567

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Errichtung einer agrikultur-chemischen Versuchsstation an der eidg. polytechnischen Schule.

(Vom 6. November 1876.)

Tit.!

Der Nationalrath hat unterm 23. Juni 1875 folgende Motion der Herren Baumgartner, Flückiger, Beck-Leu und Wullièmoz erheblich erklärt : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die nachstehenden für die schweizerische Landwirthschaft höchst wichtigen Fragen in einläßliche Erwägung zu ziehen, und der Bundesversammlung darüber mit thunlicher Beförderung Bericht und Antrag zu bringen : 1) Die Errichtung eine; Centralstelle für Landwirthschaft.

2) Die Errichtung einer chemischen Versuchsstation in Verbindung mit dem chemischen Laboratorium an der land- und forstwirthschaftlichen Abtheilung des Polytechnikums.

3) Die Errichtung von Kursen zur Heranbildung von landwirthschaftlichen Wander- und Fachlehrern an der landwirthschaftlichen Abtheilungam Polytechnikum. a Diese Motion wurde mit Einladung zum Bericht dem Schweiz.

Schulrathe mitgetheilt, welcher seinerseits Hrn. Prof. Dr. Krämer,

568 Vorstand der landwirthschaftlichen Abtheilung, zur Begutachtung dieser Frage veranlaßte. In einer sehr einläßlichen Arbeit untersucht Hr. Prof. Krämer an der Hand eingezogener Erkundigungen, was an ähnlichen Einrichtungen in andern Ländern besteht und dort ausgeübt wird, die Vor- und Nachtheile dieses oder jenes Systems, sowie die Frage, welche Lösung für die postulirte Angelegenheit in der Schweiz gefunden werden könnte.

Wir geben in Beilage A eine Uebersicht dieses umfangreichen Gutachtens, dessen Schlüsse in Kürze folgende sind :

1. Die Errichtung einer schweizerischen Central-Landwirthschafts-Kommission (nicht einer s c h w e i z e r i s c h e n l a n d w i r t h s c h a f t l i c h e n Cent r a l s t e l l e) ist zu empfehlen.

2. Die Einrichtung einer centralen landwirtschaftlichen Untersuchungs- oder einer l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r s u c h s - und A u s k u n f t s s t a t i o n ist ein Bedürfniß.

3. Der Einrichtung von Kursen zur Heranbildung voa Landwirtlisch afts-Lehrern stellen sich schwer zu bewältigende Hindernisse entgegen.

Der schweizerische Schulrath hat nach Einsicht dieses Gutachtens unserm Departement des Innern diejenigen Bemerkungen und Schlüsse vorgelegt, welche in Beilage B zusammengefaßt sind.

Die Schlüsse des Schulraths gehen in Kürze dahin: Ì. Die Frage der Errichtung einer landwirtschaftlichen Centralstelle wird der Einsicht des Bundesrathes und der eidgenössischen Räthe anheimgestellt.

2. Die Errichtung einer chemischen Untersuchungsstation n m Laboratorium der landwirtschaftlichen Schule des Polytechnikums wird empfohlen.

3. Die Errichtung von Kursen an obgenannter Schule zur Heranbildung landwirtschaftlicher Wander- oder Fachlehrer ist keineswegs empfehlenswerth.

Der Bundesrath hat nach Kenntnißnahme von diesen Ansichtäußerungen unterm 22. Mai abhin folgenden Beschluß gefaßt : ,,1. Es sei zur Zeit auf die Errichtung einer Centralstelle für Landwirthschaft nicht einzutreten, vielmehr seien die Vorschläge abzuwarten, welche der Bundesrath anläßlich der Begutachtung der durch die in Vollzug zu bringenden neuen Geseze bedingten Umgestaltung der Einrichtungen des Departements zu macheu im Falle sein wird ;

569 2. sei ein Kredit von Fr. 6000 für die Errichtung einer chemischen Versuchsstation am Polytechnikum nach Maßgabe des schulräthlichen Berichts zu verlangen ; 3. sei das dritte Begehren der Herren Baumgartner und Genossen als unausführbar abzulehnen. a Nachdem dieser Beschluß durch die Zeitungen veröffentlicht worden ist, hat die Direktion des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins hievon Anlaß genommen, an das Departement des Innern das Gesuch zu richten, die Vorlage der bezüglichen Botschaft aufzuschieben, bis dieser Verein eine Petition, betreffend die Zwekmäßigkeit der sofortigen Gründung einer Centralstelle für Landwirtschaft, werde eingereicht haben.

Diese Petition ist uns unterm 5. Oktober zugekommen; in Beilage C ist dieselbe zusammengefaßt.

Die in dieser Eingabe enthaltenen Gründe sind nicht derart, daß sie unsere Ansicht über den ersten Theil der Motion der Herren Baumgartner und Konsorten merklich modiflziren konnten. Wir halten auch jezt noch dafür, daß die Zeitgemäßheit der Errichtung einer neuen Stelle (bezw. einer Abtheilung der Landwirthschaft) am Departement des Innern nicht genugsam erwiesen ist.

Ungeachtet all' der Theilnahme, welche wir für die Entwiklung und das Gedeihen der Landwirthschaft hegen, ist es uns in der That nicht möglich, mit den Gesuchstellern zu dem Schlüsse zu gelangen, daß ein ständiger Beamter zur Erledigung der Fragen, welche sich auf die Landwirthschaft beziehen, durchaus erforderlich sei und hinlängliche Beschäftigung für das ganze Jahr haben werde.

Im Jahr 1874 belief sich die Zahl der zugleich auf die Landwirthschaft im Allgemeinen und die Verbesserung der Pferdezucht bezüglichen Geschäfte auf 440; im Jahr 1875 wurden 230 Ge Schäfte, betreffend die Landwirthschaft im Allgemeinen und die Reblaus, 140, betreffend die Pferdezucht, behandelt, im Jahr 1876 120 Geschäfte, betreffend die Landwirthschaft und die Reblaus, 140, betreffend die Pferdezucht. Einige dieser Geschäfte erheischten ein ziemlich anhaltendes Studium ; die Mehrzahl derselben bezog sich auf die laufende Verwaltung.

Die auf die Reblaus und die Verbesserung der Pferdezucht bezüglichen Fragen werden von Spezialkommissionen behandelt ; dieses System hat bis jezt nur gute Früchte getragen ; es entspricht seinem Zwcke und ist sehr ökonomisch ; wir ersehen daher keine Gründe, weßwegen darauf verzichtet werden sollte.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

38

5/0

Würde man auf dem Arbeitsfelde, so wie es vom landwirtschaftlichen Verein vorgezeichnet ist, Stoff finden, um den Beamten, dessen Ernennung derselbe verlaugt, beschäftigen zu können ? Dies scheint uns sehr ungewiß.

Die vom Vereine vorgeschlagenen Gegenstände der Thätigkeit des fraglichen Beamten sind entweder nicht in der Kompetenz; des Bundes, wie die Hypothekargesezgebun und die landwirtschaftliche Gesezgebung im eigentlichen Sinne (Drainagen, Akerbauordnung, Bodenkredit u. s. w.) ; oder dieselben Find, selbst wenn sie in die Kompetenz des Bundes fallen, von durchaus vorübergehender Bedeutung, wie die Revision der Handelsverträge, das Gesez über die gegen die Reblaus zu ergreifenden Maßregeln, oder sie können ohne ein Spezialbüreau betrieben werden, wie es betreffs der landwirtschaftlichen Statistik der Fall ist, mit welcher das eidg. statistische Bureau ganz natürlich beauftragt werden kann ; oder endlich sind dieselben bereits verwirklicht, theils durch den Bund, theils durch die Kautone und die Privatvereine (,Preisbewerbungen, Ausstellungen, landwirtschaftlicher Unterricht, öffentliche Kurse u. s. w.).

Was die Unterstützungsgesuche der landwirtschaftlichen Gesellschaften betrifft, ist ein Beamter nichtnöthig,, um dieselben vom Gesichtspunkte ihrer Zwekmäßigkeit und des Standes der eidgenössischen Finanzen z u prüfen; endlich liegt entweder d i e tische Versuchsstationen) uns nicht ob, oder sie ist schon auf eine Weise hergestellt, welche als genügend betrachtet werden kann.

Bis auf weitere Information ist also dies unsere Ansicht über diese Frage. Es ist beizufügen, daß der Maugel an Räumlichkeiten, welcher für die bestehenden Zweige der eidgenössischen Verwaltung schon HO fühlbar ist, sich ebenfalls dawider sezt, daß man ohne eine unumgängliche Notwendigkeit die Zahl der Beamten vermehrt.

Es ist leicht möglich, daß man in der Folge, mit Rüksicht auf die beträchtliche Entwiklung, welche das Departement des Innern vermöge der zahlreichen, von der Bundesverfassung geschaffenen Geschäftsmaterien, die in den Geschäftskreis dieses Departements gehören, zu nehmen-berufen ist, dazu kommt, eine besondere Stelle für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten zu errichten, oder, was wahrscheinlicher ist, verschiedene Funktionen, welche durch die nämliche Person ausgeübt werden könnten, zu vereinigen.

Bis dahin können wir die Annahme der Anschauungsweise der Gesuchsteller nicht empfehlen.

571 Nachdem wir uns der Aufgabe entledigt haben, welche die Bundesversammlung uns durch ihr Postulat vom 23. Juni 1875 gestellt hat, erübrigt uns nur, Ihnen, Tit., die Annahme des nachstehenden Bundesbeschlusses zu empfehlen und Sie neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. November 1876.

Namens des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

a-

572 (Entwurf)

Bundesbeschluss botreffend

Errichtung einer agrikultur-chemischen Versuchsstation an der eidg. polytechnischen Schule.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. November 1870, beschließt: 1. Es wird an der eidg. polytechnischen Schule, in der landund forstwirtschaftlichen Abtheilung, eine chemische Versuchsstation errichtet für die Kontrole der landwirtschaftlichen Stoffe und Produkte (Erdarten, Dungmittel, Futterarten, Sämereien u. s. w.).

Diese Station wird die Analysen liefern, welche durch Kantonalbehörden und Partikularen von ihr werden verlangt werden ; dieselbe wird das Ergebniß derjenigen ihrer Arbeiten und Untersuchungen veröffentlichen, welche ein allgemeines Interesse für die Landwirtschaft bieten werden.

Ein Spezialreglement wird das Einzelne der Einrichtung dieser Station sowie den Tarif für die auf Begehren von Kantonal behörden und Partikularen gemachten Analysen bestimmen.

2. Die Einnahmen und Ausgaben, welche aus dieser Anstalt erfolgen, werden auf das Budget der polytechnischen Schule gebracht werden. Für 1877 beträgt der bewilligte Kredit 6000 Franken.

3. Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft; der Bundesrath ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

573 Beilage A.

Uebersicht des

Gutachtens von Herrn Professor Dr. Krämer vom 19. November 1875 über die Motion der Herren Nationalrath Baumgartner und Genossen.

I. Errichtung einer schweizerischen Centralstelle für Landwirthschaft.

Die Frage der Gründung einer schweizerischen landwirthschaftlichen Centralstell traf die betheiligten Kreise, allem Anscheine nach, nicht allseitig vorbereitet. Selbst die Begründung des betreffenden Theils der Motion im Nationalrathe beschränkte sich auf Andeutungen über die Organisation der verlangten Stelle. Es sind daher vorerst die Zweke, die Einrichtungen und die Wirksamkeit solcher Schöpfungen an der Hand der Erfahrung in Betracht zu ziehen ; zu dem Ende ist an die Vorgänge in denjenigen Ländern anzuknüpfen, welche derartige Organe schon seit; Längerem besizen, und deren Maß.

regeln man sich in der Schweiz beim Rufe nach ähnlichen Institutionen wohl vergegenwärtigt hat.

