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Mehrheit der .Commission des Nationalrathes über die

Re-

kursbeschwerde der Frau Kammenzind geb. Inderbizin

(Vom 16. Juli 1859.)

Tit. !

Jhre Koinmiffion über die Bitt- nnd Befchwerd.schrift der Frau Josefa Jnderbitzin, geschiedenen KamIuenzind, oder wohl richtiger der Frau Josefe Kaninienziiid , geb. Jnderbitzin, beehrt sich, Jhnen folgenden Bericht zu erstatten :

l.

S a ch v e r h a lt.

Die Ehegatten Alois und Josefa KaInmenzind , Bürger von Gersau und Liizern und zur damaligen Zeit in dieser Stadt wohnend, gerietheu in eheliches Zerwiirsniß , welches im Jahre 1850 zu einem ScheidungsProzesse vor deni kompetenten geistlichen Gerichte in Luzern führte.

Das Urtheil vom 27. Jänner 1850 erkennt aiif Scheidung von .Tisch und Bett auf unbestimmte Zeit, welche nur durch die kompetente kirchliche Behörde wieder ausgehoben werden könne, und legt die g r ö ß e r e Schuld dem M a n n e bei. Es seheint jedoch sicher angenommen werden zu dürfen, daß die Scheidung nicht in Folge eines fchwerern Grundes oder Vergehens erfolgte.

Der Ehemann verlegte in der Folge seinen Wohnsitz wieder nach .Gerfan , im Kanton Schiva ; die Ehefrau lebte bald in Schwvz. bald in Zürich. bald in Loearno, bald in GlarIIs, und wurde schon vor mehrern Jahren von ihrer Heimathbehörde unter Vormundschaft gestellt.

Jm Jahr 1858 suchte Hr. Alois Kamiuenzind die Wiedervereinigung mit feiner geschiedenen Ehefrau - wie er sagt, vorzugsweise. durch die Rücksicht aus den gemeinschaftlichen. heranwachsenden Sohn. geleitet und gellte bei dem bischöflichen Kommissariate, beziehungsweise Ehegerichte seines .Heimath- und Domizilkantons Schwyz ein diesfälliges Rechtsgesnch. Am .20. Juni 1858 erließ das Eonsistorinm an die Beschwerdeführerin auf den 26. gleichen Monats- die Vorladung, behufs Entscheidung über die .Rechtslage: ,,Jst die vom bifchöfl. bafel'schen Kommissariat Luzern am.

36l ^27. Jänner 1850 ausgesprochene Scheidung auf unbestimmte Zeit gexicht^ lich aufzuheben ^ -- Als eventuellen zweiten peremtorischen Termin setzte ^ie Vorladung den 1. Juli fest; würde hier die Beklagte zum zweitenmale weder persönlich, noch durch Bevollmächtigten erscheinen, so werde Verzicht auf ihre Einreden angenommen und Evntumazverfahren eintreten.

Reeurrentin erwiederte auf diese Vorladung unterm 29. Juni : sie sei kurz zuvor, am 22. Mai (ivas eonstatirt ist) , im Kanton Glarus zur .evangelisch^xeformirten Kirche übergeireteu , und könne daher weder einem geistlichen Richter, noch dem kanonischen Rechte nnterworfen sein, daher sie gegen jedes Vorfchreiten des Gerichtes, nnd namentlich gegen eine Aufhebung des Luzern'schen Scheidungsiirtheiles protestire.

Es scheint angenommen werden zu dürfen. daß Hr. Alois Kammenzind das Eonststorialverfahren in Schw^z auf Wiedervereinigung mit seiner geschiedenen Ehegattin einleitete, e h e diese zur protestantischen Eonfessiou übergetreten war ; ex will sogar von diesem Uebertritte gar nichts gewußt

haben. Jn seiner Denkschrift ist gesagt, schon am 23. April 1858 habe das geistliche Gericht von Luzern dasjenige von Schwvz zur Anhandnahme

^der Wiedervereinigungsklage delegirt. Gegenwärtig liegt ein Zeugniß hier-

über nicht bei den Akten ; von glaubwürdiger Seite ist aber versichert .worden , es habe früher wirklich ein solches von ungefähr jenem Datum bei den Akten gelegen. Jft dies, wie kaum zu bezweifeln, richtig, so wäre Reeurrentin nach Einleitung des Prozesses, wenn auch vor dies...

sälliger Vorladung, zur reformirten Kirche übergetreten. Wir legen indeß hierauf kein wesentliches Gewicht..

