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Schweizerisches Bundesblatt.

28. Jahrgang. II.

Nr. 23.

20. Mai 1876.

J a h r e s a b o n n e m e n t {portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b ü h r per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875.

Geschäftskreis des Eisenbahn- und Handelsdepartements.

Organisation des Departements; Personelles.

In der bundesräthlichen Botschaft zum Budget für das Jahr 1875 -wurde die Notwendigkeit begründet, die Zahl der Kontroiingenieure für den Bahnbau um zwei zu vermehren; nachdem der hiefür begehrte Kredit bewilligt war, wurden die zwei Stellen auf den 1. März besezt.

Ein nach dem Bundesrathsbeschluß vom 27. März 1874, betreffend Organisation und Geschäftsgang des Schweiz. Eisenbahnund Handelsdepartements, vom Vorstand des Departements aufgestelltes Reglement ordnet die Dienstverhältnisse und Funktionen der Kontroiingenieure.

Vorübergehende Aushülfe erwies sich als erforderlich für das administrative . Inspektorat (Verifikation der Tarife) und für die Statistik.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. n.

34

498 Für die Arbeiten eines Kanzlisten und Uebersezers bei der Handelsabtheilung, welche längere Zeit einzeln vergeben worden waren, wurde im Februar ein ständiger Beamter gewählt.

I. Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

Geseze und Verordnungen; Publikationen.

üeber Veranlaßung und Tendenz unserer am 1. Februar 1S75> in Kraft getretenen Verordnung zum Eisenbahngesez haben wir uns schon im vorjährigen Geschäftsberichte ausgesprochen.

Das Bundesgesez vom 19. Dezember 1874 über die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise zwischen dem Schweiz. Eisenbahnnez und gewerblichen Anstalten erklärten wir auf den 8. April} dasjenige vom 20. März 1875, betreffend den Transport auf Eisenbahnen, mit dem 1. September, endlich das Bundesgesez vom 1. Juli 1875, betreffend die Hapftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschifffahrtunternehmungen bei Tödtungen und Verlezungenj mit dem 10. November als vollziehbar.

Dem Transportgeseze ließen wir unmittelbar die Verordnung vom 3. September folgen (Bundesblatt 1875, IV, 221), über welche weiter unten noch einige Worte handeln.

Die ,,Sammlung der auf das Schweiz. Eisenbahnwesen bezüglichen amtlichen Aktenstükeu schritt bis zum 3. Band der neuen Folge vor, welchem ein Geueralregister der drei ersten Bände beigegeben wurde.

Im Berichtjahre sind zwei Ausgaben einer offiziellen Eisenbahnkarte veranstaltet und den Mitgliedern der eidg. Räthe ausgetheilt worden : eine solche \n 4 Blättern, im Maßstab l : 250,000, und eine kleine im Maßstabe von l : 800,000.

Postulate.

Das Postulat betreffend nochmalige Prüfung einzelner Bestimmungen für Pferdebahnkonzessionen (Nr. 54 der Sammlung) hat durch unsere Botschaft vom 8. September (Bundesblatt 1875, IV, 277) und durch'Ihre Konzessionsbeschlüsse vom 17. September seine Erledigung gefunden.

499 Die Postulate: vom 25. September 1873, betreffend den Transport kranker Militär- und Civilpersonen ; betreffend die Petition der HH. de Seigneux und Dr. Christ für Anbahnung einer internationalen Vereinbarung über Eisenbahntransportrecht (Nr. i 3 der Sammlung) ; betreffend Herstellung einer Uebereinstimmung zwischen den Tarifen der Eisenbahnen und den in Art. 29 der Bundesverfassung aufgestellten Grundsäzen (Nr. 15); betreffend Vollziehung der Bestimmungen des Eisenbahngesezes rüksichtlich der Differenzialtarife und Rükvergütungen (Nr. 47); betreffend Vollziehung von Art. 13, Lemma 2 des Eisenbahngesezes (Nr. 60), und betreffend eine Pflichtcnordnung für die Kontroi-Ingenieure (Nr. 71) werden an andern Stellen dieses Berichtes erledigt, resp. behandelt.

Der Bericht über die Frage der Publikation eines einheitlichen Fahrtenplanes für Eisenbahnen, Dampfschiffe und Posten (Postulat Nr. 70) ist dem Postdepartement überwiesen worden.

Ueber die Beigabe von Wagen dritter Klasse an Schnellzüge (Nr. 9) und über die Sicherung dei- Gläubiger bei Fusionen etc.

(Nr. 30) gedenken wir Ihnen für Ihre nächste Session besondere Vorlagen zu unterbreiten.

Die Einladung, das Verzeichniß der Distanzen zwischen den Eisenbahnstationen ergänzen zu lassen, und dasselbe, wie auch die Eisenbahnkarte, dem Buchhandel zu übergeben (Nr. 69) hat bezüglich des leztern Punktes bereits Vollziehung erhalten. An der Ergänzung des Distanzenzeigers wird fortwährend gearbeitet 5 bis im nächsten Herbst wird derselbe voraussichtlich gedrukt und dem Buchhandel übergeben werden können; mit Bezug auf manche Linien werden aber auch dann die Angaben nur provisorische sein.

Die genaue Ausmessung einer Linie erfordert einen bedeutenden Kosten- und Zeitaufwand; einige längst dem Betriebe übergebene Bahnen sind noch nicht genau nachgemessen.

Was endlich die Einladung betrifft, für eine strengere Vollziehung des Art. 31 des Eisenbahngesezes -- Bestimmung des Minimums des von den Bahnverwaltungen zu beschaffenden Betriebsmaterials -- zu sorgen (Nr. 48), so wird an der Sammlung, resp.

Ergänzung des statistischen Materials gearbeitet, welches die Grundlage für Aufstellung von bezüglichen Regeln bilden muß.

500

Staatsverträge. Beziehungen zu auswärtigen Bahnunternehmungen.

Unsere Botschaft vom 12. Juni 1875 (Bundesblatt III, 431) gibt ausführlich Auskunft über den weitern Fortgang und den Abschluß der Unterhandlungen mit dem Großherzogthum Baden, betreffend den Staatsvertrag über die Verbindung der beiderseitigen Eisenbahnen bei Schaffhausen und Stühlingen. Der Vertrag vom 21. Mai 1875 erhielt unterm 2. Juli Ihre Ratifikation und unterin 9. Dezember diejenige der großh. badischen Regierung. Die Urkunden wurden am 28. Dezember ausgewechselt.

Der von den HH. de Seigneux und Dr. Christ angeregten Idee, gewisse Materien des Eisenbahntransportrechtes durch internationalen Vertrag zu unifiziren, wurde schließlich durch Note des österreichischen Ministeriums an die Schweiz. Gesandtschaft in Wien vom September 1875 auch die Zustimmung der österreichisch ungarischen Monarchie zu Theil. Dem von der deutschen Reichsregierung geäußerten Wunsche entsprechend und weil auch die Natur des zu erreichenden Zwekes dieses Verfahren empfahl, ließ das Eisenbahndepartement einen vorläufigen Entwurf einer solchen Vereinbarung ausarbeiten, und zwar wurde mit diesem Auftrage Herr Prof. Dr. Fick in Zürich, der Redaktor des Entwurfs zum schweizerischen Transportgeseze, betraut. Wegen Inanspruchnahme für anderweitige legislatorische Arbeiten verzögerte sich die Vollendung des Entwurfes bis Ende Oktober. Derselbe wurde sodann einer aus den Präsidenten der Eisenbahnkommissionen des National- und Ständerathes, den Initianten, Eisenbahndirektoren und Kaufleuten zusammengesezten Kommission zur Prüfung unterbreitet und in einer unter dem Vorsiz des Vorstehers des Eisenbahndepartements vom 22. bis 25. Februar 1876 tagenden Konferenz durchberathen. Der so bereinigte Entwurf soll als unmaßgeblicher Vorschlag den auswärtigen Regierungen nächstens zur vorläufigen Rükäußerung mitgetheilt werden.

Nachdem die Direktion der Gotthardbahngesellschaft schon bei verschiedenen Anläßen für den Fall, daß das italienische Zwischenstük Camerlata-Chiasso nicht gemäß Art. 3 des internationalen Vertrages betreffend den Bau und Betrieb der Gotthardbahn vom 15. Oktober 1869, zugleich mit der Linie Lugano-Chiasso und zwar auf den 6. Dezember 1874 eröffnet würde, ihre Rechte verwahrt hatte, sezte sie mit Eingabe vom 30. Dezember 1874 auseinander, wie sie durch diesen nun wirklich eingetretenen Fall schwer geschädigt werde, und stellte das Gesuch, daß die geeigneten Schritte

501 gethan werden, um zu bewirken, daß der Gotthardbahngesellschaft von italienischer Seite die ihr gebührende Ersazleistung zu Theil werde.

Indem wir uns der Gotthardbahn gegenüber ausdrüklich dagegen verwahrten, daß aus diesem Akte irgend eine Garantie oder Haftbarkeit der schweizerischen Eidgenossenschaft abgeleitet werde, brachten wir die erhobene Reklamation mit Note vom 2. April zur Kenntniß der italienischen Regierung.

Mit Note vom 17. Mai beantwortete die italienische Regierung die Reklamation in dem Sinne, daß sie eine Schadenersazpflicht nicht anerkenne. Deno Italien treffe keine Schuld an der Nichterfüllung von Art. 3 des Gotthardvertrages, indem es Sache der Gesellschaft der oberitalienischen Bahnen gewesen sei, die Linie Camerlata-Chiasso auszuführen, was derselben indessen wegen unvorhergesehener Hindernisse und außergewöhnlicher Schwierigkeiten nicht möglich o o o gewesen sei. Zweitens enthalte der erwähnte Art. 3 keine Bestimmungen über eventuellen Schadenersaz ; es sei vielmehr der bei der Berner Konferenz vom 29. September 1873 gestellte Antrag, eine solche Bestimmung nachträglich zu vereinbaren, fallen gelassen worden, nachdem sich beide Theile überzeugt hätten, daß das bloße Interesse der beiden Staaten und der betheiligten Gesellschaften mehr als genügend sei, um die Vollendung der Linien auf die vertragsgemäße Zeit zu sichern.

Mit Note vom 11. September wurden replikando diese Argumente als unstichhaltig nachgewiesen und der Erwartung Ausdruk gegeben, die italienische Regierung werde nicht ermangeln, die Gesellschaft der oberitalienischen Bahnen für die von ihr verschuldeten Schädigungen verantwortlich zu machen.

Laut Note vom 20. November 1875 beharrt Italien auf seiner Weigerung.

Der gegenwärtige Moment ist nicht geeignet, um in dieser Angelegenheit weitere Schritte zu thuu.

Auf Ansuchen der Regierung von Waadt versvendeten wir uns bei Frankreich dafür, daß die Anschlußbahn Vallorbe-Pontarlier auf den 1. Mai 1875 endlich eröffnet werde, nachdem die kurze Streke auf Schweizergebiet längst fertig erstellt und die Betriebspächterin (die Suisse Occidentale) zur Uebernahme des Betriebes bereit war. Wir konnten keinen frühern als den von der Konzessionärin, der Gesellschaft Paris-Lyon-Méditerranée, in Aussicht genommenen Termin (1. Juli) erwirken.

Behufs Einführung der Nordostbahnlinie Romanshorn-Konstana mußte der Bahnhof in Konstanz erweitert werden, und diese Erweiterung bedingte die Beseitigung einer frühem, ganz auf badischem

502 Gebiete gelegenen, zollfreien Straße : sie wurde mehr dem See entlang fast ausschließlich auf thurgauisches Gebiet verlegt. Soweit diese Straße auf Bahnhofgebiet zu liegen kam, haben beide Bahnverwaltungen, die der großh. badischen Staatsbahnen und die der Nordostbahn, dieselbe ohne Widerrede auf gemeinsame Kosten erstellt. Mit Bezug auf das zirka 200 Meter lange Endstük von da bis zur Kreuzlinger Straße aber verweigerte die großh. badische Regierung jede Mithülfe. Die Regierung von Thurgau und die Nordostbahn-Direktion verglichen sich schließlich dahin, daß jene gegen einen festen Beitrag lezterer die Fertigstellung und künftige Unterhaltung der fraglichen Straßenstreke übernahm.

Die in unserm vorigen Berichte erwähnten Stationen Riehen und Wilchingen wurden am 15. August und 1. November für den Güterdienst eröffnet.

Wir übermittelten an die großherzogl. badische Regierung in empfehlendem Sinne das Gesuch um Genehmigung der Fusion der Gesellschaften Winterthur-Singen-Kreuzlingen und Winterthur-Zofingen zur Schweiz. Nationalbahn. Von der unterm 12. September von großh. badischer Seite erfolgten Genehmigung nahmen wir Akt.

(Eisenbahnaktensammlung III, 225.)

Desgleichen verwendeten wir uns bei der königl. Regierung von Italien um die Erlaubniß für die Simplonbahngesellschaft, zwischen der Landesgrenze am Simplon und den südlichen Endpunkten Arona und Gozzano Studien für den Simplondurchstich und die Zufahrtslinien anzustellen.

B. Spezielle Angelegenheiten betreffend den Bau und Betrieb der Eisenbahnen.

a. Rechtliche Grundlagen der Eisenbahnunternehmungen.

Konzessionen.

Mit 8 Botschaften haben wir Ihnen 10 Konzessionsentwürfe Annahme empfohlen. Drei davon (betreffend die Pferdebahnen die Linie Vevey-Palézieux) haben Sie behufs Ergänzung au zurükgewiesen. 2 Anträge kamen aus dem Jahr 1874 herüber l (Etzweilen-Feuerthalen-Schaffhausen) blieb unerledigt.

Ertheilt wurden in Ihren Sessionen vom März, Juni, September und Dezember Konzessionen für folgende Linien mit den beigesezten Hauptverhältnissen : zur und uns und

Linien.

Länge in Kilometern.

1) Zürich-Höngg .

.

2) Stanz-Rothschuh 3) La Sarraz-Echallens, Gingins-Nyon,h .

Bière-Morges .

.

4) Genf-Gex .

.

.

.

5) Aarberg-Cornaux .

6) Bern-Cornaux .

7) Laupen-Müntschemier 8) Sins-Rothkreuz-Immensee .

.

9) Pferdebahnen in Genf 10) Pferdebahn Bözingen-Biel-Nidau .

.

11) Cadenazzo-Pino .

12) Vevey-Palézieux

5,60 8,60 38,50 5,0« 22,50 35,90 24 10 7,51 4,90 16 11,50 190,07

Minimalradius Maximal* Kosten per in Metern. Steigung in °/oo. Kilometer.

Fr.

50 34 94,400 300 6 280,000 100 200 500 360 300 300 300 300

30 30 2 10,4 14 10 5,7 8 100

61,525 165,000 120,000 210,000 150,000 196,000 140,000 40,775 449,700 600,000

G-esammtkostenVoranschlag.

Fr.

528,640 2,400,000 2,368,760 834,900 2,687,934 7,490,000 3,600,000 1,960,000 1,052,415 200,000 7,095,000 6,900,000 37,117,649

503

(Nr. l und 2 figuriren schon im lezten Geschäftsberichte.)

Nr. 9 und 10 sind die ersten vom Bunde konzedirten Pferdebahnen; die zu Nr. 9 angegebenen Hauptverhältnisse begreifen nicht die bereits im Betriebe befindlichen Tramways Genf-Carouge und Genf-Chêne, welche übrigens von der neuen Konzession gleichfalls umfaßt werden.

Nr. l (Dampfomnibusbahn) ist theilweise ebenfalls Straßenbahn und mit Bezug auf die Benuzung der öffentlichen Straße besondern Bedingungen unterworfen.

Ein Theil von Nr. 12 soll nach dem System Agudio betrieben werden.

504 Nr. 3 und 4 sind schmalspurig projektirt; die Konzession räumt jedoch die Fakultät ein, sie auch normalspurig zu bauen.

Eine geringere Fahrgeschwindigkeit ist gestattet den Bahnen Nr. l, 2 (mit Rüksicht auf die Trajektanstalt), 3, 4 und 12. Die Pferdebahnen befinden sich in dieser wie in vielen andern Beziehungen in ausnahmsweiser Stellung.

Die normalen übersteigende Taxen sind bewilligt für Nr. 2 und 12 und für Streken mit außergewöhnlicher Steigung bei Nr. l, 3 und 4.

Nr. 8 und 11 sind hinsichtlich des Vollendungstermins, der Konzessionsdauer und der Rükkaufsbestimmungen mit zusammenhängenden kantonalen Konzessionen in Einklang gebracht, Nr. 11 überdies mit Bezug auf die Zahl der obligatorischen Züge, die Wagenklassen und eine eventuelle Taxreduktion.

Nr. 5, 6 und 7 sind unter einander mehr oder minder Konkurrenzlinien.

Eine Einsprache der Regierung von Zug gegen das Trace der Linie Nr. 8 wurde nicht berüksichtigt.

Vorläufig angemeldet wurden Konzessionsbegehren für Pferdebahnen in Basel und Bern. Pendent blieben die zwei von Privaten gestellten Konzessionsgesuche für Bahnen zwischen Genf und Annemasse.

E r l o s c h e n sind die Konzessionen für folgende Linien: 1) Kloten-Zürich oder Neumünster (durch ausdrüklichen Verzicht Seitens der Konzessionäre) ; 2) Wald-Laupen ; 3) Jura-Gotthardbahn (Delsberg-Langenthal-Willisau-Luzern, Stanz-Altorf) ; 4) Ustcr-Effretikon ; 5) Bözenegg-Nordostbahn (Ruppersweil), -- leztere 4 durch fruchtlosen Ablauf der Frist für Finanzausweis und Arbeitsbeginn.

Fristverlängerungen, Aenderungen und Uebertragnngen von Konzessionen, Betriebsverträge.

Fristverlängerung war der Gegenstand von 11 Botschaften (l davon zugleich eine Konzessionsänderung beschlagend) und von 12 Bundesbeschlüssen; von den leztern beschlagen 3 lediglich die Vollendungsfrist, 3 bloß die Ausweis- und Baubeginnsfrist, die übrigen die sämmtlichen Fristen. Besondere Erwähnung verdient

505

der Beschluß betreffend die Linie Rappersweil-Brunnen, indem bei übrigens ungetheilt bleibender Konzession eine Verlängerung der Fristen nur für einen Theil der Linie verlangt und ertheilt wurde.

Vermöge der uns ertheilten Ermächtigung wurden überdies 14 Gesuche um Erstrekung der Ausweis- und Baubeginnfristen von uns erledigt.

Konzessionsänderungen wurden folgenden Bahnen gewährt : 1) Winterthur-Singen-Kreuzlingen (Art des Anschlusses in Konstanz) ; 2) La Sarraz-Gingins (Verzicht auf die Abzweigung nach Aubonne-Allaman) ; 3) Emmenthalbahn (Verzicht auf die Linie Utzenstorf-Schönbühl) ; 4) Brunnen-Rothkreuz (Zerlegung in 3 von einander unabhängige Sektionen und Fristverlängerung).

5) Das Gesuch der Bödelibahn um Erhöhung gewisser Taxen kam erst im Jahre 1876 zur Erledigung.

Genehmigt wurde die Uebertragung der Konzessionen: 1) für Bern-Biel-Neuenstadt, 2) für den Jura Industriel unter einer Reihe von Bedingungen, betreffend Taxen und Anzahl der obligatorischen Züge etc., -- alles gemäß der von Ihnen unterm 19. März ertheilten Spezialvollmacht, 3) für Winterthur-Singen-Kreuzlingen und Winterthur-Zofingen.

Pendent blieb bei Ihnen das Gesuch um Uebertragung der Konzessionen für Etzweilen-Feuerthalen.

Die Betriebsverträge betreffend die Linien : 1) Sulgen-Bischofszell-Gossau, 2) Bern-Luzern und 3) Wädensweil-Einsiedeln erhielten Ihre Genehmigung.

Der von Ihnen am 31. Januar 1874 ratiflzirte Vertrag über die Verwaltung und den Betrieb der Eisenbahnstreke vom Centralbahnhof Basel bis zur deutschen Grenze bei St. Louis wurde unterm 1. Januar 1875 auch vom deutschen Reichskanzleramt genehmigt.

Die Simplonbahn wird von der Suisse Occidentale betrieben.

Wir sind der Anschauung der leztern beigetreten, daß, da sie zur Hälfte Mitsteigerer und Miteigenthümer der Simplonbahn ist, für die Ausübung der Betriebsfunktionen durch sie allein eine Genehmigung nicht erforderlich sei.

506 Die Verträge der Tößthalbahn, betreffend die zeitweilige Mitbenuzung der Streke Grütze-Winterthur (der Vereinigten Schweizerbahnen) und des Bahnhofes Winterthur, so wie der Vertrag der schweizerischen Nationalbahn betreffend die Mitbenuzung des Bahnhofes Winterthur, fielen nicht in Ihre Kompetenz, weil sie nach unserer Ansicht keine Uebertragung irgendwelcher konzessionsmäßiger Rechte oder Pflichten der Vereinigten Schweizerbahnen und der Nordostbahn an die Tößthal- oder die Nationalbalm enthalten ; auch die ausdrükliche Genehmigung des Bundesrathes ist für derartige Verträge nicht vorgeschrieben und er hat sich darauf zu beschränken, sich von sämmtlichen Verträgen dieser Art Kenntniß zu verschaffen und Einsprache zu erheben gegen Bestimmungen, welche mit Gesez, Konzession u. s. w. nicht im Einklang stehen. In Anwendung dieser Grundsäze wurde gegen den Vollzug der genannten Verträge keine Einsprache erhoben, immerhin unter dem Vorbehalt, daß ein den alten Bahnen mit Bezug auf die Fahrtordnung eingeräumtes Prioritätsrecht hierorts nur soweit beachtet werde, als es ohne Gefährdung der Bestimmungen von Art. 30 und 31 des Eisenbahngesezes thunlich erscheine.

Das Eisenbahndepartement verfehlte nicht, die noch nicht zur Kenntniß der Behörde gelangten Verträge über Mitbenuzung von fremden Bahnstreken und Bahnhöfen einzuziehen,

Statutengenehmigungen.

Im Laufe des Jahres 1875 sind von uns genehmigt worden Statuten : der Vereinigten Schweizerbahnen, der Simplonbahn, der schweizerischen Westbahnen, ,, Nationalbalm, " der Bahn Wohlen-Bremgarten, ,, ,, Wädensweil-Einsiedeln.

Theilweise Aenderungen erlitten mit unserer Zustimmung die Statuten: 7) der Jura-Bern-Bahn, 8) der Zürichsee-Gotthardbahn, 9) der Winterthur-Singen-Kreuzlingen-Bahn, 10) der Tößthalbahn.

Welche Punkte die Statuten der Eisenbahngesellschaften zu enthalten haben, um vom Bundesrathe genehmigt zu werden, sagt Art. 8 der Verordnung zum Eisenbahngesez vom 1. Februar 1875.

neue 1) 2) 3) 4) 5) 6)

507 Wie diese Punkte aber materiell zu fixiren seien, darüber muß die Verordnung schweigen, weil daherige Bestimmungen nur Sache eines Buudesgesezes über Aktiengesellschaften sein können. Die Frage, wie weit zur Zeit die staatliche Aufsichtsbehörde berechtigt sei,i O Aenderungen am Materiellen der Statuten zu fordern, beantworten wir dahin, daß der Maßstab der Bundesgesezgebung, der Verordnungen und Beschlüsse, sowie der Konzessionen an die Entwürfe zu legen sei, daß aber ein weiteres Eingreifen in die Autonomie der Gesellschaften ohne zwingende Gründe sich kaum rechtfertigen würde. Wir befinden uns mit dieser Anschauung nicht allein ; auch die im Jahr 1873 niedergesezte preußische Spezialkommission zur Untersuchung des Eisenbahnkonzessionswesens spricht sich im gleichen Sinne aus. Insbesondere hebt sie noch hervor, daß eine weitere Betheiligung des Staates beim Zustandekommen der Statuten unter den Aktionären leicht ein unzuläßiges Vertrauen, daß der Staat der treue Wächter aller ihrer Interessen sein werde, hervorrufen dürfte, aus dem nur allzu bald ein gewisser Grad von Verantwortlichkeit erwachsen müßte.

Der Regierungsrath des Kantons Bern lenkte bei Anlaß der partiellen Statutenrevision der Jura-Bern-Bahn unsere Aufmerksamkeit auf die Vorschrift des bernischen Aktiengesezes vom 27. November 1860, wonach Statutenänderungen von Aktiengesellschaften, sowie die spätere Genehmigung der Aenderungen durch die Staatsbehörden im Amtsblatte des Kantons publizirt werden sollen. Der Regierungsrath stellte es dem Bundesrath anheim , zu beurtheileu, ob diese Vorschriften eines kantonalen Gcsezes neben denjenigen von Art. 7 des Eisenbahngesezes noch Bestand haben. Es bot dies unserm Eisenbahndepartement Veranlaßung, die Frage, welche Bedeutung den Bestimmungen kantonaler Aktiengeseze hinsichtlich Genehmigung der Statuten von Eisenbahngesellschaften durch kantonale Behörden noch beizulegen sei, nachdem Art. 7 des Eisenbahngesezes dem Bundesrath das Genehmigungsrecht zugesprochen hat und denselben nur verpflichtet, die Ansicht der Kantonsregierungen einzuholen, grundsäzlich zur Erörterung zu bringen. In erster Linie hat das Departement die Ivantone, die im Besiz von Aktiengesezen sind, ersucht, über den Gegenstand sich vernehmen zu lassen. Noch sind die Antworten nicht allseitig eingegangen, aber schon haben
sich sehr widersprechende Anschauungen kundgegeben.

Die Gesellschaft der Schweiz. Westbahnen schuf neue Statuten, um den Organismus ihrer Verwaltung von Grund aus zu ändern.

Da hierdurch, entgegen dem in der Schweiz üblichen Verwaltungssystem, ein einziger Bau- uud Betriebsdirektor mit sehr bedeuten-

508 den Kompetenzen, anstatt des bisherigen viergliedrigen Direktorialkomite, an die Spize der Unternehmung trat, so erachteten wir uns für verpflichtet, die Statuten nur mit einigen Vorbehalten, die Bezug haben auf die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrathes gegenüber den Bundesbehörden, sowie auf die Stellung der leztern zum Direktor, zu genehmigen.

Finanzausweise.

Es wurden die Finanzausweise für folgende Unternehmungen anerkannt : 1) Wohlen-Bremgarten (BaukostenVoranschlag Fr. 1,300,000) :, 2) Winterthur-Zofingen (Fr. 17,000,000); 3) Niederglatt-Otelfingen-Baden (Fr. 5,000,000) ; 4) Simplonbahn : Linie Siders-Visp und Vollendungsarbeiten an der Linie Bouveret-Siders (Fr. 6,700,000) ; o) Rappersweil-Pfäffikon, Sektion der Zürichsee-Gotthardbahnlinie Rappersweil-Brunnen (Fr. 1,300,000).

Bei Nr. 2 lagen für Beschaffung des Obligationenkapitals von 9 Millionen Franken noch keine bindenden Zusicherungen im Sinne von Art. 27 der Verordnung vom 1. Februar 1875 vor. Wir nahmen aber an , daß die solidarische Garantieverpflichtung der Gemeinden Winterthur , Baden , Lenzburg und Zofingen für Verzinsung und Rükzahlung eines Anleihens vom genannten Betrage unter die ,,den Aktien gleichkommenden Werthe" des zitirten Artikels subsumirt werden könne, insofern sie die den Obligationären zu gewährenden Sicherheiten vermehre.

Die Abzweigung Hunzenschweil - Aarau war nicht, in dem Kostenvoranschlag und Finanzausweis begriffen, weil schon damals wahrscheinlich war, daß dieselbe nicht ausgeführt würde. Es wurde der Vorbehalt gemacht, daß die Gesellschaft innerhalb der ihr für Leistung des Finanzausweises gegebenen Frist entweder den Ausweis auch noch für diese Streke leiste oder mit Einwilligung der Bundesversammlung auf die Konzession für dieselbe verzichte.

(Der leztere Fall ist seither eingetreten.)

Die Simplonbahn wies ebenfalls nur das Aktienkapital aus (4 Mili. Fr.), die Absicht kundgebend, später, d. h. erst sobald sie dessen benöthigt sein werde, das Obligationenkapital gegen Verpfandung auch ihrer bereits im Betriebe befindlichen Linie aufzubringen. Wir hielten die Argumentation für berechtigt und die oben erwähnte Bedingung (Vorhandensein von, den Aktien gleichkommenden Werthen) für erfüllt.

509 Die Hälfte des Aktienkapitals der Siniplonbahngesellschaft war durch die ,,Suisse Occidentale11 übernommen. Wir forderten von lezterer als einer dem Finanzausweis unterworfenen Unternehmung 'o den Nachweis, daß sie den für die Simplonbahn eingegangenen Verpflichtungen gewachsen sei.

Die Abnahme des Finanzausweises für die Theilstreke der Zürichsee - Gotthardbahn war die Konsequenz des oben erwähnten Bundesbeschlusses betreffend Fristverlängerung für den übrigen Theil der Linie Rappersweil-Brunnen.

Kautionen.

Nach vollzogener Kollaudation wurde der Gesellschaft? der bernischen Jurabahnen die s. Z. für die Erfüllung der solothurnischen Konzession deponirte Kaution von Fr. 10,000 und ebenso der Emmenthalbahn (Solothurn-Burgdorf) die Kaution für das bernische Gebiet, Fr. 80,000 betragend, aushingegeben.

Der ,,Suisse Occidentale"1 wurde der Austausch eines Theiles der für die Trans versai bahn geleisteten Kaution bewilligt.

Zur Zeit befinden sich bei uns noch folgende Kautionen deponirt : 1) Fr. 200,000 für die bernischen Jurabahnen auf bernischem Gebiete ; 2) Fr. 40,000 für die Emmenthalbahnlinie Solothurn-Burgdorf auf solothurnischem Gebiet; 3) Fr. 500,000 für die Simplonbahn; 4) Fr. 50,000 für die Transversalbahn Freiburg-Payerne-Yverdon auf Waadtländer Gebiet ; 5) Fr. 150,000 für die Wasserfallenbahn auf basellandschaftlichem Gebiet.

Ausserdem liegen noch einige vor dem 1. April 1873 geleistete Kautionen in den Händen der Kantonsregierungen. Wir glauben zwar, beim Heimfall einer solchen Kaution hätte der Bund sie gleichfalls anzusprechen; wir wollten indessen diese Frage nicht unnüthiger Weise durch Einforderung der bezeichneten Kautionen aufwerfen und vorzeitig zur Entscheidung bringen.

Alle diese Kautionen sind kraft kantonaler Konzessionen ein- .

gefordert worden (mit Ausnahme derjenigen für den Simplon, welche durch die eidg. Konzession ausdrüklich vorgeschrieben ist), und zwar jeweilen nur auf Ansuchen eines bei der Bahn betheiligten Kantons.

510

Die von Art. 13, Absaz 2 des Eisenbahngesezes vorgesehene Maßregel ist erst in einem Falle zur Anwendung gebracht, resp.

angedroht worden. Nachdem im August 1874 für die Centralbahnlinie Langenthal-Wauwyl der Finanzausweis geleistet, im November gleichen Jahres die Pläne für den Tunnel zwischen Eberseckeu und Altbüron genehmigt und in der ersten Hälfte 1875 die Pläne filidie übrige Linie eingereicht worden und die Arbeiten am Tunnel im Gang waren, sistirte die Centralbahn plözlich den Bau, unter der Begründung, daß bis zum konzessionsgemäßen Volleudungstermin die Linie fertig erstellt werden könne, auch M-enn der Bau zeitweilig eingestellt werde. Wir sezten der Centralbahn eine Frist an, um uns ihre Vorschläge betreffend den Zeitpunkt für Wiederaufnahme der Arbeiten und für die Vollendung der bedeutenderen Kunstbauten zu unterbreiten.

Wenn von der erwähnten Bestimmung des Art. 13 bisher nicht in umfassenderer Weise Gebrauch gemacht worden ist, so geschah es aus folgenden Gründen. Wir nahmen an, daß sie nicht der Behörde eine Pflicht auferlege, vielmehr nur ihr ein Recht einräume. So zwekmäßig sie zur Anwendung in Spesdalfällen ist, für so schwierig und undankbar halten wir ihre Durchführung im Sinn der Allgemeinverbindlichkeit; sie belastet die ohnehin mit Eisenbahnangelegenheiten überbeschäftigte Behörde mit einer Masse von Arbeiten, welche in der Regel -- gegenüber ernsten und gut geleiteten Unternehmungen -- nur eine rein formale Bedeutung haben oder wenigstens bis jezt gehabt hätten. Bei der Liberalität, mit welcher früher die konzessionsgemäßen Fristen stets von Ihnen erstrekt worden sind, wären Zwischenfristen von wenig Gewicht gewesen. Mit gründlicher Sachkenntniß können solche Termine nur nach sehr einläßlicher Prüfung der technischen Verhältnisse der betreffenden Bahn bestimmt werden ; unter Umständen wäre eine Untersuchung auf dem Lokal erforderlich und die Ausarbeitung eines Arbeitsprogramms für die kontrolirende Stelle beinahe so schwierig und zeitraubend, wie für den Bauunternehmer selbst.

Will oder kann man dieses Verfahren nicht beobachten, so läuft die Ueberwachung des Arbeitsfortschrittes auf eiu beständiges Jasagen zu den Vorschlägen und Fristverlängerungsgesuchen der Gesellschaften hinaus. Bisher war das eigene Interesse der Unternehmungen fast ausnahmslos ein zureichendes
Antriebsmittel für die Förderung der Arbeiten, und seit dem Inkrafttreten des neuen Eisenbahngesezes bis in die neueste Zeit zeigte sieh kein Bedürfniß zu Zwangsmaßregeln, um so weniger, als die meisten vom Bunde konzedirten Eisenbahnen, für welche der Finanzausweis geleistet, wurde, nur kurze Linien mit beschränkter Bauzeit waren.

511

Nun haben Sie aber unterm 20./2J. Dezember 1875 folgendes Postulat beschlossen : :,Der Bundesrath wird eingeladen, zu berichten, inwieweit er dem Artikel 13 , Lemma 2 des Bundesgesezes vom 23. Dezember 1872 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen bisanhin Vollziehung gegeben habe oder in künftigen Fällen Vollziehung zu geben gedenke."

Nach den Umständen, unter welchen dieser Beschluß gefaßt wurde, und nach der Motivirung, soweit sie uns bekannt ist, scheint uns nicht zweifelhaft, daß Sie der zitirten Gesezesstelle eine andere Auslegung -- im Sinn einer zwingenden Vorschrift -- geben oder daß Sie wenigstens eine strengere Handhabung derselben wünschen.

Obgleich wir die soeben geäußerten Bedenken nicht zu überwinden vermögen, so werden wir doch nicht ermangeln, Ihren Intentionen nachzukommen.

Wir werden bei Abnahme des Finanzausweises die betreffende Gesellschaft -- und zwar behufs G-Ieichbehandlung ohne Ausnahme jede -- zur Vorlage eines Arbeitsprogramm es anhalten, dieses nach Möglichkeit prüfen, nötigenfalls daran die zwekentsprechenden Aenderungen anbringen oder ein nach bestem Ermessen selbständig aufgestelltes Programm oktroyiren. Wir werden auch unter besondern Umständen, z. B. bei verschuldeter Nichteinhaltung der Termine und auf begründet erscheinendes Begehren einer beteiligten Kantonsregierung, angemessene Kaution bestellen lassen.

Wir betrachten damit das zitirte Postulat als erledigt, behalten uns indessen vor, wenn die von dieser Praxis für die Verwaltung befürchteten Inkonvenienzen im Verhältniß zu dem dadurch erzielten Nuzen zu große Dimensionen annehmen würden, auf den Gegenstand später zurükzukommen.

Liquidationen. Konzessionsverwirkung.

Bedauerlicherweise ist im Berichtjahre ein erster Fall vorgekommen, wo der zweite Abschnitt des Bundesgesezes über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen vom 24. Juni 1874 zur Anwendung gebracht werden mußte, indem ein großer Theil der Obligationäre I. Hypothek der Bern-Luzern-Bahn am l. Dezember die Zwangsliquidation dieser Unternehmung beim Bundesgerichte verlangte, nachdem die Einlösung der am 30. November fälligen Zinscoupons unterblieben war. Das Bundesgericht berief gemäß Art. 15 des zitirten Gesezes eine Versammlung aller Titeliuhaber des be-

512 treffenden Anleiheus von 10 Millionen Franken ein, um ihnen das Begehren vorzulegen und sie entscheiden zu lassen, ob die Liquidation wirklich einzutreten habe. Die Versammlung selber, sowie die weitern Maßnahmen zur Aufreehterhaltung des Betriebes auf der Linie Bern-Luzeru fallen in das Jahr 1876.

Ligne d'Italie.

Unterm 4. Juni wurde der internationalen Gesellschaft der Ligne, d'Italie von der Seitens der Regierung von Wallis erfolgten Rechnungsstellung und von deren Hauptergebnissen, sowie von den auf den Saldo notifizirten Beschlagnahmen und Abtretungen Kenctniß gegeben und eine Frist bis Ende August augesezt, um gemäß früheren Schlußnahmen den Legitimationspunkt zu bereinigen , in der Meinung, daß , wenn bis dann sich keine Vertreter melden oder sich meldende sich nicht gehörig auszuweisen vermögen sollten, der Bundesrath in der Lage wäre, durch Bekanntmachung die Sachlage zur Kenntniß der Betheiligten zu bringen und sie zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlaßen.

Gestüzt auf den Beschluß einer Generalversammlung vom 18. Mai 1873, wodurch seine Vollmachten verlängert worden seien, meldete sich Hr. de La Valette, zwar nicht zum Bezug des bei uns liegenden Saldo , sondern zunächst um Einsicht von den Belegen der Sequesterrechnung zu erhalten; er stellte zugleich die baldige Zusammenberufung einer neuen General Versammlung in Aussicht. Es wurde dem Vertreter des Herrn de La Valette unterm 27. Oktober geantwortet: Sofern es sich um eine die Verantwortlichkeit des Bundesrathes direkt engagirende Maßregel, insbesondere um Auslieferung von Geldern handeln würde, so könnten wir Herrn de La Valette noch immer nicht als berechtigten Vertreter der Gesellschaft anerkennen. Da bei Prüfung der Rechnung über die Sequesterverwaltung aber lediglich die Regierung von Wallis interessirt sei und leztere ihn in einem schiedsgerichtlichen Prozesse als Repräsentanten der Gesellschaft anerkannt habe, so haben wir nichts dagegen, wenn die genannte Kantonsregierung ihm Einsicht von den Belegen der Rechnung verschaffe. Mit Rüksicht auf die ausgesprochene Absicht, bald eine Generalversammlung zusammenzubei-ufen , werde von der im Beschluß vom 4. Juni erwähnten Publikation noch für kurze Zeit abgesehen.