Das Gebiet, auf welchem sich die vorliegende Frage bewegt, umfaßt eine der bedeutsamsten Aufgaben der Volks wir thschaftspflege, d i e B e t h ä t i g u n g s t a a t l i c h e r F ü r s o r g e f ü r d i e Landwirthschaft, sowohl durch die Wegräumung der Hindernisse ihrer Entwiklung, als durch das Ergreifen aller der Maßregeln, welche dieselbe direkt fördern. Der Ausgangspunkt für eine n a c h h a l t i g e und s y s t e m a t i s c h e Thätigkeit, welche die Gesezgebung und Verwaltung der meisten europäischen Kulturländer zur Beförderung der Landwirthschaft entwikelten, lag in den großen,

574

der freien Benuzung des Bodens förderlichen Errungenschaften am Ende des vorigen und am Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, in welcher Zeit geläuterte Anschauungen über die hohe nationalökonomische Bedeutung der Bodenkultur zum Durchbruch kamen, und auch die Grundsäze über die Pflichten dus Staates, die kulturellen Aufgaben des Volkes zu fördern, die Anwendung staatlicher Maßregeln zur Beschleunigung des landwirtschaftlichen Fortschritts zu begünstigen anfingen. Seither hat die stufenmäßige Entwiklung auf allen Gebieten materieller Kultur auch die Landwirtschaft in einen Kreis zahlreicher neuer und erweiterter Aufgaben eingeführt.

Hieraus, sowie aus der Thatsache, daß die Landwirtschaft in ihren Einrichtungen den veränderten äußern Wirthschaftsbedingunge meist nur langsam folgt, und ihr Betrieb gewöhnlich dem jeweiligen Stande der Wissenschaft und Erfahrung nicht entspricht, ergibt sich für den Staat die Notwendigkeit, einerseits durch die Gesezgebung die Hindernisse der Entwicklung der Landwirtschaft zu entfernen, anderseits ihr durch die Thätigkeit der VerwaltungO stetige, nachO O / drückliche Förderungangedeihenn zu lassen.

Der vorliegende Bericht befaßt sich, seinem Zweite gemäß, mit den Maßregeln, welche man in obiger Beziehung in denjenigen Ländern getroffen hat, deren Landwirthschaft mit Einrichtungen, wie sie die Schweiz gegenwärtig anstrebt, ausgestattet wurde, in welcher Hinsicht die Vorgänge in den benachbarten süddeutschen Staaten besonders lehrreich sind.

Fast in allen den betreffenden Ländern bestrebten sich die Regierungen beim Beginn ihrer Thätigkeit für Förderung der Landwirthschaft, mi! der dieser angehörenden Bevölkerung durch besondere, sie vertretende Organe in nähere Beziehung zu treten.

Hieraus entsprang zunächst das Hinarbeiten auf die Bildung landwirtschaftlicher Vereine, die Beihülfe in der Organisation und die allseitige Unterstüzung derselben durch die Regierungen; auch verdankt das landwirtschaftliche Vereinswesen, dessen Anfänge übrigens auf die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurükreichen, in mehreren Staaten seine Entstehung der Initiative der Behörden. Bei dieser Vermittlung wurde nicht allein beabsichtigt, der Landwirthschaft in ihren Vereinen Bildungsstätten zu schaffen (ein Zwek, welchem dieselben in wirksamster, auf anderen gewerblichen Gebieten nicht
erreichter Weise, gedient haben), sondern auch Berathungs-, zum Theil auch Vollziehungsorgane in Sachen der Landwirthschaft zu gründen. Zu leztem Ende war die Anwendung besonderer Mittel erforderlich, da es galt, die landwirtschaftlichen Vereine dergestalt zu organisiren, daß in denselben die Ansichten und Wünsche der g e s a m m t e n Landwirtschaft zum Ausdruk

575

gelangen konnten, anderseits die Regierungen eine angemessene Vertretung erhielten.

Es bildeten sich im Wesentlichen z w e i d ah erige Systeme aus: das e i n e bestund in der Vertretung der landwirtschaftlichen Interessen durch K ö r p e r s c h a f t e n , deren Mitglieder entweder n u r a u s W a h l e n in den l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r e i n e n hervorgingen, oder i h r M a n d a t n u r v o n d e n R e g i e r u n g e n erhielten, oder endlich t h e i l s d u r c h W a h l e n , t h e i l s d u r c h E r n e n n u n g s e i t e n s d e r « B e h ö r de n berufen wurden, wobei der Einfluß der Regierungen auf die Thätigkeit derartiger Collégien mehr oder weniger hervortrat;7 nach dem O O O andern Systeme wurden r e i n s t a a t l i c h e u n d s t ä n d i g e B e h ö r d e n mit centraler Leitung des Vereinswesens eingerichtet, die sogenannten l a n d w i r ih s c h a f t l i c h e n C e n t r a l s t e l l e n , welche mit mehr oder weniger durchgreifenden Umgestaltungen heute noch in mehreren deutschen Staaten bestehen.

Institutionen, welche das erstere System in seinen Varietäten repräsentiren, findet man in vielen Ländern. Hieher gehören in Sachsen die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n K o in i t é's (seit 1834), das l a n d w i r t s c h a f t l i c h e D i r e k t o r i u m (seit 1844) ; e i n s in B a y e r n ; das L a n d e s Ö k o n o m i e - K o l l e g i u m in Preußen(reorganisirtt i m Jahr 1870); d e r Conseil culture in E n g l a n d , jedenfalls aber auch der a g r a r i s c h e K o n g r e ß in O e s t e r r e i c h .

Die nach dem zweiten System, mit weit größerer Uebereinstimmung organisirten sogenannten landwirtschaftlichen C e n t r a l stellen entstunden insbesondere in den Staaten W ü r 11 e m b e r g, B a d e n und H e s s e n (Gr.). Sie waren aus Regierungsbeamten gebildet und den landwirtschaftlichen Ministerien unterstellt; als Chef oder Präsident derselben fungirte häufig ein hochstehendes Regierungsmitglied. Außer dem erforderlichen Gehülfenpersonal, war gewöhnlich ein in der Oekonomie und Technik der Landwirtschaft gründlich unterrichtetes Mitglied als ,,Generalsekretär der landwirtschaftlichen Vereine angestellt, « elcher die laufenden Geschäfte besorgte und die Wünsche der Landwirtschaft vor den Behörden, sowie die Intentionen lezterer
vor den praktischen Landwirthen vertrat. Wo die Leitung dos Kulturingenieurwesens in den Händen der Behörden liegt, findet auch dieses durch besondere Techniker in der Centralstelle seine Vertretung; ähnliche Bewandtniß hat es mit den Beziehungen zu den Versuchsstationen, sofern sie Staatsanstalten sind.

576 Obige beide Systeme entwikelten mit örtlichen und zeitlichen Modifikationen bis in die neuere Zeit in den verschiedenen Ländern eine erfolgreiche Wirksamkeit im Interesse dor Landwirtschaft; aber sie unterlagen einer Umgestaltung, als die lezten Jahrzehnde, in Deutschland besonders unter dorn Einflüsse der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, der Landwirtschaft neue Aufgaben und Ziele vorzeichneten.

Gegenüber jenen Veränderungen, welche auch die Interessen der Landwirtschaft unmittelbar berührten, und aus dem Anspruch der staatswirthschaftlichen Gleichstellung der Landwirtschaft mit andern Erwerbszweigen, namentlich mit der Industrie und dein Handel, entstund bei den Landwirthen das Verlangen nach der Organisation einer wirksamem Vertretung ihrer Interessen vor den Organen der Gesezgebung und Verwaltung.

Demnach machte sich das Bedürfniß einer Reform der bisherigen einschlagenden Institutionen geltend. Bei der Formulirung der fraglichen organisatorischen Aufgabe verlangte man fast allgemein, von einem z w i e f a c h e n Gesichtspunkte ausgehend : e i n e w e s e n t l i c h aus W a h l e n in d e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r einen h e r v o r g e h e n d e Repräsentation d e r W ü n s c h e d e r g e s a m m t e n L a n d w i r t h s c h a f t , als gesezliches berathendes Organ der Regierung in allen allgemeinen Maßregeln für Förderung der Landeskultur und als Verbindungsglied der Vereine in allen gemeinsamen Angelegenheiten derselben, und die r e g i e r u n g s s e i t i g e A n s t e l l u n g w e n i g s t e n s eines b e a o n d e r n s t ä n d i g e n B e a m t e n , eines Generalsekretärs für die landwirtschaftlichen Vereine, zur V e r m i t t l u n g zwischen der Regierung und der zur Wahrnehmung der landwirtschaftlichen Interessen berufenen Körperschaft und den landwirthschaftlichen Vereinen, sowie zwischen lezteren unter einander. Nur in dieser Kombination lag die Bürgschaft für zeitgemäße Organisationen. Denn einerseits bildet die Anstellung eines besondern Beamten zu den erwähnten Funktionen eine wesentliche Ergänzung der zu wählenden Körperschaft, anderseits ist zur Unterstüzung und Belebung seiner Wirksamkeit der Beirath einer zum größern Theile aus Wahlen hervorgegangenen Kommission von Sachverständigen unentbehrlich.

Dagegen würde e i n e für
die Vertretung der Landwirtschaft, etwa als Referent für Landeskulturangelegenheiten, in das betreffende Departement berufene, also vereinzelt stehende Kraft bei aller persönlichen Tüchtigkeit auf die Dauer nicht im Stande sein, mit den Wünschen und Bestrebungen der Landwirtschaft die nöthige Fühlung zu behalten, dieselben zu erfassen und ihnen Geltung zu verschaffen,

577 Was insbesondere die Centralstellen ,,als Regierungsbehörden" betrifft, so drängte noch ein anderer Umstand auf. eine Aenderung in denselben hin, nämlich die aus der Entwiklung aller politischen und sozialen Verhältnisse folgende Nothwendigkeit, dem landwirtschaftlichen Vereinsleben den Trieb zur Selbstthätigkeit und Selbstverantwortlichkeit einzupflanzen, dagegen eine Einrichtung fallen zu lassen, welche für gänzlich abweichende Bedingungen berechnet war und sich auf die Neigung der Landwirthe stüzte, zur Verbesserung ihres Gewerbes stets die Initiative der Regierungen anzurufen. Eine weitere Nothwendigkeit der Reform ergab sich aus der Vorliebe der betreffenden Beamten für gouvernementale Bevormundung, zumal beim Hinzukommen von Unfähigkeit in Erfüllung ihrer Obliegenheiten in der Wirksamkeit für die Vereine. Mau befolgte daher je länger je mehr den Grundsaz, die Vereine sich v ö l l i g f r e i entwikeln zu lassen, von denselben jede Einschränkung der Befugnisse in Bezug auf ihren Umfang, ihre Innern Einrichtungen und insbesondere die Wahl ihrer Leiter fern zu halten, und ihnen nur in so weit Verpflichtungen aufzuerlegen, als sich solche durch ihren Beitritt zur allgemeinen Organisation für Regelung ihrer geschäftlichen Beziehungen zu den höheren Verbänden ergaben.

Den daherigen Wünschen für eine wirksamere Vertretung der landwirtschaftlichen Interessen entsprach man durch neue Einrichtungen, oder doch durch Reorganisation der früher bestandenen.

