378 A x t . 3. Die Klage eines Theiles auf zeitweise Trennung oder einer.

temporären Scheidung schließt die Klage des andern Theiles auf lebenslängliche Trennung .oder auf gänzliche Aushebung des Ehebandes vor seiuem Gerichtsstande nicht aus.

Der .Spruch auf temporäre Trennung verliert seine Rechtskrast, wenr..

ein solcher auf lebenslängliche Trenniing erfolgt, und ebenso verliert auch ein Spruch auf lebenslängliche Trennung seine Rechtskraft, wenn später die Aufhebung des Ehebandes erkannt wird.

A r t . 4. Klagen- ans ...Wiedervereinigung einer auf unbestimmte Zeit getrennten paritätischen Ehe sind bei den konfessionellen Ehegerichten des.

.Beklagten anzuheben.

Die Minderheit der Kommission stellt den Antrag, dies.r.. Vorschlag zur Begutachtung und Berichterstattung au den Bundesrath zu über...

weisen.

#ST#

Bericht der

ständeräthlichen .kommission in der Rekurssache der Josepha Kammenzind, geb. Interbizin, contra Schwyz, betreffend Verfassungsverlezung

(Vom 23. Juli 1859.)

Tit.!

Jin Hinblick auf das öffentliche Jnteresse, welches die Angelegenheit in außerordentlichem Maße auf sich gezogen hat, glaubt sich die Kommission .einex Darlegung der tatsächlichen Verhältnisse des Falles um fo eher enthalten zu dürfen, als in dem faktischen Theil des bundesrathliehen Beschlusses vom 4. Jänner 1859, fo wie in den Parteischriften die erfordere lichen Aufschüsse bereits enthalten find. (Siehe auch Bericht der national.räthlichen Kommission vom 16. Juli d. J.)

^ Nach Ausscheidung alles dessen , was nicht zur Sache gehört , lautet^ die Beschwerde der Josepha Kammenzind im Wesentlichen dahin , ,,es seieI....

^urch das Urtheil des bischöflichen Kommissariates Schw.^z vom 1. Julii.

.o. J., indem eine konfessionelle Matrimonialbehörde nach katholischem Kirchenxecht über die Klage ihres Ehemannes auf Wiedervereinigung urtheilte ,.

die ihr durch den Art. 44 der B u n d e s v e r f a s s u n g und deu.

Ar t. 7 des B u n d e s g e s e z e s v o m 2/3. D e z e m b e r 1850 g e w ä h r . ^ l e i s t e t e n kousesstonelleu Rechte als P r o t e s t a n t i n v e r l e t z t .

worden.^ Es dürfte der Rekurxentin von vorneherein außerordentlich schwer satlen,.

und jedenfalls ist dieser Standpunkt zur Begründung ihres Begehren^ wenig glücklich gewählt, den Begriff und Jnhalt dieser ,,konfessionellen.

Rechte.^, zumal auf dem Boden des schweizerischen Staatsrechtes , über-^

haupt nur zu bezeichnen. Es gibt nämlich wohl kixchlich.dogmatische Lehr-

sätze , welche für die Glaubensgenossen der einen oder andern Konfession ein^ gewisse (sittlich-) religiöse Bedeutung haben, welche ebenso ^aus die Gestaltung des bürgerlichen Rechtes durch die G e s e z g e b u n g einen maßgeben..

^den Einfluß ausüben. Die Natur von R e c h t e n können sie jedoch nur^ Erlangen, w e n n und s o w e i t die Gesezgebung des Staates. welchem da.....

Jndividuum angehört. oder dessen Jurisdiktion dasselbe unterworfen ist. j.ene^ Glaubenssäze mit oder ohne Modifikationen adoptirt hat, die fich aus de^ Bedürfnissen des realen Lebens ergeben mögen.

Wenn z. B. der Kanton Schwvz die kirchliche und die rechtliche Aussassung der Ehe in vollständige Ueber^instinimung gebracht hat (wenigstens für den Fall , wo der Ehemann der katholischen Konfession angehört) , so..

ist die Rekurrentin diesem Geseze unterworfen, nicht, weil die katholische Kirche gleichlautende Lehrfäze für ihre Glaubensgenossen proklaiuirt , son-^ 'dern, sofern die gefezgebende Behörde des Kantons Schw...z nach ihrer freiem Selbstbestimmung für ihre Angehörigen. beziehungsweise für die Bürger und.

