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Schweizerisches Bundesblatt.

28. Jahrgang. I.

Nr. 6.

12. Februar 1876.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen in Bern.

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Ans den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 31. Januar 1876.)

Der Bundesrath hat hinsichtlich des Bezugs von Niederlassungsgebühren das nachstehende Kreisschreiben an sämmtliche eidgenössische Stände erlassen.

,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Mit Kreisschreiben vom 6. Dezember 1875 haben wir Ihnen unsern Entscheid vom 22. November gl. J. zur Kenntniß gebracht *), womit wir in Anwendung von Art. 45 der neuen Bundesverfassung den Grundsaz aufgestellt haben, daß die einmal erworbene Niederlassungsbewilligung nicht mehr erneuert werden müsse.

,,Dieser Entscheid scheint allseitige Billigung gefunden zu haben, da bis jezt von keiner Seite eine Reklamation dagegen erhoben worden ist. Wohl aber haben einige Kantonsregierungen ausdrüklich ihre Zustimmung ausgesprochen.

,,Dagegen hatten wir seither andere Fragen zu prüfen, welche mit dem Gegenstande jenes Entscheides in direkter Verbindung stehen und daher auch ein allgemeines Interesse beanspruchen.

,,I. Zunächst wurde uns die Frage vorgelegt, ob bei Anlaß des Domizilwechsels eines Niedergelassenen von einer Gemeinde in eine andere des gleichen Kantons der Bezug einer Einschreibgebühr in der neuen Gemeinde statthaft sei. Wir haben diese Frage unterm 30. Dezember 1875 in dem Sinne beantwortet, daß *) Siehe Bundesblatt v. J. 1875, Band IV, Seite 1011.

Bundesblatt. 28. Jahrg. Bd. L

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246 bis zur Revision des Bundesgesezes über die Dauer und Kosten der Niederlassungsbewilligung vom 10. Dezember 1849 in diesem Falle der Bezug einer Kanzleigebühr für die Eintragung der Niederlassungsbewilligung in die Kontrole der neuen Gemeinde zuläßig sei.

,,Dieser Entscheid stüzt sich auf folgende Gesichtspunkte: ,,Durch den Schlußsaz von Art. 45 der neuen Bundesverfassung ist allerdings nur ausgesprochen, daß das Maximum der für die Niederlassungsbewilligung zu entrichtenden Kanzleigebühr durch ein Bundesgesez werde bstimmt werden. Wenn man also diese Vorschrift nur nach ihrem Wortlaute interpretiren wollte, so würde außer einer einmaligen Kanzleigebühr nichts weiter zu bezahlen sein. Allein jener Saz ist beinahe wörtlich schon im Art. 41, Ziff. 3 der Bundesverfassung von 1848 enthalten gewesen und dennoch im Art. 2 des Bundesgesezes vom 10. Dezember 1849 dahin interpretirt worden, daß neben der ersten Kanzleigebühr von 4 Franken a. W. noch weiterhin auch bei dem Umzug in eine andere Gemeinde eine Gebühr zu bezahlen sei, indem dort wörtlich Folgendes vorgeschrieben wurde: ,,Sofern aber der Niedergelassene seinen Wohnsiz in eine andere Gemeinde desselben ,,Kantons verlegt, so kann die Hälfte der Gebühr von Neuem ,,bezogen werden."

,,Es erscheint daher zum mindesten zweifelhaft, ob die gleiche Bestimmung in der Bundesverfassung von 1874 einen andern Sinn habe, als ihr unter der Herrschaft der Bundesverfassung von 1848 von der Bundesversammlung bei Erlaß des Gesezes von 1849 beigelegt worden ist. Unter diesen Umständen kann es dem Bundesrathe nicht zustehen, zu erklären, daß die herausgehobene Stelle von Art. 2 dieses leztern Gesezes im Widerspruche sich befinde mit der jezt bestehenden Bundesverfassung. Da aber jene Vorschrift des Art. 2 des Gesezes von 1849 gemäß Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zu der neuen Bundesverfassung nur im Falle eines klaren Widerspruches mit der leztern außer Kraft erklärt werden könnte und diese Voraussezung nicht vorliegt, so muß sie in Anwendung bleiben, bis das Bundesgesez von 1849 durch ein neues ersezt sein wird.

