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Bericht der

nationalräthlichen Kommission betreffend den Rekurs der Herren Franz Nessi und Genossen gegen den Beschluss des tessinischen Grossen Rathes vom 14. März 1875 über die Wahlverhandlung vom 21. Februar 1875 im Kreise Locarno, beziehungsweise gegen den diesfälligen Bundesrathsbeschluss vom 4. Februar 1876.

(Vom 24. Juni 1876.)

Tit.!

Indem Ihre Kommission sich mit Bezug auf die thatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Rekursfalles auf deren Darstellung in der bundesräthlichen Botschaft vom 4. Februar d. J. beruft, ist sie dagegen im Falle, der in acht Erwägungspunkten enthaltenen rechtlichen Erörterung des hohen Bundesrathes Einiges beizufügen, beziehungsweise gegenüberzustellen, ohne daß sie jedoch zu einer von dem bundesräthlichen Antrage und der Schlußnahme des Ständerathes vom 21. Juni abbin abweichenden Conclusion gelangt.

I. Es handelt sich im vorliegenden Falle grundsätzlich bloß um die Frage, ob durch den Beschluß des Tessiner Großen Rathes vom 14. März 1875, wodurch die Wähl des Hrn. Franz Nessi von Orselina zum Mitgliede. dieser Behörde kassirt wurde, vom Bunde gewährleistete Rechte von Schweizerbürgern verletzt seien.

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Gemäß der konstanten staatsrechtlichen Praxis der Bundesbehörden in Betreff von Beschwerden über kantonale Wahlen und Abstimmungen hat sich die Prüfung der Bundesbehörden ausschließlich auf diese Frage zu beschränken (vgl. Bundesblatt 1855 H, 465--469; 1857 I, 233; 1864 I, 391).

Nach der tessinischen Staatsverfassung sowohl wie auch speziell gemäß Art. 44 und 45 des tessinischen Wahlgesetzes vom 30. November 1843 steht dem Großen Rathe die Prüfung und Entscheidung von Wahlbeschwerden zu, und seine dießfälligen Schlußnahmen erscheinen als endgültige, sofern nicht obige Voraussetzungen einen Rekurs an die Bundesb'ehörden veranlaßen und rechtfertigen.

Welche Bundesbehörde in einem solchen Falle die kompetente sei, kann Angesichts des Art. 59, Ziff. 5 und 9 des Organisationsgesetzes über die Bundesrechtspflege keinem Zweifel unterliegen ; es ist der Bundesrath, beziehungsweise die Bundesversammlung, denen die Erledigung von Beschwerden dieser Art als von Administrativstreitigkeiten durch das allegirte Bundesgesetz ausdrücklich vorbehalten ist.

II. Die Rekurrenten behaupten nun allerdings, die Kassation der Wahl des Hrn. Nessi durch den 'Großen Rath des Kantons Tessin involvire eine Verletzung solcher durch den Bund garantirter Rechte, und zwar in zwei entgegengesetzten Richtungen.

Nicht daß nach der Ansicht der Rekurrenten stimmberechtigte Bürger an der Ausübung ihres Stimmrechtes verhindert worden wären,' im Geirentheil ;t allein der "'roßräthliche Entscheid stütze O o sich auf Motive, die denselben als einen verfassungswidrigen erscheinen lassen. Denn 1) nehme der Große Rath an, daß 112 Tessiner Bürger mit Unrecht, entgegen den Bestimmungen der Bundesverfassung, von der Ausübung des Stimmrechtes in Locamo ausgeschlossen 'ö^worden seien,, während dieß nach den immer noch rechtsbeständigea Vorschriften der Tessiner Stah,tsverfassung vom 23. Juni 1830 in Art. 16, litt, d und des tessinischen Gesetzes über Einbürgerung, Domizilverlegung und Einschreibung in die Bürgerregister vom 24. November 1851 in Art. 4 mit vollem Recht geschehen sei; 2) stütze sich umgekehrt der Große Rath bei seinem Kassationsentscheid darauf, daß . 37 Wähler unrichtig, entgegen den Bestimmungen des Wahlgesetzes vom 30. November 1843, nachträglich auf das Stimmregister getragen und 16 derselben zur Stimmabgabe zugelassen worden, während nach Verfassung und Gesetz des Kantons Tessili diese Bürger mit Recht eingeschrieben gewesen seien.