Niedergelassenen des Kantons, dieselben zum S t a a t s g e s e z e erhoben hat.

Beiläufig soll jedoch bemerkt werden , daß die Regierung von Schwvz fü.....

^..ie Anwendung von Ehescheidungsilagen, wenn der Mann der evangelisch-.

xeformirten Konfession und zugleich bürgerlich einem andern Kanton angehört , im Wege der Delegation das forunI originis zuläßt. Hinwiederum.

gibt es eine Reihe von Kantonen, welche in ihre Matximonialgesezgebung.

die Dogmen weder der einen noch der andern Konfession vollständig ausgenommen haben, und zwar selbst dannzuinal nicht, wenn b e i d e Ehe-^ Hatten sich zu der sog. Staatskirche oder überhaupt zu dem nämlichen^ Glaiiben bekennen. Namentlich ist dieß in den vorwiegend protestantischem Kantonen der Fall. Einzelne Kantone haben geradezu das Beispiel de.^ Code Napoléon nachgeahmt, indem sie, ohne Rüksieht auf das Dogma,.

der Kirche, obne Rüksicht ans die Konsefsionsverschiedenheit der Landeseinwohner, die Ehe als Rech t s i n s t i t n t , als privatrechtlichen Akt fchüzen und.

ordnen, und im Vesondern die Ehehinderungs- und die. e^hefcheidungs^ gründe (wo das Recht zur Eingehung der Ehe vorhanden ist und wo di^

.^80 . R e c h t s p f l i c h t der ehelichen Gemeinschaft aushört)^bestimrnen, wobei ste ..es im Uebrigen dem Gewissen des Einzelnen , ob er in Mißachtung der ^ehre feiner Kirche auf Scheidung klagen , eine zweite Ehe eingehen Svolle u. s. w., indem sie es der Kirche überlassen . die kirchlichen Zucht^nittel , also auch die Exkommunikation , ihrerseits anzuwenden , so lange ^..ie Jndividuen nicht aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgetreten sind.

Wenn es also, Tit., ein konfessionelles R e c h t der Person im wahren ^Sinne des Wortes a u ß e r h a l b des S t a a t e s überhaupt nicht gibt,.

so befänden wir uns in noch viel größerer Verlegenheit, wenn wir der Re^urrentin in der Bundesverfassung oder in der Bundesgefezgebung ein der.artiges konfefsionelles Ehescheidungsrecht anweisen müßten. Die Bundes.gesezgebung müßte jedenfalls dieses konfessionelle Recht, dieses paritätische .Mifcheherecht erst s c h a f f e n , über dessen Vorenthaltung sich die Reknrren.tin beschwert.

Nehmen wir aber auch an , der Verfasser der Beschwerdeschrist verstehe darunter etwa die Matrimonialgesezgebung eines reformirten oder eines ^vorwiegend reforniirten Kantons, nach welcher die Freiheit der e.^hefchei^ung gemäß der protestantifchen Glaubenslehre am meisten begünstiget wäre, so ist damit die Streitsache ihrer Lösung vom staatsrechtlichen Stand^ punkte aus nicht um einen Schritt näher gerükt. Denn es bleibt stetsfort ^die Frage zu erörtern übrig , ob die Jofepha Jnterbitzin die Anwendung .einer derartigen (anßerkantonalen) Matriinonialgesezgebung (und welcher .^) .auf die mit ...llois Kainnienzind, einein Bürger und Einwohner des Kantons Schw^z , abgeschlossene Ehe beanspruchen , oder ob der schweizerische Ge^richtsstand abgelehnt werden könne .^ Dieß ist nun eben nach der Ansicht der Kommission nicht der Fall.

