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ständeräthlichen kommission, betreffend den mit Japan abgeschlossenen Freundschafts- und Handelsvertrag.

(Vom 1l. Juli 1864.)

Tit..

Der Jhrer Genehmigung unterstellte Freundschafts- und Handelsvertrag mit Japans) dars nicht uaeh demselben Massstabe bemessen und beurteilt werden, wie Verträge mit Staaten, die auf derselben Kulturstufe stehen wie unser Vaterland. Die Eigentümlichkeiten eines Volkes, das bisher in fast gänzlicher Abgeschlossenheit von andern Nationen gelebt hat, der in ihn. ties gepurzelte Widerwille gegen alles Fremde, seine beschränken Ansichten in Handels- und Verkehrsangelegenheiten werden notwendigerweise im .Vertrage selbst steh abspiegeln und ihren Einfluß auf denselben ausüben. Ein solcher Vertrag wird daher. manche Befehränkungen enthalten , die unsern europäisier Anflehten gänzlich entgegen sind. Wir wussteu übrigens im Voraus, daß was von der Schweiz voraussichtlich in Japan erreicht werden konnte , ni.ht wohl weiter gehen würde, als was andere Staaten dnreh ihre mit jenem Lande abgesehlossenen Vertrage erreicht hatten.

Gehen wir nun zur Prüfung der hauptsächlichsten Vertragsbestimmungen über. Wir beginnen mit denjenigen, welche die diplomatische Vertretung der Schweiz in Japan und die ihr zukommenden Rechte betreffen

(Art. .2).

Die Schweiz hat das Recht , einen diplomatisi Agenten , sowie aueh Handels-Eonsnln zu ernennen. Der erstere kann seinen Wohnsitz in nehmen , die andern in den uns geöffneten Hafenstädten. Der diplomatische Agent und des Generalkonsul haben das Recht, in allen Theilen des Reichs frei un.o ungehindert umherzureisen.

Siehe Sei.e 209 hievor.

542 gerade dass diese uns Europäern selbstverständlich scheinende Befugniss im Vertrage aufgenommen ist, weist aus die Beschränkung hin, die sür unsere übrigen Angehörigen besteht. Es sind denselben nur wenige Hasenstatte geoffuet, wahrend ihnen wie allen andern Fremden das Jnnere des Re..hs noch immer verschlossen bleibt. Selbst die den diplomatischen Agenten und Eons.uln vorgehaltene Freiheit der Bewegung , die sonst von wesentIieher Wichtigkeit sein konnte, verliert wegen der Schwierigkeiten, die sieh ihrer Ausführung entgegensehen, bedeutend von ihrem Werthe. Die diplomatischen Agenten aller andern Staaten , mit denen Verträge bestehen , fanden es bereits zu ihrer Sicherheit sür nothig , ^edo z n verlassen und ll.ren Wohnsitz in Yokohama zu nehmen. Aueh würde es Keiner wagen, dermalen ins Jnnere des Reiches vorzudringen. Jnzwischen tonnen sieh diese Verhältnisse mit der Zeit zum Bessern ändern, und sür diesen Fall hat die genannte Vertragsbestimmung ihx.^n Werth.

Das. der allfällige japauesische diplomatische Agent und der GeneralEonsul nach dem Vertrage das Recht haben, auch iu der ganzen Schweiz frei umherreisen zu dürfen, ist natürlich ein Recht, das nicht nnr ihnen , sondern allen Angehörigen Japans aneh ohne Vertrag nieht würde streitig gemacht werden.

W.r gehen zu den Riederlass.mgs- und Ver^.hrsverhält..issen über

(Art. 3).

