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Botschaft betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen vom 3. Oktober 1994

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Antrag auf Zustimmung unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zur Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Oktober 1994

1994-617

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsidcnt: Stich Der Bundeskanzler: Couchepin

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Übersicht Der Bundesbeschluss vom 20. März 1975 über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen (SR 941.13) ermächtigt den Bundesrat, «zur Verhütung oder Behebung ernsthafter Störungen der internationalen Währungsbeziehungen an internationalen Stützungsaktionen zugunsten anderer Währungen mitzuwirken und in diesem Rahmen Vereinbarungen mit internationalen Organisationen und mit anderen Staaten abzuschliessen.» Hiefür steht ein Kreditbzw. Garantieplafonds von l Milliarde Franken zur Verfügung. Der Bundesbeschluss wird am 15. Juli 1995 auslaufen.

Auf der Basis dieses Bundesbeschlusses beteiligte sich die Schweizerische Nalionalbank in den vergangenen zehn Jahren an zahlreichen Überbrückungskrediten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Waren es vorerst vor allem lateinamerikanische Staaten, die in den Genuss dieser Überbrückungshilfe bis zur Auszahlung von Krediten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank gelangten, so wurden sie alsbald durch mitiel- und osteuropäische Staaten abgelöst. In der Berichtsperiode nahm die Schweiz ausserdem an mittelfristigen Zahlungsbilanzkrediten teil, welche die OECD-Staaten verschiedenen Staaten Mittel- und Osteuropas im Rahmen der G-24 zur Verfügung stellten.

Der Bundesbeschluss hat sich einmal mehr als ein flexibles Instrument erwiesen.

Die zahlreichen internationalen Hilfsaktionen der Berichtsperiode zeigen, dass eine Weiterführung notwendig ist. Der Bundesrat beantragt daher, ihn unverändert um weitere zehn Jahre zu verlängern.

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Botschaft 1

Entstehung und Fortschreibung des Bundesbeschlusses

Der mit dieser Botschaft zu verlängernde Bundesbeschluss datiert ursprünglich vom 4. Oktober 1963 (AS Ì964 457). Im Laute der Jahre hat sich sein Anwendungsbereich gewandelt. Als Rechtsgrundlage für die schweizerische Teilnahme an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen (AK.V) des Internationalen Währungsfonds (IWF) konzipiert", diente er bald auch als Basis für international koordinierte, zwischenstaatliche Währungshilfen, die zur Zahlungsbilanzanpassung in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern gewährt werden: Zudem ermöglichte er es der Schweiz, sich in den siebziger Jahren an der Ölfazilität des IWF zu beteiligen. Mit dem Ausbruch der Schuldenkrise standen dann in den achtziger Jahren vor allem die Überbrückungskredite der BIZ zugunsten hochverschuldeter Entwicklungsländer im Vordergrund. Seit Anfang der neunziger Jahre wird der Bundesbeschluss vorab als Rechtsbasis für die Teilnahme der Schweiz an Zahlungsbilanzhilfcn der OECD-Staaten an mittel- und osteuropäische Länder verwendet.

Der Bundesbeschluss wurde bisher dreimal verlängert (BB1 7975 1614; BB1 7979 II 348; BB1 1984 II I486). Dabei wurden auch gewisse Anpassungen im Zweckartikel vorgenommen und der Anwendungsbereich sowie die Einsatzkritericn auf die gewandelten Bedürfnisse ausgerichtet.

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Anwendung des Bundesbeschlusses in der Berichtsperiode

Die Berichtsperiode war dadurch geprägt, dass der Bundesbeschluss über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmcn bis 1990 - mit der einzigen Ausnahme einer direkten Währungshilfc an Jugoslawien (1988) - ausschliesslich für Beteiligungen an Überbrückungskrediten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Verwendung fand.

