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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 11. Februar 1876.)

Der Bundesrath hat sich veranlaßt gesehen, wegen einzelnen Gebühren, welche von den Civilstandsbeamten für gewisse Verrichtungen erhoben werden,i an sämmtliche eigenössische Stände O O folgendes Kreisschreiben zu erlassen : ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,In Beziehung auf einzelne Gebühren, welche für gewisse Verrichtungen von den Zivilstandsbeamten erhoben werden, hat sich bereits, wenigstens theilweise, eine abweichende Praxis herausgebildet, so daß wir, um ein gleichförmiges Verfahren herzustellen, uns veranlaßt sehen, das gegenwärtige Kreisschreiben an die sämmtlichen eidgenössischen Stände zu richten.

,,Allseitig scheint man darüber einig zu gehen, daß gemäß Art. 8 des Gesezes vom 24. Dezember 1874 alle Einschreibungen und Mittheilungen, welche von Amtes wegen gemacht werden müssen, auch unentgeltlich gemacht werden sollen.

,,Hieher gehören : A. B e z ü g l i c h der G e b u r t e n : 1) die Eintragung der Geburt (Art. 14--16), 2) die Mittheilung an die Heimat (Art. 5b), 3) die Eintragung in das Register B (Art. 5, c und Art. l des Reglements), 4) die Randbemerkungen im Geburtsregister (Art. 18 und 4'J).

B. B e z ü g l i c h der T o d f ä l l e : 1) die Einschreibung (Art. 20--24), 2) die Mittheilung an die Heimat (Art. 5b), 3) die Eintragung in das Register B (Art. 5 c).

C. B e z ü g l i c h der E h e n : 1) die Abfassung des Verkündungsaktes (Art. 31),

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2) die Zustellung dieses Aktes an die Zivilstandsbeamten, welche die Verkündigung vornehmen sollen (Art. 29 und 31), 3) die Eintragung des Trauaktes (Art. 37--42), 4) die Mittheilung an die Heimat (Art. 5b), 5) die Eintragung in das Register B, sowie diejenige der Geschiedenen und Nichtigkeitserklärungen (Art. 5 c), 6) Abschrift des Trauscheins an den Beamten des Wohnsizes der Brautleute, wenn die Ehe in einem andern Kreise abgeschlossen worden ist (Art. 37, 3. alinea).

,,In Beziehung auf diese sämmtlichen Punkte scheint, wie bemerkt, eine abweichende Meinung nicht zu bestehen, vielmehr scheint Uebereinstimmung zu walten, daß die erwähnten Verrichtungen unentgeltlich auszuführen seien.

,,Dagegen wird es hinsichtlich folgender Punkte in den einzelnen Kantonen zur Zeit' noch verschieden gehalten. Es fragt sich nämlich, ob eine Gebühr bezogen werden dürfe: 1) für die Mittheilung, welche die Zivilstandsbeamten anderer Kreise nach Art. 34 den Beamten des Wohnsizes des Bräutigams über die von ihnen vorgenommene Verkündung zu machen haben, und 2) für den Verkündscheiii, vorgesehen im Art. 36.

,,In dieser Beziehung ist lediglich und entscheidend : ob die Einschreibungen und beziehungsweise die Mittheilungen nothwendig, unerläßlich und allgemein verbindlich seien, um einem Zivilstandsamt als rechtsgültig erscheinen zu lassen. Ist diese Frage zu bejahen, so dürfen die Betheiligten mit keiner Gebühr behelligt werden ; im andern Falle aber und wo es auf das freie Ermessen der Parteien ankommt, ist eine Gebühr allerdings zuläßig. Dieses Kriterium ergibt sich vollständig klar aus Art. 5, d und e, indem insbesondere Litt, d vorschreibt: ,,Den Zivilstandsbeamten liegt ob : d. auf das Verlangen von Betheiligten die Verabfolgung von Auszügen aus diesen Registern gegen Entrichtung der bezüglichen Schreibgebühr.a Hieraus folgt mit Bestimmtheit: 1) daß die Mittheilung der andern Beamten, welche eine Verkündung vorgenommen haben (Art. 34), an den Beamten de» Wohnsizes des Bräutigams, weil n o t h w e n d i g , mit keiner Gebühr belastet werden darf;

