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schweizerischen Generalkonsulates in Neapel über das Jahr 1863.

(Vom 24. Februar 1864.)

An den hohen Bundesrath.

Tit. l Der Bericht, den ich hiermit Jhnen zu überreichen die Ehre habe,

wird - soweit er die Handelsbeziehungen Süditaliens mit der Schweiz Fahrend des Jahres l863 betrifft nicht sehr von den vorhergehenden abweichen. Räheres lässt sieh dagegen über verschiedene Gegenstände sagen, welche die schweizerische Jndustrie inleressiren dürsten, besonders über den Baumwollbau, der in den ehemaligen neapolitanischen Provinzen und in Sizilien eine so bedeutende Entwiklung gewonnen hat und noeh in unterm Masse zu gewinnen verspricht.

Die schweizerischen Einsuhren waren auch leztes Jahr in der Zunahme begriffen. Aus den von mir gesammelten Nachweisen erg.bt sich, dass diese steigende Bewegung vorzugsweise den bedrnkten baumwollene waaren und insbesondere den Glarner Monehoirs zu gute kam. Einige Schweizerische Handelsleute haben ihre im Jahr l 862 in diesen .Artikeln gemachten Geschäfte im lezten Jahre mehr als verdoppelt. Stärker als früher gingen anf unserem Markte auch: rohe Baumwollenzeuge, Madapolams und türkisehrothe Tücher sehweizerischen Ursprungs, so dass ungeachtet der seit Wintersanfang auf unserm Vlaze eingetretenen Stokung der Gesehäste in Fabrikaten, die Vorräthe derselben bei der Mauth beinahe uull sind.

Bemerkenswerth ist, dass die Beliebtheit der schweizerischen Artikel ungeachtet des notwendig gewordenen Vreisaufsehlages von 50-55%

st.h erhielt, und es freut mich, diesen günstigen Erfolg dem Umstand bei-

messen zu konne.., dass die schweizerischen Fabrikanten es vermieden , sich

1t für die Preiserhöhung durch Lieferung geringerer Waare zu entschädigen, ein neuer Beweis von dem althergebrachten Rechtssinn unserer Jndustriellen und von ihrer richtigen und einsichtigen Würdigung ihrer wahren Jnteressen.

Die St. Galler Artikel -- glatte, brosehirte, gestikte Mousseline;

Bettdeken, Kopskissenüberzüge, gestire Vorhänge und Shawls --- erfreuten sich ebenfalls stärkerer Einsuhr als früher, wogegen der Modewechsel den (farbig gewebten) leichten Baumwollenshawls, den Bareges, gewürfelten und Jae.n.ard-Mousfeliues Abbruch that. gleiches gilt von den St. Galler und Appeuzeller Stikereieu.

Hinsichtlich der Leinenwaaren, wie Tischtücher und Rastücher, vermag die Sch.veiz in den ^reisen nicht mit der hierländisehen Fabrikation zu konkurriren, während sie in rohen und gebleichten Leinendrills ihre Ueberlegenheit behauptet und ihre Geschäfte mit Reapel ausgedehnt hat.

Die Basler ...^ e i d e n b a n d industrie, die sich früher lange Zeit einer Anknüpfung dauernder und vielseitiger Beziehungen mit Reapel entzog fährt nunmehr sort, ihre Erzeugnisse auf unserm Markte vorteilhaft a^zusezen und zwar in Quantitäten, welche namentlich seitdem die BaslerFabrikanten auf die Abnehmer in diesen Brovinzen mehr Rüksicht nehmen, von Jahr zu Jahr zunehmen. Dagegen wurden^ die Zürcher beidenwaaren dnreh die Konkurrenz ähnlicher Artikel aus Oberitalien beein.^

träehtigt.

Jn der Zunahme begriffen sind auch die Geschäste in Elastiken mit Diamantsaden, deren Ruf sich immer mehr hebt.

Jn schweizerischen U h r e n und J u w e l e n lässt sich die Einsuhr nach Reapel u.ie folgt ausezen :

Genfer Jnwelen . . . . . . . .^r. 1,350,000 Uhren und Musikdosen . . . . . ^ 700,000 Der Verkauf von Juwelen hat. statt zuzunehmen, wie der Umfang der G^.sch.iste es gestattet l..ätte, vielmehr sich verhindert, indem Deutschlaud die ^als- und Giletketten, zwei schwere und dal.er sehr ins Geld laufende Artikel, billiger liefert.

Uebrigens si^d die schweizerischen Juweliere daraus aufmerksam zu machen, dass der Gesehmak der ..-- früher mit Waaren von sehr geringem .Feingehalt und groberer Arbeit vorlieb nehmenden - neapolitanischen Abnehmer si.htli.h steh läutert und dass die halbseine Waare immer mehr die gemeinere verdrängt.