193 Es erklären demnach die Kekurrenten, es sei die Wahl des Hrn. Nessi auf verfassungsmäßig correkte Weise zu Stande gekommen, indem die einschlagenden tessinischen Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen durch die Bundesverfassung~ nicht derogirt O ~ und daher bundesrechtlich gewährleistet seien (Art. 3 und 5 der Bundesverfassung").

Der diese Wahl kassirende Beschluß des Großen Rathes, der obersten kantonalen Behörde, vom 14. März 1875 dagegen verstoße gegen die Verfassung des Kantons Tessin und müsse deßhalb durch die Intervention der Bundesbehörden aufgehoben werden.

III. Prüfen wir nun die Verfassungsmäßigkeit der Wahl des Hrn. Nessi nach den einzelnen dagegen eingewendeten und vom Großen Rathe als begründet befundenen Beschwerdepunkten in den beiden unter Ziffer II erwähnten Richtungen!

Im Allgemeinen möchten wir, nachdrücklicher als der hohe Bunclesrath es thut, bei diesem Anlaße betonen, daß vor dem Grundsätze des Art. 2 der Uebergangsbestimmungen der Bundesverfassung, welcher alle mit der letztern im Widerspruche stehenden Bestimmungen der kantonalen 'Verfassungen und Gesetze mit der Annahme derselben, beziehungsweise mit der Erlassung der darin in Aussicht genommenen Bundesgesetze außer Kraft setzt, nicht bloß keine dem Bundesrechte expressis verbis widersprechenden kantonalen Satzungen bestehen können, sondern auch nicht solche, welche sich zwar in keinem direkten Gegensatz zu den Bundesvorschriften befinden, aber dennoch geeignet sind, die Ausführung und Anwendung derselben zu hemmen, zu erschweren oder zu beschränken. Unter kantonalen Bestimmungen dieser letztern Art schweben uns z. B. gerade formale Vorschriften wie diejenigen des tessinischea Wahlgesetzes vom 30. November 1843 und des dortigen Gesetzes über Einbürgerung u. s. w. vom 24. November 1851 vor. Die Form ist die Schale, in welcher der Kern der Sache selbst eingeschlossen liegt, und gar oft soll sie dazu dienen, die Hauptsache zu verbergen und zu verhüllen. Es muß deßhalb die Prüfung der Bundesbehörden in Hinsicht auf den Rechtsbestand kantonaler Bestimmungen gegenüber den Normen der Bundesverfassung sich auf deren vollinhaltliche Bedeutung in formeller und materieller Beziehung erstrecken.

Im vorwürfigen Falle scheint uns der Bundesrath diesen Stundpunkt nur mit halber Seele einzunehmen, indem er einmal (Ziff. 4 seiner
Erwägungen) das Stimmrecht der im Heimatkanton niedergelassenen Tessiner von der Beobachtung einer (wie uns scheint, vom Bundesrath irrthümlich berechneten) im kantonalen Gesetze aufgestellten nützlichen Frist zur Inskription im Stimmregister O-'

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abhängig macht, dann aber wieder (Ziff. 6 und 7) sich gänzlich inkompetent erklärt, sowohl über die Rechtmäßigkeit nachträglicher Streichungen als auch nachträglicher Einschreibungen ein Urtheil abzugeben, da die Interpretation des kantonalen Gesetzes lediglich den kantonalen Behörden zustehe -- als ob es sich hier nicht gerade um die Interpretation der allegirten Tessiner Gesetze, nämlich um deren Prüfung auf ihre Bundesverfassungsmässigkeit handelte !

Nachdem wir diese allgemeine Bemerkung vorausgeschickt haben, treten wir auf die einzelnen Beschwerdepunkte ein.

1. Der Große Rath von Tessin hat die Kassation der mit bloß 11 Stimmen über dem absoluten Mehr erfolgten Wahl des Herrn Nessi als Großrath in erster Linie damit motivirt, daß eine gewisse Anzahl von Tessiner Bürgern (112) durch Verfügung dés Regierungskommissärs und des Gemeinderaths vom Stimmregister und von der Stimmabgabe im Kreise Locamo ausgeschlossen worden seien, während dieselben nach den Bestimmungen der Bundesverfassung (Art. 43 und 49) stimmberechtigt gewesen wären.

