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Gerechnet auf eine Transport-Distanz von:
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bis 800 Ztr. gerechnet.
In Ladungen v. mindestens 100 Ztr.
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VI. Suisse Occidentale.
1. Ouest-Suisse u. Lausanne-Freiburg-Bern.
a. Interner Verkehr b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 2. Franco-Suisse (Ligne de Verrières).
a. Interner Verkehr b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 3. Genève- Versoix.
a Interner Verkehr . . . . .
b. Verkehr mit Central- u. Westschweiz 4. Sämmtliche Linien der S. 0. im Verkehr mit N. 0. B. und V- S. B.
Eisen und Stahl, Zink, Blei, (auch Bleiröhren), Eisen-, Sämmtliche Lokomotiven Kupfer, Schwarz- und Weißblech, vorgenannte mit Tender Eisenund Grußwaaren, Kupferund Messing, grobe, als: Puffer, Puffer- Zinkröhren. Artikel in auf eigenen Zinn, Sendungen hülsen, Kuppelungen, Bädern.
nnverarbeit. Federn*), Maschiuentheile, unter 100 Ztr.
grobe Brükenbestandtheile.
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*) Wagenfedern genießen nur im Verkehr mit X. 0. B. und V, S. B. die ermäßigte "Wagenladnngstaxe, im Ferkehr der S. C. B., J. B. L. und S. 0. unter sich bezah en sie die Stü kgnttaxe.
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553 geben sei, so werden wir uns desselben immerhin erinnern im Zeitpunkt einer Umgestaltung der Gütertarife.
Zwar nicht mehr im Laufe des verwichenen Jahres, aber immerhin vor Abschluß des Geschäftsberichtes erledigten wir Ihr Postulat vom 26. Juni/l. Juli 1875, lautend: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, die Vorschrift des Eisenbahngesezes rüksichtlich der D i f f e r e n z i a l t a r i f e u n d R u k V e r g ü t u n g e n (Artikel 3 5 ) gegenüber den Bahnen in Vollziehung zu sezen." Indem wir bezüglich der Motive, die unserem Beschlüsse zu Grunde liegen, auf den Gestionsrapport für 1874 verweisen, lassen wir ihn hier folgen : .,,Die schweizerischen Bahnverwaltungen sind -- in Ausführung der Ziffern 3, 4 und 5 von Art. 35 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872 -- gehalten, von jeder, einzelnen Privaten, Gesellschaften u. s. w. bewilligten Rükvergütung (détaxe) dem Eisenbahn- und Handelsdepartetnent Kenntniß zu geben, ehe sie in Kraft tritt, unter Angabe der Gründe der Begünstigung. Erhebt das Departement innert drei Tagen (vom Eingang der Notifikation an gerechnet) keine Einsprache, so ist die Rükvergütung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen und darf vollzogen werden. In Fällen jedoch, wo die betreffenden Verwaltungen den Nachweis leisten, daß Rükvergütungen den internen Verkehr 'nicht beeinträchtigen, sondern nur das Mittel bilden, um gegen ausländische Konkurrenz aufzukommen, kann das Departement die Unterlassung der Publikation bewilligen. "· Es scheint uns damit einestheils der Willensäußerung der Räthe, anderntheils den gerechten Begehren des Publikums und endlich den Befürchtungen der Gesellschaften rüksichtlich ihrer Stellung zur Konkurrenz fremder Bahnen Rechnung; zu sein.
o getragen &*-
Transportwesen.
Nach dem Erlaß des Transportgesezcs vom 20. März 1875 -- in Kraft getreten am 1. September gleichen Jahres -- zogen die Bahnverwaltungen den vorgelegten Entwurf zu einem T r a n s p o r t r è g l e m e n t der schweizerischen Eisenbahnen y.urük und ersezten ihn durch einen neuen, möglichst an das erwähnte Bundesgesez sich anschließenden. Bis zur Genehmigung und Inkraftsezung desselben erließen wir am 3. September eine Verordnung, welche zeitweise das ,,Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen für den direkten schweizerischen Verkehr vom 15. März 1862a für den direkten sowohl «1s für den internen Verkehr der einzelnen Gesellschaften als maßgebend erklärte unter Beseitigung aller an-
554 dem Transportvorschriften, insofern sie dem Publikum keine günstigeren Bedingungen gewähren. Selbstverständlich wurden aber auch die sämmtlichen Bestimmungen des Réglementes vom Jahr 1862 als ungültig erklärt, welche mit dem Gesez vom 20. März 1875 im Widerspruche sich befanden. Im Uebrigen ordnete der Erlaß vom 3. September diejenigen Punkte, bezüglich welcher das Transportgesez ausdrüklich dem Betriebsreglemente rief. Hierauf zog das Departement den abgeänderten Entwurf zu einem Transportreglement in Untersuchung und berief zur Erörterung der Differenzpunkte die Vertreter aller Bahngesellschaften mit selbstständigem Beiriebe, sowie eine Delegation des schweizerischen Handels- und IndustrieVereins zu Konferenzen ein. Nach vielfachen Berathungen konnte eine Einigung mit den Gesellschaften erzielt werden. Darüber wird aber der nächstjährige Geschäftsbericht zu referiren haben.
Wir genehmigten unter den üblichen Reserven noch vor dem 1. September die besondern Transportreglemente der Uetlibergbahn, der Bahn Winterthur-Singen-Kreuzlingen, der Bergbahn RorschachHeiden.
Das Departement nahm Anlaß, gegen unzureichende Heizung von Passagierwagen, gegen unterlassene Beleuchtung solcher beim Durchfahren langer Tunnels und andere Inkonvenienzen, welchen die Reisenden da und dort noch unterworfen sind, einzuschreiten, und erledigte eine große Anzahl von Reklamationen, die sich auf das Transportwesen bezogen.
Fahrtordnungen und Fahrpläne.
Noch ist es nicht gelungen, in Bezug auf die Herstellung und Publikation der Fahrpläne die wünschbare Ordnung durchzuführen.
Noch findet die so dringend gebotene rechtzeitige Verständigung unter sämmtlichen Gesellschaften, deren Linien sich berühren, über alles, was Anschlüsse betrifft, nicht regelmäßig statt. Und doch macht die gegenwärtige Formation des schweizerischen Eisenbahnnezes allgemeine Konferenzen der Verwaltungen zur Feststellung der Fahrtordnungen zur Notwendigkeit. Unsere Schritte, um solche anzubahnen, sind bei der Direktion der schweizerischen Nordostbahn auf unerwarteten Widerstand gestoßen, während die übrigen Unternehmungen sie beifällig aufgenommen haben. Wir hoffen, es werde uns gelingen, die opponirende Verwaltung zu überzeugen, daß ihre Gegengründe vou irrigen Voraussezungen ausgehen und daß das Vorgehen der Gesellschaften im Sinne unserer Räthe vom Interesse jeder derselben geboten sei. -- Die Direktion einer andern
555 Bahn brachte ein einseitig ausgearbeitetes Fahrplanprojekt zur Genehmigung an das Departement, ohne vorher irgendwelche Schritte zur Verständigung mit den Nachbarbahnen gethan zu haben. Gleichzeitig rief sie gegen allfällige Einsprachen die Intervention der Bundcsbehörden an. Ein solches Anmuthen wurde kurzweg zurükgewiescn und das Verlangen gestellt, daß ehe das Projekt einer Verwaltung anhängig gemacht werde, über die erforderlichen Anschlüsse an andere Bahnen eine Einigung mit diesen erfolgt oder doch versucht worden sei, so daß an uns nur Differenzen gelangen, worüber unter den Gesellschaften eine Uebereiustimniung nicht zu erzielen war.
Die Begehreu der Kantone, Bezirke und Gemeinden bezüglich der Fahrtordnungen konstatiren die Andauer des Widerstreites der Interessen des durchgehenden und des Lokal Verkehres. Man verkennt nirgends die Vortheile der Schnellzüge, aber gerade deßwegen wünscht jede Station, Bedienung durch dieselben zu erhalten, wodurch diese Züge ihrem Zweke völlig entfremdet werden müßten.
Hinwieder ist nicht zu verkennen, daß manche Gesellschaften zu wenig eigentliche Personenzüge kursiren lassen, und neben den Schnellzügen vorzüglich die sogenannten gemischten Züge zum Personentransport verwenden. Es ist dies doppelt zu bedauern, so lange die Reisenden dritter Klasse von den Schnellzügen ausgeschlossen sind. Wir werden übrigens, wie schon erwähnt, die Frage der Beigabe · von Wagen dritter Klasse zu den Expreßzügen durch eine besondere Vorlage in der nächsten Sizung der Räthe zur Diskussion bringen.
Einheitlich geordnete, monatliche Nacliweisungen der Z u g s v e r s p ä t u n g e n konnten erst vom September an dem Bundesblatte gedrukt beigegeben werden, weil einzelne Gesellschaften nur nach laugen Verhandlungen sich dazu verstehen konnten, das vom Departement aufgestellte und an der Hand von Erfahrungen nachträglich verbesserte Formular in seiner Gesammtheit anzunehmen und auszufüllen. Die Monatstableaux der Verwaltungen werden genauer Prüfung unterzogen und bieten daher Anlaß zu mannigfaltigen und zahlreichen Erörterungen zwischen denselben und dem Departement. Lezteres hat uns angezeigt, daß es im Falle sein werde, unserer Berathung den Entwurf eines Réglementes zu unterstellen, welches das bei nothwendig werdendem Einschreiten mit Geldbußen wegen wiederholter verschuldeter Verspätungen (Art. 34 des Gesezes) einzuhaltende' Verfahren normiren soll.
556
Unfälle.
Während die Behörden der meisten Kantone die Untersuchungen über Eisenbahnunfälle rasch und umsichtig durchführten, verharrten einzelne andere in Gleichgültigkeit und thaten nicht einmal da ihre Pflicht, wo die kantonalen Geseze ihr Einschreiten forderten. Wir werden darauf dringen, daß unserm bezüglichen Kreisschreiben vom S. August 1873 endlich überall nachgelebt werde.
Die Statistik der Unfälle finden Sie in der Beilage.
Unfälle beim Bau wurden uns folgende angezeigt: Tödtungen.
Linie Koblenz-Winterthur ,, Winterthur-Singen ,, Wohlen-Bremgarten Wasserfallenbahn Aargauische Südbahn Rangirbahnhof Basel Gäubahn (incl. BiberisterEinschnitt) Linie Effretikon-Wetzikon " Langenthal-Wauwyl Bergbahn Rorschach-Heiden Linksufrige Zürichseebahn
Verlezungen.
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1 0 5 0 " 7 von diesen Unglüksfällen gaben zu diplomatischen Verwendungen auswärtiger Regierungen Anlaß, um für die Opfer derselben resp. deren Hinterlassene von den Eisenbahnverwaltungen Entschädigungen zu erhalten. Unsere Thätigkeit mußte sich darauf beschränken, diese Gesuche den betheiligten Verwaltungen zur Vernehmlassung mitzutheilen und, wenn sie die Pflicht zur Entschädigung nicht freiwillig anerkannten oder wenn ihre Offerten von den Reklamanten nicht acceptirt wurden, die leztern auf den Rechtsweg zu weisen.
Das Departement hat fortgefahren, von sämmtlichen eingelangten Untersuchungsakten Kenntniß zu nehmen und eine Reihe daran sich knüpfender Mahnungen und Weisungen an die Verwaltungen erlassen.
Statistik der Unfälle beim Eisenbahnbetrieb im Jahr 1875.
1
Zur Seite 556
Vereinigte Schweizerbahnen, incl.
Toggenburgerlinie Nordostbahn, incl. Zürich -Zug Luzern und Bülach-Regensberg Tößthalbahn (eröffnet am 4. Mai) Nationalbahn (eröffnet am 17. Juli) Centralbahn, incl. Aarg. Südbahn und Basler Verbindungsbahn .
Emmenthalbahn (eröffnet am
25 Mai) Jura-Bern-Luzern-Bahn (LangnauBern-Biel-Neuveville , Biel -Tavannes-Chauxdefonds) . . .
Suisse Occidentale, incl. BulleRomont, Simplonbahn u. JougneBclepens
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,, Wohlen-Muri, eröffnet am 1. Juni mit 10 Kilometer.
,, a. Jura-Industriel, übernommen am l April mit 38 Kilometer.
b. Langnau-Luzern, eröffnet am 11. August ,, 57 ,, c. Basel-Delsberg, ,, 25. Sept.
,39 ,, " ,, Vallorbes-Pontarlier, eröffnet am 1. Juli «26 ,,
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Tödtung oder Verlezung:
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Auf die Stationen.
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Andere tmermittelte Ursachen.
Hindernisse auf der Bahn.
Eisenbahnen.
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Ursachen.
Mangelhafter Zustand' des Oberbaues.
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Folgen der Entgleisungen und Zusammenstösse.
Zusammenstösse.
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Bahnpolizei.
An das für die sämmtlichen schweizerischen Bahnen maßgebende Betriebsreglement wird sich ein solches anzuschließen haben, das allgemein geltende Vorschriften über Bahnpolizei erläßt. Diese Vorschriften werden sein solche über: Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn, Einrichtung und Zustand der Betriebsmittel, Einrichtungen und Maßregeln für die Handhabung des Betriebes, Bestimmungen gegen Beschädigung der Bahn, Gefährdung des Verkehrs auf derselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften.
Wir gedenken, ein solches Reglement, wenn immer möglich, noch im Laufe des Jahres 1876 der Transportordnung folgen zu lassen.
Freisonntage.
Sie haben nach wiederholten Debatten schließlich das von der Geschäftsprüfungskommission des Stäuderathes empfohlene Postulat abgelehnt, wornach wir zu Bericht und Antrag eingeladen worden wären über die Frage, ob aus der geschlichen Vorschrift, den Arbeitern je alle drei Wochen mindestens einen Ruhetag zu gewähren, die Beschränkung auf die Sonntage nicht zu streichen sei. So waren wir denn neuerdings darauf angewiesen, den strikten Vollzug von Artikel 9 des Eisenbahngesczes zu begehren. Am Schlüsse des Jahres 1875 haben wir sämmtliche Verwaltungen von Eisenbahnen mit selbstständigem Betrieb zum Bericht über den aktuellen Stand der Dinge eingeladen und von den meisten die Auskunft erhalten, daß die Verhältnisse bezüglich der in Vollziehung des zitirten Artikels 9 den einzelnen Klassen der Angestellten zu gewährenden Sonntagsruhe im Laufe des Jahres 1875 sich nicht geändert haben, d. h.
mie andern Worten, daß die strenge Durchführung der Gesezesbestimmung aus den bereits im Geschäftsbericht für 1874 aufgezählten Gründen unmöglich sei. Es wird uns bei dieser Sachlage nichts anderes übrig bleiben, als über die verschiedenartigen Anbringen und Einwürfe der Gesellschaften, soweit sie die Organisation
558 des Bahndienstes beschlagen, eine détaillante Untersuchung walten zu lassen und unsere weitern Verfügungen den Ergebnissen derselben entsprechend einzurichten. Zu bemerken ist, daß das neue Transportreglement die Verwaltungen an Sonn- und allgemeinen Festtagen weder zur Uebernahme noch zur Avisirung oder Ablieferung von Gutem irgend welcher Art verpflichtet und daß an Samstagen sowie an Vorabenden vor allgemeinen Festlagen die Empfangnahme der Waaren im Sommer um 5, im Winter um 4 Uhr Abends aufhört. Das Reglement von 1862 schloß an Sonntagen die Bahnhöfe für die Uebernahme der Eilgüter nicht. Der Verein für die Heilighaltung des Sonntages arbeitet unermüdlich in Wort und Schrift seinem Endziele entgegen ; aber er wird ebenfalls die Erfahrung zu machen haben, daß man in solchen Fragen nicht bloß in der Schweiz, sondern auch in andern Staaten langsam und nur Schritt für Schritt vorwärts kommt. Die beim deutschen Reichstag eingelaufenen Petitionen auf Beschränkung des Eisenbahnbetriebes an Sonntagen sind zwar unsers Wissens wohl dem Reichskanzler überwiesen worden, dagegen noch ohne Rükäußerung geblieben. Der abgetretene Präsident des Reichseisenbahnamtes hat sich seiner Zeit geäußert, daß die Einführung regelmäßiger Freitage, resp. Beurlaubungen bei manchen Eisenbahnen eine Vermehrung von über 10 % ihres Personals zur Folge haben würde, und daß daher das Reichseisenbahnamt -- selbst wenn es die Zeitverhältnisse zur Vornahme einer derartigen Reform für geeignet erachten sollte -- Vorschriften von einer derartigen Tragweite für die Oekonomie des Eisenbahnwesens nur auf Grund eingehender Ermittlungen über die bereits bei den einzelnen Gesellschaften bestehenden Anordnungen würde erlassen können.
In Frankreich hat im Januar dieses Jahres der Minister der öffentlichen Arbeiten ein Rundschreiben an die Eisenbahngesellschaften gerichtet (Journal officiel vom 18. Januar), worin er auf die Theilnahme der Nationalversammlung, der Handelskammern und der Generalräthe in der Frage der Heilighaltung des Sonntags auch für das Personal der Eisenbahnen verweist. Das Circular fährt dann fort : ,,Der ministerielle Beschluß, daß die Güterbahnhöfe an Sonn- und Festtagen um 12 Uhr Mittags geschlossen werden, ist eine erste, aber nicht ausreichende Verbesserung. Der Augenblik scheint nun gekommen, die Maßregel dadurch
zu vervollständigen, daß die Vorschriften "fürdie Sonntagsfeier alle mit den Erfordernissen des Betriebes der Eisenbahnlinien verträgliche A u s d e h n u n g e r h a l t e n . Ich glaube, daß man ohne den Dienst zu benachteiligen, an den Sonn- und Festtagen die Bahn-
559 liöfe für die gewöhnlichen Frachten schließen kann : vom 1. April bis 30. September um 9 Uhr M o r g e n s ; vom 1. Oktober bis 31. März um 11 Uhr Morgens." Der Minister ersucht die Direktionen, ihre Bemerkungen über diese Modifikation ihm mittheilen zu wollen, indem er nicht daran zweifelt, daß sie geneigt seien, mit ihrem ganzen Einfluß die Verwirklichung einer Maßregel zu erleichtern, welche so lebhaft das von ihnen geleitete Personal betreffe.
Man möge hieraus entnehmen, daß in der Schweiz schon jczt thatsächlich auf diesem Felde mehr erreicht worden ist als die Vorschriften, welche der Minister Frankreichs mit den Erfordernissen des Bahnbetriebes noch als. verträglich hält, und die er ins Leben zu rufen gesonnen ist.
C. Gotthardbahn.
Unter Verweisung auf die den subventionirendeu Kantonen und Bahngesellschaftcn erstatteten detaillirten Monats- und Quartalberichte beschränken wir uns hier auf folgende Mittheilungen:
I. Organisation der Gesellschaft.
Im Hinblik auf die bevorstehenden umfangreichen Arbeiten wurde ein Regulativ betreffend die Anstellungsverhältnisse des bei dem technischen Dienste bethätigten Personals erlassen und wurden überdieß in Betreff der Auszahlung und Verrechnung der Gehalte, Diäten, Feldzulagen, Reisekosten, Lohnlisten des technischen Personals, sowie hinsichtlieh der Konstatirung der Lohnauszahlung an die beim Regiebau beschäftigten Arbeiter eine Reihe wegleitender Beschlüsse gefaßt. Für die Hochbauabtheilung des technischen Zentralbüreau wurde eine neue Dienstorganisation getroffen und betreffend die Organisation des Expropriationswesens ein Reglement erlassen.