Als die Beklagte weder am ^6. Juni, noch ^am 1. Juli vor dem Konsistorium Schw.,z erschien, fällte dieses an letztgenanntem Tage, übri...

gens nicht ohne coguitio cau^ae, ein Wiedervereinigungsurheil.

Jn demselben wird darauf hingewiesen : eine fortgesetzte Trennung der Ehegatten würde bei der bisherigen Lebensweise der Gattin für den gemeinsame^ legitimen Sohn ein böses Beispiel geben; der Ehemann verspreche feierlich, seiner Ehefrau mit Liebe und Eintracht zu begegnen ^ die Wiedervereinigung liege iin allseitigen sittlichen Jnteresse der Familie. Zugleich sucht das Eonsistoriuin feine Eompetenz und das Nichtstichhaltende der Protestation der Ehegattin in formeller und materieller Beziehung nachzuweisen.

Das Disposttiv lautet:.

1) Es sei die kläger.sche Rechtsfrage affirmativ entschieden; '2) es sei die Beklagte verpflichtet, mit ihrem Ehemanne das eheliche Leben im GeistechristlicherLiebe fortzusetzen ; '3) sei der Beklagten gestattet, inner der Nothfrist von 14 Tagen nach Empfang dieses ^theils das Gesuch um Reinigung von der Eontu^ maz bei dem bischöflichen Eommissariat Schwv.z anzubringen; 4) Entscheid über die Kosten.

Frau Kainmenzind machte keinen Verfiich , dieses Eontumazurtheil auf .dein durch Satz 3 vorgezeichneten Wege ausheben zu lassen, wandte sich

^2 dagegen unterm ..). Juli vorigen Jahres an den h. Bundesrath mit deu..

Gesuche um Aufhebung des Urtheils , als eines inkompetenten und die verfassungsmäßigen Rechte der Beschwerdeführerin verletzenden. Der h. Bundesrath wies die Beschwerde ab ; seine Erwägungen liegen Jhnen gedruckt vor; es folgte darauf das ,,Bitt^ und Beschwerdegesuch .. an die h. Bundes^ Versammlung.

II.

Wesentlicher Jnhalt des Bitt- und Beschwerdegesuches.

Frau Kammenzind sucht in erster Linie dazuthun , daß das Urtheil des Eonsistoriunis von Schw^z nach bestehendem Bundesrechte ein ineompetentes und daher als nich^.g zu erklären sei , ergreift also zunächst einen eigentliche^ R e e u r s ; in zweiter, eventueller Linie tritt sie, nicht für ihren Speeial^ fall, sondern ganz allgemein als P e t e n t i n auf; sie verlangt nämlich ,,Vex.^ vollständigung des Bi.indesgesetzes über die gemischten Ehen in dem Sinne, daß für Streitfälle ans Kantonen , die für Ehesachen keine rein bürgerlichen Gerichte haben, ein Staatsgericht ausgestellt oder diese Lücke sonst ausgefüllt werde. ^ Die aufgeführten Gründe find kurz folgende: Es widerstreitet ^. 44 der Bundesverfassung.

,,Die freie Ausübung des Gottesdienstes ist den anerkanntem christlichen Konfessionen im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet.

,,Den Kantonen . so wie dem Bunde bleibt vorbehalten , für Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Konfessionen die geeigneten Maßnahmen zu treffen.^ Es widerstreitet Art. 7 des Buudesgesetzes vom 2. Ehristmonat 1850 ^iber die gemischten Ehen.

,,Die Eingehung einer gemischten Ehe darf weder für die Ehe^ gatten , noch für die Kinder , noch für wen iinrner, Rechtsnachtheile.

irgend welcher Art zur Folge habend Daß Frau Kammenzind als Protestantin fortwährend den bischöflichen Kommissär als Richter und das kanonische Recht als Rechtsbuch über fich anerkennen soll.

