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Bericht

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der

Kommission des Ständeraths, betreffend die Petition mehrerer Gemeinden aus dem Rheinthal, bezuglich Vertheilung der Liebesgaben für die Wasserbeschädigten.

(Vom 8. Juli 1869.)

Tit. l Von 5 Gemeinden aus dem Rheinthal, Kt. St. Gallen, wurde eine Betition an die h. Bundesversammlung gerichtet, dahin gehend, es mochte dieselbe beschliessen : Die Schlussnahme der e i d g e n o s s i s c h e n k o m m i s s i o n f ü r R e p a r t i t i o n der g e f l o s s e n e n H ü l f s g e l d e r : ,,es solle eine

Million Franken und die nach dem 2. April dieses Jahres gesallenen

Beiträge aus der allgemeinen Liebesgaben-Cassa für Gründung eines Separatsonds zu zwekmässigen Schuzbauten ausgeschieden werden" sei a u f g e h o b e n , und es habe die Gesammtsumme der gesal-

lene u Hülssgelder in die V e r t h e i l n u g zu fallen.

Die kommission untersuchte diese Frage hauptsächlich von einem formellen Standpunkte aus und fragte sich, ob diese Angelegenheit in den Bereich der eidgenössischen Räthe gehore und ob die Bundesversammlung e o m p e t e n t sei, in dieser Sache zu entscheiden. - Wir bemerken hier vorläufig, dass der Bundesrath mit Schreiben vom 23. Juni abhin den Beteuten erklärt hat, dass er in dieser Frage weder sich selbst noch die Buudesversammlnug für zuständig erachten konne, dass er es ihnen aber sreistelle , sich direkte an die Bundesversammlung zu weuden.

Die geflossenen Gaben für die Wasserbeschädigten vom lezten Herbst sind ein grossartiges Liebeswerk aller Gauen unsers Vaterlandes

Bundesblatt. Jahrg. XXI. Bd.1I.

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974 wie auch von Seite ausländische.. Volker. Es liegt nun in der Ratux und in dem Eharakter dieser Liebesgaben , dass der Entscheid über die Vextheilung derselben weder dem Bundesrathe noch den gesezgebenden Räthen der Eidgenossenschaft als solchen zusteht :. sondern dass die Gesammtheit der Geber, oder, da dieses nicht moglieh und nicht durchführbar ist, die in deren Namen handelnden Delegirten, welche als Vertrauensmänner der Kantone und der Geber zu betrachten find, hierüber end-

gültig zu verfügen haben. Allerdings hat sofort nach dem Eintritt der

furchtbaren Katastrophe und beim Beginne der Sammlung von Liebesgaben der B u n d e s r a t h die Jnitiative ergrissen und sich mit Anordnung von Massregeln beschäftigt, um Ordnung in diese Angelegenheit

zu bringen. Allein - wie Herr Bundesrath Schenk, Ehes des eidg.

Departements des Jnnern, schon in seiner Erosfnungsxede bei der ersten Simung der kantonalen Eonferenz-Abgeordneten in Bern am 12. Oktober 1868 es deutlich betont hat - der Bundesrath hat dieses nicht desshalb

gethan, weil er als politische Behorde sieh besugt glaubte, in dieser Sache zu handelu ; sondern er sezte sieh angesichts der ganz ausserordentlichen

Umstände über die Bedenken gegen amtliche Jnitiative desshalb hinweg,

weil gegenüber dieser gewaltigen Aufgabe ein isolirtes Vorgehen nicht ausreichte, und es einer energischen , zusammenhängenden und einheitlichen Leituug bedurste, um diese Sammluugen zu organisiren und in einer d.en Verhältnissen entsprechenden Weise zu ordnen und zu bethätigen. Daher die Einberufung von Abgeordneten der Kantone zu einer Eonsexenz, welche dann den Bundesrath mit weitern Anordnungen und mit der Ernennung von Expertenkommissionen und eines Eentralhülsseomites beauftragte.

Als nun der Schaden von der betreffenden Expertenkommission abgeschält und die Liebesgaben von allen Seiten herbeigeflossen waren, und zwar in einer Ausdehnuug und Zahl, welche die grossten Er.vartungen weit übertroffen haben (zur Zeit des Conferenzbeschlusses belief sich die Summe derselben beiläufig auf 31/2 Millionen Franken) fand eine zweite Versammlung der Eonferenzabgeordneten statt , um die

schwierige Ausgabe der Vertheilung dieser Gaben endgültig zu losen.

Es kann diese Abgeordneten-Versammlung, welche über die Vertheilnng der Gabeu eutschiedeu hat, nicht als eine politische Behorde angesehen werden, welche hiezn nicht berechtiget ist, sondern sie muss vielmehr als eine Versammlung von V e r t r a u e n s m ä n n e r n der Geber und der betreffenden Kautone betrachtet werden, an deren eud-

gültigem Entscheid weder durch den Bundesrath noch durch die Bundespersammlung etwas abgemarktet oder abgeändert werden dars.