Die BIZ-Überbrückungskredite bezweckten alle, die Zeit bis zur Auszahlung von Darlehen der internationalen Finanzinstitutionen - insbesondere des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank - zu überbrücken und so den entsprechenden Ländern zu ermöglichen, ihre unmittelbar fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Im Sinne einer vertraglichen Sicherheit wurde jeweils festgelegt, dass aus den Darlehen dieser Finanzinstitutionen zunächst der BIZ-Überbrückungskredit zurückbezahlt werden musste. Die BIZ finanzierte jeweils die Überbrückungskredite, schloss aber ein Eigenrisiko aus. indem sie sich von Notenbanken einzelner Länder Substitutionszusagen geben liess. Die SNB erhielt für ihre Substitutionszusagen gegenüber der BIZ die Garantie des Bundes auf der Basis von Artikel 4 des Bundesbeschlusses.

Waren es vorerst vor allem lateinamerikanische Staaten, die in den Genuss der Überbrückungshilfe der BIZ gelangten, so wurden sie später durch mittel- und osteuropäische Staaten abgelöst. Darin kommt einerseits zum Ausdruck, dass sich die Situation der hochverschuldeten Entwicklungsländer gegen Ende der achtziger Jahre verbesserte, so dass sie nicht mehr auf solche Hilfen angewiesen waren.

» Mit dem Beitritt der Schweiz xu den AKV im Jahre 1984 wurde ein separater Bundesbeschluss (SR 941.15) geschaffen.

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Andererseits werden die Schwierigkeiten erkennbar, denen sich die Staaten Mittelund Osteuropas beim Übergang von der zentral geleiteten Staatswirtschaft zur Marktwirtschaft gegcnübersahen.

Aber auch bei diesen Landern datiert der letzte Überbrückungskredit der BIZ ins Jahr 1991 zurück. Dies hängt damit zusammen, dass sich der Fokus von kurzfristigen Liquiditätshilfen auf mittelfristig orientierte Finanzierungen verlegte. Dies zum Zweck, die Währungsreserven von mittel- und osteuropäischen Staaten zu verstärken. In diese Aufgabe wurden vermehrt die OECD-Staaten einbezogen. Bei der Schnürung ihrer Finanzierungspakete ermittelten der IWF und die Weltbank Finanzierungslücken, welche durch Beiträge von OECD-Staaten geschlossen wurden.

Mit der Kreditgewährung an Länder Mittel- und Osteuropas zeigt sich ein weiterer Wandel in der Anwendung des Bundesbeschlusses, da von einzelnen dieser Länder kaum ernsthafte Störungen der internationalen Währungsbeziehungen ausgehen können. Die Mittel- und Osteuropahilfe der G-24 ist indessen als Gesamtpaket zu verstehen, das als solches der Verhinderung von Währungsturbulenzen dient.

Zur Koordinierung der Hilfe der OECD-Staaten '' wurde unter der Führung der EG die sog. Gruppe der 24 (G-24) gebildet. Seit sie anfangs der neunziger Jahre aktiv wurde, sind zehn Staaten Ost- und Mitteleuropas 2) in den Genuss ihrer Hilfe gekommen bzw. werden in Kürze davon profitieren können. Mit Ausnahme von Albanien 31 hat sich die Schweiz an allen Kreditaktionen der G-24 beteiligt.

Der Beitrag der Schweiz an den polnischen Stabilisierungsfonds wurde vom Bund finanziert. Bei allen anderen Zahlungsbilanzhilfekrediten übernahm die. Nationalbank die Finanzierung. Zu diesem Zweck schloss sie «Implementing Agreements» mit den Notenbanken der kreditnehmenden Staaten ab, basierend auf zwischenstaatlichen Abkommen. Mit Ausnahme des Stabilisierungsfonds an Polen, der eine effektive Laufzeit von drei Jahren aufwies, laufen alle anderen Kredite über sieben Jahre. Alle Kredite werden marktmässig verzinst und ihnen gemeinsam ist das Ziel der Stärkung der Währungsrcserven der betreffenden Länder.

An der Zusammenarbeit zwischen Bund .und Nationalbank hat sieh seit der letzten Verlängerung des Bundesbeschlusses insofern nichts verändert, als bei BIZ-Überbrückungskrediten weiterhin die Nationalbank,
bei den G-24-Krediten der Bund die. Federführung hat. In der Beilage zu dieser Botschaft wird über alle Aktionen 1 Bericht .erstattet, an denen sich die Schweiz aufgrund des Bundesbeschlusses in den letzten zehn Jahren beteiligt hat.