Auch Schweizer reformater Eonfession, die im Kanton Schw^z blo^ . n i e d e r g e l a s s e n sind, könnten dem gleichen Zwange unterworfen werden.

Die geistliche Gerichtsbarkeit verstößt steh aber auch gegen die schweizerische Kantonsverfassung , die wohl den Grundsatz aufstellt , daß Niemand seinem .verfassungsmäßigen Richter entzogen werden dürfe, aber von einem geistlichen Ehegerichte ni^ts weiß. So wäre Reenrrentin an das Urtheil des geistlichen Richters gebunden, so könnte sie, trotz ihres Eonfessionswechsel^ zu keiner weitern Ehe schreiten. Das Bundesgesetz soll nicht nur in die: gemischte Ehe einführen , sondern auch das eonfefsionelle Recht im Vex^ ..laufe und bei Auflösung der Ehe wahr.I.n.

^

36^ HI.

Prüfung des Reeurses.

Hochderselben kommission tritt allvörderst in eine Prüfung des eigentWichen R e k u r s e s ein. und wird hiebei in ihrer Mehrheit, gebildet durch.

die Herren Nationalräthe A n e r e n a z , S e g e f s e r und dem Bericht^ erst a t t e r , denen sich mit einiger Abweichung in der Begründung, die ei^ mündlich vortragen wird, auch Hr. Nationalrath Treichler anschließt,.

in Uebereinstimmung mit dem hohen Bundesrathe von folgenden Ansichten geleitet: 1) Jn der ganzen katholischen Welt ist es Rechtsgrundsatz, daß Ehegatten , welche nur zeitlich von Tisch und Bett geschieden sind. durch der^ kompetenten Richter zur Wiederaufnahme des ehelichen Lebens angehalten werden können, in so fern diese Wiedervereinigung von einem Ehegatten.

verlangt und gerichtlich gebilligt wird. Alois Kammenzind hat diese Wiedervereinigung verlangt; das Ehegericht von Schw.^z hat sie ausgesprochen...

2) Das Ehegericht des Kantons Schwyz (sehen wir für einmal..

ab von dem g e i s t l i c h e n Eharakter desselben) ist unstreitig das eom-.

p e t e n t e ; es ist das competente als foruni .^iginis der Ehegatten - h.^imathlicher Gerichtsstand - ; es ist eventuell das kompetente als forun^ domicilii - Gerichtsstand des Wohnsitzes - und zwar sowohl des Kläger^ als der Beklagten. Daß die H e i m a t h den Gerichtsstand für Eheschei-^ dnngs-, beziehungsweise Wiedervereinigungsklagen begründe, glauben roir^ im Hinblick auf Eoneordate, Kantonsverfaffungen und Praxis als g e ...

m e i n e s e i d g e n ö s s i s c h e s Recht erklären zu dürsen ; es wird insbesondere durch Zeugniß des Regierungsrathes von Schwoz als Recht dieses.

K a n t o n s dargethan.

Das schweizerische Ehegericht ist aber auch das eompetente im Hinblick^ auf das Dom i ei l der Ehegatten. Nicht bloß wohnt der Ehemann seit.

Jahren in Gersau, sondern es hat auch die Ehefrau kein Domieil a u ß e r dem Kanton Schwr,z. Es hat nämlich .dieselbe schon tatsächlich kaum einen festen Wohnort ; fie hat sich auch in ihrer Protestation gegen .di^ schweizerische Gerichtsbarkeit auf keinen andern Wohnsitz berufen ; sodann.

ist sie bevormundet ; ihr Vormund wohnt im Kanton Schw^z und nach^ den dortigen G.setzen, z. B. Prozeßordnung .^. 8, ist die Bevormundet^ dern Domieil ihres Vormnndes unterworfen.

3) Es folgt hieraus. daß Frau Kainmenzind vor gar keinem andern^ Forum
belangt werden k ö n n t e . abgesehen davon, daß jeder andere Ge.^.

xichtsstand, dem Ehemanne gegenüber, ein Unrecht wäre.

