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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die Motion des Hrn. Ständerath Freuler, betreffend die Eidgenössische Bank.

(Vom 2. Juni 1876.)

Tit.!

Der hohe Ständerath hat am 10. März 1876 folgende Motion des Herrn Ständerathes F r e u l e r erheblich erklärt und uns zur Berichterstattung überwiesen : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, dahin zu wirken, ,,nötigenfalls mit Hilfe der Gerichte, daß die in Bern ,,und durch Filialinstitute auch in andern Kantonen domi,,zilirte Aktiengesellschaft ,,Eidgenössische Bank" -- ,,Banque ,,fédérale" -- aufhöre, in ihrer Firma das Prädikat ,,eidgenössisch" zu führen."

In Erledigung des uns gewordenen Auftrages beehren wir uns, in der Sache Folgendes anzubringen : Die Gründung der eidgenössischen Bank fällt in das Jahr 1863.

Gemäß dem bernischen Geseze über Aktiengesellschaften vom 27.

November 1860 reichte sie ihre Statuten dem Regierungsrathe des Kantons Bern zur Genehmigung ein, welcher sie in dem Amtsblatte ihrem ganzen Inhalte nach veröffentlichen ließ.

995 Der Artikel l dieser Statuten lautet: ,,Unter der Firma Eid,, g c n ö s s i s c h e B a n k wird eine Aktiengesellschaft gebildet, welche ,,sich die in § 11 hienach bezeichneten Geschäfte zur Aufgabe macht."

Nachdem inner der angesezten Frist von keiner Seite (auch nicht von den Bundesbehörden) gegen die Wahl des Prädikates ,,eidgenössisch11- eine Beanstandung erhöbe i wurde, hat der Regierungsrath von Bern die Statuten unterm 26. November 1863 genehmigt. Der betreffende Beschluß ist irr Amtsblatte des Kantons Bern (in den Nummern vom 5. und 8. Dezember 1863) publizirt worden.

Ueberdics hat die Gesellschaft wiederholte Revisionen der Statuten beschlossen, welche jeweilen von dem bernischen Regierungsrathe genehmigt und im Amtsblatt«) publizirt wurden, und zwar : 1) in der Generalversammlung der Aktionäre vom 25. Februar 1865, genehmigt vom Regierungsrathe am 25. April 1865, publizirt in den Nummern vom 13. und 16. Mai 1865; 2) in der Genoralversammlung vom 21. März 1868, genehmigt vom Regierungsrathe am 19. Mai 1868, publizirt im Amtsblatte des Kantons Bern vom 31. März, 30. Mai und 2. Juni 1868; 3) endlich in der Generalversammlung vom 26. Februar 1870, sanktionirt vom Regierungsratho am 9. April 1870 und publizirt im Amtsblatte vom 5. März, 30. April und 3. Mai 1870.

Wie schon bei der Gründung, haben die Bandesbehörden die oben aufgeführten Anläße nicht benuzt, un gegen die angenommene Firma Protest zu erheben.

Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, daß die Gründer, indem sie die Firma ,,Eidgenössische Bank* wählten, die Förderung des Kredites der Anstalt im Auge hatten. Ob und wie weit dieser Zwek erreicht wurde, wissen wir nicht. Fi'.r das Gebiet der Schweiz möchten wir es geradezu bezweifeln, weil j ider Geschäftsmann weiß, daß die Eidgenossenschaft keine Staatsbank besizt und überhaupt sich bei keinem Bankgeschäft betheiligt. Ob jene Benennung etwa im Auslande bisweilen zu irriger Auffassung insofern Veranlaßungo gegeben habe, daß man unter der ,,Eidgenössischen Bank" hin und wieder ein vom Staate oder mit Staatsbetheiligung geschaffenes Institut verstanden habe, dafür fehlen tha^sachliche Anhaltspunkte.

Dem Bundesrathe ist niemals eine diesfülige Reklamation zugekommen, und er wurde in keiner Weise in die Lage gesezt, die Unbetheiligtheit des Bundes bei der Eidgenössischen Bank erklären

996 zu müssen. Das Publikum litt übrigens so wenig Schaden als der Bund, da das betreffende Bankinstitut, so viel hierorts bekannt, jederzeit seinen Verbindlichkeiten pünktlich nachgekommen ist.

In den ^tatsächlichen Verhältnissen, wie sie zur Zeit vorliegen, können wir somit keine Veranlaßung finden, gegen den weitern Gebrauch der mehrgenannten Firma, als die Interessen der Eidgenossenschaft beschädigend oder störend, einzuschreiten. Wäre selbst das Banknotengesez vom Volke angenommen anstatt verworfen worden, so hätte keine Kollision Plaz greifen können, da nach Art. 5 für Anfertigung der Banknoten der gemeinsame Titel ,,Schweizerische Emissionsbanken11 gewählt w a r , , und somit das Publikum denselben leicht von der Benennung ,,Eidgenössische Banktt hätte unterscheiden können. Allerdings liegt es im Bereiche der Möglichkeit, daß die Eidgenossenschaft früher oder später zur Gründung eines Bundesbankinstitutes schreiten könnte; allein erst dannzumal träte für die eidgenössischen Behörden die Pflicht heran, für Richtigstellung der Firmabezeichnung des einen oder andern Institutes zur Vermeidung von Kollisionen Sorge zu tragen.

Noch bleibt die Erörterung des Rechtsstandpunktes übrig.