Diese ausgeschlossenen Bürger theilen sich in folgende Kateo ö O gorien : a. 18 Niedergelassene der Gemeinde Orselina; b. 35 Niedergelassene der Gemeinde Locamo, von denen 4 auf dem zu dieser Gemeinde gehörenden Landgute der Familie Antonini (Monda degli Antonini) wohnen; e. 13 Priester, sämmtliche Bürger der Gemeinde Locamo ; d. 46 Bürger aus Gemeinden des Verzasca-Thales, die ihren Wohnsitz im unausgeschiedenen Gebiete von Locamo, Mergoscia und Minusio haben, welches innerhalb der zwei Wahlkreise Locamo und Navegna liegt.

Es ist unbestritten, daß die sub litt, a und b genannten 53 tessinischen Bürger Niedergelassene des Wahlkreises Locamo sind.

Dagegen will von Seite der Herren Rekurrenten geltend gemacht werden, daß dieselben als Tessiner Bürger ihr p o l i t i s c h e s Domizil nicht in den Gemeinden Locamo und Orselina, sondern in ihren respektiven Heimatgeineindea besitzen und auch zum Theil in letzteren am 21. Februar 1875 das Stimmrecht ausgeübt haben, daß Art. 43 der Bundesverfassung eine bloß interkantonale Bedeutung habe, nur den niedergelassenen Schweizerbürgern anderer Kantone nach einer Niederlassung von 3 Monaten das Stimmrecht in kantonalen und Gemeindeangelegenheiten zusichere, nicht aber den in einer Gemeinde des eigenen Kantons Niedergelassenen, und daß überhaupt die kantonalen Bestimmungen über das politische Domizil,

195 dessen Verlegung, die Einschreibung in's Wählerverzeichnis u. s. f.

als partikulare Ausführungs- und Detailbestimmungen so lange in Kraft verbleiben, als sie nicht durch ein bezügliches Bundesgesete, dem übrigens in Art. 46 der Bundesverfassung gerufen werde, aufgehoben würden.

Gegenüber dieser Argumentation nun befinden wir uns in vollständiger Uebereiristimmung mit der vom h. Bundesrath in Ziff. l, 2, 3 und 4 seiner Erwägungen (Botschaft S. 8) entwickelten Rechtsanschauung und begnügen uns damit, diese Uebereinstimmung konstatirt zu haben.

Wir haben hier mit Berufung auf unsere vorhergehende allgemeine Bemerkung nur beizufügen, daß wir durch die seit 29. Mai 1874 in Kraft bestehende Bestimmung des Art. 43, betreffend das Stimmrecht der niedergelassenen Schweizerbürger in der Wohngemeinde nach dreimonatlicher Niederlassung, im Zusammenhang mit Art. 4 und 60 der Bundesverfassung, als aufgehoben betrachten sämmtliche Vorschriften der tessinischen Verfassung und Gesetzgebung, welche die Ausübung dieses Stimmrechts irgendwie zu beeinträchtigen geeignet sind. Wir meinen hiemit vorzüglich Art. 16, litt, d der Staatsverfassung und Art. 4 des Gesetzes vom 24. November 1851, welche als Bedingung des Aktivbürgerrechtes das Vorhandensein eines politischen Domizils, sei es in der Heimatgemeinde, sei es durch Inskription und Wohnsitz seit einem Jahr in einer andern Gemeinde, hinstellen, ferner die formellen Bestimmungen des Wahlgesetzes vom 30. November 1843, betreffend das Recht der Beschwerdeführung gegen Unrichtigkeiten des Wählerverzeichnisses, da dieselben Präclusionsfristen aufstellen, welche auf der Voraussetzung des Erfordernisses eines politischen Domizils nach Art. 16 der Verfassung und Art. 4 des oben allegirten Gesetzes beruhen. *J *) Die allegirten Bestimmungen lauten: Art. 16, litt, d der Staatsveri'assung : ' ,,Per esercitare i diritti di cittadino attivo è necessario: d) Essere, da un anno almeno, domiciliato stabilmente, ed inscritto nel registro del .comune, in cui intende di esercitare il diritto di cittadinanza."