,,II. Dagegen haben wir in unserer Sizung vom 21. d. Mts.

gefunden, daß die Vorschrift eines kantonalen Gesezes nicht mehr anwendbar sei, wonach der Wechsel der Niederlassungsgemeinde nur mit Bewilligung des Justiz- und Polizeidepartements des
betreffenden Kantons und nach vorher eingeholtem Gutachten des Vorstandes der Gemeinde, in welche die Niederlassung verlegt werden wollte, stattfinden durfte, indem solche Vorschriften die Freiheit der Niederlassung zu sehr erschweren.

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,,HI. Der Umstand, daß ein Niedergelassener die erworbene Niederlassung aufgibt, um in einem andern Kanton Niederlassung zu nehmen, befreit ihn nicht von der Bezahlung der Gebühren für eine neue Niederlassungsbewilligung, wenn er sein Domizil wieder in den ersten Kanton verlegen will, obwohl er durch zufällige Umstände genöthigt sein kann, diesen Wechsel schon nach kurzer Zeit vorzunehmen. (12. Januar 1876.)

,,IV. Wenn auch bezüglich der A u f e n t h a l t e r keine gesezlichen Bestimmungen bestehen, wie für die Niedergelassenen im Bundesgesez vom 10. Dezember 1849 und in Art. 45 und 47 der Bundesverfassung, so versteht es sich doch von selbst, daß die Aufenthalter nicht höhere Gebühren bezahlen müssen als die Niedergelassenen, zumal die leztern ohnehin viel günstiger gestellt sind als die Aufenthalter, indem sie das Stimmrecht in kantonalen und Gemeinde-Angelegenheiten, den verfassungsmäßigen Schuz der Niederlassung und selbst eine beschränkte Unterstüzungsberechtigung genießen.

,,Es kann für die Bewilligung des Aufenthaltes nur eine mäßige Kanzleigebühr gefordert werden, die nicht den Charakter einer besondern Steuer an sich tragen darf.

,,Es ist hiebei die Unterscheidung zwischen kantonsfremden und kantonsan g e h ö r i g e n Gesellen, Kommis etc. nicht statthaft, weil mit Art. 60 der Bundesverfassung im Widerspruche stehend.

(25. Januar 1876.)

,,Da alle diese Entscheide mehr oder weniger prinzipieller Natur sind und daher bis zum Erlaß des Bundesgesezes über die bürgerlichen und politischen Verhältnisse der schweizerischen Niedergelassenen und Aufenthalter Norm bilden werden, glaubten wir sämmtlichen Kantonsregierungen davon Kenntniß geben zu sollen, damit schon jezt eine möglichst übereinstimmende Behandlung dieser Fragen angestrebt wird."1

Mit Rüksicht auf die Viehzählung, welche im laufenden Jahre stattzufinden hat, erließ der Bundesrath an sämmtliche Kantons:regierungen folgendes Kreisschreiben: ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Nach dem Bundesgeseze vom 14/18. Heumonat 1865 soll ·e nach 10 Jahren eine allgemeine schweizerische Viehzählung stattfinden.

248 ,,Der Bundesrath stellt das Schema fest, nach welchem die Zählung vorgenommen werden soll; ebenso bestimmt er das Nähere über den Zeitpunkt der Zählung.

,,Die Kosten der allgemeinen Anordnungen werden vom Bunde, diejenigen der sepziellen Ausführung der Zählung von den Kantonen getragen.

,,Der Bundesrath hat dieses Gesez unter Mitwirkung der Kantone zu vollziehen. (Art. 1--4, Litt, c.)

,,Da seit der ersten schweizerischen Viehzählung, welche am 21. April 1866 stattgefunden hat, nahezu zehn Jahre verflossen sind, so sah sich unser Departement des Innern veranlaßt, bezüglich der nunmehr anzuordnenden zweiten, nach Anhörung einer eigens hiefür einberufenen Expertenkommission, ihre Anträge vorzulegen.