Ein Bundesgesez, welches die vorwürfige Materie, sei es vom staatsrechtlichen, sei es von einem andern Standpunkte aus, berührt, besteht zur Zeit nicht. Der Herr Motionssteiler will die Unzuläßigkeit der angefochtenen Firmabezeichnung zwar daraus ableiten, daß das Attribut ,,eidgenössisch"1 dem schweizerischen Bundesstaate als Staatsorganimus ausschließlich zukommen solle, und daß er deßhalb gewissermaßen ein Naturrecht besize, die gegen ihn ausgeübte Anmaßung zurükzuweisen und unwirksam zu machen.

Troz des historischen und staatsrechtlichen Aufwandes, womit derselbe seine Argumentation zu stüzen sucht, können wir ihre Richtigkeit nicht auerkennen. Laut Aufschrift und Art. l der Bundesverfassung ist der offizielle Titel unseres Bundesstaates die ,,schweizerische Eidgenossenschaft". Eine Privatbank könnte sich allerdings nicht ,,die Bank der schweizerischen Eidgenossenschaft'- benennen, weil ein solcher Ausdruk einen u n r i c h t i g e n F i r m a i n h a b e r enthalten würde. Das Adjektivum ,,eidgenössisch" dagegen wird nach dem Sprachgebrauch mit einer Menge von Begriffen zusammengehängt, und deutet nicht
nothwendig eine s t a a t l i c h e I n s t i t u t i o n an. Die ,,Eidgenössische Bank* kann sich für ihren Titel gerade so gut auf ihre ,,eidgenössische'1 Gesinnung berufen, als ein ,,eidgenössisches" Schüzenfest, oder eine ,,Eidgenössische Zeitung" u. dgl.

997 Da der Bund endlich kein Bankhalter ist, so enthält auch die Zusammensezung der Worte nichts Verfängliches oder Widerrechtliches.

Da aber in der von uns zu beantwortenden Motion auch von der Hilfe der Gerichte die Rede ist, so wollen wir nicht unterlassen , die Sache auch von diesem nach unserer Auffassung nicht entscheidenden Gesichtspunkte zu beleuchten.

Die zivilrechtliche Streitfrage müßte .nach Bernischem Rechte, in Abgang des Eidgenössischen, gelöst werden. Das Gesez des Kantons Bern vom 27. November 1860 über die Aktiengesellschaften enthält allerdings einschlagende Bestimmungen, die aber sofort klar machen, auf wie bedenklich schwachen Füßen eine Klage des Bundes auf Unterdrükung der Firma ,,Eidgenössische Bank" vor dem bernischen Richter, dastände. Nach Art. 4 dieses Gesezes müssen die Statuten unter Anderem enthalten: ,,Die Angabe der F i r m a und des Sizes der Gesellschaft."

Die Statuten sollen schriftlich abgefaßt und hierauf ihrem ganzen Inhalte nach im Amtsblatte des Kantons Bern veröffentlicht werden.

Der regierungsräthliche Beschluß über Eintheilung oder Verweigerung dieser Genehmigung soll erfolgen, wenn vom Datum der Bekanntmachung an gerechnet mindestens d r e i ß i g T a g e verflossen sind. Der Genehmigungsbeschluß des Regierungsrathes wird wörtlich in zwei auf einander folgenden Nummern des Amtsblattes veröffentlicht, und erst alsdann gilt die Aktiengesellschaft als r e c h t lich konstituirt.

Wir haben oben nachgewiesen, daß das soeben erläuterte Verfahren nicht nur bei der Gründung, sondern bei jeder Statutenrevisiou der Eidgenössischen Bank genau beobachtet wurde. Die Bundesbehörden waren somit wiederholt und unter Fristansezungen amtlich aufgefordert, eine allfällige Einsprache gegen die gewählte Firma geltend zu machen. Haben sie es unterlassen, so gilt dies zivilrechtlich als ein Verzicht, und die betreffende Aktiengesellschaft hat nach erfolgter s t a a t l i c h e r Genehmigung ihrer Statuten mit Inbegriff der Firmabezeichnung ein Recht auf die Führung der leztern erworben. Man kann also nicht bloß von einem Mißbrauche, den man so und so lange geduldet habe, aber jederzeit abstellen dürfe, sprechen, wie es der Herr Motionssteiler thut; vielmehr verleiht das gesezliche Verfahren, durch welches die Firma hindurchgelaufen ist, ihr auch eine legale
Existenzberechtigung. Wollte nun hintendrein die Eidgenossenschaft eine Einsprache versuchen wollen, so würde sie sich zum Mindesten der Gefahr aussezen, daß sie der Richter wegen Unterlassung der Einsprache inner der nüzlichen

998 Frist zur Tragung des Schadens und der Unkosten verurtheilen dürfte, welche eine nachträgliche Firmaveränderuug herbeiführen würde.

Der Art. 9 des angeführten Gesezes endlich gibt Vorschriften, wie die Firmen gewählt werden dürfen. Sie sind dem französischen Eechte entlehnt und lauten: ,,Eine Aktiengesellschaft muß eine Firma führen, welche vom Gegenstand ihrer Unternehmungen zu entnehmen ist, und in welcher der Name von Gesellschaftern oder andern Personen nicht ausgedrükt sein darf. Ebensowenig darf eine Firma gewählt werden, welche derjenigen einer bestehenden Aktiengesellschaft gleich oder so ähnlich ist, daß sie Irrungen veranlaßen könnte".

Es darf als wohl unbestritten gelten, daß die schweizerische Eidgenossenschaft alles Andere eher sein könnte, als eine Erwerbsoder Aktiengesellschaft, und sich somit nicht in der Lage befindet jenen Artikel für sich anzurufen.

Wir beantragen, der Motion keine weitere Folge zu geben, und versichern Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung.

'o' B e r n , den 2. Juni 1876.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die Motion des Hrn.

Ständerath Freuler, betreffend die Eidgenössische Bank. (Vom 2. Juni 1876.)

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17.06.1876

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994-998

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