Als hieher gehörend sind zu erwähnen : in B a d e n die Trennung der Centralstelle als Staatsbehörde vom landwirtschaftlichen Vereine und ihre Umgestaltung zu einer Abtheilung des Handelsministeriums (1864), die Bildung einer von den Gauvereinen gewählten Abgeordneten-Körperschaft als Centralstelle (des Centralausschusses), deren Geschäfte der Präsident und der Generalsekretär besorgt, welche in den Vereinen frei gewählt werden, sodann (seit 1868) die Aufstellung des L a n d e s k u l t u r r a t h e s , ' einer vom Handelsministerium jevveilen zur Begutachtung landwirtschaftlicher Fragen u. s. \v. einberufenen Körperschaft; in H e s s e n (seit 1871) die Erweiterung der amtlichen C e n t r a l s t e l l e älterer Form durch freie Wahlen in den Vereinen und durch weitere Ernennungen seitens der Landesbehörde zu einer Körperschaft in der Art des
badischen Landeskulturrathes; in W ü r t t e m b e r g die Vermehrung der Mitgliederzahl des Collegiums der C e n t r a l s t e l l e durch Zuziehung ernannter technischer Beiräthe für verschiedene Verwaltungszweige ; in B a y e r n die Reorganisation des landwirthschaftlichen Vereinswesens (1866), nach welcher das durch Wahlen gebildete G e n e r a l k o m i t é des landwirthschaftlichen Vereins fortfährt, die Interessen der Landwirthschaft vor den Behörden zu

578

vertreten, ohne daß eine ständige Verbindung zwischen der Regierung und den Vereinen durch amtliche Organe stattfindet; in andern Ländern, z. H. im Gr Sachsen, die Organisation der C e u t r a l s t e l l e nach Analogie der badischen und hessischen Einrichtungen; in P r e u ß e n die Reorganisation des L a n d e s 0 e k o n o m i e - K o 11 e g i u m s im Sinne einer starken Vertretung der landwirtschaftlichen Central vereine in den Provinzen: im K ö n i g r e i c h e S a c h s e n (schon im Jahr 1848) die Bildung eines dem Ministerium des Innern untergeordneten sogenannten L a n d e s k u 11 u r r a t h e s auf dem Boden eines frei organisirten Vereinswesens mit breitester Grundlage in den lokalen landwirtschaftlichen Vereinen, die sich in den landwirtschaftlichen Kreisvereinen zu höhern Gruppen zusammenschließen.

Bei diesen Einrichtungen findet noch der Unterschied statt, daß in den Ländern, wo Vertretung der Ministerien in den berathenden Körperschaften vorkommt, die betreffenden Mitglieder zugleich Referenten in landwirtschaftlichen Angelegenheiten beim Ministerium sind (so in Baden und in Sachsen), während da, wo eine solche Vertretung fehlt, noch besondere Mitglieder der Ministerien mit den Referaten über Landwirtschaftliches betraut werden (so in Hessen, Württemberg, Gr. Sachsen, Bayern, Preußen etc.).

O

Sehr beachtenswerth sind die Vorgänge in Deutschland, als es sich bei der Konsolidation der politischen Verhältnisse darum handelte, die Interessen der Landwirtschaft gegenüber der Reichsgesezgebung und Reichs Verwaltung bei den Behörden und dem Reichstage zu vertreten.

Nach längeren dießfälligen Diskussionen im Kongresse norddeutscher, später deutscher Landwirthe entschied man sich zu Gunsten einer vollig unabhängigen, auf dem freien Vereinsrechte beruhenden Organisation, wogegen eine gesezliche besondere Institution, gewissermaßen als Reichsbehörde, ans verschiedenen Gründen nicht beliebte. So entstand der im Jahr 1872 in Berlin als eine Versammlung von frei gewählten Delegirten der landwirthschaftlichen Central-, beziehungsweise Provinzialhauptvereine Deutschlands konstituirte d e u t s c h e L a n d w i r t h s c h a f t s r a t h von 59 Mitgliedern, in welchem beinahe sämmtliche Staaten des deutschen Reiches vertreten sind. Die erfolgreiche Thätigkeit dieser Körperschaft und ihre für die Interessen der Landwirtschaft ersprießliche Einwirkung auf die Gesezgebung und Verwaltung des deutschen Reiches sind allgemein anerkannt. Nur dürfte eine Vertretung des Bundesrathes im Landwirthschaftsrath behufs wirksamer Verbindung zwischen den Reichsbehörden und dem landwirtschaftlichen Centralorgane wünschenswerth sein.

, O

O

O

O O

i

579 Es entsteht nun die Frage, ob die s c h w e i z e r i s c h e Landwirtschaft einer Organisation bedarf, durch welche sowohl ihre Interessen vor der obersten Landesbehörde wirksamer als bisher vertreten werden, als auch ein Sammelpunkt für die Bestrebungen dei; landwirtschaftlichen Vereine und ein gemeinsames Organ für dieselben geschaffen wird. Zwar liegt ein großer Theil der Aufgaben der Gesczgebung, durch welche die Landwirthschaft Förderung erhalten kann, bei den Behörden der Kautone, und hat sich darum die Bildung der landwirtschaftlichen Vereine der politischen Gliederung des Landes angeschlossen; auch bestehen in manchen Kantonen besondere Körperschaften, sogenannte L a n d w i r t h s c h af t s - K o in m i s s i o n e n , zur Vertretung der landwirtschaftlichen Interessen. Aber neben den Maßregeln der Gesezgebung und Verwaltung in den Kantonen stehen auch diejenigen des Bundes, welche die Zustände und Bedürfnisse der Landwirthsehaft an sich und im Verhältniß zu den übrigen Erwerbszweigen vielfach berühren. Schon mit Einführung der Bundesverfassung von 1848 wurde eine größere Anzahl von Aufgaben zur Förderung der Landeskultur in die Hände der Bundesbehörden gelegt; auch beschäftigte die Ausführung dieser Aufgaben die Landwirthe vielfach im Gesichtspunkte ihrer Interessen, so z. B. das Viehseuchengesez, die Subventionirung der Landwirtschaft für größere Unternehmungen und die Errichtung der landwirtschaftlichen Schule am Potytechnikurn. Noch mehr war dies der Fall mit der neuen Bundesverfassung und mit der bisherigen gesezgeberischen Ausführung derselben (z. B. durch das Gesez über Jagd und Vogelschuz und durch das Forstgesez), und voraussichtlich werden weitere Fragen, welche in die Interessen der Landwirthsehaft tiefer eingreifen, bei der Fortsezung der gesezgeberischen Arbeiten zur Behandlung kommen, z. B. die weitere Entwiklung des landwirtschaftlichen Unterrichtsund Versuchswesens und die jährliche materielle Beihülfe für die Bestrebungen der landwirtschaftlichen Vereine. Eine Institution, welche den Landwirtheu Gelegenheit gibt, die Wünsche der Gesammtheit derselben vor den Bundesbehörden zum Ausdruk zu bringen, müsste nun der Schweiz ebenso nüzliche Dienste leisten, wie sie dies anderweit gethan hat. Die Landwirthe streben daher mit Recht nach einer Körperschaft, welche, vorzugsweise
aus Wahlen in ihren Vereinen gebildet und dem Departement des Innern, resp. der Landwirthsehaft untergeordnet, dieselben in den Stand sezt, in allen ihre Interessen berührenden legislativen und administrativen Aufgaben den Behörden Anträge zu stellen und auf Veranlassung hin Gutachten abzugeben.

Die Konstituirung eines solchen Kollegiums sollte weder ausschließlich aus der Initiative der Vereine hervorgehen (wie es beim

580

landwirtschaftlichen Generalkomité in Bayern und beim deutschen Landwirthschaftsrathe der Fall ist), noch kann dieselbe durch eidgenössische Expertenkommissionen (wie solche bisher wiederholt einberufen wurden) ersezt werden, weil der Landwirthschaft viel daran liegt, daß einerseits das zu creirende Centralorgan, vermöge der Vertretung des Bundes in demselben, vor allen die Landwirthschaft betreffenden -Gesezes- und Verordnungsbeschlüssen angehört werde, anderseits ihr in der sie vertretenden Körperschaft durch Abordnung einer Anzahl frei gewählter Mitglieder ein angemessener Einfluß gesichert bleibe.

Daß möglicherweise eine solche Einrichtung das Verlangen auch des Handels und der Industrie nach einer analogen Organisation für ihre Gewerbe zur Folge haben wird, ist kein Grund wider die Realisirung der Wünsche der Landwirthe, weil eine Ausdehnung desselben Prinzips auf eine andere Gruppe von Erwerbszweigen, wenn in einem Bedürfniß begründet, der materiellen Landeskultur nur ersprießlich wäre.

Von besonderer Wichtigkeit für die Beurtheilung vorliegenden Antrages ist die mit der Einführung eines Centralorgans für die Pflege der landwirthschaftlichen Interessen nothwendig zu verbindende Berufung eines ständigen G e n e r a l s e k r e t ä r s der landwirthschaftlichen Vereine, da einem solchen Beamten die im Frühern bereits angegebene bedeutungsvolle Aufgabe der Vermittlung zwischen den Behörden und den Vereinen, sowie zwischen lezteren unter einander, zufallen würde. Diese Einrichtung würde derjenigen in Hessen und Preußen theilweise, derjenigen im Königreiche Sachsen sehr nahe kommen, am Meisten aber von den Institutionen in Baden und Württemberg abweichen.

Eine, wie angedeutet, auf dem Prinzip der Kollegial Verfassung beruhende Vertretung der Landwirthschaft der Schweiz würde eine Aenderung der Organisation des Vereinswesens nicht nöthig machen ; eine solche wäre sogar unthunlich wegen der territorialen Gliederung der landwirthschaftlichen Vereine und wegen der Ungleichheit ihrer äußern Bedingungen, welche schon bisher eine Centralisation nicht begünstigt hat.

Wenn es sich nach Obigem empfiehlt, das zu bildende Kollegium, das am passendsten schweizerische Central-Landwirthschafts-Kommission (nicht s c h w e i z e r i s c h e l a n d w i r t h s c h a f t l i c h e C e n t r a l s t e i l e )
benannt würde, mehrentheils aus Abgeordneten der Vereine zusammenzusezen, so fragt es sich, ob die Wahlen derselben in den Generalversammlungen der Hauptvereine, oder, nach Art der Abgeordnetenwahlen der Kantonalvereine zum schweizerischen landwirthschaftlichen Verein, in den

581

kantonalen Vereinen vorzunehmen wären. Sollte der Umstand, der insbesondere beim schweizerischen l an dwirth schaftlichen Vereine zu berüksichtigen ist, daß die Ausdehnung seines Gebietes, der daherige wandelbare Charakter seiner Versammlungen und die schwache Betheiligung der Gebirgsdistrikte an denselben eine gleichmäßige Vertretung der einzelnen Distrikte in den Wahlen zur Central-Landwirthschafts-Kommission erschweren würde, erheblich befunden werden, um die Hauptvereine als Wahlkörper aufzugeben, so wären einfach die Vorstände (Direktionen) derselben, als Mandatare der Generalversammlungen, in die Central-Landwirthschafts-Kommission zu berufen, wobei die drei Hauptvereine der Schweiz (der schweizerische, ·der romanische und der tessinische) eine der Ausdehnung und Bevölkerung ihrer Gebiete entsprechende Delegirtenzahl zu bezeichnen hätten.

Das Zustandekommen einer solchen Körperschaft würde die Thätigkeit der landwirtschaftlichen Hauptvereine keineswegs benachtheiligen, vielmehr heben. Die schweizerische Central-Landwirthschafts-Kommission und der Generalsekretär würden der Anregungen und Wegleitungen seitens dieser Vereine bedürfen -, anderseits kämen die Vereine in den Fall, zur Erfüllung der ihnen unverändert verbleibenden Mission die Beihülfe des Centralorgans anzurufen , welches gleichsam die vermittelnde Hand zwischen den Vereinen und den Bundesbehörden wäre. Beiden Körperschaften wäre vonnöthen, mit einander in inniger Berührung zu bleiben; bei der Verschiedenartigkeit der Geschäftskreise könnte die eine ·die andere schlechterdings nicht ersezen.

Wie eine schweizerische Central-Laudwirthschafts-Kommission im Einzelnen einzurichten wäre, dies darzustellen ist nicht Aufgabe dieses Berichtes. Nur mag noch angedeutet werden, daß die Verhältnisse der Schweiz, nach dem Ergebnisse der vorstehenden Erörterungen, jeder Annäherung an das System der älteren Centralstellen Süddeutschlands widerstreben, dagegen die Annahme einer Organisation empfehlen, welche derjenigen im K ö n i g r e i c h e S a c h s e n im Wesentlichen entspricht und den Beifall der Landwirthe dadurch erlangen würde, daß sie dem Vereinswesen freieste Entwiklung gewährt, wie auch in der Organisation und Leitung der Centralkörperschaft (abweichend von Württemberg, Baden, Hessen und Preußen) den Vereinen einen bedeutenden
Einfluß einräumt.