Wie seh on oben bemerkt, sind den Fremden nur drei Häfen, nämlieh Y o k o h a m a , N a g a s a k i und H a k o d a t e geossnet. Was uus aber den Abs.hlnss eines Vertrages besonders wüuschbar machte, ist der Umstand, dass

die Niederlassung und Bewilligung zum Handelsbetriebe nieht allen Austandern, sondern nur den Angehörigen derjenigen Staaten gestattet wird, die mit Japan in einem Vertragsverhältnisse stehen. Mit der Rieden lassung ist das Reeht verbunden, in den genannten Städten Grund und ^oden zu miethen , daselbst bleibend zu wohnen , Häuser zu kaufen und zu erbauen. Grund und Boden gehört uämli.h dem Tatkun und kann nieht als Eigenthum erworben werden , sondern muss gegen Erstattung eines jährlichen Zinses ans unbestimmte Zeit in ^aeht genommen werden.

Die Artikel 8, 10, 12 des Vertrags beziehen sich auf die B^.sug..iss unserer Angehörigen, Handel zu treiben.

Gegenüber den fr.ihern Zuständen weisen dieselben einen wesentlichen Fortsehritt zum ungehinderten und direkten Handelsverkehr d^..r in Japan niedergelassenen Ausländer mit den Angehörigen des Laudes aus.

Das dem Vertrage angehängte Handelsreglement enthält eiuestheils Bestimmungen über die bei der Ein- und Aussuhr von Waareu zu beobaehtenden Formalitäten , anderseits den dabei zur Geltung kommenden Zolltarif. Dieser letztere datirt in seiner jetzigen Redaetion vom ^..brnar dieses Jahres. Die Gegenstände der Eiusnhr sind in vier Klassen vertheilt, wovon die erste die zollfreien Gegenstände enthält. Die in die drei andern Klassen fallenden Artikel haben Wertzölle von 5, 6 und 20

543 Prozenten z... entrichten. Von s.hwei^erischeu Artikeln sind besonders her^orzu^ebe.. baumwollen-, Lein- und Wollenstosse , die, sowie Uhren aller Art, 5.^,, Bijouterieariikel , die 6 .^ vom Werthe befahlen ; Seidenpaaren fallen in die hochste Elasse.

^er Ausfuhrzoll sür alle Waaren japauefis.her Herkunft, die als Schiffsladung ausgeführt werden , beträgt ebenfalls 5 .^ vom Werthe derselben. .^pium darf nieht ein-, Reis und Getraide nicht ausgeführt werden. ^Ra^h füns Jahren kann der Zolltarif einer Revision unterworfen werden.

^er Art. .^V se^t den Modus fest, ua.h welchem verfahren wird, ..veuu zwischen dem ^anfmanne und der Zollbehörde über die Fidati... n einer Waare kein Einverständnis zu Stande kommt. ^ie Versahruugsweise ist dieselbe, die in den meisten europäischen Staaten und in Rord-

Amerika eingeführt ist.

Art. ^lV bes..hlägt die Mißverhältnisse. dieser wichtige Gegenstand scheint noch sehr im Argen zu liegen , und auch der Vertrag befeitet die entstehenden Schwierigkeiten nicht. Anch hier muß man hoffen, dass maü all.uälig zu rationeller.. Zuständen gelangen werde.

^ie Art. V, Vl und Vll beschlagen die i.. asiatischen Ländern besonders wichtigen .^tipulationen über die Gerichtsbarkeit. Streitigkeiten .^wischen Schweizern unterliegen der schweiz. Jurisdiktion. .^lageu eines Sehweizers gegen einen Japanesen sind von der japanesischen, sol^e eines .Japanesen gegen ^eh.veizex von der schweizerischen ^ehorde ^u entscheiden.

Verbrecherische Handlungen von ^ehwei^erburgern ^egen sapanesisch^e Untertl.^anen oder An^ehorige anderer Rationeu werden von ^en sehweiz. Eonsularl^eau.ten naeh seh^vei.^erischen Gesezen, solche von japanesisehen Angehörigen ^egen Schweizer von den japanischen Vehor^en na eh japanestschen Gese^en bestraft.

^ie Botschaft bemerkt hiezu, dass, da noch kein fehwelz. Gese^ über das von den Eonsularbeamten einzuhaltende gerichtliche Versahreu bestehe, einstweilen nach dem holländischen Geseze verfahren werde^ das für .^ivilund Handelssachen beinahe dasselbe wie das franzosisehe ist.