,,Wir haben hierauf beschlossen, es habe die zweite schweizerische Viehzählung am 21. April 1876 stattzufinden, und es sei derselben das diesem Kreisschreiben beigelegte Schema zu Grunde zu legen.

,,Dieser Mittheilung sind, theils behufs der Erklärung unserer Schlußnahme, theils behufs der Verständigung über die Ausführung derselben, noch einige Bemerkungen beizufügen.

,,1. Was vorerst den gewählten Zeitpunkt der Zählung betrifft, so glaubten wir, es haben alle diejenigen Gründe, welche bei der ersten schweizerischen Viehzählung den Ausschlag für den Frühling gaben (siehe eidg. Viehzählung vom 21. April 1866, Einleitung) *) auch diesmal ihre Berechtigung. Zu diesen kommt aber ein neuer und sehr gewichtiger hinzu. Die Resultate der zweiten Zählung sind mit denjenigen der ersten nicht vergleichbar, wenn die Zählung nicht zu derselben Zeit stattfindet, indem mit dem Wechsel, der Jahreszeiten der Gesammt-Etat unseres Viehstandes sehr erhebliche Veränderungen erleidet.

,,2. Das Schema ist, wie Sie sehen, etwas erweitert worden durch Aufnahme besonderer Hauptrubriken für: Maulthiere und Maulesel, Esel und Bienenstöke.

,,Es wird damit jenen Kantonen, welche diese Rubriken schon das vorige Mal, jedoch zu spät, verlangt hatten und auf die nächste Zählung vertröstet wurden, Rechnung getragen. Es wurde auch Note. Das obgedachte Schema wurde fiir's Bundesblatt nicht gedrukt.

*) S. Bundesblatt v. J. 1865, Band III, Seite 103.

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die Ausdehnung des Sehema's nach mehreren andern Richtungen einläßlich in Berathung gezogen, jedoch schließlich davon abstrahirt, indem man den kantonalen Behörden nicht Arbeiten zumuthen wollte, von welchen man voraussah, daß sie schwerlich zu sichern .Resultaten führen und sogar das wirklich Erreichbare gefährden würden.

,,3. Es wird an dem Grundsaze festgehalten, daß der Viehstand am Zählungstage selbst auszumitteln sei, und daß vorübergehend abwesendes Vieh mitgezählt, vorübergehend anwesendes dagegen nicht an seinem zufälligen Aufenthaltsort am Zählungstage, sondern an seinem regelmäßigen Aufenthaltsort gezählt wird. Es ist datier alles Vieh, welches auf Reisen oder Märkten befindlich ist, sowie dasjenige, welches einen Theil des Jahres an einem andern als ü^inem ordentlichen Standort gefüttert wird, au lezterm zu zählen.

,,4. Da die Zusammenstellung nach Gemeinden veröffentlicht wird, so ist auch die Zählung gemeindeweise vorzunehmen, ,,Wir überlassen Ihnen in dieser Beziehung die weitern Anordnungen unter der Voraussezung, daß die Zählungsbeamten die Zählung am festgesezten Tage, und zwar von Haus zu Haus ausführen.

,,Sie werden eingeladen, die beglaubigten Abschriften der ausgefüllten Zählungsformulare Ihres Kantons bis zum 15. Mai des laufenden Jahres unserm eidg. Departement des Innern zu übersenden, nebst einer Liste, in welcher für jede Gemeinde Ihres Kantons die Gesammtzahl der Viehbesizer eingetragen ist.

,,5. Der Bund liefert die Formulare für die Zählung und die Abschrift; ebenso trägt er die Kosten der ihm auffallenden Zusammenstellung und des Druks der Resultate.

,,Da, wie Sie sehen, auf jedes Formular 15 Viehbesizer eingetragen werden können, so wird es Ihnen ein Leichtes sein, anzugeben, wie viele Formulare ungefähr Sie für Ihren Kanton nöthig haben. Sie wollen dies unserm eidgenössischen Departement des Innern beförderlich mittheilen.

