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Schweizerisches Bundesblatt

XXI. Jahrgang. ll.

Nr. 20.

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22. Mai 1869.

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des

schweizerischen Generalkonsuln in London (Hrn.

Basel) über das Jahr

Rapp von

1868.

Vom 31. Dezember 1868.)

An den hohen Bundesrath.

Tit Der Handel Grossbritanniens , obschon nicht ungesunder Ratur, musste sich indessen , der grossen Eouenrre..z halber, mit sehr geringen Profiten begnügen, und die schlechten Renditen der überseeischen Märkte haben in den Manusaktnrdistrikten grossen Stillstand und theilweise ,,short time" in den Fabriken zur Folge gehabt, und wie ans den Exporttabellen hervorgeht, eine Vermindernng in den resp. Zahlen zur

Folge gehabt.

Geld blieb während des ganzen Jahres änsserst abondant und der Diseonto zu 2 % per annm stationär. Erst gegen Jahressehluss sah sich die Bank von England zu einer Erhohung desselben ans 2 1/2 und 3 % veranlag.

Der Hauptgläubiger im Geldmarkt war Rnssland , .velches beh.uss Erstellung seines Eisenbahnnetzes mit 5prozentigen Staatsgarautieu verschiedeuer Linien , zu eirea zwischeu 70 und 80 % des Renuwerthes, sehr freigebig war und ans diese Weise volle 10 Millionen Vsund Sterliug unseres Baarvorrathes adsorbirle , was aber einige Weiterschende mit den Komplikationen im Osteu in Zusammenhaug bringen wollen.

Bundesblatt Jal.rg.XXI. Bd. II.

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50 Der Baarvorrath in den koffern der Bank erreichte sein Maximum im Monat Juni mit 22,962,981 ^. Sterling und sein Minimum im

Dezember mit 17,841,669 ^. Sterling.

^Dreiprozentige Eonsols eröffneten im Januar mit 92 ^ ex dividend und schloffen im Dezember zum gleichen Breise, dem niedrigsten des ganzen Jahres, und standen am hochsten im Monat Juni mit 95 -^ ex dlvidend.

Die abysstnifche Expedition , so schnell und so ruhmvoll für die englischen Waffen und ohne Menschenopfer ^u Ende geführt, brachte eine Erhohung der Einkommensteuer von 4 d. auf 6 d. per ^. Steri. mit sich, eine Rendite von eirea 3 Millionen ^. Sterling ergebend , welche

den Ausfall der Kriegskosten völlig decken sollte.

Eine überaus gesegnete Ernte hat das Brod so billig gemacht, dass fremde Einsuhren von Korn bedeutend abnahmen , anderseits hat aber die überaus .grosse Trockenheit die Futter- und Wurzelernte bedeutend geschmälert, ein Uebelftand für den Viehstand , der aber durch die bisherige ungemeine Milde des Winters wieder etwas ausgewogen worden ist. Der Breis des Weizens steht ans 67 (per harter am 1. Januar 1868, jet^t auf 5l) und Brod auf 1 ..^d. per Bfund.

Die jährlich wachsende Brofperität der Kolonien dieses ^ Landes, obfchon hie und da getrübt , z. B. durch die Maori-Jufurreetion und die Riederme^lung von Europäern in Reu-Seeland , ist stets im Zunehmen begriffen, und es scheint die Selbftregierung Australiens die Anhänglichkeit der Eolonieü an das Mutterland nur noch mehr zu befestigen.

Es sind mir bezüglich der hauptsächlichsten schweizerischen JmportArtikel von kompetenter Seite folgende Mittheilungen geworden, welche ich in gewohnter Reihenfolge hiemit wortlich folgen lasse.

Seiden waaren.

Unser Bericht für das Jahr 1868 über die Schweizer Seidenstoffe und deren Bedeutung aus hiesigem Markte muss im Wesentlichen mit dem des Vorjahres gleichlauten, indem die Verhältnisse im Allgemeinen ohne wesentliche Veränderung geblieben sind.

Für S e i d e n b ä n d e r (Basler und Aarauer Fabrikat) war das Begehr ohne Zunahme, weil die Mode die Anwendung von Bändern nicht begünstigt. Basel hat jedoch seine Bofition an der Sp.^e aller europäifchen Seidenband-Fabriksorte , wie schon lange, auch je^t noch behanptet.

Für breite S e i d e n s t o f f e , in den geringeren ...Qualitäten, hat Zürich die Oberhand, während .Lyon für seine Qualitäten ohne Riva.len bleibt. Es ist jedoch zu bemerken, dass im Ganzen der englische

51 Markt jetzt weniger von ^ürich kauft als früher, ein Umstand, ans dem sich deutlich ergibt, wie .äusserst nahe die französische Fabrik ihre Konkurxenz hält.

St. M a l l e r J n d u st r i e n , nämlich : gestickte Vorhänge und gewobene , ...gewobene Blattstich und Maschiuenstickerei, resp. Entrede.^.. und Bandes.