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Verpflichtungsstand

Ende August 1994 hatte die Eidgenossenschaft unter dem Bundesbeschluss Garantie- bzw. Beteiligungsverpflichtungen von umgerechnet rund 270 Millionen Franken ausstehend. Alle Verpflichtungen wurden im Rahmen von Zahlungsbilanzhilfen der G-24 übernommen. Im einzelnen setzen sie sich wie folgt zusammen: 11

Bis vor kurzem gehörten der OECD 24 Staaten an. Mit dem kürzlichen Beitritt von Mexiko sind es heute deren 25.

Albanien. Bulgarien. Estland. Lettland, Litauen, Polen. Rumänien. Slowakei, (ehemalige) Tschechoslowakei, Ungarn.

3 > Aufgrund seines tiefen Pro Kopf-Einkommens kann Albanien keine Zahlungsbilanzhilfc im Rahmen des Bundesbeschlusses gewährt werden. Die Schweiz unterstützt Albanien Standessen im Rühmen der verstärkten Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa in Form projcktbezogener Finanzhilfe.

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Mio. Fr. '.

Ausbezahlte Kredite: Ungarn (l991) Tschechoslowakei ( 1 9 9 l ) 2 » Rumänien (l991) Rumänien (l992/93) Bulgarien (1993) Subtotali Noch nichî ausbezahlte Kredite 3): Baltische Staaten (l992/93): - Estland .

- Lettland - Litauen Bulgarien (1994/95) Rumänien (l994/95) Slowakei (1994/95) Subtotal II Gesamttotal

4

,

30.0 40.0 40.0 7.2 32.0

39.3 52A 52.4 9A 42.0

149.2

195.5

4.2 8.4 11.4 12.0 10.0 11.0 57.0 206.2

5.5 11.0 14,9 15.7 13.1 14.4 74.6 270.1

Weiterführung des Bundesbeschlusses

Der Bundesbeschluss über die Mitwirkung .der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen hat sich in den vergangenen zehn Jahren einmal mehr als ein flexibles Instrument erwiesen. Er erlaubte es dem Bundesrat, sich an internationalen Stützungsaktionen zur Bewältigung von akuten Zahlungsbilanzproblemcn zu beteiligen, mit denen auf die neue Herausforderung der Integration der Staaten Mittelund Osteuropas in die Weltwirtschaft und das Weltwähnmgssystem reagiert wurde.

Auch wenn durch diese Verlagerung auf mittelfristige Zahlungsbilanzkredite der Bund und die Nationalbank länger im Engagement bleiben werden, beantragt der Bundesrat, den Kredit- bzw. Garantieplafonds bei einer Milliarde Franken zu belassen. Einerseits wird dieser Plafonds zurzeit lediglich mit 27 Prozent ausgenutzt, andererseits gibt es gewisse Anzeichen, dass die Zahlungsbilanzhilfen der G-24 jn Zukunft rückläufig sein werden.

Nach Meinung des Bundesrates sollte auch der Zwcckartikel keine Veränderung erfahren. Er hat sich bewährt. In der heutigen Form hat er den Vorteil, dass dank seiner relativ offenen Formulierung auf neue Gegebenheiten und Notwendigkeiten reagiert werden kann. Klar bleibt jedoch, dass von seiner währungspolitischen Ausrichtung nicht abgewichen werden darf. Zusammen mit den nachfolgenden Einsatz-

" Umgerechnoi zum Devisenkurs vom 17. X. 94: I S - 1.31 10 Fr.

> Heute stehen die Tschechische Republik zu zwei Dritteln und die Slowakische Republik /u einem Drittel der Kreditsumme in der Pflicht.