560
II. Baukapital.
Bis Ende 1875 wurden der. Gotthardbahngesellschaft, ohne Abzug des Kursabschlags auf dem eingezahlten Aktien- und Obligationskapital, folgende Summen zur Verfügung gestellt: Einzahlung von 60 °/o auf dem Aktienkapital Fr. 20,400,000 ,, der drei ersten Serien des Obligationskapitals ,, 48,000,000 I. Subventionsrate: Tunnelbaukosten .
. Fr. 1,475,000 1. Annuität .
.
.
,, 3,148,148 .
4,623,148 " II. Subventionsrate : Tunnelbaukosten .
. Fr. 3,723,000 2. Annuität ,, 3,148,148 ,, 6,871,148 III. Subventionsrate: Tunnelbaukosten .
. Fr. 4,225,415 3. Annuität .
3,148,148 ,, 7,373,563 Gesammteinzahlung Hievon waren den 31. März 1876 bereits verwendet noch verfügbar (einschließlich die Kaution von 10 Millionen beim Bundesrath und Fr. 4,390,795 Vorschuß an Herrn Tunnelunternehmer L. Favre) An Subventionen wurden bis jezt einbezahlt Für das IV. Baujahr wurden vorgesehen: Tunnelbaukosten .
.
. Fr. 10,000,000 dazu IV. Annuität .
.
,, 3,148,148 Zusammen
Fr. 87,267,859 Fr. 62,180,028 ,, 25,087,731 ,, 18,867,859
Fr. 13,148,148
III. Bau.
A. O r g a n i s a t i o n des Baudielistes und technisches Personal.
Nachdem Herr Oberingenieur Gerwig unter Berufung auf Meinungsverschiedenheiten über die Organisation des technischen
561 Dienstes, welche zwischen ihm und der Direktion bestanden, seine Entlassung nachgesucht und erhalten hatte, wurde Herr W. Hellwag von Eutin, gew. Baudirektor der österreichischen Nordwestbahn, zum Oberingenieur der Gotthardbahn ernannt.
Derselbe traf vor Allem eine Reorganisation des technischen Dienstes und stellte 7 Sektionen für Vorarbeiten, 3 für Unterbau resp. Bahnerhaltung, endlich 2 für den Hochbau auf. Der Bestand des technischen Personals bezifferte sich
Ende ,, ,, ,,
1872 auf 101 Personen.
1873 ,, 148 1874 ,, 188 1875 ,, 342
B. V o r a r b e i t e n .
1. Gotthardtunnel.
Die Berechnung der neuen Triangulation zur genauen Bestimmung der Tunnelaxe wurde zu Ende geführt und ergab ein sehr befriedigendes Resultat. Es beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß die als Ergebniß der neuen Messungen auf beiden Seiten abgestekten Axen in der Mitte des Tunnels nur 4 Centimeter von den die beiden Observatorien verbindenden Geraden abweichen werden l : l und für eine Abweichung von höchstens 30 Centimeter beträgt die Wahrscheinlichkeit blos Vi,000,000. Im Vergleich mit der frühern Triangulation ergibt sich in den Richtungsangaben für Airolo eine Differenz von blos einer Sekunde, für Göschenen zirka 5 Sekunden, in beiden Fällen gegen Osten.
Während des verflossenen Sommers wurde zur Kontrole und behufs Fortsezung des geologischen Längenprofils die oberirdische Abstekung der Tunnelaxe vorgenommen und zwar von Göschenen und von Airolo aus bis zum Kastelhorn, wo die beiden Richtungen kaum 10 Centimeter von einander abwichen. Zu allei- Vorsorge wurde die Bestimmung der Tunnelaxe noch auf astronomischem Wege ausgeführt, und es hat diese Kontrole die geometrischen Messungen so genau bestätigt, daß sie nun als definitiv betrachtet werden können.
Auf Grund dieser Kontrolen wurde im Oktober auf beiden Tunnelseiten eine neue unterirdische Axenabstekung von den Observatorien aus vorgenommen, bei welcher zum ersten Mal mittelst Morse'schen transportablen Telegraphen zwischen den Observatorieo.
und dem Tunnel-Innern gesprochen wurde.
Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.
38
56 i Auf der Nordseite, bei 2400 Meter Tiefe, betrug die größte Abweichung der neuen Axrichtung von der bisherigen 15 Ceutimeter östlich, auf der Südseite, bei 2063 Meter Tiefe, 6 Centimeter westlich. Das Nivellement zeigte eine maximale Höhendifferenz, von 2 Centimeter, die neue Längenmessung ein Minus von 68 Centimeter.
In Gesehenen wurde der zweite Visirstollen vollständig ausgemauert und das Observatorium aufgebaut. -- Für die Verlängerung des Tunnels daselbst wurden Pläne ausgearbeitet. -- Die Felsarbeiten an der Reußkorrektion wurden sowohl in der Nähe des Voreinschnitts als weiter unterhalb fortgesezt.
Behufs Erledigung verschiedener streitiger Punkte wurde zwischen der Gottharddirektion und Herrn Tunnelunternehmer L. Favre unterm 21 ./25. September ein Nachtragsvertrag zum Hauptvertrage vom 7. August 1872 abgeschlossen. Es wurde bei diesem Anlaß namentlich ein neues Programm für die monatlichen Leistungen an den verschiedenen Arbeitsstellen des Tunnels vereinbart, sowie über die Ausmauerung des Tunnels und die Abschlagszahlungen eine neue Verständigung getroffen. Wir haben diesem Nachtragsvertrag unterm26. November 1875 unsere Genehmigung ertheilt.
Den Abonnenten auf die geologischen Sammlungen wurde im verflossenen Jahre die zweite und dritte Serie der geologischen Tabellen und Durchschnitte, sowie der zugehörigen Handstüke vertheilt.
2. Tessinische Thalbahnen.
Im Berichtsjahre beschränkten sich die Projektirungen auf verschiedene Vollendungs- und Versicherungsarbeiten, ferner auf den Ausbau der Stationen Lugano und Chiasso, endlich auf die Aufnahmsgebäude in Bellinzona und Locamo.
3. Bahnstreken Bellinzona-Lugano und Cadenazzo-Pino.
Für die Streke Bellinzona-Lugano wurden die Aufnahmen in den Maßstäben von, 1: 2500 und 1: 1000 zu Ende geführt, und für die schwierigere Parthie Bellinzona-Camignolo noch detaillirtere Aufnahmen für die Schichtenpläae im Maßstab von Ì : 500 eingeleitet und vollzogen. Daneben wurden zahlreiche Sondirungen ausgeführt, um die zwekmäßigste Lage der Mündungen des MonteCenere-Tunnels zu bestimmen. -- Die vergleichenden. Studien und.
Berechnungen zur Ermittlung der vortheilhaftesten Linie auf dem Nordabhang des Monte Cenere führten zur Ueberzeugung, daß von der anfänglich beabsichtigten Anwendung einer Maximalsteigung,
563 von 16,7 °/oo abstrahirt werden müsse, daß aber auch die Steigung von 18 °/oo noch zu einem allzu kostspieligen Trace führe und daß es angezeigt erscheine, für den Uebergang des Monte Cenere zu dem ursprünglich beabsichtigten Trace Giubiasco-Camignolo zurükzukehren, dessen Steigung 25°/oo beträgt, also das vom internationalen V ertrag gestattete Maximum nicht überschreitet.
Entsprechend diesem neuesten Trace für die Nordseite des Monte Cenere wurde auch auf der Südseite eine Modifikation der ursprünglich mit 18°/oo studirten Linie ins Auge gefaßt und dabei das Augenmerk hauptsächlich auf die thunlichste Verminderung der Erdarbeiteu und Kunstbauten gerichtet.
Auf der Streke Cadenazzo-Pino wurde die Terrainaufnahme sehr vorgerükt und ein Trace ermittelt, das sich möglichst dem Inundationsgebiet des Tessin entzieht und dadurch eine umfangreiche und kostspielige Regulirung dieses Flusses vermeidet.
4. Zufahrtslinien zum Gotthardtunnel.
Die Terrainaufnahmen für diese Linie können als größtentheils vollendet betrachtet werden. Für das Studium von Varianten mußten hie und da noch einzelne ergänzende Vermessungen vorgenommen werden. Es wurden zahlreiche Varianten eingehend untersucht, berechnet und mit einander verglichen. Die außergewöhnliche Beschaffenheit dieses Alpenterrains und die großen Schwierigkeiten, welche dem Bahnbau daraus erwachsen müssen, bringen es mit sich, daß die Erstellungskosten schon bei der Verschiebung der Linie innerhalb sehr enger Grenzen sich bedeutend ändern. Es bedurfte daher der mannigfaltigsten Untersuchungen, um dasjenige Trace zu ermitteln, welches bei Erfüllung der an dasselbe zu stellenden Anforderungen auch zugleich das billigste für den Bau sein sollte. Den Tracirungen gingen jeweilen zahlreiche Sondirungen des Terrains zur Seite. Das neueste erst Anfangs dieses Jahres bekannt gewordene Trace, das gegenwärtig den Gegenstand der eingeleiteten eidgenössischen Prüfung bildet, weicht von demjenigen, der frühern Experten Beckh und Gerwig sehr erheblich ab und wird allgemein als vorteilhafter betrachtet, indem man bei dessen Entwurf bestrebt war, die Bahnlinie möglichst dem Thalboden zu nähern und dieselbe nicht blos in ein für den Bau günstigeres und stabileres Terrain zu legen, sondern auch der Straße und den Ortschaften näher zu bringen, was sowohl die Bauausführung als deo spätem Bahnunterhalt wesentlich erleichtern und ökonomischer gestalten wird.
564 5. Streke Luzern-Arth-Zug und Arth-Brunnen-Flüelen.
Die Aufnahmen wurden hier vollständig beendigt und die Arbeiten für die Detailprojektirung in Angriff genommen ; auch hier wurden verschiedene Varianten studirt, deren Kosten berechnet und mit einander verglichen, um thunlichst zur Erkenntniß der bauwürdigsten und ökonomischsten Linie zu gelangen. Besondere Aufmerksamkeit wurde den schwierigen Parthien Arth-Brunnen und Brunnen-Flüelen gewidmet und speziell dem Bahnhof Ar t h und dem Tunnel durch den Roßberg, deren baldige Inangriffnahme von der Gesellschaft in Aussicht genommen ist. -- Die Studien wurden auch hier durch zahlreiche Sondirungen unterstüzt, von welchen noch diejenigen in Arbeit stehen, welche als Vorbereitung und Beginn von Tunnelbauten anzusehen sind. In Betreff des Bahnhofes Luzern verweisen wir auf die unter dem Titel ,,Bahnhoffragen" aufgeführten bezüglichen Mittheilungen.
C. E x p r o p r i a t i o n .
Die im abgeflossenen Berichtsjahr stattgefundenen neuen Landerwerbungen waren von geringem Belang.
Von den in Rechtskraft erwachsenen Urtheilen der verschiedenen Expropriationsinstanzen über das für die tessinischen Thalbahnen erforderliche Terrain sind im lezten Jahre 281 zur Tollziehung gelangt.
D. B a u a u s f ü h r u n g .
1. Gotthardtunnel.
Die im abgelaufenen Jahre erzielten Fortschritte sind in den b elf folgenden Tabellen I. und Tl. übersichtlich dargelegt. -- Die Tabelle I enthält eine Rekapitulation der bisherigen monatlichen Fortschritte der Richtstollen an den beiden Angriffspunkten in Gesehenen und Airolo, den jeweiligen Gesammtfortschritt auf Ende jeden Monats, den monatlichen Durchschnitt und das tägliche Maximum. Die Tabelle II faßt die monatlichen Resultate für die verschiedenen Ausbruchs- und Mauerungsarbeiten zusammen und gibt am Schlüsse eine Vergleichung der bezüglichen Resultate für die einzelnen Jahre seit dem Beginn des Baues untereinander und mit der programmmäßigen Leistung für das Jahr 1876, welche im Nachtrags vertrag stipulirt wurde.
Diesen beiden Tabellen zufolge ist für das abgelaufene Jahr an allen Arbeitstheilen ein erheblicher Fortschritt hervorzuheben,
Zur Seite 564.
Beilage I.
Gotthardtunnel.
Ergebnisse
des Fortschritts
im
Richtstollen
seit dem Beginn der Arbeiten bis Ende des Jahres 1875.
Die Länge zwischen der projektirten Mündung in Ooeschenen and derjenigen des Richtungstunnels
Monatlicher Fortschritt.
Jahre.
Im Durchschnitt. II
Meter.
1873 » » » » » » » » » » »
1874 » » » » » » » » » » »
1875 » » » » » » » » » » »
September Oktober .
November .
Dezember .
. .
. .
.
. .
18.9
Januar . .
Februar .
März . .
April . .
Mai . .
Juni . .
Juli . .
August. .
September Oktober .
November .
Dezember .
21.1* 20.6* 26.7* 30..i 42.5 48.i 51.o 66.e 50.2 70.o 75.0 79.2
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
. .
. .
Totale , Durchschnitte and Maxima . *
581.3
Januar . .
Februar .
März . .
April . .
Mai Juni . .
Juli August. .
September Oktober .
November.
Dezember .
.
.
.
.
.
72.o 65.8 82.i 58.4 82.o 70.3 95.0 120.0 108.2 113.1 83.7 86.5
Totale , Durchschnitte nad Maxima . .
1037.1
.
.
.
.
.
.
.
.
. .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
92.6 83.i 92.1 97.6 115.5
. .
99.3 113.4
.
.
.
.
.
.
.
.
119.9
125.9 127.6 65.1 1 2.1* Dezember . . . < 22.2 17.i* Totale , Durchschnitte and Maxima . .
1173.5
Im Haximum.
Airolo.
Total.
Goäschenen.
lirolo.
Total.
Goesthcnen.
Airolo.
Gceschenen.
lirolo.
Meter.
28.7*
Meter.
28.7
Meter.
Meter.
28.7
Meter.
28.7
Meter.
Meter,
Meter.
Meter.
--
--
--
39.4* 4.8* 14.1*
Totale , Durchschnitte and Maxima .
Januar . .
Februar .
März . .
April . .
Mai Juni . .
Juli August . .
September Oktober .
November.
Täglicher Fortschritt der Maschinenbohrung.
Gesammtfortschritt.
Monate.
GcBsclenen.
1872 » » »
in Airolo beträgt 14,920 Meter.
17.6*
16.o* 101 .T
23.8* 18.i*
39.4 22.4 30.!
4.8 18.9
101.7
68.1 90.5 120.6
120.6
18.0
101.7
120.6
44.9 38.6 48.2 42.4 65.o 67.7 98.4 155.7
40.o 60.5 87.2
68.1 80.7
130.0 126.1 148.2
160.1 208.2 259.2 325.8 376.0 446.0 521.o 600.2
125.5 143.6 165.i 177.i 199.6 219.2 266.6 355.7 415.9 475.9 527.0 596.0
165.5 204.i 252.3 294.7 359.7 427.4 525.8 681.5 791.9 921.9 1048.0 1196.2
1075.6
600.2
596.0
1196.2
55.3 63.2
123.7 121.1 145.3
51.9
110.3
672.2 738.0 820.i 878.5 960.5 1030.8 1125.8 1245.8 1354.0 1467.1 1550.8 1637.3
647.7 703.o 766.2 818.i 862.9 926.0 988.0 1047.8 1099.o 1172.4 1257.o 1343.4
1319.D 1441.o 1586.3 1696.6 1823.4 1956.8 2113.8 2293.G 2453.0 2639.5 2807.8 2980.7
1037.3
1343.4
2980.7
90.i
194.o 184.i 178.8 225.6 216.5 214.3 240.6 215.7 229.1 243.8 157.3
1729.9 1444.8 1813.0 1545.8 1905.1 1632.5 2002.7 1760.5 2118.2 1861.5 2217.5 1976.5 2330.9 2103.7 2450.8 2199.5 2576.7 2302.7 2704.3 2418.9 2771.5 2509.o
3174.7 3358.8 3537.6 3763.2 3979.7 4194.o 4434.6 4650.3 4879.4 5123.2 5280.5
90.o
129.3
2810.8
2599.0
1255.0
2429.t
2810.8
2599.0
21.5*
12.0* 22.5* 19.6* 47.4 89.i 60.2 60.0 51.i 69.o 494.3 51.7
110.4
12(1.8 44.8 63.i 133.4 157.o 62.o 59.8 , 179.8 159.4 51.2 73.4 186.5 168.3 84.G 172.9 86.4
747.4 101.4
lül.o 86.7 128.o lOl.o 115.0 127.2 95.8 103.2 116.2
1784.5
117.6
--
_
1.07
1.80
1.37
2.10
1.60
3.50
1.65
1.53
4.75
2.15
2.87
3.20
5.90
1.67
2.0l
2.95
. 3.20
2.26
1.94
3.30
3.90
2.50
1.70
4 90
3.90
2.56
2.23
4.20
3.60
1.88
2.05
4.90
5.90
2.47
1.67
4.00
3.10
2.35
2.29
3.05
3.30
2.65
2.09
4.60
3.70
1.9=
1.73
3.50
2.C5
1.45
3.90
2.34
2.10
3.80
3.50
3.06
2.00
4.4Ù
4.50
3.87
1.93
5.80
3.20
3.61
1.71
6.00
3.10
2.50
3.10 3.00
3.65
2.37
5.70
3.50
2.79
2.82
4.40
4.30
2.79
2.79
4.50
4.30
2.85
2.05
6.00
4.50
2.99
3.27
4.10
4.50
2.97
3.61
4.50
4.80
2.97
2.80
4.3»
4.30
3.25
4.27
4.50
6.60
3.73
3.26
5.50
5.3o
3.31
3.83
5.50
5.30
3.66
4.10
6.00
5.70
3.87
3.09
6.50
4.50
4.20
3.44
6.40
4.70
4.12
3.75
2.59
3.00
7.00 4.00
5409.8
2.02
2.90
2.80
4.40
5409.8
3.40
3.44
7.00
6.60
4.70 6.40
NB. Die mit * be zeichneten Ziffern beziehen sie i auf Handarbeit, die übrigen auf Maschinenbohrung. -- Der Kic htstollen wurde mit Ha ndbohrung begonnen: in äoesch enen den 24. Oktober 1872, in àdrolo den 13. September 1872. -- Di«5 Haschinenbohrung begann in Goeschenen den 4. Ap rii 1873, in Airolo den 1. Juli 1873. -- Die definitiven Komj>re ssoren wurden in Pun ition gesetzt : in G-ccschenen ] ]nde Oktober 1873 die erste (irruppe, im November 1873 die ZW(äte Gruppe, im Janua r 1874 die dritte Gruppe, im !Dezember 1874 die vierte G-mp pe, im Februar 1875 die fünfte Griippe; in Airolo Ende Ì Covember 1873 die drei ersten Gruppen, im Januar 1875 die vierte und fünfte Gruppe.
1
Beilage II.
Zur Seite 564.
Gotthardtunnel.
Fortschritt der Ausbruchs- und Ausmauerungsarbeiten während des Jahres 1875.
Südseite oder von Airolo.
Nordseite oder von Gcescheaen.
Epochen.
RichfstolIeB.
Meter.
