56

#ST#

Aus den Verhandlungen des schweiz.

Bundesrathes.

(Vom 6. Juni 1864.)

Der Bundesrath hat den von der Gesellschaft Sillar & Eomp.

geleisteten Ausweis über den Beginn der Erdarbeiten an den Eisenbahnlinien E h i a s s o - B i a s e a - L o e a r n o und über die Mittel zur gehörigen Fortführung des Unternehmens als genügend gefunden und den Anforderungen des Bundesbeschlußes vom 3l. Juli t 863) entsprechend erklärt, wobei jedoch die im Artikel 4 jenes Beschlusses enthaltenen Bestimmungen betreffend die gehorige Forderung der Banarbeiten ausdrüklieh vorbehalten wurden.

Aus gestellte Begehren hin hat der Bundesrath die Errichtung ueuex Eisenbahntelegraphenbüreaux besehlosseu, n.nnlieh : 1) im Bahnhose Z u g ; 2) in den Bahnstationen S c h i n z n a e h , Turgi unb A f f o l t e r n am Albis.

(Vom 8. Juni 1864.)

Zur Ordnung und Regulirnng der Verhältnisse in Sachen der polnischen Flüchtlinge hat der Bundesrath an sämmtliehe Kautonsregieruugen das nachstehende Kreissehreiben erlassen :

,,Tit..

,,Seit deni Beginn der bekannten Kämpfe in Volen sind hin nnd nieder Flüchtlinge ans den polnischen Reihen nach der Schweiz gekommen, die bis zu ihrer Abreise den betretenden Kantonen, namentlich Zürich und St. G a l l e n , zur Last geblieben sind. Jhre Zahl war jedoch gering, so dass wir uns nicht veranlagt sehen konnten. allgemeinere Verfügungen zu tresfen.

"Dennoch mussten wir diesen Vorgängen unsere Aufmerksamkeit sehenken, und wir haben , so weit es die geringen Mittel erlaubten, die das

) Siehe eidg. Gesezfammlung, Band VII, Selte 592.

57 Budget für die Fremdenpolizei uns gewährt, Beitrage für die Abreise einet ziemlichen Zahl von ^Volen geleistet.

,,Rnn ergibt sich aber aus Mittheilungen, die in diesen Tagen ein-

gegangen sind, dass in Zürich schon wieder über hundert Flüchtlinge sieh

angehest haben, und dass nach Aussagen einzelner von ihnen noch ^uzüge in grosser Zahl in Aussicht stehen.

,,Die hieraus entspringenden Lasten Tonnen nun billigerweise nicht mehr bloss einigen Kantonen zugemuthet werden. Wenn es deshalb nöthig erscheint, sie zu verallgemeinern und damit ini Einzelnen zu erleichtern, ^o ist für uns zugleich auch die Rothw.mdigkeit gegeben, Jhnen, Tit., diejenigen Gesichtspunkte in Erinnerung zn bringen , anf welchen frühere Entscheide der Bundesversammlung über die polizeiliehen ^ .Beziehungen zwischen Bund und Kantonen. und zwischen den Kartonen unter sich beruhen, damit ein übereinstimmendes Versahren erreicht wird und mögliehe Jnkonvenienzen vermieden werden.

.Zunächst ist bekannt, dass das Anrecht,. und überhaupt die Fremden^ polizei, wie von Alters her, so auch jezt noch, bei den Kantonen steht, und dass folglich anch die damit verbundenen tasten ihnen obliegen.

,^lus der andern Seite kann und will auch der .^nnd seiner Beihilse sieh nicht entsehlagen. Namentlich liegen uns versassungsmässig Bflichten ob, im .Verhältnisse sowohl znm Auslaude als zu den Kantonen, und indem wir sie zu ersüllen u.ts bemühen werden, hossen wir zugleich, die den Kantonen obliegenden Lasten erleichtern zu kouneu.

,,Jn der erstern Riehtnng sind von uns aus bereits einige .^.ehritte gethan worden. Von Jtalien und Frankreich wurde die Znsi.herung ge^ geben, dass dem Eintritte der Bolen in ihre Staaten kein Hin.^.r.^iss in den Weg gelegt werde und dass ihre Repräsentanten in der .^ehweiz ernächtigt seien, die schweizerischen Rapiere derselben zu visiren. Von ^a.^ern ist uns die Antwort zugekommen, dass die Flüchtlinge nieht naeh der Schweiz gedrängt werden, sondern dass ihnen zur Weiterreise die freie Wahl bleibe. Sollte in andern Staaten ein der Schweiz naehtheiligeres Versahren beobachtet werden, so wären uns bezügliche Mittheilungen stets erwünscht.