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Eine Hauptbestimmung des Vertrags ist endlich im Art. .^V.. nieder-

gelegt. Es sollen nämlich der Sehweiz alle Vortheile, Freiheiten und Vorrechte, die von ^eite der japanestsehen Regierung einer andern Ration Zugesichert worden sind, oder in Zukunft zugesichert werden, ebenfalls zukommen. ^o ist mithin die Schweiz immer der am meisten begünstigten

Ration gleichstellt.

Jndem wir übrigens für weitere Einzelnheiten auf die Botschaft des Bundesrathes hinweisen , begnügen wir uns , diese Hanptbestimmnngen des Vertrags hervorgehoben zu haben. Wir wiederholen, es konnte sieh beim Abs.hlus^ desselben uieht sowohl darum handeln, alles Wünschbare zu erreichen. davon find wir im Gegentheil noch weit entfernt.^ Bei zu hoch .geschraubten Anforderungen würde man aber zu gar nichts gelangt sein.

544 Das Hauptziel, .der Schweiz für ihren Handel diejenigen Vortheile nnd.

Begünstigungen zu erwerben , die andere Nationen sehon erlangt haben , haben wir aber durch Abschluss des Vertrags vollständig erreicht.

Eine Hanptbedingung des Erfolgs ist sel^t allerdings ^ie, dass de^

Vertrag wirklich seine Ausführung finde und gehandhabt werden könne.

Auch in dieser Beziehung dürfen wir unsere Erwartungen nieht zn hoch.

spannen, denn wir sehen, das.. si.h in den .legten Jahren für ^ie .Staaten, welche schon früher Verträge abgeschlossen haben (bereinigte Staaten von Rordameriea , Holland, England, Frankreich, Rnssland , Portugal und^ Breussen) , bedeutende ...Schwierigkeiten erhoben haben. Die Abneigung der japanischen Bevölkerung gegen die Fremden , ihre beschränkten Vegriffe über den Handelsverkehr, die wirkliche und vermeintliche ^tor.mg.

vieler Jnteresse.. , die politisée.. Zwistigkeiten im Jnnern des Landes, welche ^ie Stellung der Regierung schwachen . alle diese Umstände haben bisher ^ störend und hemmend auf die Handhabung der .^ertragsbest.mmungen eingewirkt. Die dermaligen Zustände in Japan geben uns no.^ keine genügende Garantie , dass nicht aneh in Znknnft solche Hemmnisse eintreten. So lesen wir in den vom eidg. Handels- nnd Zolidepartement veröffentlichten Berichten, dass es der Bevölkerung noel.^ immer strenge verboten ist, die Fremden über die innern Verhältnisse des Lan des.

näher zu unterrichten. Wir vernehmen , dass sich der Japanese selten durch Contraete binde, und dass, wenn er dieselben nicht halle , mau di.^ grösste Mühe habe, bei den Laudesbehörden Reeht zu finden. Ein Beispiel, wie schwankend die japanestsehe Regierung i^. der Förderung und Beschulung der fremdländischen Juteresseu ist , oder .vie sehr sie unter dem Drucke mächtiger inländischer Koalitionen steht, wird uns darin gegeben, dass im legten Jahre während längerer Zeit alle ^eide in ^ed^ zurückgehalten und sonnt der Seidenhandel in Yokohama fast zn Grunde gerichtet wurde.

Alle Vorstellungen der freunden Konsuln blieben in dieser Beziehung lange ohne Erfolg.

Ans allem dem geht hervor , dass tro^ der Verträge noch manche Störungen i.. den Beziehungen der handeltreibenden Rationen zu den Bewohnern von Japan eintreten können. Allein tro.^ aller dieser ungünstigen Verhältnisse dürfen wir die Tragweite und die sür uns erwachsenden Vortheile des Vertrags nieht zu geringschä^end behandeln. Es ist nicht zu bestreiten , dass dureh denselben unfern schweizerischen Jndustrien ein neues Absa^feld geöffnet oder im nnndesten weit zugänglieher gemaeht wird, ein Gebiet, das mit der Zeit von grosser
Wichtigkeit werden kann.

