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Schweizerisches Bundesblatt

..^I. .Jahrgang. II.

Nr. ^l5.

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1^. September 1859.

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der

Mehrheit der Kommission des Ständerathes über den Rekurs des Herrn Element Robadey gegen die Regierung von Freiburg.

(Vom 16. Juli 1859.)

Tit.!

Die Thatsachen, welche die Beschwerde des Herrn HauptnIann Robade., gegen die Regierung von Freiburg veranlaßten, erhellen zur Genüge ans den Aktenstüken. welche Jhnen mitgetheilt worden find, IInd wovon Sie Einsicht genommen haben, so daß es überflüssig wird, im Einzelnen daran zu erinnern; wir werden uns a.so nicht dabei verweilen, sondern behalten nns vor, während der Berathung daraus zurükzukommen, wenn dieß noth..

wendig werden sollte.

Vor Allem erwog die Kommission, welche Sie, Tit.. n.edergesezt haben , und welche sich in ihren Ansichten nicht vereinigen konnte. die

präjudizirliche Frage der Zuständigkeit der Bundesbehörden. Die Mehr-

heit der Mitglieder Jhrer Kommission sprach sich für die Kompetenz aus, da sie erachtet, die Bundesbehörden hätten das Recht, in einer Sache mit..

zusprechen . welche ihrer Meinung nach nicht in das ausschließliche Gebiet der Kantonalsouveränetät fällt.

Wie der Bundesrath in seinem Berichte bemerkte. so beweist schon das Schreiben der Regierung von Freiburg, daß dieselbe die Zuständig-

keit des Bundes keineswegs in Abrede stellt. Wirklich bedient fich die Regierung von Freiburg folgender Worte;

Bundesblatt. Jahrg. XI. Bd. II.

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4^ ,,So wie wir übrigens von unfern Untergebenen diejenige ^iik,,ficht verlangen, die man uns, wie wir glauben, schuldig ist, so.

,,werden wir uns .achtungsvoll vor dein Aussprache der Bundes,,versammliing beugen, wie er auch aussallen möge. Jm Falle ,,eines Tadels dieser hohen Behörde würden wir uns beeilen, ,,unsern Jrrthum anzuerkennen und Herrn Robadch vor seineu ,,natürlichen Richter weisen, welchem er entzogen worden zu sein

,,sich beklagte

So

sprach

sich die Regierung

von Freiburg in

ihrem

amtlichen

Schreiben vom 31. Mai 1859 aus. Freilich hat. seither, nämlich den 11. Juli 1859, ein Mitglied dieser Regierung die Zuständigkeit des Bundes in seinem persönlichen Namen anzufechten und die Tragweite der eben angeführten Stelle zu schmälern versucht. Ohne eine rein individuelle Protestation näher erörtern zu wollen, welche hier der Unparteilichkeit wegen erwäht werden mußte, möge es für Jhre Kommission genügen, be..

züglich der Zuständigkeit einige fernere Betrachtungen Jhnen vorzulegen.

Es ist unbestreitbar, daß in allen auf das Kriegswesen .bezüglichen Sachen die Kantone weit entfernt von dem Besize einer absoluten Souveränetät sind; in diesem Zweige der Staatsverwaltung stehen dem Bunde auvgedehnte Befugnisse zu. Die Zentralgewalt besizt hier ein Oberaussichtsrecht im weitesten Sinne des Wortes. Zieht man dieß in Erwägung, so niuß anerkennt werden, daß eine Maßregel von^ solcher Natur, wie die in Frage stehende, die Eidgenossenschaft direkt angeht,

und daß die Zentralgewalt berechtigt. ist, die Zuläßigkeit einer solchen

Maßregel genau zu prüfen.

Zum Ueberflusse wird die Zuständigkeit der Bundesbehörde im Fragefall durch die Bundesverfassung selbst, und zwar durch die Ziffern 7, 8

und 17 des Art. 74 hergestellt.

Jm Besondern liegen alle Maß-

nahmen zum Schiize der Bundesverfassung, zur Gewährleistung der Kantonalversassungen und zur Behauptung der vom Bunde verbürgten Rechte ohne Zweifel in der Zuständigkeit des Bundes.

Sie, Tit.. wollen nicht aus den Augen verlieren, daß sowol nach dem Wortlaute des Art. 53 der Bundesverfassung , als nach dem Wort...

laute vom Art. 7 der Verfassung von Freiburg Niemand feinem natürlichen Richter entzogen werden kann. Daher ist es unmöglich, in der Eidgenossenschaft unter irgend welcher Form Ausnahmsgerichte aufzustellen.