Die kommission ist einstimmig der Ansicht, dass diese Angelegenheit nicht in die Competenz der Buudesbehorden salle. Wir müssen übrigeus hier noch hervorheben, dass der Entscheid, um dessen Aufhebung

975 es sich hier handelt, von der erwähnten Abgeordneteu-Eonserenz mit 19 g e g e n 5 Stimmen gefasst wurde, und dass diese Majorität auch die weit überwiegende Mehrzahl der Gabensummen, nach den Kautonen berechnet, repräsentirt.

Wenn auch die kommission hauptsächlich den formellen Standpunkt festhalten , und nicht in das Materielle dieser Frage eintreten wollte, so ist es doch am Orte, die in der Betition ausgesprochene .Ansicht dex Betenten zu berichtigen, als ob die M.llion, welche zu einem Separatfonde ausgeschieden ist, der zu zweckmässigen Schutzbauten seine Verweudung finden solle, nicht zu Gunsten der dürftigen und nothleidenden Wasserbeschädigten verwendet werde, sondern zu solchen Bauten, deren Erstellung eutweder ausschließlich in der Bslicht der Kantone und Gemeinden liege, oder aber nach § 21 der Bundesverfassung als ein allgemein schweizerisches Jnteresse zu betrachten und von der Eidgenossenschast subventionirt werden müsse.

Um die Unrichtigkeit dieser Ansieht darzuthun, brauchen wi.x nur

den A r t . 11 des fraglichen E o n f e r e n z b e s c h l u s s e s wörtlich anzuführen, welcher also lautet:

,,Die Milliou , welche nach Art. 7 sür Schuzbauten bestimmt ist, ,,bleibt in Verwaltung des Bundesrathes und soll vou demselben nach und uaeh lediglieh sur d r i n g e n d e und z w e k m a s s i g e f o r s t l i c h e , , V o r k e h r e n , sowie sür V e r b a u u n g e n , W u h r u n g e n und ahnBliche hydrotechnische Arbeiten im B e r e i c h e der durch die U e b e r "schw emmu n g e n vom S e p t e m b e r und O k t o b e r 1868 b e t r o f ,,fenen Theile der süns Kantone Uri, Graubündeu, St. Gallen, Tesstn ,, und Wal.lis verweudet werden, und zwar mit besonderer Rüksicht auf die ,,am s c h w e r s t e n b e t r o s s e n e n u n d d ü r s t i g s t e n Thals eh a s t e n , .,sowie aus solche Bauten, welche, w e i l mehr l o k a l e r Ratur, ,,mit B u n d e s s u b s i d i e u nicht b e d a c h t w e r d e n , und unter Fest-

,,haltung des Gesichtspunktes, dass vorab die durch die leztjährigen Ver-

..heeruugen b e s c h ä d i g t e n . L i e g e n s c h a s t s b e s i z e r und die sonstigen ,,ärmern Theile der Bevölkerung der betreffenden Gegenden aus Unter,,stüzuug aus den Hülssgeldern Anspruch haben. - Der Bundesrath ,,ist ersucht, daraus zu achten, dass alle diejenigen Gemeinden und Kor,,porationen, welche aus diesem Separatsond Zuwendungen erhalten, ,,nach Massgabe ihrer Kräfte sich anöden betreffenden Bauten ebeusalls betheiligen."

Die klare Fassung dieses Artikels bedarf keines weitern Eommentars.

Schliesslich dürfen wir die Folgen nicht ausser Ange lassen , welche ein materielles Eintreten der Räthe in dieser Angelegenheit unzweiselhast nach sich ziehen müsste.

976 Wie aus den gedrukten Protokollen der Eonferenzen hervorgeht, war der fragliche Bunkt Gegenstand einer sehr langen und sehr einläss-

lichen Diskussion und der endlich gefasste Entscheid war die Frucht eines Entgegenkommens zwischen einander gegenüber stehenden Ansichten, und eines Vergleichs, welcher erst nach langen uud schwierigen Erörterungen aus dem Wege sreundeidgenossischer Transaktion stattgesunden hat, und die Besriedigung, dass man sich zum grossten Theil einigen konnte, war allgemein , im Hinblik anf die erhebende Thatsache der wahrhast grossartigen Betheiligung an dem Liebeswerke, welche sich vom Balaste bis zur l.ezten Hütte erstrekt hatte und welcher Thatsache gegenüber man über einen solchen nicht beigelegten Zwist hätte errothen müssen.