^Es ist selbstverständlich, daß der konstituirenden, beziehungsweise gesezgeben^den Behörde des Kantons Schw^z die Matrimonialgesezgebung in jeder .Hinsicht und zwar über alle Personen , die überhaupt feiner Jurisdiktion unterworfen find , nach freien staatlichen Bestimmungsgründen ziisteht, gleichviel , ob und in welchem Maße das Staatsgesez mit der kirchlichen Anschauung in Uebereinstimmung gebracht werde , so weit nicht die Bun.desversassung die Kantonalsouveränetät ausdrüklich beschränkt hat. Das
^Gleiche gilt von der ^Organisation der Matrimonialbehörden, deren Funk^tionen in concreto dem bischöflichen Kommissariate Sehw^z übertragen sind ^gemäß llebereinkunst zwischen dein Fürstbischof von Ehur und der Regie.rung des Kantons Schw.^z voiu 3. August 1824, in Folge welcher Schw.^z .definitiv in den Diözesanverband Ehur eintrat). Die Rekurrentin stund ^hne Frage unter dem Eherechte und Gerichtsstande des Kantons Schw^z ^im Zeitpunkte der Eingehung der .^he ; sie ist dieser Jurisdiktion unter..

^vorfen geblieben, nachdem sie inzwischen zur evangelisch^reformirten Kirche übergetreten war, weil für die Beurtheilung von Ehesachen das Gesez des E h e m a n n e s maßgebend ist. Dieser Saz findet gleichmäßig Anwendung, ^und die Konsequenzen sind ganz dieselben, ob nian übrigens das Recht .des Heimaths- oder des Niederlassungskantons entscheidend betraehte; denu

381 ^m vorliedenden Falle ist sowol das foruin originis , als das foruIn do^ ..micilii im Kanton S c h w ^ z . Jinmerhin wird die Behauptung, daß die Frau unbedingt dein Eherechte und dem Gerichtsstand des Mannes folgt, ^.durch mehrfache Bestimmungen eidg. Konkordate und den Art. 4 des Gesezes über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 1850 selbst nnterstüzt.

Schon das Konkordat vom 8. Juli erklärt: ,,Eine nach den Landesgeseze.n geschlossene und eingesegnete Ehe macht die Frau zur Angehörigen desWenigen Kantons. in welchem der Mann das H e i m a t h s r e c h t besizt,^

Das Konkordat vom 4. Juli 1820 erklärt die Kantonsgesezgebung für ^das Ehexeeht der Kantonsangehörigen maßgebend und verlangt zur Gültig^keit der Eheei^segnung vor .^ltlem aus die Erklärung der H e i m a t h s Behörde des B r ä u t i g a m s , daß dortfeits der Ehe kein Hinderniß im ^Wege stehe. Ein drittes Konkordat (dem ..war Schw^z, wie dem zweitge^ .nannten. nicht beigetreten ist) vom t^. Juni 1821 erklärt positiv ,,sur ^.die Behandlung der Ehesch e iduugsfälle die Behörden des HeimathKantons des E h e m a n n e s für zuständig, wobei jedoch eine Delegation ..an den Richter des Wohnortes Plaz greifen kann... Der Art. 4 des ^Gesezes vom 3. Dezember 1850 endlich sezt offenbar ebenfalls die HerrSchaft der Eivilgeseze ain Heimathorte des E h e m a n n e s voraus. indem.

^derselbe hinsichtlich der (kirchlichen oder zivilen) Form der Eingehung der ^he zunächst auf die Gesezgebung des Kantons abstellt , welchem dex^ ^ B r ä u t i g a m bürgerrechtlich angehört.

Jndein somit das bifchöfliche Kommissariat Schw.^z , als die verfas-

sungs.. und gefezmäßige Matrimonialbehörde, die Klage des Al. Kaminenzind .auf Wiedervereinigung zur Hand nahm und das schweizerische Landrecht, obwol.

Dasselbe zugleich das katholische Kirchenrecht ist, zur Anwendung brachte,

...so ist nach der bisherigen Erörterung in keiner Beziehung ein versassungs..

^.oder auch nar ein gesezmäßiges Recht der Beschwerdeführerin verlezt wor.^ .den. Jin Gegentheil , es hätte^ geradezu nicht anders verfahren werden .können. o^ne den Ehemann ^ammenzind feinem natürlichen Gericht und Recht ^u entziehen, d. h. ohne ge^en denselben mit Notwendigkeit eine wirk^iche Verfassungs- und Rechtsver.lezung herbeizuführen (^. 13 der schw.^z.

