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Schweizerisches Bundesblatt.

XVl. Jahrgang. l.

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Nr. 1.

6. Januar 1864.

Bericht und Antrag der

nationalräthlichen

Petitionskommission

betreffend

den Rekurs des Advokaten Karl Conti von Lugano und mehrerer tessinischen geistlichen gegen den Beschluß des Bundesrathe vom 7. September 1863 wegen Ausschließung der Geistlichen nach Tit. lV

§. 7 der Tessini-

schen Verfassung.

(Vom 12. Dezember 1863.)

Tit.!

Mit Eingabe vom 2. September l. J. stellte Advokat Karl Eonti von Ungano das Begehren an den Bundesrath, er wolle beschliessen: ,,die Regierung des Kantons Hessin sei eingeladen, die Bestimmung in ,,Tit. IV, §. 7 der Tesstnischen Verfassung vom 1. Marz 1855 ansser ,, Anwendung zu setzen und bei erstem Anlass anzuheben, in dem Sinn, ,,dass der Geistlichkeit das Stimmrecht in eidgenössischen und kantonalen "Angelegenheiten zurückgegeben werde. ^ Reklamant berief sich zur Unterstützung feines Begehrens auf die Be-

stimmigen der Art. 4, 41, 42, 43, 44 und 48, sowie auf Alinea .-

von Art. 4 der Uebergangsbestimmnngen der Bundesverfassung.

Der Bundesrath erledigte das Begehren unterm 7. September abhin mit dem Bescheid: Er (Bundesrath) konne dem Vertangen des Betenten nieht entsprechen, indem die von ihm angeregte Frage, ob die Geistlichen

. Bundesblatt. Jahrg. XVI. Bd. l.

^

2 ^ nach der Bundesverfassung vom politischen Stimmrechte ausgeschlossen werden dürfen, schon mehrfach, und zwar in bejahendem Sinne entschieden worden sei; so namentlich bei Genehmigung de.. revidirten Verfassung...artikel des Kantons H e s s i n vom 1. März 1855, sowie bei Genehmigung der Verfassungen von Soloth...rn, von F r e i b u r g und von L u z e r n , welche sämlntlich die Geistlichen vom aktiven Wahlrechte auss.hlossen.

^ Mit diesem bundesräthlichen Beseheide gab sich Betent nicht zufrieden, fondern fand fich vielmehr bemüssigt , mittelst Eingabe vom 1. Oktober gegen denselben den Rekurs an die Bundesversammlung zu ergreisen. Zur Begründung desselben hebt Reknrre..t in seiner Rekursschrist unter Anderm wesentlich folgende Momente hervor .

1. Dass die Bundesversammlung vermoge der Genehmigung und Garantirung der revidirten Verfassungen von T e s s i n , S o l o t h u r n , Freib u r g und L n z e r n die Ansschliessung der Geistlicheu vom politischen Stimmrecht sanktionirt habe , beweise gar nichts gegen sein Begehren.

Denn da den genannten Verfassungen, welche die Geistlichen vom Stimmrechte aussehliesseu , gegen den klaren Sinn und Wortlaut der allegirten Artikel der Bundesverfassung und mit ..^erl^ung derselben die Bundesgenehmigung ertheilt worden sei, so rekurrire er eben gegen diese Bundesb e s e h l ü s s e als gegen eine falsche und irrige Vrar^is, und verlange mit Bezug auf die Bestimmung in Tit. lV, ^. 7 der Verfassung des Kantons Tessin eine Abänderung beziehungsweise Aushebung derselben.

2. Das Recht, -

bemerkt Reknrrent .-- die Bedingungen sür die

Ausübung der politischen Rechte festzustellen , komme aussehliesslich dem

Bunde zn. und die Kantone hätten weder eine Befugniss, noch Kompetenz, diessa.ls Vorschriften zn erlassen, an. wenigsten solche, welche mit den Artikeln 4, 41, 42, 43 und 48 der Bundesverfassung im Widerspruehe stünden. Wäre legeres der Fall, so konnte z. B. der eine Kanton die Geistlichen , ein anderer die Advokaten oder Aerate ^e. vom ^timmre..ht ansschliessen , der Kanton .^ konnte das zur Stimmgebnng erforderliche Alter auf 18, der Kanton Z aus 25 Jahre feststen; Schasshausen konnte einen Zenfns von .^r. 400, Basel-^tadt einen solchen von ^r. 2000 einführen n. s. w..

Der Bundesrath übermittelte hieraus mit Botschast vom 14. .^tober abhin die ^ontis^e Rekursschrift an die Bundesversammlnng und trug unter Bernsnng auf die Begründung seines Beseheides vom 7. September einfach daraus an , es wolle über das Begehren des Rekurrenten zur Tagesordnung geschritten werden.