JEine Partei, welche Arrest auf den in unserer Verfügung liegenden Saldo der Sequesterverwaltung ausgewirkt hatte,
schritt in Bern zur Rechtfertigung des Arrestes und schikte uns einen gerichtlichen Befehl zur Edition der diesen Saldo, resp. die Sequesterrechnung betreffenden Korrespondenzen und Berichte des Staats-

513 rathes von Wallis. Indem wir dem Gerichtspräsidenten statt der verlangten Akten eine kurze Darstellung der erheblicheren Thatsachen gaben und den Parteien die Einsichtnahme der Akten freistellten, erklärten wir, daß durch die von uns angeordnete Ablieferung der an verschiedenen Orten gelegenen Gelder der Ligne d'Italie in die Eidg. Bank die von Dritten allenfalls daran erworbenen Rechte nicht haben beeinträchtigt werden können, daß dieselben vielmehr ausdrüklich gewahrt bleiben, daß daher eine getrennte Vollziehung für eine einzelne Forderung auf den ganzen bei der Bank liegenden Betrag ohne gleichzeitige Rüksichtnahme auf die früheren Arreste und Abtretungen als unzuläßig erscheine. Wir gaben gleichzeitig den übrigen Arrestimpetranten und Cessionären von diesem Arrestprozesse behufs Wahrung ihrer Rechte Kenntniß, mit dem Bemerken, daß wir uns mit der Angelegenheit zu befassen weiter keine Veranlaßung haben.

Seither ist gegen die Gesellschaft in Sitten der Konkurs anbegehrt worden.

Die in Aussicht gestellte Generalversammlung hat am 26. März 1876 wirklich stattgefunden.

Die abschließliche Erledigung der Angelegenheit darf in nächster Zeit erwartet werden.

Das Turiner Appellationsgericht bestätigte am 5. Juli das Urtheil des Handelsgerichtes , welches Konzession wie Kaution ala verwirkt erklärte.

b. Expropriationsverfahren.

Schäzungskommissionen wurden neu bestellt für folgende Linien: 1) Solothurn-Schönbühl (zwei Kantonsgebiete) ; 2) Winterthur-Zofingen (zwei Kantonsgebiete) ; 3) Wohlen-Bremgarten ; 4) die Vereinigten Schweizerbahnen auf Glarner Gebiet ; 5) die rechtsufrige Zürichseebahn (2 Kantonsgebiete); 6) die Gotthardbahn auf Schwyzer- und Zugergebiet.

Außerdem haben das Bundesgericht 8, der Bundesrath 28 und verschiedene Kantonsregierungen 6 Ersazwahlen getroffen.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

35

514

Das ansserordentliche Expropriationsverfahren wurde in 8 Fällen ausdrüklich bewilligt.

Die Gesellschaft Lausanne - Ouehy benuzt den Bret-See als Reservoir und hat ringsherum einen Streifen Land expropriirt. In Folge Tieferlegung des Niveau traten Rutschungen ein ; nicht expropriirtes Terrain versank und zur Verlegung der Landstraße mußte neues Land erworben werden ; der Umfang des nöthigen Landes konnte indessen noch nicht angegeben werden.

Auf ein Gesuch um Bewilligung des außerordentlichen Expropriationsverfahrens für diesen Fall wurde nicht eingetreten aus folgenden Gründen : Die ganze Grundlage des Expropriationsverfahrens bilden die Pläne und die auf der Basis derselben fest und genau formulîrten Ansprüche der mit dem Expropriationsrecht ausgestatteten Unternehmung. Zur Formulirung ihrer Entschädigungsansprüche und andern Forderungen müssen nothwendig die Exproprianden, und zur Entscheidung über deren allfällige Einsprachen muß nothwendig der Bundesrath genau wissen , um was für Bauten und was für Abtretungsobjekte es sich handelt. Die Deklaration ,,soweit Terrains sich aïs nothwendig erweisen"1 enthält keine Lösung , sondern nur «eine Wiederholung der Frage.

Bestreitungen der Abtretungspflicht veranlaßten 26 Beschlüsse ^2 davon betrafen die Gotthardbahn).

Es wurden dadurch 37 Expropriationsanstände erledigt und zwar 23 (darunter \ Revisionsgesuch} durch motivirte Abweisung; 5 Einsprachen wurden zurükgezogen ; in 2 Fällen verzichtete die Bahnverwaltung auf die Zwangsenteignung ; 7 Anstände wurden gütlich beigelegt. Außerdem wurden 16 Eingaben als offenbar keine Einsprachen, sondern nur Entschädigungsbegehren enthaltend, kurzer Hand an die betreffenden Gemeinderäthe behufs Zustellung an die Bahnverwaltung zu Händen der eidg. Schäzungskommission zurükgeschikt.

3 Einsprachen gingen unerledigt auf das Jahr 1876 hinüber.

Das erwähnte Revisionsgesuch wurde in formeller Beziehung damit begründet, daß den Exproprianden keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich über die Motivirung der Bahn Verwaltung auszusprechen. Darauf wurde gesagt : Bisher haben die Einsprecher

515 fast immer den Grund ihrer Bestreitung, wenn überhaupt ein solcher vorhanden war, schon in ihrer an den Gemeinderath zu Händen des Bundesrathes gerichteten Eingabe aufgeführt; es verstehe sich das um so mehr von selbst, als der Bauunternehmer meistens bis nach gehörter Einrede nichts zu sagen habe, was nicht aus dem Plane ersichtlich wäre. In der Regel finde daher kein doppelter Schriftenwechsel statt.

Eine Gesellschaft verpflichtete sich, für verschiedene in Folge des Bahubaues eingehende Fuß- und Winterwege eine Fahrstraße zu bauen, und beanspruchte, das zu dieser nöthige Land zu expropriiren.

Die Exproprianden erhoben Einsprache, unter der Behauptung, man wolle auf ihre Unkosten die Lage der Wegberechtigten verbessern.

Wenn wir es auch korrekter gefunden hätten, wenn lediglich die Entschädigung für die Abschneidung der bisherigen Verbindung gütlich oder rechtlich fixirt und den Expropriaten überlassen worden wäre, dieses Geld auf die Wiedererwerbung der gewünschten Verbindung im Wege des freien Vertrages zu verwenden oder es als Ersaz für die erschwerte Benuzung zu behalten, so ergaben sich aus den Verhältnissen doch keine oder nicht genügende Anhaltspunkte für die Richtigkeit jener Behauptung der Einsprecher.

Ein Expropriand, dessen Land zur Materialgewinnung erworben werden wollte, machte in dem Sinne Einwendung gegen die Abtretung, daß der Grund und Boden wieder an ihn zurükfallen solle, sobald die Bahn ihn nicht mehr zur Materialausbeutung brauche.

Auf die Einsprache wurde nicht eingetreten. Denn wenn auch das Begehren in die Form einer theilweisen Bestreitung der Abtretungspflicht eingekleidet sei, so liege darin im Grunde doch nur eine antizipirte Geltendmachung des durch Art. 47 des Expropriationsgesezes dem Expropriaten eingeräumten Rechtes, Zurükgabe der abgetretenen Rechte zu verlangen, wenn der Bauunternehmer davon nicht den Gebrauch macht, zu dem sie abgetreten worden sind.

Sei nun das Begehren schon in der Richtung verfrüht, daß zur Zeit nicht bestimmt werden könnte, ob und welchen Werth nach völliger Ausbeutung der fraglichen Parzelle der Grund und Boden noch für den Eigenthümer haben werde, so werde vollends die Beurtheilung des Begehrens, wenn es seiner Zeit gestellt werde, in die Kompetenz des Bundesgerichtes fallen.

BaninhiMtionen.

Aus den im vorigen Geschäftsbericht erörterten Gründen wurden 8 von kantonalen Behörden ertheilte Bauverbote aufgehoben.

516 Eine Verfügung wurde nach hierorts erhobener Beschwerde zurükgenomrnen.

12 bei uns nachgesuchte Inhibitionen wurden verweigert 3 3 definitiv bewilligt.

8 Gesuche wurden von den betreffenden Balmvenvaltungeii als begründet anerkannt.

10 Anstände erledigten sich durch Zurükziehung des Gesuches in Folge Vergleiches etc.

In 4 Fällen hatte das Verfahren bei dem vorläufig erlassenen Bauverbot sein Bewenden.

l Gesuch wurde im Prinzip gutgeheißen, jedoch, da die Baute bereits ausgeführt war, durch anderweitige Verfügung erledigt.

In der Regel wurde durch ein provisorisches Verbot für die Aufrechthaltung des status quo gesorgt.

Unter den Bauverboten kantonaler Behörden befand sich eines, welches wir, außer aus dem formalen Grunde der Inkompetenz derselben, auch aus dem materiellen Grunde aufhoben, weil wir die Interpretation, welche die kantonale Stelle einem bundes-'gerichtlichen Urtheil gab, nicht als richtig anerkennen konnten.

Der Eigenthümer einer Liegenschaft hatte mit der Baugesellschaft einen Kaufvertrag abgeschlossen und es übernommen, mit dem an derselben dinglich Berechtigten (Pfandgläubiger und zugleich Nuznießer) sich auseinander zu sezen. Lezterer verlangte und erhielt ein Verbot gegen Inbesiznahme der Liegenschaft, bevor gütlich oder rechtlich die ihm gebührende Entschädigung- festgestellt und ausbezahlt, resp. bei der Kantonsregieruug depouirt sei, vorbehalten Art. 46 des eidgenössischen Expropriatiousgesezes, -- aus folgenden Gründen : In Expropriationssachen ist der Inhaber dinglicher Rechte an fremden Sachen berechtigt, seine Interessen selbwtständig zu wahren ; der zwischen dem Eigenthümer und dem Bauunternehmer vereinbarte Preis ist für ihn nicht maßgebend ; der Eigenthümer könnte aus Nachläßigkeit oder bösem Willen das Objekt zu einem Preise losschlagen, daß die Forderung des Pfandgläubigers etc. keine Dekung mehr fände. Niemand braucht scino Rechte abzutreten, bevor die Entschädigung dafür bezahlt, resp.

deponirt oder kautionirt ist.

Um eine durch heftige Regengüsse veranlaßte Rutschung möglichst aufzuhalten, warf eine Baugesellschaft in solchem Land, das außerhalb der Expropriationsgrenzen lag, Gräben auf. Der Eigenthümer desselben verlangte Einstellung dieser Arbeiten. Es wurde ihm geantwortet: Wenn eine temporäre oder bleibende Inanspruchnahme des fraglichen Akers vorherzusehen gewesen wäre, so dürfte die

517 Bauuntcmehmung nicht über denselben verfügen, ohne die Expropriation durchgeführt, resp. nach Art. 46 des Gesezes die Baubewilligung ausgewirkt ?AI haben. Der vorliegende Fall gehört aber unzweifelhaft 7,11 jenen, von welchen Art. 16, Absaz l des Eisenbahngesezes handelt, indem er von Beschädigungen spricht, welche nicht abzuwenden seien und für welche die Gesellschaft Ersaz zu leisten habe. Daß, wenn eine plözliche Rutschung eintritt, ein Bauunternehmer das Expropriationsverfahren mit seinen langen Fristen für Anmeldung von Forderungen etc. einleiten müßte, bevor er Anstalten zur Beseitigung der schädigenden Ursachen treffen darf, davon kann keine Rede sein. Aus eben diesem Grunde, weil der Fall mit der Expropriation nichts zu thun hat und mit dem Bahnbau nur indirekt zusammenhängt, ist die Kompetenz des Bundesrathes ausgeschlossen.

In einer andern Beschwerde wurde vorgebracht, der Bau werde beim Hause des Potenten sehr unvorsichtig betrieben ; es werden ganze Felsstüke gegen und auf das Gebäude geschleudert, außerdem Erde und Steine auf sein (außerhalb der Expropriationsgrenzen liegendes) Land abgelagert. Das Gesuch ging dahin, daß die Bahngesellschaft ihre Arbeiten beim fraglichen Hause vorläufig einstelle und sichernde Vorkehrungen zum Schuz von Leben und Eigenthum zu treffen habe. Bescheid: Der Schuz der Rechte, welche nicht in Expropriation fallen, bleibt in der durch Art. 16, Absaz l des Eisenbahngesezes angedeuteten Beschränkung Sache der kantonalen Behörden, wie auch durch die Konlrole des Bundes die Funktionen der Polizei, Gesundheit und Leben gegen ein allfällig gefährdendes Vorgehen zu schüzen, keineswegs aufgehoben sind.

Mit ähnlicher Begründung wurden verschiedene Petenten abgewiesen , welche die Vollziehung privater Verträge, d. h. Verbote oder Befehle gegen Bahngesellschaften verlangten.

Es versteht sich von selbst, daß, wenn der Schuz vertraglicher Rechte den kantonalen Gerichten überlassen wird, damit keineswegs ihre Kompetenz zu Verfügungen anerkannt ist, wodurch die eigentlichen, in den genehmigten Plänen begriffenen Bahnbauarbeiten sistirt oder abgeändert würden.

Wegleitend dürften für das Ermessen, welche Maßregeln gerechtfertigt seien, namentlich die zwei Gesichtspunkte sein, einerseits, daß das Expropriationsrecht die Befugniß umfaßt, gegen Entschädigung über alle
möglichen Rechte an Immobilien bleibend oder vorübergehend zu verfügen (der citirte Art. 16 des Eisenbahngesezes sanktionirt diesen Grundsaz nochmals ausdrüklich), anderseits daß beim ordnungsmäßigen Gang der Dinge auch ein unbestreitbar in Abtretung fallendes Objekt erst in Besiz genommen werden darf,

518 nachdem der Thatbestand gehörig konstatirt und die Entschädigungssumme sichergestellt ist (Art. 46 des eidgenössischen Expropriationsgesezes).

Bei dem in obiger Uebersicht zulezt genannten Falle war die Existenz eines Wasserrechtes streitig. Die Bahngesellschaft behauptete, vorerst haben die kantonalen Gerichte über die Existenz des Rechtes zu entscheiden, und wollte die Schäzungskommissiou nur zusammenberufen, wenn der Forderungssteller sich zur Uebernahme der Kosten verpflichte; Lezterer dagegen war der Ansicht, daß die Schäzungskommission auch über die Existenz des Rechtes zu urtheilen berufen sei. Da die Wasserleitung bereits unterbrochen war, so hatte ein Verbot der bezüglichen Bauarbeiten, welches bei unverändertem Thatbestand angezeigt gewesen wäre, keinen Zwek mehr. Wir gaben der Gesellschaft auf, dafür zu sorgen, daß innerhalb bestimmter Frist die Schäzungskommission die Ladungen erlasse, unter der Androhung, daß sonst der frühere Zustand wieder herzustellen wäre. Gründe : Für den Bundesrath liegt nur die Thatsache vor, daß in formell gültiger Weise eine Forderung gestellt worden ist, welche nach den Umständen, unter denen sie gestellt wurde, und nach ihrer innern Natur dazu bestimmt ist, durch die eidgenössische Schäzungskommission entschieden zu werden. Nun muß jedes Begehren wirklich der Behörde vorgelegt werden, an welche es gerichtet ist, und es geht nicht an, daß die Gegenpartei, durch deren Hand zufällig die betreffende Eingabe gehen muß, die Verhandlung darüber einseitig von gewissen Bedingungen abhängig mache. Es muß der Schäzungskommission überlassen werden, ob sie sich die Kompetenz zuschreibe, auch über die Existenz des Rechtes zu urtheilen oder ob sie nur eventuell einen Entscheid fällen oder, was zwar mit Art. 39 des Gesezes kaum harmoniren würde, vorerst durch die ordentlichen Gerichte über jene Frage ein Urtheil verlangen wolle.

In analoger Weise, wie den kantonalen Behörden keine Einwirkung auf den Bahnbau aus dem Titel verlezter Privatrechte gestattet wurde, hoben wir auch eine auf ein kantonales Straßengesez gestüzte Verfügung (wonach die Sezsteine einer plangemäß gebauten Barrierenvorrichtung hätten zurükgesezt werden sollen) auf, da neben der gemäß Art. 14 des Eisenbahngesezes beim Bundesrath einzuholenden Plangenehmigung nicht noch bei kantonalen Behörden um
die Bewilligung für projektirte Straßenübergänge nachgesucht werden müsse, diese Behörden vielmehr durch das Mittel ihrer Kantonsregieruüg ihre Begehren bei dem Bundesrath anzubringen haben.

519

Baubewilligungen.

In 25 Beschlüssen wurden Begehren um Baubewilligung gegen 135 Eigenthümer erledigt.

In 18 Fällen wurde die Bewilligung zur Besiznahme vom Expropriationsobjekt vor rechtskräftigem Entscheid des Entschädigungsprozesses unbedingt ertheilt (2 betrafen die Gotthardbahn), in 2 Fällen theilweise (mit Bezug auf die für den Bahnbau nöthigen Objekte, nicht aber mit Bezug auf die links und rechts übrig bleibende Abschnitte), in 100 Fällen nur unter sichernden Vorbehalten im Interesse der theilweisen Aufrechthaltung des Thatbestandes (Intaktlassen von Gebäuden, Aufbewahrung von Baumstämmen, Abbruchmaterial etc.) In 6 Fällen gaben die Expropriaten schließlich ihre Bewilligung zur Besiznahme; 8 Fälle wurden gütlich erledigt (l durch Vermittlung des Eisenbahndepartements), l Gesuch wurde abgewiesen. Zur nähern Untersuchung von 23 Fällen fanden 4 Lokalbesichtigungen statt.

Außerdem wurde ein Revisionsgesuch im Sinne theilweiser Gutheißung behandelt.

In einigen besonders dringlichen Fällen wurde die Baubewilligung ertheilt, trozdem das Erkenntniß der eidgenössischen Schäzungskommission noch nicht vorlag, wenn nur konstatirt war, daß die Akten derselben geschlossen seien, und wenn zugleich nach der Natur der Abtretungsobjekte gewiß war, daß auch nach dem Uebergang der Rechte auf den Bauunternehmer die Größe der Entschädigung sich mit Sicherheit ermitteln lasse. Einem Expropriaten, welcher den Wortlaut des Gesezes urgirte, wurde gesagt: Wenn die Dringlichkeitserklärung gestüzt darauf, daß der Schäzungsbericht genügenden Aufschluß über den Gegenstand der Abtretung ertheile, verlangt wird, so versteht es sich von selbst, daß der Bericht wenigstens dem Bundesrathe vorliegen muß. Wenn dagegen der andere vom Gesez vorgesehene Grund, daß auch nach dem Uebergang der Rechte die Schäzung noch mit Sicherheit möglich sei, geltend gemacht wird, so läßt sich nicht einsehen,, warum auch dannzumal der Bericht vorher beigebracht werden müsse, da er ja irgend eine Rolle bei der Prüfung der Verhältnisse nicht spielt. Daß manch solcher Streitfall dahin fallen würde, wenn zugewartet würde, bis das erstinstanzliche Urtheil gefällt und insinuirt wäre, läßt sich nicht verkennen ; eine Gefährdung der Interessen der Exproprianden jedoch ist nicht vorhanden, wenn das gegentheilige Verfahren beobachtet wird. Denn der Bundesrath sezt bei Baubewilligungen stets den Fall voraus, daß das Erkenntniß.

520 der Schäzungskommission den Abtretungspflichtigen nicht befriedigen., daß er also rekurriren werde und den status quo erhalten wünsche; durch Kenntnißnahme vom Entscheide der Schäzungskommission kann also die Stellung des Expropriaten nur besser werden.

In einem Falle ertheilten wir die Baubewilligung erst, nachdem die Bahngesellschaft durch das Mittel der eidgenössischen Schäzungskommission zur Ergänzung des Berichtes der leztern einen genauen Befund über Stellung, Art und Größe verschiedener auf dem fraglichen Grundstüke stehenden Bäume hatte aufnehmen lassen.

Auf ein Gesuch gegen 90 Gruudeigenthümer traten wir zuerst nicht ein, da die Akten der Schäzungskommission noch nicht geschlossen schienen und die Kaution nur für alle zusammen, nicht für jeden besonders bestimmt war.

Eine Gesellschaft beklagte sich, daß das Eisenbahndepartement von sich aus auf ein ogestelltes Revisionsgesuch die Exekution einer von uns unmittelbar vorher ertheilten Bewilligung gehemmt habe.

Es wurde ihr erwiedert : Die Besiznahme und Zerstörung eines Streitobjekts vor rechtskräftigem Austrag der Sache begründet einen solchen, zudem meistens vom Bauunternehmer mehr oder weniger verschuldeten Eingriff in die gewöhnlichen Prozeßregeln, daß die Partei, welche den Art. 46 des Expropriationsgesezes anruft, sich nicht beklagen kann, wenn das Bestreben, materielle Rechtsverlezungen möglichst zu verhüten, zu Maßregeln führt, welche für den Bahn bau vielleicht unbequem sind. -- In diesem Revisionscntscheide wurde die Gesellschaft dann zu einer Reihe von Maßregeln verpflichtet, um auch nachher Quantität und Qualität des der betreffenden Kiesgrube enthobenen Materials mit Sicherheit zu ermitteln.

"o1

Anderweitige Gesuche in Expropriationssachen liefen 23 ein. Darunter befanden sich 11 Beschwerden über die lange Zögerung verschiedener Bahnverwaltungen, nach Auflegung der Katasterpläne das Expropriationsverfahren weiter zu führen.

Sämmtliche Beschwerden bezogen sich auf Bahnhofprojekte (in Luzern, Winterthur, Zürich und Basel), deren definitive Feststellung auf außergewöhnliche Schwierigkeiten stieß. Wir erklärten, daß wir uns allerdings die Kompetenz beimessen, gegen Naehläßigkeit oder bösen Willen einzuschreiten (durch Ansezung einer Frist, um die Schäzungskommission einzuberufen, unter der Androhung, daß im Unterlassungsfalle die Planauflage ihre rechtliche Wirkung, Art. 23 des Gesezes, verliere), fanden jedoch jene Bedingung in keinem Spezialfalle vorhanden. (Dem Basel betreffenden Gesuche wurde durch Zurükziehung der Katasterpläne freiwillig Rechnung getragen.)

521 4 Eingaben enthielten Beschwerden über das Verfahren der Schäzungskommissionen (meistens wegen Verschleppung), die übrigen solche über verschiedenartige, die Interessen oder Rechte der Petenten angeblich verlezende Anordnungen, resp. Unterlassungen der Bahngesellschaften.

c. Verpfändungen.

Im Jahr 1875 wurden Pfandrechte auf folgende Linien bewilligt : 1) die Anschlußstreke der bernischen Jurabahnen von der Grenze bei Convers bis in den Bahnhof Convers (2,02 Kilometer), im ersten Rang, für Fr. 3,250,000; 2) die bernischen Jurabahnen : Dachsfelden-Delsberg-Basel, Delsberg-Pruntrut-Delle, Zollikofen-Biel-Neuenstadt (148,76 Kilom.), im 1. Rang, Biel-Sonceboz-Convers, Sonceboz-Dachsfelden (49,28 Kilometer), im 2. Rang, für Fr. 22,000,000; 3) die Emmenthalbahn Solothurn-Burgdorf (17,68 Kilometer), mit Abzweigung Biberist-Derendingen (3,12 Kilometer), im 1. Rang, für Fr. 1,050,000; 4) die Jurabahnlinie Lyß-Fräschels (11,72 Kilometer), im 1. Rang, die unter 2 aufgeführten Linien im 2. resp. 3. Rang, für Fr. 1,500,000; 5) Wädensweil-Einsiedeln (16,8 Kilometer), im 1. Rang, für 1,500,000 Fr.; 6) Lausanne-Ouchy (1,5 Kilometer), sowie die dazu gehörende Wasserleitung vom Grenetbache und Bretsee bis nach Lausanne (18,5 Kilometer), im 1. Rang, für Fr. 2,600,000; 7) Lausanne-Echallens (15 Kilometer), im 1. Rang, für Fr. 650,000; 8) die Suisse Occidentale auf Wallisergebiet (0,67 Kilometer) im 1. Rang, für Fr. 31,181,600; 9) Winterthur-Singen-Kreuzlingen auf Schweizergebiet (67,87 Kilometer), im 2. Rang, für Fr. 2,200,000; 10) der nunmehr den bernischen Jurabahnen gehörende Jura Industriel (Neuenburg-Chaux-de-Fonds-Locle, 35,85 Kilometer), im 1. Rang, und die unter 2 aufgeführten Linien im 3. resp. 4. Rang, für Fr. 1,500,000; 11) Die unter 10 aufgeführten Linien im 2., resp. 4. und 5.

Rang, für Fr. 1,800,000;

S22 12) Rorschach-Heiden (5,4 Kilometer), im 1. Rang für Fr. 800,000.

Zugleich mit den Pfandrechten sub l und 8 wurden Pfandrechte eingetragen, welche für die nämlichen Forderungen nach kantonalem Rechte auf die Linien Biel-Sonceboz-Convers (Grenze) und Sonceboz-Da-chsfelden einerseits und Versoix-Lausanne-St-Moritz, Lausanne- und Älorges-Yverdon-Vaumarcus anderseits bestellt worden waren.

Außerdem wurden nach Vorschrift von Art. 5 des Buudesgesezes vom 24. Juni 1874 über Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen folgende alte, nach kantonalem Rechte konstituirte Pfandrechte ins Pfandbuch eingetragen: 1) das Pfandrecht an der der .Aktiengesellschaft Regina Montium angehörenden Schmalspurbahn Rigikaltbad-Rigischeidegg (6,75 Kilometer lang) für Fr. 3,000,000; 2) das Pfandrecht an der Linie Bulle-Romont (18,17 Kilometer) für Fr. 750,000; 3) das Pfandrecht an der Westbahnlinie Genf-Versoix (12 Kilometer) für Fr. 6,300,000; 4) Das Pfandrecht an der Eisenbahn Jougue-Eclepens (35 Kilometer) für ursprünglich Fr. 8,200,000.

Die übrigen alten Pfandrechte auf Eisenbahnen, soweit sie überhaupt zum Vormerk gelangen (die an dem Jura Industriel und an der Bödelibahn bestehenden werden, weil sie durch neue ersezt werden sollen, nur provisorisch den lezteren vorgestellt), wurden zur Eintragung ins eidgenössische Pfandbuch vorbereitet.

An Gebühren gingen der Staatskasse Fr. 18,260. 55 Ct. ein.

(Im Jahr 1874 hatten dieselben Fr. 1848 ergeben.)

Gegen die Bewilligung von 4 neuen Pfandrechten liefen rechtzeitig Einsprachen ein, wurden aber wieder zurükgezogen, -- die einen, bevor die Klage beim Bundesgericht erhoben war, die andern, bevor dieses einen Entscheid gefällt hatte.

Auf Anregung des Bundesgerichtes ließ das Eisenbahndepartement in einem Streitfall seine Vermittlung eintreten ; eine Konferenz führte zu dem gewünschten Resultate.

Zwei Protestationen wurden wegen Verspätung abgewiesen und das von dem einen Einsprecher gestellte Restitutionsgesuch verworfen.

523 Voii den in Verpfändungsachen aufgestellten Grundsäzen heben ·wir hervor : Wir bewilligten die Verpfändung nach eidgenössischem Recht auch für die mit der Eisenbahn Lausanne-Ouchy zusammenhängende Wasserleitung, da hier das Wasser der Motor sein soll, die zur Herleitung und Nuzbarmachung desselben dienenden Einrichtungen also für diese Bahn sind, was für eine gewöhnliche Bahn Lokomotiven, Lokomotivremisen, Kohlenschuppen etc., und nicht von der Eisenbahn abgetrennt werden können, ohne sie betriebsunfähig zu machen und ihr den Werth zu benehmen. Immerhin wurde, um die Verantwortlichkeit auf den Fall, daß eine Verpfandung der Wasserleitung nach kantonalem Rechte versucht und erreicht würde, abzulehnen, in die Bewilligung und ins Pfandbuch folgender Zusaz aufgenommen: ,,Mit Rüksicht auf die andern Zweke, welchen die Wasserleitung in zweiter Linie dient, . . . wird den Gläubigern überlassen, soweit sie es für nothwendig halten, dafür zu sorgen, daß nach kantonalem Rechte kein das gegenwärtige beeinträchtigendes Pfandrecht bestellt werden könne."1 Die Eisenbahn Lausanne-Echallens läuft nur zum kleinsten Theil über eigenen Grund und Boden, ist vielmehr überwiegend auf die Kantonsstraße gelegt. Wir bewilligten unter den nöthigen Vorbehalten die Verpfändung, von folgenden Erwägungen geleitet: Das eidgenössische Pfandrecht an Eisenbahnen ist kein ausschließliches Immobiliarpfandrecht; auf der andern Seite aber ist dasselbe auf die in Art. 9 des Gesezes angegebenen Objekte beschränkt; wenn hienach nichts verpfändet werden kann, was nicht zum Wesen einer im Betrieb befindlichen Eisenbahn gehört, so scheint damit nicht ausgesprochen zu sein, daß Eisenbahnen nicht verpfändet werden können, welche nicht alle in dem zitirten Art. 9 aufgezählten Bestandtheile haben. Eine Hauptausnahme wurde schon mehrfach gemacht und mußte dem Zwang der Verhältnisse gemäß gemacht werden : Verpfändung einer Bahn ohne zugehöriges Betriebsmatcrial. Auch ist der Bahnkörper da, wo er öffentliche Straßen kreuzt, nicht im Eigenthum der Bahngesellschaft. Es genügt, wenn, wie hier, Sicherheit dafür geboten ist, daß nicht der Eigenthümer von Grund und Boden willkürlich den Betrieb stören und unmöglich machen kann, indem er mit seinem stärkern Eigentumsrecht das schwächere Benuzungsrecht aus dem Felde schlägt.

In gleicher Weise wurde
in der Bewilligung und im Pfandbuch vorgemerkt, daß der Bahnhof dieser Unternehmung in Lausanne auf fremdem Grund und Boden stehe.

Auf eine Anfrage, ob die Eisenbahn Rigi-Scheidegg-Kaltbad nach eidgenössischem Recht auch für Forderungen verpfändet werden

524 könne, welche aus verschiedenartigen Lieferungen für die Gasthöfe der Regina Montium entstanden sind, antwortete das Eisenbahndepartement verneinend; denn Art. 3 desBundesgesezes vom 24. Juni 1874 fordere, daß aus dem Gelde des Gläubigers eine nüzliche Verwendung auf die Eisenbahn gemacht sei resp. werde.

Die ständeräthliche Kommission wirft zum vorjährigen Geschäftsberichte die Frage auf, ob nicht als Bedingung der Pfandbestelluugsbewüligung ein notarialischer Ausweis darüber verlangt werden sollte, daß der ganze Bahnkörper pfandledig sei. Wenn das Eisenbahnpfandrecht als ein Spezialpfandrecht aufzufassen wäre, so könnte eine Verpfändung auch in diesem Momente noch nicht gestattet werden, sondern erst nach Fertigstellung der Bahn. Der Charakter eines Generalpfandrechts aber, welcher nach einer scharfen Analyse des Gesezes dem fraglichen Pfandrecht zukommt, und das praktische Bedürfniß erlaubt, resp. erheischt in einzelnen Fällen die Verpfändung schon in einem frühern Stadium; denn häufig, zumal bei langem Linien, läuft die Grundeinlösung sektionsweise neben den Bauarbeiten her. Irgend eine allgemein gültige Formel kann hier kaum aufgestellt und angewendet werden; es muß vielmehr im Sinn der in unserem lezten Bericht enthaltenen Ausführungen das freie Ermessen Plaz greifen. Wir werden daher, wenn nicht die gesezgebenden Räthe eine abweichende Ansicht bestimmt aussprechen, im Wesentlichen an der bisher geübten Praxis festhalten.

Die Eisenbahn Pruntrut-Delle wurde mehrfach mit andern Linien der bernischen Jurabahnen mitverpfändet, obgleich wie nicht der schuldnerischen Gesellschaft angehört; es geschah gestiixt darauf, daß die Generalversammlung bereits die Abtretung an die genannte Gesellschaft beschlossen und jeweilen noch speziell die Mitverpfändung bewilligt hat.

Auf eine Einfrage, ob bezüglich der nach kantonalem Rechte seiner Zeit bestellten Pfandrechte die kantonalen Formen noch fortan zu beobachten seien (was Erneuerung des Pfandrechts, Löschung der ausgeloosten Obligationen etc. anbetrifft), wurde erwidert: die Entscheidung der Frage sei Rechtssache; das eidgenössische Pfandbuch werde, indessen so geführt, daß es wohl zu genügen vermöchte, wenn auch jene Frage verneint würde.

Einer -- schließlich zurükgezogenen -- Einsprache gegenüber stellte die Bahnverwaltung das Gesuch, der
Bundesrath möge mit Rüksicht auf die offenbare Unbegründetheit der Protestation ohne weiteres, eventuell wenigstens gegen Deposition des Betrages des für den Einsprecher vorhandenen Interesses die Verpfändung bewilligen. Der klare Wortlaut des Gesezes verbietet jedenfalls, einem Gesuch der ersteren Art zu entsprechen ; dem Bundesrath steht

525 keine Cognition darüber zu, ob eine Einsprache begründet sei oder nicht; er hat, nachdem er zu seinem Verhalten Kenntniß von der Protestation genommen, einfach die gesezliche Frist zur Klagerhebung beim Bundesgericht anzusezen. Dagegen ist nicht zu verkennen, daß oft für eine Gesellschaft große Summen auf dem Spiele stehen können, ob sie in kurzer oder in längerer Zeit die Pfandbestellungsbewilligung erhalte, und daß ihre Nothlage benuzt werden kann, um Vortheile von ihr zu erlangen, welche sie sonst nicht gewähren würde. Wir würden nicht anstehen, auf Begehren eines Konzessionärs und wenn die Einsprache wirklich nur ein individuelles Interesse verfolgt, gegen Kaution die Verpfändung zu bewilligen.

Das oben erwähnte Gesuch um Restitution gegen Versäumung der Einsprachefrist wurde namentlich damit begründet, daß das Pfandbestellungsbegehren nur im Bundesblatt publizirt worden sei und daß dieses selbst in der Schweiz selten, geschweige denn im Ausland gehalten und gelesen werde. Diese Argumentation war nicht stichhaltig. Jedem, der bei schweizerischen Eisenbahnunternehmungen betheiligt ist, muß zugemuthet werden, das Bundesblatt zu halten oder seine Interessen durch solche Personen, die es lesen, vertreten zu lassen. Mit gutem Vorbedacht hat der Gesezgeber schon im Text des Gesezes das Publikationsmittel bezeichnet, durch welches Pfandbestellungsgesuche bekannt gegeben werden sollen. Die Zumuthung, daß die Interessirten in allen möglichen Ländern und Orten durch Inserate aufgesucht werden, würde zu Willkür und absurden Konsequenzen führen.

d. Bahnbau und baulicher Zustand.

Uebersicht.

Von den im leztjährigen Geschäftsbericht aufgeführten 23 Eisenbahnlinien gingen alle mit Ausnahme der Bödelibahusektion Interlaken-Bönigen als unvollendet ins Jahr 1875 hinüber.

Neu in Angriff genommen wurden im Berichtjahr : 1) Effretikon-Wetzikon-Hinweil, 2) die Gäubahn, 3) Niederglatt-Baden, 4) Bauma-Wald, Sektion der Tößthalbahn, 5) Winterthur-Zofingen (Nationalbahn), 6) Wohlen-Bremgarten.

Der Beginn mit den Erdarbeiten auf diesen 6 Linien wurde je weilen durch einen vom Departement angeordneten Augenschein constatili. Die Termine erwiesen sich überall als eingehalten.

526 Nach stattgefundener Kollaudation durch von uns bezeichnete Experten gestatteten wir die Eröffnung des Betriebes auf folgenden im Laufe des Jahres vollendeten Bahnlinien: 1) Appenzellerbahn, Streiten Winkeln-Herisau (im April) und Herisau-Urnäsch (im September), Länge 13,85 Kilometer.

2) Tößthalbahn, Sektion Winterthur-Bauma (im Mai), Länge 25,2 Kilometer.

3) TJetlibergbahu (im Mai), Länge 9,08 Kilometer.

4) Emmenthalbahn (Solothurn-Burgdorf), (im Mai), Länge 20,75 Kilometer.

5) Aargauische Südbahn, Streke Wohlen-Muri (im Juni), Länge 9,8 Kilometer.

6) Arth-Rigikulm (im Juni), Länge 11 Kilometer.

7) Unterstätten-Rigischeidegg (Regina Montium) (im Juni), Länge 3,79 Kilometer.

8) Jougne-Eclépens, Streke Vallorbes-Landesgrenze (im Juli), Länge 2,79 Kilometer.

9) Winterthur-Singen-Kreuzlingen (im Juli), Länge 68,09 Kilotn.

10) Bötzbergbahn (im Juli), Länge 49,17 Kilometer.

11) Langnau-Luzern (im August), Länge 56,64 Kilometer.

12) Rorschach-Heiden (im September), Länge 5,4 Kilometer.

13) Linksufrige Zürichseebahn (im September), Länge 61,5 Kilonu 14) Beruische Jurabahnen, Linie Delsberg-Basel (im September), Länge 38,7 Kilometer.

Die durch das Eisenbahngesez vorgesehene Untersuchung und Erprobung dieser Bahnlinien und Streken, deren Gesammtlänge 375,76 Kilometer beträgt, geschah in den durch Artikel 36 der Verordnung vom 1. Februar 1875 normirten Richtungen. Es wurde dabei in ähnlicher Weise vorgegangen wie im Jahr 1874.

Je nach dem aus der gewalteten Untersuchung sich ergebenden Zustand der Bahn, der Gebäulichkeiten, des Betriebsmaterials etc. sahen wir uns veranlaßt, die Bewilligung zur Betriebseröffnung an gewisse Bedingungen zu knüpfen, die sich auf plangemäße Vollendung der Bahn, der Wegübergänge und Straßenkorrektionen, auf Ergänzung der Einfriedigung und der Barrieren, auf Verbesserung der Locomotiven, auf Erfüllung konzessionsgemäßer Pflichten aller Art u. s. w. bezogen. Bei einigen Linien behielten wir uns auch eine spätere nochmalige Untersuchung rükständiger Bauobjekte vor. Verzögert wurde die Eröffnung mehrerer Bahnen durch unvorhergesehene Naturereignisse; so bei der linksufrigen Zürichseebahn infolge be-

527 trächtlichcr Rutschungen und Versenkungen bei Horgen und Altendorf, bei der Bötzbergbahn in Folge wiederholter Dammsenkungen, -- Ereignisse, die mehrfache Lokalbesichtigungen durch den technischen Inspektor und die Controlingenieure nöthig machten.

