössischen Bank" von ihrem Rechte Gebrauch zu machen, so ist damit ihr Klagrecht nicht verjährt, da es sich nicht darum handelt, eine Forderung geltend zu machen etwa auf Herausgabe des aus dem Gebrauch ihres unrechtmäßigen Titels der Bank erwachsenen Gewinnansatzes.

Jedenfalls besteht aber ein solcher, denn wenn die ,,Eidgenössische Banka vom Entzug dieses Prädikats empfindlichen Schaden fürchtet, so muß sie dessen Gebrauch als von wesentlichem Nutzen betrachten.

Wenn nun in Anschlag gebracht wird, daß ihr über 10 Jahre lang dieser Gebrauch unverkümmert möglich war, so wird wohl jeder Richter, abgesehen davon, daß aus unrechtmäßigem Gut und Besitz keine Schadensersatzklage angestrengt werden kann, den Schaden, welcher durch die nachträgliche Aenderung der Firma und die damit verbundenen Inconvenienzen etwa der Bank entstehen könnte, mehr als zehnmal compensirt finden durch den bisher bezogenen Gewinn. Die Hauptinçonvenienz, der Einzug und die Umänderung
der Banknoten, müßte, sofern das Banknotengesetz angenommen wird, so wie so stattfinden und ist deshalb, wie schon eingangs erwähnt, mit Rücksicht hierauf gerade jetzt der richtige und wenigst schädliche Moment für ein bezügliches Einschreiten. Uebrigens wird bei vernünftigem Entgegenkommen des bezogenen Instituts der Schaden auch nicht bedeutend sein;

753 denn, wie ebenfalls schon eingangs hervorgehoben, liegt es keineswegs im Sinne meines Antrages, daß rigoros und möglichst rücksichtslos vorzugehen sei, und ist auch nicht zu fürchten, daß der Bundesrath die Sache so auffassen sverde, falls die Räthe den Antrag beschließen. Es werden sich jedenfalls bei beidseitigem gutem Willen Mittel und Wege finden lassen, sei es durch Vereinbarung von Terminen, sei es durch möglichst schonende Aenderung der Firma, welche die Ausführung des Beschlusses ohne irgend welchen erheblichen Schaden für das Institut gestatten werden.

Der Fall wird also nicht eintreten, den jüngst im Scherze einer meiner Freunde voraussah, daß durch Beschließung meines Antrages die ,,Eidgenössische Bank" in die entsetzliche Lage käme, in Zukunft blos noch ,,Bank" zu heißen.

Als Consequenz der Beschließung meines Antrages im Allgemeinen hat schon, wohl mehr zum Scherze als im Ernst, eingeworfen werden wollen, er würde eine allgemeine Hetzjagd gegen das Wort ,,Eidgenössisch" zur Folge haben. Jede Wirthschaft .,,zum eidgenössischen Kreuz," jedes ,,Café fédéral", müßten ihre Taffairen ändern. Ich meines Orts würde keineswegs vor dieser äußersten Consequenz zurückschrecken und es weder für Schade noch für Schande halten, wenn wir in der Republik unser höchstes Wort so intact und heilig erhielten, wie dies in monarchischen Staaten der Fall ist; denn ich bin überzeugt, daß eine ,,Königlich Württembergische Küchliwirthschaft" und Achnliches nirgends zu finden ist und nicht gestattet würde. Es ist aber durchaus nicht nothwendig, zu dieser äußersten Consequenz zu schreiten; vernünftige Anwendung und Auslegung ist, wie überall, auch hier die Hauptsache. Wo die Eidgenossenschaft sogar stolz darauf sein kann, daß auf sie Bezug genommen, daß ihr das Patronat zugeschrieben wird, bei einem ,,Eidgenössischen Schützenfest", einem ,,Eidgenössischen Sängerfest" und Aehnlichem, wird sie auch nicht einsprechen. Der Staat wird nur dort ein Interesse haben, einzuschreiten, wo Gefahr darin vorliegt, daß etwa Dritte veranlaßt werden könnten, das Prädikat Eidgenössisch wirklich ernstlich aufzufassen und auf ihn, den Staat, zurückzubeziehen. Wer an einem Gasthof oder Gasthof-Omnibus liest: ,,König von Bayern", ,,Erzherzog Stephan" u. s. w., wird nicht verführt, zu glauben, daß er es mit dieser Person zu thun
habe; gewiß ebensowenig wer liest: ,,zur Eidgenossenschaft", ,,Café fédéral", zürn ,,Eidgenössischen Kreuz". Ganz anders könnte sich die Sache schon verhalten, wenn wir etwa auf einem Berge ein großartiges ,,Eidgenössisches KurHotel" träfen. Hier wäre wohl der Fremde berechtigt zu glauben, daß. er in einem staatlichen Hause abgestiegen sei, wo Ordnung