-^ers.^.. Die m a t e r i e l l e Richtigkeit. des Konsistorialfpruches haben wir, ^nachdem die Kompetenz des urtheilenden Richters festgestellt ist , nicht zu untersuchen. Doch stehen wir nicht an, unsere Ueberzeugung dahin aus^zusprechen. daß d.e Beschwerdeführerin den lezten Zwek ihrer Bestrebungen, ^ie gänzliche Scheidung. vor einem andern, und selbst vor einem pro.testantisch komponirten Ehegericht, schwerlich würde erreicht haben.

Wir haben schließlich , im Hinblik ans die im Vorstehenden gegebene ^.Notivirung, nicht nöthig, noch besonders darauf aufrnerkfani zu machen, ^daß wir durch die Abweisung der Rekursbeschwerde deßhalb nicht gerade ^n allen Theilen die (kirchliche^ Auffaffungsweise des Konsistoriums vollkommen theilen, so wenig wir auf der andern Seite die aus falschen.

.....82 Prämissen abgeleiteten Ausdrüke in der Beschwerdeschrift gegen die römisch^ .Kirchenpartei und deren Geistlichkeit begründet und völlig angemessen finden..

Es bleibt uns noch zu prüfen übrig, ob und wiefern das Bundes^ gesez über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 1850 der kantonalen^ Gesezgebnng, beziehungsweise dem hoheitlichen Gefezgebungsrechte der Kan^ .tone derogirt habe.^ Wir sagen mit A b s i c h t : das Bundesgesez vom.

.3. Dezember 1850. Denn der Art. 44, Lemma 2 der Bundesverfassung an und für sich involvirt keine derartige Beschränkung. sondern er behält^ ^em Bunde lediglich das Recht vor, ,, für Handhabung der öffentlichem.

Ordnung und des Friedens unter den Konfessionen die geeigneten Maßnahmen zu t r e f f e n , ^ nnd nach Art. 8 des in Folge dieses Verfassung^ artikels erlassenen Gefezes über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 1850 sollen einzig und allein die niir diefein Bundesgeseze im Widerspruch^ stehenden Bestimmungen der kantonalen Geseze -- und wir fügen bei der eidgenössischen Konkordate außer Kraft treten. Somit besteht z. B..

das Konkordat a l l e r Kantone vom 8. Juli 1808 und 9. Juli 1818,.

so weit und so länge nicht dessen Jnhalt als Gegenstand der Bundesgesezgebung erklärt wurde (vergl.. Art. 6 der Uebergangsl.estininiu..gen zur.

Bundesverfassung^, in voller Gültigkeit fort, wonach die K a n t o n s g e s e z e ^ uber die Eingehung der Ehen entscheidend. sind. Dasselbe ist nun allerdings in der Hinsicht am 3. Dezember 1850 n.odifizirt und aufgehoben worden, daß in keinem Kanton die E i n g e h u n g einer ..^he aus dem Grunde.

verhindert werden darf, weil die Brautleute vermiedenen christlichen ^on^.

sessivnen angehören. Jn allen übrigen Beziehungen ist die kantonale Ma^ ^triinonialgesezgebung intakt geblieben. Der A r t . 3 des ^Bundesgeseze^ über die gemischten E^en anerkennt, abgesehen von dem Grunde der Kon-.

fessionsverschiedenheit, im Uebrigen ausdrüklieh die g e s e z l i c h e n Hindere nisse ^versteht sich .der Kantonsgesezgebung) , und der Art. 5 s.^t nur,.

,,daß die Bewilligung zur Promulgation oder Kopulation einer gemischten.

Ehe nicht an Bedingungen geknüpft werden dürfe, denen a n d e r e Ehen^ ^.icht unterliegen..^ Die Bundesversammlung hat darin. wenn einige Kan-.

tone der einen Konfesston ihrer Angehörigen den Abschluß von Ehen
mit^ .Bekennern der andern Konfession verbieten, eine T r ü b u n g des k o n s e f ^ s i o n e l l e n F r i e d e n s , weit eine. B e l e i d i g u n g d i e s e r a n d e r n K o n s e s s i o n , erblikt (Mehrheitsbericht der nationalräthlichen Kornmission vom..