Art. 4 des Gesezes vom 24. November 1851 : ,,11 domicilio in un Comune, quando non sia nel primitivo, risulta dal fatto dell' avere ivi stabilito la dimora almeno da un anno, oltre ali' essersi fatto da un anno inscrivere nel catalogo civico del Comune stesso."

Art. Il
des Gesezes vom 30. November 1843 : ,,Li registri civici dovranno essere publicati, e restare affissi al luogo solito nei rispettivi comuni quaranta giorni prima della radunanza de' circoli "

196 Von diesem Standpunkte ausgehend müssen wir mit dein Bundesrathe den Ausschluß der unbestrittenermaßen seit mehr als 3 Monaten vor dem Wahltag in Orselina und Locamo domizilirtt n 53 Tessiner Bürger als inkonstitutionell erklären.

Gleichfalls als verfassungswidrig erscheint die Nichtzulassung, resp. die nachträgliche Streichung im Stimmregister der 13 Priest br von Locamo, welche bloß damit motivirt werden will, daß dibselben ihre Einschreibung ins Stimmregister nicht inner der i n kantonalen Gesetze vorgeschriebenen nützlichen Frist verlangt hätten , während es feststeht, daß sie dieß am 5. Februar 1875 .(15 Tage vor der Wahlversammlung), gestützt auf Art. 49 djjr Bundesverfassung und auf den bundesgerichtlichen Entscheid voim 1. Februar 1875, betreffend die Geistlichen Forni und Pedrini, gsthan haben. Es war Aufgabe der Munizipalbehörde von Locamo, diese Priester ex officio aufs Stimmregister zu setzen, und nachdem die Frage streitig geworden und erst am 1. Februar 1875 durdh das Bundesgericht entschieden worden, ist es geradezu absurd m sagen, diese Priester hätten nach Vorschrift des kantonalen GrßArt. 12, ibidem: ,,Una copia autentica di detti registri verrà immediatamente comunicata al rispettivo Giudice di Pace, ed altra per m«zzo del Commissario di Governo al Consiglio di Stato."

J!

Art. 13: ,,Tutti hanno diritto di portare delle eccezioni sia par far includere sia per far escludere da tali registri uno o più individui.

L'eccezione si porta alla Municipalità locale entro dieci giorjni dalla pubblicazione e affissione del registro civico."

Art. 14. ,,Se entro cinque giorni dal ricevuto ricorso, la Municipalità n(>n ha comunicata la di lei decisione alla parte interessata, o se la decisione non trovasi soddisfacente, il riclamo portasi al Giùdice di Pace entro tre giorni, il quale comunica alle pani il suo dichiarato entro cinque giorni."

Art. 15: ,,Se qualcheduno si trovasse aggravato dalle decisioni del Giudice di Pace potrà avanzare il suo ricorso al Governo col mezzo del Commissario distrettuale che ne rilascia ricevuta.

,,Tale ricorso però dovrà essere insinuato entro tre giorni (continui) dopo intimata la decisione del Giudice di Pace, affjnchè il Governo stesso possa occuparsi immediatamente del' oggetto della questione e risolvere in modo definitivo."

Art. 16: ,,Tre giorni
prima dell' unione delle assemblee, tutte queste decisioni dovranno essere state portate dal Governo e fatte no|te al Giudice di Pace ; il quale le comunicherà alle Municipaljjtà e parti interessate entro le ventiquattro ore successive contro ricevuta, coli' obbligo alle Municipalità stesse di tosto riformare i registri civici ove siavi luogo.

| ,,Passati i suddetti termini perentorj, non si potrà fìù eccepire né per esclusione né per inclusione di qualunque individuo."

197 setzes früher (nämlich spätestens 30 Tage vor der Wahlverhandlung) und nicht erst am 5. Februar die Einschreibung verlangen sollen.

