496

#ST#

B

e

r

i

ch

t

der

.Kommission ^ des Nationalrathes über die Rekttrsbeschwerde de.^ .Jos. Emannel ^franger gegen den Befchlnß des Bnn.^ desrathes ll. n. 10. Mai 185.).

(Vom 17. Juli 1859.)

Tit.!

Joseph Emanuel P f r a n g e r , von St. Antonien , Kts. Graubünden^.

wohnt gegenwärtig in Beckenried, Kts. Nidwalden , wo er den Schneiderberuf ausübt. Schon im Jahre 1853 verweigerten , ans den Bericht des Ge^ rneinderaths S a r n e n hin, wo er damals wohnhaft war. die zuständige^ Behörden von Obwalden dem Pfranger, der durch feine wiederholte^ Gesuche die dortige hierarchische Gerichtsbarkeit erschöpft hatte, die Nie-

derlassungsbewilligung aus dem Grunde, weil er sich über hinreichend^ Existenzmittel nicht auswies, und auch di.. durch die Bundesverfassung vorgeschriebenen notwendigen Bescheinigungen nicht beibringen konnte; zugleich wurde dessen Ausweisung aus polizeilichem Wege verfügt. Pfranger beschwerte sich über diesen Beschluß beim Bundesrathe, wurde jedoch mit seinem Rekurse abgewiesen.

Er ließ steh dann, wie es scheint, in Nidwalden nieder. woselbst e^ auf erlassenen Verhastsbefehl hin versol^t wurde , weil er sich einem Verhöre entzogen hatte, weiches er wegen einer ihm zur Last gelegten Sehristensälschung bestehen sollte; er hatte nämlich in dem Zeugnisse ü.^er den Vermögensbestand feiner Frau das Wort ,,wenig^ durch die Worte ,,zwanzig.

1000 (Pfund).. ersetzt. Der Untersuchung wurde indessen keine Folge ge.^ ^eben, so daß diese Angelegenheit noch jetzt nieht erledigt ist.

Pfranger hatte ei.ne Fran, aus Obwalden gebürtig. geheirathet und^ war vorher , wahrscheinlich mit Rücksicht ans feine bevorstehende Ehe, von.

der reformirten^ zur katholischen Konfession übergetreten. Vom Gemeinderathe von^ Stanz , wo er sich nach den ^kten seit mehreren Jahren no..^ im Februar 1858 befand, und sowohl als Schneidergefelle ausgehalten, als auch aus eigene Rechnung niedergelassen hatte , erhielt ex ein günstige^ .Leumundszeugniß. . Er hatte jedoch die Absicht. gehabt, fein Vaterland z^ .oerlaffen ; denn aus einer Erklärung des Polizeidirektors von Nidwalden ^eht hervor, daß ex die in solchen Fallen vorgeschriebenen Publikationen

^ 497

^

Besorgen ließ und daß überdieß auf dieselben keine Ansprachen von Seite

seiner allfälligen Gläubiger erfolgten.

Die.fes Vorhaben wurde jedoch nicht verwirklicht, da Pfranger im April 1858 kurz vor dein Ablauf seiner Niederlassungsbewilligung in Stanz nach Beckenried übersiedelte , um daselbst seinen Beruf als Schnei^dermeister fortzusetzen.

Er verlangte daher eine Niederlassungsbewilligung für Beckenried ^ allein die Regierung des Kantons Unterwalden nid dem Wald verweigerte .dieselbe ausdrücklieh und verordnete nötigenfalls dessen Ausweisung.

Auf dieses hin wendete sich Pfranger an den Bundesrath , welcher die betreffende Regierung zur Vernehinlafsung aufforderte, und sie auch anwies, die eventuelle Ausweisung einstweilen einzustellen. Zu gleicher Zeit wurde dem Rekurienten das Recht eingeräumt, eine Replik einzugeben, was dieser dann auch that.

Der Bundesrath wies^ durch Beschluß voin 10. Mai 1859 den Re.kurs ab und verfügte , daß sein Entscheid den Parteien zu eröffnen sei.

Derselbe enthält eine umständliche Auseinandersetzung der einzelnen ThatAachen und stützt sich auf folgende Erwägungsgründe : .

1) daß es sich um die Verabfolgung einer neuen Niederlassungsbe-

willigung handelt , daß .^l.o die Regierung von Nidwalden nach Art. 41 , Nro. 1., Litt. c der Bundesverfassung befugt ist, die Bescheinigung der Ausübung eines Berufs oder eines hinlänglichen Vermögens zu verlangen ; ^ 2) daß der Rekurrent sich in dieser Beziehung nicht ausgewiesen, sondern daß im Gegentheil aus der Rechtfertigung der Regierung und deu dahexigen Aktenstücken zu entnehmen ist, die pekuniäre Lage des Rekurreuten habe sich feit der Zeit , wo ihm aus dem nämlichen Grunde die Niederlaffung in Obwalden von der Regierung dieses Standes und denI Bundesrathe verweigert wurde, nicht verändert.