Die zum Theil schon die Ausführung berührenden Fragen (z. B, betreffend die Zahl der von den Vereinen zu wählenden Vertreter, die Vertheilung derselben auf die Kantone oder auf die drei Hauptgebiete, beziehungsweise deren Vereine, die Zahl und Auswahl der von der Bundesbehörde zu ernennenden Mitglieder u. s. f.) dürften

582 sich leicht erledigen, sobald die Einführung der Institution, als einer im Prinzip nüzlich anerkannten, beschlossen sein wird.

Obwohl übrigens die neue Bundesverfassung nicht in ähnlicher Weise Fürsorge für die Landwirtschaft, wie im Art. 24 für die Forstkultur, getroffen hat, so dürften doch die Art. 2 und 102 die Vorlage und den Beschluß eines Gesezes rechtfertigen, durchWelches ein Organ für V e r t r e t u n g , F ö r d e r u n g und F o r t b i l d u n g des für die N a t i o n a l w o h l f a h r t hoch bedeutenden Gewerbes der L a n d w i r t h s c h a f t geschaffen würde.

II. Errichtung einer agrikultur-chemischen Versuchsstation.

Zur Beurtheilung dieser Frage ist die Entwiklung zu betrachten, welche die Lehre und Forschung im Gebiete der Landwirtschaft in den lezten Dezennien durchlaufen hat. In derselben zeigt sich, als eine Erscheinung bedeutendster Tragweite, das Bestreben, den Betrieb dieses Gewerbes nicht mehr auf die sogenannte E r f ah r u n g, welche auf der Beobachtung von Einzelerscheinungen beruht, sondern auf die G e s e z e der Natur und der Wissenschaft zu stüzen, welche den Vorgängen in der Landwirtschaft zu Grunde liegen, und in dem gründlichen Erfassen dieser Geseze, sowie in der richtigen Anwendung derselben für die Beurtheilung der vorkommenden Fälle, der p r a k t i s c h e n Thätigkeit eine w i s s e n s c h a f t l i c h e Basis zu geben. Das bedeutsamste Mittel zu einer der Entwiklung der Naturwissenschaften entsprechenden Fortbildung der Landwirthschaftswissenschaft, sowie zur Vermittlung der Wege, durch welche der Landwirth die richtigen Grundsäze sich in der Praxis dienstbar zu inachen hat, ist in der Forschung durch zahlreiche, exakte und verschiedenartige Experimente oder Versuche gegeben. Und da solche im großen Ganzen anzustellen niemals Aufgabe der praktischen Laudwirthe sein k a n n , die Lösung derselben aber zur Forderung der Landwirthschaft im Allgemeinen wesentlich beiträgt und daher im Interesse der Gesammtheit liegt, so ist es unstreitig Pflicht des Staates, der Landwirthschaft in der Gründung derartiger Forschungsstätten, d. h. besonderer V e r suchsstationen behülflic zu sein.

Damit steht die Erfahrung in vollem Einklänge. Nach kleinen Anfängen im Beginn der fünfziger Jahre (vornehmlich in Sachsen) und nachdem die Wanderversammlung deutscher Land- und Forstwirthe im Jahre 1855 die Prinzipien für die Organisation der Versuchsanstalten festgestellt hatte, verbreiteten sich, dem fortschreitenden Bedürfnisse entsprechend, die Versuchsstationen über Deutschland (jezt sind dort deren 46, wovon in Preußen 6 an landwirth-

sa

5S3

schaftlichen Hochschulen, 16 von den landwirtschaftlichen Hauptvereinen gegründete und Tom Staute jährlich mit Fr. 77,250 subventionirte), von da aus über Frankreich, Italien, England, Oesterreich, die skandinavischen Länder u. s. w. In der Schweiz bestehen solche wenigstens für einige Spezialaufgaben (Milchwirthschaft, Düngerkontrole).

Das Haupt verdienst der Versuchsstationen um die Landwirthschaft liegt in dem befruchtenden Einflüsse, welchen die Anwendung wissenschaftlicher Versuche und Forschungen auf die landwirtschaftliche Technik ausgeübt hat.

Während des lezten Jahrzehnts hat bei den landwirthschaftlichen Versuchsstationen die Erweiterung ihres Forschungsgebietes, die Vervielfältigung der Berührungspunkte zwischen Wissenschaft und Praxis und das daherige Anwachsen der Zahl der Aufgaben dem Grundsaze der T h e i l u n g d e r A r b e i t Geltung verschafft, und nur wenige Stationen konnten a l l e die Ziele verfolgen, welche man ihnen im Laufe der Zeiten vorzeichnete. Daher haben sich dieselben in verschiedene Richtungen abgezweigt.

Bei der Gründung des landwirtschaftlichen Versuchswesens dachte man sich ursprünglich als Zwek der für dasselbe bestimmten Stationen die Erforschung der Geseze der Pflanzen- und Thierproduktion, die Fortbildung der Wissenschaft und die Förderung des landwirtschaftlichen Betriebs durch Aufklärung über alle denselben berührende Fragen der theoretischen Forschung. Insoweit hatte man es mit eigentlichen Versuchs S t a t i o n e n zu thun, und noch besteht das Wesen der meisten Versuchsinstitute in dieser Thätigkeit, so zwar, daß einige derselben den vorwiegend praktischen Zwek verfolgen, die Methoden der Diensbarmachung der Errungenschaften der Wissenschaft für die örtlichen Bedingungen der Produktion zu ermitteln, oder auch neben der Erforschung der Gesezmäßigkeit der Erscheinungen die ökonomische Seite der Versuchsanlage und Versuchsergebnisse hervortreten zu lassen.

In neuerei- Zeit hat sich eine zweite Kategorie von Versuchsstationen gebildet, welche bezwekt, mit den vorhandenen theoretischen Hülfsmitteln das unmittelbare Bedürfniß der Praxis zu befriedigen, nämlich durch Untersuchungen von Dünger- und Futtermitteln und von Sämereien des Handels, sowie von Böden. Wasser, landwirtschaftlichen Erzeugnissen etc. und durch Rath und Auskunft in manchen, auf
wissenschaftliche Prinzipien zu stüzenden Vorkehrungen. Die diesfälligen Anstalten sind die sogenannten landwirtschaftlichen K o n t r o l - u n d A u s k u n f t s s t a t i o n e n , oder, im Gegensaze zu den Instituten ersterer Richtung, Untersuchungs s t a t i o n e n. Dieselben scheinen, obwohl zum Theil

584

mit Aufgaben der erstem Richtung beschäftigt, in ihrer Eigenthümlichkeit all mal ig eine Sonderstellung einnehmen und daher Kultur- und Fütterungsversuche hintansezen oder abweisen zu wollen.

Dieser Entwickungsgang i s t e i n naturgemäßer u n d d e n Anwendung vonkonzentrirtenn Dünge- und Futtermitteln erheischt eine immer schärfereKontrolee derartigerHandelswaren,, zum Schuze derLandwirthee vor Fälschung dieser für sie wichtigsten Verbrauchsstoffe. Mit der Bedeutung dieser Kontrole steigt diejenige dey anderweitigen Untersuchungen von Rohmaterialien und Produkten, sowie der Ertheilung vonRath,, Auskunft und Anleitung in vielen geschäftlichen Operationen, zumal bei der zunehmenden Kapitalverwendung in der Landwirtschaft. Diese Aufgaben beschäftigen jedoch die gewöhnlichen Versuchsstationen dermaßen, daß dieselben sich anderweitigen größern Forsohungsaufgaben nicht unterziehen können. Es war daher einBedürfniß,, für die bezeichneten Zweke der Untersuchung und AuskunftsertheilungSonderanstaltenu zugründen..

Ein weiterer diese Abzweigung begünstigender Umo , o O O O stand war der, daß der Vorsteher einer solchen Station, weil seine Thätigkeit vorwiegend oder ausschließlich jener Aufgabe gewidmet ist, selbst mit, einem beschränkten und wohlfeilen Apparate rascher praktische Resultate erzielen kann, und daß es dadurch den Vereinen möglich wurde, sogenannte U n t e r s u c h u n g s Stationen, allenfalls mit Staatsbeisteuern, in großer Zahl zu errichten. Ueberdies ist dem Leiter einer eigentlichen V e r s u c h s s t a t i o n , wegen Inanspruchnahme von Zeit und Kraft durch die meist bedeutenden und umfangreichen Aufgaben, ein Zersplittern seiner Thätigkeit durch Uebernahme von zahlreichen Untersuchungs- und anderen kleinen Aufgaben nicht zuzumuthen. -- Die Gründung und Unterhaltung der Institute lezterer Art kann wegen ihrer ausgesprochenen Wirksamkeit für Fortbildung der Wissenschaft, wegen der hiezu erforderlichen bedeutenden materiellen und geistigen Mittel und wegen der mitunter späten, jedenfalls unregelmäßigen Einkehr ihrer Forschungsresultate, nur Sache des Staates sein, und werden daher solche Anstalten fast in den meisten Ländern zwektnäßig mit den hohem landwirthschaftlichen Schulen verbunden. (Während übrigens |die reinen Forschungsstationen ihren Siz regelmäßig an den Hochschulen aufschlagen,
werden diejenigen Anstalten, welche die wirthschaftliche Seite ihrer Aufgabe mehr zu berüksichtigen haben, wegen des Vortheils der Hülfsmittel eines Gutsbetriebs auf das Land ver' legt, wogegen die sogenannten Untersuchungsstationen in der Wahl ihrer Stätten frei sind.

585

Obwohl bei dem vorliegenden Antrage die für das landwirtschaftliche Versuchswescn der Schweiz gewünschten Einrichtungen nicht näher angegeben worden sind, dürfte doch die Beantwortung der Frage, auf welche Ziele z u n ä c h s t am Zwekmäßigsten hingesteuert würde, nicht schwer fallen.

Die Bedeutung des Versuchswesens und die Bedachtnahme auf die Anlehnung desselben an die landwirtschaftliche Schule am Polytechnikum lassen nun zwar eine größere Versuchsanstalt als eine Zierde des Landes und als imzvoll erscheinen. Allein die Größe der für eine solche Anstalt erforderlichen finanziellen Opfer, verbunden mit dem Umstand, daß besagte Schule stets noch erhebliche Summen beansprucht und der Konsolidation ihrer innern Einrichtung bedarf, macht die Durchführbarkeit eines derartigen umfangreichen Unternehmens zweifelhaft. Ueberdies mag man sich hiefür mit der Thatsache trösten, daß die landwirtschaftlichen Vereine und die Presse, unter Betheiligung der eidgenössischen landwirtschaftlichen Schule, die Ergebnisse der Untersuchungen an den auswärtigen großem Stationen popnlarisiren ; daß jene Errungenschaften namentlich im Unterricht genannter Schule berüksichtigt werden, und die Dozenten ebenderselben Schule, nach Maßgabe ihrer Hülfsmittel, an der Lösung wichtiger wissenschaftlicher Aufgaben mitarbeiten.

Unter diesen Umständen, zu welchen die Erfolglosigkeit eines seinerzeitigen Antrages des Berichterstatters auf Erweiterung der Hülfsmittel für das Versuchsweisen kommt, ist von der Gründung einer grüßern Versuchsstation einstweilen abzusehen und diese Frage zu gelegener Zeit zu besprechen.

Um so dringender veranlaßt aber der erwähnte Antrag die Projektirung einer sogenannten U n t e r s u c h u n g s s t, a t i o n ; denn derselbe hat wohl ausschließlich diese Einrichtung gewollt, weil das Bediirfniß einer solchen vorherrscht.