Die im Bau befindlichen Bahnlinien wurden von den Controlingenieuren, zum Theil mehrfach, begangen. Ueber das Resultat der gemachten Erhebungen, d. h. über den jeweiligen Stand der Arbeiten und die Art und Weise der Bauausführung im Vergleich mit den genehmigten Plänen, statteten dieselben für jede Linie oder längere Streke einen schriftlichen Bericht ab.

Bei diesen Inspektionen wurden in der Bauausführung der meisten Bahnen einzelne Abweichungen von den genehmigten Plänen constatili. Diese, theils durch die Terrainverhältnisse, theils durch Expropriationsbedingungen gebotenen Modifikationen waren jedoch meist von untergeordneter Bedeutung und erwiesen sich in der Regel als Verbesserungen. Wo die Bahnverwaltungen Aenderungen von etwelcher Wichtigkeit vorzunehmen beabsichtigten, insbesondere in Fällen, wo das öffentliche Interesse in Frage kam, legten sie gemäß Artikel 14, Absaz 3 des Eisenbahngesezes einen bezüglichen Plan zur Genehmigung vor.

Baugenehmigungen.

Die Zahl der Baupläne, welche wir im Bevichtjahr auf Grund jeweiliger Prüfung und Begutachtung durch das technische Inspektorat genehmigten, beläuft sich auf 616, die im Ganzen 115 besondere Schlußnahmen erforderten. Daß die Zahl der Pläne diejenige des Vorjahres nicht erreicht, erklärt sich daraus, daß infolge Abänderung der Vorschriften über die technischen Vorlagen, d. h. durch die neue Verordnung zum Eisenbahngesez vom 1. Februar 1875, in dieser Hinsicht eine wesentliche Vereinfachung eingetreten ist, indem unter Anderai die in der bisherigen Verordnung verlangte Vorlage besonderer Spezialpläne für Wegübergänge und Stationsanlagen nunmehr wegfällt und erstere durch Straßenprofile im Längenprofil der Bahn veranschaulicht, leztere in den Situationsplan aufgenommen werden. Die Beurtheilung und Begutachtung der einzelnen Bauobjekte ist damit freilich nicht abgekürzt, aber der Plan wird übersichtlicher und gibt weniger Anlaß zu Mißverständnissen.

Während so die neue Verordnung den Bahngesellschaften; einerseits die Pflicht der Plan vorläge bedeutend erleichtert, stellt sie anderseits eine in der frühem Verordnung nicht enthaltene An-

528 forderung an dieselben, indem sie die Einsendung von Zeichnungen über das Betriebsmaterial verlangt.

Auf die verschiedenen im Bau befindlichen Bahnlinien vertheilen sich die genehmigten Pläne wie folgt: 1. B e r n - L u z e r n b a h n : Spezialpläne über Erstellung von Locomotivremisen, Wasserstationen und Reinigungsgruben : 6 Stük.

2. T ö ß t h a l b a h n : Spezialpläne über Kunstbauten, Oberbaunormalien, Geleisepläne der Stationen, Situationspläne, Längen- und Querprofile eines Theils der Sektion Bauma Wald: 34 Pläne in 4 Genehmigungen.

3. W i n t e r t h u r - K o b l e n z : Spezialpläne über Straßenkorrektionen und Zufahrtsstraßen zu verschiedenen Stationen: 10 Stük in 5 Vorlagen.

4. B e r n i s c h e J u r a b a h n en: Situationspläne und Längenprofile der Linien Dachsfelden-Delsberg und DelsbergPruntrut sowie der Einmündungsstreke bei Basel, Spezialpläne über Straßenverlegungen etc., Planänderungen auf der Linie Delsberg-Basel : 66 Pläne in 7 Vorlagen.

5. U e t l i b e r g b a h n : Situationspläne der Stationsanlagen, Detailpläne der Hochbauten : 7 Stük.

8. L i n k s u f r i g e Z ü r i c h s e e b a h n : Situationsplan und Längenprofil der Streke Zürich-Enge, Pläne über Straßenkorrektionen, Zufahrtsstraßen, Kunstbauten, Traceverlegungen (Borgen): 12 Pläne in 9 Genehmigungen.

7. A r t h e r - R i g i b a h n : Situationsplan und Längenprofil der Streke Arth-Goldau, Normalpläne der Kunstbauten, Hochbaupläne: 45 Stük in 3 Vorlagen.

8. R o r s c h a c h - H e i d e n : Hochbaupläne, Zeichnungen der Personen- und Güterwagen, Pläne der Traceverlegung bei Wartensee: 39 Stük in 3 Vorlagen.

9. L a u s a n n e - O u c h y : 5 Spezialpläne über Kunstbauten in 3 Vorlagen.

10. A p p e n z e l l e r b a h n : Situationsplan und Längeuprofil der Streke Urnäsch-Hundweil, Detailpläne über Kunst- und Hochbauten : 8 Stük in 2 Vorlagen.

11. W a l d - R ü t i : Katasterplan und Längenprofil der Streke Töbeli-Wald, Spezialpläne der Kunstbauten und Wegübergänge: 13 Stük in 3 Genehmigungen.

529 12. T r a n s v e r s a l b a h n (Freiburg-Peterlingen- Yverdon) : Situationsplan und Längenprofil der Streite Yvouand-Yverdon, Situationspläne derStationsanlagen,, Spezialpläne über Kunstbauten, Wegübergänge, Hochbauten, Barrieren undEin-* friedungen: 48 Pläne in 6 Genehmigungen.

13. W i n t e r t h u r - S i n g e n - K r e u z l i n g e n : Situationsplan und Längenprofil der Einmündungsstreke bei Winterthur, Zeichnung der Locomotiven : 4 Pläne in 3 Genehmigungen.

14. B i s c h o f s z e l l e r bah u: Situationspläne der Strtionen Gossau und Sitterthal, des abgeänderten Uebcrgangs über das Sorenthal, Spezialpläne von Kunstbauten: 9 Pläne in 6 Genehmigungen.

15. G a u b a h n: Situationspläne und Längenprofile der Streken Olten-Niederbipp und Solothurn-Bußwyl, Spezialpläne von Kunstbauten, des Bahnhofes Solothurn (Situation und Hochbau), Zufahrtsstraßen etc.: 30 Pläne in 8 Genehmigungen.

16. W a s s e r f a l l e n b a h n : Spezialpläne über die Korrektion des Limmernbaches bei Mümliswyl: 3 Stük.

17. E f f r e t i k o n - W e t z i k o n - H i n w e i l : Detailpläne der Brüke bei Wetzikon, der Stationsanlagen, Normalien der Aufnahmsgebäude, Pläne der Variante Illnau: 9 Stük in 4 Genehmigungen.

18. S i m p l o n b a h n : Situatiouspläue und Längenprofil der Streite Siders-Leuk, Normalpläne über Tunnels, Wegübergänge etc. : 16 Pläne.

19. S c h w e i z e r i s c h e N a t i o n a l b a h n (Winterthur-Zofiiigen): Situationspläne und Längen- und Querprofile der Streken Baltenswyl-Kloten, Affoltern-Otelfingen, Baden-Wohlenschwyl, Staufen-Oftringen und Suhr-Aarau : 57 Pläne in 5 Genehmigungen.

20. Wohlen-Bremgarten: Situationsplan und Längenprofil der ganzen Linie : 3 Pläne.

21. R e c h t s u f r i g e Z ü r i c h s e e b a h n : Situationsplan und Längenprofll der Streite Rämistraße-Tiefenbrunnen : 2 Stük.

22. ZüricGotthardbahn:dbahn: Pläne der Seedammbaute zwischen Rappersweil und Hürden : 5 Pläne.

23. N i e d e r g l B a d e n : d e n : Situationspläne und Längenprofile für die ganze Linie nebst Verlegung eines Theilstüks der Linie Baden-Zürich : 14 Pläne in 3 Genehmigungen.

Bundesblatt. 28. Jahre. Bd. II.

36

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24. B r o y e t h a l b a h n : Situationsplan und Längenprofil der Einmündung in die Station Lyß; verschiedene Normalun d Spezialpläne über Wegübergänge, Stationsanlagen,, Kunstbauten, Hoch b a u t e n 1 0 2 Pläne i n 7 l ä n e i n 7 Genehmi 25. S t a t i o n s e r w e n t e r u n g e n und V e r s c h i e d e n e s : 62 Pläne in 25 Genehmigungen.

Erweitert wurden im Laufe des Jahres folgende Stationen: a) der Nordostbahn : Siggenthal, Baden, Killwangen, Glattbrugg, Wädensweil ; b) der Centralbahn: Sissach.

c) der Vereinigten Schweizerbahnen : Ziegelbrüke, Staad, Bruggen, Dietfurt (Toggenburgerlinie), St. Fiden.

d) der badischen Staatsbahn: Thaingen, Hallau-Wildlingen.

Ferner kamen nach erfolgter Gutheißung zur Ausführung die Projekte für die provisorische Erweiterung der Bahnhöfe in Basel, Zürich, Winterthur und Luzern. Außerdem wurden die Pläne für folgende Bauobjekte gutgeheißen: veränderte Disposition der Lokalitäten im badischen Bahnhof in Basel, Erweiterung einer Zufahrtsstraße zur Station Münsingen, Neubau der Gasanstalt im Bahnhof Ölten, eidg. Zollgebäude auf den Stationen La Plaine, Meyrin und Satigny, Signalstation der Bern-Luzernbahn bei Fluhmühle (Luzern), 8 verschiedene durch das Bahnhofprovisorium in Basel veranlaßte Straßen- und Wegübergänge.

Die Genehmigung der vorgelegten Pläne konnte in vielen Fällen ohne Vorbehalt ertheilt werden. Wo die Wahrung der öffentlichen Interessen dies gebot, wurde die Genehmigung an Bedingungen geknüpft, die zum Theil von den zur Vernehmlassung über die Vorlagen eingeladenen Kantonsregierungen verlangt wurden, zum Theil bei der hierseitigen Prüfung der Pläne als geboten erschienen. Von 201 Postulaten kantonaler Behörden sind 151 als gerechtfertigt befunden und den Bahnverwaltungen auferlegt worden.

Unsere Entscheide, namentlich wenn dieselben wichtigere Anstände und Differenzpunkte betrafen, befriedigten die Betheiligten nicht immer; es wurden sowohl von Bahnverwaltungen als von Kantonsregierungen und Gemeindsbehörden Gesuche um Revision von daherigen Beschlüssen gestellt -- im Ganzen 6 --, von denen uns jedoch nach nochmaliger reiflicher Prüfung der Sachlage nur ein einziges veranlaßen konnte, unsere ursprüngliche Schlußnahme in etwas zu modifiziren.

Durch Genehmigungsvorbehalte veranlaßte Planänderungen wurden, sofern dies nöthig erschien, entweder auf dem technischen Bureau in die eingereichten Pläne eingezeichnet, oder es wurden,

531

namentlich bei bedeutenderen Modifikationen, die Bahnverwaltungen verpflichtet, neue, der gemachten Auflage entsprechende Pläne einzusenden.

Die vorgelegten Pläne ließen in Ausführung, Format und Ausstattung nur wenig zu wünschen übrig- Dagegen werden die Situationspläne und Längenprofile hin und wieder für zu kurze und unzusammenhärigende Bahnstreken vorgelegt, wodurch die Beurtheilung derselben sehr erschwert, unter Umständen sogar verunmöglicht wird. Das Departement sah sich daher in einem solchen Falle veranlaßt, unter Einweisung auf Artikel 14 der Verordnung vom 1. Februar 1875, wonach die Pläne in der Regel für ganze Sektionen einzureichen sind, eine Ergänzung der Vorlagen zu verlangen und die Genehmigung der bereits eingemittelten zu verschieben.

Einläßlichere Untersuchungen und Studien veranlagten außer den unter der Rubrik ,,Bahnhoffragen" aufgeführten insbesondere folgende bei Genehmigung der bezüglichen Pläne sich erledigende Fragen : Einschiebung von Stationen bei Hasle und auf der Streke Suhr-Aarau (schweizerische Nationalbahn) und bei Rüti (Gäubahn), Durchfahrten bei Meilingen und Othmarsingen (Nationalbahn und Brugg-Wohlen), Seedammbaute bei Rappersweil, Anschluß der Wasserfallenbahn an die Gäubahn, Verlegung des Bahntrace in Horgen (linksufrigeZürichseebahn)) u n d b e i Regensdorf-Watt rüstung der Stationsgebäude der Bergbahn Rorschach-Heiden und der Schmalspurbahn Winkeln-Herisau, Erstellung der Sihlbrüke in Enge (linksufrige Seebahn) und der Fachwerkbrüke bei Wetzikon, Zufahrtsstraßen zu den Stationen Höhlin, Frik, Lüßlingen-Nennigkofen, Enge, Illnau, Wetzikon, Fehraltorf, Bauma, Sennhof, Eine große Zahl der Begehren, welche uns bei Genehmigung der Planvorlagen zum Entscheid unterbreitet wurden, betraf die Anlage von Stationen und der Zufahrtsstraßen zu denselben. Ohne in Bezug auf leztere eine allgemein gültige Norm aufstellen zu wollen und zu können, erledigten wir daherige Anstände zwischen den Bahngesellschaften und den kantonalen oder kommunalen Behörden jeweilen dahin, daß wir erstere zur Erstellung von jedenfalls nur e i n e r Zufahrtsstraße anhielten, auf häufig gemachte weitere Zumuthungen aber, die dahin gingen, die Bahngesellschaft zur Herstellung von zwei und mehr Verbindungsstraßen zu verpflichten, nicht eintraten.

Bei vielfach sich ergebenden Differenzen über
die Placirung von Stationen und die Richtung der Zufahrtsstraßen suchten wir bei Lokalbesichtigungen oder in Konferenzen, wenn thunlich, eine Einigung der Parteien zu erzielen. Wo dies nicht möglich war,

532 entschied außer technischen Büksichten die größere Summe der in Betracht kommenden Interessen. In einem Falle, wo mehrere auf die nämliche Station angewiesene Ortschaften Anspruch auf besondere Zufahrtsstraßen erhoben, erhielt die Ortschaft den Vorzug, nach welcher die Station benannt worden war.

Gegen zwei Planvorlagen wurde von Seite der Komites konzedirter Linien, die laut Vorprojekt an die zur Genehmigung vorgelegten Bahnstreken anschließen oder dieselben kreuzen werden, wegen Erschwerung des Anschlusses, resp. der Kreuzung, Einsprache erhoben. Im einen Falle erwies sich die Protestation als gerechtfertigt und die betreffende Bahngesellschaft sah sich durch Vermittlung des Departements veranlaßt, eine etwelche Modifikation der vorgelegten Pläne vorzunehmen. Im andern Falle jedoch konnte die Einsprache, da sich bei näherer Prüfung der Sachlage und aus bezüglichen Planstudien die Unbegründetheit derselben ergeben, keine Berüksichtigung finden.

O O Von einer Kantonsregierung wurde bei Vorlage von Plänen für die Fortsezung einer Bahn ein Modifikationsbegehren gestellt, dessen Durchführung eine Aenderung der bereits ausgeführten Bahnstreke, resp. einer Station bedingt hätte. Da die Pläne für diese Streke von der nämlichen Regierung vor dem Inkrafttreten des neuen Eisenbahngesezes genehmigt worden waren und zwar ohne bezüglichen Vorbehalt, so wurde auf das Postulat, das auch in anderer Beziehung nicht als dringlich erschien, nicht eingetreten.

Zwei Spezialpläne für Brükenbauten veranlaßten die betreffenden Kantonsregierungen, zu verlangen, daß die Bahngesellschaft für den Sehaden einer allfälligen, durch die Brükenbauten verursachten UeberschwemmunsO haftbar erklärt werde. "Wir Ogiengen bei Beurtheilung dieser Begehren von folgender Erwägung aus.

Entweder ist die Bahngesellschaft aus allgemeinen Rechtsgründen für eine solche Eventualität haftbar, dann ist es nicht nöthig, diesen Grundsaz mit Bezug auf den Spezialfall noch ausdrüklich auszusprechen ; oder sie ist nicht haftbar, dann sind keine Gründe vorhanden, sie in dem betreffenden Fall haftbar zu machen; der Bundesrath ist nicht berufen, Verhältnisse dieser Natur zu ordnen oder auf neue Grundlagen zu stellen.

Von der Regierung von Bern, sowie von der Gemeinde Niederbipp und einigen benachbarten Ortschaften wurde bei Vorlage der Baupläne
für dieGäubahnstrekec Oensingen-Niederbipp das Gesuch gestellt, es möchte die damit zusammenhängende Frage des Anschlusses der Wasserfallenbahn an dieGäubahnm in dem Sinne erledigt werden, daß der fragliche Anschluß, statt in Oensingen, wie

533 die Centralbahn projektirte, und die Regierung von Solothurn, gestüzt auf die Gäubahnkonzession und den Vertrag vom 16./18. Februar 1873 verlangte, in Niederbipp stattzufinden habe. Nach Prüfung aller einschlagenden Verhältnisse konnten wir diesem Gesuch nicht entsprechen. Dagegen überwiesen wir das eventuelle Begehren der Peteuten um Bedienung der Station Niederbipp durch sämmtliche Personenzüge, welchem Begehren das interkantonale Komite der Gäubahn in dem Sinne sich anschloß, daß alle Personenzüge mit Ausnahme der Kourierzüge in Niederbipp anhalten sollen, an das Eisenbahn- und Handelsdepartement mit der Einladung, bei der jeweiligen Genehmigung der Fahrpläne der Schweiz. Centralbahn diesen Begehren möglichst Rechnung zu tragen, und zwar sowohl im Hinblik auf die ungewöhnliche Bevölkerungszahl des Stationsrayons Niederbipp als mit Rüksicht auf Art. 19 des Vertrages zwischen dem Direktorium der Schweiz. Centralbahn und dem interkantonalen Komite der Gäubahn vom 16/18. Februar 1873, wonach lezteres berechtigt ist, zu verlangen, daß die Stationen der Gäubahn in Bezug auf Güter- und Personendienst u. s. w. den günstigst gestellten andern Bahnstationen gleichen Ranges gleich gehalten werden.

Bahnhoffragen.

Von den im leztjährigen Geschäftsbericht als noch pendent aufgezählten Bahnhof fragen erledigte sich nu;: diejenige betreffend den Bahnhof S o l o t h u r n , da zwischen den Behörden von Solothurn und dem Direktorium der Centralbahn schließlich eine Einigung zu Stande kam.

Anschließend an das über den projektirten gemeinsamen Bahnhof in L u z e r n eingeholte Gutachten wünschte die Regierung des Kantons Luzern, daß Erhebungen über die Möglichkeit und die finanzielle Tragweite einer Seeüberbrükung beim Triebschenmoos veranstaltet werden. Da die betheiligten Bahnen eine ablehnende Stellung zu dem Vorschlage einnahmen, so konnte demselben keine Folge gegeben werden. -- Auf wiederholte Reklamation Seitens der luzemischen Behörden legte uns dann die Gotthardbahndirektion im August Pläne für einen gemeinsamen Bahnhof an der Halde, für eine Haltstelle im Untergrund und die dazwischen liegende Bahnstreke vor, suchte aber nur für den Detail-, resp. Expropriationsplan des Bahnhofs an der Halde um die Genehmigung nach, von der Ansicht ausgehend, daß nur bei diesem Bahnhof die Gotthardbahn als allein betheiligt erscheine; die übrigen Vorlagen wurden nur gemacht, um zu veranschaulichen, wie man sich die Einführung der in Luzern einmündenden Bahnen in den Haldenbahnhof und

534 die gemeinschaftliche Benuzung des leztern zu denken habe; der Plan für den Haldenbahnhof sodann wies die Gestaltung auf,.wie sie für den Fall, daß er gemeinsamer Bahnhof der in Luzern einmündenden Bahnen werde, und auf den Zeitpunkt eines vollständig entwikelten Betriebes in Aussicht zu nehmen sei, wie sie aber nur successive, nach dem jeweiligen Bedürfniß, zur Ausführung kommen solle. -- Sowohl die Behörden von Luzern als die Gesellschaften der Central- und der Nordostbahn erhoben entschiedene Einsprache, theils gegen die Situirung des gemeinsamen Bahnhofes, theils gegen einen bloß successiven Ausbau desselben, theils endlich und namentlich gegen die Theilung der Frage und das Eintreten auf einen Plan, der nicht definitiv die ganze Anschlußfrage löse. Durch die bekannten seitherigen Ereignisse ist die Luzerner Bahnhoffrage für einmal von der Traktandenliste verschwunden ; wie Sie wissen, sind die Expropriationspläne für den Bahnhof an der Halde und im Untergrund zurükgezogen worden.

O O O Da eine Einigung resp. Entscheidung über die definitive Gestaltung des Bahnhofes Wi n t e r t h u r nicht möglich war, die Linie Winterthur-Singen-Kreuzlingen und die Tößthalbahn aber der Vollendung nahe waren und den Anschluß in Winterthur verlangten, mußte ein Provisorium geschaffen werden. Für dieses legte die Nordostbahn gleichfalls Pläne vor, jedoch verbindlich nur auf den Fall einer Verständigung auch über den Kostenpunkt; im entgegengesezten Falle, erklärte sie, werde sie nur die durch die eigenen Bedürfnisse gebotenen Erweiterungen vornehmen und den andern Bahnen überlassen, wie sie ihren technischen und Betriebsanschluß bewerkstelligen wollen. Abgesehen von der Verlegung der östlichen Einfahrten, welche die neuen Bahnen nicht fürnöthigg hielten, erlangte der Plan für das Provisorium die Zustimmung derselben ; die Differenzen darüber, wer das Anlagekapital zu beschaffen habe und wie es zu repartiren sei, ließen sich dagegen nicht beseitigen.

Daraufhin zog die Nordostbahn die Pläne zurük. Nachdem indessen der Anschluß auf jeden Fall zu bewerkstelligen war und der genannte Plan eine zwekmäßige Gestaltung desselben zeigte, so ~griffen o O , wir zu dem Mittel, die Ausführung desselben aufzuerlegen, immerhin ohne Präjudiz für die definitive Bahnhoferweiterung. Mit Rüksicht auf die internationalen
Anschlüsse der Linien WinterthurRomanshorn und Winterthur-Singen-Kreuzlingen und auf die Betriebssicherheit überhaupt mußte, entgegen dem Begehren der leztern Bahn und des Stadtrathes Winterthur (dahin gehend, daß gestattet werde, provisorisch in Oberwinterthur auf die Schienen der Nordostbahn überzugehen), die Erstellung eines neuen Zufahrtsgeleises vorgeschrieben werden. Für die Tößthalbahn ein eigenes

535 Geleise anzulegen, war schon zeitlich nicht mehr möglich, übrigens auch weniger nöthig; es wurde ihr vorläufig erlaubt, auf dem Geleise der Vereinigten Schweizerbahnen einzufahren, unter dem Vorbehalt, daß sie, sobald sich Inkonvenienzen ergäben, gleichfalls ein selbstständiges Geleise zu erstellen habe. Bezüglich der Kostenfrage hätten die Parteien eigentlich ans Bundesgericht gewiesen werden sollen, um entscheiden zu lassen, ob und im welchem Maße die neu einmündenden Bahnen zu den Anlagekosten beizutragen haben ; da indessen hiezu keine Zeit mehr vorhanden war und sofort geholfen werden mußte, so blieb nichts Anderes übrig, als die Nordostbahu in ihrer Eigenschaft als Besizerin der gegenwärtigen Anlagen zur Ausführung der Bauten anzuhalten und den beiden andern Kautionen im Betrag der durch die Einführung einer jeden veranlaßten Kosten aufzuerlegen ; lezteres geschah unter der Bedrohung, daß, solange diese Kautionen nicht geleistet seien, die Nordostbahn nicht gehalten sei, die durch die säumige Bahn veranlaßten und zu ihrer Einführung in den Bahnhof Winterthur dienenden Bauten zu beginnen, -- und in dem Sinn, daß die Kautionen so lange deponirt zu bleiben haben, bis die Nordostbahn die Herausgabe derselben bewilligt oder bis der gütlich oder rechtlich festgestellte Kapitalbeitrag der betreffenden Bahn an die Anlagekosten des Provisoriums bezahlt sein werde. Im gleichen Beschlüsse (vom 29. März) wurde den betheiligten Bahnen eine Frist angesezt, um unter sich und mit der Regierung von Zürich resp. dem Stadtrath Winterthur über die definitive Erweiterung des Bahnhofes Winterthur sich zu verständigen, widrigenfalls der Bundesrath nach Anhörung der Betheiligten den Plan über die auszuführenden Bauten von sich aus feststellen werde.

Die Kautionen wurden geleistet. Der Bahn Winterthur-SingenKreuzliugen mußte indessen, da das neue Geleise nicht auf die Zeit ihrer Eröffnung fertig wurde, ganz vorübergehend (bis im Dezember) gestattet werden, bei ihrer Station Obenvinterthur an die Schienen der Nordostbahn anzuschließen.

Die betheiligten Bahngesellschaften einigten sich, um die dringende Expropriation durchführen zu können, über den Umfang der Erweiterung, welche dem Bahnhofe Winterthur gegeben werden solle, sowie über die damit zusammenhängende Frage der veränderten Einführung der Ostlinien
(mit Ausnahme eines einzigen Punktes, dessen Entscheidung sie unserm Ermessen anheimstellten), nicht hingegen über die Kosten, die Miteigenthumsverhältnisse etc.

Die so vereinbarten Pläne befinden sich im Stadium der hoheitlichen Prüfung und Genehmigung.

536 Die zur Verständigung über die definitive Gestaltung des neuen Güter- und Rangirbahnhofes in B a s e l und die damit zusammenhängenden Aenderungeii der bestehenden Anlagen (Straßenübergänge etc.) angesezte Frist mußte mehrmals erstrekt werden. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Inzwischen wurde das Provisorium durch Anlage zweier Passerellen und Veränderung mehrerer Straßenübergänge etc. erträglicher gemacht.

lieber die Erweiterung des Personen- und Güterbahnhofes in B e r n legte die Zentralbahn Pläne vor. Studien, welche von den Technikern des Departements zu dem Zweke angestellt wurden, um den Bahnhof vom Charakter einer Kopfstation zu befreien, verzögerten bisher die Weiterbehandlung der Angelegenheit.

Die Einführung der linksufrigen Zürichseebahn und der durch Eröffnung der Botzbergbahn gebrachte Verkehrszuwachs bedingten eine provisorische Erweiterung des Bahnhofes Zürich. Auch für eine definitive Erweiterung (Vergrößerung, resp. Verlegung des Güterbahnhofes etc.} wurden Pläne vorgelegt, jedoch in diesem Frühjahr für einmal wieder zurükgezogcn, nachdem die Zürcher Regierung und die betheiligten Gemeinden Einwendungen erhoben, hatten, deren Berüksichtigung die ganze Grundlage des Projektes verändern mußte.

Besondere Schwierigkeiten wegen der Collision verschiedener Interessen und Gesuche bot auch die Situirung der Stationen ArchRütti (Gäubahn) und Näfels, die Anschlüsse der Bischofszellerbahn.

in Goßau und der Wasserfallenbahn in Oensingen oder Niederbipp.

An dieser Stelle mag auch die Notiz Plaz finden, daß wir in Folge widerstreitender Begehren über den Namen zweier neuen Stationen zu entscheiden hatten.

Kontrole der bestehenden Bahnen und ihres Betriebsmaterials.

Die bestehenden Bahnen konnten im Berichtjahr nur theilweise begangen werden. Es ist dies namentlich dem Umstände zuzuschreiben, daß ein Theil der Kontroliugenieure während der günstigsten Jahreszeit Monate lang durch Militärdienst in Anspruch genommen wurde. Sehr zeitraubend waren außerdem die Untersuchungen der vielen im Laufe des Jahres eröffneten Bahnen. Andere unvorhergesehene Umstände und Arbeiten trugen mit dazu bei, daß für die fragliche Kontrole nur wenig Zeit übrig blieb.

537 Dieselbe mußte daher hauptsächlich auf diejenigen Bahnstreken beschränkt werden, welche sich bei der leztjährigen Untersuchung als mangelhaft herausgestellt hatten. Aus den gemachten Erhebungen ergab sich, daß die meisten Bahngesellschaften die frü hei beobachteten Mängel größtentheils verbessert hatten. Einzig bei den westschweizerischen Bahnen konnte eine solche Verbesserung nicht überall wahrgenommen werden. Es erklärt sich dies daraus, daß eine gehörige, durchgreifende Instandsezung dieser Linien eine Arbeit erfordert, die mindestens 2 Jahre in Anspruch nehmen wird. Die Mängel bestehen weniger in einem schlechten Zustande der Oberbaumaterialien und einem fehlerhaften Legen derselben, als vielmehr in zu großer Spurerweiterung in den Kurven. Diese Erweiterung datirt nicht seit dem ursprünglichen Legen der Schienen, sondern sie ist mit der Zeit durch das Befahren der Bahn mit Lokomotiven von großem Radstand und steifer Kuppelung mit dem Tender entstanden. Die Gesellschaft ist indessen mit den nöthigen Aenderungen beschäftigt. Der Oberbau selbst kann nur nach und nach umgelegt werden. Das Departement wird im Laufe dieses Jahres in dieser Hinsicht mit der Direktion das Nöthige vereinbaren.

Die zu verschiedenen Zeiten von den Kontroiingenieuren vorgenommenen Inspektionen auf der Linie des Jura Industriel resp.

Neuchatel-Locle erzeigten sehr bedeutende Mängel am Oberbau, an den Hochbauten und am Betriebsmaterial. Wir luden daher die Bahnverwaltung ein, uns darüber zu berichten, welche Arbeiten und Anschaffungen sie angeordnet habe oder anzuordnen gedenke, um Linie und Betriebsmaterial den Anforderungen der Konzession und des Eisenbahngesezes entsprechend herzustellen, worauf die Bahndirektion ein bezügliches Programm vorlegte, welches vom Departement mit einigen Modifikationen gutgeheißen wurde.

Es hatte sich herausgestellt, daß das Normalprofil des Hauensteintunnels auf zwei kurzen Streken in der Nähe des südlichen Eingangs sich in einer Weise verschoben zeigt, daß die bestehenden Vorschriften der Verordnung über die technische Einheit der schweizerischen Eisenbahnen sieht mehr zutreffen. Diese Verschiebung soll nach Aussage der Bahnverwaltung schon vom Bau und der unmittelbar darauf folgenden Zeit her datiren, während seitherige periodische Vermessungen annehmen ließen, daß die Bewegung
aufgehört. Wenn mm auch das verengte Profil bis jezt dein Betrieb keinerlei Inkonvenienzen verursachte, so hielt es das Direktorium der Schweiz. Centralbahn bei dem gegenwärtigen Bestreben der Bahnverwaltungen, dem Betriebsmaterial die größt mögliche zuläßige Dimension zu geben, doch immerhin für angezeigt, zur Vorbeugung aller Eventualitäten die lichte Höhe und Breite des Tunnels mit

538 Rüksieht auf die Lage der Geleise resp. der Schienenstränge mit den Vorschriften des Art. 8 der zitirten Verordnung über die technische Einheit annähernd in Einklang zu bringen. Da das Direktorium glaubte, dies ohne Veränderungen am Tunnel selber am zwekmäßigsten durch eine entsprechende Näherrükung der Geleiso bewirken zu können, so kam es mit dem Gesuch ein, eine solche Näherrükung von 0,260 Meter bewerkstelligen zu dürfen, wodurch die Entfernung der beiden Geleise von Mitte zu Mitte von 77' 5" auf 10' 5" 3'" vermindert würde. Wir glaubten nach allseitiger Untersuchung der Sache, diesem Gesuch bis auf Weiteres entsprechen zu sollen, unter der Bedingung jedoch, daß im Tunnel weder Bahnzüge noch einzelne Lokomotiven neben einander vorbeifahren sollen und eine etwaige Kreuzung der Züge auf der Station Läufelfingen bewerkstelligt werde. Eine Erweiterung des Tunnels auf das ursprüngliche Profil wäre zwar nicht unmöglich gewesen, hätte aber für den Bahnbetrieb bedeutende Inkonvenienzen zur Folge gehabtVon denjenigen Kontroiingenieuren, denen die Kontrole des Betriebsmaterials obliegt, wurden im Ganzen 143 Lokomotivkessel geprüft oder revidirt, gegenüber 31 im Vorjahr. Davon fallen auf Schweizerische Nordostbahn .

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55 Stük.

Westschweizerische Bahnen .

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26 ,, Schweizerische Centralbahn .

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29 ,, Vereinigte Schweizerbahnen .

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7 ,, Jura-Bern-Luzernbahn .

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5 ,, Schweizerische Nationalbahn.

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9 ,, Tößthalbahn .

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3 ,, Internationale Bergbahnen .

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9 ,, Neue Lokomotiven wurden im Laufe des Berichtjahres von den schweizerischen Bahngesellschaften im Ganzen 115 Stük angeschafft und zwar v o n d e r Nordostbahn .

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2 8 Stük.

,, den westschweizerischen Bahnen .

13 ,, ,, der Zentralbahn .

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20 ,, y, den Vereinigten Schweizerbahnen 4 ,, ,, der Jura-Bern-Luzernbahn .

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18 ,, ,, ,, Arther-Rigibahn .

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6 ,, ,, " Regina Montium (Kaltbad-Scheidegg) 3. ,, ,, ,, Rorschach-Heiden-Bahn .

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3 ,, ,, ,, Appenzellerbahn .

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4 ,, ,, ,, Schweiz. Nationalbahn .

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9 ,, ,, ,, Uetlibergbahn .

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3 ,, ,, ,, Emmenthalbahn .

.

.

2 ,, ,, Tößthalbahn .

.

.

.

2 ,,

539 Von diesen Lokomotiven sind 50 mit separatem Tender, 22 sogenannte Engerth'sche Maschinen, 35 Tendermaschinen und 8 Zahnradmaschinen. 82 stammen aus ausländischen, 33 aus schweizerischen Fabriken.

Die Zahl der neu in Betrieb gesezten Personenwagen beläuft sich auf 313, wovon 129 in schweizerischen und 184 in ausländischen Fabriken gebaut wurden. Auf die einzelnen Gesellschaften vertheilen sich diese Neuanschaffungen wie folgt: Nordostbahn .

.

.

. 1 5 9 Stük.

Jura-Bern-Luzern-Bahn .

.

39 ,, Arther-Rigibahn .

.

.

.

10 ^ Regina Montium .

.

.

.

3 " Rorschach-Heiden .

.

.

9 ^ Appenzellerbahn .

.

.

.

15 ,, National bahn .

.

.

.

46 ^ Tößthalbahn .

.

.

.

8 ,, Uetlibergbahn .

.

.

.

9 ,, Emmenthalbahn .

.

.

.

6 ^ Gotthardbahn .

.

.

.

9 " Gepäk- und Güterwagen wurden im Ganzen 945 Stük, wovon 907 Güterwagen verschiedener Art und 38 Gepäkwagen, neu beschafft. Dabei sind die verschiedenen Bahngesellschaften in folgender Weise betheiligt : Nord ostbahn .

.

.

.

2 8 0 Stük.

Centralbahn 128 ,, Vereinigte Schweizerbahnen .

.

41 ..

Jura-Bern-Luzern-Bahn .

. 200 ^ Arther-Rigibahn .

.

.

.

5 ,, Kaltbad-Scheidegg .

.

.

3 ,, Rorschach-Heiden .

.

.

.

2 ,, Appenzellerbahn .

.

.

.

38 ,, Uetlibergbahn .

.

.

.

3 ,, Emmenthalbahn .

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43 ,, Nationalbahn .

.

.

106 ,, Tößthalbahn .

.

.

.

56 ,, Gotthardbahn .

.

.

.

40 ,, 678 dieser Wagen sind von schweizerischen, 267 von ausländischen Fabriken geliefert worden.

T)

Normalien.

Die Sammlung der Planschemate zu der Verordnung vom 1. Februar 1875 wurde vermehrt durch Blatt Nr. VII: Zeichnung

540 einer Brüke und Nr. Xa: 2 Blatt Zeichnungen zweistökigcr Wagen.

Schemate über Tunnel u. a. sind in Arbeit und können nächstens veröffentlicht werden.

In der Absicht, den Bahnverwaltungen die Vorlage der in Art. 10, sowie in Art. 3, Ziffer 2 und 3 der Verordnung vom i. Februar 1875 bezeichneten Pläne und Zeichnungen zu erleichtern, insbesondere die bei Anfertigung derselben auf dem bisher üblichen Wege sich ergebenden Kosten zu vermindern, sind vom technischen Inspektorate in Benuzung des sogenannten heliographischen Verfahrens, einer Art Lichtpause, neue Planschemate ausgearbeitet worden, bestehend in Situationsplan, Längenproül und Querprofilen. Mit Rüksicht auf die großen Vortheile, welche die Anwendung der Heliographie bei Anfertigung von Plankopieu mit sich bringt -- eine auf diesem Wege hergestellte Kopie nimmt nur etwa '/s der bisher darauf verwendeten Zeit in Anspruch -- haben wir den Bahngesellschaften gestattet, die von ihnen vorzulegenden Pläne außer in vorgeschriebener Weise auch in heliographischen Abzügen nach den auf dem Bureau des technischen Inspektorats zu erhebenden Schematen einzureichen. Das auf dem genannten Bureau wesentlich vervollkommnete Verfahren kommt zugleich auch dem technischen Inspektorat selbst für die von demselben anzufertigenden Plancopien zu gut.

Verschiedenes.

S i g n a l o r d n u n g . Mit dem 1. April 1875 trat die von uns erlassene Signalordnung für die schweizerischen Hauptbahnen vom 7. September 1874 in Kraft, nachdem auf Ansuchen der Bahngesellschaften eine Fristverlängerung für Einführung derselben bewilligt worden war (S. vorjährigen Geschäftsbericht). Während die meisten Bahnverwaltungen auf diesen Zeitpunkt die nötbigen Einrichtungen zur Durchführung des Reglements getroffen hatten,, befand sich eine größere Bahngesellschaft damit auffallend im Rükstand ; das Departement sah sich daher veranlaßt, eine ernstliche Mahnung an dieselbe zu erlassen.