Stand Ende December 1874 1637.3 Fortschritt im Januar 1875 92.6 83.i « « Februar « 92.1 « « März « 97.c « « April « 115.5 < « Mai « 99.3 « « Juni « « «
' « Juli « August
Erweiterung Vollausbruch oder des Sohlenscblitz.
Strosse.
Richtstollens.
Meter.
660.6 14.9
« «
113.4
56.2 77.4 55.5 53.7 72.i 64.6 57.0 56.7 85.i 118a 108.Q
119.9
« « «
« September « Oktober « November
« « «
«
« Dezember
<:
125.o 127.6 67.2 39.3
«
2810.8
1480.8
18.9 1872 1873 581.3 1874 1037.1 1875 1173.5
-- 265.4 395.2 820.2
Stand Ende Dezember Gesammtf ortschritt im Jahr « « « « ·« « »
Fortschritt nach Programm \ für 1876 J
1248
1279
Meter.
! 599.7 66.3 67.3 78.4 78.9 67.3 55.5 60,6 59.0 66.4 63.s
Meter.
Meter.
141,5
88.0
26.o 13.9
24.7 15.8
29.i 62.2 51.3
53.9 45.1 78.6
51.9
61.5
63.8
90.2
1378,9 - 693.8 -- -- 101,2 7.0 : 498.5. 134.5 552.3 ' 779.2 1344
Gewölbe.
1134
--
Westliches Oestlifhes Widerlager. Widerlager.
Meter.
103.o -- 32.0 14.o lO.o
24.o 54.5 108.0 65.5 11.0 78.o 25.o 25.o 78.8 64.o · 48.o 24.o 50,0 60.o 34.0 48.o 48.o 40.8 69.0
732.8 -- -- 88.0 644.8 1158
469.0 -- -- 103.« 366.0
1236
Meter.
88.0 -- -- 8.2
5.0 5.0 18.o 25.0 32.o 33.3 54.0 146.o 44.s
459.0 -- -- 88.0 371.o
1236
Fertiger Abzogskanal.
Riehtstollen.
Meter.
Meter.
--
1343.4
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
1104
Vollausbruch Erweiterung des Sohleuschlitz.
oder Gewölbe.
Richtstollens.
Strosse.
Meter.
656.0 6.0
Meter.
212.0
90.i 90.o
15.o 58.o 6.0 19.o 47.0 18.o 39.0 118.0 81.o 71.o
63.o 58.o 69.o 72.o 67.o 61.o 45.0 6.0 46.o 43.0 48.o 51.o
2599.o
1145.0
841.o
39.0 221.0 396.0 489.0
-- 156.o 56.o 629.0
101.4
lOl.o 86.7 128.o 101.0
115.0 127.2 95.8 103.2 116.2
101.7
494.3 747.4 1255.6 1248
11.0
1279
1344
Meter.
235.0 16.o IG.o 18.o
16.o 19.o 17.o 13.o 12.0 16.o 32.o 69.o 51.o
530.o -- 156.o 79.0 295.0 1134
Oestliclies Westliches Widerlager. Widerlager.
Meter.
Meter.
329.8 40.8
101.9
4.6
830.o 13.o 132.o 184.8 500.2 1158
Meter.
141.6
126.o
O.i
102.0 --
730.o --
126.o
101.9
141.6
115.3
-- 588.4
10.7
O.i
--
31.5
27.9
Meter.
-- -- 30.o 60.3 109.6 68.9 56.7 70.3 45.8 56.9 50.5 39.4
51.9
66.1 87.3 48.o 34.6 34.5 35.5 37.r,
Fertiger ibzngskanal.
.
1236
1236
-- -- --
-- -- -- -- -- -- -- .-- --
--
-- 1104
i
565 allein gegenüber den Leistungen, welche man in diesem Jahre zu verlangen berechtigt war, zeigt sich überall noch ein großer Abstand, mit einziger Ausnahme des Richtstollens, der entsprechend dem vertragsmäßigen Vollendungstermine vorrükte. Die Rükstände der verschiedenen Arbeiten hinter dem Stollenort ergeben so bedeutende Ziffern, daß von der früher in Aussicht genommenen Konzentrirung der Arbeiten selbst auf eine Tunnellänge von 1000 Meter abgesehen werden mußte, geschweige denn auf die im Konferenzprotokoll vom 19. Juni 1874 vorgeschriebenen 600 Meter.
Man stellte deßhalb im Programm des Nachtragvertrags, das in Tabelle III enthalten ist, nicht mehr eine zwischen Stollenort und vollendetem Tunnel einzuhaltende größte Entfernung fest, sondern man bestimmte für jede einzelne Arbeit eine solche Vollendungsfrist, daß der Tunnel auf den 1. Oktober 1880 fertig werden kann.
Es ist dies bekanntlich die Frist, von welcher ab die Konventionalstrafen für den Unternehmer ihren Anfang nehmen, während die Kaution erst mit Ueberschreitung des 1. Oktober 1881 verfallen würde, d. h. mit dem Datum, mit welchem die neun Jahre ablaufen , welche im internationalen Vertrag als muthmaßliche Baufrist des Tunnels angenommen wurden, eine Baufrist, für deren Einhaltung indessen weder die Gotthardbahngesellschaft noch die Schweiz eine förmliche Verpflichtung übernommen hat.
Mit Rüksicht auf den immer noch unvollendeten Stand der Installationen in Göschenen und Airolo wurden im Nachtragsvertrag die programmmäßigen Leistungen der Monate August bis Dezember 1875 entsprechend tief gehalten und auch für das Jahr 1876 wurde noch nicht die gleiche Leistung vorgesehen, wie für die folgenden Jahre. Bis jezt haben die Arbeiten indessen auch diesem Programm noch nicht entsprochen, was aus der beifolgenden Tabelle IV hervorgeht. Bis Ende des Jahres ergab sich zwar im Richtstollen und in der Erweiterung ein ziemlicher Vorsprang, während in den übrigen Arbeitsrubriken die Rükstände von Monat zu Monat wuchsen. Ende März 1876 ist im Richtstollen und in der Erweiterung der Vorsprung erheblich gesunken und der Rükstand auf allen andern Punkten erheblieh vermehrt. -- Das Programm für die einzelnen Monate des Jahres 1876 wird überhaupt erst eingehalten werden können, wenn die vom Unternehmer verlangten verschiedenen Ergänzungen und
Verbesserungen in den Installationen zur Ausführung gekommen und in Funktion getreten sein werden. Dazu gehören vor allem die mit Ablieferungstermin auf 1. Juli 1876 bestellten neuen Kompressoren für Göschenen und Airolo, mit Hülfe welcher eine größere Zahl von Bohrmaschinen in Thätigkeit gesezt werden können, ferner die Umänderung der Luftleitung
Beilage III.
Zur Seite 565.
Gotthardtunnel.
Arbeitsprogramm laut Nachtragsvertrag vom 21/25. September 1875.
Leistung.
fe Î3 Bezeichnung f g 'ig Vollendungs- sä der teriuin.
oa cö 1 l co J^s Arbeit.
« fco*3 "~
5g ÏÎ
-«(ss
Firstßtollen
1. Jan. 1880
18 75.
te c3 Aug.
53 10580
59
1876.
1877.
1878.
1879.
18 80.
Sept. Okt. Kov. Bez. Sum. Monat Summe. Honati Summe. Monat Summe. Monat Summe. Honat Summe.
89 118 136 182 584 208 2496 209 2508 208 2496 208 2496
Erweiterung 1. Mai 1880
57 13030* 69* 103* 138* 154* 202* 666* 213* 2556* 238* 2856* 246* 2952* 250* 3000* 250* lOOO*
Sohlenschliz I.Juni 1880
58 13160* 68* 101* 135* 151* 163* 618* 224* 2688* 237* 2844* 238* 2856* 242* 2904* 250* 1250*
Strosse
1. Sept. 1880
61 14180* 68* 102* 138* 154* 174* 636* 180* 2268* 242* 2904* 250* 3000* 267* 3204* 271* 2168*
Gewölbe
1. Aug. 1880 60 13670
Widerlager
1. Okt. 1880
62 14420
68 104 137 154 193 656 206 2472 242 2904 246 2952 258 3096 260 2340
Vollendung
1. Okt. 1880
62 14670
69 105 140 157 171 642 184 2208 250 3000 258 3096 267 3204 280 2520
60
90 122 137 173 582 193 2316 242 2904 246 2952 258 3096 260 1820
NB. Die mit * bezeichneten Ziffern Bind das Ergeimiß der Ueberreelnrang des kubischen Inhaltes des Ausbruches auf das Längenmaß.
Ì
Beilage IV.
Zur Seite 565.
<3r o t t b a r d t u n n e l .
Vergleichung zwischen der programmmässigen und wirklichen Leistung seit 1. August 1875.
im Ganzen.
per Monat.
im Ganzen.
PH
per Monat.
im Ganzen.
s
~1
Unterschied ± per Monat.
im Ganzen.
In Wirklichkeit.
per Monat.
Unterschied ±_
Nach Programm.
ll
Unterschied _+
Fertiger Tunnel.
Widerlager *).
In Wirklichkeit.
im Ganzen.
Gewölbe.
In Wirklichkeit.
per Monat.
Unterschied +_
In Wirklichkeit.
im Ganzen.
ä
Strosse.
Nach Programm.
per Monat,
Unterschied _+
Sohlenschlitz.
In Wirklichkeit.
Unterschied +_
Nach Programm.
ll Ä
In Wirklichkeit.
Epochen.
In Wirklichkeit.
Erweiterung des Richtstollens.
Bichtstollen.
Unterschied _+
per Monat.
im Ganzen.
IST'S.
August . . .
September . .
Oktober
. .
November . .
Dezember . .
Januar .
., .
Februar
. .
März
. .
«\ Tïîa 7.iff
+156.7 229.1 -1-140.1 +296.8 243.8 +125.8 +422.6 157.3 + 21.3 +443.9 129.3 - 52.7 +391.2
68 75.2 + 7.2 + 7.2 69 64.5 - 39.5 -- 32.3 105 61.5 - 28.;, + 11.0 104 72.4 - 64.6 -- 96.9 140 91.5 -- 30.5 -- 19.5 137 75.9 -- 61.i -- 80.6 154 122.2 - 31.8 -128.7 157 45.4 --127.6 --208.2 193 76.5 -116.5 --245.2 171
0 0 0 0 0
208 153.8 -- 54.2 +337.0 213 172.7 -- 40.3 + 53.5 224 147.7 -- 76.3 --195.4 189 164.7 -- 24.3 -151.0 193 103.2 -- 89.8 --298.0 206 158.6 -- 47.4 --292.6 184 208 135,8 -- 72.4 +264.6 213 174.o -- 39.0 + 14.5 224 145.o -- 79.0 --274.4 189 158.8 -- 30.2 -- 181.2 193 83.2 --109.8 --407.8 206 83.2 --122.3 --415.4 184 208 151.6 -- 56.4 +208.2 213 202.3 -- 10.2 + 4.3 224 124.6 - 99.4 --373.8 189 120.7 -- 68.3 -249.. 193 39.3 -153.7 -561.5 206 149.2 - 56.8 -472.2 184
0 0
--184.0 -lOlO.o
0
-184.0 -1194.0
59 89 118 136 182
215.7 +156.7
69 75.9 + 6.9 + 6.9 103 95.7 -- 7.3 -- 0.4 138 203.i + 65.i + 64.7 154 199.i + 45.1 +109.8 202 186.o -- 16.o + 93.8
j»_ j.
68
68 65.9 - 2.1 101 112.4 + 11.4 + 8.1 102 61.i -- 40.c 135 106.8 -- 28.2 -- 19.8 138 110.6 -- 27.4 151 99.9 - 51.i -- 70.9 154 130.5 -- 23.5 163 114.8 -- 48.2 --119.1 174 141.2 -- 32.8 65.o
-t :,, An
- 3.0 - 3.0
._ j,,.
--
2.1
-- 43.0 -- 70.4 -- 93.0 --126.7
60 90 122 137 173
99.5
+ 39.5 + 39.5
-- 69.o -- 69.o --105.0 --174.0 --140.0 --314.0 --157.0 --471.0 -171.0 --642.0
-184.0 --826.0
566
in den Tunnel durch Einführung von Röhren größern Kalibers, wodurch ein geringerer Drukverlust der Luft erzielt werden wird, sodann die Verbesserung der Ventilation durch Ingangsezung der Aspiratoren, endlich die Vermehrung des Inventars überhaupt und speziell der Bohrmaschinen und der Transportmittel.
Während des ganzen Jahres waren durchschnittlich in Göschenen beschäftigt 1436 Mann, in Airolo 1410 Mann, zusammen 2846 Mann, gegenüber 1744 im Jahr 1874. Das stärkste monatliche Mittel fiel auf den Juli mit zusammen 3466 Mann, das schw adiste auf den Januar, mit blos 2162 Mann. Die grüßte in einem Tage beschäftigte Zahl Arbeiter belief sich auf 4088 Mann (gegenüber 2470 Mann im Jahr 1874).
Im Laufe des Jahres 1875 rükte der Richtstollen auf der N o r d s e i t e von 1637.0 bis 2810.8 Meter vor. Bis auf die Tiefe von 2010 Meter blieb derselbe noch in dem bekannten Gneissgranit und Gneiss der Finsteraarhorngruppe, um von da an in die glimmerreichen dünnschiefrigen Gneisse und chlorithaltigen Schiefer des Ursernthales überzugehen, in welchen er in den Monaten Juli bis Oktober sehr große Fortschritte machte. Im Oktober traf man bei 2582 Meter Entfernung vom Portal auf die Andermal terKalkschichtenmulde, welche sich bis 2783 Meter erstrekte und von da an allmähligo wieder in den Urserngneiss überging Diese o o o Kalkzene bestand anfänglich aus Glauzschiefer, der dann in mehr krystallinische Schichten und öfters in Kalkglimmerschiefer überging. Dieses Terrain zeigte sich sehr brüchig und erforderte den Ausbau des Richtstollens auf eine längere Streke. Aus diesem Grunde und wegen Hinzutritt von Wasser (zirka 14 Liter pro Sekunde) wurde der Fortschritt im November und Dezember vermindert.
Vom 12. Dezember an mußte die Maschinenbohrung eingestellt werden.
Das Streichen der Gesteinsschichten ging wie bisher nach Nordeten und das Fallen, steil nach Südosten ; außerdem zeigten sich verschiedene Verklüftungen. Die Temperatur vor Ort erreichte während des Schlittens im Oktober und November bereits 23.8» ° C.
Im Dezember war sie während der Handbohrung und Schuttung 22.! °.
Auf der S ü d s e i t e des Tunnels wurden zwischen 1343.4 und 2599.0 Meter abwechselnd Glimmerschiefer, Quarzitschiefer, Hornblendeschiefer etc. durchfahren.
Die Gesteinsschichten zeigten wie früher Streichen nach Nordosten mit Fallen nach Nordwesten, daneben aber noch mehrfache Verklüftung, durch welche die Wasserzuflüsse in den Tunnel statt-
567 fanden, welche im dritten Quartal die bedeutende Masse von 348 Liter pro Sekunde erreichten. Die Temperatur vor Ort stieg im Dezember bis auf 21.1 ° C. während des Bohrens und auf 24 ° während des Schuttens. Im November beobachtete man 24.33° C.
Bei der dritten Verifikation der Tunnelarbeiten durch die internationale Kommission, welche den 1. Oktober in Goeschenen und den 2. Oktober in Airolo stattfand, wurden für die Schäzung der geleisteten Arbeiten die im Nachtragsvertrag angenommenen reduzirten Einheitspreise zu Grunde gelegt und zwar hauptsächlich im Hinblik auf den großen Rükstand der Ausweitung hinter dem Richtstollen. Die Tunnelbaukosten für die drei ersten Jahre belaufen sich im Ganzen auf Fr. 9,423,415 oder auf 16.v °/o der für den Tunnel bestimmten Subvention von 2/s X 85 Millionen = 562/s Millionen. Es bleiben daher noch circa 47 Millionen zu verausgaben und es muß von nun an jedes Jahr eine Leistung im gleichen Werthe, wie sie sich zusammen für die ersten drei Jahre ergab, erzielt werden, wenn der Tunnel in fünf Jahren, d. .h bis 1. Oktober 1880 erstellt werden soll. Und nimmt man selbst noch sechs Jahre als Bauzeit an, so ergibt sich als jährliche Leistung immer noch die namhafte Summe von 7.? Millionen.
Wenn -keine unerwarteten Wasserzuflüsse oder andere Störungen «intreten, so wird die Vollendung des Tunnels bis 1. Oktober 1880 noch für möglich gehalten, um so sicherer jedenfalls bis 1. Oktober 1881, welche Frist mit der im internationalen Vertrag präsumirten Bauzeit übereinstimmt.
Ueber die am 27. und 28. Juli in Göschenen stattgehabten Arbeiterunruhen,> deren Ursachen und Beilegung, wird vom JustizO Ö) und Polizeidepartement Bericht erstattet. -- Soweit technische Verhältnisse und speziell die in Folge des starken Dynamitkonsums zeitweise mit schädlichen Gasen verunreinigte Luft im Tunnel dazu Veranlaßuug gegeben haben mögen, was indessen durch die stattgehabte Untersuchung nicht bestimmt nachgewiesen werden konnte, so ist bereits Vorsorge getroffen, daß einerseits durch Vermehrung der Kompressoren und mithin des Quantums der in den Tunnel einzuführenden komprimirton reinen Luft, anderseits durch Erstellung der Aspiratoren und dadurch zu bewerkstelligende Aussaugung der schlechten und Ansaugung eines gleichen.Volumens reiner Luft in kurzer Zeit eine Ventilation stattfinden wird, wie sie in gleichem Verhältniß noch nirgends vorgekommen ist.
2. Tessinische Thalbahnen.
Neben den gewöhnlichen Ergänzungsarbeiten, wie Planirungen, Regulirungen und Vervollständigung der Geleise, Aufstellung mecha-
568
nischer Einriehtungen auf den Bahnhöfen, Einsäen der Böschungen etc.
kamen noch folgende besondere Arbeiten zur Ausführung: Beim U n t e r b a u die Vollendung aller Tunnels, soweit diese Arbeit bei Eröffnung des Betriebs noch rükständig war, die Versicherung der Tessin- und der Verzascabrüke, sowie einiger Wildbäche, die Erstellung einiger Brüken unter dem Planum der Station Chiasso,die Ergänzung der Bahnhofauffüllung von Bellinzona, Lugano und namentlich von Chiasso, die Abflachung der Böschungen etc.
Beim H o c h b a u die Vollendung einer Anzahl Stationsgebäude und die Fortführung der größern Bahnhofgebäude.
Einige dieser Arbeiten befanden sich am Schlüsse des Jahres noch im Gange und sollen, soweit es den Unterbau betrifft, bis Ende. Juni vollendet werden. Für die größern Hochbauten ist die Vollendungsfrist auf Ende 1876 festgesezt.
Für den Bahnunterhalt und den Ausbau der tessinischen Thalbahnen waren im abgelaufenen Jahre durchschnittlich 1577 Mann l beschäftigt.
o"
IT. Betrieb.
Das Nöthige betreffend Genehmigung von Tarifen, allgemeinen Anordnungen etc. ist anderwärts mitgetheilt worden, so daß wir hier davon Umgang nehmen können.