11. Juni l 850) und d e ß h a l b jenes Verbot im ganzen Umfange der^

Schweiz beseitiget. Jm W e i t e r n hat sie fich in die bürgerliche Gesez^

gebung der Kantone in Matrirno^ialfachen nicht eingemischt und denselben^.

namentlich sür die Behandlung der Scheidungsklagen von gemischten Ehen.

keine Vorschriften .oder Direktionen ertheilt, gemäß welchen, in .^bweichung^ ^on dem Grundfaze des Gerichtsstandes des E h e m a n n e s , die besonder^ ,,konfessionellen Rechte^ beider Ehegatten gesehiizt und geregelt werden^ sollten. Und doch ware eine Vervollständigung des Gesezes in dieser Rich-.

tung absolut nothwendig gewesen. Entweder hätte die Bundesversammlung ^iber die gemischten Ehen und speziell über deren Auflösung allgemein

3^ .verbindliche Regeln aufstellen oder mindestens in einem besonderen Kompetenz^gesez .den kantonalen. Richter anweisen müssen, vor welchem die besondern konsessioneilen Rechte b e i d e r Ehegatten zugleich die gebührende Berechtigung .finden würden. Ob Solches bei dem Konflikte dieser Rechte selbst, bei der Verschiedenheit der Kantonsgeseze überhaupt möglich sei : d a s muß sich die Kommission freilich erlauben, im höchsten Grade zu bezweifeln, und sie ist jedenfalls durch den artikulirten Minderheitsvorfchlag der national..

xäthlichen Kommisston nicht aufgeklärt worden.

Wenn nun aber die Tragweite des g a n z e n Gesezes über die ge..

.mischten Ehen vom 3. Dezember 1850 die eben bezeichnete ist und wenn die-^ selbe nicht ^willkürlich ,,gestrekt... werden darf, fo folgt daraus von selbst.

.(und d e ß h a l b haben wir die Analyse des Gesezes weiter ausgeführt. als^ ^..hnedieß nothwendig sein dürfte), daß ein e i n z e l n e r ^Artikel desselben^ l^Art. 7 : ,,die Eingehung einer gemischten Ehe darf weder für die Ehegatten, .noch für die Kinder . noch für wen immer Rechtsnachtheile irgend welcher .^lr: z..ir Folge habend, in demjenigen, was er im Befondei.n festsezt, auf den G e g e n s t a n d des Gesezes (die Ei ngehu n g der gemischten Ehen) bezogen werden , beziehungsweise begränzt sein muß. Der Sinn des Art. 7 .ist übrigens ganz einfach der, daß die E i n g e h u n g einer gemischten Ehe so wenig wie durch das unbedingte Verbot derselben, also gleichsam durch ...ine Präventi^maßreget, auch nicht durch anderweitige Nachtheile, die ^man den Brautleuten oder Ehegatten etwa zufügen könnte, m i t t e l b a r gehindert werde. Und zwar spricht der ..lrt. 7 bezeichnend von Rechtsnachtheilen, die m.t der Eingehung einer gemischten Ehe nicht verknüpft roerden dürfen. Die gleichmäßige Handhabung der nämlichen staatliche^ ^Matrimonialgesezgebung auf alle derselben unterworfenen Jndividuen -.^erd.e nun ein Unterschied nach der Konsession der Ehegatten von dem Staate so oder anders oder gar nicht berechtiget -- kann aber offenbar nicht als die Zufügung eine^ Rech t s nachtheiles ,,aus dem Grunde oder zur Strafe. der Eingehung einer gemischten Ehe ^ betrachtet werden. Jm ^Gegentheil, wir müssen wiederholen, was wir bereits oben angedeutet ^.haben, daß vielmehr, ehe wenigstens der Bund ein einheitliches
Mischehen^efez erlassen haben wird, die Abweichung von dem Kantonsgeseze, welchem der Ehemann unterworfen ist, eine wirkliche Rechtsverlezung nach sich ziehen müßte. Das scheinbar Anstößige des Falles , welches dessen Beurtheilung so vielfach verwirrt hat, besteht im Grunde bloß darin, daß für die Ehes r a u e n , gleichviel ob sie sich zur katholischen oder zur evangelischen Kon-^ session bekennen , in der Regel stets das Gesez des Mannes vorherrscht.

Allein das ist nicht eine Folge des Mifchehengesezes vom 3. Dez. .1850

.oder seiner. wie ixrthumlich behauptet wird, unrichtigen Anwendung, son^ dern es ist in dem göttlichen und menschlichen Geseze begründet , daß das Weib dem Manne unterthan sei.