Dem Gesuch der schweizerischen Nationalbahn, in Abweichung von § 12 der Signalordnung die sogenannten Bender'schen Pfeilsignale als Weichensignale verwenden zu dürfen, wurde mit Rüksicht auf den Umstand, daß die Laternen vor Erlaß des neuen Reglements bestellt worden, ja zum Theil schon abgeliefert waren und daß die Form der zur Signalisirung verwendeten Appaiiate an und für sich gleichgültig ist, entsprochen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß in Uebereinstimmung mit der vorgeschriebenen Farbe der Pfeil grün angestrichen werde.

54 L

V e r i f i k a t i o n e n . Durch Bundesbeschluß vom 10. Oktober 1874 ist die Zollbefreiung für Eisenbahnschienen auf dem Wege der Rükvergütung des bezahlten Eingangs/olles für solche Schienen festgesezt worden, welche für die erste Anlage einer von den Kantonen oder vom Bunde konzedirten Eisenbahn bestimmt sind.

Das Zolldepartement erachtete es als unerläßlich, sämmtliche diesfällige Rükvergütungsgesuche einer Prüfung in Bezug auf deren Zuläßigkeit zu unterstellen und nahm zu diesem Behufe die Mitwirkung der technischen Inspektorates in Anspruch. Solcher Rükvergütungsgesuche sind im Ganzen 69 geprüft worden.

Ebenso wurden vom nämlichen Inspektorat die zur Prüfung und Genehmigung eingereichten Distanzenzeiger der im Laufe des Jahres eröffneten Bahnlinien an der Hand der im Archiv vorhandenen oder zu diesem Behufe von den Bahnverwaltungen einverlangten Pläne verifizirt.

K o n t r o l e der B a h n p o s t w a g e n . Wie schon im leztjährigen Geschäftsbericht erwähnt, wird auf den Wunsch des Postdepartements vom technischen Inspektorat die Kontrole über den Bau und Unterhalt der eidgenössischen Bahnpostwagen besorgt.

Diese Kontrole nahm den damit beauftragten Kontroiingenieur im.

Berichtjahr 36 Tage in Anspruch und erstrekte sich u. a. auch auf Probefahrten wegen Beleuchtung und Heizung der Wagen, Untersuchungen der Zugvorrichtungen der alten Wagen etc. Ferner wurde ein Pflichtenheft für den Bau neuer Wagen, sowie eine Zeichnung für eine neue Kuppelung entworfen und ein Verzeichniß sämmtlicher schweizerischen Bahnpostwagen angefertigt.

D i s t a n z e n k a r t e . Die im vorjährigen Geschäftsbericht erwähnte Distanzenkarte im Maßstabe von l : 250,000 wurde vollendet.

Sie enthält die Angaben der Längen sämmtlicher betriebenen, im Bau befindlichen und konzedirten Eisenbahnen. Die Anfertigung dieser Karte, sowie der im allgemeinen Theil bereits erwähnten zwei Eisenbahnkarten im Maßstabe von l : 250,000 und \ : 800,000 und die Sammlung des dazu nöthigen Materials nahm die Thätigkeit des technischen Personals nicht wenig in Anspruch. Eine Distanzenkarte in kleinerm Maßstabe, sowie ein neuer Distanzenzeiger sind in Arbeit und können in Kurzem dem Druke übergeben werden.

S t u d i e n und P l a n s k i z z e n für B a h n h ö f e . Für die Bahnhöfe in Basel (Centralbahnhof und badischer Bahnbof)
wurden vom technischen Inspektorat Studien gemacht und bezügliche Planskizzen angefertigt, welche als Grundlage für die Verhandlungen zwischen der Regierung und den Bahngesellschaften über die Anlage dieser Bahnhöfe dienen sollen. Das für den gemeinsamen Balmhof in Luzern ausgearbeitete Projekt, eine mühsame und sehr zeitraubende Arbeit, erwies sich nebst den bezüglichen Studien später als unnöthig, was aber nicht vorausgesehen werden konnte.

542

Es möchte scheinen, die Lieferung der nöthigen Pläne für dieBeurtheilung eines Gegenstandes, über welchen der Bundesrath Beschluß zu fassen hat, sollte den betreffenden Bahnverwaltungen zufallen. Allein es darf nicht außer Acht gelassen werden, daß der Bundesrath, wenn er mit voller Kenntniß der Sachlage entscheiden soll, in vielen Fällen sich nicht auf die Angaben der Parteien verlassen kann, die sich oft genug widersprechen, sondern durch seine eigenen Techniker Studien machen lassen und insbesondere da, wo es sich um weitgreifende Anforderungen handelt, untersuchen lassen muß, ob die Durchführung derselben möglich ist. Zu diesem Behufe ist aber die Anfertigung von Plänen und Zeichnungen unvermeidlich.

E x p e r t i s e n und A u g e n s c h e i n e . Außer den zahlreichen Expertisen und Augenscheinen, welche bei Beurtheilung der Planvorlagen hinsichtlich einzelner Straßenübergänge nöthig wurden., fanden solche auch bei Behandlung nachstehender Angelegenheiten statt: Anlage einer neuen Station bei Rosé (westschweizerische Bahnen), Straßen- und Wegverhältnisse bei Merlach (Broyethalbahn),, Zurzach, Ruppersweil etc., Zufahrtsstraßen zu den Stationen Bözenegg, Hornussen, Effingen und Bouveret, Wasserabzugsverhältnisse in Dreibeinskreuz bei Solothurn, Graben- und Kanalanlage bei Gossau, Korrektion des Renggbaches (Bern-Luzernbahn), Reklamation wegen Unzulänglichkeit der Stationseinrichtungen auf dem Uetliberg, Einfriedigung der Emmenthalbahn, Erweiterung resp.

Verlegung der Station Derendingen, Dammrutschungen auf der Bergbahn Rorschach-Heiden, Auffüllung von Materialgruben in Bouveret, Störung des Baues der Eisenbahnbrüke bei Hemmishofen durch die Dampfschifffahrt auf dem Rhein, Einzäunung der Arther Rigibahn bei Rigistaffel, Untersuchung von Unfällen und Betriebsstörungen (14 verschiedene Augenscheine), Versenkungen in Horgen u. s. w.

Diese Expertisen erforderten in den meisten Fällen ebenfalls zeitraubende erläuternde Planskizzen, welche auf dem Bureau des technischen Inspektorats angefertigt wurden.

Normalien für Eisenbahnwagen zur Krankenbeförderung. In theilweiser Erledigung Ihres Postulates vom 24./25. September 1873, betreffend Einrichtungen für den Transport kranker Militär- und Zivilpersonen auf den schweizerischen Eisenbahnen *), *) Der Bundesrath wird eingeladen, a. die Eisenbahngesellschaften
zu veranlassen, für den Transport kranker Militär- und Civilpersonen die nöthigen Vorkehrungen zu treffen; b. Berieht darüber zu erstatten, welche Einrichtungen zu diesem Ende hin von den Dampfschiffahrtverwaltungen getroffen werden können.

(Bundesblatt 1873, Band III, Seite 927.)

543

sind vom technischen Inspektorat 5 verschiedene Projekte daheriger Normen aufgestellt worden, welche särnmtlich auf solche Einrichtungen Bedacht nehmen, durch welche in den betreffenden Eisenbahnwagen das reisende Publikum nicht belästigt wird. Es soll nun ein Wagen in dieser Weise eingerichtet werden, damit die nöthigen Proben gemacht werden können, worauf die endgültige Norm festgestellt werden wird. In den seit 1873 angeschafften neuen Eisenbahnwagen ist durch Erweiterung des Eingangs und durch die Möglichkeit, das Geländer umlegen zu können, bereits auf die Krankenbeförderung Rüksicht genommmen worden und die alten Wagen werden jeweilen bei der Reparatur entsprechend eingerichtet.

e. Darstellungen nach Vollendung des Baues.

Grenz- und Katasterpläne.

Von den Grenz- und Katasterplänen, welche laut Art. 18 des Eisenbahngesezes die Bahngesellschaften nach Vollendung einer Bahn dem Bundesrath einzugeben haben, sind im Berichtjahr nur diejenigen der Bödelibahn eingelangt. Die Verwaltungen aller übrigen seit dem Inkrafttreten des neuen Eisenbahngesezes eröffneten Linien haben ihre daherigen Verpflichtungen noch nicht erfüllt und kaum erfüllen können, weil die Richtigstellung solcher Pläne geraume Zeit erfordert.

Dagegen sandten die Gesellschaften der schweizerischen Centralbahn und der Nordostbahn die Katastes plane für einen beträchtlichen Theil ihrer alten Linien ein und ergänzten die Sammlung der schon früher eingemittelten Längenprofile im Maßstab von l : 40,000.

Anlagekosten.

Aeußerst langsam schreiten die bezüglichen Arbeiten der Gesellschaften vor. Eingegangen sind im Laufe des Jahres: a. durch die Regierung des Kantons Thurgau : ,,Berechnung der Baukosten der Nordostbahn-Linien auf dem Gebiete des Kantons Thurgau (incl. die der Nordostbahn zugehörenden Objekte auf den Bahnhöfen Rorschach und Konstanz), abgeschlossen per 31. Dezember 1873."

b. von der Direktion der Regina Montium: ,,Dctaillirte Uebersicht des Eisenbahn-Kontos der Bahn KaltbadScheidek" -- auf 20. Oktober 1875.

Das Departement hat ein Formular aufgestellt, nach welchem die von Art. 18, Saz 3, des Eisenbahngesezes postulirten Baurcclmungen einzuliefern seien. Es erwägt indeß noch die Frage,, ob zur Vereinfachung der den Gesellschaften auffallenden bezüglichen Arbeiten dieses Formular nicht als Bestandteil der Eisenbahnstatislik adoptirt werden könnte.

514

Eisenbahnstatistik.

Das von den Bahnverwaltungen im Laufe des Jahres 1874 und von einigen derselben sogar erst Anfangs 1875 eingelieferte Material für die Betriebs- und Baustatistik pro 1878 wurde einer genauen Revision unterworfen, in Folge welcher sich bei mancher Bahn zahlreiche Unrichtigkeiten in den betreffenden Angaben herausstellten, die sich daraus erklärten, daß die statistischen Arbeiten von Beamten besorgt wurden, die wenig oder gar nicht mit denselben vertraut waren. Die Berichtigung- dieser Angaben gab Anlaß zu einem sehr zeitraubenden Briefwechsel zwischen dem Departement und den betreffenden Verwaltungen, so daß der Abschluß des Maunscriptes und der Beginn des Drukes erst im Anfang des laufenden Jahres möglich wurde. Zu einem guten Theil erklärt sich die Verzögerung auch- daher, daß es der Drukerei am nöthigen Material gebrach, um das vorhandene Manuscript immer abzusezen, sodann, daß der Statistiker nicht ausschließlich sich seiner Arbeit widmen konnte, sondern vielfach für Uebersezungen der offiziellen Gotthardberichte und andere Aushülfsarbeiten in Anspruch genommen werden mußte, endlich daß der Golthardinspektor, dem die Leitung der Eisenbahn-Statistik übertragen ist, zu dieser Aufgabe neben den zahlreichen laufenden Geschäften, für «-eiche ihm keins weitere Hülfe zur Verfügung steht, nicht immer die erforderliche Zeit finden konnte, wenn es gerade nöthig war.

Das zweite Heft der schweizerischen Eisenbahnstatistik wird, außer der Bau- und Betriebsstatistik pro 1873, auch den Stand der Eisenbahnunternehmungen in der Schweiz bis Ende 1875 enthalten.

Nachdem die Bahnverwaltungen sich mit dem vom Departemente für die Statistik der Jahre 1869--1873 vorgeschlagenen reduzirten Formulare einverstanden erklärt hatten, wurde dasselbe in der nöthigen Anzahl Exemplare autographirt und vertheilt und sind bereits von den meisten Bahnen die ausgefüllten Hefte zurükgeliefert worden. Die Arbeit der Revision wird möglichst rasch betrieben, damit die Luke zwischen den zwei bis jezt bearbeiteten Jahrgängen unserer schweizerischen Eisenbahnstatistik baldigst ausgefüllt werden kann.

Für die Bau- und Betriebsstatistik dei- Jahre 1874 und 1875 sind die nöthigen Formulare (nach dem gleichen Schema, wie für die zwei ersten Lieferungen) den Verwaltungen zugestellt und leztere angewiesen worden, die ausgefüllten Hefte in angemessener Frist einzuliefern, was für das Jahr 1874 zum Theile schon stattgefunden hat.

545 Das neue Schema für die folgenden Jahre, welches bestimmt ist, in Zukunft als Grundlage für die Jahresberichte aller Eisenbahngesellschaften zu dienen, so daß dieselben neben ihrem Jahresberichte nicht noch besondere statistische Arbeiten zu liefern haben werden, ist in Vorbereitung und wird den Verwaltungen zur Einsicht und allfälligen Bemerkungen baldigst zugestellt werden.

f. Verhältnisse der Eisenbahnen zu baulichen Anlagen Dritter.

Das neue Gesez über die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise kam nur in einem, nicht streitigen Falle zur Anwendung, indem der Plan eines solchen Geleises zur Genehmigung vorgelegt wurde.

Mit Rüksicht darauf, daß eine öffentliche Straße durchschnitten wurde, holten wir die Vernehmlassung der betreffenden Kantonsregierung ein.

Eine städtische Wasserleitung sollte durch einen Theil eines Bahnhofes (Zufahrtsstraße und Waarenlagerungsplaz) gelegt werden.

Die Bahnverwaltung wollte die Leitung nur auf Zusehen hin gestatten, indem sie u. A. auf das Wort ,,kreuzen" der Konzession und des Gesczes abstellte und freie Hand für eine allfällige Erweiterung des Bahnhofes behalten wollte. Sie wurde verpflichtet, die Wasserleitung legen zu lassen, in der Meinung, daß, wenn in der Folge Veränderungen des Bahnhofes sich als nothwendig erweisen sollten, welche eine Verlegung oder Beseitigung der Wasserleitung gebieten würden, den diesfälligen Anordnungen des Bundesrathes Folge zu geben wäre, die Kostenfrage aber offen bleibe.

Bezüglich der Haupteinrede wurde gesagt: Das Wort "kreuzen" darf nicht urgirt werden, da damit offenbar nur der gewöhnlichste Fall hervorgehoben werden wollte. Daß in die Länge des eigentlichen Bahnkörpers Wege, Wasser- oder Gasleitungen, Transmissionen etc. gelegt werden, dürfte in der That ein seltenes Begehren sein und auch selten gutgeheißen werden (denn selbstverständlich unterliegen Anlagen gemäß Art. 15 des Gesezes, wenn auch Staat und Gemeinden darauf ein Recht haben, der Kontrole des Bundes). Wo aber, wie im vorliegenden Falle, nicht der als Unterlage für die Schienen dienende Bahnkörper, sondern eine Dependenz der Eisenbahn benuzt werden soll, ist nicht einzusehen, warum dies nur geschehen dürfe zu Gunsten von Leitungen, welche mehr oder weniger rechtwinklig zur Bahnachse stehen und dieselbe schneiden. In jedem einzelnen Falle ist zu untersuchen, ob die Durchleitung, wie sie verlangt wird, nothwendig und zuläßig sei, ob sich der Zwek nicht ohne erhebliche Erschwerung anders erreichen lasse.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

37

546

g. Bahnbetrieb.

Tarifwesen.

Die schöne Zahl der im Jahre 1875 dem Verkehr übergebenen Bahnlinien erbrachte der Tarifkontrole ein ausgedehntes Arbeitsfeld.

Zur Revision und Genehmigung gelangten nämlich: 1. Neue Normaltarife a . neuer Bahnen .

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39 b. alter Bahnen 34 2 . Nachträge z u Normaltarifen .

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. 109 3. Spezialtarife 79 4 . Nachträge z u Spezialtarifen .

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9 5 . Camionnagetarife .

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6 6 . Anzeigen über Rükvergütungen .

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29 Total 305 1874: 149 neben vielfachen Anzeigen über Tarifmodificationen etc.

Von den noch aus der Herrschaft des Eisenbahngesezes von 1852 herrührenden Tarifen wurden revidirt diejenigen der Simplonbahn nach Mitgabe der neuen. Konzession vom 24. September 1873, sowie der Bödelibahn. Ferner wurden der Umarbeitung unterworfen die Tarife des Jura Industriel, welche in verschiedenen Punkten mit den Bestimmungen der Konzessionen nicht im Einklänge standen.

Die Revision der Tarife der schweizerischen Westbahnen konnte dagegen leider nicht zu Ende geführt werden, weil das dazu erforderliche Material, wie es vom Directionscomité ursprünglich eingesandt wurde, sehr unvollständig war und dessen Kompletirung erst in der lezten Woche des Berichtjahres erfolgte.

Neben vielfachen Differenzen, die sich bei Prüfung namentlich der Tarife neuer Unternehmungen erzeigten, und auszugleichen waren, sind Fragen von prinzipieller Bedeutung zur Behandlung gelangt, wovon wir die nachstehenden hervorheben: I. Eine Bahnverwaltung, die durch Eröffnung einer neuen Linie die Distanz zwischen zwei durch den Schienenweg einer andern Unternehmung bereits verbundenen Verkehrsknotenpunkten um 20 Kilometer abkürzte, und so als Konkurrentin der altern Linie auftrat, stellte für den Gütertransport so hohe Grundtaxen auf, daß die normal berechneten Transportpreise zwischen jenen 2 Punkten, troz der Kürzung der Distanz, sich wesentlich höher gestellt hätten, als diejenigen der altern längern Route. Um sich daher des betreffenden Verkehrs zu bemächtigen, war eine Herabsezung der

547

Transportpreise erforderlich und es fragte die Verwaltung au, ob, wenn sie diese Redaktion vornehme, daraus die Verpflichtung abgeleitet würde, die aus den erniedrigten Tarifansäzen sich ergebenden Einheitssäze auch auf den ganzen Zwischenverkehr zu verlegen, oder ob den gesezlichen Vorschriften Genüge geleistet sei, wenn sie sich darauf beschränke, die Tarifansäze von einem Endpunkte nach den dem andern Endpunkte z u n ä c h s t gelegenen Zwischenstationen und umgekehrt auf den Betrag der für jene selbst " festgesezten reduzirten Taxen zu ermäßigen, d. h. wenn sie für nähergelegene Stationen keine hohem Taxen beziehe, als für die.

weitergelegenen konkurrenzirten Stationen. -- Im Hinblik auf die Tragweite dieser Frage, sowie auf den Umstand, daß bei dem zunehmenden Ausbau des schweizerischen Eisenbahnnezes derartige Verhältnisse nicht vereinzelt bleiben werden, hielt das Departement dafür, daß es nothwendig sei, diesfalls an der Hand von Artikel 35 des Eisenbahngesezes einheitliche, für alle schweizerischen Bahnverwaltungen verbindliche Normen aufzustellen. Diese Absicht ö wurde vorerst der Konferenz der schweizerischen Eisenbahnverwaltungen eröffnet und dieselbe eingeladen, sich über die Angelegenheit vernehmen zu lassen. Für die Zwischenzeit wurde der einfragenden Verwaltung die Erstellung des Tarifes mit Rükwirkung der ermäßigten Taxen zwischen den Endstationen nur auf die z un ä c h s t rükliegenden Stationen gestattet. Die Antwort der Konferenz ging erst gegen Ende des Berichtjahres ein. Sie kam zu dem Schlüsse, daß hinsichtlich der Verpflichtung, eine ermäßigte Taxe zwischen 2 Endpunkten auch auf Zwischenstationen wirken zu lassen, unterschieden werden müsse zwischen dem Fall, in welchem eine Bahngesellschaft die betreffende Taxe freiwillig, ohne Konkurrenzzwang herabseze und dem andern, in welchem diese Herabsezung die nothwendige Folge eines Konkurrenzverhältnisses sei. Nur im ersten Falle erscheine eine Ausdehnung der Ermäßigung auf alle Zwischenstationen als geboten, sonst aber rechtfertige sich eine Verpflichtung, die ermäßigte Taxe auch auf Zwischenstationen rükwirken zu lassen, nur insoweit, als für den Transport von einem der Endpunkte nach einer Zwischenstation keine höhere Taxe verlangt werden dürfe, als diejenige zwischen den beiden Endpunkten zuzüglich der Rükfracht von dem näher
gelegenen Endpunkte nach der betreffenden Zwischenstation. Ein Minderheitsvotum dagegen erachtete, daß es Angesichts der Bestimmungen von Artikel 35 des Eisenbahngesezes nicht mehr zuläßig sei, zum Zweke erfolgreicher Konkurrenz die Taxen zwischen zwei durch mehrere Bahnen mit einander verbundenen Punkten herabzusezen, ohne die entsprechende Reduktion auch auf dem ganzen übrigen derselben Gesellschaft gehörenden Neze einzuführen. Es werde dies den Bau abkürzender

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Linien ermuntern, indem diese in wirksamer Weise gegen die Koakurrenz des längern Weges beschüzt werden, eine Folge, die namentlich vom Standpunkte der Staatsverwaltung aus betrachtet durchaus rationell sei. W ir gewärtigen nunmehr die Anträge des Departements.

II. Eine ähnliche Streitfrage ist die, ob die Bahngesellschaften, wenn sie, ebenfalls aus Konkurrenzrüksichten, in einzelnen Lokalverkehren die Personentaxen reduziren, nach dein Wortlaut des Gesezes nicht gehalten seien, die gleiche Taxvergünstigung dem direkten und Transitverkehr ebenfalls einzuräumen. Das Departement hat bei der Revision verschiedener Tarife diese Frage bejaht. Dagegen remonstriren nun die Gesellschaften und stellen den Saz auf.

daß (lie Verpflichtung, eine ermäßigte Taxe zwischen zwei Stationen im Lokalverkehr in andere Verkehre, welche die gleiche Streke in sich begreifen, einzurechnen, nur dann stattfinden sollte, wenn der Grund, welcher die Ermäßigung hervorgerufen hat, bei dem in Frage stehenden Verkehre gleichmäßig zutreffe. Ein grundsäzlicher Entscheid über diese Kontroverse bleibt dem Jahr 1876 vorbehalten.

III. Von verschiedenen schweizerischen Bahnverwaltungen sind sogenannte Rundreise- oder Touristenbillete mit ermäßigten Taxen eingeführt worden. Früher nur dem Verkehr im Innern der Schweiz dienend, gelangen solche in neuerer Zeit auch zur Ausgabe für internationale Touren, so z. B. ab rheinischen und pfälzischen Stationen nach dem Berneroberland und dem Vierwaldstättersee.

Während aber die Billets, die an den Kassen der schweizerischen Verwaltungen verkauft werden, einen Rabatt von durchschnittlich nicht mehr als 20 °/o genießen, begünstigen die leztern die im Ausland zum Verkauf gelaugenden Billets in der Weise, daß sie für die nämliche schweizerische Streke bei längerer Gültigkeitsdauer einen Rabatt bis auf 40 % gewähren. Auf den Vorhalt, daß eine solche Bevorzugung ausländischer Touristen ebenfalls gegen die Vorschriften von Artikel 35 des Eisenbahngesezes verstoße, eutgegneten die Verwaltungen, einerseits seien sie zu dieser ausnahmsweiscn Behandlung durch das Vorgehen der ausländischen Verwaltungen, welche ebenfalls 40 % Rabatt gewähren, gedrängt worden ; anderseits halten sie dafür, daß sie nur im Interesse des Landes handeln, wenn sie durch billige Fahrgelegenheiten dazu beitragen, möglichst viele
Ausländer zum Besuche der Schweiz zu bestimmen. Unmöglich könne es in der Absicht des Gesezgebers gelegen haben, die freie Thätigkeit der Bahngesellschaften auf diesem Gebiete hemmen, oder durch die Vorschriften des Artikels 35 verbieten zu wollen, daß für verschiedene Verkehre nicht auch verschiedene Taxsysteme und Taxberechnungen zuläßig seien,' sobald

§49 dieselben nur den Konzessionen entsprechen und Jedermann gleich zugänglich sind. Obschon es an und für sich stoßend ist, daß der Bewohner des eigenen Landes seine Vergnügungsreise theurer bezahlen soll, als der Ausländer, so muß doch auch das Richtige in der Argumentation der Bahnverwaltungen anerkannt werden.

Der Angelegenheit wurde dann auch für einmal weitere Folge nicht gegeben, die Frage aber offen behalten.

IV. Aus den Vorschriften von Artikel 39 der Verordnung vom 1. Februar 1875 zum Eisenbahngeseze' vom Jahre 1872 hat eine Bahnverwaltung ableiten wollen, daß es nöthig sei, neue zur Eröffnung kommende, derselben Gesellschaft zugehörige Linien mit Bezug auf das Tarifwcsen gesondert zu behandeln, indem sonst eine genaue Berechnung des jeder Linie zukommenden Reinertrages nicht möglich sei. Durch diese Sonderstellung würden aber die Tarifdistanzen und folglich auch die Taxen künstlich erhöht. Das Departement hat an der Ansicht festgehalten, daß eine gesonderte Rechnungsstellung, wie sie der angerufene Artikel 39 verlangt, möglich sei, auch wenn neue Linien rüksichtlich des Tarifwesens als ein zusammenhängendes Ganzes mit dem Stammnez behandelt werden.

V. Von einer Gemeindebehörde, nnterstüzt von ihrer Kantoiisregierung, lief Beschwerde darüber ein, daß die Bahnverwaltungen in denjenigen Fällen (bei sogenannten Kreislinien"), wo der Verkehr zwischen 2 Punkten, beziehungsweise Landesgegenden, über mehrere Routen bewerkstelligt werden könne, nur über je die kürzeste Route direkte Personenbillets ausgeben, so daß die Benuzung der längern Route, die in gewissen Fällen bessere Verbindungen erzeige, als die kürzere, erschwert werde, insbesondere wenn auf den betreffenden Uebcrgangsstationen die Zeit zum Ankaufe neuer Billets nicht hinreiche. Gestüzt auf Artikel 33 dus Eisenbahngesezes wurde das Begehren gestellt, es seien die betreffenden Bahnverwaltungen zu verhalten, direkte Billets auch über die längere Route einzuführen.

Zur Veruehmlassung eingeladen, bemerkten die Bahnverwaltungen vorerst, daß eine schroffe Abgrenzung nicht bestehe, indem direkte Billets auch über die längere Route ausgegeben werden, insofern die Distanz der leztern diejenige der kürzern Route nicht um mehr als 10 °/o übersteige. Die Festsezung einer gewissen Grenze sei absolut nothwendig, da den Bahnverwaltungen nicht
zugemuthet werden könne, Tarife und Billets über alle möglichen Umwege zu erstellen. Was die gesezliche Verpflichtung anbelange, so sei den Vorschriften des Artikels 33 vollständig Genüge geleistet, wenn, wie es der Fall sei, von und nach allen Stationen der gegenseitigen Linien direkte Expeditionen -- wenn auch nur über eine, die kürzere und also natürliche Route -- eingeführt seien. Der Anstand er-

550 ledigte sich durch das Entgegenkommen der betheiligten Verwaltungen, das wir, theilweise im Widerspruch mit den Reklamanten, als ausreichend erachteten. Als daherige Regel glauben wir aufstellen zu sollen : a) daß bis auf einen Distanzunterschied von mindestens 10 °/o -- im Minimum 10 Kilometer -- dein Publikum die Auswahl geboten werden müsse, nach Belieben sich mittelst direkter Billets auf der kürzern oder langem Route befördern zu lassen, und b) daß im weitern die Verwaltungen verpflichtet werden können, ohne Rüksicht auf die Entfernung überall da direkte Billets zur Verfügung zu halten, wo die längere Route vermöge vorteilhafterer Fahrtordnung, billigerer Taxen oder in anderer Weise den Interessen des Verkehrs besser entspricht als die kürzere Linie.

Den Bahnverwaltungen haben wir empfohlen, zur großem Verkehrserleichterung zwischen den an der Kreislinie gelegenen wichtigern Pläzen Rundfahrtbillcts zu erstellen, und wir konstatiren anerkennend, daß dieselben in dem erörterten Falle dieser Anregung bereitwillig entgegengekommen sind.

Auch im Jahre 1875 ist die wichtige Angelegenheit der Gütcrtarifumgestaltung in Deutschland zu keinerlei Abschluß gekommen.

Die in Veranlagung eines Beschlusses des deutschen Bundesrathes vom 13. Februar vorigen Jahres, dessen wir im lezten Geschäftsbericht erwähnten, vom Reichskanzler niedergesezte Expertenkommission hat zwar umfassende Untersuchungen gepflogen und schließlich ein aus zehn Resolutionen bestehendes Gutachten abgegeben.

Dasselbe stellt vorab die möglichst baldige Einführung einer einheitlichen Tarifeinrichtung auf allen Bahnen Deutschlands als ein unabweisliches Bedürfniß auf, fügt aber sofort bei, daß diese Institution nur auf dem Wege der Kompromisses zwischen den bestehenden Systemen zu erreichen sei. Damit ist die praktische Lösung der Frage auft Neue in die Ferne gerükt. Es erklärten denn auch schließlich vier von neun Kommissionsmitgliedern, daß, weil die verschiedenartigen, die National Wohlfahrt schädigenden Tarifeinrichtungen auf den deutschen Eisenbahnen durch die Verfolgung der vom Standpunkte des Privatrechtes aus berechtigten besondern Interessen der einzelnen Gesellschaften hervorgerufen und bedingt seien, die Durchführung eines ganz Deutschland umfassenden einheitlichen Tarifsystems uoth wendig die Herstellung eines einheitlichen,
über ganz Deutschland sich erstrekenden Reichseisenbahnuezes im Gefolge haben müsse, sei es, daß dieses durch Ankauf der Bahnen, sei es, daß es durch andere Corabinationen hergestellt werde. Inzwischen mehren sich die Anhänger des in Elsaß-Lothringen und im Großherzogthum Baden durchgeführten natürlichen oder Wagenraumsystems fortwährend. Eine Autorität

551 im Handelswescn erklärt, daß das natürliche System wegen seiner praktischen Einfachheit in Elsaß-Lothringen mit Befriedigung aufgenommen worden sei und sich auch seither vortheilhaft bewährt habe. Es vereinfache den Dienst auf erstaunliche Weise, beschleunige die Beförderung und biete anderseits jeder Verwaltung die Mittel, bedeutende Ersparnisse an Material, Personal- und Verwaltungskosten zu bewirken. Wenn auf allen Bahnen eingeführt, würde es sicherlich in noch größerem Verhältnisse Ersparnisse erzeugen.

Wir haben Gründe, anzunehmen, daß auch die Verwaltungen mehrerer schweizerischer Bahnen dieser Anschauung sich nähern.

Bereits liegt von einer derselben die Erklärung in der Hand des Eisenbahndepartements, daß sie durch die gewichtigsten Interessen des Verkehrs sich ' verpflichtet erachte, den Standpunkt des Abwartens, bis Deutschland sich endlich schlüssig gemacht, aufzugeben und einen entschiedenen Schritt im Sinne der Einführung des Wageuraumsystems vorwärts zu thun. Eine andere Gesellschaft ist zum gleichen System gedrängt worden durch den bezüglichen Staatsvertrag mit dem Gro:.>herzogthum Baden, welcher ihr vorschreibt, daß sie sich auch für die Tarife, ' soweit badisches Gebiet in Betracht kommt, denselben Bestimmungen der Reichsgesezgebung und Anordaungen der Reichsgewalt zu unterwerfen habe, welche auf die badischen Staatsbahnen Anwendung finden. Sofern indeß im übrigen schweizerischen Verkehr noch die Werthklassifikatiou aufrecht erhalten werden wollte, bedürfte allerdings die Frage, ob bei der tiefgehenden Verschiedenheit beider Systeme es möglich sei, sie neben einander zu toleriren, ohne den internen Verkehr zu hemmen und zu schädigen, der eingehendsten, sorgfältigsten Prüfung.

Der Geschäftsbericht für das Jahr 1874 hat Ihnen Kermtniß von der Wiederaufnahme der Verhandlungen gegeben, welche die Hebung des V e r k e h r s z w i s c h e n I t a l i e n und der S c h w e i z ü b e r die R o u t e des M o n t - C e n i s bezwekten. Nachdem vorerst im Januar vorigen Jahres eine Konferenz zwischen Vertretern der schweizerischen Westbahnen und der oberitalienischen Eisenbahnen in Lausanne stattgefunden, wurde von diesen eine weitere auf Ende April mit der Direktion der Gesellschaft Paris-LyonMéditerranée in Paris anberaumt. Umsonst aber harrte die Delegation der Westbahnen acht Tage
lang der italienischen Abordnung -- es erschien Niemand. Eine auf den Sommer nach Lausanne eingeladene Konferenz konnte wegen Erkrankung eines Repräsentanten der Alta Italia nicht abgehalten werden. In Folge neuen Andringens von Seite unsers Eisenbahndepartements bemühte sich die Direktion der Westbahnen wiederholt, einen Zusammentritt der betheiligten.

552

drei Gesellschaften zu Stande zu bringen, und es ist ihr dies, sowie der Abschluß eines Vertrages, endlich gelungen, jedoch erst im Laufe des Jahres 1876.

Das hierseitige Begehren um E n t l a s t u n g der B e w o h n e r d e r S c h w e i z v o n d e r a u f d i e E i s e n b a h n f r a c h t e i l gel e g t e n S t e u e r wurde durch eine Note des königlich italienischen Ministeriums des Aeoßern vom 17. Februar 1875 ablehnend beschieden. Da die Gesandtschaften anderer Staaten zu einem Kollektivschritt nicht bewogen werden konnten, glaubten wir die Frage bei den Unterhandlungen über die Neugestaltung der Handels- und Zollverträge mit Italien zur nochmaligen Erörterung bringen zu sollen.

Wir beauftragten unsere Kommissarien, dahin zu wirken, daß die durch Geseze von 1862 und 1874 geschaffenen staatlichen Steuern auf den Eisenbahn-Transportgebühren in keinem Falle im Ausland erhoben, sondern stets vom Inländer -- möge er Aufgeber oder Empfänger sein -- bezogen werden. Demnach wären die Eisenbahnverwaltungen anzuweisen, Stüke nach und vom Ausland genau den Tarifen entsprechend zu behandeln und den Steuerzuschlag einzig und allein an der italienischen Aufgabe-, resp. Adreß-Station eintreten zu lassen.

Anläßlich der Berathungen über die V e r z o l l u n g von E i s e n b a h n - M a t e r i a l haben die gesezgebenden Käthe am 24. Dezember 1874 folgendes Postulat angenommen: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, dafür besorgt zu sein, daß die Tarife der Eisenbahnen mit den in Artikel 29 der Bundesverfassung aufgestellten Grundsäzen soweit thunlich in Einklang gebracht werden und daß namentlich für Rohstoffe und Halbfabrikate keine höhere Fracht verrechnet werde als für die daraus verfertigten Fabrikate."

Das Tarifsystem der schweizerischen Eisenbahnen beruht zur Stunde noch auf der Werthklassifikation der Güter und entspricht daher dem Endziele des Postulats durchgängig, sowohl bezüglich der Stükgut- als der Wagenladungs-Klassen. "Was den Transport von Eisenbahn-Material insbesondere anbelangt, so verweisen wir auf die angeheftete vergleichende Zusammenstellung, welche das eben Gesagte bestätigt. Eine Ausnahme bilden nur die auf eigenen Rädern zirkulirenden Lokomotiven und Wagen. Die reduzirten Taxen für diese gegenüber den Normaltaxen für die Rohmaterialien, beziehungsweise Halbfabrikate, woraus
sie eonstruirt sind, rechtfertigen sich aber durch die Transportweise der Fahrzeuge, welche nur die Zugkraft der Bahnen beanspruchen und dürften der schweizerischen Industrie schwerlich zum Nachtheil gereichen. Wenn wir der Ansicht sind, daß zur Stunde dem Postulate weitere Folge nicht zu.

Zur Seite 552.

Vergleichende Zusammenstellung der

Transportpreise metallurgischer Produkte zum Eisenbahnbau lind Betrieb.

(Frachtsäze per Tonne und Kilometer.)

- - - --' --

B a Ii n e n.

I Vereinigte Schweizerbahnen II. Nordostbahn (direkter Verkehr)

. . .

Bisen und Stahl, roh, in Maßein und Blöken, Puddeleisen.

Eisenbahnschienen, Befestigungsmittel, Eisenbahnräder, Achsen, Kadreife, Schmierbüchsen.

In Ladnngen von 100 Ztr.

200 Ztr.

In Ladu ngen von 100 Ztr.

200 Ztr.

7,08 7,08

6 25 u,«

11,25

5,83

lo'es

7 08 7^08

III. Centralbahn.

i . Interner u. Verkehr mit der Westschweiz 2. Verkehr mit N. 0. B. und V. S. B. .

IV. Schweizerische Nationalbahn V. Jura-Bern-Luzern-Bafin.

i. Section Bern-Neuveville.

a. Interner Verkehr b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz c.

,, ,, N . 0. B. und V. S. B. .

2. Section Biel-Convers u. Basel-Delsberg.

a. Interner und Verkehr mit Centralund V^estschweiz b. Verkehr mit N. 0. B. u. V. S. B. .

3. Section Bern-Luzern.

a. Interner und Verkehr mit Ccntralund Westschweiz b. Verkehr mit N. 0. B. u. V. S. B. .

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VII. Simplonbahn.

-

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a. Interner u. Verkehr mit S. 0. u. S. C. B.

b. Verkehr mit N. 0. B. und V. S. B. .

In Ladungen v. mindestens 100 Ztr.

In Ladungen von mindestens 100 Ztr.

--

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1

Eisenbahnwagen auf eigenen Bädern.

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10 Std. = 48 K.

10 ,, = 48 ,, 10 ,, = 48 ,, 10 ,, = 48 ,, 10 ,, = 48 ,,

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6,25

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14,58

6,25

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9,16

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12,08

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14,16

12,50

14,16 15,83

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10,00

10,00

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17,08

17,08

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10,00

10,00

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15,83

17,08 15,83

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26,66

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14,16

6,25

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13,33

6,25

4,16 4,16

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7,08

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13,96

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10,00 10,00

10,00

10,00

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10,83

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Gerechnet auf eine Transport-Distanz von:

à Im Gewichte Die50Achse Ztr.

bis 800 Ztr. gerechnet.

In Ladungen v. mindestens 100 Ztr.

7,9t

VI. Suisse Occidentale.

1. Ouest-Suisse u. Lausanne-Freiburg-Bern.

a. Interner Verkehr b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 2. Franco-Suisse (Ligne de Verrières).

a. Interner Verkehr b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 3. Genève- Versoix.

a Interner Verkehr . . . . .

b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 4. Sämmtliche Linien der S. 0. im Verkehr mit N. 0. B. und V- S. B.