Wir geben in Beilage V eine Uebersicht des Verkehrs und der Betriebseinnahmen der tessinischen Thalbahnen für das Jahr 1875 nebst den Angaben für die drei ersten Monate des laufenden Jahres.
In Folge der Isolirung dieser Linien von andern Bahnen sind die Einnahmenergebnisse bis jezt noch ziemlich gering geblieben, wie man es nicht anders erwartet hatte. Eine merkliche Besserung in dieser Beziehung wird eintreten, sobald die Streke Chiasso-Coma eröffnet ist, was mau noch im Laufe des Jahres 1876 zu erreichen hofft.
Es verkehrten auf den beiden Streken Biasca-Locarno und Lugano-Chiasso anfänglich vier, später fünf Züge täglich in beiden Richtungen. Ueber die Betriebskosten dieser Linien ist uns bis zur Stunde kein offizieller Bericht erstattet worden und über die Zugsverspätungen und Unfälle, welche auf denselben vorgekommen sind., ·wurde oben unter Titel ,,Bahnbetrieb" das Nöthige mitgetheilt.
Zur Seite 568.
Beilage V.
Gotthardbahn.
\
Betriebs-Ergebnisse der Tessinischen Thalbahnen.
T.
Einnannien per Kilometer.
Tl*
Bahnlänge, Kilometer.
Güter-Yerkehr.
Personen- Verkehr.
Betriebene
Monate
·Zahl der beförderten Personen.
1875
1875 1876
1876
Zahl der beförderten Tonnen Güter.
Einnahmen inclusive Gepäktaxen.
1875
1876
1875
1876
1875
Total-Einnahmen.
:
Einnahmen.
1876
1875
1876
1875 1876
a. Biasca-Bellinzona-Locarno.
Ct.
Fr.
15049 15871 25151 27501 25657 22867 23917 28897 34351 28703 25035 19507
10 40 60 95 85 65 -- 72 04 34 10 83
13300 19500 24600
292511
58
Fr.
41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41
4l 41 41
Januar .
Februar .
März . .
April . .
Mai . .
Juni . .
Juli '. .
August .
September Oktober .
November Dezember
21805 20510 28120 30791 30301 24625 24243 29028 34948 29045 26335 23011
17400 21800 23400
322762
Ct.
-- -- --
967 1417 1631 3318 2620 2413 3328 3288 3391 3360 3227 3125
2161 3027 3450
32085
Fr.
Ct.
Fr.
3826 5071 6016 9424 8971 9051 10208 10364 11468 12021 12409 11743
30 35 55 05 85 05 25 30 15 20 65 60
8300 10700 11800
110576
30
Ct.
-- -- --
Fr.
Ct.
Fr.
18875 20942 31168 36926 34629 31918 34125 · 39262 45819 40724 37444 31251
40 75 15 -- 70 70 25 02 19 54 75 43
21600 30200 36400
403087
88
15086 12379 16092 14696 16886 17090 19086 23122 26306 24448 18606 13837
45 30 80 95 75 15 23 74 89 60 80 32
Ct.
.-- -- --
Fr.
Ct.
Fr.
Ct.
460
510 760 900 844 778 832 957 1117 993 913 762
37 80 20 63 63 51 32 61 54 28 29 23
526 736 887
80 58 80
9831
41
580 476 618 565 649 657 734 889 1011 940 715 532
25 13 95 27 49 31 09 34 80 33 65 20
542 523 553
30 07 85
l>. Lng-ano-Cliiasso.
26 26 26 26 26 26 26 26 26.
26 26 26
26 26 26
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober .
November Dezember
26103 20474 23926 20999 22625 23135 26647 30350 32458 28291 27005 23955 305968
22700 20100 19200
14141 11953 15345 13877 15561 15731 17379 20871 24545 22461 17165 12337 201371
-- -j82
376 686 1015 518 530 418 583
944 426 747 819 1325 1358 1706 2251 1761 1987 1441 1499
75 15 10 20 10 95 60 45 -- 60 80 50
78
6088
16269
20
70 15 70 75 65 20 63 29 89
13000 12400 13000
-- --
372 154 364 330 742
353 464 590
_ --
1100 1200 1400
--
i Ì
Die Ergebnisse der lezten 3 Monate sind approximativ.
217640 i 98
14100 13600 14400
-- --
i 8370 | 81
^
569
II. Handelswesen.
A. Gesezgebung betreifend die Arbeit in den Fabriken.
Den Entwurf zu einem Geseze über diesen Gegenstand haben wir im Dezember den eidg. Käthen vorgelegt. Ueber die umfassenden bezüglichen Vorarbeiten und über die Motive der einzelnen Bestimmungen giebt der Bericht, mit welchem wir den Entwurf begleiteten, einläßlich Aufschluß, weßhalb wir uns hier darauf beschränken, auf denselben hinzuweisen (siehe Bundesblatt IV, S. 921 ff.).
Die Arbeit der Kinder in Fabriken und Werkstätten Frankreichs.
Von der schweizerischen Gesandtschaft in Paris ist uns die Mittheiluug gemacht worden, daß aus einzelnen Kantonen der Schweiz selbst Kinder von 8 Jahren nach Paris gesendet werden, um dort in die Lehre zu treten oder Arbeit zu suchen. Nach dem von der französischen Nationalversammlung erlassenen und vom Präsidenten der Republik am 3. Juni 1874 prommgirten Geseze über die Beschäftigung von Kindern und minorennen Mädchen in der Industrie dürfen Kinder vor zurükgelegtem zwölften Altersjahr weder von Meistern zur Arbeit angenommen werden, noch ist die Aufnahme derselben in Fabriken, Werkstätten, Baupläzen gestattet.
Ferner darf kein Kind vor zurükgelegtem 15. Altersjahr länger als 6 Stunden per Tag zur Arbeit verwendet werden, wenn nicht durch ein vom Schullehrer oder Schulinspektor ausgestelltes und vom Maire, beglaubigtes Zeugniß der Nachweis geleistet wird, daß das Kind den Primarschulunterricht genossen hat.
Diese Verhältnisse wurden den sämmtlichen Kantonsregierungen mitgetheilt, um sie zu veranlaßen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, daß kantonsangehörige Kinder vor zurükgelegtem fünfzehnten Altersjahr zum angegebenen Zweke nicht nach Frankreich gesendet werden können, da denselben kein anderes Loos bevorstände, als entweder in ihre Heimath zurükbefördert zu werden, oder in's Elend zu gerathen.
.570
B. Handels- und Gewerbefreiheit im Innern der Schweiz.
Die Vorschrift des Art. 31 der Bundesverfassung, welche bestimmt, daß die Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben, über Besteurung des Gewerbebetriebs und über die Benuzung der Straßen den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen, sowie Entscheidungen, welche wir auf eingegangene Beschwerden auf diesem Gebiete zu treffen im Falle gewesen sind, haben eine Reihe von Kantonen veranlaßt, die bei ihnen über obige Materien bestehenden Verordnungen einer Revision zu unterwerfen und dieselben insoweit durch neue Bestimmungen zu ersezen, als sie mit der obgenannten Vorschrift der Bundesverfassung nicht mehr vereinbar schienen.
Aus dem Umstände, daß die Regierung eines Kantons eine derartige neue Verordnung vor Publizirung derselben uns zur Prüfung und Genehmigung eingesandt, eine andere kantonale Behörde sogar vor Erlaß neuer Bestimmungen über die verfassungsmäßige Zuläßigkeit derselben Erklärungen von uns verlangt hat, während die übrigen Kantone, welche in der Lage gewesen sind, ihre bisherigen Vorschriften über Ausübung gewisser Gewerbe zu modifizireu, ihre neuen Verordnungen ohne Weiteres in Kraft gesezt und zur Ausführung gebracht haben, schien uns hervorzugehen, daß über die Stellung der Kautone zum Bunde bei Erlaß solcher unter litt, c des Artikel 31 der Bundesverfassung fallender Verordnungen Terschiedene Ansichten herrschen. In Folge dessen erließen wir an sämmtliche Kantone ein Kreisschreiben, worin wir denselben erklärten, daß wir unsererseits nichts dagegen einzuwenden haben, wenn die Kantone die in litt. c. des Artikel 31 vorbehalteiieu Verfügungen von sich aus erlassen und in Vollziehung sezeu, um so weniger, als die Bundesverfassung den Kanionen eine vorgängig« Einholung der Bundesgenehmigung, wie sie bei andern Gesezen ausdrüklich vorgesehen- ist, in Betreff jener Verfügungen nicht vorschreibt und das praktische Bedürfniß der kantonalen Verwaltungen in der Regel eine rasche Ordnung der in Frage liegen« len Verhältnisse erheischt. Bei Erlaß der Verfügungen sollen die Kantouo darauf achten, daß sie den Grundsaz der Handels- und Gcxverbefreiheit nicht beeinträchtigen.
Hinwieder behalten wir uns selbstverständlich vor, jederzeit, sei es bei Anlaß von einlaufenden Beschwerden von Bürgern,
sei es in Folge der an die Hand genommenen Durchsicht der von den Kantonen eingeforderten Geseze und Verordnungen über Ausübung von Handel und Gewerbe, die fernere Anwendung von Bestimmungen zu untersagen, welche wir mit dem in Art. 31 der Bundes-
571
Verfassung aufgestellten Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit unvereinbar erachten würden, über welche Entscheide natürlich immerhin die Berufung an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft offen steht.
Ueber die im Berichtjahre in Sachen der Handels- und Gewerbefreiheit behandelten Rekurse geben hinsichtlich der Zahl, des Gegenstandes und der Kantone beiliegende Uebersichtstabelleu nähern Aufschluß.
Wirthschaftswesen.
Die Motive, welche diesen Entscheiden je nach Beschaffenheit des konkreten Falles zu Grunde gelegt wurden, sind folgende: Die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte Handelsund Gewerbefreiheit ist keine schrankenlose, so daß ohne Weiteres jedes Gewerbe, somit auch ein Wirthschaftsgewer.be eröffnet und betrieben werden dürfte. Wenn die zuständigen kantonalen Behörden die Ertheilung einer Wirthschaftsbewilligung von der Erfüllung nachstehender Bedingungen abhängig machen, so wird dies nicht als unvereinbar mit jenem Grundsaze betrachtet: a. Daß der Bewerber die moralische Garantie für Handhabung guter Ordnung und Beobachtung der gesezlichen Vorschriften bietet.
Im Interesse der öffentlichen Sittlichkeit darf die Ertheilung einer Wirthschaftsbewilligung verweigert resp. eine schon ertheilte Bewilligung wieder zurükgezogen werden.
Dagegen wurde der Umstand, daß der Bewerber um ein solches Recht ein Mal wegen unbefugtem Wirthen gerichtlich bestraft oder dieses Vergehens wiederholt angeklagt, a.ber nie verurtheilt worden ist, nicht als zureichendes Motiv zur Verweigerung des nachgesuchten Wirthschaftsrechtes betrachtet.
In einem speziellen Falle handelte es sich um die Frage, ob das Recht zur Betreibung eines Gewerbes, somit auch einer Wirthschaft, nur durch gerichtliches Urtheil entzogen werden könne.
Dieselbe wurde verneint. Indem die Administrativbehörde die Ertheilung eines Wirthschaftspatentes von der Erfüllung gewisser Bedingungen abhängig machen kann, so hat sie ipso jure auch die Kompetenz, im einzelnen Falle zu untersuchen und zu entscheiden, ob der Petent die moralische Garantie zur Erfüllung der betreffenden Bedingungen biete.
b. Daß das Lokal nicht gesundheitsschädlich sei.
I.
Zur Seite 571.
Rekursbeschwerden.
1875.
Nicht- .
Abweisung.
eintreten.
Kantone.
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Bern .
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Von der Eegierung des betr. Kantons erledigt.
Summa.
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Zur Seite 571.
Nichteintreten.
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Wirthschaftswesen
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Abweisung.
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Begründeterklärung.
1
Rükzug.
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3
Von der Kegierung des S u m m a .
betr. Kantons erledigt.
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Zur Seite 571.
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Kantone.
Verkauf i Vorkauf Mehl- und öjoß- j ilarkt- und von apothekervon i Brodlandel mit HausirGrewerbe. Geheim- ' Lebens- ! Taxe.
geistigen Verkehr.
mittein, i mittein.
Setranken.
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Zürich Bprn Luzern Uri Schwyz Obwalden . . .
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o Glarus Zue Freiburg Solothurn . . .
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Summa 59
572
c. Daß dasselbe nicht in der Nähe einer Schule, einer Kirche,, eines Spitals oder einer ähnlichen Anstalt sich befinde.
Der Entscheid eines speziellen Falles (Bern) hieng von der Frage ab, ob auch eine Strafanstalt zu ,,ähnlichen Anstalten" gezählt werden dürfe. Die Antwort wurde im bejahenden Sinne ertheilt.
d. Daß zum Lokal ein freier Zugang sei und daß dasselbe von der Polizei leicht überwacht werden könne.
Indessen darf die Bewilligung nicht aus dem Grunde verweigert werden, weil das Gebäude, in welchem die Wirthschaffe betrieben werden soll, in einer abgelegenen Gegend und entfernt vom nächstgelegenen Polizeiwachposten sich befindet. "Wenn aber in einem solchen Falle wegen der größern Gefahr für Gesezesverlezungen auf die moralische Garantie des Bewerbers für Aufrechthaltung von Ordnung und Beobachtung gesezlicher Vorschriften besonderes Gewicht gelegt wird, so ist dagegen nichts einzuwenden.
In den Fällen, wo der Rekurrent behauptete, daß er die bezeichneten Bedingungen erfülle, daß er aber dennoch von der kantonalen Regierung einen abweisenden Bescheid erhalten habe, weil dieselben bei ihm unrichtig angewendet worden seien, wurde die Antwort dahin ertheilt: Da es sich somit um die Geltendmachung resp. Verlezung einer vom Standpunkt des Art. 31 der Bundesverfassung zuläßigen kantonalen Vorschrift handle, so sei es vorab Sache der zuständigen kantonalen Oberbehörde, hierüber zu erkennen. Die Bundesbehürde behalte sich das Recht vor, nach diesem Instanzenzug im Rekursfalle zu untersuchen und zu entscheiden, ob dabei Bundesvorschriften verlezt worden seien.
Zwei Rekursentscheide des Bundesrathes, die sich auf einzelne der angegebenen Motive stüzen, sind vor das Forum der eidg. Räthe gezogen worden ; der eine von denselben ist bestätigt und der Rekurrent abgewiesen (vide Bundesblatt v. J. 1875 III, pag. 642 ff., 856 ff. und 861), der andere (vide Bundesblatt v. J. 1876 I, pag. 59 u. 61) im Berichtjahre noch nicht erledigt worden.
Bei einem Rekurse war die Frage zu entscheiden, ob der § 8 des solothurnischen Gesezes vom 27. März 1847 über Abänderung der Wirthschaftsgeseze unter der neuen Bundesverfassung noch zuläßig sei. Jener Paragraph lautet: ,,Wer schon ein Tavernenrecht oder eine Speise- oder Pintenwirthschaft besizt, kann mit Ausnahme einer Sommerwirthschaft kein zweites Patent erhalten."
573 Die Frage wurde vom Bundesrathe verneint und der Rekurs als begründet erklärt. Wenn ein und dieselbe Person bezüglich mehrerer Wirtschaften, seien diese in ein und demselben oder in verschiedenen Häusern, den Vorschriften wie die oben aufgezählten zu entsprechen vermag, was im konkreten Falle nicht bestritten war, und immerhin in jedem speziellen Falle zu untersuchen ist, so liegt kein Grund vor, ihr den Betrieb mehrerer Wirtschaften zu verweigern.
In einer von 382 Wirthen des Kantons Aargau unterzeichneten Beschwerdeschrift wurde folgendes Schlußgejuch gestellt: a. Es sei das aargauische Wirthsgesez als mit den Bestimmungen der neuen Bundesverfassung im Widerspruch stehend und daher im Sinne der Uebergangsbestimmungen der leztern (Art. 2) außer Kraft zu erklären.
b. Der Regierungsrath sei zu verhalten, dem Großen Rathe des Kantons mit aller Beförderung den Entwurf zu einem neuen Wirthechaftsgeseze zu unterbreiten und bis zu dessen Inkrafttreten eine Verordnung hinsichtlich des Wirthschaftswesens zu erlassen, welche mit dem Art. 31 der Bundesverfassung und der demselben vom Bundesrathe gegebenen Interpretation im Einklang sich befinde.
c. Es sei endlich dafür Sorge zu tragen, daß den Rekurrenten die seit 1. Oktober 1874 bezahlten Wirthschaftsgebühren und Geträiikeabgaben ganz oder theilweise zurükerstattet werden.
In einer zweiten Beschwerde des Komites der Gastwirthe des Suhrenthals wurde neben der Bestreitung, daß unter der neuen Bundesverfassung von den Wirthen besondere Steuern gefordert werden dürfen, geltend gemacht, daß es nicht mehr zuläßig sei, für die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes eine Konzession zu yerlangen und bezüglich des Umfangs der Berechtigung die Unterscheidung in Tavernen-, Bad-, Finten-, Kaffee- und Eigengewächswirthschaften aufzustellen.
Diese beiden Kollektivbeschwerden wurden abgewiesen. Die Motive unseres Entscheides, welche bei der Behandlung von andern Rekursen ähnlicher Natur und Beantwortung von Einfragen in analoge Anwendung kamen, lassen wir der Wichtigkeit des Gegenstandes wegen hier in extenso folgen: 1) Es ergibt sich aus dem von den Rekurrenten Vorgebrachten wie aus der Vernehmlassuug der Regierung von Aargau, daß die durch den hierseitigen Beschluß vom 11. Dezember 1874 (vide Bundesblatt v. Jahr 1874, EI, pag. 888 ff.) veranlaßte Aufhebung der Art. 19--25 des aarg. Wirthschaftsgesezes, laut welchen ,,die Wirthschaftsbewilligungen einzig nach Maßgabe des durch Bevöl-
574
Tterung und Verkehr des Ortes sich ergebenden öffentlichen Bedürfnisses" ertheilt wurden, dem fraglichen Geseze seine Hauptgrundlage entzogen, namentlich die Voraussezungcn für die bisherige Besteurung des Wirthschaftsgewerbes wesentlich verändert hat.
2) Die Aufrechthaltung dieser Besteurung in Art und Maß veranlaßt die Rekurrenten zur Klage über ausnahmsweise, ungerechte Belastung des Wirthschaftsgewerbes zu Gunsten des aargauischen Fiskus und zur Beschwerde über Beeinträchtigung der Handelsund Gewerbefreiheit.
3) So triftig die Gründe sein mögen, welche die Rekurrenten gegen die Behandlung aufführen, welcher das Wirthschaftsgewerbe im Steuerwesen des Kantons Aargau unterliegt, so steht, da das Steuerwesen der Kantone Sache der kantonalen Behörden ist, dem Bunde ein Recht zur Intervention von diesem Boden aus nicht zu.
es sei denn, daß nachgewiesen würde, daß in der Steuergesezgebung des Kantons Aargau die Schweizerbürger den Bürgern des Kantons nicht gleich gehalten würden, was von keiner Seite behauptet wird.
4) Dagegen hat die Bundesbehörde zu untersuchen, ob die angefochtene besondere Besteurung des Wirthschaftsgewerbes mit den Bestimmungen des Art. 31 der Bundesverfassung betreffend Handelsund Gewerbefreiheit vereinbar sei, wobei zu bemerken ist, daß die Rekurrenten Aufhebung aller und jeder besondern Besteurung des Wirthschaftsgewerbes verlangen.