Bezüglich der Frage, ob die 46 Verzasker mit Recht oder Unrecht von der Stimmabgabe in Locamo ausgeschlossen wurden, sind wir der Ansicht, daß ihr bundesverfassungsgemäßes Stirnmrecht am Wohnort nicht von dem guten Willen der tessinischen Behörden abhängig sein könne, die Zutheilung des von ihnen bewohnten unausgeschiedenen Gebietes der Gemeinden Locamo, Mergoscia und Minusio an eine bestimmte Gemeinde auf dem Wege der Gesetzgebung zu beschließen. Die tessinischen Behörden waren verpflichtet, noch vor der gesetzlichen Regulirung dieses Punktes durch ein Dekret dafür zu sorgen, daß die nach der Meinung des Großen Rathes niedergelassenen Verzasker in einer Gemeinde ihres Wohngebietes stimmen konnten; und wir theilen die Ansicht des h. Bundesrathes nicht, wenn er aus der gegenwärtigen Ungewißheit, in w e l c h e r Gemeinde dies der Fall sein solle, die Konsequenz zieht, die Verzasker hätten nur im heimatlichen Kreise stimmen können.

Die Wahlverhandlung vom 21. Februar 1875 erscheint uns daher auch in dieser Beziehung vom eidgenössisch-konstitutionellen Standpunkt aus als inkorrekt, und es muß den Tessiner Behörden als ein unabweisliches Postulat hingestellt werden, ihre Gesetzgebung betreffend die Stimmberechtigung und die kantonalen Wahlen und Abstimmungen ohne Verzug mit der Bundesverfassung in Einklang zu setzen.

' 2. Uebergehend zur Frage, ob die vom Großen Rathe beliebte nachträgliche Streichung von 37 im Stimmregister von Locarfo eingeschriebenen Tessinern, von denen 16 wirklich gestimmt haben, sich rechtfertige oder nicht, so gehen wir auch in diesem Punkte mit dem h. Bundesrathe nicht einig. Es fragt sich , ob dieselben von der Munizipalität mit Recht auf das Register getragen waren ·oder nicht, mit andern Worten, ob sie an sich stimmberechtigt waren oder nicht. Da scheint uns nun das Erstere der Fall zu.

sein, indem der Große Rath jene Bürger bloß aus dem Grunde ausstreichen will, weil ihre Einschreibung als eine heimliche, dem.

Friedensrichter nicht nach Vorschrift der Artikel 12 und 16 des tessinischen Wahlgesetzes zur Kenntniß gebrachte erscheine. Ueber diesen Punkt aber versagt sich der Bundesrath jede Untersuchung, da es Sache der kantonalen Behörden
sei, die kantonalen Gesetze zu iaterpretiren. Es würde also im einzelnen Falle von der Willkür der Munizipalität abhängen, ob gewisse Bürger überhaupt zur gültigen Stimmabgabe gelangen können. Wir finden, daß hier die Rekurrenten im l

ßundesblatt. 28. Jahrg. Bd. III.

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198 Rechte sind, wenn sie sagen, es seien durch die nachträglic te Ausstreichung der 37, resp. 16 Bürger konstitutionelle Rechte ve rletzt worden, und es stelle sich der Großrathsbeschluß in dieser Richtung als ein verfassungswidriger dar. Uebrigens kann eine richtige Interpretation des tessinischen Wahlgesetzes unmöglich zur Auffassung des Großen Rathes führen, daß der Mangel der M ttheilung des Stimmregisters an den Friedensrichter vor dem Wal 1tage den Verlust der Stirn m berech tigung auch derjenigen Bürger zur Folge habe, welche mit Recht auf dem Register eingetragj en waren.

j IV. Wir kommen also, wenn auch einigermaßen abweicheind von den Betrachtungen des h. Bundesrathes, zu dem Schlüsse, dass die Kassation der Wahl des Hrn. Nessi durch den Großen Rath des Kantons Tessin -- aus den oben unter Ziff. III, 1. angeführt in Motiven -- gerechtfertigt und der daherige Rekurs der HH. Ne si und Konsorten abzuweisen sei.

B e r n , den 24. Juni 1876.

Kommissionsmitglieder:

Weber.

Hilti.

Holdener.

Morel.

von Werdt.

Die Berichterstatter der Kommission:

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Leo Weber.

Marc Morel.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission betreffend den Rekurs der Herren Franz Nessi und Genossen gegen den Beschluss des tessinischen Grossen Rathes vom 14. März 1875 über die Wahlverhandlung vom 21. Februar 1875 im Kreise Locarno, beziehungsweise...

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1876

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29

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.07.1876

Date Data Seite

191-198

Page Pagina Ref. No

10 009 189

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