Eisen und Stahl, Zink, Blei, (auch Bleiröhren), Eisen-, Sämmtliche Lokomotiven Kupfer, Schwarz- und Weißblech, vorgenannte mit Tender Eisenund Grußwaaren, Kupferund Messing, grobe, als: Puffer, Puffer- Zinkröhren. Artikel in auf eigenen Zinn, Sendungen hülsen, Kuppelungen, Bädern.

nnverarbeit. Federn*), Maschiuentheile, unter 100 Ztr.

grobe Brükenbestandtheile.

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= 48 ,,

10 v = 48 B 10 ,, = 48 ,,

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- 48 ,,

20 ,, = 96 ,, 10 ,, = 48 ,, 20 ,, = 96 ,, 10 ,, == 48 B 10 ,, = 48 B

*) Wagenfedern genießen nur im Verkehr mit X. 0. B. und V, S. B. die ermäßigte "Wagenladnngstaxe, im Ferkehr der S. C. B., J. B. L. und S. 0. unter sich bezah en sie die Stü kgnttaxe.

t

553 geben sei, so werden wir uns desselben immerhin erinnern im Zeitpunkt einer Umgestaltung der Gütertarife.

Zwar nicht mehr im Laufe des verwichenen Jahres, aber immerhin vor Abschluß des Geschäftsberichtes erledigten wir Ihr Postulat vom 26. Juni/l. Juli 1875, lautend: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, die Vorschrift des Eisenbahngesezes rüksichtlich der D i f f e r e n z i a l t a r i f e u n d R u k V e r g ü t u n g e n (Artikel 3 5 ) gegenüber den Bahnen in Vollziehung zu sezen." Indem wir bezüglich der Motive, die unserem Beschlüsse zu Grunde liegen, auf den Gestionsrapport für 1874 verweisen, lassen wir ihn hier folgen : .,,Die schweizerischen Bahnverwaltungen sind -- in Ausführung der Ziffern 3, 4 und 5 von Art. 35 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872 -- gehalten, von jeder, einzelnen Privaten, Gesellschaften u. s. w. bewilligten Rükvergütung (détaxe) dem Eisenbahn- und Handelsdepartetnent Kenntniß zu geben, ehe sie in Kraft tritt, unter Angabe der Gründe der Begünstigung. Erhebt das Departement innert drei Tagen (vom Eingang der Notifikation an gerechnet) keine Einsprache, so ist die Rükvergütung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen und darf vollzogen werden. In Fällen jedoch, wo die betreffenden Verwaltungen den Nachweis leisten, daß Rükvergütungen den internen Verkehr 'nicht beeinträchtigen, sondern nur das Mittel bilden, um gegen ausländische Konkurrenz aufzukommen, kann das Departement die Unterlassung der Publikation bewilligen. "· Es scheint uns damit einestheils der Willensäußerung der Räthe, anderntheils den gerechten Begehren des Publikums und endlich den Befürchtungen der Gesellschaften rüksichtlich ihrer Stellung zur Konkurrenz fremder Bahnen Rechnung; zu sein.

o getragen &*-

Transportwesen.

Nach dem Erlaß des Transportgesezcs vom 20. März 1875 -- in Kraft getreten am 1. September gleichen Jahres -- zogen die Bahnverwaltungen den vorgelegten Entwurf zu einem T r a n s p o r t r è g l e m e n t der schweizerischen Eisenbahnen y.urük und ersezten ihn durch einen neuen, möglichst an das erwähnte Bundesgesez sich anschließenden. Bis zur Genehmigung und Inkraftsezung desselben erließen wir am 3. September eine Verordnung, welche zeitweise das ,,Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen für den direkten schweizerischen Verkehr vom 15. März 1862a für den direkten sowohl «1s für den internen Verkehr der einzelnen Gesellschaften als maßgebend erklärte unter Beseitigung aller an-

554 dem Transportvorschriften, insofern sie dem Publikum keine günstigeren Bedingungen gewähren. Selbstverständlich wurden aber auch die sämmtlichen Bestimmungen des Réglementes vom Jahr 1862 als ungültig erklärt, welche mit dem Gesez vom 20. März 1875 im Widerspruche sich befanden. Im Uebrigen ordnete der Erlaß vom 3. September diejenigen Punkte, bezüglich welcher das Transportgesez ausdrüklich dem Betriebsreglemente rief. Hierauf zog das Departement den abgeänderten Entwurf zu einem Transportreglement in Untersuchung und berief zur Erörterung der Differenzpunkte die Vertreter aller Bahngesellschaften mit selbstständigem Beiriebe, sowie eine Delegation des schweizerischen Handels- und IndustrieVereins zu Konferenzen ein. Nach vielfachen Berathungen konnte eine Einigung mit den Gesellschaften erzielt werden. Darüber wird aber der nächstjährige Geschäftsbericht zu referiren haben.

Wir genehmigten unter den üblichen Reserven noch vor dem 1. September die besondern Transportreglemente der Uetlibergbahn, der Bahn Winterthur-Singen-Kreuzlingen, der Bergbahn RorschachHeiden.

Das Departement nahm Anlaß, gegen unzureichende Heizung von Passagierwagen, gegen unterlassene Beleuchtung solcher beim Durchfahren langer Tunnels und andere Inkonvenienzen, welchen die Reisenden da und dort noch unterworfen sind, einzuschreiten, und erledigte eine große Anzahl von Reklamationen, die sich auf das Transportwesen bezogen.

Fahrtordnungen und Fahrpläne.

Noch ist es nicht gelungen, in Bezug auf die Herstellung und Publikation der Fahrpläne die wünschbare Ordnung durchzuführen.

Noch findet die so dringend gebotene rechtzeitige Verständigung unter sämmtlichen Gesellschaften, deren Linien sich berühren, über alles, was Anschlüsse betrifft, nicht regelmäßig statt. Und doch macht die gegenwärtige Formation des schweizerischen Eisenbahnnezes allgemeine Konferenzen der Verwaltungen zur Feststellung der Fahrtordnungen zur Notwendigkeit. Unsere Schritte, um solche anzubahnen, sind bei der Direktion der schweizerischen Nordostbahn auf unerwarteten Widerstand gestoßen, während die übrigen Unternehmungen sie beifällig aufgenommen haben. Wir hoffen, es werde uns gelingen, die opponirende Verwaltung zu überzeugen, daß ihre Gegengründe vou irrigen Voraussezungen ausgehen und daß das Vorgehen der Gesellschaften im Sinne unserer Räthe vom Interesse jeder derselben geboten sei. -- Die Direktion einer andern

555 Bahn brachte ein einseitig ausgearbeitetes Fahrplanprojekt zur Genehmigung an das Departement, ohne vorher irgendwelche Schritte zur Verständigung mit den Nachbarbahnen gethan zu haben. Gleichzeitig rief sie gegen allfällige Einsprachen die Intervention der Bundcsbehörden an. Ein solches Anmuthen wurde kurzweg zurükgewiescn und das Verlangen gestellt, daß ehe das Projekt einer Verwaltung anhängig gemacht werde, über die erforderlichen Anschlüsse an andere Bahnen eine Einigung mit diesen erfolgt oder doch versucht worden sei, so daß an uns nur Differenzen gelangen, worüber unter den Gesellschaften eine Uebereiustimniung nicht zu erzielen war.

Die Begehreu der Kantone, Bezirke und Gemeinden bezüglich der Fahrtordnungen konstatiren die Andauer des Widerstreites der Interessen des durchgehenden und des Lokal Verkehres. Man verkennt nirgends die Vortheile der Schnellzüge, aber gerade deßwegen wünscht jede Station, Bedienung durch dieselben zu erhalten, wodurch diese Züge ihrem Zweke völlig entfremdet werden müßten.

Hinwieder ist nicht zu verkennen, daß manche Gesellschaften zu wenig eigentliche Personenzüge kursiren lassen, und neben den Schnellzügen vorzüglich die sogenannten gemischten Züge zum Personentransport verwenden. Es ist dies doppelt zu bedauern, so lange die Reisenden dritter Klasse von den Schnellzügen ausgeschlossen sind. Wir werden übrigens, wie schon erwähnt, die Frage der Beigabe · von Wagen dritter Klasse zu den Expreßzügen durch eine besondere Vorlage in der nächsten Sizung der Räthe zur Diskussion bringen.

Einheitlich geordnete, monatliche Nacliweisungen der Z u g s v e r s p ä t u n g e n konnten erst vom September an dem Bundesblatte gedrukt beigegeben werden, weil einzelne Gesellschaften nur nach laugen Verhandlungen sich dazu verstehen konnten, das vom Departement aufgestellte und an der Hand von Erfahrungen nachträglich verbesserte Formular in seiner Gesammtheit anzunehmen und auszufüllen. Die Monatstableaux der Verwaltungen werden genauer Prüfung unterzogen und bieten daher Anlaß zu mannigfaltigen und zahlreichen Erörterungen zwischen denselben und dem Departement. Lezteres hat uns angezeigt, daß es im Falle sein werde, unserer Berathung den Entwurf eines Réglementes zu unterstellen, welches das bei nothwendig werdendem Einschreiten mit Geldbußen wegen wiederholter verschuldeter Verspätungen (Art. 34 des Gesezes) einzuhaltende' Verfahren normiren soll.

556

Unfälle.

Während die Behörden der meisten Kantone die Untersuchungen über Eisenbahnunfälle rasch und umsichtig durchführten, verharrten einzelne andere in Gleichgültigkeit und thaten nicht einmal da ihre Pflicht, wo die kantonalen Geseze ihr Einschreiten forderten. Wir werden darauf dringen, daß unserm bezüglichen Kreisschreiben vom S. August 1873 endlich überall nachgelebt werde.

Die Statistik der Unfälle finden Sie in der Beilage.

Unfälle beim Bau wurden uns folgende angezeigt: Tödtungen.

Linie Koblenz-Winterthur ,, Winterthur-Singen ,, Wohlen-Bremgarten Wasserfallenbahn Aargauische Südbahn Rangirbahnhof Basel Gäubahn (incl. BiberisterEinschnitt) Linie Effretikon-Wetzikon " Langenthal-Wauwyl Bergbahn Rorschach-Heiden Linksufrige Zürichseebahn

Verlezungen.

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1 0 5 0 " 7 von diesen Unglüksfällen gaben zu diplomatischen Verwendungen auswärtiger Regierungen Anlaß, um für die Opfer derselben resp. deren Hinterlassene von den Eisenbahnverwaltungen Entschädigungen zu erhalten. Unsere Thätigkeit mußte sich darauf beschränken, diese Gesuche den betheiligten Verwaltungen zur Vernehmlassung mitzutheilen und, wenn sie die Pflicht zur Entschädigung nicht freiwillig anerkannten oder wenn ihre Offerten von den Reklamanten nicht acceptirt wurden, die leztern auf den Rechtsweg zu weisen.

Das Departement hat fortgefahren, von sämmtlichen eingelangten Untersuchungsakten Kenntniß zu nehmen und eine Reihe daran sich knüpfender Mahnungen und Weisungen an die Verwaltungen erlassen.

Statistik der Unfälle beim Eisenbahnbetrieb im Jahr 1875.

1

Zur Seite 556

Vereinigte Schweizerbahnen, incl.

Toggenburgerlinie Nordostbahn, incl. Zürich -Zug Luzern und Bülach-Regensberg Tößthalbahn (eröffnet am 4. Mai) Nationalbahn (eröffnet am 17. Juli) Centralbahn, incl. Aarg. Südbahn und Basler Verbindungsbahn .

Emmenthalbahn (eröffnet am

25 Mai) Jura-Bern-Luzern-Bahn (LangnauBern-Biel-Neuveville , Biel -Tavannes-Chauxdefonds) . . .

Suisse Occidentale, incl. BulleRomont, Simplonbahn u. JougneBclepens

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12 1 Hiezu a. Bötzbergbahn, eröffnet am 2. August mit 49 Kilometer, b. Linksufrige Zürichseebahn, eröffnet am 20. September mit 69 Kilometer.

,, Wohlen-Muri, eröffnet am 1. Juni mit 10 Kilometer.

,, a. Jura-Industriel, übernommen am l April mit 38 Kilometer.

b. Langnau-Luzern, eröffnet am 11. August ,, 57 ,, c. Basel-Delsberg, ,, 25. Sept.

,39 ,, " ,, Vallorbes-Pontarlier, eröffnet am 1. Juli «26 ,,

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Bahnhof Basel (Elsaß-Lothringer Bahn) Bahnhof Basel (Badische Bahn) .

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Tödtungen und Verlezungen, welche nicht eine Folge von Entgleisungen oder Zusammenstössen waren.

weder za den Passa] Beamte u. Bedienstete Fremiie, SelbstBeisende.

gieren noch zum Personal !

beim Betrieb.

mord.

gehörend.

Tödtung oder Verlezung:

Auf die Stationen.

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Auf die Stationen.

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Auf die offene Bahn.

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Andere tmermittelte Ursachen.

Hindernisse auf der Bahn.

Eisenbahnen.

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Ursachen.

Mangelhafter Zustand' des Oberbaues.

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der

Kilometer im Betrieb.

Bezeichnung

Folgen der Entgleisungen und Zusammenstösse.

Zusammenstösse.

Entgleisungen.

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557

Bahnpolizei.

An das für die sämmtlichen schweizerischen Bahnen maßgebende Betriebsreglement wird sich ein solches anzuschließen haben, das allgemein geltende Vorschriften über Bahnpolizei erläßt. Diese Vorschriften werden sein solche über: Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn, Einrichtung und Zustand der Betriebsmittel, Einrichtungen und Maßregeln für die Handhabung des Betriebes, Bestimmungen gegen Beschädigung der Bahn, Gefährdung des Verkehrs auf derselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften.

Wir gedenken, ein solches Reglement, wenn immer möglich, noch im Laufe des Jahres 1876 der Transportordnung folgen zu lassen.

Freisonntage.

Sie haben nach wiederholten Debatten schließlich das von der Geschäftsprüfungskommission des Stäuderathes empfohlene Postulat abgelehnt, wornach wir zu Bericht und Antrag eingeladen worden wären über die Frage, ob aus der geschlichen Vorschrift, den Arbeitern je alle drei Wochen mindestens einen Ruhetag zu gewähren, die Beschränkung auf die Sonntage nicht zu streichen sei. So waren wir denn neuerdings darauf angewiesen, den strikten Vollzug von Artikel 9 des Eisenbahngesczes zu begehren. Am Schlüsse des Jahres 1875 haben wir sämmtliche Verwaltungen von Eisenbahnen mit selbstständigem Betrieb zum Bericht über den aktuellen Stand der Dinge eingeladen und von den meisten die Auskunft erhalten, daß die Verhältnisse bezüglich der in Vollziehung des zitirten Artikels 9 den einzelnen Klassen der Angestellten zu gewährenden Sonntagsruhe im Laufe des Jahres 1875 sich nicht geändert haben, d. h.

mie andern Worten, daß die strenge Durchführung der Gesezesbestimmung aus den bereits im Geschäftsbericht für 1874 aufgezählten Gründen unmöglich sei. Es wird uns bei dieser Sachlage nichts anderes übrig bleiben, als über die verschiedenartigen Anbringen und Einwürfe der Gesellschaften, soweit sie die Organisation

558 des Bahndienstes beschlagen, eine détaillante Untersuchung walten zu lassen und unsere weitern Verfügungen den Ergebnissen derselben entsprechend einzurichten. Zu bemerken ist, daß das neue Transportreglement die Verwaltungen an Sonn- und allgemeinen Festtagen weder zur Uebernahme noch zur Avisirung oder Ablieferung von Gutem irgend welcher Art verpflichtet und daß an Samstagen sowie an Vorabenden vor allgemeinen Festlagen die Empfangnahme der Waaren im Sommer um 5, im Winter um 4 Uhr Abends aufhört. Das Reglement von 1862 schloß an Sonntagen die Bahnhöfe für die Uebernahme der Eilgüter nicht. Der Verein für die Heilighaltung des Sonntages arbeitet unermüdlich in Wort und Schrift seinem Endziele entgegen ; aber er wird ebenfalls die Erfahrung zu machen haben, daß man in solchen Fragen nicht bloß in der Schweiz, sondern auch in andern Staaten langsam und nur Schritt für Schritt vorwärts kommt. Die beim deutschen Reichstag eingelaufenen Petitionen auf Beschränkung des Eisenbahnbetriebes an Sonntagen sind zwar unsers Wissens wohl dem Reichskanzler überwiesen worden, dagegen noch ohne Rükäußerung geblieben. Der abgetretene Präsident des Reichseisenbahnamtes hat sich seiner Zeit geäußert, daß die Einführung regelmäßiger Freitage, resp. Beurlaubungen bei manchen Eisenbahnen eine Vermehrung von über 10 % ihres Personals zur Folge haben würde, und daß daher das Reichseisenbahnamt -- selbst wenn es die Zeitverhältnisse zur Vornahme einer derartigen Reform für geeignet erachten sollte -- Vorschriften von einer derartigen Tragweite für die Oekonomie des Eisenbahnwesens nur auf Grund eingehender Ermittlungen über die bereits bei den einzelnen Gesellschaften bestehenden Anordnungen würde erlassen können.

In Frankreich hat im Januar dieses Jahres der Minister der öffentlichen Arbeiten ein Rundschreiben an die Eisenbahngesellschaften gerichtet (Journal officiel vom 18. Januar), worin er auf die Theilnahme der Nationalversammlung, der Handelskammern und der Generalräthe in der Frage der Heilighaltung des Sonntags auch für das Personal der Eisenbahnen verweist. Das Circular fährt dann fort : ,,Der ministerielle Beschluß, daß die Güterbahnhöfe an Sonn- und Festtagen um 12 Uhr Mittags geschlossen werden, ist eine erste, aber nicht ausreichende Verbesserung. Der Augenblik scheint nun gekommen, die Maßregel dadurch
zu vervollständigen, daß die Vorschriften "fürdie Sonntagsfeier alle mit den Erfordernissen des Betriebes der Eisenbahnlinien verträgliche A u s d e h n u n g e r h a l t e n . Ich glaube, daß man ohne den Dienst zu benachteiligen, an den Sonn- und Festtagen die Bahn-

559 liöfe für die gewöhnlichen Frachten schließen kann : vom 1. April bis 30. September um 9 Uhr M o r g e n s ; vom 1. Oktober bis 31. März um 11 Uhr Morgens." Der Minister ersucht die Direktionen, ihre Bemerkungen über diese Modifikation ihm mittheilen zu wollen, indem er nicht daran zweifelt, daß sie geneigt seien, mit ihrem ganzen Einfluß die Verwirklichung einer Maßregel zu erleichtern, welche so lebhaft das von ihnen geleitete Personal betreffe.

Man möge hieraus entnehmen, daß in der Schweiz schon jczt thatsächlich auf diesem Felde mehr erreicht worden ist als die Vorschriften, welche der Minister Frankreichs mit den Erfordernissen des Bahnbetriebes noch als. verträglich hält, und die er ins Leben zu rufen gesonnen ist.

C. Gotthardbahn.

Unter Verweisung auf die den subventionirendeu Kantonen und Bahngesellschaftcn erstatteten detaillirten Monats- und Quartalberichte beschränken wir uns hier auf folgende Mittheilungen:

I. Organisation der Gesellschaft.

Im Hinblik auf die bevorstehenden umfangreichen Arbeiten wurde ein Regulativ betreffend die Anstellungsverhältnisse des bei dem technischen Dienste bethätigten Personals erlassen und wurden überdieß in Betreff der Auszahlung und Verrechnung der Gehalte, Diäten, Feldzulagen, Reisekosten, Lohnlisten des technischen Personals, sowie hinsichtlieh der Konstatirung der Lohnauszahlung an die beim Regiebau beschäftigten Arbeiter eine Reihe wegleitender Beschlüsse gefaßt. Für die Hochbauabtheilung des technischen Zentralbüreau wurde eine neue Dienstorganisation getroffen und betreffend die Organisation des Expropriationswesens ein Reglement erlassen.

560

II. Baukapital.

Bis Ende 1875 wurden der. Gotthardbahngesellschaft, ohne Abzug des Kursabschlags auf dem eingezahlten Aktien- und Obligationskapital, folgende Summen zur Verfügung gestellt: Einzahlung von 60 °/o auf dem Aktienkapital Fr. 20,400,000 ,, der drei ersten Serien des Obligationskapitals ,, 48,000,000 I. Subventionsrate: Tunnelbaukosten .

. Fr. 1,475,000 1. Annuität .

.

.

,, 3,148,148 .

4,623,148 " II. Subventionsrate : Tunnelbaukosten .

. Fr. 3,723,000 2. Annuität ,, 3,148,148 ,, 6,871,148 III. Subventionsrate: Tunnelbaukosten .

. Fr. 4,225,415 3. Annuität .

3,148,148 ,, 7,373,563 Gesammteinzahlung Hievon waren den 31. März 1876 bereits verwendet noch verfügbar (einschließlich die Kaution von 10 Millionen beim Bundesrath und Fr. 4,390,795 Vorschuß an Herrn Tunnelunternehmer L. Favre) An Subventionen wurden bis jezt einbezahlt Für das IV. Baujahr wurden vorgesehen: Tunnelbaukosten .

.

. Fr. 10,000,000 dazu IV. Annuität .

.

,, 3,148,148 Zusammen

Fr. 87,267,859 Fr. 62,180,028 ,, 25,087,731 ,, 18,867,859

Fr. 13,148,148

III. Bau.

A. O r g a n i s a t i o n des Baudielistes und technisches Personal.

Nachdem Herr Oberingenieur Gerwig unter Berufung auf Meinungsverschiedenheiten über die Organisation des technischen

561 Dienstes, welche zwischen ihm und der Direktion bestanden, seine Entlassung nachgesucht und erhalten hatte, wurde Herr W. Hellwag von Eutin, gew. Baudirektor der österreichischen Nordwestbahn, zum Oberingenieur der Gotthardbahn ernannt.

Derselbe traf vor Allem eine Reorganisation des technischen Dienstes und stellte 7 Sektionen für Vorarbeiten, 3 für Unterbau resp. Bahnerhaltung, endlich 2 für den Hochbau auf. Der Bestand des technischen Personals bezifferte sich

Ende ,, ,, ,,

1872 auf 101 Personen.

1873 ,, 148 1874 ,, 188 1875 ,, 342

B. V o r a r b e i t e n .

1. Gotthardtunnel.

Die Berechnung der neuen Triangulation zur genauen Bestimmung der Tunnelaxe wurde zu Ende geführt und ergab ein sehr befriedigendes Resultat. Es beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß die als Ergebniß der neuen Messungen auf beiden Seiten abgestekten Axen in der Mitte des Tunnels nur 4 Centimeter von den die beiden Observatorien verbindenden Geraden abweichen werden l : l und für eine Abweichung von höchstens 30 Centimeter beträgt die Wahrscheinlichkeit blos Vi,000,000. Im Vergleich mit der frühern Triangulation ergibt sich in den Richtungsangaben für Airolo eine Differenz von blos einer Sekunde, für Göschenen zirka 5 Sekunden, in beiden Fällen gegen Osten.

Während des verflossenen Sommers wurde zur Kontrole und behufs Fortsezung des geologischen Längenprofils die oberirdische Abstekung der Tunnelaxe vorgenommen und zwar von Göschenen und von Airolo aus bis zum Kastelhorn, wo die beiden Richtungen kaum 10 Centimeter von einander abwichen. Zu allei- Vorsorge wurde die Bestimmung der Tunnelaxe noch auf astronomischem Wege ausgeführt, und es hat diese Kontrole die geometrischen Messungen so genau bestätigt, daß sie nun als definitiv betrachtet werden können.

Auf Grund dieser Kontrolen wurde im Oktober auf beiden Tunnelseiten eine neue unterirdische Axenabstekung von den Observatorien aus vorgenommen, bei welcher zum ersten Mal mittelst Morse'schen transportablen Telegraphen zwischen den Observatorieo.

und dem Tunnel-Innern gesprochen wurde.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

38

56 i Auf der Nordseite, bei 2400 Meter Tiefe, betrug die größte Abweichung der neuen Axrichtung von der bisherigen 15 Ceutimeter östlich, auf der Südseite, bei 2063 Meter Tiefe, 6 Centimeter westlich. Das Nivellement zeigte eine maximale Höhendifferenz, von 2 Centimeter, die neue Längenmessung ein Minus von 68 Centimeter.

In Gesehenen wurde der zweite Visirstollen vollständig ausgemauert und das Observatorium aufgebaut. -- Für die Verlängerung des Tunnels daselbst wurden Pläne ausgearbeitet. -- Die Felsarbeiten an der Reußkorrektion wurden sowohl in der Nähe des Voreinschnitts als weiter unterhalb fortgesezt.

Behufs Erledigung verschiedener streitiger Punkte wurde zwischen der Gottharddirektion und Herrn Tunnelunternehmer L. Favre unterm 21 ./25. September ein Nachtragsvertrag zum Hauptvertrage vom 7. August 1872 abgeschlossen. Es wurde bei diesem Anlaß namentlich ein neues Programm für die monatlichen Leistungen an den verschiedenen Arbeitsstellen des Tunnels vereinbart, sowie über die Ausmauerung des Tunnels und die Abschlagszahlungen eine neue Verständigung getroffen. Wir haben diesem Nachtragsvertrag unterm26. November 1875 unsere Genehmigung ertheilt.

Den Abonnenten auf die geologischen Sammlungen wurde im verflossenen Jahre die zweite und dritte Serie der geologischen Tabellen und Durchschnitte, sowie der zugehörigen Handstüke vertheilt.

2. Tessinische Thalbahnen.

Im Berichtsjahre beschränkten sich die Projektirungen auf verschiedene Vollendungs- und Versicherungsarbeiten, ferner auf den Ausbau der Stationen Lugano und Chiasso, endlich auf die Aufnahmsgebäude in Bellinzona und Locamo.

3. Bahnstreken Bellinzona-Lugano und Cadenazzo-Pino.

Für die Streke Bellinzona-Lugano wurden die Aufnahmen in den Maßstäben von, 1: 2500 und 1: 1000 zu Ende geführt, und für die schwierigere Parthie Bellinzona-Camignolo noch detaillirtere Aufnahmen für die Schichtenpläae im Maßstab von Ì : 500 eingeleitet und vollzogen. Daneben wurden zahlreiche Sondirungen ausgeführt, um die zwekmäßigste Lage der Mündungen des MonteCenere-Tunnels zu bestimmen. -- Die vergleichenden. Studien und.

Berechnungen zur Ermittlung der vortheilhaftesten Linie auf dem Nordabhang des Monte Cenere führten zur Ueberzeugung, daß von der anfänglich beabsichtigten Anwendung einer Maximalsteigung,

563 von 16,7 °/oo abstrahirt werden müsse, daß aber auch die Steigung von 18 °/oo noch zu einem allzu kostspieligen Trace führe und daß es angezeigt erscheine, für den Uebergang des Monte Cenere zu dem ursprünglich beabsichtigten Trace Giubiasco-Camignolo zurükzukehren, dessen Steigung 25°/oo beträgt, also das vom internationalen V ertrag gestattete Maximum nicht überschreitet.

Entsprechend diesem neuesten Trace für die Nordseite des Monte Cenere wurde auch auf der Südseite eine Modifikation der ursprünglich mit 18°/oo studirten Linie ins Auge gefaßt und dabei das Augenmerk hauptsächlich auf die thunlichste Verminderung der Erdarbeiteu und Kunstbauten gerichtet.

Auf der Streke Cadenazzo-Pino wurde die Terrainaufnahme sehr vorgerükt und ein Trace ermittelt, das sich möglichst dem Inundationsgebiet des Tessin entzieht und dadurch eine umfangreiche und kostspielige Regulirung dieses Flusses vermeidet.

4. Zufahrtslinien zum Gotthardtunnel.

Die Terrainaufnahmen für diese Linie können als größtentheils vollendet betrachtet werden. Für das Studium von Varianten mußten hie und da noch einzelne ergänzende Vermessungen vorgenommen werden. Es wurden zahlreiche Varianten eingehend untersucht, berechnet und mit einander verglichen. Die außergewöhnliche Beschaffenheit dieses Alpenterrains und die großen Schwierigkeiten, welche dem Bahnbau daraus erwachsen müssen, bringen es mit sich, daß die Erstellungskosten schon bei der Verschiebung der Linie innerhalb sehr enger Grenzen sich bedeutend ändern. Es bedurfte daher der mannigfaltigsten Untersuchungen, um dasjenige Trace zu ermitteln, welches bei Erfüllung der an dasselbe zu stellenden Anforderungen auch zugleich das billigste für den Bau sein sollte. Den Tracirungen gingen jeweilen zahlreiche Sondirungen des Terrains zur Seite. Das neueste erst Anfangs dieses Jahres bekannt gewordene Trace, das gegenwärtig den Gegenstand der eingeleiteten eidgenössischen Prüfung bildet, weicht von demjenigen, der frühern Experten Beckh und Gerwig sehr erheblich ab und wird allgemein als vorteilhafter betrachtet, indem man bei dessen Entwurf bestrebt war, die Bahnlinie möglichst dem Thalboden zu nähern und dieselbe nicht blos in ein für den Bau günstigeres und stabileres Terrain zu legen, sondern auch der Straße und den Ortschaften näher zu bringen, was sowohl die Bauausführung als deo spätem Bahnunterhalt wesentlich erleichtern und ökonomischer gestalten wird.

564 5. Streke Luzern-Arth-Zug und Arth-Brunnen-Flüelen.

Die Aufnahmen wurden hier vollständig beendigt und die Arbeiten für die Detailprojektirung in Angriff genommen ; auch hier wurden verschiedene Varianten studirt, deren Kosten berechnet und mit einander verglichen, um thunlichst zur Erkenntniß der bauwürdigsten und ökonomischsten Linie zu gelangen. Besondere Aufmerksamkeit wurde den schwierigen Parthien Arth-Brunnen und Brunnen-Flüelen gewidmet und speziell dem Bahnhof Ar t h und dem Tunnel durch den Roßberg, deren baldige Inangriffnahme von der Gesellschaft in Aussicht genommen ist. -- Die Studien wurden auch hier durch zahlreiche Sondirungen unterstüzt, von welchen noch diejenigen in Arbeit stehen, welche als Vorbereitung und Beginn von Tunnelbauten anzusehen sind. In Betreff des Bahnhofes Luzern verweisen wir auf die unter dem Titel ,,Bahnhoffragen" aufgeführten bezüglichen Mittheilungen.

C. E x p r o p r i a t i o n .

Die im abgeflossenen Berichtsjahr stattgefundenen neuen Landerwerbungen waren von geringem Belang.

Von den in Rechtskraft erwachsenen Urtheilen der verschiedenen Expropriationsinstanzen über das für die tessinischen Thalbahnen erforderliche Terrain sind im lezten Jahre 281 zur Tollziehung gelangt.

D. B a u a u s f ü h r u n g .

1. Gotthardtunnel.

Die im abgelaufenen Jahre erzielten Fortschritte sind in den b elf folgenden Tabellen I. und Tl. übersichtlich dargelegt. -- Die Tabelle I enthält eine Rekapitulation der bisherigen monatlichen Fortschritte der Richtstollen an den beiden Angriffspunkten in Gesehenen und Airolo, den jeweiligen Gesammtfortschritt auf Ende jeden Monats, den monatlichen Durchschnitt und das tägliche Maximum. Die Tabelle II faßt die monatlichen Resultate für die verschiedenen Ausbruchs- und Mauerungsarbeiten zusammen und gibt am Schlüsse eine Vergleichung der bezüglichen Resultate für die einzelnen Jahre seit dem Beginn des Baues untereinander und mit der programmmäßigen Leistung für das Jahr 1876, welche im Nachtrags vertrag stipulirt wurde.

Diesen beiden Tabellen zufolge ist für das abgelaufene Jahr an allen Arbeitstheilen ein erheblicher Fortschritt hervorzuheben,

Zur Seite 564.

Beilage I.

Gotthardtunnel.

Ergebnisse

des Fortschritts

im

Richtstollen

seit dem Beginn der Arbeiten bis Ende des Jahres 1875.

Die Länge zwischen der projektirten Mündung in Ooeschenen and derjenigen des Richtungstunnels

Monatlicher Fortschritt.

Jahre.

Im Durchschnitt. II

Meter.

1873 » » » » » » » » » » »

1874 » » » » » » » » » » »

1875 » » » » » » » » » » »

September Oktober .

November .

Dezember .

. .

. .

.

. .

18.9

Januar . .

Februar .

März . .

April . .

Mai . .

Juni . .

Juli . .

August. .

September Oktober .

November .

Dezember .

21.1* 20.6* 26.7* 30..i 42.5 48.i 51.o 66.e 50.2 70.o 75.0 79.2

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

. .

. .

Totale , Durchschnitte and Maxima . *

581.3

Januar . .

Februar .

März . .

April . .

Mai Juni . .

Juli August. .

September Oktober .

November.

Dezember .

.

.

.

.

.

72.o 65.8 82.i 58.4 82.o 70.3 95.0 120.0 108.2 113.1 83.7 86.5

Totale , Durchschnitte nad Maxima . .

1037.1

.

.

.

.

.

.

.

.

. .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

92.6 83.i 92.1 97.6 115.5

. .

99.3 113.4

.

.

.

.

.

.

.

.

119.9

125.9 127.6 65.1 1 2.1* Dezember . . . < 22.2 17.i* Totale , Durchschnitte and Maxima . .

1173.5

Im Haximum.

Airolo.

Total.

Goäschenen.

lirolo.

Total.

Goesthcnen.

Airolo.

Gceschenen.

lirolo.

Meter.

28.7*

Meter.

28.7

Meter.

Meter.

28.7

Meter.

28.7

Meter.

Meter,

Meter.

Meter.

--

--

--

39.4* 4.8* 14.1*

Totale , Durchschnitte and Maxima .

Januar . .

Februar .

März . .

April . .

Mai Juni . .

Juli August . .

September Oktober .

November.

Täglicher Fortschritt der Maschinenbohrung.

Gesammtfortschritt.

Monate.

GcBsclenen.

1872 » » »

in Airolo beträgt 14,920 Meter.

17.6*

16.o* 101 .T

23.8* 18.i*

39.4 22.4 30.!

4.8 18.9

101.7

68.1 90.5 120.6

120.6

18.0

101.7

120.6

44.9 38.6 48.2 42.4 65.o 67.7 98.4 155.7

40.o 60.5 87.2

68.1 80.7

130.0 126.1 148.2

160.1 208.2 259.2 325.8 376.0 446.0 521.o 600.2

125.5 143.6 165.i 177.i 199.6 219.2 266.6 355.7 415.9 475.9 527.0 596.0

165.5 204.i 252.3 294.7 359.7 427.4 525.8 681.5 791.9 921.9 1048.0 1196.2

1075.6

600.2

596.0

1196.2

55.3 63.2

123.7 121.1 145.3

51.9

110.3

672.2 738.0 820.i 878.5 960.5 1030.8 1125.8 1245.8 1354.0 1467.1 1550.8 1637.3

647.7 703.o 766.2 818.i 862.9 926.0 988.0 1047.8 1099.o 1172.4 1257.o 1343.4

1319.D 1441.o 1586.3 1696.6 1823.4 1956.8 2113.8 2293.G 2453.0 2639.5 2807.8 2980.7

1037.3

1343.4

2980.7

90.i

194.o 184.i 178.8 225.6 216.5 214.3 240.6 215.7 229.1 243.8 157.3

1729.9 1444.8 1813.0 1545.8 1905.1 1632.5 2002.7 1760.5 2118.2 1861.5 2217.5 1976.5 2330.9 2103.7 2450.8 2199.5 2576.7 2302.7 2704.3 2418.9 2771.5 2509.o

3174.7 3358.8 3537.6 3763.2 3979.7 4194.o 4434.6 4650.3 4879.4 5123.2 5280.5

90.o

129.3

2810.8

2599.0

1255.0

2429.t

2810.8

2599.0

21.5*

12.0* 22.5* 19.6* 47.4 89.i 60.2 60.0 51.i 69.o 494.3 51.7

110.4

12(1.8 44.8 63.i 133.4 157.o 62.o 59.8 , 179.8 159.4 51.2 73.4 186.5 168.3 84.G 172.9 86.4

747.4 101.4

lül.o 86.7 128.o lOl.o 115.0 127.2 95.8 103.2 116.2

1784.5

117.6

--

_

1.07

1.80

1.37

2.10

1.60

3.50

1.65

1.53

4.75

2.15

2.87

3.20

5.90

1.67

2.0l

2.95

. 3.20

2.26

1.94

3.30

3.90

2.50

1.70

4 90

3.90

2.56

2.23

4.20

3.60

1.88

2.05

4.90

5.90

2.47

1.67

4.00

3.10

2.35

2.29

3.05

3.30

2.65

2.09

4.60

3.70

1.9=

1.73

3.50

2.C5

1.45

3.90

2.34

2.10

3.80

3.50

3.06

2.00

4.4Ù

4.50

3.87

1.93

5.80

3.20

3.61

1.71

6.00

3.10

2.50

3.10 3.00

3.65

2.37

5.70

3.50

2.79

2.82

4.40

4.30

2.79

2.79

4.50

4.30

2.85

2.05

6.00

4.50

2.99

3.27

4.10

4.50

2.97

3.61

4.50

4.80

2.97

2.80

4.3»

4.30

3.25

4.27

4.50

6.60

3.73

3.26

5.50

5.3o

3.31

3.83

5.50

5.30

3.66

4.10

6.00

5.70

3.87

3.09

6.50

4.50

4.20

3.44

6.40

4.70

4.12

3.75

2.59

3.00

7.00 4.00

5409.8

2.02

2.90

2.80

4.40

5409.8

3.40

3.44

7.00

6.60

4.70 6.40

NB. Die mit * be zeichneten Ziffern beziehen sie i auf Handarbeit, die übrigen auf Maschinenbohrung. -- Der Kic htstollen wurde mit Ha ndbohrung begonnen: in äoesch enen den 24. Oktober 1872, in àdrolo den 13. September 1872. -- Di«5 Haschinenbohrung begann in Goeschenen den 4. Ap rii 1873, in Airolo den 1. Juli 1873. -- Die definitiven Komj>re ssoren wurden in Pun ition gesetzt : in G-ccschenen ] ]nde Oktober 1873 die erste (irruppe, im November 1873 die ZW(äte Gruppe, im Janua r 1874 die dritte Gruppe, im !Dezember 1874 die vierte G-mp pe, im Februar 1875 die fünfte Griippe; in Airolo Ende Ì Covember 1873 die drei ersten Gruppen, im Januar 1875 die vierte und fünfte Gruppe.

1

Beilage II.

Zur Seite 564.

Gotthardtunnel.