31 Hier handelt es sich um Kredite, deren Übernahme die Schweiz im Rahmen der G-24 zugesagt hat. Ihre Auszahlung erfolgt, sobald die bilateralen Vereinbarungen abgeschlossen und - soweit nötig - ratifiziert sind,

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kritericn kann sichergestellt werden, dass das Instrument nicht zweckentfremdet wird.

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Anwendungsbereich und Einsatzkriterien

Seit dem Übergang von den festen zu den flexiblen Wechselkursen anfangs der siebziger Jahre wurde der Bundesbeschluss praktisch ausschliesslich für Kredite zur Erleichterung der Zahlungsbilanzanpassung und zur Stärkung der Währungsreserven von fortgeschritteneren Entwicklungsländern und neuerdings von mittelund osteuropäischen Staaten in Anspruch genommen. Es gilt daher, eine klare Grenze gegenüber der Exportförderung sowie der Entwicklungshilfe und der verstärkten Zusammenarbeit mit mittel- und osteuropäischen Staaten zu ziehen.

Der vorliegende Bundesbeschluss stützt sich schwergewichtig auf Artikel 39 B V, der die Grundlage für die Währungspolitik des Bundes bildet, jedoch nicht als Vcrfassungsgrundlage für Exportförderung sowie Wirtschaftshilfe an Entwicklungsund Transformationsländer herangezogen werden kann. Insbesondere bedeutet dies, dass bei der Anwendung des Bundesbcschlusses die drei folgenden Grundsätze zu beachten sind: 1. Es muss sich um die Mitwirkung an internationalen Stützungsaktionen zur Verhinderung oder Behebung ernsthafter Störungen der internationalen Währungsbezichungen bzw. zur Verhütung oder Behebung internationaler Finanz- und Zahlungskrisen handeln.

2. Die vom Bund gewährten bzw. garantierten Kredite dürfen nicht an die Bezüge von schweizerischen Gütern und Dienstleistungen gebunden werden.

3. Im Falle von Hilfsaktionen zugunsten von Entwicklungsländern ist der Länderkreis auf jene fortgeschritteneren Volkswirtschaften zu beschränken, die nicht in den Genuss schweizerischer Zahlungsbilanzhilfe im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gelangen können.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Anwendung des vorliegenden Bundesbeschlusses hat für den Bundeshaushalt bei all jenen Fällen keine finanziellen Auswirkungen, in denen die Schweizerische Nationalbank die Finanzierung übernimmt. Belastet wird der Bundeshaushalt nur dann, wenn der Bund die Kredite selber finanziert. Dies dürfte aber auch in Zukunft die Ausnahme bilden. Der Bundeshaushalt könnte aber auch dann belastet werden, wenn Kredite nicht oder nur teilweise zurückbezahlt würden und die Nationalbank für die entstandenen Verluste von ihrem Rückgriffsrecht auf den Bund Gebrauch machen würde. In der rund 30jährigen Existenz des Bundesbeschlusses sind bisher noch keine Verluste entstanden.

Auswirkungen in personeller Hinsicht sind keine zu erwarten.

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Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1991-1995 enthalten (BB1 7992 III l, Anhang 2).

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Verfassungsmässigkeit

Die Verlängerung dieses Beschlusses stützt sich wie der geltende Bundcsbeschluss auf die Zuständigkeit des Bundes in auswärtigen Angelegenheiten (insbesondere Art. 8 BV) sowie den Notenbankartikel (Art. 39 BV). Die Zuständigkeit zur Delegation der Abschlusskompetenz an den Bundesrat ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer 5 BV.

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Bundesbeschluss über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen

Entwurf

Verlängerung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 3. Oktober 1994", beschliesst: I

Der Bundesbeschluss vom 20. März 1975 2 ' über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen wird wie folgt geändert: Art. 6 Abs. 2 (neu) 2

Die Geltungsdauer dieses Beschlusses wird bis zum 15. Juli 2005 verlängert.

II 1 Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Er tritt am 16. Juli 1995 in Kraft.

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" BB1 1994 V 599 > SR 941.13

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Mitwirkung der Schweiz an internationalen Währungsmassnahmen vom 3. Oktober 1994

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1994

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

49

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94.086

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06.12.1994

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599-606

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