Auch in der Schweiz ist mit dem Verbrauche von Handels-r düngemitteln, von Kraftfutter, von Handelssämereien, sowie von andern Hülfsmitteln des landwirtschaftlichen Betriebes der Handel in solchen Verbrauchsstoffen, aber auch die Gefahr ihrer Fälschung und daheriger Benachteiligung der Lan,dwirthe in steter Zunahme begriffen. Da nun unter gehobenen Kulturverhältnissen ein intensiverer Betrieb der Landwirtschaft, ohne welchen die Rente dieses Gewerbes in Rükschlitte zu verfallen droht,
dringend geboten ist, die Wirthschaftsintensität aber eine reichlichere Verwendung von Umtriebsmaterial zur Steigerung der pflanzlichen und thierischen Produktion erfordert, so liegt es im Interesse der Landwirtschaft und selbst der Gesammtheit, daß über den Handel in diesen Verbrauchsstoffen eine wissenschaftliche Kontrole geübt werde. Denn nur Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

39

586 diese vermag die Landwirthe in der vermehrten Anwendung jener Hülfsmittel vor Täuschung und verfehlten Versuchen sicher zu stellen und so die Verbreitung zwekmäßiger Verfahrungsweisen in der Landwirthschaft zu begünstigen. Einen ebenso großen Nuzen wird eine Kontroistation dadurch bringen, daß sie den praktischen Landwirthen Aufschluß und Beirath über die neueren Methoden und Einrichtungen in derLandwirthschaft gibt, dieselben auf manche bedeutsame, bisher aus Unkenntniß unbeachtete Erscheinungen in ihrem Betriebe aufmerksam macht, und so den Verkehr zwischen Wissenschaft und Praxis vermittelt und dessen befruchtende Wirkung vervielfältigt. Dabei wäre nicht ausgeschlossen die Betheiligung an Aufgaben eigentlicher Forschung durch Anstellung von Experimenten und Versuchen, sowie Untersuchung und Aufschlußertheilung zur Beurtheilung d e r Beschaffenheit d e s Bodens, d e s Wassers, v o n In ähnlichem Sinne haben auch viele andere Versuchsstationen ihre Aufgabe zum Nuzen der Landwirtschaft aufgefaßt und ausgedehnt.

Gegen die gemachten Vorschläge kann nicht eingeworfen werden, daß in obigen Richtungen mehr oder weniger für die schweizerische Landwirtschaft schon gesorgt sei. Zwar werden Untersuchungsarbeiten behufs der Kontrole des Handels in landwirtschaftlichen Verbrauchsstoffen hier und da vorgenommen (so von Herrn Prof.

Dr. Schulze am Polytechnikum, im Auftrage des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins, und vom Lehrer der Chemie an der Ackerbauschule auf der Rutti bei Bern) ; aber diese Arbeiten können nur nebenbei betrieben werden, und die Kontrolen sind mehr gegelegentliche, als systematische. Die Arbeiten des Herrn Schulze beschränken sich auf die Kontrole inländischer Düngerfabriken, sind daher von unerheblichem Nuzen und müssen durch die Kontrole der gegen Garantie erkauften und von den Käufern abgegebenen Waaren ersezt werden; die Untersuchungen an der Schule auf der Rutti können nicht der Landwirtschaft des ganzen Landes dienen. Die schweizerische Milch-Versuchsstation befaßt sich nicht mit Kontroiuntersuchungen und unterordnet dieVersuchsu-Aufgaben der Belehrung des Volkes; ihre ausschließliche Beschäftigung mit einem zwar sehr wichtigen .Zweige der Landwirthschaft läßt einen Vergleich mit den allgemein landwirtschaftlichen Versuchsanstalten nicht zu.

Aus obigen Gründen ergibt
sich das Bedürfniß einer centralen landwirthschaftlichen Untersuchungs- oder einer l a n d w i r t h s chaftl i e h e n V e r s u c h s - u n d A n k u n f t s s t a t i o n , deren Errichtung ( zugleich hoffen läßt, n e b e n ihr später auch eine Forschungsstation gründen zu können.

587

Es empfiehlt sich, eine solche Schöpfung mit der landwirth- ; schaftlichen Schule des eidgenössischen Polytechnikums zu verbinden; s denn einmal wäre diese Verbindung den Zwekeu der neuen Lehraiistalt forderlich, sodami weisen auch äußere Verhältnisse auf dieselbe hiu. Der gegenwärtige Vorsteher des chemischen Laboratoriums '.', an jener Schule, Herr Prof. Dr. Schulze, ist als früherer Vorsteher der landwirtschaftlichen Versuchs- und Auskunftsstation in Darmstadt, eines Instituts in der Art des für die schweizerische Landwirthschaft zu wünschenden, mit den Einrichtungen und Bedürfnissen einer solchen Ansta,lt vertraut, und unter seiner Oberleitung würde diese die sicherste Bürgschaft für Erfüllung ihrer Aufgabe bieten.

Auch wären die Räume und Einrichtungen im agrikultur-chcmischen Laboratorium zur Aufnahme der Arbeitsstätte eines Stations-Chemikers groß genug, und selbst die Bedienung der Station könnte einstweilen vom Laboratorium bestritten werden. Eine Anlehnung der Versuchsstation an lezteres ließe daher die Anstalt mit einem anderswo unmöglichen Minimum von Kosten zu Stande bringen.

Zunächst wäre ein naturwissenschaftlich gründlich gebildeter Stations-Chemiker anzustellen, welcher die vorkommenden Arbeiten selbstständig und unter eigener Verantwortlichkeit aufs Exakteste auszuführen fähig ist und zugleich das Formal-Geschäftliche der Dienststellung (Korrespondenzen, Rechnungsablage, Jahresberichte etc.)

zu übernehmen hat. Dagegen müsste im Interesse der landwirtschaftlichen Schule die Ober-Aufsicht und -Leitung der Station dem Vorsteher des agrikultur-chemischen Laboratoriums vor behalten bleiben.

Denn außerdem, daß diesen ausgedehntere Erfahrungen irn Gebiete des Versuchs- und Untersuchungswesens vorzugsweise befähigen, eine befriedigende und Vertrauen erwekende Thätigkeit der Station zu unterhalten, ist demselben nicht zuzumuthen, daß er seine Befugnisse über die vorhandenen Räume und die Ansprüche an deren Benuzung mit einem zweiten, selbstständigen Institute theile. Selbst den Behörden könnte die Uebertragung der Verantwortlichkeit für die Verwaltung des Laboratoriums auf mehrere Personen nicht erwünscht sein, zumal die Interessen der landwirtschaftlichen Schule, deren Unterrichtszweken die vorhandenen Einrichtungen dienen sollen, vom Vertreter derselben nur bei unverkürztem Genüsse
des Rechts der Verfügung über die äußern Hülfsmittel des chemischen Laboratoriums gewahrt werden können.

Unter dieser Kombination ist Herr Prof. Dr. Schulze nicht nur zur Aufnahme der Station in das Laboratorium, sondern auch zur seinerseitigen Förderung derselben erbötig. Ebenderselbe ist mit dem Berichterstatter der Ansicht, daß bei der Wahl des zu berufenden Stations-Chemikers vor Allem Kenntniß der Bedürfnisse und Methoden in agrikultuc-heniischen Arbeiten und die Fähigkeit

588

selbstständigen Operirens in Betracht komme, wogegen eine nur zum gewöhnlichen Assistentendienste taugliche Persönlichkeit ungeeignet wäre.

Zur Dekung des finanziellen Gesammtbedarfs der Station sind erforderlich : einmalig Fr. 2000 (für Beschaffung von Apparaten, soweit solche im Laboratorium fehlen oder nicht disponibel sind); jährlich circa 3500, höchstens 4500 Fr. (3000 bis 4000 Fr. für Besoldung des Stations-Chemikers und 500 Fr. für laufende Betriebskosten").

Ueber die Einzelnheiten der Durchführung des Projekts, betreffend Statuten und Reglement der Station und Dienstinstruktion des Chemikers, Vorschläge zu machen, wird erst im Falle der Genehmigung der vorliegenden Anträge vonnöthen sein, und werden dann auch die bezüglichen Ansichten des nächstbetheiligten Vorstehers des agrikultur-chemischen Laboratoriums zvvekmäßig vernomme werden.

III. Einrichtung von Kursen zur Heranbildung von Landwirthschaftslehrern.

Aus der Fassung der bezüglichen Motion, wonach es sich darum handelt, an der landwirtschaftlichen Schule des Polytechnikums neben den regel massigen, durch Programm festgestellten Kursen besondere Unterrichtsgelegenheiten behufs der Heranbildung von l a n d w i r t h s c h a f t l i c h e n W a n d e r - und F a c h l e h r e r n zu schaffen, ist dem Berichterstatter nicht ersichtlich, welche Kategorie von Landwirthschaftslehrern damit gemeint ist.

Ein landwirtschaftlicher Wanderlehrer muß zugleich ein Fachlehrer sein, insofern derselbe nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn er Kenntnisse, Erfahrung und Urtheil in seinem Lehrgebiete, in der Landwirthschaft, und Gewandtheit in mündlicher Darstellung besizt. Nach den bisherigen Erfahrungen kann das landwirtschaftliche Wanderlehrthum nur dann der Landwirthschaft ersprießliche Dienste leisten, wenn seine Vertreter sowohl p r a k t i s c h , als w i s s e n s c h a f t l i c h gründlich geschult und durchaus lehrtüchtig sind : denn dieselben haben mil: Männern vom Fach zu verkehren, und der Wanderunterricht bezwekt, wissenschaftliche Auffassung und Behandlung der Landwirthschaft in den weiten Kreisen der Praktiker zu verbreiten und dieselben für Reformideen zu gewinnen.

Die Thätigkeit eines landwirthschaftlichen Wanderlehrers ist sonach nur eine Spezialrichtung der Thätigkeit eines landwirtschaftlichen Fachlehrers überhaupt, und zwar eine solche, die rüksichtlich des Standpunkts der betreffenden Zuhörerschaft die größte fachliche Ausbildung erheischt.

589

Die Vorbereitung für ein Lehramt in einem gewerblichen Fache erfordert wenigstens gleich viel Zeit und Kraft und ebenso planmäßige, methodische Anordnung des Studienganges, wie die für wirtschaftliche Ausübung eines technischen Berufes. An einer landwirtschaftlichen Lehranstalt, wie die beim eidgenössischen Polytechnikum, müssen daher an einen künftigen Fachlehrer, gleiche Vorbildung vorausgesezt, wenigstens die nemlichen Ansprüche in Bezug auf Dauer des Studiums und auf Arbeitsbethätigung gemacht werden, wie an den angehenden praktischen Landwirth. Im 1871er Spezialprogramme der genannten Schule ist denn auch vom Berichterstatter irn Hinblik auf den damals noch vorgesehenen zweijährigen Kurs darauf aufmerksam gemacht, daß landwirthschaftliche Lehramtskandidaten, welche sich an der Schule ausbilden wollen, bei den vielfachen, gesteigerten Anforderungen der landwirtschaftlichen Lehre und Forschung eine längere Studienzeit in Aussicht nehmen sollten. Auch haben die ersten Fälle der Vorbereitung junger Männer für ein landxvirthschaftliches Lehramt, mit welchen es ebendieselbe Schule zu thun hatte, in erfreulicher Weise die Ueberzeugung der Betreffenden bekundet, daß sie zur Erfüllung ihrer Berufsaufgabe eines ausgedehnten und gründlichen Studiums nicht entbehren können. Zwei derselben haben nämlich nach Absolvirung der Schule noch einige Zeit an einer deutschen landwirtschaftlichen höhern Lehranstalt forfstudirt, und ein Dritter hat sieh gleich beim Eintritt zum Durchmachen des ganzen Kurses, jezt von 2'/2 Jahren, entschlossen.

Falls der vorliegende Antrag eine längere, als die vom Programm zur Ausbildung für den gewerblichen Beruf festgesezte Ausdehnung der Kurse der eidgenössischen landwirthschaftlichen Schule für Heranbildung von Fachlehrern bezxveken sollte, so steht dem nichts entgegen, da für jeden Studirenden nach Maßgabe seiner Vorbildung und seiner Bildungsziele, und soweit diese über das normale Lehrprogramin hinausgehen, ein Spezialplan entworfen werden kann , ohne daß die Anstalt dabei die Anordnung des Studienganges prinzipiell zu ändern braucht. Sollte aber mit jenem Vorschlag eine Erleichterung der Ausbildung von Fachlehrern durch Beschränkung der Unterrichlszeit und dahcrige Einrichtung besonderer kurzfristiger Kurse gemeint sein, so würde die eidgenössische landwirthschaftliche Schule,
wenn sie. hierauf einginge, sich degradiren und diskreditiren, da sie eine nur durch Verzicht auf Gediegenheit und Gründlichkeit erfüllbare Aufgabe übernehmen und in Folge davon der Landwirtschaft des Landes durch Entsendung von Halbwissern eher schaden als nüzen würde. Und in welcher Stellung befände sich die Schule gegenüber Denen, welche die LJeberzeugung, daß die Ausbildung zum Fachlehrer ein gründliches

590

Studium erfordere, durch ihre Entschliessungen an den Tag gelegt haben? Die Behörden werden schwerlich Hand dazu bieten wollen, die oberste landwirtschaftliche Unterrichtsanstalt des Landes in eine Schnellbleiche für zukünftige Fachlehrer umzuwandeln.