754 herrsche und keine Prellerei stattfinde. Wie nun, wenn unter jener Flagge das gerade Gegentheil in jenem Hause zu finden ist, am Ende noch ein Roulet-Tisch und einer für trente et quarante, -- ist nicht der geprellte Fremde berechtigt, der Eidgenossenschaft Vorwürfe darüber zu machen, daß sie eine solche Wirthschaft führt, oder ·wenigstens unter ihrem Namen führen läßt? Ist ein solcher Mißbrauch unsers höchsten staatlichen Namens nicht geeignet, diesen herabzuwürdigen und zu compromittiren? Es giebt übrigens StaatsHotels. In Wildbad z. B. steht ein ,,Königliches Bad-Hoteì" ; dasselbe ist aber auch Württembergisches Fiscalgut. Wie nun, mit dem hier fraglichen Institut? Wenn auf jeder Banknote steht: ,,Eidgenössische Bank1-1, wenn in Mitte derselben unser Staatssymbol, unser Eidgenössisches Wappen prangt 5 wenn sie als Präsident ein Mann unterzeichnet, der wiederholt als Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft gezeichnet hat, wenn endlich nun noch offiziell bestätigt wird, daß das Institut eine staatlich privilegirte Emissionsbank sei -- ist das nicht wirklich ,,Eidgenössische11 Bauernfängerei?

Hinter diesem Ding soll der Dritte ein Privatinstitut vermuthen, das die Eidgenossenschaft von Haut und Haar nichts angeht?

Wollen Sie, meine Herren, unsern Staatstitel und unser Staatswappen, doch gewiß die einzigen Symbole, unter denen unser Staat sich zu erkennen geben kann, derart der ,,Eidgenössischen Bank" freigeben (die .,,Eidgenössische Telegraphenwerkstätte" war einst wirklich Eidgenössisch und hat leider allerdings ihre Firma von der Eidgenossenschaft vertraglich ausbedungen und zugesichert erhalten), dann sind sie überhaupt frei und Jedermann kann sich ihrer bedienen. Im Hause, wo ich daheim meine Bureaus habe, ist eine Schnupftabakstampfe; wenn Sie unsern Titel so freigeben, so könnte z. B. Jemand dem Manne, dem sie gehört, anrathen, sein Geschäft ,,Eidgenössische Schnupftabakstampfe" zu nennen (die Actiengesellschaft fände sich ja bald), auf seine Fäßchen und seine Firmatafeln und Karten groß das Eidgenössische Wappen malen und rund um dasselbe seine Firma setzen zu lassen ; ich bin überzeugt, der Mann wird gute Geschäfte machen und thut damit nicht mehr, sondern weit weniger als die ,,Eidgenössische Banka schon gethan hat. Wenn etwa eine Actiengesellschaft gelb lakirte Wagen
vor allen Postgebäuden, an allen Bergpässen auffahren ließe, auf deren Thüre das Eidgenössische Wappen, umkränzt mit den Worten ,,Eidgenössische Fuhrhalterei" stünde, woran soll dann der Fremde erkennen, ob er in eine Staatscarosse oder in eine Privatkutsche steigt, wenn anders nicht etwa der Postillon dies ausdrücklich ausschreien muß ?

755 Herr Präsident! Meine Herren Ständeräthe! Ja, zur Lächerlichkeit, zur gemeinen Dirne würde unser wohlerworbener und heiliger Name Eidgenossenschaft herabsinken, wenn wir ihn nicht energisch schützen. Daß dieser Name kein leeres Wort, sondern eine wirklich wahre Thatsache ist, habe ich oben ausgeführt. Sollen wir sie etwa heute gering schätzen, belächeln und verspotten?

