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Schweizerisches Bundesblatt.

28. Jahrgang.

III.

Nr. 29.

1. Juli 1876.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr par Zeile 15 Bp. -- Inaerate sind franko an die Expedition einzusenden, Druk und Expedition der StämpflischenBuchdrukereii in Bern.

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Aufruf

zu Gunsten der Wasserbeschädigten.

Der schweizerische Bundesrath.

an

das Schweizervolk.

Getreue, liebe Eidgenossen !

Während unser Vaterland unter der Ungunst der allgemeinen Zeitverhältnisse leidet, ist über einen Theil desselben ein schweres Unglük hereingebrochen.

Infolge der Regengüsse vom 10. bis 12. Juni ist ein Theil unserer Flüsse über die Ufer ausgetreten und zu einer seit Menschengedenken unerhörten Höhe angeschwollen. In wenigen Stunden war unermeßlicher Schaden angerichtet. Dämme und Brüken, Straßen und Eisenbahnen, Wohnungen und Fabrikgebäude wurden von den Wogen fortgerissen oder beschädigt, und weithin wurde das Land mit Schutt und Schlamm und Trümmern aller Art bedekt. Bodenrutschungen haben ganze Weinberge zerstört und mehrere Ortschaften schwer bedroht.

Ganze Landstriche der Kantone Thurgau, Zürich, St. Gallen, Appenzell A. Rh. und Aargau haben die Hoffnung auf eine reiche Ernte dahin und bieten das Bild der Verwüstung ; andere Theile unseres Vaterlandes sind weniger allgemein, aber nicht minder Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. III.

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134 schwer geschädigt. An den Ufern der Thur, der Töß, der Murg und der Glatt sind eine Reihe von Fabriken zerstört oder zum Stillstand gezwungen, die Hunderte von Arbeitern beschäftigten, von denen alle ihren Verdienst, viele dazu ihre Habe und einige sogar ihr Leben verloren haben.

Bevölkerungen und Behörden sind mit voller Thatkraft diesem Unglük entgegengetreten und haben mit größtem Muth gegen das entfesselte Element gekämpft, wie sie auch entschlossen sind, alle ihre Kräfte aufzubieten, um die Zerstörungen herzustellen und den vom Mißgeschik heimgesuchten Gegenden wieder aufzuhelfen.

Aber dieser Aufgabe sind ihre Kräfte allein nicht gewachsen ; denn die Verluste berechnen sich nach Millionen, und diejenigen der Privaten sind insbesondere bedeutend.

Getreue, liebe Eidgenossen !

Die erste Kunde von diesem Nationalunglük hat alle Herzen aufs schmerzlichste ergriffen. Hilfsgesellschaften haben sich aus eigenem Antrieb gebildet, und mehrere Kantonalbehörden haben Unterstüzungen beschlossen und Sammlungen angeordnet. Auch die eben versammelten eidgenössischen Räthe haben Zeugniß davon abgelegt, wie sehr sie an diesen traurigen Ereignissen Antheil nehmen.

Gewiß verdient all' dies volle Anerkennung ; aber wir dürfen nicht vergessen, daß wir uns gegenüber einer schweren Nothlage befinden, welcher wir nur mit außerordentlichen und umfassenden Maßregeln begegnen können. Darum hat eine von unserm Departement des Innern einberufene Konferenz von Repräsentanten aller Kantone den einstimmigen Wunsch ausgesprochen, es möchte der Bundesrath, wie im Jahr 1868, die Organisation einer Nationalsubskription zu Gunsten der heimgesuchten Bevölkerungen an die Hand nehmen.

Ein Aufruf, wie wir ihn heute an Euch richten, hat stets in Aller Herzen Widerhall gefunden. Ihr werdet auch bei diesem Anlaße beweisen, daß die Eidgenossen nie 'enger unter sich verbunden sind, als in den Tagen des Unglüks, und daß kein Theil des Schweizervolkes leidet, ohne daß sich der Bindere wie e i n Mann zur Hilfe in der Noth erhebt.

Darum erlassen wir an die Regierungen der Kantone und das gesammte Schweizervölk die Einladung, ohne Verzug Sammlungen zu veranstalten und uns deren Ertrag einzusenden.

135 Im Jahr 1868 wurde ein Theil der Gaben zur Bildung eines öffentlichen Fonds für Schuzbauten ausgeschieden. Heute ist eine solche Verwendung nicht mehr am Plaze, nachdem die Eidgenossenschaft seither auf dem Wege der Gesezgebung die Wasserbaupolizei an die Hand genommen und die Unterstüzungspflicht geordnet hat.

Der G e s a m m t b e t r a g alfcer L i e b e s g a b e n wird d a her u n t e r die B e d ü r f t i g e n v e r t h e i l t w e r d e n .

In der Zuversicht, daß unser Aufruf offene Ohren und Herzen finde, empfehlen wir uns mit Euch in den Machtschuz dessen, der die Stätten der früheren Wasserverheerungen diesmal gnädig verschont hat; er wird durch dieses Unglük den Geist des Gemeinsinns und der Eintracht erweken, aus welchem neue Kraft und neue Wohlfahrt emporblüh t.

B e r n , den 24. Juni 1876.

Im Namen des schweizer. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Bundesrathsbeschluss in

Sachen des Rekurses des J. J. Stöckli, Mezger in Windisch, Kantons Aargau, betreffend Entrichtung der Taxen für Fleischschau.

(Tom 7. Juni 1876.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h hat in Sachen des J. J. Stöckli, Mezger in Windisch, Kantons Aargau, betreffend Entrichtung der Taxen für Fleischschau; nach angehörtem Bericht des Eisenbahn- und Handelsdepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Aargau ertheilte unterm 25. März abbin auf das Gesuch des Mezgers J. J. Stöckli, es sei der Gemeinderath Windisch zu verhalten, die Fleischbeschauer aus der Polizeikasse zu entschädigen und hiefür vom Mezger keine Taxe zu beziehen, einen abweisenden Bescheid. Dieser wird von Stöckli mit Zuschrift vom 14. Mai abbin an Bundesrath rekurrirt und damit das Gesuch verbunden, die rekurrirte Schlußnahme als mit dem Art. 31 der Bundesverfassung unvereinbar aufzuheben. In seiner Vernehmlassung vom 27. Mai abhin beantragt der Regierungsrath des Kantons Aargau Abweisung des Rekurses, indem die Entschädigung der Fleischbeschauer durch die Mezger

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Aufruf zu Gunsten der Wasserbeschädigten.

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Jahr

1876

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.07.1876

Date Data Seite

133-136

Page Pagina Ref. No

10 009 181

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