Fortschritt der Ausbruchs- und Ausmauerungsarbeiten während des Jahres 1875.

Südseite oder von Airolo.

Nordseite oder von Gcescheaen.

Epochen.

RichfstolIeB.

Meter.

Stand Ende December 1874 1637.3 Fortschritt im Januar 1875 92.6 83.i « « Februar « 92.1 « « März « 97.c « « April « 115.5 < « Mai « 99.3 « « Juni « « «

' « Juli « August

Erweiterung Vollausbruch oder des Sohlenscblitz.

Strosse.

Richtstollens.

Meter.

660.6 14.9

« «

113.4

56.2 77.4 55.5 53.7 72.i 64.6 57.0 56.7 85.i 118a 108.Q

119.9

« « «

« September « Oktober « November

« « «

«

« Dezember

<:

125.o 127.6 67.2 39.3

«

2810.8

1480.8

18.9 1872 1873 581.3 1874 1037.1 1875 1173.5

-- 265.4 395.2 820.2

Stand Ende Dezember Gesammtf ortschritt im Jahr « « « « ·« « »

Fortschritt nach Programm \ für 1876 J

1248

1279

Meter.

! 599.7 66.3 67.3 78.4 78.9 67.3 55.5 60,6 59.0 66.4 63.s

Meter.

Meter.

141,5

88.0

26.o 13.9

24.7 15.8

29.i 62.2 51.3

53.9 45.1 78.6

51.9

61.5

63.8

90.2

1378,9 - 693.8 -- -- 101,2 7.0 : 498.5. 134.5 552.3 ' 779.2 1344

Gewölbe.

1134

--

Westliches Oestlifhes Widerlager. Widerlager.

Meter.

103.o -- 32.0 14.o lO.o

24.o 54.5 108.0 65.5 11.0 78.o 25.o 25.o 78.8 64.o · 48.o 24.o 50,0 60.o 34.0 48.o 48.o 40.8 69.0

732.8 -- -- 88.0 644.8 1158

469.0 -- -- 103.« 366.0

1236

Meter.

88.0 -- -- 8.2

5.0 5.0 18.o 25.0 32.o 33.3 54.0 146.o 44.s

459.0 -- -- 88.0 371.o

1236

Fertiger Abzogskanal.

Riehtstollen.

Meter.

Meter.

--

1343.4

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

1104

Vollausbruch Erweiterung des Sohleuschlitz.

oder Gewölbe.

Richtstollens.

Strosse.

Meter.

656.0 6.0

Meter.

212.0

90.i 90.o

15.o 58.o 6.0 19.o 47.0 18.o 39.0 118.0 81.o 71.o

63.o 58.o 69.o 72.o 67.o 61.o 45.0 6.0 46.o 43.0 48.o 51.o

2599.o

1145.0

841.o

39.0 221.0 396.0 489.0

-- 156.o 56.o 629.0

101.4

lOl.o 86.7 128.o 101.0

115.0 127.2 95.8 103.2 116.2

101.7

494.3 747.4 1255.6 1248

11.0

1279

1344

Meter.

235.0 16.o IG.o 18.o

16.o 19.o 17.o 13.o 12.0 16.o 32.o 69.o 51.o

530.o -- 156.o 79.0 295.0 1134

Oestliclies Westliches Widerlager. Widerlager.

Meter.

Meter.

329.8 40.8

101.9

4.6

830.o 13.o 132.o 184.8 500.2 1158

Meter.

141.6

126.o

O.i

102.0 --

730.o --

126.o

101.9

141.6

115.3

-- 588.4

10.7

O.i

--

31.5

27.9

Meter.

-- -- 30.o 60.3 109.6 68.9 56.7 70.3 45.8 56.9 50.5 39.4

51.9

66.1 87.3 48.o 34.6 34.5 35.5 37.r,

Fertiger ibzngskanal.

.

1236

1236

-- -- --

-- -- -- -- -- -- -- .-- --

--

-- 1104

i

565 allein gegenüber den Leistungen, welche man in diesem Jahre zu verlangen berechtigt war, zeigt sich überall noch ein großer Abstand, mit einziger Ausnahme des Richtstollens, der entsprechend dem vertragsmäßigen Vollendungstermine vorrükte. Die Rükstände der verschiedenen Arbeiten hinter dem Stollenort ergeben so bedeutende Ziffern, daß von der früher in Aussicht genommenen Konzentrirung der Arbeiten selbst auf eine Tunnellänge von 1000 Meter abgesehen werden mußte, geschweige denn auf die im Konferenzprotokoll vom 19. Juni 1874 vorgeschriebenen 600 Meter.

Man stellte deßhalb im Programm des Nachtragvertrags, das in Tabelle III enthalten ist, nicht mehr eine zwischen Stollenort und vollendetem Tunnel einzuhaltende größte Entfernung fest, sondern man bestimmte für jede einzelne Arbeit eine solche Vollendungsfrist, daß der Tunnel auf den 1. Oktober 1880 fertig werden kann.

Es ist dies bekanntlich die Frist, von welcher ab die Konventionalstrafen für den Unternehmer ihren Anfang nehmen, während die Kaution erst mit Ueberschreitung des 1. Oktober 1881 verfallen würde, d. h. mit dem Datum, mit welchem die neun Jahre ablaufen , welche im internationalen Vertrag als muthmaßliche Baufrist des Tunnels angenommen wurden, eine Baufrist, für deren Einhaltung indessen weder die Gotthardbahngesellschaft noch die Schweiz eine förmliche Verpflichtung übernommen hat.

Mit Rüksicht auf den immer noch unvollendeten Stand der Installationen in Göschenen und Airolo wurden im Nachtragsvertrag die programmmäßigen Leistungen der Monate August bis Dezember 1875 entsprechend tief gehalten und auch für das Jahr 1876 wurde noch nicht die gleiche Leistung vorgesehen, wie für die folgenden Jahre. Bis jezt haben die Arbeiten indessen auch diesem Programm noch nicht entsprochen, was aus der beifolgenden Tabelle IV hervorgeht. Bis Ende des Jahres ergab sich zwar im Richtstollen und in der Erweiterung ein ziemlicher Vorsprang, während in den übrigen Arbeitsrubriken die Rükstände von Monat zu Monat wuchsen. Ende März 1876 ist im Richtstollen und in der Erweiterung der Vorsprung erheblich gesunken und der Rükstand auf allen andern Punkten erheblieh vermehrt. -- Das Programm für die einzelnen Monate des Jahres 1876 wird überhaupt erst eingehalten werden können, wenn die vom Unternehmer verlangten verschiedenen Ergänzungen und
Verbesserungen in den Installationen zur Ausführung gekommen und in Funktion getreten sein werden. Dazu gehören vor allem die mit Ablieferungstermin auf 1. Juli 1876 bestellten neuen Kompressoren für Göschenen und Airolo, mit Hülfe welcher eine größere Zahl von Bohrmaschinen in Thätigkeit gesezt werden können, ferner die Umänderung der Luftleitung

Beilage III.

Zur Seite 565.

Gotthardtunnel.

Arbeitsprogramm laut Nachtragsvertrag vom 21/25. September 1875.

Leistung.

fe Î3 Bezeichnung f g 'ig Vollendungs- sä der teriuin.

oa cö 1 l co J^s Arbeit.

« fco*3 "~

5g ÏÎ

-«(ss

Firstßtollen

1. Jan. 1880

18 75.

te c3 Aug.

53 10580

59

1876.

1877.

1878.

1879.

18 80.

Sept. Okt. Kov. Bez. Sum. Monat Summe. Honati Summe. Monat Summe. Monat Summe. Honat Summe.

89 118 136 182 584 208 2496 209 2508 208 2496 208 2496

Erweiterung 1. Mai 1880

57 13030* 69* 103* 138* 154* 202* 666* 213* 2556* 238* 2856* 246* 2952* 250* 3000* 250* lOOO*

Sohlenschliz I.Juni 1880

58 13160* 68* 101* 135* 151* 163* 618* 224* 2688* 237* 2844* 238* 2856* 242* 2904* 250* 1250*

Strosse

1. Sept. 1880

61 14180* 68* 102* 138* 154* 174* 636* 180* 2268* 242* 2904* 250* 3000* 267* 3204* 271* 2168*

Gewölbe

1. Aug. 1880 60 13670

Widerlager

1. Okt. 1880

62 14420

68 104 137 154 193 656 206 2472 242 2904 246 2952 258 3096 260 2340

Vollendung

1. Okt. 1880

62 14670

69 105 140 157 171 642 184 2208 250 3000 258 3096 267 3204 280 2520

60

90 122 137 173 582 193 2316 242 2904 246 2952 258 3096 260 1820

NB. Die mit * bezeichneten Ziffern Bind das Ergeimiß der Ueberreelnrang des kubischen Inhaltes des Ausbruches auf das Längenmaß.

Ì

Beilage IV.

Zur Seite 565.

<3r o t t b a r d t u n n e l .

Vergleichung zwischen der programmmässigen und wirklichen Leistung seit 1. August 1875.

im Ganzen.

per Monat.

im Ganzen.

PH

per Monat.

im Ganzen.

s

~1

Unterschied ± per Monat.

im Ganzen.

In Wirklichkeit.

per Monat.

Unterschied ±_

Nach Programm.

ll

Unterschied _+

Fertiger Tunnel.

Widerlager *).

In Wirklichkeit.

im Ganzen.

Gewölbe.

In Wirklichkeit.

per Monat.

Unterschied +_

In Wirklichkeit.

im Ganzen.

ä

Strosse.

Nach Programm.

per Monat,

Unterschied _+

Sohlenschlitz.

In Wirklichkeit.

Unterschied +_

Nach Programm.

ll Ä

In Wirklichkeit.

Epochen.

In Wirklichkeit.

Erweiterung des Richtstollens.

Bichtstollen.

Unterschied _+

per Monat.

im Ganzen.

IST'S.

August . . .

September . .

Oktober

. .

November . .

Dezember . .

Januar .

., .

Februar

. .

März

. .

«\ Tïîa 7.iff

+156.7 229.1 -1-140.1 +296.8 243.8 +125.8 +422.6 157.3 + 21.3 +443.9 129.3 - 52.7 +391.2

68 75.2 + 7.2 + 7.2 69 64.5 - 39.5 -- 32.3 105 61.5 - 28.;, + 11.0 104 72.4 - 64.6 -- 96.9 140 91.5 -- 30.5 -- 19.5 137 75.9 -- 61.i -- 80.6 154 122.2 - 31.8 -128.7 157 45.4 --127.6 --208.2 193 76.5 -116.5 --245.2 171

0 0 0 0 0

208 153.8 -- 54.2 +337.0 213 172.7 -- 40.3 + 53.5 224 147.7 -- 76.3 --195.4 189 164.7 -- 24.3 -151.0 193 103.2 -- 89.8 --298.0 206 158.6 -- 47.4 --292.6 184 208 135,8 -- 72.4 +264.6 213 174.o -- 39.0 + 14.5 224 145.o -- 79.0 --274.4 189 158.8 -- 30.2 -- 181.2 193 83.2 --109.8 --407.8 206 83.2 --122.3 --415.4 184 208 151.6 -- 56.4 +208.2 213 202.3 -- 10.2 + 4.3 224 124.6 - 99.4 --373.8 189 120.7 -- 68.3 -249.. 193 39.3 -153.7 -561.5 206 149.2 - 56.8 -472.2 184

0 0

--184.0 -lOlO.o

0

-184.0 -1194.0

59 89 118 136 182

215.7 +156.7

69 75.9 + 6.9 + 6.9 103 95.7 -- 7.3 -- 0.4 138 203.i + 65.i + 64.7 154 199.i + 45.1 +109.8 202 186.o -- 16.o + 93.8

j»_ j.

68

68 65.9 - 2.1 101 112.4 + 11.4 + 8.1 102 61.i -- 40.c 135 106.8 -- 28.2 -- 19.8 138 110.6 -- 27.4 151 99.9 - 51.i -- 70.9 154 130.5 -- 23.5 163 114.8 -- 48.2 --119.1 174 141.2 -- 32.8 65.o

-t :,, An

- 3.0 - 3.0

._ j,,.

--

2.1

-- 43.0 -- 70.4 -- 93.0 --126.7

60 90 122 137 173

99.5

+ 39.5 + 39.5

-- 69.o -- 69.o --105.0 --174.0 --140.0 --314.0 --157.0 --471.0 -171.0 --642.0

-184.0 --826.0

566

in den Tunnel durch Einführung von Röhren größern Kalibers, wodurch ein geringerer Drukverlust der Luft erzielt werden wird, sodann die Verbesserung der Ventilation durch Ingangsezung der Aspiratoren, endlich die Vermehrung des Inventars überhaupt und speziell der Bohrmaschinen und der Transportmittel.

Während des ganzen Jahres waren durchschnittlich in Göschenen beschäftigt 1436 Mann, in Airolo 1410 Mann, zusammen 2846 Mann, gegenüber 1744 im Jahr 1874. Das stärkste monatliche Mittel fiel auf den Juli mit zusammen 3466 Mann, das schw adiste auf den Januar, mit blos 2162 Mann. Die grüßte in einem Tage beschäftigte Zahl Arbeiter belief sich auf 4088 Mann (gegenüber 2470 Mann im Jahr 1874).

Im Laufe des Jahres 1875 rükte der Richtstollen auf der N o r d s e i t e von 1637.0 bis 2810.8 Meter vor. Bis auf die Tiefe von 2010 Meter blieb derselbe noch in dem bekannten Gneissgranit und Gneiss der Finsteraarhorngruppe, um von da an in die glimmerreichen dünnschiefrigen Gneisse und chlorithaltigen Schiefer des Ursernthales überzugehen, in welchen er in den Monaten Juli bis Oktober sehr große Fortschritte machte. Im Oktober traf man bei 2582 Meter Entfernung vom Portal auf die Andermal terKalkschichtenmulde, welche sich bis 2783 Meter erstrekte und von da an allmähligo wieder in den Urserngneiss überging Diese o o o Kalkzene bestand anfänglich aus Glauzschiefer, der dann in mehr krystallinische Schichten und öfters in Kalkglimmerschiefer überging. Dieses Terrain zeigte sich sehr brüchig und erforderte den Ausbau des Richtstollens auf eine längere Streke. Aus diesem Grunde und wegen Hinzutritt von Wasser (zirka 14 Liter pro Sekunde) wurde der Fortschritt im November und Dezember vermindert.

Vom 12. Dezember an mußte die Maschinenbohrung eingestellt werden.

Das Streichen der Gesteinsschichten ging wie bisher nach Nordeten und das Fallen, steil nach Südosten ; außerdem zeigten sich verschiedene Verklüftungen. Die Temperatur vor Ort erreichte während des Schlittens im Oktober und November bereits 23.8» ° C.

Im Dezember war sie während der Handbohrung und Schuttung 22.! °.

Auf der S ü d s e i t e des Tunnels wurden zwischen 1343.4 und 2599.0 Meter abwechselnd Glimmerschiefer, Quarzitschiefer, Hornblendeschiefer etc. durchfahren.

Die Gesteinsschichten zeigten wie früher Streichen nach Nordosten mit Fallen nach Nordwesten, daneben aber noch mehrfache Verklüftung, durch welche die Wasserzuflüsse in den Tunnel statt-

567 fanden, welche im dritten Quartal die bedeutende Masse von 348 Liter pro Sekunde erreichten. Die Temperatur vor Ort stieg im Dezember bis auf 21.1 ° C. während des Bohrens und auf 24 ° während des Schuttens. Im November beobachtete man 24.33° C.

Bei der dritten Verifikation der Tunnelarbeiten durch die internationale Kommission, welche den 1. Oktober in Goeschenen und den 2. Oktober in Airolo stattfand, wurden für die Schäzung der geleisteten Arbeiten die im Nachtragsvertrag angenommenen reduzirten Einheitspreise zu Grunde gelegt und zwar hauptsächlich im Hinblik auf den großen Rükstand der Ausweitung hinter dem Richtstollen. Die Tunnelbaukosten für die drei ersten Jahre belaufen sich im Ganzen auf Fr. 9,423,415 oder auf 16.v °/o der für den Tunnel bestimmten Subvention von 2/s X 85 Millionen = 562/s Millionen. Es bleiben daher noch circa 47 Millionen zu verausgaben und es muß von nun an jedes Jahr eine Leistung im gleichen Werthe, wie sie sich zusammen für die ersten drei Jahre ergab, erzielt werden, wenn der Tunnel in fünf Jahren, d. .h bis 1. Oktober 1880 erstellt werden soll. Und nimmt man selbst noch sechs Jahre als Bauzeit an, so ergibt sich als jährliche Leistung immer noch die namhafte Summe von 7.? Millionen.

Wenn -keine unerwarteten Wasserzuflüsse oder andere Störungen «intreten, so wird die Vollendung des Tunnels bis 1. Oktober 1880 noch für möglich gehalten, um so sicherer jedenfalls bis 1. Oktober 1881, welche Frist mit der im internationalen Vertrag präsumirten Bauzeit übereinstimmt.

Ueber die am 27. und 28. Juli in Göschenen stattgehabten Arbeiterunruhen,> deren Ursachen und Beilegung, wird vom JustizO Ö) und Polizeidepartement Bericht erstattet. -- Soweit technische Verhältnisse und speziell die in Folge des starken Dynamitkonsums zeitweise mit schädlichen Gasen verunreinigte Luft im Tunnel dazu Veranlaßuug gegeben haben mögen, was indessen durch die stattgehabte Untersuchung nicht bestimmt nachgewiesen werden konnte, so ist bereits Vorsorge getroffen, daß einerseits durch Vermehrung der Kompressoren und mithin des Quantums der in den Tunnel einzuführenden komprimirton reinen Luft, anderseits durch Erstellung der Aspiratoren und dadurch zu bewerkstelligende Aussaugung der schlechten und Ansaugung eines gleichen.Volumens reiner Luft in kurzer Zeit eine Ventilation stattfinden wird, wie sie in gleichem Verhältniß noch nirgends vorgekommen ist.

2. Tessinische Thalbahnen.

Neben den gewöhnlichen Ergänzungsarbeiten, wie Planirungen, Regulirungen und Vervollständigung der Geleise, Aufstellung mecha-

568

nischer Einriehtungen auf den Bahnhöfen, Einsäen der Böschungen etc.

kamen noch folgende besondere Arbeiten zur Ausführung: Beim U n t e r b a u die Vollendung aller Tunnels, soweit diese Arbeit bei Eröffnung des Betriebs noch rükständig war, die Versicherung der Tessin- und der Verzascabrüke, sowie einiger Wildbäche, die Erstellung einiger Brüken unter dem Planum der Station Chiasso,die Ergänzung der Bahnhofauffüllung von Bellinzona, Lugano und namentlich von Chiasso, die Abflachung der Böschungen etc.

Beim H o c h b a u die Vollendung einer Anzahl Stationsgebäude und die Fortführung der größern Bahnhofgebäude.

Einige dieser Arbeiten befanden sich am Schlüsse des Jahres noch im Gange und sollen, soweit es den Unterbau betrifft, bis Ende. Juni vollendet werden. Für die größern Hochbauten ist die Vollendungsfrist auf Ende 1876 festgesezt.

Für den Bahnunterhalt und den Ausbau der tessinischen Thalbahnen waren im abgelaufenen Jahre durchschnittlich 1577 Mann l beschäftigt.

o"

IT. Betrieb.

Das Nöthige betreffend Genehmigung von Tarifen, allgemeinen Anordnungen etc. ist anderwärts mitgetheilt worden, so daß wir hier davon Umgang nehmen können.

Wir geben in Beilage V eine Uebersicht des Verkehrs und der Betriebseinnahmen der tessinischen Thalbahnen für das Jahr 1875 nebst den Angaben für die drei ersten Monate des laufenden Jahres.

In Folge der Isolirung dieser Linien von andern Bahnen sind die Einnahmenergebnisse bis jezt noch ziemlich gering geblieben, wie man es nicht anders erwartet hatte. Eine merkliche Besserung in dieser Beziehung wird eintreten, sobald die Streke Chiasso-Coma eröffnet ist, was mau noch im Laufe des Jahres 1876 zu erreichen hofft.

Es verkehrten auf den beiden Streken Biasca-Locarno und Lugano-Chiasso anfänglich vier, später fünf Züge täglich in beiden Richtungen. Ueber die Betriebskosten dieser Linien ist uns bis zur Stunde kein offizieller Bericht erstattet worden und über die Zugsverspätungen und Unfälle, welche auf denselben vorgekommen sind., ·wurde oben unter Titel ,,Bahnbetrieb" das Nöthige mitgetheilt.

Zur Seite 568.

Beilage V.

Gotthardbahn.

\

Betriebs-Ergebnisse der Tessinischen Thalbahnen.

T.

Einnannien per Kilometer.

Tl*

Bahnlänge, Kilometer.

Güter-Yerkehr.

Personen- Verkehr.

Betriebene

Monate

·Zahl der beförderten Personen.

1875

1875 1876

1876

Zahl der beförderten Tonnen Güter.

Einnahmen inclusive Gepäktaxen.

1875

1876

1875

1876

1875

Total-Einnahmen.

:

Einnahmen.

1876

1875

1876

1875 1876

a. Biasca-Bellinzona-Locarno.

Ct.

Fr.

15049 15871 25151 27501 25657 22867 23917 28897 34351 28703 25035 19507

10 40 60 95 85 65 -- 72 04 34 10 83

13300 19500 24600

292511

58

Fr.

41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41

4l 41 41

Januar .

Februar .

März . .

April . .

Mai . .

Juni . .

Juli '. .

August .

September Oktober .

November Dezember

21805 20510 28120 30791 30301 24625 24243 29028 34948 29045 26335 23011

17400 21800 23400

322762

Ct.

-- -- --

967 1417 1631 3318 2620 2413 3328 3288 3391 3360 3227 3125

2161 3027 3450

32085

Fr.

Ct.

Fr.

3826 5071 6016 9424 8971 9051 10208 10364 11468 12021 12409 11743

30 35 55 05 85 05 25 30 15 20 65 60

8300 10700 11800

110576

30

Ct.

-- -- --

Fr.

Ct.

Fr.

18875 20942 31168 36926 34629 31918 34125 · 39262 45819 40724 37444 31251

40 75 15 -- 70 70 25 02 19 54 75 43

21600 30200 36400

403087

88

15086 12379 16092 14696 16886 17090 19086 23122 26306 24448 18606 13837

45 30 80 95 75 15 23 74 89 60 80 32

Ct.

.-- -- --

Fr.

Ct.

Fr.

Ct.

460

510 760 900 844 778 832 957 1117 993 913 762

37 80 20 63 63 51 32 61 54 28 29 23

526 736 887

80 58 80

9831

41

580 476 618 565 649 657 734 889 1011 940 715 532

25 13 95 27 49 31 09 34 80 33 65 20

542 523 553

30 07 85

l>. Lng-ano-Cliiasso.

26 26 26 26 26 26 26 26 26.

26 26 26

26 26 26

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober .

November Dezember

26103 20474 23926 20999 22625 23135 26647 30350 32458 28291 27005 23955 305968

22700 20100 19200

14141 11953 15345 13877 15561 15731 17379 20871 24545 22461 17165 12337 201371

-- -j82

376 686 1015 518 530 418 583

944 426 747 819 1325 1358 1706 2251 1761 1987 1441 1499

75 15 10 20 10 95 60 45 -- 60 80 50

78

6088

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569

II. Handelswesen.

A. Gesezgebung betreifend die Arbeit in den Fabriken.

Den Entwurf zu einem Geseze über diesen Gegenstand haben wir im Dezember den eidg. Käthen vorgelegt. Ueber die umfassenden bezüglichen Vorarbeiten und über die Motive der einzelnen Bestimmungen giebt der Bericht, mit welchem wir den Entwurf begleiteten, einläßlich Aufschluß, weßhalb wir uns hier darauf beschränken, auf denselben hinzuweisen (siehe Bundesblatt IV, S. 921 ff.).

Die Arbeit der Kinder in Fabriken und Werkstätten Frankreichs.

Von der schweizerischen Gesandtschaft in Paris ist uns die Mittheiluug gemacht worden, daß aus einzelnen Kantonen der Schweiz selbst Kinder von 8 Jahren nach Paris gesendet werden, um dort in die Lehre zu treten oder Arbeit zu suchen. Nach dem von der französischen Nationalversammlung erlassenen und vom Präsidenten der Republik am 3. Juni 1874 prommgirten Geseze über die Beschäftigung von Kindern und minorennen Mädchen in der Industrie dürfen Kinder vor zurükgelegtem zwölften Altersjahr weder von Meistern zur Arbeit angenommen werden, noch ist die Aufnahme derselben in Fabriken, Werkstätten, Baupläzen gestattet.

Ferner darf kein Kind vor zurükgelegtem 15. Altersjahr länger als 6 Stunden per Tag zur Arbeit verwendet werden, wenn nicht durch ein vom Schullehrer oder Schulinspektor ausgestelltes und vom Maire, beglaubigtes Zeugniß der Nachweis geleistet wird, daß das Kind den Primarschulunterricht genossen hat.

Diese Verhältnisse wurden den sämmtlichen Kantonsregierungen mitgetheilt, um sie zu veranlaßen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, daß kantonsangehörige Kinder vor zurükgelegtem fünfzehnten Altersjahr zum angegebenen Zweke nicht nach Frankreich gesendet werden können, da denselben kein anderes Loos bevorstände, als entweder in ihre Heimath zurükbefördert zu werden, oder in's Elend zu gerathen.

.570

B. Handels- und Gewerbefreiheit im Innern der Schweiz.

Die Vorschrift des Art. 31 der Bundesverfassung, welche bestimmt, daß die Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben, über Besteurung des Gewerbebetriebs und über die Benuzung der Straßen den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen, sowie Entscheidungen, welche wir auf eingegangene Beschwerden auf diesem Gebiete zu treffen im Falle gewesen sind, haben eine Reihe von Kantonen veranlaßt, die bei ihnen über obige Materien bestehenden Verordnungen einer Revision zu unterwerfen und dieselben insoweit durch neue Bestimmungen zu ersezen, als sie mit der obgenannten Vorschrift der Bundesverfassung nicht mehr vereinbar schienen.

Aus dem Umstände, daß die Regierung eines Kantons eine derartige neue Verordnung vor Publizirung derselben uns zur Prüfung und Genehmigung eingesandt, eine andere kantonale Behörde sogar vor Erlaß neuer Bestimmungen über die verfassungsmäßige Zuläßigkeit derselben Erklärungen von uns verlangt hat, während die übrigen Kantone, welche in der Lage gewesen sind, ihre bisherigen Vorschriften über Ausübung gewisser Gewerbe zu modifizireu, ihre neuen Verordnungen ohne Weiteres in Kraft gesezt und zur Ausführung gebracht haben, schien uns hervorzugehen, daß über die Stellung der Kautone zum Bunde bei Erlaß solcher unter litt, c des Artikel 31 der Bundesverfassung fallender Verordnungen Terschiedene Ansichten herrschen. In Folge dessen erließen wir an sämmtliche Kantone ein Kreisschreiben, worin wir denselben erklärten, daß wir unsererseits nichts dagegen einzuwenden haben, wenn die Kantone die in litt. c. des Artikel 31 vorbehalteiieu Verfügungen von sich aus erlassen und in Vollziehung sezeu, um so weniger, als die Bundesverfassung den Kanionen eine vorgängig« Einholung der Bundesgenehmigung, wie sie bei andern Gesezen ausdrüklich vorgesehen- ist, in Betreff jener Verfügungen nicht vorschreibt und das praktische Bedürfniß der kantonalen Verwaltungen in der Regel eine rasche Ordnung der in Frage liegen« len Verhältnisse erheischt. Bei Erlaß der Verfügungen sollen die Kantouo darauf achten, daß sie den Grundsaz der Handels- und Gcxverbefreiheit nicht beeinträchtigen.

Hinwieder behalten wir uns selbstverständlich vor, jederzeit, sei es bei Anlaß von einlaufenden Beschwerden von Bürgern,
sei es in Folge der an die Hand genommenen Durchsicht der von den Kantonen eingeforderten Geseze und Verordnungen über Ausübung von Handel und Gewerbe, die fernere Anwendung von Bestimmungen zu untersagen, welche wir mit dem in Art. 31 der Bundes-

571

Verfassung aufgestellten Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit unvereinbar erachten würden, über welche Entscheide natürlich immerhin die Berufung an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft offen steht.

Ueber die im Berichtjahre in Sachen der Handels- und Gewerbefreiheit behandelten Rekurse geben hinsichtlich der Zahl, des Gegenstandes und der Kantone beiliegende Uebersichtstabelleu nähern Aufschluß.

Wirthschaftswesen.

Die Motive, welche diesen Entscheiden je nach Beschaffenheit des konkreten Falles zu Grunde gelegt wurden, sind folgende: Die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte Handelsund Gewerbefreiheit ist keine schrankenlose, so daß ohne Weiteres jedes Gewerbe, somit auch ein Wirthschaftsgewer.be eröffnet und betrieben werden dürfte. Wenn die zuständigen kantonalen Behörden die Ertheilung einer Wirthschaftsbewilligung von der Erfüllung nachstehender Bedingungen abhängig machen, so wird dies nicht als unvereinbar mit jenem Grundsaze betrachtet: a. Daß der Bewerber die moralische Garantie für Handhabung guter Ordnung und Beobachtung der gesezlichen Vorschriften bietet.

Im Interesse der öffentlichen Sittlichkeit darf die Ertheilung einer Wirthschaftsbewilligung verweigert resp. eine schon ertheilte Bewilligung wieder zurükgezogen werden.

Dagegen wurde der Umstand, daß der Bewerber um ein solches Recht ein Mal wegen unbefugtem Wirthen gerichtlich bestraft oder dieses Vergehens wiederholt angeklagt, a.ber nie verurtheilt worden ist, nicht als zureichendes Motiv zur Verweigerung des nachgesuchten Wirthschaftsrechtes betrachtet.

In einem speziellen Falle handelte es sich um die Frage, ob das Recht zur Betreibung eines Gewerbes, somit auch einer Wirthschaft, nur durch gerichtliches Urtheil entzogen werden könne.

Dieselbe wurde verneint. Indem die Administrativbehörde die Ertheilung eines Wirthschaftspatentes von der Erfüllung gewisser Bedingungen abhängig machen kann, so hat sie ipso jure auch die Kompetenz, im einzelnen Falle zu untersuchen und zu entscheiden, ob der Petent die moralische Garantie zur Erfüllung der betreffenden Bedingungen biete.

b. Daß das Lokal nicht gesundheitsschädlich sei.

I.

Zur Seite 571.

Rekursbeschwerden.

1875.

Nicht- .

Abweisung.

eintreten.

Kantone.

--

Bern .

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Uri Schwyz

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Begründeterklämng.

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Blieben pendent.

Von der Eegierung des betr. Kantons erledigt.

Summa.

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n.

Zur Seite 571.

Nichteintreten.

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Wirthschaftswesen

--

Abweisung.

24

Begründeterklärung.

1

Rükzug.

--

Blieben pendent.

3

Von der Kegierung des S u m m a .

betr. Kantons erledigt.

--

1

1

Tanzverordnung Kleinverkauf von geist. Getränken Markt- und Hausirverkehr

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1

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Apothekergewerbe

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Verkauf von Geheimmitteln . .

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Versicherung von Mobiliar gegen Feuerschaden Zündhölzchenfabrikation

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1

Gewerbesteuer Großhandel von geist. Getränken

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Kutschergewerbe . . . . . .

Dynamitfabrikation

1

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1

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59

Zur Seite 571.

m.

KleinverWü-th- j Tanzver- kauf von Schafts- i ordnung. geistigen wesen. 1 (aetränken.

Kantone.

Verkauf i Vorkauf Mehl- und öjoß- j ilarkt- und von apothekervon i Brodlandel mit HausirGrewerbe. Geheim- ' Lebens- ! Taxe.

geistigen Verkehr.

mittein, i mittein.

Setranken.

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Zürich Bprn Luzern Uri Schwyz Obwalden . . .

Nidwaiden . . .

o Glarus Zue Freiburg Solothurn . . .

Basel-Stadt . . .

Basel-Landschaft .

Schaff hausen . .

Appenzell A. Rh.

Appenzell I. Rh. .

S t . Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau Thurgau

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Summa 59

572

c. Daß dasselbe nicht in der Nähe einer Schule, einer Kirche,, eines Spitals oder einer ähnlichen Anstalt sich befinde.

Der Entscheid eines speziellen Falles (Bern) hieng von der Frage ab, ob auch eine Strafanstalt zu ,,ähnlichen Anstalten" gezählt werden dürfe. Die Antwort wurde im bejahenden Sinne ertheilt.

d. Daß zum Lokal ein freier Zugang sei und daß dasselbe von der Polizei leicht überwacht werden könne.

Indessen darf die Bewilligung nicht aus dem Grunde verweigert werden, weil das Gebäude, in welchem die Wirthschaffe betrieben werden soll, in einer abgelegenen Gegend und entfernt vom nächstgelegenen Polizeiwachposten sich befindet. "Wenn aber in einem solchen Falle wegen der größern Gefahr für Gesezesverlezungen auf die moralische Garantie des Bewerbers für Aufrechthaltung von Ordnung und Beobachtung gesezlicher Vorschriften besonderes Gewicht gelegt wird, so ist dagegen nichts einzuwenden.

In den Fällen, wo der Rekurrent behauptete, daß er die bezeichneten Bedingungen erfülle, daß er aber dennoch von der kantonalen Regierung einen abweisenden Bescheid erhalten habe, weil dieselben bei ihm unrichtig angewendet worden seien, wurde die Antwort dahin ertheilt: Da es sich somit um die Geltendmachung resp. Verlezung einer vom Standpunkt des Art. 31 der Bundesverfassung zuläßigen kantonalen Vorschrift handle, so sei es vorab Sache der zuständigen kantonalen Oberbehörde, hierüber zu erkennen. Die Bundesbehürde behalte sich das Recht vor, nach diesem Instanzenzug im Rekursfalle zu untersuchen und zu entscheiden, ob dabei Bundesvorschriften verlezt worden seien.

Zwei Rekursentscheide des Bundesrathes, die sich auf einzelne der angegebenen Motive stüzen, sind vor das Forum der eidg. Räthe gezogen worden ; der eine von denselben ist bestätigt und der Rekurrent abgewiesen (vide Bundesblatt v. J. 1875 III, pag. 642 ff., 856 ff. und 861), der andere (vide Bundesblatt v. J. 1876 I, pag. 59 u. 61) im Berichtjahre noch nicht erledigt worden.

Bei einem Rekurse war die Frage zu entscheiden, ob der § 8 des solothurnischen Gesezes vom 27. März 1847 über Abänderung der Wirthschaftsgeseze unter der neuen Bundesverfassung noch zuläßig sei. Jener Paragraph lautet: ,,Wer schon ein Tavernenrecht oder eine Speise- oder Pintenwirthschaft besizt, kann mit Ausnahme einer Sommerwirthschaft kein zweites Patent erhalten."

573 Die Frage wurde vom Bundesrathe verneint und der Rekurs als begründet erklärt. Wenn ein und dieselbe Person bezüglich mehrerer Wirtschaften, seien diese in ein und demselben oder in verschiedenen Häusern, den Vorschriften wie die oben aufgezählten zu entsprechen vermag, was im konkreten Falle nicht bestritten war, und immerhin in jedem speziellen Falle zu untersuchen ist, so liegt kein Grund vor, ihr den Betrieb mehrerer Wirtschaften zu verweigern.

In einer von 382 Wirthen des Kantons Aargau unterzeichneten Beschwerdeschrift wurde folgendes Schlußgejuch gestellt: a. Es sei das aargauische Wirthsgesez als mit den Bestimmungen der neuen Bundesverfassung im Widerspruch stehend und daher im Sinne der Uebergangsbestimmungen der leztern (Art. 2) außer Kraft zu erklären.

b. Der Regierungsrath sei zu verhalten, dem Großen Rathe des Kantons mit aller Beförderung den Entwurf zu einem neuen Wirthechaftsgeseze zu unterbreiten und bis zu dessen Inkrafttreten eine Verordnung hinsichtlich des Wirthschaftswesens zu erlassen, welche mit dem Art. 31 der Bundesverfassung und der demselben vom Bundesrathe gegebenen Interpretation im Einklang sich befinde.

c. Es sei endlich dafür Sorge zu tragen, daß den Rekurrenten die seit 1. Oktober 1874 bezahlten Wirthschaftsgebühren und Geträiikeabgaben ganz oder theilweise zurükerstattet werden.

In einer zweiten Beschwerde des Komites der Gastwirthe des Suhrenthals wurde neben der Bestreitung, daß unter der neuen Bundesverfassung von den Wirthen besondere Steuern gefordert werden dürfen, geltend gemacht, daß es nicht mehr zuläßig sei, für die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes eine Konzession zu yerlangen und bezüglich des Umfangs der Berechtigung die Unterscheidung in Tavernen-, Bad-, Finten-, Kaffee- und Eigengewächswirthschaften aufzustellen.

Diese beiden Kollektivbeschwerden wurden abgewiesen. Die Motive unseres Entscheides, welche bei der Behandlung von andern Rekursen ähnlicher Natur und Beantwortung von Einfragen in analoge Anwendung kamen, lassen wir der Wichtigkeit des Gegenstandes wegen hier in extenso folgen: 1) Es ergibt sich aus dem von den Rekurrenten Vorgebrachten wie aus der Vernehmlassuug der Regierung von Aargau, daß die durch den hierseitigen Beschluß vom 11. Dezember 1874 (vide Bundesblatt v. Jahr 1874, EI, pag. 888 ff.) veranlaßte Aufhebung der Art. 19--25 des aarg. Wirthschaftsgesezes, laut welchen ,,die Wirthschaftsbewilligungen einzig nach Maßgabe des durch Bevöl-

574

Tterung und Verkehr des Ortes sich ergebenden öffentlichen Bedürfnisses" ertheilt wurden, dem fraglichen Geseze seine Hauptgrundlage entzogen, namentlich die Voraussezungcn für die bisherige Besteurung des Wirthschaftsgewerbes wesentlich verändert hat.

2) Die Aufrechthaltung dieser Besteurung in Art und Maß veranlaßt die Rekurrenten zur Klage über ausnahmsweise, ungerechte Belastung des Wirthschaftsgewerbes zu Gunsten des aargauischen Fiskus und zur Beschwerde über Beeinträchtigung der Handelsund Gewerbefreiheit.