Die Kommission ist einstimmig in der Ansicht, daß die Beschwerde der Frau Josepha Kaninienzind. geb. Jnterbitzin, vom 15. Jänner 1859 gegen den Bescheid des Bundesrathes vom 4. Jänner 1859 abzuweisen und

^84 somit dem Beschlusse des Nationalrathes in seinem 1. Dispositiv beizu^ stimmen sei.

Der Nationalrath hat ferner beschlossen: ,,Sei der Bundesrath ein^ geladen. der Bundesversammlung Berieht und Antrag darüber vorzulegen, ob nicht das Bundes^esez. betreffend die gemischten Ehen, vom 3. Dez.

1850, durch Aufnahme von Bestimmungen über die Scheidung gemischter Ehen , refp. über den Gerichtsstand in Scheidungsfällen , zu vervollständigen sei..^.

Die Mehrheit der Kommissson (bestehend ans 4 Mitgliedern) beantragt, diesem zweiten Difpositiv des nationalräthlichen Beschlußes ebenfalls beiziitreten, wobei jedoch ausdrüklich bemerkt werden soll, daß es weniger

deßhalb geschieht, weil die Kommission schon jezt von der Dringlichkeit dex Sache vollkommen überzeugt ist. als in der Meinung, die Prüfung der wichtigen Frage nicht von der Hand zu weifen. ^ Eben deßhalb glaubt sie fich zur Z^it jeder einläßlicheren Meinungsäußerung über den Gegenstand enthalten zu sollen. Nur d i e Bemerkung sei ihr gestattet : Wenn das Gesez über die gemischten Ehen im Geiste größerer individueller Freiheit und nach den Bedürfnissen des realen Lebens erweitert , beziehungsweise ergänzt werden soll, so kann dieß nach ihrer unmaßgeblichen Ansicht nicht so fast di^rch die Fiktion ...- spezifisch konfessioneller Rechte in Verbindung mit der w^llkührlichen Anweisung (konfesstoneller^ kantonaler Ehegerichte, als Vielmehr in der Weise gefchehen, daß die gemischte Ehe als R e c h t s J n s t i t u t vom Standpunkte der staatliehen Aufgabe aus nach einheitlichen Grundfäzen so weit nöthig und zulässig. ohne auf unberechtigte Weise in das Gebiet der kantonalen bürgerlichen Gesezgebnng überzugreifen, geordnet und die BeurtheilIing von Scheidungsfällen dem Bundesgerichte ^zugewiesen wird (Art. 105 der Bundesverfassung). Während ohne dieß, nach dem Vorschlage der natonalräthlichen Kommissionsininderheit. gar leicht jene Störung des konsesstonellen Friedens erst herbeigeführt werden könnte, welcher man vorzubeugen beabsichtiget, dürfte das leztere Versahren nicht nur am ehesten geeignet sein , Konflikte mit der Kantonsgesezgebung, son^ .dern aueh mit der Kirche zu vermeiden.

Ein Konflikt entsteht hier nur, wenn der Staat seine Herrschast über das Rechtsgebiet hinaus erstreken, oder wenn die Kirche den Staat behindern wollte, eine privatrechtlich zulässige Ehe anzuerkennen oder die Bürger bei dein Reehie ans Scheidung zu schüzen, das er um der Unvollkommenheit der menschlichen Dinge willen ihnen zugestanden hat.

Sobald die beiden Mächte, die das gemeinsame Leben beherrschen, jede die natürlichen Schranken ihrer Befugnisse sorgfältig beachten , so lösen stch die vermeint..

lichen Konflikte leicht. (Bluntschli , Anmerkungen zum privatrechtlichen Ge-

sezbuch für den Kanton Zürich.^

Bern, den 23. Juli 1859.

Jm Namen dex Kommission :

^d. .^ ab erlitt,. Berichterstatter.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission in der Rekurssache der Josepha Kammenzind, geb. Interdizin, contra Schwyz, betreffend Verfassungsverlezung. (Vom 23. Juli 1859.)

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Jahr

1859

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2

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42

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.09.1859

Date Data Seite

378-384

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10 002 857

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