Der Verkauf in g e st i k t e n V o r h ä n g e n .scheint hier immer ein limitirter bleiben zu wollen , was wohl grossentheils seinen Grund in der guten Jmitation der Rottinghamer Vorhänge hat, die, bedeutend billiger, denselben Effekt hervorbringen und desshalb von den .^ichtkenuern fast immer vorgezogen werden. Der Verkaus war übrigens im verflossenen Jahre lebhafter als im Jahre 1867. und gegen Ende der ,,Saison^ waren die Lager grosstentheils . ziemlich geräumt , was jedoch nicht dem grosseren Verkaufe allein, sondern auch dem Umstande zuzuschreiben ist , dass in Folge der vom vorigen Jahre übrig gebliebenen Lager nicht so viel neue Waare aus den Markt kam.

Von g e w o b e n e n G a z e - V o r h ä n g e n wurde ziemlieh alles verkaust , was am Blatze. war ., es ist diess aber ein unbedeutendes Geschäft, da die Schotten diesen Artikel ganz in Händen haben und darin bedeutend mehr leisten als unsere Fabrikanten.

B l a t t st ich, ein Artikel, der schon seit Jahren sehr darnieder liegt , in welchem aber in ^olge der gegenüber dem Rohmaterial unnatürlich billigen Vreise in den letzten ^Jahren dennoch ein bedeutendes Geschäft gemacht wurde , ist auch im letzten Jahre wieder ziemlich viel verkaust worden, und es hat die .Nachfrage dafür auch länger gedauert als sonft, was wohl ohne .Zweifel dem ungewöhnlich heissen Sommer zu..

^uschreibeu ist. ein gutes Zeichen für diesen Artikel ist, dass während des ganzen Jahres bessere Waare die gesuchtere war, ein ^all, der in so bedeutendem Umfange schon lange nicht mehr vorgekommeu ist.

Jn Maschine n s t i c k e r e i wurde im letzten Jahre ein grosseres Geschäft als je zuvor gemacht. Der Artikel scheint sich mehr und mehr hier einzubürgern und alle Vornrtheile gegen ihn immer mehr zu schwinden. Die Unvollkommenheit der schweizerischen Bleicherei gegenüber der schottischen war ein grosses Hinderniss, um ^den Artikel hier schnell beliebt zu machen. Die schottische Handstickerei hat durch diese Judustrie einen schweren Stoss erhalten, uud
dürfte wohl immer mehr und mehr verdrängt werden, d. h. in Bezng auf Entredeux und Bundes, weun fernere Fortschritte in der Maschinenstickerei gemacht werden, wie es in den letzten Jahren der Fall war.

Eine bedeutende Gefahr, die diesem Artikel droht, ist die, dass er durch Ueberschwemmung des Marktes und

52 durch Produktion zu vieler g e r i n g e r Waare schnell in Misskredit gebracht wird , wovon sich hie und da schon einige Spuren gezeigt haben.

Vorstehendes bezieht sich hauptsachlich aus den Jnland-Handel ; dagegen wird auch nicht wenig von hier aus verschifft.

T o g g e n b u r g e r - F a b r i k a t e , ,, g e f ä r b t g e w o b e n e B a u m w o l l e n w a a x e n.^ Unsere vorjährige Voraussetzung, es werde uns das Jahr. 1868 besseren ..Geschäften, besonders in Betreff der Jmportation obiger Artikel, entgegenführen, schien sich Anfangs dieses Jahres so ziemlich z.. realisiren, wenn auch nicht in so hohem Masse , als vermuthet worden war ^ denn trot^ des fortwährenden niedrigen Zinsfusses und der billigen Breise des Rohstoffes liessen die Berichte von den grossten Weltmärkten für unsere Artikel doch viel z.. wünschen übrig, da die angehäusten, zu theuren Vreisen erstellten Vorräthe keinen Absat^ zu haben scheinen , wahrscheinlich weil sieh die Exporteurs sträubten, zu ungünstigen Breisen zu verkaufen, und so kam es, dass viele noch mit thenern Waaren versehene Käufer keine Lust zu neuen Operationen zeigten.

Die bereits im Februar begonnene steigende Tendenz der Baumwollpreise übte aus die Nachfrage in Betreff der Baumwollenwaaren einen günstigen Einfluss aus und diente zu einer allgemeinen Besserung, resp.

Bewegung. Ende April war das Geschäst sehr lebhaft.. aber bald zeigte es sich , dass der Bedarf mit der Produktion unserer Artikel nicht Schritt hielt, und diess gilt hauptsächlich für die mechanischen Gewebe; zudem hatten wir im Mai wieder hohere Baumwollpreise , so dass sich die Käufer, angesichts der Uebersabrikation von Baumwollenwaaren zu hohen Vreisen , mehr und mehr zurückzogen. Diess hatte VroduktiousEinschränkuug zur Folge.. denn die Fabrikanten waren nicht mehr willig, mit theuern Garnen theure Waaren ans Lager zu erstellen, und bald wurde eine bedeuteude Abnahme der Eousumeuteu des Rohstoffes sühlbar, dessen Vreise vom 1. Mai bis 7. August um eirea 2 ^ d. wichen.