Ni.in, Tit. , ist es nicht sicher, daß Herr Robadev (dessen Manieren, so wenig als die des Herrn Militärdirektors wir hier zu beurtheilen haben) vom Staatsrath des. Kantons Freiburg einer Thatsache willen in Versügbarkeit versezt wurde, die weder von sern, noch von nah mit dem Kriegse wefen und dem Kriegsdienste zusammenhing, sondern um einer Rede willen, welche Herr Robadch an einer öffentlichen Versammlung hielt, wie jeder ^..i^re Bürger sie hätte halten können, und um seiner mehr oder minder

441 .^flicheu Weigerung willen, dein Herrn ^.ilitärdirektor von dem Jnhalt dieser Rede Rechenschaft zu .geben.

Verhält sich diese Thatfache so, Tit., wie könnte man dann vor..

geben, es sei Herr Robadch seinem natürlichen Richter nicht entzogen worden .:.

Wie, sollte die Eidgenossenschaft nicht befugt sein, unter solchen Umständen und bei solchen Gründen sich in's Mittel zu legen, um.

Rechte zu schirmen, welche sowol von der Freiburger Verfassung, als von derjenigen des Bundes gewährleistet werdend Dieser Rechte darf Niemand beraubt werden.

angesichts der Eidgenossenschaft verlezt werden, bleiben.'

Sollten ^sie, wenn sie ein todter Buchstabe

Tit., nachdem wir aufmerksam, ruhig und unparteiisch, ..-- erhaben über allen im Kanton Freiburg zu erörternden Lokalsragen , die uns vollkommen fremd bleiben, uns nur mit einem verfassungsmäßigen Grundsaze, seiner aufrichtigen und loyalen Anwendung befassend, - diese Angelegenheit geprüft haben, find wir zu der Ueberzeugung gekommen, Herr Robade.,. sei à la suite versezt worden, was zugleich eine Strafe ^ und eine Beeinträchtigung der Ehre enthält. gerade wegen einer von ihm gehaltenen Rede, als er nicht in militärischer Dienstativität stand, sondern ^wie er nur als Bürger gesprochen hatte. ^Dieß geht aus allen .Belegen dieser Angelegenheit hervor, und dieß ist klar erwiesen unter Anderm durch das Schreiben der Regierung von Freiburg selbst.

Zweifelsohne sagen wir mit dieser Regierung : Ja , wir verweigern einem nicht im Dienste stehenden Militär das .Recht, die höhere Militärbehörde, seine Anführer und feine Kameraden zu befchimpfen. Allein wenn wir auch nur einen Augenblik voraussezen , daß -- gemäß den schüzenden und regelrechten, durch die Geseze erforderten Formen, welche man bei den. zivilisirten Nationen nicht ungestraft umgeht, eine von Herrn Robade.., ausgegangene Befchimpfung erwiesen würde , wie die Regierung von Freibnrg behauptet, würde dann etwa im geringsten daraus hervorgehen, daß Herr Robadev, ein Freiburger Bürger, seinem natürlichen Richter entzogen werden dürfte und könntet Wir unsererseits hegen eine so gute Meinung von den ordentlichen Gerichten des Kantons Freibuxg, daß wir annehmen, es würde in allen Fä.len Recht gesprochen werden; wir können unmöglich glauben, d^, um der Gerechtigkeit Genüge zu thun. man die von den Gesezen und Verfassungen aufgestellten Regeln verlassen und sieh im Ruinen der Staatsgewalt von jenen Regeln entfernen . müsse, welche die Regierung zu allererst achten und denen sie Nachachtung verfchaffen soll.

Jn einem Lande, wie das iinsrige, wo Jedermann Soldat ist, wo der bei der Miliz stehende Bürger nur dann als Soldat betrachtet, den Kriegsgefezen und der Disziplin nur dann unterstellt werden darf, wenn

4^ er unter der Fahne steht. werden Sie da der Militärbehörde. welche nur eine Ausnahnisgewalt ist, gestatten, sich an die Stelle der ordente lichen und bürgerlichen Gewalt zu fezen und über die Gräben hinaus zu gehen. welche ihr die Geseze vorschreiben^ Sobald Sie dieß thuii, werden Sie ohne anders zii Verlezungen der Bundesverfassung und aller Kantonsverfassungen gelangen und bald in diesem Sinne. bald in jenem, immer aber willkührlich und ohne irgend welche Garantie, große Ge..

fahren für die persönliche Freiheit der Bürger hervorrufen.