Stünden mir ü.^er den Umfang der Handelsbeziehungen ^üditalien s mit der .^hweiz vollständigere Raehweise zu Gebote, so würden dieselben wohl die ans meinen ansammelten Ersahrungen gezogenen Schlüsse bekräftigen. Mehrere Ursachen wirken zusammen, diesen Verkehr imnie.^ weiter zu zersplittern, wodurch zugleich die Berechnung des Umsangs der

12 Geschäfte erschwert wird. Während vormals die Sehweizerh.^.ser meistens sich der Vermittlung eines hiesiaen Grosshändlers oder Kommissionärs bedienten, treten sie nun leichter in unmittelbaren Verkehr mit den Kleinhandlern. Zudem ist die bereits von der Bolitik aus ihre Fahne gesehriebene Deeeutralisation durch die Eisenbahnen zu weiterer Durchführung klangt. Reapel ist nicht mehr der fast ausschliessliche Stapelplaz des Handels von ganz Süditalien ; vielmehr steht die ostliche Seite der Appeninnen, d. h. Apulien und die Abrufen, wo das Briganteuwesen ^...genwärtig beinahe ganz verdrängt ist, in direkter ununterbrochener Ver...

Bindung mit Rorditalien und hindurch anch mit den Gegenden jenseits der^llpen. Die Händler dieser Provinzen, die früher selbst nach Neapel kamen, um ihren Velars einzukaufen und nur wenig Besuche bei sich sahen , kommen in neuerer ^eit ofters in den Fall, mit Anerbietnugen ....on Handelsreisenden angegangen zu werden. Das Bestreben der Schweizerhäuser, mit den Kleinhändlern sowol Reapels als der Brovinz direkten Verkehr zu pflegeu, erscheint zwar natürlich, immerhin sind jedo^ die Erfahrnngen der legten Jal.^re der Art, dass sie gegen eine hierin zu weit geltende Bereitwilligkeit als Warnung dieuen ; mau stosst gegenwärtig hier wie anderswo aus zweideutige Bersonlichkeiten . welche Handelshäuser bilden und Eirknlare im Ausland verbreiten, ohne damit auf etwas Anderes als Täuschung auszugehen.

Was für die schweizerische Baumwollindustrie von hoher Wichtigkeit ist und worauf daher vorzugsweise hinzuweisen. sein dürfte, diess ist die vergleichsweise bedeutende Ausdehnung des Baumwollbaus in den südlichen Provinzen Jtaliens und in Sizilien. Derselbe ist zwar in diesen Gegenden nichts Reues, vielmehr haben dieselben bereits im Ansang dieses Jahrhunderts, wahrend der Kriege des ersten Kaiserreichs, Baumwolle ansgeführt; allein die ausserordentliehe, den Artikel verwohlseilernde Broduktion Jndieus und besonders Amerikas, dritten die hierseitige zur Bedeu^ tungslosigkeit herab.

Den traurigen Rül^virkungeu des amerikauisehen Krieges auf die Baumwollindustrie, - der Seltenheit und bedeutenden Vreisfteigernng der Baumwolle ans allen Märkteu, ..-.- war es vorbehalten, von Reuem die Aufmerksamkeit aus dieses Erzenguiss und die von seinem Anbau in hiesigen Gegenden zu erwartenden Ersolge ^u lenken. Diese bereits im Jahr 18^2 ziemlieh stark hervorgetretene Richtung hat sich

daun im Jahr 1863 noch weit mehr geltend gemacht. Begünstigt durch

die besteu klimatischeu Verhältnisse, ist lentes Jahr in den ehemaligen neapolitanischen Provinzen und in Sizilien eine bereits auf 20 Milliouen .Kilogramm geschälte Ernte erzielt worden . welcher Anschlag indess so optimistiseh lautet, dass er füglich nm ein Drittel, also aus 13-14 Millionen Kilogramm herabgesezt werden dars, wovon Sizilien allein ^, die Umgebungen von Eastellamare .,^ und ebenso Apulien nebst der legend von Tarent ^ lieferten.

l3 Der rasche und änsserst .vorteilhafte Absaz dieser Ernte, un. die ^ich ausländische Fabrikanten aus hiesigem Blaze stritten, wird im Jahr 1864 eine bedeutende Ausdehnung dieser Eultur zur Folge haben , im Bezirk Eastellamare dürste der Anbau sich mehr als verdoppeln und in ähnlichem ^erhältniss auch anderwärts ausdehnen, während andere, bisher unbeteiligte Brovin^en, wie Terra di Lavoro mit ihrer sprichwortlichen Fruchtbarkeit, bei der nächsten Ernte ohne Zweifel ebenfalls als Broduzenten figuriren werden.