Was würde nun aber geschehen, wenn die Bundesversammlung jezt wieder in diese Frage eintreten und diesen beseitigten Zankapsel zum Gegenstand seiner Traktanden machen wollte? Eiue Fluth von Betitionen der entgegengeseztesten Art würde die unzweiselhaste uud unmittelbare Folge sein, und diese so grossartige, so bewuudernswerthe .Liebesthat unserer Schweizerbrüder in der Heimat und im Auslande müsste am Ende zum Gegenstand Deines Spottes werden , der nur ein bitteres Gefühl der Beschämung und einen bemühenden Eindruk in der Heimat wie im Auslaude hinterlassen würde.

Wir müssten es daher auch in dieser Hinsicht als einen Missgriff erachten, wenn die eidsgenössischen Räthe eine .solche Zumuthung nicht von der Hand weisen und darüber zur Tagesordnung sehreiten würden.

Die Eommission beantragt einstimmig Abweisung der vorliegenden Betition.

B e r n , den 8. Juli 1869.

Der Berichterstatter der Eommission : A. Ieder, Ständerath.

Angenommen. Ständerath 9. Juli, Nationalrath 27. Juli.

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UeBerftd)t be$ internen ©clbantoeifungöüerfe^re in ben Sauren 1868 unb 1869.

(3n den internen Sliiweisungen sinb and) die mit Oxofjbritannien und den SKiederlanden auegejuechfelten inbegrissen.)

Aufgegebene |lnu)«isnngen.

-Uîonate.

Anzahl.

Januar . . . . .

Februar . .

. .

MarS

April . .

Mai . .

Juni . .

Juli .

. .

. .

. .

AUallst

.

.

.

1869.

1868.

.

September . . . .

Oktober Rovembex . . . .

©ezembex . . . .

Anzahl.

-.Betrag.

gr-

.Kp.

49,440 4,101,382 69 39,205 3,328,534 60 40,270 3,436,897 66 39,643 3,435,337 37 42,101 3,768,039 24 42,819 3,652,246 05 45,289 3,886,591 17 41,209 3,572,503 80 40,015 3,469,618 71 46,663 4,132,816 50 48,151 4,424,650 82 52,094 4,427,548 11 526,900 45,636,166 72 298,767 25,609,028 78

58,940 44,693 46,628 46,341 48,964 49,3IO 65,205

-.Betrag.

iSp.

02 29 4,114,567 68 4,259,767 58 4,688,158 55 4,448,952 03 5,521,542 75 gr-

5,116,891 4,004,908

fer Telegraph beförderte jlnmeisungeu.

1868.

\ 285' 366 416 434 527 570 670 540 595 573 534

1869.

478 500 543 630 652 703 764

553

6,060

4,270 Totale Ende Juli . .

360,081 32,154,787 90 3,268 2lnîal,I und Betrag der aueBejah ten ÜKanbate stimmt siete, mit der SS nzaljl und de m Betrage der a usgege jenen Manda te ü&erein.

Internationaler (Mbantòeiìung-Wrfeljr üülpnb beê Saures 1869.

-l.-lerkel)r mit fcen Wieötrlanbtn.

Uîrk.el)r mit <§r0fj:brit...nnten.

alueflestelltc

Monate.

slnzaht.

Januar . . .

Februar Marò . . .

April

.

.

.

Mai

.

.

.

JUnt

.

.

.

JUli

.

.

.

August

.

.

.

September . .

58

..Betrag.

Fr-

5,657 4,696 6,663 6,963 8,055 7,075

47

61 81 75 69 72 75

7,696

6,899

«p.

70 97 17 40 23 22 73 79

stnzahl.

Betrag.

128

11,627 9,708 13,959 15,167 10,044 14,749 22,141

105 190

157 117 144 211 177

S--

(StiiflClöete Slnucil'ungen.

?liie(ie.Mte Slufficifmigen.

·StiiBelbete Slittoeifungcn.

Slutoctsiingen.

sInzahl.

8.p.

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8 5

16,560

30 10 40 70

2 3 4 7 5 10

113,958

60

44

60 80

Betrag.

süp.

01

slnzahl.

Betrag.

Sr486 82 852 66

9..?.

86

15 21 13 13 14 9 12 17

1,020 1,333 671 314 831 941

3,047 52

114

6,452 49

354 300 180 159 253 653 220 925

95

-- 97 10 -- 63

32 61 81 09 56

62

.Okto....« . .

Rovembei . .

.-Dezember . .

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.-.Cotale Totale auf Ende August . .

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538

53,708 21 1,229

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Bericht der Kommission des Ständeraths, betreffend die Petition mehrerer Gemeinden aus dem Rheinthal, bezüglich Vertheilung der Liebesgaben für die Wasserbeschädigten. (Vom 8. Juli 1869.)

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Jahr

1869

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

36

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.09.1869

Date Data Seite

973-978

Page Pagina Ref. No

10 006 264

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