Anders verhält es sich, wenn die Motion die Beförderung des sogenannten l a u d wi r t h s chaft i eben F o r t bild u n g s w e s e n s durch Organisation einer passenden Unterrichtsgelegenheit für Volksschullehrer beabsichtigt hat. Bekanntlich bildet die Einfühlung des Fortbildungsunterrichts im Anschlüsse au die Elementarschule in allen Ländern vorgeschrittener Kultur eine der bedeutsamsten Fragen der Gegenwart, auf deren zeitgemäße Lösung mit Hülfe der Gesezgebung die Entwiklung aller Verhältnisse hindrängt. Mau ist zur Anerkennung des Grundsazes gekommen, daß die Fortbildungsschule nicht die Aulgabe habe, direkt auf praktisch-gewerbliche Zweke hinzuarbeiten, sondern als ,,gehobene Volksschule die aus dieser entlassene Jugend in den allgemeinen Bildungsgrundlagen zu befestigen und weiterzuführen und durch Anknüpfung an die realen Bedürfnisse des bürgerlichen Lebens das Denk- und Urteilsvermögen der Schüler zu entwikeln. Wenn nun derartige Schulen auf dem Lande, wo solche zugleich im Interesse der hauptsächlich Landwirtschaft treibenden Bevölkerung wirken können und sollen, gewissermassen den Charakter von l a n d w i r t h s c h a f t l i e h e n Fortbildungsschulen annehmen, so ist zur Begünstigung der landwirtschaftlichen Berufsrichtung nicht ein systematischer Fachunterricht, eine spezielle Landwirthschaftslehre einzuführen, sondern eine Anordnung des Unterrichts zu treffen, welche die einstigen Bedürfnisse der Schüler als Landwirthe in der Weise berüksichtigt, daß sie die Beziehungen zum Fache innerhalb des allgemeinen Rahmens durch die Wahl des Lehrstoffs, der Uebungsbeispiele und der Lehrmethode hervorhebt. Eine Organisation der Fortbildungsschule als ,,Fachschule würde nicht übereinstimmen mit der für den Unterricht disponiblen Lehrzeit, dem Alter und der Vorbildungsstufe der Schüler, und der rüksichtlich künftiger Lebens- und Berufsstellung bestehenden Ungleichartigkeit der Bedürfnisse der Jugend; sie würde überdies allen den Gründen zuwider laufen, welche man in neuerer Zeit für das wünschenswerthe Obligatorium an dieser Anstalt
vorgebracht hat.

Wie bei allen Bildungsanstalten für bäuerliche Kleinbesizer, können die Volksschullehrer auch für die landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen die ersprießlichsten Dienste leisten. Grossentheils von Jugend auf mit dem landwirtschaftlichen Betriebe, dem Gesichtskreise und den Anschauungen des Landwirths bekannt, zum Theil selbst Landwirtschaft treibend, sind dieselben vermöge ihrer

591 Ausbildung, ihrer Erfahrungen im Lehrfache und ihrer Stellung in der Gemeinde vorzugsweise berufen zur Leitung der landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen, und nur die Betheiligung der Volksschullehrer macht es möglich, j e d e r Gemeinde die Wohlthaten einer Fortbildungsschule angedeihen zu lassen.

Gemäß obigen Andeutungen über die Zweke und Einrichtungen der landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen bedarf es für diese Anstalten nicht besonders geschulter l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r F a c h l e h r e r . Dagegen müssen die betreffenden Lehrer in den für die Begründung der Landwirthschaftslehre wichtigen Disziplinen (in den Naturwissenschaften und der Wirthschaftslehre) durchgebildet sein und die Grundzüge der Landwirthschaftslehre so weit kennen, daß sie im Stand sind, sich auf dieselben im Unterricht treffend zu beziehen und sie zur Konstruktion und Durchführung von Lehr- und Uebungsaufgaben zu verwerthen. Ein Mehreres zu verlangen ist wegen der anderweitigen Pflichten des Lehrers in seinem Unterrichts- und Erziehungswerke nicht nöthig, aber auch nicht möglich, da eine zahlreiche, in den Hauptzweigen der Gewerbe und der Technik durchgebildete Lehrerschaft nie verfügbar sein wird.

Die Vorbereitung der Lehrer für den Unterrichtsdienst an den landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen kommt hauptsächlich den Seminarien zu, welche deßhalb in manchen Staaten irn Sinne weiterer Ausdehnung uud Vertiefung des Unterrichts (z. B. durch mehrere Berüksichtigung der Naturlehre und der Grundlagen des Landwirtschaftsbetriebs) reorganisirt wurden. Die älteren, schon im Dienste stehenden Lehrer, welchen diese Reorganisation des Seminarunterrichts nicht, zu Gute kam, sind durch Kurse über naturwissenschaftliche, volkswirtschaftliche und fachtechnische Gegenstände für den Dienst des landwirthschaftlichen Fortbildungsunterrichts, nachträglich zu befähigen. Derartige Kurse richtete man in verschiedenen Staaten Deutschlands, in Oesterreich, vorübergehend auch in der Schweiz (namentlich im Thurgau unter der Leitung von Direktor Schatzmann) und in andern Ländern ein, indem man dieselben, wegen der Verfügung über ausreichende Lehrkräfte und Lehrmittel, wo möglich mit einer landwirthschaftlichen Hochschule verband und die betreffenden Schullehrer zur Theilnahme an derselben, hauptsächlich während der
Volksschulferien, für mehrere Wochen einberief. Die Dauer dieser Kurse war verschieden: von 4, 6, 10 und 12 Wochen; im leztern Falle wurde die Unterrichtszeit gewöhnlich auf zwei Jahrgänge vertheilt.

Bei richtiger Auffassung der Zweke dieser Kurse suchte man nicht, mittelst derselben den Schullehrern positive Einzelkenntnisse

092 beizubringen, sondern sie durch wissenschaftlich-praktische Uebungen zum Selbststudium und zur richtigen Methode im Fortbildungsunterrichte anzuleiten. So erwiesen sich die Kurse, recht nüzlich, da sie den Theiluehmern Anregung und Wegleitung zur Verarbeitung des Lehrstoffes gaben; zugleich erwahrten sie das Bedürfnis dieser O i O Verarbeitung seitens der Lehrer, damit sich dieselben die zum Lehren nöthiaie Sicherheit auf einem bisher von ihnen weniger O O gepflegten Gebiete verschaffen. Auch trugen derartige Kurse viel dazu bei, daß die Theilnehmer die Schwierigkeit ihrer Lehraufgabe richtig schäzen lernten und daß insbesondere jede Ueberhebung derselben beseitigt wurde.

Es ist einleuchtend, daß landwirtschaftliche Kurse für Volksschullehrer auch der Schweiz und deren Landwirtschaft ersprießlich sein würden. Zur Verwirklichung der diesfälligen Wünsche des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins schien es dem Berichterstatter anfänglich zwekentsprechend, eine solche Einrichtung an der eidgenössischen landwirtschaftlichen Schule zu treffen, zumal wegen der auch anderwärts bevorzugten Gelegenheit zur Benuzung der vorhandenen Lehrkräfte und Lehrapparate.

Eine Centralisation dieser Wirksamkeit*für die Volksschule hat unstreitig Vieles für sich. Nähere Erwägungen haben jedoch den Berichterstatter seither überzeugt, daß die Verwirklichung dieses Wunsches, mit welcher die eidgenössische landwirtschaftliche Schule zwar dem Lande große Dienste leisten würde, doch auch viele Bedenken gegen sich hat. Die Ungleichheit der Vorbildung der Zuhörerschaft von Lehrern aus den Kantonen, eine Folge der ungleichen Leistungen im Unterrichte an den kantonalen Seminarien, sowie die Verschiedenartigkeit der Sprache würden den Unterricht erschweren.

Ferner würde die Ungleichheit der Ferienzeiten an den Volksschulen in den einzelnen Landestheilen eine gleichzeitige Vereinigung von Lehrern aus den verschiedenen Gegenden unmöglich machen. Die Einrichtung der Kurse wäre daher, der Zeit ihrer Abhaltung nach, schwer zu treffen. Hiezu kommt noch eine Haupt Schwierigkeit.

Die beabsichtigten Kurse fallen entweder in die Ferien oder in das Schulsemester der eidgenössischen landwirtschaftlichen Schule. Im erstem Falle ist es sehr zweifelhaft, ob es gelingen werde, die finden Kurs erforderliche Anzahl von Dozenten für
aktive Betheiligung an demselben zu gewinnen, da die meisten die Ferien zu Studienoder Erholungsreisen oder zu sonstiger Absentirung benuzen müssen; es liegt schwerlich im Interesse der Schule, den Dozenten den Genuß der Ferien zu verkürzen oder zu entziehen. Im zweiten Falle wird man zu erwägen haben, ob nicht Zeit und Kräfte der Dozenten durch einen mit dem regelmässigen Schulkurse parallelen mehrwöchentlichen Kurs für die voraussichtlich sehr zahlreichen Schul-

593 lehrer, für welche durch Vorträge, Demonstrationen und Uebungen stark gearbeitet werden muß, so sehr beansprucht werden, daß die Interessen der Fachschule Verkürzung und Beeinträchtigung erleiden.

Auf Grund eigener Erfahrungen in Hessen hält der Berichterstatter diese Frage für eine berechtigte, und er bezweifelt daraufhin, ob der schweizerische Schulrath ohne Bedenken auf den Vorschlag eintreten werde. Ein derartiger Kurs würde z. B. wöchentlich bei 30 Unterrichtsstunden, außerdem wenigstens 10 Stunden für Excursionen, Demonstrationen, Uebungen, Konversatorien u. s. w. erfordern. Könnte man 8 Dozenten für die Mitwirkung am Kurse gewinnen, so würde durchschnittlich ein Mehraufwand von 5 Stunden entstehen, der beim Einrichten von Doppelkursen von 4 oder 6 Wochen auf wenigstens nahezu das Doppelte, also auf circa 8 Stunden für jeden Dozenten anstiege.

So geneigt und bereitwillig sich die Dozenten an der landwirthschaftlichen Schule dem Berichterstatter für Unterstüzung des Projekts zeigten, so wurden doch die sachlichen Bedenken um so bestimmter und deutlicher, je länger und vielseitiger man die Idee erwägte. Aus allen diesen Betrachtungen und Erfahrungen zieht der Berichterstatter den Schluß, daß der Ausführung des gestellten Antrags schwer zu bewältigende Hindernisse entgegenstehen werden, und daß, wenn die Bundesbehörden im Sinne desselben überhaupt Maßregeln zur Förderung des landwirtschaftlichen Fortbildungsunterrichts zu ergreifen für rathsam erachten, dieselben zunächst zwekgemäß in der Ei-munterung der Kantone, auf dem bezeichneten Wege Vorkehrungen und Anstalten zu treffen, eventuell in Subventionen für diesen Z\vek bestehen dürften.

594 Beilage B.

Zusammenfassung der

Bemerkungen und Schlüsse des Schweiz. Schulraths, betreffend die Motion der Herren Nationalrath Baumgartner und Genossen, vom 28. April 1876.

1. Frage der Errichtung einer schweizerischen Centralstelle für die Landwirthschaft.

Dieser erste Punkt der zu begutachtenden Motion ist vornehmlich eine Frage der Auslegung und Ausführung der Bundesverfassung.

Der Schulrath glaubt sich nicht berufen, dieselbe zu begutachten.