5) Der Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet die Freiheit des Handels und der Gewerbe im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft, beschränkt jedoch diese Freiheit durch verschiedene Vorbehalte, unter welchen in litt. c. ausdrüklich genannt sind: ,,Verfügungen über Besteurung des Gewerbebetriebes."
6) Die Auslegung, welche die Beschwerdeführer dieser Bestimmung geben zu wollen scheinen und welche darauf hinauslaufen würde, daß damit lediglich gesagt wäre, es dürfen auch die Gewerbtreibenden den allgemeinen Vorschriften des Kantons über Versteurung von Vermögen und Erwerb unterstellt werden, ist deßhalb unhaltbar, weil sich dieß von selbst versteht. Die Bundesverfassung hat dabei vielmehr die in allen Kantonen bestehenden besondern, auf einzelne Gewerbe sich beziehenden Steuervorschriften im Auge und will durch den Vorbehalt in litt. c. Vorsorgen, daß aus dem allgemeinen Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit nicht ohne Weiteres die
Beseitigung aller Vorschriften der genannten Art gefolgert werde.
7) Die Bundesverfassung unterstellt jedoch im lezten Lemma des Art. 31 auch diese Vorschriften der Kontrole des Bundes, in-
57»
dem sie vorschreibt, daß dieselben den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen.
8) Eine Auslegung dieser Bestimmung, welche zu dem Ergebniß führt, daß die Besteurung eines Gewerbebetriebes als eine Beeinträchtigung des Grundsazes der Gewerbefreiheit selbst angesehen werden müßte, ist deßhalb unhaltbar, weil alsdann litt, c des Art. 31 neben dem lezten Lemma derselben nicht mehr bestehen könnte.
Es kann sich also nur darum handeln, im einzelnen Falle zu untersuchen, ob ein bestimmtes Gewerbe durch die Art und Weise seiner Besteurung in seiner Freiheit beeinträchtigt werde, wobei selbstverständlich die Freiheit des Gewerbebetriebes nicht mit der Rentabilität desselben verwechselt werden darf, da jede Besteurung, eine gewisse Schmälerung der leztern in sich schließt.
9) Aus der Darstellung- der Rekurrenten, wie aus den Bestimmungen des aargauischen Wirthschaftsgesezes selbst ist nun allerdings ersichtlich, daß die Abgaben, welche das Wirthschaftsgewerbe im Kanton Aargau an Staat und Gemeinde zu bezahlen hat, sehr erheblich sind.
Dagegen muß aus dem Faktum, welches die Rekurrenten selbst konstatiren, daß seit Aufhebung der Art. 19--25 des aargauischen.
Wirthschaftsgesezes, durch welche Wirthschaften nur bei nachweisbarem öffentlichen Bedürfniß bewilligt wurden, troz Fortbestand der .Steuerbestimmungen die Zahl der Wirthschaften im Kanton sich beträchtlich vermehrt hat und nach Ansicht der Rekurrenten noch weiter vermehren wird, geschlossen werden, daß fragliche Steuerbestimmungen für den Bestand und die Ausdehnung des Wirthschaftsgewerbes ein eigentliches Hemmniß nicht sind.
10) Die Rekurrenten beklagen sich auch nicht sowohl darüber, als vielmehr über die Ungerechtigkeit, welche darin liege, daß das Wirthschaftsgewerbe dieser starken besondern Belastung unterliege, während andere Gewerbe ledigtieh die einfachen, allgemeinen Staatsund Gemeindesteuern zu tragen haben.
11) Die Beseitigung dieses nicht zu leugnenden Mißverhältnisses ist deßhalb nicht Sache des Bundes, weil das Steuerwesen in das Gebiet kantonaler Befugniß gehört, im vorliegenden Falle also es Aufgabe der gesezgebenden Behörde des Kantons Aargau sein wird, diejenigen Veränderungen im Wirthschafts- und Steuerwesen eintreten zu lassen, welche der jezigen Lage des Wirthschaftsgewerbes entsprechen,
eine Aufgabe, welche laut den Erklärungen der Regierung von Aargau, bereits ernstlich an die Hand genommen ist.
12) Was das Erforderniß einer Konzession betrifft, so ist dasselbe mit dem Grundsaze des Art. 31 der Bundesverfassung nicht
576 unvereinbar. Der Betrieb einer Wirthschaft darf von der Erfüllung gewisser Bedingungen (vide oben pag. 75) abhängig gemacht werden. Im einzelnen Falle ist zu untersuchen, ob diesen Bestimmungen entsprochen wird oder nicht. Vom Ergebniß dieser Untersuchung darf die kompetente Behörde die Ertheilung der Konzession abhängig machen.
13) Wenn die Wirthschaften nach dem Umfange der Berechtigung in Tavernen-, Bad-, Finten-, Kaffe- und Eigengewächswirthschaften unterschieden werden, wie es in Aargau und in andern Kantonen geschieht, um einen Maßstab bei der Besteurung zu haben, so ist hiegegen mit Hinsicht auf die Zuläßigkeit einer besondern Besteurung des Wirthschaftsgewerbes nichts einzuwenden.
Tanzverordnung.
Die Tanzverordnung des Kautons Schwyz beschränkt die öffentlichen Tänze auf gewisse Tage, wie Fastnacht, Kirchweihe und Ausschießen der Schüzengesellschaften. Ohne spezielle Bewilligung darf außer jenen Tagen öffentlicher Tanz nicht abgehalten werden.
In einem Rekurse hieng die Frage, ob derselbe begründet sei oder nicht, davon ab, ob jene Vorschrift gegen den Art. 31 verstoße. Der Rekurs wurde als nicht begründet abgewiesen und .zwar aus folgenden Motiven: Jene Vorschriften gehören in die Kategorie der Gewerbepolizei, die in erster Linie Sache der Kantone ist. Hinwieder dürfen aller·dings die von den Kantonen aufgestellten gewerbepolizeilichen Vorschriften den Grundsaz der Gewerbefreiheit, wie er in der Bundesverfassung Art. 31 garantirt ist, .nicht beeinträchtigen.
Die Bestimmung der schwyzerischen Tanzverordnung, wonach die Abhaltung von öffentlichem Tanz nicht in's Belieben eines Wirthes gesezt, sondern auf gewisse Tage beschränkt ist, und wonach außer diesen Tagen ohne spezielle Bewilligung öffentlicher Tanz nicht abgehalten werden darf, verstoßt nicht gegen den allegirten Art. 31.
Kleinverkauf von geistigen Getränken.
Spezereihändler im Kanton Luzern und Freiburg erhielten auf das bei ihren resp. Regierungen gestellte Gesuch um die Bewilligung zum Kleinverkauf von geistigen Getränken über die Gasse abweisenden Bescheid, weil nach den betreffenden kantonalen Vorschriften ohne Wirthschaftskonzession geistige Getränke im Kleinen nicht verkauft werden dürfen.
577 Der Bundesrath hat die gegen die Abweisung bei demselben eingereichten Rekurse als nicht begründet abgewiesen.
Jene kantonalen Vorschriften, welche den Kleinverkauf von geistigen Getränken vom Besiz eines Wirthschaftspatentes abhängig machen, gehören in die Kategorie der Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben (§ 31, c der Bundesverfassung), die hinwieder den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen. Eine solche Beeinträchtigung würde in jenen Vorschriften nur dann liegen, wgnn dem Spezereihändler, welcher solche Getränke über die Gasse Verkaufen will, verwehrt wäre, eine Wirthschaft zu errichten. Dies ist grundsäzlich nicht der Fall, wohl aber ist der Betreffende dann genöthigt, denjenigen Erfordernissen Genüge zu leisten, welche von denen, die eine Wirthschaft betreiben wollen, aus polizeilichen und sanitarischen Gründen, betreffend ihre Person, ihr Lokal etc.a gefordert werden. Das Verlangen solcher Garantien seitens der öffentlichen Polizei, Untersuchung im Einzelnen vorbehalten, ist gerechtfertigt.
Die von Rekurrenten gemachte Einwendung, daß es sich nur um den Verkauf über die Straße und nicht um Konsurnation an Ort und Stelle handle, ist nicht zureichend, da bei der Gestattung des Verkaufs geistiger Getränke in kleinen und kleinsten Quantitäten die Konsumation im Verkaufslokal nicht verhindert, jedenfalls nicht wirksam kontrolirt werden kann. Wenn dio Rekurrenten einen Verkauf geistiger Getränke betreiben wollen, welcher in den Wirthschaftsbetrieb übergeht, so mögen sie denjenigen Bedingungen sich unterziehen, welche die kantonale Gesezgcbung und Verwaltung unter Beachtung des Art. 31 der Bundesverfassung für Ausübung dieses Gewerbes aufstellt. -- Das aargauische Gesez über das Wirthschaftswesen vom 14. Dezember 1853 enthält in § l folgende Bestimmung: ,,Der Handel mit geistigen Getränken jeder Art ist freigegeben, mit der Beschränkung, daß Wein, Obstwein und Bier nicht unter zehn Maß, gebrannte Wasser nicht, unter z w e i Maß auf einmal an.
dieselbe Person abgegeben werden dürfen. tt ^Kleinere Quantitäten dürfen nur in den dazu berechtigten Wirtschaften o»-eoieu Entselt verabfolgt werden."
o Mehrere Krämer dieses Kantons, welche in der Meinung waren, mit der Annahme der neuen Bundesverfassung (Art. 31 u. Art. 2 der Uebergangsbestimmungen)
seien obige Vorschriften des aargauischen Gesezes ohne Weiteres clahingefallen, haben geistige Getränke in kleineren Quantitäten verkauft und wurden deßhalb bestraft. Sia Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.
39
578
rekurrirten das Straferkenntniß an Bundesrath und erhielten einen abweisenden Bescheid, im Wesentlichen gestüzt auf folgende Gründe : Es ist richtig, daß nach Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung diejenigen Bestimmungen der kantonalen Geseze, welche mit der neuen Bundesverfassung im Widersprüche stehen, mit Annahme derselben außer Kraft treten.
Das Urtheil darüber, ob eine Bestimmung eines kantonalen Gesezes mit der Bundesverfassung im Widerspruch stehe, ist aber nicht Sache des einzelnen Bürgers, sondern im Streitfalle Sache der Bundesbehörde. So lange, diese nicht die Unvereinbarkeit einer bestimmten kantonalen Verfügung oder Vorschrift mit der Bundesverfassung förmlich ausgesprochen hat, besteht die fragliche Verfügung oder Vorschrift in Kraft. Dies ist der Fall mit den Vorschriften des aargauischen Wirthsgesezes, nach welchen der Handel mit geistigen Getränken bestimmten Beschränkungen unterworfen ist. Es läßt sich somit gegen die Bestrafung, die sich die Rekurrenteu durch Uebertretung der fraglichen Vorschriften zugezogen haben, nichts einwenden. -- Bei diesen Rekursen kam die weitere Frage in Betracht, ob die Vorschrift des aargauischen Wirthschaftsgesezes, wegen deren Uebertretung die Rekurrenten bestraft wurden, in Zukunft aufrechterhalten werden könne, beziehungsweise, ob dieselbe mit dem Art. 31 der Bundesverfassung vereinbar sei.
Gestüzt auf die oben bei den Rekursen der Spezereihändler aus Luzern und Freiburg angegebenen Motive (pag. 81) *) wurde .diese Frage bejaht.
Grosshandel mit geistigen Getränken.
Einige Weinhändler des Kantons Bern verlangten, der Bundesrath mcichte die Bestimmungen der §§ l, 2 und 3 des bernischen Gesezes vom 29. Mai 1869 betreffend den Handel mit geistigen Getränken als im Widerspruch mit Art. 31 der Bundesverfassung erklären? Dieselben lauten : § 1. ,,Der Handel mit geistigen Getränken steht Jedermann frei. Ausgeschlossen sind die gebrannten Wasser.
§ 2. T;Wer den Handel mit gebrannten geistigen Flüssigkeiten betreiben oder solche Flüssigkeiten über die Gasse verkaufen will, bedarf .einer., besondern Bewilligung. Die Bewilligung ist nur solchen Personen ,zü ertheilen, welche ehrenfähig, eigenen Rechtes und im Besiz eines guten Leumundes sind."
*) Die Paginatnr bezieht sieb, auf die Spezialansgabe vom Bericht über Eisenbahnen und Handel.
579 ,,Ohne Wirthschaftsbewilligung dürfen jedoch nicht weniger als 5 Maß gebrannte geistige Getränke auf einmal an die nämliche Person verkauft werden.'1 § 3. ,,Für die Bewilligung zum Verkauf gebrannter geistiger Flüssigkeiten ist eine jährliche Gebühr von Fr. 50--500 zu bezahlen."
In anologer Anwendung der bei den Entscheiden betreffend den Kleinverkauf von geistigen Getränken oben aufgezählten Motive wurde auf dieses Besrehren eine abweisende Antwort ertheilt.
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Markt- und Hausirverkehr.
Von den im Berichtjahr behandelten Geschäften, welche den Hausirhandel betreffen, sind einige ebenfalls grundsäzlicher Natur.
I. Die Regierung von Bern ertheilte auf das Gesuch eines Aargauers um Ausstellung eines Hausirpatentes abweisenden Bescheid und zwar im Wesentlichen aus folgenden Motiven : Das kantonale Gewerbegesez bestimme, daß solche Pateute nur an im Kanton angesessene Personen auf Empfehlung des Gemeinderathes und des Regierungsstatthalters ertheilt werden sollen.
Das kantonale Gesez über Aufenthalt und Niederlassung vom 17. Mai 1869 verlange für die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes die Niederlassung. Diese Bedingungen seien vom Peteuten nicht erfüllt. Der Hausirhandel schade der Bevölkerung mehr als er ihr nüze; wäre derselbe frei, so hätten wir zu gewärtigen, daß die Hausirer namentlich auch aus den Nachbarstaaten unser Land mit ihren zusammengetragenen Ausschußwaaren überschwemmten, ohne daß von ihnen etwas Anderes verlangt werden könnte als eine ihren Handel besteuernde Taxe; in Bezug auf die Erfüllung der übrigen bürgerlichen Pflichten würden sie leer ausgehen und gegenüber den Aufenthaltern und Niedergelassenen eine bevorzugte Stellung einnehmen, die mit dem verfassungsmäßigen Grundsaz der Gleichheit nicht verträglich sei.
Der gegen diese Schlußnahme beim Bundesrath eingereichte Rekurs wurde als b e g r ü n d e t erklärt und zwar aus folgenden Gründen : l. Wenn einerseits das Recht der Regierung von Bern, Verfügungen über Ausübung von Handel Und Gewerben, also auch über den Hausirhandel im Kanton, zu erlassen, nach litt, c des Art. 31 der Bundesverfassung unbestreitbar ist", so stehen andererseits diese Verfügungen gemäß dem lezten Lemma des Art. 31 unter dem ausdriiklichen Vorbehalt, daß sie den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beinträchtigen dürfen.
580 2. Die Berufung der Regierung von Bern auf die kantonalen Gesezesvorschriften, wonach Patente für den Hausirhandel nur an im Kantoue a n g e s e s s e n e Personen ertheilt werden sollen, ist unzureichend, da es sich gerade darum handelt, zu prüfen, ob diese kantonalen Vorschriften, gestüzt auf welche die Regierung dem Rekurrenten die Ertheilung eines Hausirpatentes verweigert hat, mit der angeführten Bestimmung der Bundesverfassung noch vereinbar sind.
3. Die Freiheit des Handels ist dem Schweizer im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet und nicht nur in dem Kantone oder den Kantonen, in welchen er niedergelassen ist.
Was den Hausirhandel, den der Beschluß des Bundesrathes vom 11. Dezember 1874 als unter die Bestimmungen des Art. 31 der Bundesverfassung fallend anerkannt hat, insbesondere anbetrifft, so ist es gerade dessen wesentliche Eigeuthümlichkeit, daß derselbe ambulant die Bevölkerung beliebiger Gebiete der Schweiz aufsucht und daß der au einem Orte fest niedergelassene Händler sich in allen andern Gebieten, welche er, seinen Handel ausübend, besucht, nur vorübergehend aufhält. Den Hausirhändler nöthigcn, in jedem Kanton, den er betreten, oder gar, was noch möglich wäre, in jeder Gemeinde, innerhalb welcher er seinen Handel treiben will, vorerst die Niederlassung zu erwerben, wäre eine Aufhebung des Ifausirhandels selbst und eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit, welche über das hinausgeht, was den Kantonen in Betreff Ausübung von Handel und Gewerben zu verfügen gestattet ist.
4. Die besondere polizeiliche Ueberwachung dieser Ilaudelsart, welche die Vernehmlassung der Regierung von Bern besonders betonte, und die ihre Berechtigung hat, erheischt die Bedingung der Niederlassung im Kanton nicht, da nicht einzusehen ist, warum der in einem andern Kanton niedergelassene Hausirer bei seinem Betrieb im Kanton Bern nicht ebensogut unter der nöthigeu polizeilichen Kontrole gehalten werden könnte, wie der in einer Gemeinde des Kantons Bern selbst ansäßigc Hausirer.
o. Wenn endlich die Eingabe der Regierimg von Bern noch geltend macht,7 daß ohne die Bedingung der Niederlassuno;O Hausirer O O O Jahr aus Jahr ein im Lande umherziehen dürften, wobei von dieseiî Individuen nichts Anderes verlangt werden könnte, als höchstens eine ihren Handel besteuernde Taxe, sie selbst aber in
Bezug auf die Erfüllung der übrigen bürgerlichen Pflichten leer ausgingen, und ihnen somit gegenüber den Aufenthaltern und Niedergelassenen eine bevorzugte Stellung eingeräumt würde, so ist dies nur richtig, wenn man sich auf den kantonalen, nicht aber, wenn man sich auf den schweizerischen Standpunkt stellt; denn erfüllt der Hausirer
581 seine bürgerlichen Pflichten nicht in allen Kantonen, auf die sein Handel sich erstrekt, so hat er sie doch in dem Kantone zu erfüllen, wo er ansäßig und niedergelassen ist, und ein Mehreros als dies kann nicht verlangt werden.
6. Was die Angehörigen derjenigen Staaten betrifft, welche vertragsgemäß als Schweizer zu behandeln sind, so kann selbstverständlich auch ihnen, vorausgesezt, daß sie in einem Kantone der Schweiz niedergelassen sind, der freie Hausirbetrieb in andern Kantonen nicht verweigert werden.
·o^II. Einem Oesterreicher ist in den Kantonen Thurgau und St. Gallen die Eintheilung eines Hausirpatentes verweigert und sein beim Bundesrathe eingereichter Rekurs als unbegründet abgewiesen worden; denn laut Erklärung der österreichischen Gesandtschaft an das Polizoidepartement von Thurgau, d. d. 14. August 1873, sind auf dem Gebiete des Kaiserthums Oesterreich die Ausländer vom Hausirhandel gänzlich ausgeschlossen, und hat diese im Hausirpatente Oesteireichs vom 14. September 1852 enthaltene Bestimmung durch den zwischen Oesterreich und der Schweiz im Jahre 1868 abgeschlossenen Handelsvertrag keine Abänderung erlitten.