Ohne bei andern Erwägungen zu verweilen , worunter diejenige ist , daß dem .^lrt. l()4 des freibiirg..schen Militärgesezes die Genehmigung des Bundes nur unteI.. gewissen Vorbehalten ertheilt worden ist, so daß nach Art. 104 selbst gegen einen Militär ein motivirter Beschluß erfordert wied.

während der dem Herrn Robadch zugekommene Beschluß in keiner Weise begründet war, so glauben wir, Tit., diesen Bericht nicht schließen zu sollen, ohne der Ausdriike einer Protestation zn gedenken, welche eine Anzahl Offiziere gegen Herrn Robade.)'s Rekurs eingereicht haben. Diese Offiziere sprechen sich am Ende ihrer Protestation dahin ans:. ,, S o l l t e d i e B u n d e s v e r s a m m l u n g ihre R e c h t e u n d d i e j e n i g e n d e s M i l i t ä r d i r e k t o r s v e r k e n n e n , s o protestiren s i e g e g e n e i n e n s o l c h e n E n t s c h e i d und e r k l ä r e n . e i n e n m i t i h r e r E h r e u n d ihrem Recht v e r e i n b a r e n Entschluß fassen zu wollen...

Wir wissen nicht, ob der Staat srath des h. Standes Freiburg die Ausdrüke dieser Protestation nnterstüzt und billigt . und ob er es für angemessen hält. daß sie unter Anderm von Militärs unterzeichnet wird, welche eidgenössische Stellungen bekleiden.

Dieß, Tit., sind die Bemerkungen, welche wir in Kürze Jhnen vorzulegen hatten.

Wir beantragen . daher, dem Besehlusse des Nationalrathes beizutreten. und haben die Ehre, nachstehenden Befchlußentwurf Jhneu zur Genehmigung darzulegen : Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschast, nach Einficht 1^ einer Beschwerde des Herrn Hauptinann Robade^in Roniont, vom 25. April 1859. gegen einen Beschluß der Regierung von Freiburg, betreffend feine Versezung in Verfügbarkeit; 2,^ eines Berichtender Regierung von Freiburg. vom 31. Mai 1859, so wie eines Berichtes und Antrages des schweizerischen Bundesrathes ,

vom 25. Juni 1859,

beschließt: Die in Frage stehende Beschwerde ist begründet, und es wird die Re..^

^ gietung de.^autons Freibnrg eingeladen, ihren Beschluß vom l. Februar 1859 gegen Herrn Element Robade^, Hauptmanu im Bataillon Nr. 78, zurükzune.^Inen.

Wir benuzen, Tit., ko.nmenen Hochachtung.

dieseu Anlaß zur Versicherung unserer voll-

B e r n , den 16. Juli 185..).

Die Mitglieder der Mehrheit der Kommisston : Jltles .^, Bexi.^terstatter.

^chellk.

.^i^enbach.

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Bericht dex

Minderheit der ständeräthlichen kommission ..tber den Rekurs des .^auptmann R ob ad e .^ von ^reibnrg.

(Vom 18. Juli 18^9.) .

Tit.!

Mit Zuschrift vom 25. April l. J. beschwerte sich der freibur.^sche Hauptmann R ob ad e ^ bei ber h. Bundesversammlung gegen eine Verfügung seiner Kantonsregierung, laut welcher er à la suite (in Di^ponibilität) verfetzt worden ist.

Am 5. Mai dem Bundesrathe zur Berichterstattung überwiesen, wurde diese Beschwerde von demselben begründet gefunden und hatte den Antrag zur Folge: ,,die Regierung des Kantons Freibrtrg einzuladen. die gegen den Beschwerdeführer getroffene Verfügung zurückzunehmen^, welchem Antrage der Nationalrath mit 4 Stimmen Mehrheit beipflichtete, und dein n.uu .^.ch die Mehrheit .^hrer i^oi.iniission ^ufiimmen will,

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Bericht der Mehrheit der Kommission des Ständerathes über den Rekurs des Herrn Clement Robadey gegen die Regierung von Freiburg. (Vom 16. Juli 1859.)

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Jahr

1859

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

45

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.09.1859

Date Data Seite

439-443

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10 002 872

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