,,Was die Verhältnisse unter den Kantonen betrisst, so betrachten wir

es ^mächst als das natürlichste, dass die Kantone diejenigen Flüchtlinge

bei sieh aufnehmen, die freiwillig auf ihrem Gebiete As...l suchen. Wenn auswärtige Staaten dieses Versahren gegenüber der Schweiz beobachten, so ist wohl nicht zn zweiseln, dass es noch in rüksichtsvollerer Weise unter den Kantonen der Schweiz geübt werde.

.

,,Für den Fall, dass dennoch einzelne Kantone unverhältnissmässig belastet bleiben sollten, so halten wir diese für berechtigt, eine entsprechende Anzahl von Flüchtlingen anderen Kantonen, die von den Flüchtlingen zunächst selbst gewählt worden sind, zuzuweisen und diese anderen Kantone für verpflichtet, das As^l zu gewähren. Jedoch darf die^e Zuweisung nicht heimlieh oder zwangsweise geschehen, sondern die betreffenden^

Bundesblatt. Jahrg. X^I. B d . ll.

^

5

58 ..

Behörden haben jedem Flüchtlinge einen bezüglichen Ausweis zu behändigen. Wenn diesfalls Konflikte entstehen, oder Flüchtlinge sich weigern sollten, so ist beforderlich Bericht an unser Justiz- und Bolizeidepartement zu machen, welches dann massgebend verfügen oder den Fall unserm Entscheide unterstellen wird.

,,Damit unser Justiz- und Bolizeidepartement im Falle ist, den Stand der Sache zu übersehen und allfällig von sieh aus angemessene Verfügungen zu treffen , so ist demselben in angemessenen Zwisehenräumen (bei starkem Andrang jede Woche) ein Verzeichniss der angekommenen Bolen nebst deutlich geschriebener Angabe der Ramen und Heimat im Begleit des Signalement^ einzusenden. Ebenso sind jeweils die Ramen derjenigen

Flüchtlinge anzugeben, die abgereist sind.

,,Was die Besorgung und Verpflegung der Flüchtlinge betrifft , so liegt diese prinzipiell den Kantonen ob. Dagegen haben wir unser Justizund Bolizeidepartement ermächtigt, für diejenigen Flüchtlinge, welche die

Schweiz verlassen, Bässe von beschrankter Daner auszustellen und eine angemessene Reiseunterstü^ung zu bezahlen, wie es bis jezt geschehen ist.

,,Sollten unter den wirkten Bolen solche Jndividuen erscheinen, die zwar in Bolen gekampst haben, aber andern Staaten augehoren, so sind diese auszuscheiden und wie andere Fremde in ähnlicher Lage ^u behandeln. Das gegenwärtige Kreisschreiben findet auf solche Jndividuen keine Anwendung.

,,Wenn die Schweiz den wirklichen politischen Flüchtlingen ans solche Weise entgegenkommt, so ist es selbstverständlich, dass sie aus der andern Seite anch das. Recht hat, zu verlangen, dass Jeder nach Anlagen und

Beruf mit Arbeit sieh beschäftige, und ruhig und anständig sich betrage.

Wer dawider handelt, wird ausgewiesen werden. .

,,Bekanntlieh hat in neuerer Zeit die furcht vor Heimatlosen die Kantone veranlagt, in Gewährung des Ashls rükhaltender zn sein, als sie e^ früher gewesen sind. .Wir glauben, dass derartige Besorgnisse im vorliegenden Falle nicht gerechtsertigt sind. Es befinde sich in allen europäischen Staaten polnische Flüchtlinge ; sonnt haben in dieser Frage auch alle das gleiche Jnteresse, das nicht unberüksichtigt bleiben kann.

Uebrigens lehrt die Erfahrung, dass aus politischen Flüchtlingen eigentli.^ noch nie Heimatlose entstanden sind.^ .

,,Jndem wir schliessen^ hegen wir das Vertrauen, dass jener humane Sinn, der die Kantone politisch Bedrängten gegenüber früher stets beseelt hat, auch heute noch, wie er bereits im Volke durchziehe freiwillige Beiträge sich bethätigt hat, bei sämmtliehen Behorden nicht minder lebendig sich zeigen werde. ^

Jn Aachen besserer Berpslegnng verwundeter Krieger hat der Bnn^ de.^rath an den deutschen Bundestag und an die Ministerien de... ans-

59 wärtigen Angelegenheiten von Belgien, Brasilien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Holland, Jtalien, Mexiko, Nordamerika, Oesterreieh, Portugal, Vreussen, Rom, Russland, Schweden und Rorwe.^en, Spanien und die Türkei folgende ^uschrist erlassen : ,,^. ^.

^ ^

.,Jm Oktober. 1863 hat eine internationale Konferenz in Genf in d...m Bestreben, den aus den Schlachtfeldern verwundeten Kriegern bessere Hilfe angedeihen zu lassen , Beschlüsse gesasst , um in allen Staaten Eomites zu organisiren , welche in Friedensräten vorbereitend und in .^riegszeiten ausführend jenes humane Bestreben fördern und verwirklichen Rollen.