Hienach wird von Oesterreich gegenüber der Schweiz die Reziprozität, betreffend die im Art. 31 der Bundesverfassung garantirte Handels- und Gewerbefreiheit, soweit sie den Hausirhandel beschlägt, nicht beobachet und kann es deßhalb auch nicht als eine Verlezung jener Verfassungsvorschrift angesehen werden, wenn die zuständigen Kantonalbehörden, wie es in Thurgau und St. Gallen stattgefunden, Angehörigen von Oesterreich die Bewilligung zum Hausiren verweigern.
III. Die kaiserlich deutsche Gesandtschaft in Bern stellte die Einfrage, ob in der Schweiz Deutsche zum Gewerbebetrieb im Umherziehen zugelassen werden, und wenn dieses der Fall sei, nach welchen Gesichtspunkten und unter welchen Bedingungen diese Zulassung erfolge.
Hierauf wurde erwidert: In Folge des in der Bundesverfassung vom Jahre '1874 aufgestellten Grundsazes der Handels- und Gewerbefreiheit sei der Hausirhandel im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gestattet; jedoch habe der Hausirer die in den betreffenden Kantonen, in denen er seinen Handel betreiben will, aufgestellten polizeilichen Vorschriften zu beachten. Die meisten Kantone haben hierüber Spezial-Geseze oder Verordnungen, nach welchen zur Ausübung
des Hausirhandels ein Patent der betreffenden kantonalen Amisstelle erforderlich sei, ein Ausweis über guten Leumund verlangt, verschiedene Gegenstände vom Hausirhandel ausgeschlossen,
582 dem Hausirer vorgeschrieben werde, daß er ohne Einwilligung des Bewohners nicht in ein Haus oder Wohnung eindringen dürfe. Das Patent könne demjenigen verweigert werden, welcher nicht in irgend einem Orte der Schweiz n i e d e r g e l a s s e n sei. Ein Angehöriger Deutschlands, welcher sich um ein Hausirpatent bewerben will, habe deßhalb sich darüber auszuweisen, daß er in der Schwe/iz Niederlassung genommen habe.
IV. Die aargauische Verordnung vom 3. August 1804, betreffend F l e i s c h v e r k a u f - P o l i z e i , schreibt vor, daß ,,nur an den hiezu eigens bestimmten öffentlichen Fleischbänken Fleisch auszuhauen und zu verkaufen gestattet" sein soll. Laut der aargauischen Verordnung vom 1. Hornung 1875, betreffend den Hausirhandel, ist nicht erlaubt, mit Fleisch zu hausircn.
Auf ein Rekursgesuch, es möchten diese Vorschriften als unvereinbar mit Art. 31 der Bundesverfassung erklärt werden, wurde ein abweisender Bescheid ertheilt.
Wenn auch Bestimmungen, welche eine Einschränkung der Freiheit des Handels und der Gewerbe enthalten, strikte zu interpretiren sind, so unterliegt doch keinem Zweifel, daß zufolge der beim Art. 31 der Bundesverfassung gemachten Vorbehalte im Interesse des öffentlichen Wohls sauitätspolizeiliche Bestimmungen bezüglich des Verkaufs von Lebensmitteln und namentlich auch von Fleisch-Waaren aufgestellt werden dürfen. Dies geschieht durch die oben enthaltenen Bestimmungen der bezeichneten Verordnungen.
Als unzuläßig könnten jene nur dann betrachtet werden, wenn sie dem Schlußsaze von Art. 31 widersprechen würden. Es ist dies nicht der Fall. Bei jenen Bestimmungen ist Jedermann unbenommen, den Handel mit Fleisch waaren, resp. gedörrtem Spek, im Aargau zu betreiben, nur sind dabei die betreffenden Vorschriften zu befolgen. Wenn der freie Handel durch solche Vorschriften allerdings beschränkt wird, so rechtfertigt sich dies durch die Kontrole, welche beim Verkauf von Fleischwaaren wohl motivirt ist.
Vorkauf von Lebensmitteln.
Das Polizei-Reglement von Chaux-de-fonds enthält folgende Bestimmung: Art. 108. L'accaparement des denrées est interdit.
En conséquence les revendeurs ne pourront acheter sur le marché les denrées exposées en vente, ni celles acheminées sur les marchés.
Mehrere Gemüshändler wurden wegen Uebertretung dieser Vorschrift bestraft und beschwerten sich hierüber beim Bundesrathe, indem jene Vorschrift gegenüber dem Art. 31 der Bundesverfassung nicht bestehen könne.
583 Die Beschwerde wurde als begründet erklärt und zwar gestüzt auf folgende Motive: Es handelt sich beim vorliegenden Rekurse lediglich um die Frage der Zuläßigkeit des Verbotes des Vorkaufs vou Lebensmitteln, wie es im Art. 108 des Polizeireglementes der Gemeinde Chaux-de-fonds enthalten ist.
Die Verfassung vom Jahr 1848 sagt im Art. 29 ausdrüklich, daß ,,Verfügungen gegen schädlichen Vorkauf vorbehalten seien.a Dieser Vorbehalt wurde in die gegenwärtige Bundesverfassung nicht aufgenommen. Aus diesem Umstände allein läßt sich indessen noch nicht schließen, daß derselbe damit ausgeschlossen sei; vielmehr könnte ein solcher Vorbehalt in die Kategorie der ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben1* (litt, c des Art. 31) eingereiht werden.
Wohl aber sind es folgende Momente, die einen solchen Vorbehalt, betreffend das Verbot des Vorkaufes seit Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung nicht mehr als zuläßig erscheinen lassen.
Der Art. 31 gewährleistet die Freiheit des Handels und der Gewerbe im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft, während der entsprechende Art. 29 der 48er Bundesverfassung sich darauf beschränkte, ,,für Lebensmittel, Vieh- und Kaufmannswaaren, Landesund Gewerbeerzeugnisse jeder Art freien Kauf und Verkauf, freie Bin-, Aus- und Durchfuhr von einem Kanton in den andern1'- zu gewährleisten.
Es sind dann freilich in litt. c. des Art. 31 der gegenwärtigen Bundesverfassung ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben"1 vorbehalten. Diese Verfügungen dürfen aber laut Schlußsaz den Grundsaz der Handels- und Gewcrbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen.
Wenn nun einerseits das Verbot gegen den. Vorkauf von Lebensrnitteln auch in die Kategorie jener vorbehaltenen Verfügungen eingereiht werden könnte, so erscheint es dennoch nicht als statthaft, weil ein solches Verbot als eine Beeinträchtigung des Gruudsazes der Handels- und Gewerbefreiheit zu betrachten wäre, und somit mit dem Schlußsaze des Art. 31 im Widerspruch stände.
Der Gemeinderath von Chaux-de-fonds gibt auch selbst zu, daß die Anwendung des Art. 108 des Polizeireglements gegenüber einem etablirten Händler mit Lebensmitteln ein Eingriff in die durch die Bundesverfassung garantirte Handels- und Gewerbefreiheit sein würde.
584 Diese Unterscheidung ist aber in Bezug auf verfassungsmäßig garantirte Rechte, wie die Handels- und Gewerbefreiheit, nicht zuläßig (Art. 4 der Bundesverfassung).
Mehl- und Brodtaxe.
Nachdem wir die aus einigen Kantonen eingelangten, gegen die a m t l i c h e Mehl- und B r o d t a x e gerichteten Beschwerden als begründet erklärt hatten (vide unsern Jahresbericht pro 1874, Bundesblatt v. J. 1875, II, p. 535), hob der Große Rath des Kantons Schwyz jene amtliche Taxe zwar auf, ließ aber die kantonale Verordnung über Verkauf von Mehl und Brod, vom 17. Februar 1866 in Kraft. Darüber beschwerten sich 17 Baker des Kantons, indem sie geltend machten, daß nachstehende Bestimmungen jener Verordnung gegen den Grundsaz der Gewerbcfreiheit verstoßen : 1) Das Mittelbrod muß in Laiben von 5, 2 '/2 und l '/* Pfund und das Weißbrod in solchen von 4, 2 und l Pfund verkauft werden.
2) Der Preis für ein fünfpfündiges Haus- oder Mittelbrod und derjenige für ein vierpfündiges Weißbrod ist gleichzustellen.
3) Die Preise des Brodes, welche jeden Samstag auf einer vor dem Verkaufslokale des Bakers aufgehängten Tafel aufgezeichnet werden, dürfen im Laufe der Woche nicht erhöht werden.
4) Strafbestimmungen, welche bei Uebertretung der Verordnung zur Anwendung kommen sollen.
Die Beschwerde wurde, gestüzt auf nachfolgende Motive, als begründet erklärt und die Regierung von Schwyz angewiesen, die Verordnung vom 17. Februar 1866 aufzuheben, resp. im Sinne dieser Motive zu revidireu.
ad. 1. Die Rekurrenten beschweren sich nicht darüber, daß für den Brod verkauf überhaupt ein bestimmtes Gewicht für die Laibe vorgeschrieben sei, sondern nur darüber, daß das Mittelbrod in Laiben von ungeradem Gewichte, z. B. von 2 Va und l V* 5> verkauft werden müsse. Sie verlangen, daß gerades, abgerundetes J c Gewicht angenommen werde.
o Es mag die Vorschrift der schwyzerischen Verordnung unzwekrnäßig sein; dagegen ist nicht einzusehen, wie die amtliche Vorschrift, daß die Brodlaibe ein Gewicht von 2 ] /a und l V* ?* haben sollen, mit dem Grundsaze der Gewerbefreiheit weniger vereinbar sein sollte, als die von den Rekurrenten verlangte Modifikation, daß das Gewicht gerade und abgerundet sein solle.
585.
Das Begehren, so wie es gestellt ist, kann deßhalb nicht berüksichügt werden. Dagegen ist die Behörde durch die Beschwerde in den Fall gesezt, die Frage zu prüfen, ob es nach Art. 31 der Bundesverfassung zuläißg ist, den Bäkern für den Verkauf ihres Brodes Laibe von bestimmten Gewichten vorzuschreiben.
Soll dieß grundsäzlich gestattet sein, so steht es jeder kantonalen Behörde frei, für den Brodverkauf die sonderbarsten Vorschriften betreffend das Laibgewicht aufzustellen, Vorschriften,, welche in der That eine sehr bedeutende und fühlbare, zugleich auch exceptionelle Beschränkung des Bäkergewerbes enthalten.
Ist diese exceptionelle Beschränkung mit Rüksicht auf den Schlußsaz des Art. 31 schon an und für sich anfechtbar, so wird sie in b e s t i m m t e r Weise unhaltbar, wenn nachgewiesen werden kann, daß sie unnöthig ist und daß deren Beseitigung keinen anderweitigen Rechten und Interessen Abbruch thut.
Dieser Beweis wird durch die Thatsache geleistet, daß in einer Reihe von kleinern und größern, städtischen und ländlichen,, industriellen und agrikolen Kantonen die angefochtene Beschränkung, betreffend das Gewicht der Brodlaibe, nicht existirt, ohne daß diese größere Freiheit in der Ausübung des Bäkereigewerbes und Brodverkaufs den Rechten und Interessen Dritter sich als nachtheilig und schädlich erwiese, und daß in diesen Kantonen überall die Vorschrift ausreicht, daß das Brod nach dem Gewichte verkauft und den Käufern vorgewogen werden müsse.
Demgemäß erachten wir die fernere Aufrechthaltung des Ait. l der Verordnung der Regierung des Kantons Sehwyz über den Verkauf von Brod und Mehl vom 17. Februar 1866 als mit den Bestimmungen der neuen Bundesverfassung nicht mehr vereinbar.
a d 2. Die Rekurrenten beschweren sich ferner über die Bestimmung des Art. 2 der genannten Verordnung, welcher in Lemma 2 vorschreibt, daß der Preis für ein 5pfundiges Haus- oder Mittelbrod und derjenige für ein 4 pfundiges Weißbrod gleichzustellen sei.
Ein prinzipieller Unterschied in der absoluten Brodtaxation und in der relativen, wie sie hier vorliegt, ist nicht zu finden.
Nachdem die erstere als mit dem Grundsaze der Handelsund Gewerbefreiheit unvereinbar erklärt worden ist, kann auch die relative Taxation nicht mehr statthaft sein.
ad 3. Eine fernere Beschwerde der Rekurrenten trifft die Vorschrift des Art. 2, al. l, wonach die Baker den Brodpreis auf
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einen bestimmten Tag und Stunde veröffentlichen müssen, und während des Laufes einer Woche keine Preisveränderungen vornehmen dürfen.
Gegen die Vorschrift, daß die Baker den Brodpreis zu veröffentlichen haben, läßt sich nichts einwenden, wohl aber gegen die zweite Bestimmung.
Denn, wenn Verfügungen dieser Art grundsäzlich zugestanden werden wollten, so könnte ebensogut vorgeschrieben werden, daß während des Laufes eines Monats keine Preisveränderung stattfinden dürfe, als die schwyzerische Verordnung Preisveränderung im Laufe der Woche untersagt.
Es liegt aber auf der Hand, daß hierin eine wenn auch wohlgemeinte, so doch ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Rechte enthalten ist, welche die Bundesverfassung dem Gewerbe und Handel gewährleistet.
ad. 4. Endlich halten die Rekurrenten die in der Verordnung enthaltenen Strafbestimmungen für unzuläßig.
O O Daß die angefochtene Verordnung spezielle Strafbestimmungen für Müller und Baker enthält, welche dem Mehl oder Brod schädliche' Bestandteile beimischen oder verdorbene, der Gesundheit nachtheilige Waare in Verkehr sezen, ist keine Verlezung der Bundesverfassung. Dagegen fällt mit der Bestimmung, daß der Brodlaib zu einem bestimmten Gewichte ausgebaken werden müsse, auch die Strafbestimmung betreffend die Verlezung dieser Vorschrift dahin. Bei Gebrauch unrichtiger Waage oder Gewichte kommen die bezüglichen Strafbestimmungen des Bundesgesezes, die Maß- und Gewichtsordnung betreffend (Art. 8 und 9), in Anwendung, mit welchen aber der § 8 der erwähnten Verordnung hinsichtlich des Strafmaßes nicht in Einklang steht. -- Ein Rekurs von Bäkern im Kanton Tessin, welche deßhalb bestraft worden sind, weil sie sich beim Brod- und Mehlverkauf nicht mehr an die amtliche Taxe hielten, wurde, nachdem wie oben bemerkt bereits im Vorjahre diese amtliche Taxe als nicht mehr zuläßig erkannt worden war, für begründet erklärt und die Restituirung der von den Rekurrenten erlegten Buße verfügt. -- Die Brod- und Mehlordnung des Kantons Glarus vom Jahr 1854 schreibt vor, das sogenannte Schwarzbrod soll in Laiben von 5, 2 1 /?, 11/4 und 5/s ; das sogenannte Weißbrod in solchen von 2, l und lji Pfund ausgebaken werden.
Die Brodschauer fanden in einer Bäkerei beim Untersuch, welcher vorschriftsgemäß periodisch vorgenommen wird, eine größere
587 Anzahl Laibe zu leichtes Brod, darunter solche bis auf 14 Loth.
Der betreffende Baker wurde bestraft und sein gegen das Straferkenntniß beim Bundesrathe eingereichter Rekurs als nicht begründet abgewiesen.
Die Motive lauten: Eine amtliche Festsezung ist mit Hinsicht auf Artikel 31 der Bundesverfassung und auf Grundlage desselben vom Bundesrathe gefaßten Beschlüsse allerdings nicht mehr zuläßig.
Damit ist aber eine amtliche Kontrole über Qualität und Gewicht nicht ausgeschlossen.
Das Urtheil darüber, ob eine solche Kontrole mit dem Grundsaze der Handels- und Gewerbefreiheit im Widerspruch stehe, ist nicht Sache des einzelnen Bürgers, sondern im Streitfalle der Bundesbehörde. So lange die>e nicht die Unvereinbarkeit einer bestimmten kantonalen Verfügung oder Vorschrift mit der Bundesverfassung förmlich ausgesprochen hat, besteht die fragliche Verfügung oder Vorschrift in Kraft.
Dies ist der Fall mit den Glarnerischen Vorschriften betreffend die Kontrolirung des Brodgewichtes.
Es handelt sich hienach im vorliegenden Falle nicht um einen Entscheid über die Frage, ob den Bakern noch vorgeschrieben werden dürfe, zu welchem Gewichte der Brodlaib ausgebaken werden soll: vielmehr darum, ob dem Publikum unter der Bezeichnung von Spfündigen Laiben ein geringeres Gewicht zu gleichem Preise verkauft und selbes auf diese Weise straflos benachtheiligt werden dürfe.
Rekurrent hat sich bei Ausübung des Bäkerei-Gewerbes denjenigen Vorschriften, welche die kantonale Gesezgebung oder Verwaltung für Ausübung dieses Gewerbes aufstellt, bis und so lange zu unterziehen, als dieselben mit dem Artikel 31 der Bundesverfassung von kompetenter Seite nicht widersprechend erklärt werden, und diejenigen strafrechtlichen Konsequenzen zu tragen, welche mit der Verlezung dieser Vorschriften verbunden sind. -- Im Sinne der erwähnten aus Schwyz, aus dem Tessin und aus Glarus eingegangenen Rekurse wurden alle Geschäfte, welche betreffend das Bäkergewerbe im Berichtjahre anhängig gemacht worden sind, erledigt.
Apotheker-Gewerbe.
Ein Phai'maceut aus dem Kanton Waadt erhielt von der Regierung von Baselstadt auf sein Gesuch, es möchte ihm die Erö
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richtung einer Apotheke in Basel bewilligt werden, einen abweisenden Bescheid; weil nur eine bestimmte Zahl von Apotheken bewilligt, das Normalverhältniß der bereits dort bestehenden Apotheken sowohl zur Einwohnerzahl als zu den lokalen Entfernungen durch die kompetente Sanitätsbehörde bestimmt werde und endlich der Artikel 31 der Bundesverfassung auf das im allgemeinen öffentlichen Interesse einer staatlichen Kontrole unterstellte Apothergewerbe nicht anwendbar sei.
Der Rekurs gegen diese Abweisung wurde als begründet erklärt und die Regierung von Baselstadt angewiesen, die verlangte Bewilligung zu ertheilen. Gemäß Artikel 33 der Bundesverfassung und Artikel 5 der Uebergangsbestimmungen derselben sind Personen, welche den wissenschaftlichen Berufsarten angehören und im Besize eines von einem Kantone oder einer Konkordatsbehörde ausgestellten Fähigkeitszeugnisses sind, befugt, ihren Beruf in der ganzen Eidgenossenschaft auszuüben. Der klare Wortlaut der allegirten Artikel läßt keinem Zweifel Raum, daß die Freiheit, findie Ausübung eines wissenschaftlichen Berufes jede beliebige Ortschaft im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft zu wählen, nicht von der Frage abhängig gemacht werden darf, ob dort für den betreffenden Beruf ein Bedürfniß bestehe oder nicht. Rekurrent ist im Besize eines von der Regierung des Kantons Waadt ihm auf Grundlage bestandener Prüfung ausgestellten Fähigkeits-Zeugnisses.