Mit dieser Reduktiou kam wieder mehr Vertrauen ; dex .^tock der gefärbt gewobenen Waaren nahm nach und nach ab, und die fi^.en Bestelluugen fl.osseu etwas reichlicher, weil auch die auswärtigen Märkte sieh zu rühren anfingen , ein Zustand , der jedoch durch die mehr oder weniger günstigen Schalungen des Ergebnisses der Baumwollernte beeinträchtigt wurde, so dass in den drei legten Monaten dieses Jahres keine grossen Beweguugen, was obgenannte Waaren anbetrifft, stattfanden.

53 A s x i k a hat das ganze Jahr hindurch bedeutende Quantitäten unserer gefärbt gewobenen^ Baumwollenartikeln gekauft.

. W e s t - J n d i e n folgte nach, auch Manila blieb nicht ganz unthätig und scheint sieh nach und nach zu erholen. Aus J a p a n kamen ebenfalls bessere Berichte, obschon es nur zu sehr unlukrativen Breisen Käufer ist, da der dortige Markt immer noch mit eirea 120 a 130.000 Stück Tafsachellas überladen ist.

O s t - J n d i e n schien sich gegen Ende des Jahres ein wenig zu bessern, während Mauritius das ganze Jahr hindurch wenig .Leben zeigte.

...^ord- und Süd-Amerika blieben ebenfalls sehr unthätig, trot^dem man von dorther der günstigen Ernten im Allgemeinen wegen auf grossere ^eschäste hätte rechnen dürfen. Schweizer-

^nghams, die Hanptartikel, sind nur spärlich dorthin gewandert,

und es scheint uns , als ob der hohe amerikanische Eingangszol.l diesem Geschäfte für einstweilen einen Riegel geflossen hätte zu Gunsten der amerikanischen Produkte , die nun billiger ersteilt werden , weil die Fabrikanten keinen Eingangszoll daraus zu berechnen haben.

Jm Allgemeinen kann jedoch das zu Ende gegangene Jahr, wenn auch für unsere Produzenten nicht ganz befriedigend, doch als ein ziemlich besseres als das vorige bezeichnet werden, mit der festen Aussieht aus ein regeres und günstigeres Gesehäst im neuen Jahre.

Uhren.

Seit dem legten Jahre hat sich nichts Bemerkenswertes in dieser Branche ereignet, indessen sand einerseits eine leichte Besserung in Australien statt, und anderseits gewannen die Japanesen in .^olge ihres häufigen Verkehrs mit Europäern eine Vorliebe für Schweizer-Uhren, deren Exportation nach Japan sich zu vermehren seheint.

Jn England, wo noch keine wesentliche Besserung in den Geschäften eingetreten ist, bestand der hauptsächlichste Verbrauch in Uhren, ^Mét.^l et Ar^enl^ zu ganz niederen Vreisen und zum grossen Schaden der englischen Fabrikanten , die sür^ die grossen Massen nichts fabriziren konnen.

Dagegen haben goldene Uhren , hauptsächlich für Damen , regelmassigen Absat^ gefunden, und zwar von den ordinären bis zu den kostspieligeren Sorten.

54 Alles in Allem kann man, wenn wir nächstes Jahr mit eine... guten Ernte begünstigt werden, Hoffnung hegen , ^dass unsere Jndustrie den ihr so nöthigen Ausschwung nehmen werde.

S t r o h w a a r en .

Seit meinem vorjährigen Berichte hat sich unser Markt , was den Absa^ in allen Arten schweizerischer Brodukte anbetrifft, in keiner Weise verbessert. Jn der That bestehen die gleichen Ursachen, welche damals besonders was Mode anbetrifft, einen schweren Drnck auf diese Jndustrie-Branche ausübten, noch immer fort, und es ist in Folge der stets niedrigen preise, zu wel.hen englische Geflechte fabrizirt werden, fremde Eoneurrenz für die gleichen Brodukte fast ganz ausgeschlossen geblieben.

Diess bezieht sich hauptsächlich auf Freibnrger- und Aargaue.^Fabrikate.

. Auch in Rosshaargeflechten und Mauillaslechten und Verzierungen fand weniger Verbrauch statt ; denn heutzutage ist der altmodische Damenhut (bonnet) sast ganz verschwunden, und es wäre nicht sur die kleinen Hüte (h.^t), die stets viel von den untern Klassen, sou.ie von Kindern und auch von Männern getragen worden , so hätte diese Branche gar keine Existenz finden konnen.

Unter diesen Umständen belles sich leider die Jmportation während des verflossenen Jahres aus einen Werth von bloss ^. 20 ..-25,000, und es beruht unsere ^ossnung aus Besserung darin, dass bald wieder eine Aenderung in der Mode eintreten werde.

Der mit 1. Januar 1869 in Kraft tretende anglo - schweizerische Postvertrag sichert den Jndustrielleu und Privaten der beiden Rationen einen beiderseits billigen Austausch von Briefen und Vaketen , und be-

friedigt somit in dieser Beziehung eiu lang gesühltes Bedürfnisse

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22.05.1869

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