,,Jene Konferenz hat dann aber unabhängig von jenen Beschlüssen noch folgende Wünsche ausgesprochen : ,,A. Die Regierungen möchten ihren hohen Sehu^ den sich bildenden Hilssausschüssen gewähren und ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe so viel als moglich erleichtern.

.,B. Jn ^riegszeiten wollen die Ambülaneen und Spitäler durch die kriegführenden Staaten neutral erklärt und dessgleichen das amtliehe Gesundheitspersonal , die freiwilligen Krankenwärter , die Landeseinwohner, welche Verwundeten zu Hilfe kommen, und die Verwundeten selbst als durchaus neutral behandelt werden.

,,C. Für das Gesnndheitspersonal aller Heere oder wenigstens für die diesem Dienste zugewiesenen Versouen eines Heeres sei ein gleichmassiges Unterscheidungszeichen einzuführen.

^Ebenso sei in allen Ländern die gleich^ Fahne für die Ambülaneen und die Spitäler anzunehmen.

.,Das provisorische internationale Eomite in Genf hält nun dafür, dass es ^wekdienlich wäre , diese Wünsche in eine bindendere Form zu bringen und von sämmtlichen Staaten anerkennen ^u lassen. Es hat sich desshalb , ermuntert dureh die warme Theilnahme von Regierungen und Volkern, an den schweizerischen Bundesrath gewendet mit dem Ersuchen, einen allgemeinen Kongress einzuberufen, um jene Grundsäze in den volkerrestlich. .üblichen formen sanktioniren zu lassen.

,,Der schweizerische Bundesrath hält sich für verpflichtet, diesem .^lnBuchen ^u entsprechen. Die bestehenden Verträge weisen der S c h w e i z in .^riegszeiten ein.^ neutrale Stellung an ; gerade diese Stellung rechtfertigt es abe^ wohl , wenn ste sich der Verwundeten annimmt und fürsorgliche Massregeln für deren Bflege bei den übrigen Staaten in .Anregung bringt.

Der Bundesrath nimmt daher die Freiheit, die . . . . . . . Regierung einzuladen, an einem allgemeinen .Kongresse für Behandlung dieser Spezialsrage sich betheiligen zu wollen , für welchen er als Vereinigungsort

die Stadt G e n f und als Zeitpunkt des Zusammentritts Montag den 8. August lausenden Jahres in Vorschlag zu bringen sich erlaubt.

60 ,,Jnde.n der ^n^esrath sich der Hoffnung hingibt, dass . . . . .

. . . . . . . in Würdigung der für alle Staaten gleiehmassig nüzlichen

und wohltätigen Bestrebungen znr Erzielnng einer solchen Uebereinkunst dieser Einladung Berüksichtigung schenken moge und daran die^ Versiehe^ rnng knüpft^ dass die Herren Abgeordneten freundliche Aufnahme finden werden, ergreift er noch diesen Anlass, um Seiner E^ellenz . . . . . . .

die Versicherung seiner ausgezeichnetesten Hochachtung darzubringen.^

Der Bundesrath hat sein Bostdepartement ermächtigt , 1) auf der Zahnstation R ä f e l s ^ M o l l i s ein Telegraphenbüreau zu erossuen ; . 2) das von der grossh. badischeu Verwaltung gemachte Anerbieten anzunehmen, die Ta^.en der Telegramme für Stationen der Main.^ Rekarbahn aus jenseitigem Gebiet von Fr. 1. 50 ans Fr. 1 per 20 Worte zu ermässigen , sür den Franken nur 28 Kreuzer statt na.h dem Vertrag 30 Kreuzer zu erheben , und neben dem Vertrag von Friedriehshasen auch den Rachtragsvertrag und des Protokoll von Bregenz d. d. 1. Rovember 1863 als massgebend ^n erklären, und diese .sämmtlu.hen Abänderungen vom 1. Juli näehstkünstig an

in Vollzug zn sezen ;

3) der konigl. württembergischen Telegraphenverwaltung zu erklären ,

dass man hierseits gegen die Aushebung des dortseit.gen Telegra-

phenbüreaus R o m a n s h o r n und Enthebung des württembergischen Transitverkehrs mit Oefterreich von der^ Linie F r i e d r i e h s h a f e n ^ R o m a n s h ^ r n ^ H ochst keine Einwendung zu machen habe.

Der Bundesrath wählte

^. .

(am 6. Juni 1864) als Bostkommis in Aarau: Hrn. Gottlieb M o se r, von Zäziwhl (Bern^

(am 10. Juni 1864)

..

... . .

,, .Vosthalterin in Ridau : Frau Witwe Julie H u b l e r , geb. Engel, von und in Ridau. (provisorisch gewählt.)

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1864

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.06.1864

Date Data Seite

56-60

Page Pagina Ref. No

10 004 446

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.