Dabei ist nicht vorauszusehen , dass weil die ^ehweiz nicht ini ^tand^ . ist, wie andere ..Staaten als Seen.^aeht in Japan aufzutreten, und ihre Verlagsrecht.. uut materieller Gewalt zu schüfen, die japanesisehe Regi...rung darum den Vertragsstipulationen ihr gegenüber weniger naehkommen werde. Es ist sicherlich vorauszusehen , .^..ss auch Japan le länger ^ mehr die Vortheile von Handelsverbindungen mit den europäischen ^..taate^ anerkennen werde; und haben sich n..r erst in dieser Beziehung ^ie An-

545 sichten einigermasseu geläutert, so wird dann das Verkehr...mteresse machtig genug werden , uni hinlänglichen Schn^ zu gewähren. Die Jnteressen der verschiedenen Mächte stehen übrigens in dieser Beziehung in einer gewissen Solidarität ^u einander, und es wird wohl kau .n einer derselben gleichgültig sein, wenn Japan sein gegebenes Wort gegenüber einem der Vertragsstaaten nicht hält.

Der Bundesrath sieht vor der Hand nach unserer Ansicht mit Recht von einer diplomatischen Vertretung in Japan ab. ^ Unser Bevollmächtigter hat diess in einer eigenen Erklärung der japanischen Regierung angezeigt, ihr ^.gleich aber mitgetheilt, dass der Bundesrath au die königliche Regierung der Niederlande das Ansuchen gestellt und vou derselben die Zusage erhalten habe, d^ss der holländische Generalkonsul auch mit der Vertretung der schweizerischen Eidgenossenschaft in Japan betraut werde.

Jhre kommission erklärt sich mit .dieser Maßnahme vollständig elnverstanden.

Roch müssen wir einer andern bei Absehluss des Vertrages abge^ebenen Erklärung erwähnen, wonach sich die Schweiz verpflichtet, den Hafen vou .^.u.agan.... (Yokohama) zu verlassen, wenn sich die andern Vertragsmä.hte ebenfalls hiezu verstehen würden. Die Botschaft bemerkt hie^u, .^ass sieh die Mächte zu einer soleheu Eoneessiou uur iu dem Falle herbeilassen würden, als ihnen ein^mindestens eben so günstiger Plal^ zum Ersal^e augewiesen würde.

Am .^..hlnsse unserer Berichterstattuug ergreisen wir gerne ^ie Gelegeuheit, um unserseits. unserm Bevollmäehtigten unsere Anerkennung für seine ausdauernden Bemühungen und Anstrengungen anzusprechen, dem es endlich unter nichts weniger als gimstigen Verhältnissen gelungen ist, den Vertrag zum Absolusse zu bringen. Ebenso gereicht es uns zum Vergnügen, Jhnen die Annahme der vom Bundesrathe beantragten ^ehlnssnahme anzuempfehlen, die denselben beauftragt, der koniglieh ^ niederländischen Regierung den Dank der Bundesversammlung sür die tatkräftige Unterstützung, welche sie ^direkt und durch ihre Beamten in Japan unserer Abordnung in so wohlwollender und umfassender Weise angedeihen liess, auszusprechen.

Tit., Jhre kommission trägt bei Jhueu einstimmig aus Ratifikation des vorliegenden Vertrags mit Japan und ans Annahme der vom h.

Bundesrathe vorgeschlagenen Schlussnahme an.

Genehmigen .^ie, Hochachtung.

Tit., ^ie Versicherung unserer vollkommensten

Bern, den 11. Juli 18.^4.

Die kommission ^d hoc, und i^. deren Ramen,

Der Präsident: An.^. ...^ta.^eli^rmnIer.

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Bericht der ständeräthlichen Commission, betreffend den mit Japan abgeschlossenen Freundschafts- und Handelsvertrag. (Vom 11. Juli 1864.)

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03.09.1864

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