Der Bundesrath und die eidgenössischen Räthe sind vermöge ihrer Stellung und Aufgabe, sowie durch den Besiz von Experten in ihrer Mitte zur selbstständigen Anhandnahme und Lösung dieser Frage geeignet. Der Schulrath enthält sich daher ihrer Begutachtung, die Lösung dem Bundesrathe und der Bundesversammlung anheimstellend.

2. Frage der Errichtung einer chemischen Versuchsstation in Verbindung mit der landwirtschaftlichen Sektion des Polytechnikums.

Bezüglich dieser Frage, welche, da jene Station mit der polytechnischen Schule verbunden werden soll, in deren Gebiet gehört, sind zur Vermeidung von Mißverständnissen zwei Arten von Versuchsstationen zu unterscheiden. Die erste, wissenschaftlich höher stehende Art begreift diejenigen Anstalten, welche man Versuchsund Forschungsstationen nennen müßte, deren Deutschland eine ziemliche Anzahl besizt. Solche Stationen sind große Anstalten, mit der Aufgabe des Anstellens und Durchführens physiologischer Experimente im Reiche der Pflanzen- und Thierproduktion, betreffend deren Kultur, Lebensprozeß und Ernährung (Kultur-, Fütterungsund Züchtungsversuche). Dieselben erfordern mannigfache kostbare Apparate, einen bedeutenden Landkomplex, Stallungen u. s. w.

t (mit sogenannten Musterwirthschaften sind sie nicht zu verwechseln);

595 sie müssen, wenn ihre Leistungen namhaft sein sollen, über ein bedeutendes Budget, sowie über viele Kräfte disponiren können.

Sie haben den hohen und schönen Zwek, das Gewerbe des Landwirths und die Produktionskraft in jeder landwirthschaftlichen Richtung durch allmäliges, wissenschaftlich begründetes Aufbauen zu heben und zu .vervollkommnen. Die Schweiz könnte in dieser bedeutsamen Richtung nur vermittelst größerer Ausgaben etwas erleichen. Mit einer landwirtschaftlichen Hochschule (nach dem Beispiele von Halle) ließe sich eine derartige Anstalt vortheilhaft verbinden. -- Nach seiner Auffassung der gestellten Motion glaubt jedoch der Schulrath nicht, daß mit derselben eine wissenschaftliche Versuchs-, resp. Forschungsstation gemeint sei. Vor dem Eingehen hierauf müßten Art und Mittel der Ausführung noch viel genauer geprüft und begutachtet werden, als es dem Schulrathe zur Zeit möglich ist.

Nach der Ansicht des Schulraths betrifft die Motion eine Station zweiter Art, eine sogenannte c h e m i s c h e U n t e r s u c h u n g s - 1 s t a t i o n , bei welcher es sich hauptsächlich um Dünger- und Hoden- j analysen und etwa noch urn Kontrole von Futtermitteln und Sämereien handelt (Kontrol- und Auskunftsstation). Schon bei Gründung der j landwirtschaftlichen Schule wies der Schulrath d a r a u f h i n , d a ß ] etwa drei solcher Stationen, deren in Deutschland ein ausgedehn tes Nez besteht, eine in der Centralschweiz, eine in der Westschweiz und eine in der Ostschweiz, leztere mit der landwirtschaftlichen Sektion des Polytechnikums verbunden, der schweizerischen Landwirthschaft wesentlich dienen und von den Kantonen auch selbst, etwa mit einem Bundesbeitrag, eingerichtet werden könnten. Die Einrichtung einer solchen Anstalt ist weit einfacher als die einer Versuchsstation erstgenannter Art, und dieselbe erheischt verhältnißmäßig geringe, wenn gleich im Gutachten des Herrn Dr. Krämer wohl etwas zu niedrig gestellte Mietei, aber immerhin nur einen jährlichen Aufwand von 8000 Franken, der durch Bestimmung kleinerer Taxen für den Chemikalien- und Flammenverbrauch zu deken wäre. Als oberster Leiter der Anstalt würde der derzeitige Professor der Agrikulturchemie, Herr Dr. Schulze, früher längere Zeit erster Assistent bei Henneberg in Weende (bei Göttingen), dann Dirigent der Versuchsstation in Darmstadt,
sich nach Studien und Lebensstellung vorzüglich eignen. Obwohl das agrikulturchemische Laboratorium einstweilen neben seinen Schulzweken für die betreffenden Manipulationen genügen dürfte, so könnten, wenn die Arbeiten eine größere Ausdehnung gewännen und die Einrichtung bedeutenden Nuzen und Einfluß bewährt hätte, eigene Arbeitsräume, wie in manchen deutschen Stationen, Bedürfniß werden. Der Schulrath steht nicht

5% an, die Einrichtung einer solchen Station in Verbindung mit der landwirtschaftlichen Abtheilung des Polytechnikums zu empfehlen.

3. Einrichtung von Kursen zur Heranbildung von landwirtschaftlichen Wander- und Fachlehrern.

Damit scheinen k ü r z e r e Separatkurse für W ander- und Fachlehrer gemeint zu sein, dieweil das Studium durch alle Jahreskurse der Sektion hindurch den betreffenden Zwek schon erfüllen dürfte.

Neben den Vorträgen sind die Arbeiten im Laboratorium, im botanisch-physiologischen Kabinet in landwirtschaftlicher Richtung ganz geeignet, Lehrer der Landwirtschaft zu bilden, zumal wenn mehrjährige intensive Praxis nachfolgt. Die Schule erfüllt demnach die gemachteAuforderungg schon. Von neuen Einrichtungen zum fraglichen Zwek wäre also kaum viel nöthig. Meint aber die MotionSpezialkurse,, etwa von 1 2 oder l Jahr, mit welchen die Wanderlehrer ausgebildet weiden sollten, so theilt der Schulrath die im Gutachten des Herrn Dr. Krämer ausgesprochene Ansicht, daß eine solche Schnellbleiche durchaus vom Uebel wäre. Wanderlehrer wie Fachlehrer bedürfen gediegener landwirtschaftlich wissenschaftlicher und praktischer Bildung, für welche das gegenwärtige Zeitmaß des Studiengangs der Sektion eher zu kurz als zu lang ist. Sollten kürzere Kurse, z. B. für Primarlehrer, als Lehrer in den Ergänzungschulen, oder garBannwartenkursee gemeint sein, so wären solche nicht als permanente Kurse zu denken, sondern jeweilen besonders zu organisiren. Dazu könnten in den großen Ferien die Räumlichkeiten der landwirtschaftlichen Abtheilung das eine oder andere Mal benuzt werden, und ausnahmsweise fänden sich gewiß unter dem Lehrerpersonal der land- und forstwirthschaftlichen Abtheilung Männer, die dabei gute Dienste zu leisten bereit wären. Als stehende Einrichtung der Sektion, mit alljährlicher Beschlagnahme der Ferien und mit obligatorischer Betheiligung der Lehrer, ließe sich die Sache kaum organisiren.

Im Uebrigen auf das ausführliche Gutachten des Herrn Prof.

Dr. Krämer verweisend, schließt der Schulrath dahin: T) daß er die Frage der Errichtung einer landwirtschaftlichen Centralstelle für die Schweiz der höhern Einsicht des Bundesrathes und der eidgenössischen Räthe anheimstellt; 2) daß er die Errichtung einer chemischen Untersuchungsstation in Verbindung mit dem Laboratorium der landwirthschaftlichen
Schule im Sinne der vorstehenden Auseinandersezung empfiehlt, und 3} die Errichtung besonderer kürzerer Kurse an der landwirthschaftlichen Sektion zu schneller Heranbildung von landwirtschaftlichen Wander- oder Fachlehrern für keineswegs, empfehlenswerth hält.

597

Beilage C.

Zusammenfassung der

Petition des Vorstandes des Schweiz, landwirtschaftlichen Vereins an das eidg. Departement des Innern zuhanden der h. Bundesbehörden, betreffend die Gründung einer .schweizerischen landwirtschaftlichen Zentralstelle, vom 1. Oktober 1876.

Der schweizerische landwirtschaftliche Verein hat den Beschluß des Nationalrathes vom 24. Juni 1875, durch welchen eine Motion des Herrn Nationalrath Baumgartner, betreffend Gründung einer Centralstelle für Landwirthschaft u. s. w., erheblich erklärt wurde, mit Freuden begrüßt, in der 1875er Herbstversammlung die Errichtung der fragliehen Stelle (ohne die übrigen Anregungen jener Motion zu unterschäzen) einläßlich besprochen und sodann in der dießjährigen Frühlingsversammlung- der Abgeordneten, sowie in der Abgeordneten-Hauptversammlung vom 1. Oktober abhin nach gründlicher Erörterung der Angelegenheit (ungeachtet des inzwischen vom hohen Bundesrath gestellten Antrages auf einstweiliges Nichteintreten) beschlossen, bei der hohen Bundesversammlung um den baldigen Erlaß gesezlicher Bestimmungen zum Zweke beförderlicher Errichtung und angemessener Bethätigung der landwirthscliaftlichen Centralstelle einzukommen.

Demzufolge legt der Vorstand des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins dem Departement das bezügliche Gesuch vor, indem er dasselbe begründet und sich über die zwekmäßigste Organisation der fraglichen Stelle ausspricht.

598 Landwirtschaft und Viehzucht beschäftigen, ungeachtet der großartigen neuern Entwiklung unserer Industrie, immer noch die Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung; überdieß übt die Landwirthschaft einen bedeutenden Einfluß auf Handel und Industrie, sowie auf das Wohl der Gesammtbevölkerung aus. Die Landwirthschaft muß daher mit der Zeit Schritt halten, sich die Fortschritte der Naturwissenschaften und der Technologie zu Nuze machen, den veränderten Verkehrsverhältnissen Rechnung tragen und die Lösung der Frage der zwekmäßigsten Benuzung des Bodens, sowie der Beseitigung ihrer Hindernisse anstreben.

Obschon eine große Anzahl schweizerischer Landwirthe einzeln und in Vereinen an der Lösung dieser wichtigen Aufgabe arbeitet, entsprechen doch die Fortschritte unserer Landwirtschaft den Zeitbedürfnissen nicht und bleiben hinter denen der Industrie sehr zurük.

Die Ursachen dieses Hemmnisses der Hebung des Wohlstandes im Allgemeinen und desjenigen der landwirtschaftlichen Bevölkerung im Besondern liegen theils in der Landwirtschaft und der sie ausübenden Bevölkerung selbst, theils außerhalb derselben.

Zu ersteren Ursachen gehören: die aus der Vorliebe für Althergebrachtes entspringende Abneigung der Landwirthe gegen Neuerungen, beziehungsweise Verbesserungen ; die Unterschäzung zeitgemäßer landwirtschaftlicher und sozialer Fragen, sowie der Nothwendigkeit ihrer gemeinschaftlichen Lösung; die im Getrenntsein einzelner Landwirthe und Landesgegenden von den gemeinsamen Bestrebungen wurzelnde einseitige Auffassung ihrer Aufgabe; die aus dem O geringen Bildungstrieb eines großen Theils der landwirthO o o schaftlichen Bevölkerung folgende Vernachläßigung der landwirthschaftliche Bil dungsanstalten und Belehrungsmittel (Vereine, Spezialkurse, Vorträge), endlich die Scheu vor Opfern an Zeit und Geld für Durchführung von Verbesserungen.