,,Indem wir die Hoffnung aussprechen, daß alle betheiligten Behörden uns nach Kräften unterstüzen werden bei Lösung einer Aufgabe, welche so sehr den ökonomischen Interessen des Landes entspricht, benuzen wir den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns dem Schuze des Allmächtigen zu empfehlen."

250 (Vom 7. Februar 1876.)

Der Bundesrath hat beschlossen, hinsichtlich der Wahl der B a t a i l l o n s - A d j u t a n t e n das nachstehende Kreisschreiben an sämmtliche eidgenössische Stände zu erlassen.

,,Getreue, liebe Eidgenossen!

flDa im Gesez über die Militärorganisation vom 13. Wiatermonat 1874 nicht mit Wünschenswerther Genauigkeit vorgeschrieben ist, wie die Wahl der Bataillons-Adjutanten der Füsilierbataillone desselben Kantons vor sich zu gehen habe, so sehen wir uns veranlaßt, behufs einheitlicher Regelung dieses Verfahrens zu verordnen, daß die zuständigen Kantonalbehörden die vorgenannten Bataillons-Adjutanten auf den Vorschlag des Bataillons-Kommandanten, dem der zu wählende Adjutant zugetheilt werden soll, aus der Zahl der ernannten Hauptleute zu bezeichnen haben.

,,Im Uebrigen ist-die Stellung der Bataillons-Adjutanten analog derjenigen der Adjutanten bei den Stäben zusammengesezter Truppenkörper (Art. 66--68 der Militärorganisation)."

Das Post- und Telegraphendepartement ist vom Bundesrathe ermächtigt worden, mit den Regierungen der Kantone Bern und Genf über Errichtung eidgenössischer Telegraphenbüreaux in Heiinb e r g und in A n i è r e s , A v u l l y , C a r t i g n y und C h a n c y Verträge abzuschließen.

Herr Louis R o chat in Lausanne ist zum Oberlieutenant der Landwehr-Parkkolonne II befördert worden.

(Vom 9. Februar 1876.)

Der Bundesrath hat Hrn. Hauptmann Dr. Z i m m e r in Aubonne (Waadt), auf sein Gesuch hin, von der Militärdienstpflicht entlassen, unter Verdankung der geleisteten Dienste.

251 (Vom 11. Februar 1876.)

Nachdem die dreijährige Amtsdauer des eidg. Militärkassationsgerichtes mit Ende 1875 abgelaufen ist, hat der Bundesrath diese Behörde wieder besezt wie folgt : Als Präsident: Hrn. Oberst Jakob A m i e t, in Solothurn.

,, Vizepräsident: ,, Oberstlieutenant Gottlieb B i s c h o f f , in Basel.

,, Mitglieder: ,, Oberstlieutenant Friedrich Hof er, in Bern.

,, Kommandant Eugène Gau lis, in Lausanne.

,, Hauptmann Karl H i l t y , in Bern.

,, Suppleanten: ,, Hauptmann Louis Doret, in Aigle (Waadt).

,, ,, Karl W i e l a n d , in Basel.

,, ,, Auguste Gor n a z, in Neuenburg.

Als Großrichter der III. Armeedivision wurde an der Stelle des Hrn. Bundesrath A n d e r w e r t ernannt: Hr. Oberstlieutenant Eugène B o r e i , in Bern, und als Großrichter für die VI. Division, in Ersezung des ausgetretenen Hrn. Z i n g g : Hr. Hauptmann Otto B l a t t n e r , in Aarau.

Gleichzeitig beförderte der Bundesrath zu Majoren die bisherigen Hauptleute D o r e t , H i l t y , W i e l a n d und B l a t t n e r .

Zum Adjutanten des Trainbataillons Nr. VI ist Hr. Lieutenant Georg S c h n e e l i , in Stäfa, ernannt worden.

Vom Bundesrathe sind gewählt worden : als Posthalter in Oberentfelden: Hr. Arnold Kyburz, von und in.

Oberentfelden (Aargau); ,, Postkommis in Winterthur: ,, Johannes Karrer, Postaspirant, von u. in Andelfingen (Zürich); ,, ,, Genf: ,, Hieronimus Rebsamen, v. Basel, ,, Postkommis in Chauxdefonds.

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12.02.1876

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