Pfranger ließ es dabei nicht bewendet sein , sondern beschwerte sich über den Entscheid des Bundesrathes bei den gesetzgebenden Räthen der Eidge- .

noffenschaft , und verlangte dessen Kassation.

Jn seinem neuen RekursmeInorial vom 19. Juni 1859 wiederholte er seine frühern Beschwerdepunkte. Er hebt namentlich hervor , daß niarl zwischen der Ste.lung eines bereits niedergelassenen Schweizerbürgers und derjenigen eines Schweizerbürgers, denI noch keine Niederlassungsbewilligung ertheilt worden, unterscheiden müsse, daß er, da .er seit mehreren Jahren in Nidwalden angesessen, der.erstern Kategorie angehöre, folglich nur in den vom Art. 41 Nro. 6 der Bundesverfassung vorgeseheneu Fällen aus diesem Kanton verwiesen werden könne ; daß aber kein gerichtliches Strafurtheil gegen ihn gefällt .worden , er seine bürgerlichen Rechte nicht verloren und keines unsittlichen Lebenswandels sich schuldig gemacht habe und Niemandem zur Last falle ; daß übrigens , wenn eine Schriften-

498 fälschung begangen worden sei, er keinen Theil daran genommen , fondern..

ein anderes Jndividuum , welches er mit Nanien bezeichnet , Urheber der-.

selben sei ; daß er endlich keine Schulden habe und von seine.n Gläubigern nicht gerichtlichen Verfolgungen ausgesetzt fei.

Die Regierung von Nidwatden .hatte schon von vornherein diese Behauptungen widerlegt, indem sie darthat, daß es sich uni eine ganz neue Niederlassnngsbewilligung handle ; daß wenn in Betreff der sragiichen Fälschung noch kein Urtheil erfolgt sei , diese Handlung nichts desto weniger etwas Tadelnswürdiges und Ji.nnIoralisches enthalte.

Was die finanziell^ Lage des Rekurrenten anbelange.. so habe ste sich in Folge der Zeugung von sechs Kindern, aus denen jetzt seine Familie bestehe . keineswegs ver..

bessert; daß seine Gläubiger, als er auszuwandern beabsichtigte. deßhalb keine Einsprachen eingegeben hätten , weil sie wußten , daß es bei der Zahlungsunfähigkeit des Reknrre^ten umsonst gewesen wäre ; diese Zahlungsunfähigkeit ergebe sich übrigens aus den Unterstützungen , die er sowohl als feine Frau erhalten ; und da aus den Akten hervorgehe, daß sie nie zurückerstattet werden können, so seien sie als Almofen anzusehen; die Regierung habe demnach , indem sie bei dieser Sachlage den Art. 41 der .Bundesverfassung angewendet , ein gesetzmäßiges Recht ausgeübt.

Angesichts dieser Gründe für und wider, fo wie der Akten, war Jhre Kommission in der Aeußerung ihrer Meinung nicht lange unfchlüssig. So wie sie grundsätzlich die gewissenhafte Anfrechthaltung der den Bürgern durch die Verfassung gewährleisteten Niederlassungsfreiheit anerkennt. so möchte sie eine Kantonsregierung, welche jedes der Polizei oder dem Gedeihen im Jnnern des Landes entgegenstehende Element aus ihrem Gebiete zu entfernen sucht , in ihrem ebenfalls verfassungsmäßigen Rechte nicht beschränken.

Demgemäß. und ohne in weitere Erörterungen sich einzulassen, schlägt Jhnen Jhre Kommission, und zwar ans die nämiichen Gründe gestützt, die den Bundesrath geleitet baben , einmüthig vor , .über die RekursBeschwerde des Pfranger zur Tagesordnung zn schreiten.

Bern, den 17. Juli 1859.

Die Mitglieder der Kommission :

^. ^lrlill, Berichterstatter.

^ncher, von e.^cholzmatt.

.0. ^l.nr.telI , v....i Siders.

^ul.^, von Mels.

^ralll^ean, von La S^.giie.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrathes über die Rekursbeschwerde des. Jos. Emannel Pfranger gegen den Beschluß des Bundesrathes d.d. 10. Mai 1859.). (Vom 17. Juli 1859.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1859

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.09.1859

Date Data Seite

496-498

Page Pagina Ref. No

10 002 888

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.