Zu den außerhalb der Landwirthschaft und ihrer Vertreter liegenden Ursachen, des langsamen Fortschritts sind zu rechnen : der Mangel au brauchbaren Arbeitskräften,7 eine Folge der herrO O sehenden Bevorzugung der leichteren und gewöhnlich lohnenderen industriellen und merkantilischen Beschäftigung, wegen welcher viele Grundbesizer ihren Beruf wechseln oder eine andere Lebensstellung für ihre Söhne wählen; die Schwierigkeiten der Beschaffung von Kapitalien für den unbemittelten
Grundbesizer, verursacht durch schwerfällige Hypothekarordnungen und die Neigung der Kapitalisten, ihr Geld zu einem den Bauern bei der geringen Rentabilität ihres Gewerbes allzuhohen Zinsfuße auszulernen; die hohen Arbeitslöhne, oder richtiger: das neueste Steigen derselben nach einem

599

viel höhern Prozentsaze, als dasjenige der Preise der landwirth-.

schaftlichen Erzeugnisse ist; die starke Konkurrenz des Auslandes, woselbst meistentheils der Boden wohlfeiler und die Arbeitskräfte billiger sind als bei uns ; der vielorts herrschende Mangel an Gelegenhei zu möglichst leichter ErwerbungO der nöthigen Berufsö O O bildung; endlich die häufige starke Zerstükelun des Grundbesizes und die großen Lasten, welche der Bodenschuz gegen Wasserverheerungen u. s. w., sowie die behufs intensiver Wirthschaft nöthige Anlegung und Unterhaltung theurer Bergstraßen den Grundbesizern auferlegt.

Die in der Landwirtschaft und ihren Trägern selbst liegenden Hemmnisse des Fortschritts zu bekämpfen, ist hauptsächlich eine Aufgabe der Landwirthe sowie der Freunde und Förderer der Landwirthschaft:; den Staatsbehörden liegt dagegen ob,t die UrO O Sachen des außerhalb des Wirkungskreises der Bebauer des Bodens liegenden Uebelstände durch zeitgemäße Gesezgebung, durch Verträge mit den Nachbarstaaten, sowie durch Gründung und Unterhaltung der nöthigen Bildungsanstalten zu beseitigen.

Die Mittel, welche den landwirtschaftlichen Vereinen bei der Aufgabe, die im Bauernstände selbst liegenden Uebelstände zu heben, hiefür zu Gebote stehen, sind : Belehrung der Landwirthe durch Wort und Schrift, durch landwirtschaftliche Ausstellungen, Anbahnung von Versuchen und Hinweisung auf Mustereinrichtungen ; ferner Ermunterung zum Fortschritt durch Auszeichnungen (Präo O ( mien u. s. w.); endlich das Hinlenken der Aufmerksamkeit der Behörden auf Uebelstände, nebst Anregungen zur Beseitigung derselben, sowie zur Förderung gemeinnüziger Unternehmungen mit oder ohneMitwirkung der Vereine.

Die Vereine können jedoch schon das.erste, scheinbar ganz in ihren Wirkungskreis fallende Förderungsmittel, nämlich die Belehrung der Berufsgenossen, ohne Staatshülfe nicht mit Erfolg anwenden, wegen Mangels an finanziellen Mitteln; die Eintheilung von Prämien ist durch Kreditbewilligung seitens des Staates bedingt, und zur Beseitigung tiefer liegender Uebel bedürfen die Vereine (falls sie sich damit befassen sollen) nicht nur materieller Hülfe, sondern auch moralischen, auf Gesez und Recht gestüzten Beistandes.

Erheischt sonach schon die Bekämpfung der in der Landwirthschaft liegenden Hemmnisse des Fortschritts die Beihülfe des Staates,
so ist solche zur Beseitigung der äußern Hindernisse unentbehrlich,, weil Einzelne und Vereine ogegen leztere wenig vero O mögen. Dies beweisen folgende Andeutungen: ' Die Flucht der intelligentesten Köpfe und des Kapitals von der Landwirthschaft zur Industrie und zum Handel -- eine stets (

GOO

deutlicher hervortretende Thatsache, die sich sowohl bei den Grundbesizern, als bei den auf den Ertrag ihrer Arbeit Angewieseneu zeigt -- wird um so allgemeiner und für die Landwirtschaft um so nachtheiliger werden, je mehr die Industrie gehoben und das Wohl der Fabrikarbeiter vom Staate angestrebt wird. Die Staatsbehörden sind wegen ihres Bestrebens, Industrie und Handel zu fördern und das Loos der ihnen dienenden Arbeiter zu verbessern, keineswegs zu tadeln; sie können den Arbeitern Orte und Gegenstände ihrer Beschäftigung nicht vorschreiben, dürfen die Thätigkeit Unternehmungslustiger nicht auf die Landwirtschaft beschränken, und sind auch außer Stand, zu verhindern, daß das Kapital sich dahin wende, wo es am meisten zirkulirt und rentirt; dagegen sollten dieselben ihre Aufmerksamkeit der Landwirtschaft ebenso, wie dem Handel und der Industrie, zuwenden und nach Möglichkeit und Bedürfniß nachhelfen. Die Landwirtschaft bedarf der Staatshülfe weit mehr als Handel und Gewerbe, v/eil ihr die Mittel zur Selbsthülfe (ausgedehnte Verbindungen, große, leicht disponible Kapitalien, innere Beweglichkeit und daherige Fähigkeit, sich den Verhältnissen anzupassen) in sehr ungleichem Maße zu Gebote stehen.

Als nächste, von den Staatsbehörden zu Gunsten der Landwirthschaft zu übernehmende Aufgaben bezeichnet der Vorstand des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins außer der oben berührten Beförderung der Bestrebungen der landwirtschaftlichen Vereine: die Wahrnehmung dei- schweizerischen landwirthschaftlichen Interessen bei der bevorstehenden Revision der Handelsverträge mit den Nachbarstaaten ; die Hebung des Bodenkredits durch eine den Verkehr mit den Schuldtiteln erleichternde Hypothekargesezgebung ; den Erlaß von Gesezen, welche die gemeinschaftliche Ausführung durchgreifender Bodenschuz- und Bodenverbesserungsarbeiten, die Zusammenlegung des zerstükelten Grundbesizes und die Bildung von Genossenschaften überhaupt begünstigen ; die Erleichterung der landwirtschaftlichen Berufsbildung durch Errichtung von Fach- und Fortbildungsschulen, sowie durch Anordnung von Spezialkursen, Wandervorträge und praktischen Demonstrationen für die Landwirthe; endlich Förderung der landwirtschaftlichen Statistik, der chemischen und physiologischen Versuchsstationen und Versuchswirthschaften, der Sämereien kontrole,
sowie der auf Hebung der Landwirtschaft gerichteten wissenschaftlichen Bestrebungen überhaupt.

Ohne zu untersuchen, welche von diesen Aufgaben dem Bunde oder den Kantonen zuzuweisen seien, hält der Vereinsvorstand daran fest, daß ersterer ein großes Interesse an zeit- und zwekgemäßer Entwicklung der Landwirthschaft habe und dieselbe theils direkt,

601

theils durch die Kantone fördern müsse. Die richtige, mit mäßigen Mitteln möglichst viel erreichende Lösung dieser Aufgabe wird aber der Bund nur dann erreichen können, wenn die Bundesbehörden, namentlich das Departement des Innern, die Volkswünsche kennen lernen, den unentbehrlichen technischen Rath wählen und die Vollziehung ihrer Anordnungen überwachen, und zwar durch Organe, die mit wissenschaftlicher und technischer Bildung die Kenntniß der Landesverhältnisse, sowie der Bedürfnisse und Wünsche der landwirthschaftlichen Bevölkerung, verbinden und mit lezterer stets in Wechselwirkung bleiben.

Zu solchen Organen könnten sich die Direktionen der landwirthschaftlichen Vereine eignen; es fehlt aber denselben hiezu eine organische Verbindung mit den Behörden und daherige Gelegenheit, ihre Beobachtungen und Wünsche zu verwerthen, rechtzeitig und mit Erfolg die Initiative zu ergreifen und die Ansichten und Wünsche der Landwirthschaft geltend zu machen.

Nach der Ansicht des Vorstandes wäre diesem Uebelstande durch Anstellung eines Beamten beim Departement des Innern abzuhelfen, der die landwirthschaftliche Interessen zu wahren und zu vertreten hätte und am Passendsten ,,Referent für die Land wirthschaft betitelt würde. Eine ähnliche Stellung nehmen bei genanntem Departement schon ein Bauinspektor und ein Forstinspektor ein. Auch diese beiden Beamten, sowie die Techniker beim Eisenbahndepartement, sind nicht eigentliche Leiter des Bauund Forstwesens, weil die Eidgenossenschaft weder Staatsforsten besizt, noch auf eigene Rechnung Flußkorrektionen oder Straßen- und Eisenbahnbauten ausführt, somit keine eigentlichen Inspektoren, sondern nur Organe braucht, die für Thätigkeit in den ihrer Aufsicht unterstellten Zweigen der Volks- und Staatswirthschaft, für zwekmäßige Anordnung und Ausführung der Arbeiten, für Wahrung der Staats- und volkswirtschaftlichen Interessen, für Handhabung der bestehenden Geseze und Verordnungen und für sachgemäße Ertheilung und Verwendung der Bundesbeiträge Sorge tragen.

Einen solchen Wirkungskreis wünscht der schweizerische landwirthschaftlich Verein auch für den Vertreter der Landwirthschaft.

Er soll b e l e b e n d , un d an r e g e n d a u f d i e l a n d w i r t h s c h a f t lichen V e r e i n e ein wirken , i h r e W ü n s e h e u n d B e g e h r e n prüfen, durch
gegenseitige Besprechung und Berathung in K o m m i s s i o n e n a b k l ä r e n und dem D e p a r t e m e n t des I n n e r n z u r K e n n t n i ß b r i n g e n , diesem selbst in allen landwirthschaftlichen Fragen als technischer Rath dienen, die Entwürfe zu Verträgen, Verordnungen und Gesezen vorbereiten, die Gesuche Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. IV.

40

602

um Unterstüzungen, sowie die Anregungen der Kantonsregierungen prüfen und begutachten, dem statistischen Bureau bei den auf Landwirthschaft bezüglichen Arbeiten rathen und helfen, die Versuchsstationen und Versuchswirthschafte beobachten und beim Departement das Sekretariat in landwirtschaftlichen Angelegenheiten besorgen. Damit wäre dem Vertreter der Landwirtschaft ein Geschäftskreis angewiesen, der die volle Thätigkeit einer tüchtigen Arbeitskraft in Anspruch nehmen und nicht nur der landwirtschaftlichen Bevölkerung, sondern dem ganzen Lande Vortheil bringen würde.

Der Vorstand des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins erlaubt sich daher, die Bitte um den baldigen Erlaß eines Bundesgesezes, das die Anstellung eines Vertreters der Landwirthschaft beim eidgenössischen Departement des Innern anordnet und demselben einen angemessenen Wirkungskreis anweist, zu wiederholen und dieselbe dem Departement zur Berüksichtigung zu empfehlen.

603

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Einführung einer zollamtlichen Handelsstatistik.

(Vom 24. November 1876.)

Tit.!

Durch Postulat des schweizerischen Ständerathes vom 17. März dieses Jahres ist der Bundesrath eingeladen worden, ,,zu untersuchen ,,und Bericht zu erstatten, ob und wie bei der Zollbehandlung der ,,schweizerischen Ein- und Ausfuhr die Ausmittlung der betreffenden ,,Werthe, sowie des Ursprungs- und des Bestimmungslandes der ,,Waaren anzuordnen sei.

Die Wünschbarkeit. zu einer eingehendem Statistik über den Schweiz. Handelsverkehr zu gelangen, und zwar auf Grundlage von Erhebungen, wie sie das Postulat anregt, wird nicht verkannt. Die Schweiz. Zollverwaltung befand sich jedoch bisher nicht in der Möglichkeit, sich auf diesem Gebiete in ausgedehnter Maße zu bethätigen, als es durch die von ihr gelieferten Uebersichten des Waarenverkehrs geschehen ist.

Es muß nämlich erinnert werden, daß unsere zollamtlichen Zusammenstellungen über den Waarenverkehr sich auf diejenigen Unterscheidungen der Waarengattungen zu beschränken angewiesen sind, welche die Fassung des Zolltarifs mit sich bringt.

Da der schweizerische Zolltarif im Vergleich mit denjenigen anderer Länder ein sehr einfacher ist, so liegt hierin der nächste Grund, weßhalb die Zolllabellen bei weitem nicht diejenigen ein-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Errichtung einer agrikultur-chemischen Versuchsstation an der eidg. polytechnischen Schule. (Vom 6.

November 1876.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1876

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

53

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.10.1876

Date Data Seite

567-603

Page Pagina Ref. No

10 009 350

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.