4) Es wird die Frage aufgeworfen (von dem Eonfesstonswechsel de^ Frau Kammenzind sehen wir vor der Hand ganz ab^, ob das Ehegricht^ des Kantons Schwvz nach seinem gegenwärtigen Eharakter und Bestand^ ^in v e r s a s s u n g s m ä ß i g e s sei.-- nach Bundes- nnd .^antonsrecht.

..^s verhält fich mit diesem Gerichte so: Es besteht aus Geistlichen de^

..364 Cantons Schw.^z, welche die Kommissare des Bischofs sind. Diese Ein.richtung besteht in sast allen rein oder vorherrschend katholischen und in mehrern andern Kantonen der Schweiz, mehr oder weniger analog auch in einigen protestantischen Kantonen oder Landestheilen ; sie wird in einem sehr großen Theile der katholischen Welt als eine religiöse, mit dem Dogma zusammenhängende Nothwendigkeit angesehen. und es kann dem Bunde uin so weniger zustehen, diese Anschauung seiner beziehungsweise souveränen

.Glieder zu bekämpfen, als die Existenz dieser geistlichen ^hegerichte keinem

schweizerischen Staatsmanne je unbekannt geblieben und niemals dagegen ^ein grundsätzlicher Einspruch erhoben. vielmehr das Jnstitut durch GewährLeistung von Kantonsverfassiingen sanktionirt worden war, in welchen es ..ausdrücklich erwähnt ist.

Was die Verfassung des Kantons Schw^z anbelangt, so ist dariu ^oas Eonsistorialgericht allerdings nicht erwähnt ; vielleicht gerade darum , ^veil man es als a u ß e r der Sphäre der b ü r g e r l i c h e n Organisation ^betrachtete ; es ist aber nicht nur notorisch , daß die geistliche Gerichts.barkeit in Ehesachen im Kanton Schw^z seit Jahrhunderten, wahrfcheinlich seit sich dort das Ehristenthum befestigte , bestanden hat , sondern sie ist auch durch einen beziehungsweise staatlichen Akt , die Vereinigung^ erkunde mit dem Bisthum Ehur, ausdrücklich a n e r k a n n t .

5) Eben so wenig hat die Beschwerdeführerin deßwegen aufgehört , der schwierigen Ehegerichtsbarkeit unterworfen zu fein, weil sie vor einem Jahre zur evangelischen Eonfession übergetreten ist. Weder ^. 44 dex ^.Bundesverfassung, noch das Bundesgesetz über die gemischten Ehen enthält in dieser Beziehung eine mittelbare oder unmittelbare Gegenvorschrift. Was hier einer Protestantin widerfährt, wird morgens in einem andern Kantone ^iner Katholikin widerfahren ; die Organisation der Ehegerichte , wie das ^materielle .^herecht, ist nach der gegenwärtigen Bundesgesetzgebung Sache der Kantone und der Konfessionen , in so fern nicht die bestimmten Vorschriften ^.es exeeptionellen Bundesgesetzes über die ge^nisch^en Ehen etwas Anderes verfügen.

Dieses Bundesgesetz befaßt sich nicht mit den eonsessionellen Beson^ernheiten der in eine Ehe tretenden Gatten ; es verwischt vielmehr ans ^.hristiich^hunianem Standpunkte die eonfessionelle Besondernheit und über^ ^ibt die gemischte Ehe , wie jede andere , der Strömung des gemeinen .Rechtslebens , welches eben kein anderes Gesetz. als dasjenige des Kantons ^hat, dessen Recht nach allgemeinen Grundsätzen zur Anwendung kommt.

Allerdings fagt Art. 7 des Bundesgefetzes über die gemischten Ehen: ^es dürfe eine solche Ehe weder für die Ehegatten , noch für die Kinder , noch sür sonst Jemanden Rechtsnachtheile nach sich ziehen. Man könnte nicht ohne .Grund fragen, ob es nicht auch ein Rechtsnachtheil für die geschiedene .Katholikin sei , wenn ihr durch die
Wiederverehelichung ihres geschiedenen protestantisches Ehemannes da^ Recht auf Wiedervereinigung entzogen wird , Während sie selbst zu keiner andern Ehe schreiten darf.^ Art. ^ des Gesetzes

36:^ ^on 1850 kann daher nicht solche Rechtsnachtheile im Auge haben , di^ .aus der Natur allbekannter Rechtsungleichheiten entspringen , deren Besei^igung, wenn sie überhaupt möglich ist, eine eingreifende und organisirte E r w e i t e r u n g jenes Gesetzes zum augenfälligen Bedürfnisse gemacht

.hätte.