297 2) daß dagegen eine Gebühr nicht ausgeschlossen ist für einen Verkündschein, welcher von den Brautleuten vom Zivilstandsbeamten aus freien Stüken nachgesucht wird. Lassen dieselben sich nämlich an ihrem Wohnsize trauen, so ist ein Sehein nicht erforderlich; findet die Trauung hinwieder in einem andern Kreise statt, so mögen sie den Schein darüber befahlen, weil es von ihrem Willen abhing, sich an einem andern Orte trauen zu lassen, statt an ihrem Wohnsiz, wo der Akt unentgeltlich stattgefunden hätte.

,,Nach diesen Grundsäzen ergibt es sich, daß die Zivilstandsbeamten, welche als Beamte des Heimatortes der Brautleute Eheverkündungen vornehmen, hiefür eine Gebühr zu verlangen, nicht berechtigt sind.

,,Was schließlich die Stempelgebühr betrifft, von welcher in einigen Kantonen die Bescheinigungen beschlagen werden, so ist dieselbe nach obigem Kriterium ebenfalls als unstatthaft zu betrachten, weil alle Eintragungen und Mittheilungen zur Giltigkeit einer Zivilstandsurkunde unerläßlich sind, während die Stempelgebühr nur auf Auszüge aus den Registern, von denen im Art. 5, d die Rede ist, Anwendung finden kann. · ,,Indem wir Sie einladen, hievon Ihre Zivilstandsbeamten angemessen verständigen und dieselben anweisen zu wollen, fortan im Sinne des Gegenwärtigen zu verfahren, benuzen wir den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschuz zu empfehlen."

(Vom 12. Februar 1876.)

Hinsichtlich der auf den 23. April nächstkünftig festgesezten Volksabstimmung über das Banknotengesez beschloß der Bundesrath, die nachstehenden zwei Kreisschreiben an sämmtliche Kantonsregierungen zu erlassen.

,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Wir haben die Ehre, Ihnen den Beschluß mitzutheilen, nach welchem das Bundesgesez betreffend Ausgabe und Einlösung von Banknoten vom 18. Herbstmonat 1875 der Volksabstimmung gemäß Art. 89 der Bundesverfassung unterbreitet werden soll, nachdem die gesezlichen Bedingungen erfüllt worden sind.

298 ,,Diese Abstimmung soll Sonntag den 23. April nächsthin stattfinden.

,,Sie werden ersucht, Ihrerseits die fernem Anordnungen zu treffen, damit diese Abstimmung nach den Vorschriften des Bundesgesezes über eidgenössische Wahlen und Abstimmungen vom.

19. Juli 1872 (A. S. X, 915), sowie nach demjenigen des Gesezes über Volksabstimmungen vom 17. Juni 1874 (A. S. neue Folge I, 116) vor sich gehe.

,,Sie wollen in lezterer Beziehung namentlich dafür sorgen, daß in jeder Gemeinde oder in jedem Kreise über die Abstimmung ein Protokoll in der dortseits üblichen Form aufgenommen werde, worin anzugeben ist: die Zahl der Stimmberechtigten, ferner wie viele Stimmen das dem Volksentscheide unterliegende Bundesgesez angenommen oder verworfen haben.

,,Diese Protokolle sind binnen 10 Tagen vom Abstimmungstage hinweg hieher einzusenden, die Stimmkarten dagegen zu unserer Verfügung zu halten.

,,Unsere Kanzlei wird sofort beraubt sein, das Gesez in solcher Auflage druken und an die Kantouskanzleien gelangen zu lassen, daß jedem Stimmberechtigten spälestens vier Wochen vor dem Abstimmungstage ein Exemplar behändigt werden kann.