Sein Beruf als Apotheker gehört zu den wissenschaftliehen im Sinne des Artikel 33 der Bundesverfassung. Es sind bei ihm daher alle Erfordernisse vorhanden, um in der ganzen Eidgenossenschaft, somit auch in Baselstadt, eine Apotheke zu eröffnen. -- Mehrere in Basel etablirte Apotheker stellten hierauf das Gesuch, es möchte eine Uebergangsbesümmung aufgestellt werden,, nach welcher während einer Reihe von Jahren die bisherigen kantonalen Bestimmungen noch beibehalten würden. Von jeher habe dort bei Ertheilung einer Konzession eine Gebühr von mehreren Tausend Franken bezahlt werden müssen. In den Pfand verschreibungen seien diese Konzessionen vorgemerkt worden. Wenn im angegebenen Sinne eine Übergangsbestimmung aufgestellt würde, so könnten sich inzwischen die Besizer von Apotheken mit ihren Hypothekargläubigern abfinden.
Dem Gesuche wurde nicht entsprochen ; denn es liegt nicht in der Kompetenz des Bundesrathes,
zu den der Bundesverfassung beigefügten noch weitere Uebergangsbestimmungen aufzustellen und dadurch jene zu modifiziren, was stattfinden müßte, wenn das Gesuch berüksichtigt werden wollte.
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Verkauf von Geheimmitteln.
Die Regierung von Luzern gestattete zwar einem Potenten die Auskündung der Arnhold'schen Regenerationsmittel, verfügte aber, gestüzt auf folgende Vorschrift des kantonalen Sanitätspolizeigesezes : ,,Nur den Apothekern steht das Recht zu, einfache und zusammengesezte Arzneistoffe im Kleinen zu verkaufen,tt -- daß als Depositäre des auszukündenden genannten Regenerationsmittels nur patentirte Apotheker bezeichnet werden dürfen. Der gegen diese Verfügung eingereichte Rekurs wurde vom Bundesrathe abgewiesen.
Wir besizen in der Schweiz kein eidgenössisches, alle Zweige umfassendes Sanitätsgesez. Die Verfassung giebt in dieser Sphäre dem Bunde die Kompetenz, Maßregeln gegen Epidemien und Viehseuchen zu treffen (Artikel 31, Litt. b). Sodann schreibt der Art. 33 vor, es bleibe den Kantonen anheimgestellt, die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten, somit auch der Medizin und Pharmazie, von einem Ausweise der Befähigung abhängig zu machen.
Indem die Verfassung bei der Bundeskompetenz hinsichtlich des Sanitätswesens nicht weiter geht, ist damit keineswegs gesagt, daß nun alle andern Theile des Sanitätswesens aus Rand uud Band zu gehen haben ; sondern der Sinn besteht darin, daß, wie zuvor, die einzelnen Kantone in dieser Richtung anordnen und überwachen, was der Bund nicht thut. Indem dies von der Luzerner Regierung resp. der Sanitätsbehörde hinsichtlich des Verschleißes von Geheimmittoln geschieht, verstößt sie in keiner \Veise aegjeu die Bundesvorschriften.
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Somnambulische Konsultationen.
Der Staatsrath von Neuenburg bedrohte unter Berufung auf § 213 und § 261 des kantonalen Strafgesezes eine Frauensperson in Chaux-de-Fonds, welche gegen Bezahlung somnambnlische Konsultationen ortheilte, mit Bestrafung.
Hierüber beschwerte sich die Betreffende beim Bundesrathe, indem sie auf die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte freie Gewerbsausübung hinwies. Die Beschwerde wurde als nicht begründet abgewiesen. Indem die Strafgesezgebung Sache der Kantone ist und sich die Bundesverfassung darauf beschränkt, einzelne Strafarten abzuschaffen (Artikel 65), zu welchen die in Artikel 213 und 261 des Strafgesezes von Neuenburg nicht gehören, kommt hier einzig in Frage, ob durch jene Bestimmungen verfassungsmäßige Rechte der Beschwerdeführerin beeinträchtigt werden.
Diese Frage ist zu verneinen. Die Anschauung des Staatsrathes von Neuenburg, daß solche Konsultationen ein unzuläßiger
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Gewerbebetrieb seien, ist nicht als im Widerspruch mit Artikel 31 der Bundesverfassung stehend zu betrachten.
Kutschergewerbe.
Im Kanton Wallis hat laut Vorschrift des Finanzgesezes der Kutscher eine jährliehe Gewerbe-Steuer von Fr. 5 bis Fr. 40, je nach der Größe seines Geschäftes, zu entrichten. Von Kutschern des Kantons Uri wurde in dem Falle, wenn sie bei einer Fahrt nach dem Wallis in diesem Kantone Retourfracht aufnahmen, diese Steuer ebenfalls gefordert und zwar im Verhältnis von Fr. 8 per Pferd, worauf ihnen dann die Bewilligung zur Ausübung des Gewerbes auf dem Territorium des Kantons ertheilt worden ist.
Bei dieser Steuerforderung wurde keine Rüksicht auf die Zahl der Fahrten mit Retourfracht genommen. Auf eine von den betreffenden Kutschern des Kantons Uri geführte Beschwerde haben wir die Regierung von Wallis angewiesen, diese Gewerbesteuer gegenüber den Beschwerdeführern dem Sinne nachfolgender Motive entsprechend einzurichten und demnach in billiger Weise zu moderiren: Es ist eine Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Beschwerdeführer, indem von ihnen schon wegen einer einzigen Retourfracht eine Steuer von Fr. 8 per Pferd gefordert und dadurch die Annahme der Retourfracht unmöglich gemacht wird. Dies würde auch für den Verkehr von Kanton zu Kanton eine Schranke bilden, welche nach der gegenwärtigen Bundesverfassung nicht mehr zuläßig ist.
Dagegen widerspricht eine im Verhältniß der Ausübung fraglichen Gewerbes im Kanton Wallis stehende Steuerforderung dem Artikel 31 der Bundesverfassung nicht, und ist die Beschwerde, insofern sie gegen alle und jede Steuerzahlung im Wallis gerichtet ist, nicht begründet. -- Die Verordnung betreffend Ausübung des Kutschergewerbes im Kanton Untenyalden ;nid,,dem Wald für den Fremdenverkehr nach dem Berner .Oberland, .Xuzern und Engelberg, d. d. 10. Juni 1874, enthält im ,§--9 folgende Vorschrift: ,,Der Kutscher ist verpflichtet, folgende Taxen oder Fahrpreise zu beziehec gtc.tt Dann folgen die Fahrpreise nach den verschiedenen Örfeh. ''·'' ' Laut ,§ Ì1, dieser Verordnung wird die Uebertretung derselben, mit einer Strafe von Fr. 5--20 belegt.
In Anwendung dieser Vorschriften wurde der Besizer einea Fremdenetablissements, dessen Kutscher für eine "Fahrt eine geO
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591 r i n g e r e als die vorgeschriebene Taxe forderte, mit Fr. 5 bestraft.
Der gegen diese Bestrafung beim Bundesrathe eingereichte Rekurs wurde als begründet erklärt.
Bei diesem Rekurse handelte es sich vorab um die Frage, ob die allegirte Verordnung auf den Rekurrenten Anwendung finde, sodann bejahendenfalls, ob die im § 9 aufgestellten Fahrtaxen nicht nur als Maximum, sondern auch als Minimum zu gelten haben.
Nachdem Rekurrent, wie die Regierung von Nidwaiden in ihrer Vernehmlassung angibt, um eine Fahrbewilligung eingekommen, hat derselbe damit selbst die Anwendbarkeit der bezüglichen Verordnung auf sich anerkannt, auf deren Grundlage ihm auch die nachgesuchte Bewilligung ertheilt worden ist.
Bei der Frage, ob die Fahrtaxe als Maximum und Minimum zu gelten habe, fallen folgende Momente in Betracht: Bestimmte Normen für den Betrieb des Kutschergewerbes und die Fahrtaxen sind in Gegenden der Schweiz, die während der Sommersaison von Touristen besucht werden, als nothwendig erachtet und von den betreffenden kantonalen Behörden auch aufgestellt worden.
Solche Normen sind gegenüber den Bestimmungen des Artikel 31 der Bundesverfassung nicht unzuläßig.
Daß die in der citirten Verordnung aufgestellten Fahrtaxen als Maximum einzuhalten seien, ist nicht bestritten. Nachdem die Verordnung auch auf den Rekurrenten Anwendung findet, handelt es sich nur um die Frage, ob die Fahrtaxe auch als Minimum eingehalten werden müsse.
Die Regierungen von Kantonen mit großem Touristenverkehr, wie Bern, Luzern, Obwalden, Nidwaiden, sprachen sich auf gestellte Einfrage zwar dahin aus, daß, um beim Kutschergewerbe Ordnung zu halten, die Fahrtaxe nicht nur als Maximum, um den Fremden vor Ueberforderung zu schüzen, sondern auch als Minimum zu beobachten sei, um den Kutschern das gegenseitige Heruntermarkten der Fahrtaxen und das Entziehen von Reisenden zu verhindern und solchen Aergerniß veranlaßenden Auftritten auf öffentlichen Pläzeii vorzubeugen.
Um aber diesen Zwek zu erreichen, besteht keineswegs eine zwingende Notwendigkeit, in der Weise in die Freiheit der Ausübung dieses Gewerbes einzugreifen, wie es durch eine 'solche Bestimmung geschieht. Der Präventivpolizei der Kantone stehen genügend andere Mittel und Wege zu Gebote, um dem Aergerniß auf öffentlichen Pläzen vorzubeugen, welches durch das Herunter-
592 markten von Fahrtaxen und Entziehen von Reisenden verursacht werden könnte.
Es ist demnach die Frage, ob die Fahrtaxe auch als Minimum zu beobachten sei, zu verneinen. -- Bei einem andern Rekurse (aus Baselstadt} betreffend das Kutschergewerbe handelte es sich um die Frage, ob darin eine Verlezucg des Artikel 31 der Bundesverfassung liege, daß die Konzession zum Aufstellen von Droschken auf den dazu bestimmten öffentlichen Pläzen an die Bedingung geknüpft wird, daß der Konzessionär wenigstens 4 Droschken halte.
Die Frage wurde verneint. Die im Artikel 31 der Bundesverfassung garantirte Gevrorbefreiheit darf nicht in dem Umfange verstanden werden, als könnten ohne Weiteres die öffentlichen Pläze für Ausübung eines Gewerbes in Anspruch genommen werden.
Daß die zuständige Verwaltungsbehörde Vorschriften aufstellt, von deren Erfüllung die Benuzung jener abhängig gemacht wird, ist im Allgemeinen zuläßig, Untersuchung im einzelnen Falle immerhin vorbehalten. Die Vorschrift, es dürfen von je einem Droschkeuführer nicht weniger als 4 Droschken gehalten werden, wird von der betreffenden Regierung damit begründet, daß dies im Interesse des Droschkenwesens selbst liege. Vom Standpunkte des Artikel 31 der Bundesverfassung aus ist hiegogen nichts einzuwenden.
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Dynamit-Fabrikation.
Wir verweisen auf das Bundesblatt vom Jahre 1875, IV, pag. 593 und 1065, betreffend Dynamitfabrikation auf den KaninchenInseln des Lago Maggiore.
Der Staatsrath von Genf verfügte, gestüzt auf ein Expcrtenöutachten, daß die in Fabry betriebene Fabrikation von Mataziette -- eines dem Dynamit ähnlichen Sprengmaterials -- eingestellt werden "soll.
Der gegen diese Verfügung erhobene Rekurs wurde abgewiesen, indem sich der Staatsrath von Genf bei derselben, sowie bei Aufstellung der für den fernem Betrieb des Etablissements aufgestellten Bedingungen innerhalb, der ihm durch Artikel 31 der Bundesverfassung eingeräumten Befugnisse bewegt hat.
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Versicherung von Mobilieri gegen Feuerschaden.
Im Kanton Waadt besteht gemäß Gesez vom 7. Juni 1849 das Institut der obligatorischen Versicherung von Mobilien gegen Feuerschaden. Das Gesez verbietet, Mobilien, welche von dieser
593 kantonalen Assekuranz n i c h t ausgeschlossen sind, anderwärts zu versichern.
Der auf Artikel 31 der Bundesverfassung und Artikel 2 der Uebergangsbestimmungen gestüzte Rekurs gegen ein in Folge Uebertretung dieses Verbotes von der zuständigen kantonalen Behörde ausgefälltes Sträfurtheil wurde als nicht begründet abgewiesen.
Das Versicherungswesen ist laut Artikel 34 der Bundesverfassung, welcher den Geschäftsbetrieb von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens der Aufsicht und der Gesezgebung des Bundes unterstellt, nicht auf die gleiche Linie mit allen andern Gewerben zu stellen. Bei Erlaß des bezüglichen Gesezes werden die Bundesbehörden zu untersuchen haben, ob und in wie weit dieser Geschäftsbetrieb durch kantonale Geseze, welche die Versicherung für alle Einwohner des betreffenden Kantons bei der kantonalen Anstalt obligatorisch machen, eingeschränkt oder verboten werden kann.
Bis zum Erlaß dieses Bundesgesezes, bei welchem noch andere Gesichtspunkte als diejenigen der Handels- und Gewerbefreiheit in Betracht kommen werden, bleiben die kantonalen Vorschriften über diese Materie vorläufig in Kraft.
Zündhölzchen-Fabrikation.
Ein Rekurs gegen Beschlüsse der Regierung von Schwyz, welche auf Grundlage folgender Vorschriften der kantonalen Verordnung über den Bau und die Einrichtung der ZündhölzchenFabriken erlassen worden sind, als : ,,§ 1. Jeder, der eine Zündhölzchen-Fabrik errichten will, bedarf dazu einer K o n z e s s i o n von Seite des Regierungsrathes.
,,§ 12. Die Fabrikbesizer leisten dem Regierungsrathe für die durch § 11 auferlegte Verpflichtung, alle an Phosphornekrose erkrankten Arbeiter auf ihre Kosten verpflegen zu lassen, eine Kaution von Fr. 1000.a wurde als nicht begründet abgewiesen.
In obigen Vorschriften der allegirten Verordnung liegt keine Verlezung des Artikel 31 des Bundesverfassung. Wenn bei einem.
Gewerbe Gesundheit und Feuersicherheit in so hohem Giade in Frage kommen, wie bei der Zündhölzchen-Fabrikation, so erscheint es als angezeigt, daß die Staatsbehörden schüzende Maßregeln treffen und ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sie die Ausübung dea' betreffenden Gewerbes von einer Bewiligung abhängig machen.
Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. II.
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Es liegt auch keine Verlezung des Artikel 31 der Bundesverfassung darin, daß als Garantie für Erfüllung der bezüglichen Vorschriften eine Kaution verlangt wird.
Gewerbesteuer.
Ein Optiker aus dem Kanton Genf beschwerte sich darüber, daß er im Kanton Neuenburg für Ausübung seines Gewerbes Fr. 120 (60 an den Staat und 60 an die betreffende Gemeinde) für je 2 Wochen bezahlen müsse. Dazu kommen noch Fr. 8 Gebühren für das Anschlagen von Bekanntmachungen. Die Ausübung seines Gewerbes im. Kanton Neuenburg werde durch diese Besteurung verunmöglicht.
Die Beschwerde wurde als begründet erklärt und der Staatsrath von Neuenburg angewiesen, das Gesez vom 17. Mai 1864, betreffend den Hausirhandel und das Ausstellen von Waaren, auf welches jene Steuerforderung gestüzt wird, mit den Vorschriften der Bundesverfassung in Uebereinstimmung zu bringen. Es ist zwar richtig, daß bei der Handels- und Gewerbefreiheit die Besteurung vorbehalten ist.. Hinwieder schreibt der Schlußsaz des Artikel 31 der Bundesverfassung ausdrüklich vor, daß solche Verfügungen, wie diejenige über Besteurung des Gewerbebetriebes, den Grundsaz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen.
Durch diese ausdrükliche -Bestimmung sollte der irrigen Meinung .vorgebeugt weiden, daß es nun ins Belieben der Kantone gesezt wäre, in dieserMaterie ganz willkürlich zu verfügen und auf Umwegen die durch Aufstellung des Grundsazes beseitigten Beschränkungen festzuhalten. Eine Besteurung, wie die vom Beschwerdeführer geforderte, die sich nebst der Gebühr für das Anschlagen von Bekanntmachungen auf Fr. 120 per 2 Wochen beläuft, ist eine sehr wesentliche Beeinträchtigung dieses Gewerbes, die nahezu einer Prohibition gleichkommt, somit angesichts des Schlußsazes des Artikel 31der Bundesverfassung unzuläßig ist.
Handelsverträge.
Die Schweiz hat Handelsvertrage mit: Abgeschlossen.
1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13)
Nordamerika fG. S. V, 201) .
Großbritannien (G. S. V, 271) .
Belgien (G. S. VII, 484) Japan (G. S. Vin, 683) Frankreich (G. S. VIII, 2f5] Hawaiian-Inseln (G. S. IX, 497) .
Oesterreich (G. S. IX, 576) .
Italien (G. S. IX, 657) , ; Deutscher Handels- und 'Zollverein (G. S. IX, 888) .
. ' .
Spanien (G. S. X, 283) Rußland (G. S. XI, 376) Persien (G. S. I, neue Folg*?, 196} Dänemark (G. S. I, neue Fol|e^668J-
In Kraft getreten.
Dauer.
8. November 1855.
10 Jahre.
25. November 1850 10 Jahre.
6. März 1856.
6. September 1855.
10 Jahre.
11. Dezember 1862.
3. Juni 1863.
bis 1. Juli 1872.
6. Februar 1864 6. Februar 1864.
12 Jahre.
24. November 1864.
30. Juni 1864.
10 Jahre.
18. November 1868.
20. Juii 1864.
8 Jahre.
5, Februar 1869.
14. Juli J868.
8 Jahre.
1. Mai 1869.
22. Juli 1868.
13, Mai 1869.
27*. August 1869.
26(14. Dezemberl872.
£3, Juli 1873. 'IG. Februar 187J5.
1. September 1869 28. Juni 1870.
30. Oktober 1873.
25. Oktober 1874.
10. Juli 1875,
bisSl.Dezbr. 1877.
10 Jahre.
10 Jahre.
12 Jahre.
10 Jahre.
595
596 Von diesen Handelsverträgen sind im Berichtsjahre zwei gekündet worden: 1. Mit Note vom 24. Februar machte die italienische Gesandtschaft in Bern im Auftrage ihrer Regierung uns den Vorschlag, gleichzeitig mit dem italo - französischen und italo - österreichischen Vertrag, welche beide im Jahre 1876, und zwar erstem- am 19. Januar, lezterer am 30. Juni, zu Ende gehen, auch den zwischen der Schweiz und Italien bestehenden Handelsvertrag zu revidiren. Die Verfallzeit des leztern sei zu entfernt von derjenigen der zwei übrigen genannten, als daß nicht für beide Länder große Inkonvenienzen eintreten müßten, wenn an derselben festgehalten werden wollte. In der Hauptsache gelten für den schweizerischitalienischen Verkehr die Tarife, welche von Italien mit Frankreich und Oesterreich vereinbart worden seien. Im Falle die Schweiz auf ihren Vertrag vor dessen Ablauf nicht verzichtete, würde dieselbe gegenüber Italien Tarife besizen, welche gegenüber den Nationen, mit welchen sie vereinbart worden, nicht mehr beständen.
Die italienische Regierung würde dadurch genöthigt, auch die, sämmtlichen Verträge, in welchen nur die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation zugesichert worden sei, zu künden. Aus dem gleichen Grunde und zum gleichen Zweke wäre die italienische Regierung genöthigt, von den schweizerischen nach Italien gehenden Erzeugnissen Ursprungszeugnisse zu verlangen, eine vexatorische Maßregel, auf die bis jezt habe verzichtet werden können. Ueberdies müßte dann die Schweiz beim Ablauf ihres Vertrages einen Tarif annehmen, den sie im speziellen Interesse ihres Handels vor der definitiven Festsezung desselben durch das italienische Parlament hätte modifiziren können.