Die eidgenössischen Räthe haben iu dieser Beziehung im Jahre 1850 mit unverkennbarer Absichtlichkeit keinen V e r s u c h gemacht, das Bundes^echt weiter auszudehnen. und rs darf daher, im Hinblick .auf das füx ^.en fraglichen Rekurs allein maßgebende b e s t e h e n d e Recht zuversichtli.^ behauptet werden: Frau Kainmenzind^ist der Jurisdiktion und dem matezielten Eherechte des Kantons Schw^z unterworfen, und das Urtheil .vom 1. Juli 1858 ist ein verfassungsmäßiges und kompetentes. Wir wieder^olen die Fragen: W o a n d e r s hätte denn Hr. Kammenzind klagen, nach ^ w e l c h e m a n d e r n R e c h t e hätte denn seine Klage behandelt und entschieden werden foilen , weicher Artikel der Bundesverfassung oder des Ge-.

^etzes v^oni 2. Dezember 1850 wäre durch jenes Urtheil verletzt.^

lV.

Prüfung der Petition.

Jhre kommission hält sieh verpflichtet, das nebenbei angebrachte Ge-.

^uch ,,um Vervollständigung des Bundesgesetzes über die gemischten Ehen.

..n .dem Sinne, daß für Streitfälle aus Kantonen, die für Ehesachen keine .rein bürgerlichen Gerichte haben, ein S t a a t s g er ich t ausgestellt oder diese .Lücke sonstwie ausgefüllt werde ,- nicht mit Stillschweigen zu übergehen, ..wenn sie auch der Erledigung desselben keinen Einfluß auf den Reeurs zu.gesteht.

gleich bezüglich dieser Petition geht die Eominission in eine Mehrheit ^Ind eine Minderheit auseinander. Während die Minderheit (Herx N.^tio-^ .nalrath Roth) sogleich erklärt , es i st eine Lücke vorhanden und Jhneu

sür deren Ausfüllung p o s i t i v e Vorschläge bringt, kann sich die Mehr-

^heit der Eoiuniisfion nicht nur nicht mit diesen Vorschlägen befreunden, sondern möchte überhaupt nur dem B u n d e s r a t h e die Jnitiative vindi.^iren, sowohi über die Frage, o b das Gesetz über die gemischten Eheu Zweckmäßig erweitert werden, als in w e l c h e r W e i s e diese Erweiterung .^illfä.lig geschehen könne.

Nach Ansicht der Mehrheit Jhrer Eommission stellt jedes Urtheil hier^iber die ruhigste und umsichtigste Prüfung im Lichte der beidseitigen eon.^efsionelleu Rechte und der Kompetenzen und Bedürfnisse des Bundes ..voraus.

Aus dem Gesichtspunkte b ü r g e r l i c h e r und e i n h e i t l i c h e r Ge.setzgebung ist es sicher etwas sehr llnideales, sogar sehr Verletzendes -^vir wollen nicht sagen, daß eine reformirte Ehegattin ihren Eheschei.^.duiigsprozeß gegen den katholischen Ehegatten vor einem katholisch ^geist^

.^66 lichen Gerichte führen muß, sondern daß - um gerade den grellstmög^ Wichen Fall hervorzuheben , der freilich in der Sache Kanimenzind keines^ wegs vorhanden ist -- nach den in manchen Kantonen bestehenden Rechts^ Verhältnissen, die z. B. wegen Ehebruchs ihres katholischen .Mannes ge-.

schiedene Protestantin ohne Verzicht auf ihr Heimathrecht zu keiner zweite^ Ehe schreiten kann.