Jn einzelnen vorzüglich begünstigten Gegenden soll es Bodenstreken geben, welche per Hektare 8-900 Ballen liesern ; im Allgemeinen jedoch rechnet man aus ^eine Hektare guten Boden bei gehöriger Bewässerung und Koppelwirtschaft einen Ertrag von 600 Kilogramm Baumwolle, gereinigt von allem Samen und zur Verarbeitung fertig . - was zum Durchschnittspreis der lezten Ernte von Fr. 6 per Kilogramm einen Ertrag von Fr. 3,600 per Hektare darstellt.

Die Bewässerung bildet, durch ihren Einflnss aus Quantität wie .Qualität, einen wesentlichen Faktor ; von ihr^ hängt die Erzielung einer längern und stärkern Faser ab, ans der hauptsächlich die Vorzügliehkeit der Qualität beruht, sowie die Gewinnung der doppelten Quantität im Vergleich zum Ertrag eines trokenen Erdreichs, welcher leztere durch anhaltende Dürre sogar gänzlich gesährdet wird.

Jn der Beschaffenheit weisen die italienischen Banmwollforten, je nach ihrer Herkunft, merkliche Verschiedenheiten auf; so sind die sibillanifchen, mit Ausnahme derjenigen von Bianeavilla, weniger geschäht als die von Tarent, und diese wieder geringer als die von Eastellamare ; indess haben überhaupt die fämmtliehen Porten auf den grossen englischen Baumwollmärkten sehr günstige Beurtheilung gefunden.

EastellamareBaumwolle kommt nahezu der ^ew-Orleaus gleich und stellt sich in die nämliche Linie mit Middling Uplands , welche im Allgemeinen um ^ bis ^ unter der Qualität Middliug Orleans bleibt, die Tarent repräsentirt die k.^r Dliolier.^i (Anrate) und selbst die untergeordnetsten italienischen Sorten lassen immerhin die aus Makedonien und Klemasien weit hintex sich.

Ein anderer für die sehweiz. Fabrikanten belangreicher Artikel, der Krapp, wurde auch leztes Jahr im südlichen Jtalien mit Erfolg gezogen ^und nimmt von Jahr zu Jahr grossere Bo^enstreken sür sich in Anspruch.
Gegenwärtig haben dieselben eine Ausdehnung von 10,000 Hektaren, ^vovon die Hälfte alljährlich erneuert wird.

Man sehäzt den Ertrag dieses Artikels aus 12,474,000 Kilogramm.

Vom l. September bis zum 31. Jauuar wurden 1.^.187 Ballen ausgeführt, mit einem Gewicht von 7,^0 l ,308 Kilo, wovon ^ nach Mar-

seille u^.d der übrige ^ nach Eugland bestimmt.

14 Der neapolitanische Krapp ist seiner Vorzüglichkeit und seines reiche haltigen Färbestofses wegen stetssort ein Gegenstand starker Nachfrage und gilt denn auch weit.. hohere Breise als der französische.

Die Getreideernte war nur mittelmässig, namentlich in den Abrufen und der Terra di Lavoro, während der Oelertrag, das Haupteinkommen Süditaliens , ans einen blossen 1/6 einer normalen Ernte veranschlagt wird.

Vom 1 . Oktober an stellt sich der Ausfuhrzoll ans Oel um Fr. 8. 06 per 100 Kilo niedriger, durch welche bedeutende Herabsezung dieser Zoll nunmehr auf bloß 1 Fr. per 100 Kilo zu stehen kommt.

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schweizerischen Konfulates in Venedig über das Jahr

1863.

(Vom 31. März 1864.)

...In den hohen Bundesrath.

Tit.l Seitdem Venedig die Herrschast der Meere verloren, seitdem es nicht mehr die Macht besitzt, seine Konkurrenten zu vernichten, ist die Lagunenstadt zu einem sehr uubedeutenden Handelsplatze herabgesnnken.

Der schlagendste Beweis hiesür ist wohl, dass, obgleich so nahe dem Vaterlande gelegen, dennoch kein bedeutendes Schweizerhaus hier etablirt ist.

So lange die wichtigsten Handelsartikel aus Amerika und England, überhanpt ans dem Westen kommen, ist der hiesige Blatz für ganz Jtalien der letzte, mithin, hinsichtlich Bracht und Zeitverlust, der theuerste. Für die Monarchie, Serbien und die Douaufürstenthümer ist Triest besser gelegen. Deutschland, desseu Transit nach dem Orient früher grossten

Theile über den Splügen , Brenner und Venedig gieng, zieht iezt, der

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Bericht des schweizerischen Generalkonsulates in Neapel über das Jahr 1863. (Vom 24.

Februar 1864.)

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24

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04.06.1864

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