,,Bei der Vertheilung des Gesezes und der Sümmkarten glauben wir uns an denjenigen Maßstab halten zu können, welcher in den Kantonen im vorigen Jahre bei ähnlichem. Anlaße (Abstimmung vom 23. Mai 1875) als Grundlage gedient hat. Sollten Sie aber zu besondern Wünschen sich veranlaßt sehen, so wären Sie ersucht, Ihre Kanzlei anzuweisen, sich in dieser, wie in allen andern auf die Druksachen bezüglichen Angelegenheiten mit der Bundeskanzlei · in's Vernehmen zu sezen.a ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Das Bundesgesez betreffend Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse vom 17. Juni 1874 bestimmt im Artikel 5 Folgendes: ,,Das Verlangen wird auf dem Wege der schriftlichen Eingabe an den Bundesrath gerichtet.

,,Der Bürger, welcher das Verlangen stellen oder unter-stüzen will, hat dasselbe eigenhändig zu unterzeichnen. Wer unter eine solche Eingabe eine andere Unterschrift als die seinige sezt, unterliegt der Anwendung der Bestimmungen, der Strafgeseze.

299 ,,Die Stimmberechtigung der Unterzeichneten ist vom Vorstand der Gemeinde, wo dieselben ihre politischen Rechte ausüben, zu bezeugen.

,,Für diese Amtsverrichtung dürfen keinerlei Taxen bezogen werden."· Um für die Zukunft Anständen wegen der Giltigkeit der für ein Referendumsbegehren gesammelten Unterschriften vorzubeugen, geben wir uns die Ehre, den Gemeindebehörden und Wählern Ihres Kantons durch Ihre Vermittlung zur Kenntniß zu bringen, daß die Stimmberechtigung der Unterzeichner eines solchen Begehrens ausdrüklich am Fuße jeder Liste durch die Gemeindebehörde bezeugt sein muß, z. B. in nachstehender Weise: ,,Der Unterzeichnete, Präsident der Gemeinde bezeugt anmit, daß die obigen . . . Unterschriften von Bürgern gezeichnet sind, welche in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt sind und ihre politischen Rechte in hiesiger Gemeinde ausüben."

(jDatum und Unterschrift.)

,,Jede dieser Vorschrift nicht genügende Liste wird inskünftig unbedingt als nicht giltig beseitigt werden.

,,Indem wir Sie ersuchen, dem gegenwärtigen Kreisschreiben angemessene Veröffentlichung zu geben, benuzen wir übrigens den Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschuz zu empfehlen."

Der bernische Verein für Handel und Industrie hat unterm 7. dies dem Bundesrathe eine Eingabe gemacht, worin auf die Nachtheile hingewiesen wird, welche den schweizerischen Geschäftsleuten aus dem Einzug deutscher Banknoten, weiche nicht auf die R e i c h s m a r k lauten, erwachsen. Der Bundesrath beschloß daher die Veröffentlichung der gedachten Eingabe, welche wörtlich also lautet : ,,Hochgeehrter Herr Präsident!

,,Hochgeehrte Herren Bundesrathe!

,,Wie Ihnen bekannt sein wird, ist der vollständige Uebergung zur Markwährung im gesammten deutschen Reiche mit dem L Januar 1876 erfolgt.

,,Bereits vor diesem Zeitpunkte wurde der Einzug sämmtlicher nicht auf Reichsmark lautender Banknoten verfügt und bildete für

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den größten Theil der in Gulden und Thalern ausgestellten alten Noten der 31. Dezember 1875 die peremptorische Frist zur Einlösung, ,,Nach uns aus sicherer Quelle zugegangenen Nachrichten stößt der Umtausch, der auf alte Währungen lautenden bereits jezt auf die größten Schwierigkeiten, weil er ganz vom guten Willen der resp. Emissionsbank abhängig ist, und dürfte wohl in Kurzem ganz unmöglich werden. Zweifelsohne befinden sich jedoch noch beträchtliche Summen von derartigen Noten im öffentlichen Verkehre, und da auch für diejenigen, deren peremptorische Einlösungsfrist noch nicht zu Ende gelaufen ist, die gesezliche Bestimmung gilt, daß dieselben nicht an Zahlung gegeben, sondern nur börsenmäßig gehandelt werden dürfen, so liegt die Gefahr nahe, daß diese Banknotensorten später spekulativerweise nach der Schweiz geworfen werden, welche Operation zum Schaden der weniger verkehrskundigen Theile unserer Bevölkerung ausschlagen würde.