Hieraus gehe hervor, daß die beiden Länder und mit ihnen gleichzeitig mehrere befreundete Nationen nachteilig betroffen würden , wenn die Schweiz nicht zustimmen könnte , daß ihr Vertrag gleichzeitig mit dem italo - französischen und italo - österreichischen aufhören würde.
In" einem besondern Memorial sezte die italienische Regierung näher auseinander, welche Gesichtspunkte Italien bei Revision seiner Handelsverträge im Auge habe. Wir glauben hier auf diese Auseinandersezungen nicht näher eintreten , sondern uns auf die Bemerkung beschränken zu sollen, daß der später uns zugekommene, von Italien " angefertigte Entwurf zu
einem neuen Zolltarife eine stark protektionistische Färbung an sich trägt. Einzelne Positionen sind um einige "HundertProzente gegenüber den bisherigen Ansäzen erhöht. Wir fügen bei, daß seit drei Jahren die italienische Regierung Erhebungen über die Folgen der Handelsverträge mit
597
Frankreich, Oesterreich und der Schweiz liât machen lassen. Es hat dies der italienischen Industrie und Landwirtschaft Anlaß zu möglichst vielen Klagen und zu einem Sturm von Begehren um Schuzzoll gegeben.
Aus konstitutionellen und volkswirtschaftlichen Gründen konnte der Bundesrath nicht ohne Weiteres in den Vorschlag Italiens eintreten. Der schweizerisch-italienische Handelsvertrag ist durch die Bundesversammlung genehmigt worden ; ohne deren Zustimmung kann auf denselben vor dem legalen Ablauf nicht verzichtet werden. Sodann erfordert in volkswirtschaftlicher Beziehung eine so wichtige Angelegenheit gründliche Prüfung.
Mit Rüksicht auf diese Verhältnisse war der Bundesrath nicht in der Lage, der italienischen Regierung eine definitive Antwort mit der von lezterer gewünschten Beförderung ertheilen zu können.
Nachdem uns einige Zeit nach der Kündung des Vertrages der italienische Tarifentwurf zugestellt war, ließen wir zunächst eine Vergleichung desselben mit dem bisherigen Tarife aufstellen.
Das statistische Bureau arbeitete gleichzeitig eine Darstellung des schweizerisch-italienischen Handels vor und seit Inkrafttreten des Vertrages aus, um an der Hand jener Darstellung die Wirkungen des Vertrages wenigstens approximativ berechnen zu können.
Auf Grundlage dieser Materialien ließen wir die Frage dei von Italien begehrten Verzichtleistung auf die Aufrechthaltung des Vertrages bis au dessen legalem Ablauf durch eine Expertenkommission, bestehend aus den Herren Nationalrath S. Kaiser (Solothurn), N.-R. v. Gonzenbach (Bern), N.-R. Flückiger (Aarwangen), Ständerath Dr. Sulzer (Winterthur) , St.-R. Estoppey (Lausanne), St.-R. Jenny (Schwanden, Kt. Glarus), St.-R. Roth (Teufen), Oberst Rieter (Winterthur), Oberst Gonzeubach (Sl. Gallen), L. Karcher (Champel près Genève), Baumanu-Zürrer (Zürich), Andreas Schmid (Burgdorf), Florian Imer (Neuveville), Oberzolldirektor Meyer (Bern), Direktor Kummer (Bern), begutachten und antworteten hierauf der italienischen Regierung, daß der Bundesrath, soweit an ihm, bereit sei, Hand zu bieten, um den schweizerisch - italienischen Handelsvertrag womöglich schon auf 30. Juni 1876 durch neue Stipulationen zu ersezen.
Er werde zu diesem Behufe Delegirte ernennen, um mit den Bevollmächtigten der k. italienischen Regierung die nöthigen Verhandlungen zu pflegen, für
deren Resultat selbstverständlich die Genehmigung der schweizerischen Bundesversammlung vorbehalten werden müsse.
Wenn der Bundesrath auf diese Weise bestrebt sei, den Wünschen der italienischen Regierung entgegenzukommen, so glaube er
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andererseits, der bestimmten Hoffnung sich hingeben zu dürfen, daß die k. italienische Regierung den Begehren, welche die Schweiz bei der Neugestaltung der Tarife zu stellen im Falle sei, Rechnung zu tragen geneigt sein werde.
Da diese Antwort hinsichtlich der Verzichtleistuug auf den Vertrag nicht so definitiv lautete, wie es die italienische Regierunggewünscht hatte, so kündigte dieselbe den 25. Juni die Verträge, mit welchen Italien andern Nationen die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation zugesichert hat.
Eine engere Kommission, bestehend aus den Herren Oberst Rieter, a]t-Nationalrath Fierz, Oberst Gonzenbach (St. Gallen), A. Köchlin-Geigy, Ständerath Jenny, Fabrikant Isler, Karoher (Champel) und Direktor Kummer, von welcher noch andere Sachverständige nach Bedürfniß zugezogen wurden , stellte sodann einläßliche Untersuchungen über den italienischen Tarifentwurf und die Verhältnisse, unter welchen die Industrie beider Länder sich befindet, an und erstattete über das Resultat ihrer Arbeit schriftliche Berichte.
Vom 29. September bis 8. Oktober fanden sodann zwischen dem Delegirten des Bundesrathes, Hrn. Köchlin-Geigy in Basel, und der italienischen Abordnung die ersten Verhandlungen über Revision des Handelsvertrages statt.
Sobald die abschließenden Unterhandlungen stattgefunden haben, werden wir Ihnen das Ergebniß in einem speziellen Berichte vorlegen : wir beschränken uns hier auf die Mittheilung, daß nur bei den wichtigsten Gegenständen des schweizerisch-italienischen Handelsverkehrs über Konventionaltarife verhandelt worden ist und bei den übrigen Gegenständen die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation im neuen Vertrage zugesichert werden soll. Auch auf die vereinbarten Tarife soll hinwieder leztere Bestimmung Anwendung finden.
2. F r a n k r e i c h . Unterm 22. November ist von der französischen Regierung der zwischen Frankreich und der Schweiz am 30. Juui-1864 : auf die Dauer von 12 Jahren, von Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet, abgeschlossene Handelsvertrag gekündet worden. Jene Auswechslung hat am 24. November 1864 ; stattgefunden ; der Vertrag geht nun am 24. November 1876-,au Ende. Mit der Kündigung hat die französische Regierung .die,Erklärung verbunden, sie wünsche so bald als möglich in Unterhandlungen bezüglich eines neuen Vertrages
einzutreten. Aus-seither eingegangenen Mittheilungen geht hervor, daß bei der Revision des Vertrages von Seite Frankreichs namentlich die Absicht besteht, die bisherigen Werthzölle in Gewichtszölle umzuwandeln. Tendenzen, der Handelspolitik Frankreichs eine
599 Wendung zu Gunsten des Schuzzolles zu geben, sind gegenwärtig in Frankreich nicht vorherrschend und ist in dieser Richtung bei Revision des Handelsvertrages kein Grund zu Befürchtungen.
Zur Vorbereitung der Revisionsunterhandlungen haben wir eine statistische Darstellung des Handels zwischen der Schweiz und Frankreich in den Jahren unmittelbar vor und seit der Inkrafttretung des Vertrages von 1864 angeordnet.
Unterhandlungen betreffend die Revision haben im Berichtsjahr noch nicht stattgefunden. Auf den Vorschlag der französischen Regierung ist gegenseitig die Erklärung ' ausgewechselt worden, daß im Falle bis zum Ablauf des gegenwärtigen der neue Vertrag noch nicht zu Stande gekommen sein sollte, als modus vivendi die Stipulationen des gegenwärtigen Vertrages von beiden Ländern noch anzuwenden wären.
Verfahren bei streitigen Werthdeklarat i o n e n. Anläßlich unseres Jahresberichtes pro 1874 haben wir Ihnen von den stets sich wiederholenden Anständen mit der französischen Douane, namentlich derjenigen in Belfort, betreffend Werthdeklarationen Kenntniß gegeben und die Bemerkung beigefügt , daß solchen Anständen durch Anwendung einer zwischen Frankreich und England abgeschlossenen Supplementarkonvention auf die Schweiz abgeholfen werde. (Vide Bundesblatt II, pag. 549 und 551.)
In diesem Sinne haben wir die nöthigen Schritte gethan und ist unscrm Verlangen von Frankreich entsprochen worden, Wir beschränken uns hier auf diese kurze Mittheilung und verweisen auf den Bundesrathsbeschluß vom 2. Juli 1875 (vide amtl. Gesezsammlung I, neue Folge, pag. 607).
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Industrie und Handel.
Wir haben uns durch Einholung von Berichten der Kantonsregierungen sowie aus den von den schweizerischen Konsulaten im Auslande üher die Verhältnisse von Handel,' Gewerbe und Industrie im abgelaufenen Jahre Auskunft verschafft. Es ergiebt sich daraus, daß die Ungunst der Verhältnisse, welche Handel, Gewerbe und Industrie ganz allgemein schon vorher gedrükt hatten, ins Jahr 1875 hinein in ungeschwächtem Maße fortdauerte, ja während desselben theilweise einen so gesteigerten und bedenklichen Grad erreichte, daß die Geschäftskrisis von 1875 im Großen und Ganzen wohl von wenig vorangegangenen erreicht, geschweige übertreffen worden ist. Wir legen hier die bezüglichen aus dea
600
Kantonen uns eingegangenen Berichte zur Einsichtnahme bei. Bezüglich der von den schweizerischen Konsulaten im Auslande erstatteten Handelsberichte verweisen wir auf das Bundesblatt, welchem sie inserirt sind.
Handelsstatistik.
Das Bedürfniß der Einführung einer möglichst genauen Handelsstatistik, wie sie jezt die Schweiz nicht besizt, zeigte sich namentlich bei den Vorarbeiten für die Revision der Handelsverträge.
Diese Angelegenheit ist im Berichtsjahre zur Hand genommen, aber noch nicht zum Abschlüsse gebracht worden. Die Verwirklichung des Projektes erfordert eine neue Klassifikation der Waaren} eine Verstärkung der bezüglichen Verwaltungen und damit auch vermehrte Ausgaben des Bundes. Wenn diese Erfordernisse nicht zum vorneherein den Ausschlag zu Ungunsten des .Projektes zu geben vermögen, so erheischen sie doch immerhin genaue Untersuchungen, bevor entscheidende Beschlüsse gefaßt werden.
Konsulatsberichte.
Handelsberichte über das vorhergehende Jahr sind von folgenden schweizerischen Konsulaten erstattet und im Bundesblatte veröffentlicht worden: Algier, Amsterdam, Ancona, Antwerpen, Bahia, Bastia, Batavia, Barcelona, Bordeaux, Christiania, Charleston, Chicago, Cincinnati, Desterro, Genua, Hamburg, Havre, London, Livorno, Manilla, Mailand, Marseille, Messina, Mexiko, Moskau, NewOrleans, Neapel, Odessa, Oran, Philippeville, Philadelphia> Rotterdam , Rom, Riga, San Franzisko, St. Louis, Triest, Valparaiso, Venedig, Washington, Yokohama.
Ausstellungen.
Ueber die im Jahre 1876 in Philadelphia stattfindende internationale Ausstellung haben wir Ihnen bereits mit Botschaft vom 22. Juni 1875 (vide Bundesblatt vom Jahr 1875, HI, pag. 447 ff.), dann mit Botschaft vom 13. Dezember gì. J. (vide Bundesblatt, IV, pag. 1052 ff.) einläßliche Mittheilungen gemacht.
601 In Vollziehung Ihres bezüglichen Beschlusses vom 29. Juni (vide amtliche Sammlung der Bundesgeseze I, neue Folge, p. 573) sind folgende Wahlen getroffen worden: Als Generalkommissär: Hr. Oberst H. Rieter, in Winterthur.
,, Generalsekretär: ,, Eduard Guyer, von Zürich.
,, Techniker: ,, John Icely, in Basel.
,, Sekretär : ,, Joseph Beeler, von Weesen.
Als Chef der Kommissionen für: 1) Chemikalien, Extrakte, Nahrungsmittel etc.: Hr. Dr. Emil Schumacher, von Luzern ; 2) Textilindustrie: Hr. Arnold Steinmann, Handelssekretär, in Zürich ; 3) Uhren und wissenschaftliche Instrumente : Hr. Dr. Adolf Hirsch, Direktor der Sternwarte in Neuenburg ; 4) Ingenieurwesen, Architektur, Landkarten, graphische Darstellungen: Hr. Oberst Siegfried, Chef des eidg. Stabsbüreau's in Bern; 5) Erziehungswesen, Wissenschaften, soziale und humane Bestrebungen: Hr. Dr. Friedrich von Tschudi, in St. Gallen.
Die HH. Ingenieur Paur-Usteri, in Zürich, und Kantonsbaumeister Salvisberg, in Bern, wurden als Mitglieder der Kommission 4) gewählt und zwar der erste speziell für das Ingenieurwesen und öffentliche Arbeiten, der zweite für Architektur.
Die Verrichtungen des Generalkommissariats und der fünf Kommissionen wurden durch ein Reglement festgestellt (vide Bundesblatt, vol. III, pag. 916 ff.}.
Im Berichtsjahre ist die Sammlung von Ausstellungsgegenständen nahezu zum Abschlüsse gebracht worden. Während anfänglich eine Ausstellerzahl von 100--150 in Aussicht genommen wurde, betrug dieselbe Ende Dezember des abgelaufenen Jahres 376. Auf die Kantone vertheilen sich dieselben; wie folgt: Zürich *85 Bern 62 Neuenburg .
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.46 St. Gallen 38 Genf .
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. 27 Aargau .
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. 20 Waadt . 18 Basel-Stadt .17 Appenzell A. Rh.
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.11 Uebertrag 324
602 Luzern Schaffhausen .
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Graubünden Solothurn Tessin Thurgau Freiburg .
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Zug .
Basel-Landschaft .
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Unterwaiden, n i d d e m Wald Glarus Appenzell I . R h . .
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Uri Schwyz . . .
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Unterwaiden, ob dem Wald .
Wallis
Uebertrag 324 10 .
. 9 7 6 6 5 .
. 2 2 .
. 2 .
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376
Die 376 Aussteller vertheilen sich auf die Klassen, bei welchen sie sich betheiligten, wie folgt: Bergbau u n d Metallurgie .
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. 4 Chemische Produkte 10 Glaswaaren .
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l Garne und Gewebe aus vegetabilischen und mineralischen Substanzen .
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. 9 Schafwolle und Filzwaaren .
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. 4 Seidenwaaren .
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.1 9 Kleidung und Sehmuksachen für Menschen und Wohnungen . 39 Papier- u n d Buchbinderarbeiten .
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. 2 Nahrungsmittel, Medizin, Chirurgie .
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. 5 Eisea u n d Messerschmidwaaren .
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. 3 Fabrikate aus vegetabilischen und mineralischen Substanzen .
l Erziehungs-Systeme, Methoden, Bibliotheken, öffentliche .
. 10 ,, .
,, " Private · · 32 Institute für Blinde und Taubstumme 7 Institute und Gesellschaften für wissenschaftliehe und gemeinnüzige Zweke .
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.12 Wissenschaftliche Instrumente, Uhren, Uhrenbestandtheile etc. 59 Gravische Künste, Architektur und Ingeaieurwesen .
. 27 Physischer, sozialer und moralischer Zustand des Menschen . 29 Gemeinnüzige Gesellschaften .
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. 8 Uebertrag 281
603
Uebertrag 281 Hilfsgesellschaften und Armenerziehung 11 Waisenhäuser .
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. 7 Rettungsanstalten .
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. 9 Holzschnizerei .
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. 15 Stiche u n d Lithographien .
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. 8 Photographien 9 Werkzeuge für Uhrenfabrikation, Modelle von Maschinen .
8 Genußmittel, animalische und vegetabilische Produkte .
.27 Genfer Convention .
. 1 376
Der Ausstellungskatalog ist Ihnen ausgetheilt worden. Die weitern Mittheilungen über den Gang der Angelegenheit und die Resultate der schweizerischen Betheiligung an dieser internationalen Ausstellung werden später Gegenstand eines eigenen Berichtes bilden.
Bei andern internationalen Ausstellungen, welche im Berichtjahre angeordnet worden sind, beschränkten wir uns mit Rüksicht auf die Betheiligung des Bundes an derjenigen in Philadelphia darauf, das Programm jeweilen im Bundesblatt zu publiziren (vide Bundesblatt I, pag. 49, 95, 431, 551, 552; II, pag. 785; m, p. 510).
Rhemschifffahrt.
Im Jahresberichte pr'o 1874 haben wir nähere Mittheilungen betreffend die Neugestaltung der Rechtsverhältnisse der Rheingenossenschaft gemacht.
Die als Vorbereitung angeordnete technische Untersuchung des Rheinlaufes, für welche sämmtliche Betheiligte, das Großherzoglich Badische Ministerium, die Rheingenossenschaft, die Regierungen von Zürich, Aargau, Baselstadt und das Schweiz. Eisenbahn- und Handel sdepartement, eine Vertretung bestellten, konnte im Laufe des Berichtjahres nicht vorgenommen werden, weil jeweilen in der Zeit, in welcher die Befahrung hätte stattfinden sollen, zu hoher Wasserstand eintrat.
Spannseilfahren.
Von den Bezirksämtern Laufenburg und Waldshut, sowie den betheiligten Gemeinden, wurde ein Vertrag betreffend Errichtung einer Spannseilfähre über den Rhein und zwar zwischen der aar-
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gauischen Gemeinde Schwaderloch und der großherzoglich badischen Gemeinde Alb brück abgeschlossen und von der Regierung des Kantons Aargau zur Genehmigung eingesendet.
Nachdem die Erfüllung der im Interesse des Zollwesens gestellten Bedingungen zugesichert war, wurde der Regierung von Aargau erwiedert, daß gegen Erstellung der projektirten Fähre nichts eingewendet werde.
Endlich gab auch die Spannseilfähre Etzgen-Hauenstein zu Verhandlungen Anlaß. An der Konzession für dieselbe mußten zur Wahrung der Zollinteressen verschiedene Abänderungen getroffen werden.
S c h i f f l ä n d e Steinach. Die Regierung von St. Gallen machte die Mittheilung, daß der Große Rath jenes Kantons beschlossen habe, die Schifflände Steinacli eingehen zu lassen, weil sie alle staatliche resp. volkswirtschaftliche Bedeutung verloren habe.
Mit Hinsicht auf Art. 26 des Vertrages zwischen den Bodenseeuferstaaten betreffend eine internationale Schifffahrt- und Hafenordnung für den Bodensee wurde von jenem Beschlüsse den Vertragsstaaten, Oesterreich, Baden, Württemberg und Bayern, Kenntniß gegeben. Einsprache ist seither von keiner Seite erfolgt.
Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali
Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875.
In
Bundesblatt
Dans
Feuille fédérale
In
Foglio federale
Jahr
1876
Année Anno Band
2
Volume Volume Heft
23
Cahier Numero Geschäftsnummer
---
Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum
20.05.1876
Date Data Seite
497-604
Page Pagina Ref. No
10 009 107
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