3) So triftig die Gründe sein mögen, welche die Rekurrenten gegen die Behandlung aufführen, welcher das Wirthschaftsgewerbe im Steuerwesen des Kantons Aargau unterliegt, so steht, da das Steuerwesen der Kantone Sache der kantonalen Behörden ist, dem Bunde ein Recht zur Intervention von diesem Boden aus nicht zu.

es sei denn, daß nachgewiesen würde, daß in der Steuergesezgebung des Kantons Aargau die Schweizerbürger den Bürgern des Kantons nicht gleich gehalten würden, was von keiner Seite behauptet wird.

4) Dagegen hat die Bundesbehörde zu untersuchen, ob die angefochtene besondere Besteurung des Wirthschaftsgewerbes mit den Bestimmungen des Art. 31 der Bundesverfassung betreffend Handelsund Gewerbefreiheit vereinbar sei, wobei zu bemerken ist, daß die Rekurrenten Aufhebung aller und jeder besondern Besteurung des Wirthschaftsgewerbes verlangen.

5) Der Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet die Freiheit des Handels und der Gewerbe im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft, beschränkt jedoch diese Freiheit durch verschiedene Vorbehalte, unter welchen in litt. c. ausdrüklich genannt sind: ,,Verfügungen über Besteurung des Gewerbebetriebes."

6) Die Auslegung, welche die Beschwerdeführer dieser Bestimmung geben zu wollen scheinen und welche darauf hinauslaufen würde, daß damit lediglich gesagt wäre, es dürfen auch die Gewerbtreibenden den allgemeinen Vorschriften des Kantons über Versteurung von Vermögen und Erwerb unterstellt werden, ist deßhalb unhaltbar, weil sich dieß von selbst versteht. Die Bundesverfassung hat dabei vielmehr die in allen Kantonen bestehenden besondern, auf einzelne Gewerbe sich beziehenden Steuervorschriften im Auge und will durch den Vorbehalt in litt. c. Vorsorgen, daß aus dem allgemeinen Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit nicht ohne Weiteres die
Beseitigung aller Vorschriften der genannten Art gefolgert werde.

7) Die Bundesverfassung unterstellt jedoch im lezten Lemma des Art. 31 auch diese Vorschriften der Kontrole des Bundes, in-

57»

dem sie vorschreibt, daß dieselben den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen.

8) Eine Auslegung dieser Bestimmung, welche zu dem Ergebniß führt, daß die Besteurung eines Gewerbebetriebes als eine Beeinträchtigung des Grundsazes der Gewerbefreiheit selbst angesehen werden müßte, ist deßhalb unhaltbar, weil alsdann litt, c des Art. 31 neben dem lezten Lemma derselben nicht mehr bestehen könnte.

Es kann sich also nur darum handeln, im einzelnen Falle zu untersuchen, ob ein bestimmtes Gewerbe durch die Art und Weise seiner Besteurung in seiner Freiheit beeinträchtigt werde, wobei selbstverständlich die Freiheit des Gewerbebetriebes nicht mit der Rentabilität desselben verwechselt werden darf, da jede Besteurung, eine gewisse Schmälerung der leztern in sich schließt.

9) Aus der Darstellung- der Rekurrenten, wie aus den Bestimmungen des aargauischen Wirthschaftsgesezes selbst ist nun allerdings ersichtlich, daß die Abgaben, welche das Wirthschaftsgewerbe im Kanton Aargau an Staat und Gemeinde zu bezahlen hat, sehr erheblich sind.

Dagegen muß aus dem Faktum, welches die Rekurrenten selbst konstatiren, daß seit Aufhebung der Art. 19--25 des aargauischen.

Wirthschaftsgesezes, durch welche Wirthschaften nur bei nachweisbarem öffentlichen Bedürfniß bewilligt wurden, troz Fortbestand der .Steuerbestimmungen die Zahl der Wirthschaften im Kanton sich beträchtlich vermehrt hat und nach Ansicht der Rekurrenten noch weiter vermehren wird, geschlossen werden, daß fragliche Steuerbestimmungen für den Bestand und die Ausdehnung des Wirthschaftsgewerbes ein eigentliches Hemmniß nicht sind.

10) Die Rekurrenten beklagen sich auch nicht sowohl darüber, als vielmehr über die Ungerechtigkeit, welche darin liege, daß das Wirthschaftsgewerbe dieser starken besondern Belastung unterliege, während andere Gewerbe ledigtieh die einfachen, allgemeinen Staatsund Gemeindesteuern zu tragen haben.

11) Die Beseitigung dieses nicht zu leugnenden Mißverhältnisses ist deßhalb nicht Sache des Bundes, weil das Steuerwesen in das Gebiet kantonaler Befugniß gehört, im vorliegenden Falle also es Aufgabe der gesezgebenden Behörde des Kantons Aargau sein wird, diejenigen Veränderungen im Wirthschafts- und Steuerwesen eintreten zu lassen, welche der jezigen Lage des Wirthschaftsgewerbes entsprechen,
eine Aufgabe, welche laut den Erklärungen der Regierung von Aargau, bereits ernstlich an die Hand genommen ist.

12) Was das Erforderniß einer Konzession betrifft, so ist dasselbe mit dem Grundsaze des Art. 31 der Bundesverfassung nicht

576 unvereinbar. Der Betrieb einer Wirthschaft darf von der Erfüllung gewisser Bedingungen (vide oben pag. 75) abhängig gemacht werden. Im einzelnen Falle ist zu untersuchen, ob diesen Bestimmungen entsprochen wird oder nicht. Vom Ergebniß dieser Untersuchung darf die kompetente Behörde die Ertheilung der Konzession abhängig machen.

13) Wenn die Wirthschaften nach dem Umfange der Berechtigung in Tavernen-, Bad-, Finten-, Kaffe- und Eigengewächswirthschaften unterschieden werden, wie es in Aargau und in andern Kantonen geschieht, um einen Maßstab bei der Besteurung zu haben, so ist hiegegen mit Hinsicht auf die Zuläßigkeit einer besondern Besteurung des Wirthschaftsgewerbes nichts einzuwenden.

Tanzverordnung.

Die Tanzverordnung des Kautons Schwyz beschränkt die öffentlichen Tänze auf gewisse Tage, wie Fastnacht, Kirchweihe und Ausschießen der Schüzengesellschaften. Ohne spezielle Bewilligung darf außer jenen Tagen öffentlicher Tanz nicht abgehalten werden.

In einem Rekurse hieng die Frage, ob derselbe begründet sei oder nicht, davon ab, ob jene Vorschrift gegen den Art. 31 verstoße. Der Rekurs wurde als nicht begründet abgewiesen und .zwar aus folgenden Motiven: Jene Vorschriften gehören in die Kategorie der Gewerbepolizei, die in erster Linie Sache der Kantone ist. Hinwieder dürfen aller·dings die von den Kantonen aufgestellten gewerbepolizeilichen Vorschriften den Grundsaz der Gewerbefreiheit, wie er in der Bundesverfassung Art. 31 garantirt ist, .nicht beeinträchtigen.

Die Bestimmung der schwyzerischen Tanzverordnung, wonach die Abhaltung von öffentlichem Tanz nicht in's Belieben eines Wirthes gesezt, sondern auf gewisse Tage beschränkt ist, und wonach außer diesen Tagen ohne spezielle Bewilligung öffentlicher Tanz nicht abgehalten werden darf, verstoßt nicht gegen den allegirten Art. 31.

Kleinverkauf von geistigen Getränken.

Spezereihändler im Kanton Luzern und Freiburg erhielten auf das bei ihren resp. Regierungen gestellte Gesuch um die Bewilligung zum Kleinverkauf von geistigen Getränken über die Gasse abweisenden Bescheid, weil nach den betreffenden kantonalen Vorschriften ohne Wirthschaftskonzession geistige Getränke im Kleinen nicht verkauft werden dürfen.

577 Der Bundesrath hat die gegen die Abweisung bei demselben eingereichten Rekurse als nicht begründet abgewiesen.

Jene kantonalen Vorschriften, welche den Kleinverkauf von geistigen Getränken vom Besiz eines Wirthschaftspatentes abhängig machen, gehören in die Kategorie der Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben (§ 31, c der Bundesverfassung), die hinwieder den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen. Eine solche Beeinträchtigung würde in jenen Vorschriften nur dann liegen, wgnn dem Spezereihändler, welcher solche Getränke über die Gasse Verkaufen will, verwehrt wäre, eine Wirthschaft zu errichten. Dies ist grundsäzlich nicht der Fall, wohl aber ist der Betreffende dann genöthigt, denjenigen Erfordernissen Genüge zu leisten, welche von denen, die eine Wirthschaft betreiben wollen, aus polizeilichen und sanitarischen Gründen, betreffend ihre Person, ihr Lokal etc.a gefordert werden. Das Verlangen solcher Garantien seitens der öffentlichen Polizei, Untersuchung im Einzelnen vorbehalten, ist gerechtfertigt.

Die von Rekurrenten gemachte Einwendung, daß es sich nur um den Verkauf über die Straße und nicht um Konsurnation an Ort und Stelle handle, ist nicht zureichend, da bei der Gestattung des Verkaufs geistiger Getränke in kleinen und kleinsten Quantitäten die Konsumation im Verkaufslokal nicht verhindert, jedenfalls nicht wirksam kontrolirt werden kann. Wenn dio Rekurrenten einen Verkauf geistiger Getränke betreiben wollen, welcher in den Wirthschaftsbetrieb übergeht, so mögen sie denjenigen Bedingungen sich unterziehen, welche die kantonale Gesezgcbung und Verwaltung unter Beachtung des Art. 31 der Bundesverfassung für Ausübung dieses Gewerbes aufstellt. -- Das aargauische Gesez über das Wirthschaftswesen vom 14. Dezember 1853 enthält in § l folgende Bestimmung: ,,Der Handel mit geistigen Getränken jeder Art ist freigegeben, mit der Beschränkung, daß Wein, Obstwein und Bier nicht unter zehn Maß, gebrannte Wasser nicht, unter z w e i Maß auf einmal an.

dieselbe Person abgegeben werden dürfen. tt ^Kleinere Quantitäten dürfen nur in den dazu berechtigten Wirtschaften o»-eoieu Entselt verabfolgt werden."

o Mehrere Krämer dieses Kantons, welche in der Meinung waren, mit der Annahme der neuen Bundesverfassung (Art. 31 u. Art. 2 der Uebergangsbestimmungen)
seien obige Vorschriften des aargauischen Gesezes ohne Weiteres clahingefallen, haben geistige Getränke in kleineren Quantitäten verkauft und wurden deßhalb bestraft. Sia Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

39

578

rekurrirten das Straferkenntniß an Bundesrath und erhielten einen abweisenden Bescheid, im Wesentlichen gestüzt auf folgende Gründe : Es ist richtig, daß nach Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung diejenigen Bestimmungen der kantonalen Geseze, welche mit der neuen Bundesverfassung im Widersprüche stehen, mit Annahme derselben außer Kraft treten.

Das Urtheil darüber, ob eine Bestimmung eines kantonalen Gesezes mit der Bundesverfassung im Widerspruch stehe, ist aber nicht Sache des einzelnen Bürgers, sondern im Streitfalle Sache der Bundesbehörde. So lange, diese nicht die Unvereinbarkeit einer bestimmten kantonalen Verfügung oder Vorschrift mit der Bundesverfassung förmlich ausgesprochen hat, besteht die fragliche Verfügung oder Vorschrift in Kraft. Dies ist der Fall mit den Vorschriften des aargauischen Wirthsgesezes, nach welchen der Handel mit geistigen Getränken bestimmten Beschränkungen unterworfen ist. Es läßt sich somit gegen die Bestrafung, die sich die Rekurrenteu durch Uebertretung der fraglichen Vorschriften zugezogen haben, nichts einwenden. -- Bei diesen Rekursen kam die weitere Frage in Betracht, ob die Vorschrift des aargauischen Wirthschaftsgesezes, wegen deren Uebertretung die Rekurrenten bestraft wurden, in Zukunft aufrechterhalten werden könne, beziehungsweise, ob dieselbe mit dem Art. 31 der Bundesverfassung vereinbar sei.

Gestüzt auf die oben bei den Rekursen der Spezereihändler aus Luzern und Freiburg angegebenen Motive (pag. 81) *) wurde .diese Frage bejaht.

Grosshandel mit geistigen Getränken.

Einige Weinhändler des Kantons Bern verlangten, der Bundesrath mcichte die Bestimmungen der §§ l, 2 und 3 des bernischen Gesezes vom 29. Mai 1869 betreffend den Handel mit geistigen Getränken als im Widerspruch mit Art. 31 der Bundesverfassung erklären? Dieselben lauten : § 1. ,,Der Handel mit geistigen Getränken steht Jedermann frei. Ausgeschlossen sind die gebrannten Wasser.

§ 2. T;Wer den Handel mit gebrannten geistigen Flüssigkeiten betreiben oder solche Flüssigkeiten über die Gasse verkaufen will, bedarf .einer., besondern Bewilligung. Die Bewilligung ist nur solchen Personen ,zü ertheilen, welche ehrenfähig, eigenen Rechtes und im Besiz eines guten Leumundes sind."

*) Die Paginatnr bezieht sieb, auf die Spezialansgabe vom Bericht über Eisenbahnen und Handel.

579 ,,Ohne Wirthschaftsbewilligung dürfen jedoch nicht weniger als 5 Maß gebrannte geistige Getränke auf einmal an die nämliche Person verkauft werden.'1 § 3. ,,Für die Bewilligung zum Verkauf gebrannter geistiger Flüssigkeiten ist eine jährliche Gebühr von Fr. 50--500 zu bezahlen."

In anologer Anwendung der bei den Entscheiden betreffend den Kleinverkauf von geistigen Getränken oben aufgezählten Motive wurde auf dieses Besrehren eine abweisende Antwort ertheilt.

^s*-

Markt- und Hausirverkehr.

Von den im Berichtjahr behandelten Geschäften, welche den Hausirhandel betreffen, sind einige ebenfalls grundsäzlicher Natur.

I. Die Regierung von Bern ertheilte auf das Gesuch eines Aargauers um Ausstellung eines Hausirpatentes abweisenden Bescheid und zwar im Wesentlichen aus folgenden Motiven : Das kantonale Gewerbegesez bestimme, daß solche Pateute nur an im Kanton angesessene Personen auf Empfehlung des Gemeinderathes und des Regierungsstatthalters ertheilt werden sollen.

Das kantonale Gesez über Aufenthalt und Niederlassung vom 17. Mai 1869 verlange für die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes die Niederlassung. Diese Bedingungen seien vom Peteuten nicht erfüllt. Der Hausirhandel schade der Bevölkerung mehr als er ihr nüze; wäre derselbe frei, so hätten wir zu gewärtigen, daß die Hausirer namentlich auch aus den Nachbarstaaten unser Land mit ihren zusammengetragenen Ausschußwaaren überschwemmten, ohne daß von ihnen etwas Anderes verlangt werden könnte als eine ihren Handel besteuernde Taxe; in Bezug auf die Erfüllung der übrigen bürgerlichen Pflichten würden sie leer ausgehen und gegenüber den Aufenthaltern und Niedergelassenen eine bevorzugte Stellung einnehmen, die mit dem verfassungsmäßigen Grundsaz der Gleichheit nicht verträglich sei.

Der gegen diese Schlußnahme beim Bundesrath eingereichte Rekurs wurde als b e g r ü n d e t erklärt und zwar aus folgenden Gründen : l. Wenn einerseits das Recht der Regierung von Bern, Verfügungen über Ausübung von Handel Und Gewerben, also auch über den Hausirhandel im Kanton, zu erlassen, nach litt, c des Art. 31 der Bundesverfassung unbestreitbar ist", so stehen andererseits diese Verfügungen gemäß dem lezten Lemma des Art. 31 unter dem ausdriiklichen Vorbehalt, daß sie den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beinträchtigen dürfen.

580 2. Die Berufung der Regierung von Bern auf die kantonalen Gesezesvorschriften, wonach Patente für den Hausirhandel nur an im Kantoue a n g e s e s s e n e Personen ertheilt werden sollen, ist unzureichend, da es sich gerade darum handelt, zu prüfen, ob diese kantonalen Vorschriften, gestüzt auf welche die Regierung dem Rekurrenten die Ertheilung eines Hausirpatentes verweigert hat, mit der angeführten Bestimmung der Bundesverfassung noch vereinbar sind.

3. Die Freiheit des Handels ist dem Schweizer im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet und nicht nur in dem Kantone oder den Kantonen, in welchen er niedergelassen ist.

Was den Hausirhandel, den der Beschluß des Bundesrathes vom 11. Dezember 1874 als unter die Bestimmungen des Art. 31 der Bundesverfassung fallend anerkannt hat, insbesondere anbetrifft, so ist es gerade dessen wesentliche Eigeuthümlichkeit, daß derselbe ambulant die Bevölkerung beliebiger Gebiete der Schweiz aufsucht und daß der au einem Orte fest niedergelassene Händler sich in allen andern Gebieten, welche er, seinen Handel ausübend, besucht, nur vorübergehend aufhält. Den Hausirhändler nöthigcn, in jedem Kanton, den er betreten, oder gar, was noch möglich wäre, in jeder Gemeinde, innerhalb welcher er seinen Handel treiben will, vorerst die Niederlassung zu erwerben, wäre eine Aufhebung des Ifausirhandels selbst und eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit, welche über das hinausgeht, was den Kantonen in Betreff Ausübung von Handel und Gewerben zu verfügen gestattet ist.

4. Die besondere polizeiliche Ueberwachung dieser Ilaudelsart, welche die Vernehmlassung der Regierung von Bern besonders betonte, und die ihre Berechtigung hat, erheischt die Bedingung der Niederlassung im Kanton nicht, da nicht einzusehen ist, warum der in einem andern Kanton niedergelassene Hausirer bei seinem Betrieb im Kanton Bern nicht ebensogut unter der nöthigeu polizeilichen Kontrole gehalten werden könnte, wie der in einer Gemeinde des Kantons Bern selbst ansäßigc Hausirer.

o. Wenn endlich die Eingabe der Regierimg von Bern noch geltend macht,7 daß ohne die Bedingung der Niederlassuno;O Hausirer O O O Jahr aus Jahr ein im Lande umherziehen dürften, wobei von dieseiî Individuen nichts Anderes verlangt werden könnte, als höchstens eine ihren Handel besteuernde Taxe, sie selbst aber in
Bezug auf die Erfüllung der übrigen bürgerlichen Pflichten leer ausgingen, und ihnen somit gegenüber den Aufenthaltern und Niedergelassenen eine bevorzugte Stellung eingeräumt würde, so ist dies nur richtig, wenn man sich auf den kantonalen, nicht aber, wenn man sich auf den schweizerischen Standpunkt stellt; denn erfüllt der Hausirer

581 seine bürgerlichen Pflichten nicht in allen Kantonen, auf die sein Handel sich erstrekt, so hat er sie doch in dem Kantone zu erfüllen, wo er ansäßig und niedergelassen ist, und ein Mehreros als dies kann nicht verlangt werden.

6. Was die Angehörigen derjenigen Staaten betrifft, welche vertragsgemäß als Schweizer zu behandeln sind, so kann selbstverständlich auch ihnen, vorausgesezt, daß sie in einem Kantone der Schweiz niedergelassen sind, der freie Hausirbetrieb in andern Kantonen nicht verweigert werden.

·o^II. Einem Oesterreicher ist in den Kantonen Thurgau und St. Gallen die Eintheilung eines Hausirpatentes verweigert und sein beim Bundesrathe eingereichter Rekurs als unbegründet abgewiesen worden; denn laut Erklärung der österreichischen Gesandtschaft an das Polizoidepartement von Thurgau, d. d. 14. August 1873, sind auf dem Gebiete des Kaiserthums Oesterreich die Ausländer vom Hausirhandel gänzlich ausgeschlossen, und hat diese im Hausirpatente Oesteireichs vom 14. September 1852 enthaltene Bestimmung durch den zwischen Oesterreich und der Schweiz im Jahre 1868 abgeschlossenen Handelsvertrag keine Abänderung erlitten.

Hienach wird von Oesterreich gegenüber der Schweiz die Reziprozität, betreffend die im Art. 31 der Bundesverfassung garantirte Handels- und Gewerbefreiheit, soweit sie den Hausirhandel beschlägt, nicht beobachet und kann es deßhalb auch nicht als eine Verlezung jener Verfassungsvorschrift angesehen werden, wenn die zuständigen Kantonalbehörden, wie es in Thurgau und St. Gallen stattgefunden, Angehörigen von Oesterreich die Bewilligung zum Hausiren verweigern.

III. Die kaiserlich deutsche Gesandtschaft in Bern stellte die Einfrage, ob in der Schweiz Deutsche zum Gewerbebetrieb im Umherziehen zugelassen werden, und wenn dieses der Fall sei, nach welchen Gesichtspunkten und unter welchen Bedingungen diese Zulassung erfolge.

Hierauf wurde erwidert: In Folge des in der Bundesverfassung vom Jahre '1874 aufgestellten Grundsazes der Handels- und Gewerbefreiheit sei der Hausirhandel im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gestattet; jedoch habe der Hausirer die in den betreffenden Kantonen, in denen er seinen Handel betreiben will, aufgestellten polizeilichen Vorschriften zu beachten. Die meisten Kantone haben hierüber Spezial-Geseze oder Verordnungen, nach welchen zur Ausübung
des Hausirhandels ein Patent der betreffenden kantonalen Amisstelle erforderlich sei, ein Ausweis über guten Leumund verlangt, verschiedene Gegenstände vom Hausirhandel ausgeschlossen,

582 dem Hausirer vorgeschrieben werde, daß er ohne Einwilligung des Bewohners nicht in ein Haus oder Wohnung eindringen dürfe. Das Patent könne demjenigen verweigert werden, welcher nicht in irgend einem Orte der Schweiz n i e d e r g e l a s s e n sei. Ein Angehöriger Deutschlands, welcher sich um ein Hausirpatent bewerben will, habe deßhalb sich darüber auszuweisen, daß er in der Schwe/iz Niederlassung genommen habe.

IV. Die aargauische Verordnung vom 3. August 1804, betreffend F l e i s c h v e r k a u f - P o l i z e i , schreibt vor, daß ,,nur an den hiezu eigens bestimmten öffentlichen Fleischbänken Fleisch auszuhauen und zu verkaufen gestattet" sein soll. Laut der aargauischen Verordnung vom 1. Hornung 1875, betreffend den Hausirhandel, ist nicht erlaubt, mit Fleisch zu hausircn.

Auf ein Rekursgesuch, es möchten diese Vorschriften als unvereinbar mit Art. 31 der Bundesverfassung erklärt werden, wurde ein abweisender Bescheid ertheilt.

Wenn auch Bestimmungen, welche eine Einschränkung der Freiheit des Handels und der Gewerbe enthalten, strikte zu interpretiren sind, so unterliegt doch keinem Zweifel, daß zufolge der beim Art. 31 der Bundesverfassung gemachten Vorbehalte im Interesse des öffentlichen Wohls sauitätspolizeiliche Bestimmungen bezüglich des Verkaufs von Lebensmitteln und namentlich auch von Fleisch-Waaren aufgestellt werden dürfen. Dies geschieht durch die oben enthaltenen Bestimmungen der bezeichneten Verordnungen.

Als unzuläßig könnten jene nur dann betrachtet werden, wenn sie dem Schlußsaze von Art. 31 widersprechen würden. Es ist dies nicht der Fall. Bei jenen Bestimmungen ist Jedermann unbenommen, den Handel mit Fleisch waaren, resp. gedörrtem Spek, im Aargau zu betreiben, nur sind dabei die betreffenden Vorschriften zu befolgen. Wenn der freie Handel durch solche Vorschriften allerdings beschränkt wird, so rechtfertigt sich dies durch die Kontrole, welche beim Verkauf von Fleischwaaren wohl motivirt ist.

Vorkauf von Lebensmitteln.

Das Polizei-Reglement von Chaux-de-fonds enthält folgende Bestimmung: Art. 108. L'accaparement des denrées est interdit.

En conséquence les revendeurs ne pourront acheter sur le marché les denrées exposées en vente, ni celles acheminées sur les marchés.

Mehrere Gemüshändler wurden wegen Uebertretung dieser Vorschrift bestraft und beschwerten sich hierüber beim Bundesrathe, indem jene Vorschrift gegenüber dem Art. 31 der Bundesverfassung nicht bestehen könne.

583 Die Beschwerde wurde als begründet erklärt und zwar gestüzt auf folgende Motive: Es handelt sich beim vorliegenden Rekurse lediglich um die Frage der Zuläßigkeit des Verbotes des Vorkaufs vou Lebensmitteln, wie es im Art. 108 des Polizeireglementes der Gemeinde Chaux-de-fonds enthalten ist.

Die Verfassung vom Jahr 1848 sagt im Art. 29 ausdrüklich, daß ,,Verfügungen gegen schädlichen Vorkauf vorbehalten seien.a Dieser Vorbehalt wurde in die gegenwärtige Bundesverfassung nicht aufgenommen. Aus diesem Umstände allein läßt sich indessen noch nicht schließen, daß derselbe damit ausgeschlossen sei; vielmehr könnte ein solcher Vorbehalt in die Kategorie der ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben1* (litt, c des Art. 31) eingereiht werden.

Wohl aber sind es folgende Momente, die einen solchen Vorbehalt, betreffend das Verbot des Vorkaufes seit Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung nicht mehr als zuläßig erscheinen lassen.

Der Art. 31 gewährleistet die Freiheit des Handels und der Gewerbe im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft, während der entsprechende Art. 29 der 48er Bundesverfassung sich darauf beschränkte, ,,für Lebensmittel, Vieh- und Kaufmannswaaren, Landesund Gewerbeerzeugnisse jeder Art freien Kauf und Verkauf, freie Bin-, Aus- und Durchfuhr von einem Kanton in den andern1'- zu gewährleisten.

Es sind dann freilich in litt. c. des Art. 31 der gegenwärtigen Bundesverfassung ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben"1 vorbehalten. Diese Verfügungen dürfen aber laut Schlußsaz den Grundsaz der Handels- und Gewcrbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen.

Wenn nun einerseits das Verbot gegen den. Vorkauf von Lebensrnitteln auch in die Kategorie jener vorbehaltenen Verfügungen eingereiht werden könnte, so erscheint es dennoch nicht als statthaft, weil ein solches Verbot als eine Beeinträchtigung des Gruudsazes der Handels- und Gewerbefreiheit zu betrachten wäre, und somit mit dem Schlußsaze des Art. 31 im Widerspruch stände.

Der Gemeinderath von Chaux-de-fonds gibt auch selbst zu, daß die Anwendung des Art. 108 des Polizeireglements gegenüber einem etablirten Händler mit Lebensmitteln ein Eingriff in die durch die Bundesverfassung garantirte Handels- und Gewerbefreiheit sein würde.

584 Diese Unterscheidung ist aber in Bezug auf verfassungsmäßig garantirte Rechte, wie die Handels- und Gewerbefreiheit, nicht zuläßig (Art. 4 der Bundesverfassung).

Mehl- und Brodtaxe.

Nachdem wir die aus einigen Kantonen eingelangten, gegen die a m t l i c h e Mehl- und B r o d t a x e gerichteten Beschwerden als begründet erklärt hatten (vide unsern Jahresbericht pro 1874, Bundesblatt v. J. 1875, II, p. 535), hob der Große Rath des Kantons Schwyz jene amtliche Taxe zwar auf, ließ aber die kantonale Verordnung über Verkauf von Mehl und Brod, vom 17. Februar 1866 in Kraft. Darüber beschwerten sich 17 Baker des Kantons, indem sie geltend machten, daß nachstehende Bestimmungen jener Verordnung gegen den Grundsaz der Gewerbcfreiheit verstoßen : 1) Das Mittelbrod muß in Laiben von 5, 2 '/2 und l '/* Pfund und das Weißbrod in solchen von 4, 2 und l Pfund verkauft werden.

2) Der Preis für ein fünfpfündiges Haus- oder Mittelbrod und derjenige für ein vierpfündiges Weißbrod ist gleichzustellen.

3) Die Preise des Brodes, welche jeden Samstag auf einer vor dem Verkaufslokale des Bakers aufgehängten Tafel aufgezeichnet werden, dürfen im Laufe der Woche nicht erhöht werden.

4) Strafbestimmungen, welche bei Uebertretung der Verordnung zur Anwendung kommen sollen.

Die Beschwerde wurde, gestüzt auf nachfolgende Motive, als begründet erklärt und die Regierung von Schwyz angewiesen, die Verordnung vom 17. Februar 1866 aufzuheben, resp. im Sinne dieser Motive zu revidireu.

ad. 1. Die Rekurrenten beschweren sich nicht darüber, daß für den Brod verkauf überhaupt ein bestimmtes Gewicht für die Laibe vorgeschrieben sei, sondern nur darüber, daß das Mittelbrod in Laiben von ungeradem Gewichte, z. B. von 2 Va und l V* 5> verkauft werden müsse. Sie verlangen, daß gerades, abgerundetes J c Gewicht angenommen werde.

o Es mag die Vorschrift der schwyzerischen Verordnung unzwekrnäßig sein; dagegen ist nicht einzusehen, wie die amtliche Vorschrift, daß die Brodlaibe ein Gewicht von 2 ] /a und l V* ?* haben sollen, mit dem Grundsaze der Gewerbefreiheit weniger vereinbar sein sollte, als die von den Rekurrenten verlangte Modifikation, daß das Gewicht gerade und abgerundet sein solle.

585.

Das Begehren, so wie es gestellt ist, kann deßhalb nicht berüksichügt werden. Dagegen ist die Behörde durch die Beschwerde in den Fall gesezt, die Frage zu prüfen, ob es nach Art. 31 der Bundesverfassung zuläißg ist, den Bäkern für den Verkauf ihres Brodes Laibe von bestimmten Gewichten vorzuschreiben.

Soll dieß grundsäzlich gestattet sein, so steht es jeder kantonalen Behörde frei, für den Brodverkauf die sonderbarsten Vorschriften betreffend das Laibgewicht aufzustellen, Vorschriften,, welche in der That eine sehr bedeutende und fühlbare, zugleich auch exceptionelle Beschränkung des Bäkergewerbes enthalten.

Ist diese exceptionelle Beschränkung mit Rüksicht auf den Schlußsaz des Art. 31 schon an und für sich anfechtbar, so wird sie in b e s t i m m t e r Weise unhaltbar, wenn nachgewiesen werden kann, daß sie unnöthig ist und daß deren Beseitigung keinen anderweitigen Rechten und Interessen Abbruch thut.

Dieser Beweis wird durch die Thatsache geleistet, daß in einer Reihe von kleinern und größern, städtischen und ländlichen,, industriellen und agrikolen Kantonen die angefochtene Beschränkung, betreffend das Gewicht der Brodlaibe, nicht existirt, ohne daß diese größere Freiheit in der Ausübung des Bäkereigewerbes und Brodverkaufs den Rechten und Interessen Dritter sich als nachtheilig und schädlich erwiese, und daß in diesen Kantonen überall die Vorschrift ausreicht, daß das Brod nach dem Gewichte verkauft und den Käufern vorgewogen werden müsse.

Demgemäß erachten wir die fernere Aufrechthaltung des Ait. l der Verordnung der Regierung des Kantons Sehwyz über den Verkauf von Brod und Mehl vom 17. Februar 1866 als mit den Bestimmungen der neuen Bundesverfassung nicht mehr vereinbar.

a d 2. Die Rekurrenten beschweren sich ferner über die Bestimmung des Art. 2 der genannten Verordnung, welcher in Lemma 2 vorschreibt, daß der Preis für ein 5pfundiges Haus- oder Mittelbrod und derjenige für ein 4 pfundiges Weißbrod gleichzustellen sei.

Ein prinzipieller Unterschied in der absoluten Brodtaxation und in der relativen, wie sie hier vorliegt, ist nicht zu finden.

Nachdem die erstere als mit dem Grundsaze der Handelsund Gewerbefreiheit unvereinbar erklärt worden ist, kann auch die relative Taxation nicht mehr statthaft sein.

ad 3. Eine fernere Beschwerde der Rekurrenten trifft die Vorschrift des Art. 2, al. l, wonach die Baker den Brodpreis auf

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einen bestimmten Tag und Stunde veröffentlichen müssen, und während des Laufes einer Woche keine Preisveränderungen vornehmen dürfen.

Gegen die Vorschrift, daß die Baker den Brodpreis zu veröffentlichen haben, läßt sich nichts einwenden, wohl aber gegen die zweite Bestimmung.

Denn, wenn Verfügungen dieser Art grundsäzlich zugestanden werden wollten, so könnte ebensogut vorgeschrieben werden, daß während des Laufes eines Monats keine Preisveränderung stattfinden dürfe, als die schwyzerische Verordnung Preisveränderung im Laufe der Woche untersagt.

Es liegt aber auf der Hand, daß hierin eine wenn auch wohlgemeinte, so doch ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Rechte enthalten ist, welche die Bundesverfassung dem Gewerbe und Handel gewährleistet.

ad. 4. Endlich halten die Rekurrenten die in der Verordnung enthaltenen Strafbestimmungen für unzuläßig.

O O Daß die angefochtene Verordnung spezielle Strafbestimmungen für Müller und Baker enthält, welche dem Mehl oder Brod schädliche' Bestandteile beimischen oder verdorbene, der Gesundheit nachtheilige Waare in Verkehr sezen, ist keine Verlezung der Bundesverfassung. Dagegen fällt mit der Bestimmung, daß der Brodlaib zu einem bestimmten Gewichte ausgebaken werden müsse, auch die Strafbestimmung betreffend die Verlezung dieser Vorschrift dahin. Bei Gebrauch unrichtiger Waage oder Gewichte kommen die bezüglichen Strafbestimmungen des Bundesgesezes, die Maß- und Gewichtsordnung betreffend (Art. 8 und 9), in Anwendung, mit welchen aber der § 8 der erwähnten Verordnung hinsichtlich des Strafmaßes nicht in Einklang steht. -- Ein Rekurs von Bäkern im Kanton Tessin, welche deßhalb bestraft worden sind, weil sie sich beim Brod- und Mehlverkauf nicht mehr an die amtliche Taxe hielten, wurde, nachdem wie oben bemerkt bereits im Vorjahre diese amtliche Taxe als nicht mehr zuläßig erkannt worden war, für begründet erklärt und die Restituirung der von den Rekurrenten erlegten Buße verfügt. -- Die Brod- und Mehlordnung des Kantons Glarus vom Jahr 1854 schreibt vor, das sogenannte Schwarzbrod soll in Laiben von 5, 2 1 /?, 11/4 und 5/s ; das sogenannte Weißbrod in solchen von 2, l und lji Pfund ausgebaken werden.

Die Brodschauer fanden in einer Bäkerei beim Untersuch, welcher vorschriftsgemäß periodisch vorgenommen wird, eine größere

587 Anzahl Laibe zu leichtes Brod, darunter solche bis auf 14 Loth.

Der betreffende Baker wurde bestraft und sein gegen das Straferkenntniß beim Bundesrathe eingereichter Rekurs als nicht begründet abgewiesen.

Die Motive lauten: Eine amtliche Festsezung ist mit Hinsicht auf Artikel 31 der Bundesverfassung und auf Grundlage desselben vom Bundesrathe gefaßten Beschlüsse allerdings nicht mehr zuläßig.

Damit ist aber eine amtliche Kontrole über Qualität und Gewicht nicht ausgeschlossen.

Das Urtheil darüber, ob eine solche Kontrole mit dem Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit im Widerspruch stehe, ist nicht Sache des einzelnen Bürgers, sondern im Streitfalle der Bundesbehörde. So lange die>e nicht die Unvereinbarkeit einer bestimmten kantonalen Verfügung oder Vorschrift mit der Bundesverfassung förmlich ausgesprochen hat, besteht die fragliche Verfügung oder Vorschrift in Kraft.

Dies ist der Fall mit den Glarnerischen Vorschriften betreffend die Kontrolirung des Brodgewichtes.

Es handelt sich hienach im vorliegenden Falle nicht um einen Entscheid über die Frage, ob den Bakern noch vorgeschrieben werden dürfe, zu welchem Gewichte der Brodlaib ausgebaken werden soll: vielmehr darum, ob dem Publikum unter der Bezeichnung von Spfündigen Laiben ein geringeres Gewicht zu gleichem Preise verkauft und selbes auf diese Weise straflos benachtheiligt werden dürfe.

Rekurrent hat sich bei Ausübung des Bäkerei-Gewerbes denjenigen Vorschriften, welche die kantonale Gesezgebung oder Verwaltung für Ausübung dieses Gewerbes aufstellt, bis und so lange zu unterziehen, als dieselben mit dem Artikel 31 der Bundesverfassung von kompetenter Seite nicht widersprechend erklärt werden, und diejenigen strafrechtlichen Konsequenzen zu tragen, welche mit der Verlezung dieser Vorschriften verbunden sind. -- Im Sinne der erwähnten aus Schwyz, aus dem Tessin und aus Glarus eingegangenen Rekurse wurden alle Geschäfte, welche betreffend das Bäkergewerbe im Berichtjahre anhängig gemacht worden sind, erledigt.

Apotheker-Gewerbe.

Ein Phai'maceut aus dem Kanton Waadt erhielt von der Regierung von Baselstadt auf sein Gesuch, es möchte ihm die Erö

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richtung einer Apotheke in Basel bewilligt werden, einen abweisenden Bescheid; weil nur eine bestimmte Zahl von Apotheken bewilligt, das Normalverhältniß der bereits dort bestehenden Apotheken sowohl zur Einwohnerzahl als zu den lokalen Entfernungen durch die kompetente Sanitätsbehörde bestimmt werde und endlich der Artikel 31 der Bundesverfassung auf das im allgemeinen öffentlichen Interesse einer staatlichen Kontrole unterstellte Apothergewerbe nicht anwendbar sei.

Der Rekurs gegen diese Abweisung wurde als begründet erklärt und die Regierung von Baselstadt angewiesen, die verlangte Bewilligung zu ertheilen. Gemäß Artikel 33 der Bundesverfassung und Artikel 5 der Uebergangsbestimmungen derselben sind Personen, welche den wissenschaftlichen Berufsarten angehören und im Besize eines von einem Kantone oder einer Konkordatsbehörde ausgestellten Fähigkeitszeugnisses sind, befugt, ihren Beruf in der ganzen Eidgenossenschaft auszuüben. Der klare Wortlaut der allegirten Artikel läßt keinem Zweifel Raum, daß die Freiheit, findie Ausübung eines wissenschaftlichen Berufes jede beliebige Ortschaft im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft zu wählen, nicht von der Frage abhängig gemacht werden darf, ob dort für den betreffenden Beruf ein Bedürfniß bestehe oder nicht. Rekurrent ist im Besize eines von der Regierung des Kantons Waadt ihm auf Grundlage bestandener Prüfung ausgestellten Fähigkeits-Zeugnisses.