,,Indem wir uns erlauben, Tit., Ihre Aufmerksamkeit auf dieseu Gegenstand zu lenken, sind wir zugleich so frei, den Wunsch auszudrücken, Ihre hohe Behörde möchte diejenigen Maßregeln treffen, welche Ihnen geeignet erscheinen, unser schweizerisches Publikum vor dem aus den geschilderten Umständen leicht erwachsenden Schaden zu wahren.

,,Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vorzüglicheil Hochachtung.

,,Bernischer Verein für Handel und Industrie* ,,Sektion B er n.

,,Der Präsident: ,, R ü f e n a c h t - M o s e r.

,,Der Sekretär: ,,H. Metzger."

301 (Vom 15. Februar 1876.)

An die Stelle des verstorbenen Hrn. Professor Dr. K o p p ernannte der Bundesrath zum Professor für technische Chemie und chemische Technologie: Hrn. Dr. Georg L u n g e , von Breslau, ·gegenwärtig Direktor einer Fabrik chemischer Produkte in Westoe, South Shields (England).

(Vom 18. Februar 1876.)

Der Bundesrath hat den Artikel IV seiner Verordnung vorn 26. Februar 1874 (A. 8ml. XI, 524) abgeändert wie folgt : ,,Die Adreßseite der Korrespondenzkarten darf einzig und allein für Anbringung der Adresse und der Bezeichnung ,,Korrespondenzkarte"1, für die a l l f ä l l i g e A n g a b e des V e r s e n d e r s o d e r d e r V e r s e n d u n g s f i r m a mittelst D r u k e s o d e r eines S t e m p e l s , sowie für die Poststempel und andere postdienstliche Bezeichnungen (Expreßbestellung, Nachnahme u. dgl.) benuzt werden.

,,Korrespondenzkarten, deren Adreßseite anderweitige Mittheilungen enthält, sind nicht zu befördern."

Auf einen Bericht des Schweiz. Postdepartements über Bestellgebühren für amtliche Fahrpostsendungen hat der Bundesrath beschlossen : Wenn amtliche portofreie Sendungen über 1000 Franken Werth oder über 10 S1 Gewicht nicht von den Adressaten auf der Poststelle des Bestimmungsortes abgeholt, sondern durch die Postbediensteten in das Domizil bestellt werden, so ist für diese Sendungen die ordentliche Bestellgebühr mit 15 Rappen für jedes Stük zu entrichten.

Der Bundesrath ernannte zwei Kommandanten von InfanterieRegimentern, infolge Uebertritts der bisherigen Inhaber zur Landwehr, nämlich: Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. I.

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Hrn. Oberstlieutenant Henri Sacc, in Colombier, als Kommandant des Vu. Regiments; ,, Kommandant Johannes Schuler, in Glarus, als Kommandant des XXX. Regiments, mit Beförderung zum Oberstlieutenant der Infanterie.

Der Bundesrath hat den militärischen Kreiskommandanten und den Sektionschefs für die ein- und ausgehenden Sendungen von Geldern, welche aus der Militärpflicht-Ersazsteuer herstammen, und wenn sie als solche bezeichnet sind, die Portofreiheit bewilligt.

Als Posthalter in Muttenz (Basel - Landschaft) wurde Herr Jakob Dill, von und in Pratteln, Eisenbahnstationsvorsteher daselbst, gewählt.

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19.02.1876

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