Wir, in der Eidgenossenschaft, diese Eide unserer Väter verhöhnen, die ihnen so erhaben und so heilig waren, die sie so fest und so treu hielten, sie mit Gut und Blut besiegelten, der Art, daß wir, die Nachkommen, im Frieden, gesichert und ungestört das Gebäude unserer heutigen Verfassung darauf aufbauen konnten? Wie, ist aller Idealismus in unserer nüchternen Zeit albern geworden und verräth der Mangel an solchem etwa unsern Ueberfluß an Verstand, politische Aufgeklärtheit, Freisinn oder Fortschritt? Soll Nützlichkeitspolitik noch das Einzige sein, was unser Volk, was unsere Käthe interessiren und beschäftigen darf? Nur auf dem vom Patriotismus erwärmten Boden kann die Saat guter Politik Früchte treiben; auf der Eisfläche blos nüchternen Verstandes gedeihen sie nicht. Aus bloßen Verstandesgründen wird nie ein Eidgenosse zu den Waffen greifen, Weib und Kind verlassen und dem drohenden Feinde an die Grenzen entgegen eilen! Es ist nicht blos sein Land, es ist eben sein Vaterland, das er seinen Kindern frei und intact erhalten will, wie die Väter es ihm überliefert hajben. Was ist der Patriotismus Anderes als die Hochschätzung der Ahnen und ihrer Thaten, das Gefühl dar Zusammengehörigkeit mit allen ihren.

Nachkommen, der Liebe zu ihnen , zum gemeinsamen Heimatlande und den gemeinsamen Institutionen ! Nehmen Sie dem Patriotismus seine historische Grundlage, seine ideale Begeisterung für die Thaten und die Ehre der Väter weg, so bleibt Ihnen nichts als todte Berechnung oder wilde Leidenschaft, und diese beiden werden keinen Staat erhalten oder erretten! Warum ist in das Fenster dieses Saales dort so groß die Zahl 1308 eingemalt? Der Seh inheit halber? Oder soll sie uns nicht vielmehr jenen Neujahrsmorgen im Gedächtnisse wach rufen und lebendig erhalten, an welchem auf dem Rütli drei Männer zusammenstanden, einen Eid zu schwören, der uns heute noch zusammenhält? Prangt nicht über dem Haupte unseres Präsidenten das weiße Kreuz im
rothen Felde? Ist es nicht ein Symbol, das uns zurufen soll: Hie Vaterland! Hie Eidgenossenschaft! Und wenn in Zeiten der Noth Sie die Wehrmänner zusammenrufen unter das Eidgenössische Banner, deuten Sie nicht mit der einen Hand rückwärts auf die Thaten, die Eide und die Ehre der Väter und weisen daher mit der anderen nach vorwärts, auf die Pflicht, diese Ehre sich, Kindern und Kindeskindern zu er-

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halten ! Ist aber nicht die Unantastbarkeit des guten wohlerworbenen Namens das erste Kleinod der äußern Ehre? Ja, sie zu schirmen und zu schützen, sie nicht preiszugeben profaner Spéculation, ist heilige patriotische Pflicht, aber nicht bloß im Kriege, nein, auch im Frieden. Sie werden diese potriotische Pflicht erfüllen, Herr Präsident, meine Herren, wenn Sie meinen Antrag zum Beschlüsse erheben.

Bern, 10. März 1876.

Freuler, Stäuderath.

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Kommissionalberichte aus

den eidgenössischen Räthen, betreffend Einbürgerung der aargauischen Israeliten.

a. Bericht der ständeräthlichen Kommission.

(Vom 10. März 1876.)

Tit.!

Der Kanton Aargau hat in seinen Marken zwei Judengemeinden -- Oberendingen mit einer Bevölkerung von 747 und Lengnau mit einer solchen von 376 Seelen (laut der Volkszählung von 1870).

Diese Gemeinden bilden keinen eigenen Gemeindebann, sondern deren Angehörige sind inmitten der andern christlichen Bevölkerung.

Sie waren früher in der Stellung der Schutzjuden des Mittelalters, -- Tolerirte ohne Recht auf bleibenden Aufenthalt, mancherlei Beschränkungen unterworfen, und durch besondere Mandate geregelt.

Durch das Gesetz vom 5. Mai 1809 wurde den einzelnen Judenfamüien, die seit 20 Jahren in den beiden Gemeinden angesessen und von der vorigen Regierung als Mitglieder der Judenschaft in der ehemaligen Grafschaft Baden angesehen waren, der fernere Aufenthalt gewährt. Dabei unterlagen sie vielfachen Beschränkungen Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

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Votum von Herrn Ständerath Freuler zu seiner Motion betreffend die Firma ,,eidgenössische Bank".

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1876

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.06.1876

Date Data Seite

741-757

Page Pagina Ref. No

10 009 121

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