Sein Beruf als Apotheker gehört zu den wissenschaftliehen im Sinne des Artikel 33 der Bundesverfassung. Es sind bei ihm daher alle Erfordernisse vorhanden, um in der ganzen Eidgenossenschaft, somit auch in Baselstadt, eine Apotheke zu eröffnen. -- Mehrere in Basel etablirte Apotheker stellten hierauf das Gesuch, es möchte eine Uebergangsbesümmung aufgestellt werden,, nach welcher während einer Reihe von Jahren die bisherigen kantonalen Bestimmungen noch beibehalten würden. Von jeher habe dort bei Ertheilung einer Konzession eine Gebühr von mehreren Tausend Franken bezahlt werden müssen. In den Pfand verschreibungen seien diese Konzessionen vorgemerkt worden. Wenn im angegebenen Sinne eine Übergangsbestimmung aufgestellt würde, so könnten sich inzwischen die Besizer von Apotheken mit ihren Hypothekargläubigern abfinden.

Dem Gesuche wurde nicht entsprochen ; denn es liegt nicht in der Kompetenz des Bundesrathes,
zu den der Bundesverfassung beigefügten noch weitere Uebergangsbestimmungen aufzustellen und dadurch jene zu modifiziren, was stattfinden müßte, wenn das Gesuch berüksichtigt werden wollte.

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Verkauf von Geheimmitteln.

Die Regierung von Luzern gestattete zwar einem Potenten die Auskündung der Arnhold'schen Regenerationsmittel, verfügte aber, gestüzt auf folgende Vorschrift des kantonalen Sanitätspolizeigesezes : ,,Nur den Apothekern steht das Recht zu, einfache und zusammengesezte Arzneistoffe im Kleinen zu verkaufen,tt -- daß als Depositäre des auszukündenden genannten Regenerationsmittels nur patentirte Apotheker bezeichnet werden dürfen. Der gegen diese Verfügung eingereichte Rekurs wurde vom Bundesrathe abgewiesen.

Wir besizen in der Schweiz kein eidgenössisches, alle Zweige umfassendes Sanitätsgesez. Die Verfassung giebt in dieser Sphäre dem Bunde die Kompetenz, Maßregeln gegen Epidemien und Viehseuchen zu treffen (Artikel 31, Litt. b). Sodann schreibt der Art. 33 vor, es bleibe den Kantonen anheimgestellt, die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten, somit auch der Medizin und Pharmazie, von einem Ausweise der Befähigung abhängig zu machen.

Indem die Verfassung bei der Bundeskompetenz hinsichtlich des Sanitätswesens nicht weiter geht, ist damit keineswegs gesagt, daß nun alle andern Theile des Sanitätswesens aus Rand uud Band zu gehen haben ; sondern der Sinn besteht darin, daß, wie zuvor, die einzelnen Kantone in dieser Richtung anordnen und überwachen, was der Bund nicht thut. Indem dies von der Luzerner Regierung resp. der Sanitätsbehörde hinsichtlich des Verschleißes von Geheimmittoln geschieht, verstößt sie in keiner \Veise aegjeu die Bundesvorschriften.

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Somnambulische Konsultationen.

Der Staatsrath von Neuenburg bedrohte unter Berufung auf § 213 und § 261 des kantonalen Strafgesezes eine Frauensperson in Chaux-de-Fonds, welche gegen Bezahlung somnambnlische Konsultationen ortheilte, mit Bestrafung.

Hierüber beschwerte sich die Betreffende beim Bundesrathe, indem sie auf die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte freie Gewerbsausübung hinwies. Die Beschwerde wurde als nicht begründet abgewiesen. Indem die Strafgesezgebung Sache der Kantone ist und sich die Bundesverfassung darauf beschränkt, einzelne Strafarten abzuschaffen (Artikel 65), zu welchen die in Artikel 213 und 261 des Strafgesezes von Neuenburg nicht gehören, kommt hier einzig in Frage, ob durch jene Bestimmungen verfassungsmäßige Rechte der Beschwerdeführerin beeinträchtigt werden.

Diese Frage ist zu verneinen. Die Anschauung des Staatsrathes von Neuenburg, daß solche Konsultationen ein unzuläßiger

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Gewerbebetrieb seien, ist nicht als im Widerspruch mit Artikel 31 der Bundesverfassung stehend zu betrachten.

Kutschergewerbe.

Im Kanton Wallis hat laut Vorschrift des Finanzgesezes der Kutscher eine jährliehe Gewerbe-Steuer von Fr. 5 bis Fr. 40, je nach der Größe seines Geschäftes, zu entrichten. Von Kutschern des Kantons Uri wurde in dem Falle, wenn sie bei einer Fahrt nach dem Wallis in diesem Kantone Retourfracht aufnahmen, diese Steuer ebenfalls gefordert und zwar im Verhältnis von Fr. 8 per Pferd, worauf ihnen dann die Bewilligung zur Ausübung des Gewerbes auf dem Territorium des Kantons ertheilt worden ist.

Bei dieser Steuerforderung wurde keine Rüksicht auf die Zahl der Fahrten mit Retourfracht genommen. Auf eine von den betreffenden Kutschern des Kantons Uri geführte Beschwerde haben wir die Regierung von Wallis angewiesen, diese Gewerbesteuer gegenüber den Beschwerdeführern dem Sinne nachfolgender Motive entsprechend einzurichten und demnach in billiger Weise zu moderiren: Es ist eine Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Beschwerdeführer, indem von ihnen schon wegen einer einzigen Retourfracht eine Steuer von Fr. 8 per Pferd gefordert und dadurch die Annahme der Retourfracht unmöglich gemacht wird. Dies würde auch für den Verkehr von Kanton zu Kanton eine Schranke bilden, welche nach der gegenwärtigen Bundesverfassung nicht mehr zuläßig ist.

Dagegen widerspricht eine im Verhältniß der Ausübung fraglichen Gewerbes im Kanton Wallis stehende Steuerforderung dem Artikel 31 der Bundesverfassung nicht, und ist die Beschwerde, insofern sie gegen alle und jede Steuerzahlung im Wallis gerichtet ist, nicht begründet. -- Die Verordnung betreffend Ausübung des Kutschergewerbes im Kanton Untenyalden ;nid,,dem Wald für den Fremdenverkehr nach dem Berner .Oberland, .Xuzern und Engelberg, d. d. 10. Juni 1874, enthält im ,§--9 folgende Vorschrift: ,,Der Kutscher ist verpflichtet, folgende Taxen oder Fahrpreise zu beziehec gtc.tt Dann folgen die Fahrpreise nach den verschiedenen Örfeh. ''·'' ' Laut ,§ Ì1, dieser Verordnung wird die Uebertretung derselben, mit einer Strafe von Fr. 5--20 belegt.

In Anwendung dieser Vorschriften wurde der Besizer einea Fremdenetablissements, dessen Kutscher für eine "Fahrt eine geO

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591 r i n g e r e als die vorgeschriebene Taxe forderte, mit Fr. 5 bestraft.

Der gegen diese Bestrafung beim Bundesrathe eingereichte Rekurs wurde als begründet erklärt.

Bei diesem Rekurse handelte es sich vorab um die Frage, ob die allegirte Verordnung auf den Rekurrenten Anwendung finde, sodann bejahendenfalls, ob die im § 9 aufgestellten Fahrtaxen nicht nur als Maximum, sondern auch als Minimum zu gelten haben.

Nachdem Rekurrent, wie die Regierung von Nidwaiden in ihrer Vernehmlassung angibt, um eine Fahrbewilligung eingekommen, hat derselbe damit selbst die Anwendbarkeit der bezüglichen Verordnung auf sich anerkannt, auf deren Grundlage ihm auch die nachgesuchte Bewilligung ertheilt worden ist.

Bei der Frage, ob die Fahrtaxe als Maximum und Minimum zu gelten habe, fallen folgende Momente in Betracht: Bestimmte Normen für den Betrieb des Kutschergewerbes und die Fahrtaxen sind in Gegenden der Schweiz, die während der Sommersaison von Touristen besucht werden, als nothwendig erachtet und von den betreffenden kantonalen Behörden auch aufgestellt worden.

Solche Normen sind gegenüber den Bestimmungen des Artikel 31 der Bundesverfassung nicht unzuläßig.

Daß die in der citirten Verordnung aufgestellten Fahrtaxen als Maximum einzuhalten seien, ist nicht bestritten. Nachdem die Verordnung auch auf den Rekurrenten Anwendung findet, handelt es sich nur um die Frage, ob die Fahrtaxe auch als Minimum eingehalten werden müsse.

Die Regierungen von Kantonen mit großem Touristenverkehr, wie Bern, Luzern, Obwalden, Nidwaiden, sprachen sich auf gestellte Einfrage zwar dahin aus, daß, um beim Kutschergewerbe Ordnung zu halten, die Fahrtaxe nicht nur als Maximum, um den Fremden vor Ueberforderung zu schüzen, sondern auch als Minimum zu beobachten sei, um den Kutschern das gegenseitige Heruntermarkten der Fahrtaxen und das Entziehen von Reisenden zu verhindern und solchen Aergerniß veranlaßenden Auftritten auf öffentlichen Pläzeii vorzubeugen.

Um aber diesen Zwek zu erreichen, besteht keineswegs eine zwingende Notwendigkeit, in der Weise in die Freiheit der Ausübung dieses Gewerbes einzugreifen, wie es durch eine 'solche Bestimmung geschieht. Der Präventivpolizei der Kantone stehen genügend andere Mittel und Wege zu Gebote, um dem Aergerniß auf öffentlichen Pläzen vorzubeugen, welches durch das Herunter-

592 markten von Fahrtaxen und Entziehen von Reisenden verursacht werden könnte.

Es ist demnach die Frage, ob die Fahrtaxe auch als Minimum zu beobachten sei, zu verneinen. -- Bei einem andern Rekurse (aus Baselstadt} betreffend das Kutschergewerbe handelte es sich um die Frage, ob darin eine Verlezucg des Artikel 31 der Bundesverfassung liege, daß die Konzession zum Aufstellen von Droschken auf den dazu bestimmten öffentlichen Pläzen an die Bedingung geknüpft wird, daß der Konzessionär wenigstens 4 Droschken halte.

Die Frage wurde verneint. Die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte Gevrorbefreiheit darf nicht in dem Umfange verstanden werden, als könnten ohne Weiteres die öffentlichen Pläze für Ausübung eines Gewerbes in Anspruch genommen werden.

Daß die zuständige Verwaltungsbehörde Vorschriften aufstellt, von deren Erfüllung die Benuzung jener abhängig gemacht wird, ist im Allgemeinen zuläßig, Untersuchung im einzelnen Falle immerhin vorbehalten. Die Vorschrift, es dürfen von je einem Droschkeuführer nicht weniger als 4 Droschken gehalten werden, wird von der betreffenden Regierung damit begründet, daß dies im Interesse des Droschkenwesens selbst liege. Vom Standpunkte des Artikel 31 der Bundesverfassung aus ist hiegogen nichts einzuwenden.

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Dynamit-Fabrikation.

Wir verweisen auf das Bundesblatt vom Jahre 1875, IV, pag. 593 und 1065, betreffend Dynamitfabrikation auf den KaninchenInseln des Lago Maggiore.

Der Staatsrath von Genf verfügte, gestüzt auf ein Expcrtenöutachten, daß die in Fabry betriebene Fabrikation von Mataziette -- eines dem Dynamit ähnlichen Sprengmaterials -- eingestellt werden "soll.

Der gegen diese Verfügung erhobene Rekurs wurde abgewiesen, indem sich der Staatsrath von Genf bei derselben, sowie bei Aufstellung der für den fernem Betrieb des Etablissements aufgestellten Bedingungen innerhalb, der ihm durch Artikel 31 der Bundesverfassung eingeräumten Befugnisse bewegt hat.

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Versicherung von Mobilieri gegen Feuerschaden.

Im Kanton Waadt besteht gemäß Gesez vom 7. Juni 1849 das Institut der obligatorischen Versicherung von Mobilien gegen Feuerschaden. Das Gesez verbietet, Mobilien, welche von dieser

593 kantonalen Assekuranz n i c h t ausgeschlossen sind, anderwärts zu versichern.

Der auf Artikel 31 der Bundesverfassung und Artikel 2 der Uebergangsbestimmungen gestüzte Rekurs gegen ein in Folge Uebertretung dieses Verbotes von der zuständigen kantonalen Behörde ausgefälltes Sträfurtheil wurde als nicht begründet abgewiesen.

Das Versicherungswesen ist laut Artikel 34 der Bundesverfassung, welcher den Geschäftsbetrieb von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens der Aufsicht und der Gesezgebung des Bundes unterstellt, nicht auf die gleiche Linie mit allen andern Gewerben zu stellen. Bei Erlaß des bezüglichen Gesezes werden die Bundesbehörden zu untersuchen haben, ob und in wie weit dieser Geschäftsbetrieb durch kantonale Geseze, welche die Versicherung für alle Einwohner des betreffenden Kantons bei der kantonalen Anstalt obligatorisch machen, eingeschränkt oder verboten werden kann.

Bis zum Erlaß dieses Bundesgesezes, bei welchem noch andere Gesichtspunkte als diejenigen der Handels- und Gewerbefreiheit in Betracht kommen werden, bleiben die kantonalen Vorschriften über diese Materie vorläufig in Kraft.

Zündhölzchen-Fabrikation.

Ein Rekurs gegen Beschlüsse der Regierung von Schwyz, welche auf Grundlage folgender Vorschriften der kantonalen Verordnung über den Bau und die Einrichtung der ZündhölzchenFabriken erlassen worden sind, als : ,,§ 1. Jeder, der eine Zündhölzchen-Fabrik errichten will, bedarf dazu einer K o n z e s s i o n von Seite des Regierungsrathes.

,,§ 12. Die Fabrikbesizer leisten dem Regierungsrathe für die durch § 11 auferlegte Verpflichtung, alle an Phosphornekrose erkrankten Arbeiter auf ihre Kosten verpflegen zu lassen, eine Kaution von Fr. 1000.a wurde als nicht begründet abgewiesen.

In obigen Vorschriften der allegirten Verordnung liegt keine Verlezung des Artikel 31 des Bundesverfassung. Wenn bei einem.

Gewerbe Gesundheit und Feuersicherheit in so hohem Giade in Frage kommen, wie bei der Zündhölzchen-Fabrikation, so erscheint es als angezeigt, daß die Staatsbehörden schüzende Maßregeln treffen und ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sie die Ausübung dea' betreffenden Gewerbes von einer Bewiligung abhängig machen.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.

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Es liegt auch keine Verlezung des Artikel 31 der Bundesverfassung darin, daß als Garantie für Erfüllung der bezüglichen Vorschriften eine Kaution verlangt wird.

Gewerbesteuer.

Ein Optiker aus dem Kanton Genf beschwerte sich darüber, daß er im Kanton Neuenburg für Ausübung seines Gewerbes Fr. 120 (60 an den Staat und 60 an die betreffende Gemeinde) für je 2 Wochen bezahlen müsse. Dazu kommen noch Fr. 8 Gebühren für das Anschlagen von Bekanntmachungen. Die Ausübung seines Gewerbes im. Kanton Neuenburg werde durch diese Besteurung verunmöglicht.

Die Beschwerde wurde als begründet erklärt und der Staatsrath von Neuenburg angewiesen, das Gesez vom 17. Mai 1864, betreffend den Hausirhandel und das Ausstellen von Waaren, auf welches jene Steuerforderung gestüzt wird, mit den Vorschriften der Bundesverfassung in Uebereinstimmung zu bringen. Es ist zwar richtig, daß bei der Handels- und Gewerbefreiheit die Besteurung vorbehalten ist.. Hinwieder schreibt der Schlußsaz des Artikel 31 der Bundesverfassung ausdrüklich vor, daß solche Verfügungen, wie diejenige über Besteurung des Gewerbebetriebes, den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen.

Durch diese ausdrükliche -Bestimmung sollte der irrigen Meinung .vorgebeugt weiden, daß es nun ins Belieben der Kantone gesezt wäre, in dieserMaterie ganz willkürlich zu verfügen und auf Umwegen die durch Aufstellung des Grundsazes beseitigten Beschränkungen festzuhalten. Eine Besteurung, wie die vom Beschwerdeführer geforderte, die sich nebst der Gebühr für das Anschlagen von Bekanntmachungen auf Fr. 120 per 2 Wochen beläuft, ist eine sehr wesentliche Beeinträchtigung dieses Gewerbes, die nahezu einer Prohibition gleichkommt, somit angesichts des Schlußsazes des Artikel 31der Bundesverfassung unzuläßig ist.

Handelsverträge.

Die Schweiz hat Handelsvertrage mit: Abgeschlossen.

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13)

Nordamerika fG. S. V, 201) .

Großbritannien (G. S. V, 271) .

Belgien (G. S. VII, 484) Japan (G. S. Vin, 683) Frankreich (G. S. VIII, 2f5] Hawaiian-Inseln (G. S. IX, 497) .

Oesterreich (G. S. IX, 576) .

Italien (G. S. IX, 657) , ; Deutscher Handels- und 'Zollverein (G. S. IX, 888) .

. ' .

Spanien (G. S. X, 283) Rußland (G. S. XI, 376) Persien (G. S. I, neue Folg*?, 196} Dänemark (G. S. I, neue Fol|e^668J-

In Kraft getreten.

Dauer.

8. November 1855.

10 Jahre.

25. November 1850 10 Jahre.

6. März 1856.

6. September 1855.

10 Jahre.

11. Dezember 1862.

3. Juni 1863.

bis 1. Juli 1872.

6. Februar 1864 6. Februar 1864.

12 Jahre.

24. November 1864.

30. Juni 1864.

10 Jahre.

18. November 1868.

20. Juii 1864.

8 Jahre.

5, Februar 1869.

14. Juli J868.

8 Jahre.

1. Mai 1869.

22. Juli 1868.

13, Mai 1869.

27*. August 1869.

26(14. Dezemberl872.

£3, Juli 1873. 'IG. Februar 187J5.

1. September 1869 28. Juni 1870.

30. Oktober 1873.

25. Oktober 1874.

10. Juli 1875,

bisSl.Dezbr. 1877.

10 Jahre.

10 Jahre.

12 Jahre.

10 Jahre.

595

596 Von diesen Handelsverträgen sind im Berichtsjahre zwei gekündet worden: 1. Mit Note vom 24. Februar machte die italienische Gesandtschaft in Bern im Auftrage ihrer Regierung uns den Vorschlag, gleichzeitig mit dem italo - französischen und italo - österreichischen Vertrag, welche beide im Jahre 1876, und zwar erstem- am 19. Januar, lezterer am 30. Juni, zu Ende gehen, auch den zwischen der Schweiz und Italien bestehenden Handelsvertrag zu revidiren. Die Verfallzeit des leztern sei zu entfernt von derjenigen der zwei übrigen genannten, als daß nicht für beide Länder große Inkonvenienzen eintreten müßten, wenn an derselben festgehalten werden wollte. In der Hauptsache gelten für den schweizerischitalienischen Verkehr die Tarife, welche von Italien mit Frankreich und Oesterreich vereinbart worden seien. Im Falle die Schweiz auf ihren Vertrag vor dessen Ablauf nicht verzichtete, würde dieselbe gegenüber Italien Tarife besizen, welche gegenüber den Nationen, mit welchen sie vereinbart worden, nicht mehr beständen.

Die italienische Regierung würde dadurch genöthigt, auch die, sämmtlichen Verträge, in welchen nur die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation zugesichert worden sei, zu künden. Aus dem gleichen Grunde und zum gleichen Zweke wäre die italienische Regierung genöthigt, von den schweizerischen nach Italien gehenden Erzeugnissen Ursprungszeugnisse zu verlangen, eine vexatorische Maßregel, auf die bis jezt habe verzichtet werden können. Ueberdies müßte dann die Schweiz beim Ablauf ihres Vertrages einen Tarif annehmen, den sie im speziellen Interesse ihres Handels vor der definitiven Festsezung desselben durch das italienische Parlament hätte modifiziren können.

Hieraus gehe hervor, daß die beiden Länder und mit ihnen gleichzeitig mehrere befreundete Nationen nachteilig betroffen würden , wenn die Schweiz nicht zustimmen könnte , daß ihr Vertrag gleichzeitig mit dem italo - französischen und italo - österreichischen aufhören würde.

In" einem besondern Memorial sezte die italienische Regierung näher auseinander, welche Gesichtspunkte Italien bei Revision seiner Handelsverträge im Auge habe. Wir glauben hier auf diese Auseinandersezungen nicht näher eintreten , sondern uns auf die Bemerkung beschränken zu sollen, daß der später uns zugekommene, von Italien " angefertigte Entwurf zu
einem neuen Zolltarife eine stark protektionistische Färbung an sich trägt. Einzelne Positionen sind um einige "HundertProzente gegenüber den bisherigen Ansäzen erhöht. Wir fügen bei, daß seit drei Jahren die italienische Regierung Erhebungen über die Folgen der Handelsverträge mit

597

Frankreich, Oesterreich und der Schweiz liât machen lassen. Es hat dies der italienischen Industrie und Landwirtschaft Anlaß zu möglichst vielen Klagen und zu einem Sturm von Begehren um Schuzzoll gegeben.

Aus konstitutionellen und volkswirtschaftlichen Gründen konnte der Bundesrath nicht ohne Weiteres in den Vorschlag Italiens eintreten. Der schweizerisch-italienische Handelsvertrag ist durch die Bundesversammlung genehmigt worden ; ohne deren Zustimmung kann auf denselben vor dem legalen Ablauf nicht verzichtet werden. Sodann erfordert in volkswirtschaftlicher Beziehung eine so wichtige Angelegenheit gründliche Prüfung.

Mit Rüksicht auf diese Verhältnisse war der Bundesrath nicht in der Lage, der italienischen Regierung eine definitive Antwort mit der von lezterer gewünschten Beförderung ertheilen zu können.

Nachdem uns einige Zeit nach der Kündung des Vertrages der italienische Tarifentwurf zugestellt war, ließen wir zunächst eine Vergleichung desselben mit dem bisherigen Tarife aufstellen.

Das statistische Bureau arbeitete gleichzeitig eine Darstellung des schweizerisch-italienischen Handels vor und seit Inkrafttreten des Vertrages aus, um an der Hand jener Darstellung die Wirkungen des Vertrages wenigstens approximativ berechnen zu können.

Auf Grundlage dieser Materialien ließen wir die Frage dei von Italien begehrten Verzichtleistung auf die Aufrechthaltung des Vertrages bis au dessen legalem Ablauf durch eine Expertenkommission, bestehend aus den Herren Nationalrath S. Kaiser (Solothurn), N.-R. v. Gonzenbach (Bern), N.-R. Flückiger (Aarwangen), Ständerath Dr. Sulzer (Winterthur) , St.-R. Estoppey (Lausanne), St.-R. Jenny (Schwanden, Kt. Glarus), St.-R. Roth (Teufen), Oberst Rieter (Winterthur), Oberst Gonzeubach (Sl. Gallen), L. Karcher (Champel près Genève), Baumanu-Zürrer (Zürich), Andreas Schmid (Burgdorf), Florian Imer (Neuveville), Oberzolldirektor Meyer (Bern), Direktor Kummer (Bern), begutachten und antworteten hierauf der italienischen Regierung, daß der Bundesrath, soweit an ihm, bereit sei, Hand zu bieten, um den schweizerisch - italienischen Handelsvertrag womöglich schon auf 30. Juni 1876 durch neue Stipulationen zu ersezen.

Er werde zu diesem Behufe Delegirte ernennen, um mit den Bevollmächtigten der k. italienischen Regierung die nöthigen Verhandlungen zu pflegen, für
deren Resultat selbstverständlich die Genehmigung der schweizerischen Bundesversammlung vorbehalten werden müsse.

Wenn der Bundesrath auf diese Weise bestrebt sei, den Wünschen der italienischen Regierung entgegenzukommen, so glaube er

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andererseits, der bestimmten Hoffnung sich hingeben zu dürfen, daß die k. italienische Regierung den Begehren, welche die Schweiz bei der Neugestaltung der Tarife zu stellen im Falle sei, Rechnung zu tragen geneigt sein werde.

Da diese Antwort hinsichtlich der Verzichtleistuug auf den Vertrag nicht so definitiv lautete, wie es die italienische Regierunggewünscht hatte, so kündigte dieselbe den 25. Juni die Verträge, mit welchen Italien andern Nationen die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation zugesichert hat.

Eine engere Kommission, bestehend aus den Herren Oberst Rieter, a]t-Nationalrath Fierz, Oberst Gonzenbach (St. Gallen), A. Köchlin-Geigy, Ständerath Jenny, Fabrikant Isler, Karoher (Champel) und Direktor Kummer, von welcher noch andere Sachverständige nach Bedürfniß zugezogen wurden , stellte sodann einläßliche Untersuchungen über den italienischen Tarifentwurf und die Verhältnisse, unter welchen die Industrie beider Länder sich befindet, an und erstattete über das Resultat ihrer Arbeit schriftliche Berichte.

Vom 29. September bis 8. Oktober fanden sodann zwischen dem Delegirten des Bundesrathes, Hrn. Köchlin-Geigy in Basel, und der italienischen Abordnung die ersten Verhandlungen über Revision des Handelsvertrages statt.

Sobald die abschließenden Unterhandlungen stattgefunden haben, werden wir Ihnen das Ergebniß in einem speziellen Berichte vorlegen : wir beschränken uns hier auf die Mittheilung, daß nur bei den wichtigsten Gegenständen des schweizerisch-italienischen Handelsverkehrs über Konventionaltarife verhandelt worden ist und bei den übrigen Gegenständen die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation im neuen Vertrage zugesichert werden soll. Auch auf die vereinbarten Tarife soll hinwieder leztere Bestimmung Anwendung finden.

2. F r a n k r e i c h . Unterm 22. November ist von der französischen Regierung der zwischen Frankreich und der Schweiz am 30. Juui-1864 : auf die Dauer von 12 Jahren, von Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet, abgeschlossene Handelsvertrag gekündet worden. Jene Auswechslung hat am 24. November 1864 ; stattgefunden ; der Vertrag geht nun am 24. November 1876-,au Ende. Mit der Kündigung hat die französische Regierung .die,Erklärung verbunden, sie wünsche so bald als möglich in Unterhandlungen bezüglich eines neuen Vertrages
einzutreten. Aus-seither eingegangenen Mittheilungen geht hervor, daß bei der Revision des Vertrages von Seite Frankreichs namentlich die Absicht besteht, die bisherigen Werthzölle in Gewichtszölle umzuwandeln. Tendenzen, der Handelspolitik Frankreichs eine

599 Wendung zu Gunsten des Schuzzolles zu geben, sind gegenwärtig in Frankreich nicht vorherrschend und ist in dieser Richtung bei Revision des Handelsvertrages kein Grund zu Befürchtungen.

Zur Vorbereitung der Revisionsunterhandlungen haben wir eine statistische Darstellung des Handels zwischen der Schweiz und Frankreich in den Jahren unmittelbar vor und seit der Inkrafttretung des Vertrages von 1864 angeordnet.

Unterhandlungen betreffend die Revision haben im Berichtsjahr noch nicht stattgefunden. Auf den Vorschlag der französischen Regierung ist gegenseitig die Erklärung ' ausgewechselt worden, daß im Falle bis zum Ablauf des gegenwärtigen der neue Vertrag noch nicht zu Stande gekommen sein sollte, als modus vivendi die Stipulationen des gegenwärtigen Vertrages von beiden Ländern noch anzuwenden wären.

Verfahren bei streitigen Werthdeklarat i o n e n. Anläßlich unseres Jahresberichtes pro 1874 haben wir Ihnen von den stets sich wiederholenden Anständen mit der französischen Douane, namentlich derjenigen in Belfort, betreffend Werthdeklarationen Kenntniß gegeben und die Bemerkung beigefügt , daß solchen Anständen durch Anwendung einer zwischen Frankreich und England abgeschlossenen Supplementarkonvention auf die Schweiz abgeholfen werde. (Vide Bundesblatt II, pag. 549 und 551.)

In diesem Sinne haben wir die nöthigen Schritte gethan und ist unscrm Verlangen von Frankreich entsprochen worden, Wir beschränken uns hier auf diese kurze Mittheilung und verweisen auf den Bundesrathsbeschluß vom 2. Juli 1875 (vide amtl. Gesezsammlung I, neue Folge, pag. 607).

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Industrie und Handel.

Wir haben uns durch Einholung von Berichten der Kantonsregierungen sowie aus den von den schweizerischen Konsulaten im Auslande üher die Verhältnisse von Handel,' Gewerbe und Industrie im abgelaufenen Jahre Auskunft verschafft. Es ergiebt sich daraus, daß die Ungunst der Verhältnisse, welche Handel, Gewerbe und Industrie ganz allgemein schon vorher gedrükt hatten, ins Jahr 1875 hinein in ungeschwächtem Maße fortdauerte, ja während desselben theilweise einen so gesteigerten und bedenklichen Grad erreichte, daß die Geschäftskrisis von 1875 im Großen und Ganzen wohl von wenig vorangegangenen erreicht, geschweige übertreffen worden ist. Wir legen hier die bezüglichen aus dea

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Kantonen uns eingegangenen Berichte zur Einsichtnahme bei. Bezüglich der von den schweizerischen Konsulaten im Auslande erstatteten Handelsberichte verweisen wir auf das Bundesblatt, welchem sie inserirt sind.

Handelsstatistik.

Das Bedürfniß der Einführung einer möglichst genauen Handelsstatistik, wie sie jezt die Schweiz nicht besizt, zeigte sich namentlich bei den Vorarbeiten für die Revision der Handelsverträge.

Diese Angelegenheit ist im Berichtsjahre zur Hand genommen, aber noch nicht zum Abschlüsse gebracht worden. Die Verwirklichung des Projektes erfordert eine neue Klassifikation der Waaren} eine Verstärkung der bezüglichen Verwaltungen und damit auch vermehrte Ausgaben des Bundes. Wenn diese Erfordernisse nicht zum vorneherein den Ausschlag zu Ungunsten des .Projektes zu geben vermögen, so erheischen sie doch immerhin genaue Untersuchungen, bevor entscheidende Beschlüsse gefaßt werden.

Konsulatsberichte.

Handelsberichte über das vorhergehende Jahr sind von folgenden schweizerischen Konsulaten erstattet und im Bundesblatte veröffentlicht worden: Algier, Amsterdam, Ancona, Antwerpen, Bahia, Bastia, Batavia, Barcelona, Bordeaux, Christiania, Charleston, Chicago, Cincinnati, Desterro, Genua, Hamburg, Havre, London, Livorno, Manilla, Mailand, Marseille, Messina, Mexiko, Moskau, NewOrleans, Neapel, Odessa, Oran, Philippeville, Philadelphia> Rotterdam , Rom, Riga, San Franzisko, St. Louis, Triest, Valparaiso, Venedig, Washington, Yokohama.

Ausstellungen.

Ueber die im Jahre 1876 in Philadelphia stattfindende internationale Ausstellung haben wir Ihnen bereits mit Botschaft vom 22. Juni 1875 (vide Bundesblatt vom Jahr 1875, HI, pag. 447 ff.), dann mit Botschaft vom 13. Dezember gì. J. (vide Bundesblatt, IV, pag. 1052 ff.) einläßliche Mittheilungen gemacht.

601 In Vollziehung Ihres bezüglichen Beschlusses vom 29. Juni (vide amtliche Sammlung der Bundesgeseze I, neue Folge, p. 573) sind folgende Wahlen getroffen worden: Als Generalkommissär: Hr. Oberst H. Rieter, in Winterthur.

,, Generalsekretär: ,, Eduard Guyer, von Zürich.

,, Techniker: ,, John Icely, in Basel.

,, Sekretär : ,, Joseph Beeler, von Weesen.

Als Chef der Kommissionen für: 1) Chemikalien, Extrakte, Nahrungsmittel etc.: Hr. Dr. Emil Schumacher, von Luzern ; 2) Textilindustrie: Hr. Arnold Steinmann, Handelssekretär, in Zürich ; 3) Uhren und wissenschaftliche Instrumente : Hr. Dr. Adolf Hirsch, Direktor der Sternwarte in Neuenburg ; 4) Ingenieurwesen, Architektur, Landkarten, graphische Darstellungen: Hr. Oberst Siegfried, Chef des eidg. Stabsbüreau's in Bern; 5) Erziehungswesen, Wissenschaften, soziale und humane Bestrebungen: Hr. Dr. Friedrich von Tschudi, in St. Gallen.

Die HH. Ingenieur Paur-Usteri, in Zürich, und Kantonsbaumeister Salvisberg, in Bern, wurden als Mitglieder der Kommission 4) gewählt und zwar der erste speziell für das Ingenieurwesen und öffentliche Arbeiten, der zweite für Architektur.

Die Verrichtungen des Generalkommissariats und der fünf Kommissionen wurden durch ein Reglement festgestellt (vide Bundesblatt, vol. III, pag. 916 ff.}.

Im Berichtsjahre ist die Sammlung von Ausstellungsgegenständen nahezu zum Abschlüsse gebracht worden. Während anfänglich eine Ausstellerzahl von 100--150 in Aussicht genommen wurde, betrug dieselbe Ende Dezember des abgelaufenen Jahres 376. Auf die Kantone vertheilen sich dieselben; wie folgt: Zürich *85 Bern 62 Neuenburg .

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.46 St. Gallen 38 Genf .

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. 27 Aargau .

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. 20 Waadt . 18 Basel-Stadt .17 Appenzell A. Rh.

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.11 Uebertrag 324

602 Luzern Schaffhausen .

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Graubünden Solothurn Tessin Thurgau Freiburg .

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Zug .

Basel-Landschaft .

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Unterwaiden, n i d d e m Wald Glarus Appenzell I . R h . .

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Uri Schwyz . . .

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Unterwaiden, ob dem Wald .

Wallis

Uebertrag 324 10 .

. 9 7 6 6 5 .

. 2 2 .

. 2 .

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376

Die 376 Aussteller vertheilen sich auf die Klassen, bei welchen sie sich betheiligten, wie folgt: Bergbau u n d Metallurgie .

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. 4 Chemische Produkte 10 Glaswaaren .

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l Garne und Gewebe aus vegetabilischen und mineralischen Substanzen .

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. 9 Schafwolle und Filzwaaren .

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. 4 Seidenwaaren .

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.1 9 Kleidung und Sehmuksachen für Menschen und Wohnungen . 39 Papier- u n d Buchbinderarbeiten .

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. 2 Nahrungsmittel, Medizin, Chirurgie .

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. 5 Eisea u n d Messerschmidwaaren .

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. 3 Fabrikate aus vegetabilischen und mineralischen Substanzen .

l Erziehungs-Systeme, Methoden, Bibliotheken, öffentliche .

. 10 ,, .

,, " Private · · 32 Institute für Blinde und Taubstumme 7 Institute und Gesellschaften für wissenschaftliehe und gemeinnüzige Zweke .

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.12 Wissenschaftliche Instrumente, Uhren, Uhrenbestandtheile etc. 59 Gravische Künste, Architektur und Ingeaieurwesen .

. 27 Physischer, sozialer und moralischer Zustand des Menschen . 29 Gemeinnüzige Gesellschaften .

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. 8 Uebertrag 281

603

Uebertrag 281 Hilfsgesellschaften und Armenerziehung 11 Waisenhäuser .

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. 7 Rettungsanstalten .

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. 9 Holzschnizerei .

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. 15 Stiche u n d Lithographien .

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. 8 Photographien 9 Werkzeuge für Uhrenfabrikation, Modelle von Maschinen .

8 Genußmittel, animalische und vegetabilische Produkte .

.27 Genfer Convention .

. 1 376

Der Ausstellungskatalog ist Ihnen ausgetheilt worden. Die weitern Mittheilungen über den Gang der Angelegenheit und die Resultate der schweizerischen Betheiligung an dieser internationalen Ausstellung werden später Gegenstand eines eigenen Berichtes bilden.

Bei andern internationalen Ausstellungen, welche im Berichtjahre angeordnet worden sind, beschränkten wir uns mit Rüksicht auf die Betheiligung des Bundes an derjenigen in Philadelphia darauf, das Programm jeweilen im Bundesblatt zu publiziren (vide Bundesblatt I, pag. 49, 95, 431, 551, 552; II, pag. 785; m, p. 510).

Rhemschifffahrt.

Im Jahresberichte pr'o 1874 haben wir nähere Mittheilungen betreffend die Neugestaltung der Rechtsverhältnisse der Rheingenossenschaft gemacht.

Die als Vorbereitung angeordnete technische Untersuchung des Rheinlaufes, für welche sämmtliche Betheiligte, das Großherzoglich Badische Ministerium, die Rheingenossenschaft, die Regierungen von Zürich, Aargau, Baselstadt und das Schweiz. Eisenbahn- und Handel sdepartement, eine Vertretung bestellten, konnte im Laufe des Berichtjahres nicht vorgenommen werden, weil jeweilen in der Zeit, in welcher die Befahrung hätte stattfinden sollen, zu hoher Wasserstand eintrat.

Spannseilfahren.

Von den Bezirksämtern Laufenburg und Waldshut, sowie den betheiligten Gemeinden, wurde ein Vertrag betreffend Errichtung einer Spannseilfähre über den Rhein und zwar zwischen der aar-

604

gauischen Gemeinde Schwaderloch und der großherzoglich badischen Gemeinde Alb brück abgeschlossen und von der Regierung des Kantons Aargau zur Genehmigung eingesendet.

Nachdem die Erfüllung der im Interesse des Zollwesens gestellten Bedingungen zugesichert war, wurde der Regierung von Aargau erwiedert, daß gegen Erstellung der projektirten Fähre nichts eingewendet werde.

Endlich gab auch die Spannseilfähre Etzgen-Hauenstein zu Verhandlungen Anlaß. An der Konzession für dieselbe mußten zur Wahrung der Zollinteressen verschiedene Abänderungen getroffen werden.

S c h i f f l ä n d e Steinach. Die Regierung von St. Gallen machte die Mittheilung, daß der Große Rath jenes Kantons beschlossen habe, die Schifflände Steinacli eingehen zu lassen, weil sie alle staatliche resp. volkswirtschaftliche Bedeutung verloren habe.

Mit Hinsicht auf Art. 26 des Vertrages zwischen den Bodenseeuferstaaten betreffend eine internationale Schifffahrt- und Hafenordnung für den Bodensee wurde von jenem Beschlüsse den Vertragsstaaten, Oesterreich, Baden, Württemberg und Bayern, Kenntniß gegeben. Einsprache ist seither von keiner Seite erfolgt.

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875.

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1876

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.05.1876

Date Data Seite

497-604

Page Pagina Ref. No

10 009 107

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