Dabei wollen wir nicht verhehlen , daß schon bei einer eursorischen Er-^ wägung von mehrern Mitgliedern der Commission erhebliche Bedenken gegei^.

eine Erweiterung des Gefetzes ausgeworfen wurden : Rechtfertigt das Bun^ ^esrecht ein weiteres legislatives Vorgehen; entfpricht die e o nf e ss i o.nelle Richtung eines weitern Vorgehens dem Geiste des n i c h t e o n f e s s i o n e l l e n g e s e t z l i c h e n P r i n z i p s ; verdient die Ausnahme von der^ Ausnahme die Berücksichtigung der Ausnahme; der konfessionelle ehelich^ Hader mit seinem Kalkui dieselbe Berücksichtigung wie die christlich..hunian^ Liebe ; darf nian nicht von der paritätischen Ehe eine höhere sittliche ...^eihe, also aiich nötigenfalls Entsagung verlangen; kann nian nicht unter de^ Aegide des Friedens unter den Konfessionen gerade Drachenzähne des Unfriedens säen; während man der einen Eonsessiou gerecht werden will, in glei-.

chem Verhältniß der andern ungerecht werden ; führt nicht vielleicht die Eon.^ sequenz zu. einer Eonfiseation der eonsesfionellen i^id kantonalen Unabhängigkeit im ganzen Gebiete des Ehexechts ^ Kein Mitglied der Mehrheit de.^ Eominission will hiemit für oder wider abgeschlossene Ueberzeugnngen ans-.

sprechen ; wir wogten Hochdensetben nur einen Einblick in unsere Er^rterungen eröffnen und fie dadurch vor improvisierten Schlnßnahniei^ warnen.

Bei der Wichtigkeit der Sache, den Gründen für und gegen, und ber der Stellung. welche die Minderheit der kommission einmal eingenommen^ hat, glaubt deren Mehrheit, den h. Bundesrath ganz unvorgreiflieh z^ eii.er Prüfung und Berichterstattung einladen zu sollen; in der Meinung, daß selbst das Minimuni ei.^es positiven Resultates : die bestimmte Proklamation des Grundsatzes . daß in allen Ehescheidungsfachen unter Ehe...

gatten vermiedener Eonsefsionen der Gerichtsstand und die Gesetzgebung^ des Ehemannes zur Anwendung komme, vielleicht nicht ohne allen Wertl,^ wäre.

Ein Mitglied der kommission, Herr Nationalrath Segesser^. welcher..

im Uebrigen die Ansicht der Mehrheit theilt. erklärt einfach . daß er zr^

jener Einladung an den Bundesrath nicht stin.nie, weil dieser ohnehin eine^ sreie Jnitiative besi^e und e r , Hr. Segesser. iiieht voraussehe, daß e^ .zu irgend einer Erweiterung des Gesetzes über die gemischten Ehen Han^ Mieten könne.

367 Die Mehrheit Jhxer Eommisfion erlaubt sich, Jhnen folgende ^xäge zu unterstellen :

An..

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen ^Eidgenossenschaft, nach Einficht einer^ Beschwerde und Bittschrift der Frau Josepha Jn^derbitzin , gebürtig von Schwyz , datirt 15. Jänner 1859, gegen ein . ^..rl.enntniß des Konsistoriums in Schw^z vom l. Juli 1858, und einer Antwort des Hrn. Bezirksgerichtspräfidenten Alois Kammenzind vo^ Gersau, d. d. 12. Juli 1859, so ....ie der sachbezügliehen Akten,

beschließt: 1) Sei die Beschwerde der Frau Josepha Jnderbitzin abgewiesen.

2) Sei der Bundesrath eingeladen . der Bundesversammlung Bericht^ ^nd Antrng darüber vorzulegen, ob nicht das Bundesgefez , betreffend die gemischten Ehen, vom 3. Dezember 1850, durch Aufnahme von Bestim.mnngen über die Scheidung gemischter Ehen, resp. über den Gerichtsstand.

^n Scheidungsfällen zu vervollständigen fei.

Genehmigen Sie , Tit. , die Versicherung unserer vollkommenen Hoch...

Achtung.

Bexn, den 16. Juli 1859.

Namens der Mehrheit der Eommisfiou.^.

...^ilh. .^aldntger, Berichterstatter.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der Kommission des Nationalrathes über die Rekursbeschwerde der Frau Kammenzind, geb. Inderdizin (Vom 16. Juli 1859.)

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1859

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2

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42

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.09.1859

Date Data Seite

360-367

Page Pagina Ref. No

10 002 854

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