Da der Bundesrath in seiner Botschaft die Bemerkung sallen liess,

es sei ausfallend^ dass das Begehreu um Aufhebung des Tit. lV, ^. ^

der Tessiner Verfassung ,,nieht von Betheiligten, sondern von einem beliebigen Dritten^ gestellt werde, so sammelten die Vorstände der Geist-

lichkeit und der Ruralkapitel des Kantons Tessin sosort Unterschriften für

eine Kollektiveingabe an die Bnndesversammluug.

Ju dieser geben nun

3 die geistlichen Reknrrenten die Erklärung ab, daß sie sich an den ^ont^ schen Rekurs anschließen und auch ihrerseits das ausdrückliche Gesuch um ihre Wiedereinsetzung in das bürgerliche W a h l r e c h t anmit formlich stellen. Diese Kollektivemgabe ist aus Lugano, Mendrisio, Bonte Valentine, Tesserete, Riva, Balerna, Biaseo, Agno, Bellinzona und Loearno, vom 24., 25., 26., 27., 28. und 29. November datirt und mit 215 Unterschriften versehen.

Die Vetitionskommission , Tit. , hat nun die vorliegenden Rekurse gegen den bnndesrathlichen Bescheid vom 7. September mit d e r Aufmerksam.^eit geprüft, mit welcher Fragen k o n s t i t u t i o n e l l e r Ratur, zumal wenn sie das Stimm- und Wahlrecht der Bürger beschlagen, geprüft zu werden verdienen.

Bei dieser Untersuchung und Vrüsn..g mnsste sich Jhre .kommission vor Allem mit dem Bundesrath überzeugen, dass die Frage, ob Geistliche nach den Bestimmungen der Bundesversass..ng von dem Wahlrecht in bürgerliehen Angelegenheiten ausgeschlossen werden dürfen, von der Bn..des.^ Versammlung selbst wiederholt bejahend. entschieden worden ist, u^d dass diese Entscheidungen den Eharakter und die Kraft einer res quasi ui.1icat^ in sich tragen.

Der Rachweis liegt in Folgendem:

Als es sich im Jahre 185l, also nicht sehr lange^ na .h Jnkrasttretung der nenen Bundesverfassung, um die Gewährleistung der .^erfassnng des Kantons S o l o t h u r n , welche in i^rem Art. 2l. die Geistlichen von der Stimmberechtigung ausschloss, handelte, fiel es Riemande.. weder ini Rational- no.h .^tanderath ein, der ^olothurner Verfassung, um des darin en.^haltenen Art. 21 willen, die eidgeu ossisehe Garantie zu verweigern.

Als vier Jahre nachher der Kanton Te s si n seine Verfassung von

1830 revidirte, glaubte derselbe, gestützt anf diesen Vorgang, sieh um so

eher berechtigt, eine ähnliche Bestimmung in seine neue Verfassung aufnehmen zu dürsen, als die dortigen Behörden behaupteten, dass die Art und Weise, wie die Geistliehen bis dahin von dem ihnen eingeräumten .^timmrecht Gebranch gemacht, mit den schwersten, naehtheiligsten folgen für die R.che und den Frieden des Landes begleitet gewesen sei.

Die Bestimmung, welche der Kanton Tessin damals in den Art. 7, Tit. lV der neuen Verfassung aufnahm, lautete wörtlich: ..Gli esercenti professione cceles^sti.^., secolari e regolari, non potranno essere ne eleltori ne ele^ibili alle cariche eostitn^iouali.^ (Die Säkular- und Regulargeistlichen können weder Wähler noch wahlsähig sein zu öffentlichen Stellen). Dieser Artikel war es denn unter Anderm auch haupsäehlieh, wesshalb damals von den Gegnern der neuen Versassung, namentlich von dem R u r a l k a p i t e l des ^ i v i n e r t h a l s , das Begehren uni Verweigerung der Bnndesgarantie für dieselbe an die Bundesversammlung gestellt wurde.

Dadurch sah sieh der .Bundesrath und die ..Bundesversammlung ver...nlasst, die Frage, ^b der Anssehluss der Geistlichen vom Stimmreeht angesichts der Bestimmungen der Bundesversassnng statthast sei oder nicht, einer wiederholten Brüsung zu unter.wersen. Zn diesem Behuse wurde die Vernehmlassung des Tesstnischen Staatsraths eingeholt. Jn der hier.aus eingegangenen staatsräthliehen Eingabe wurde der angefochtene Art. 7 unter An.^erm gerechtfertigt, wie sole.t: ,,Wenn es nothig wäre, die Auss.hl.iessnng der Gastlichen von der Bolitik speziell zu rechtfertigen, so würden wir aufmerksam machen, dass ^hre Abhängigkeit von einer fremden Gewalt sie unfähig macht, ihrem eigenen Gewissen und ihrer Bürgerpflicht zu folgen. J.n Jahre 1852 wurden vier (geistliche) Mitglieder des Grossen Raths durch den Bischof von Eom... wegen ihrer .^timmgebnng bestraft, was die Regierung in die ^.Rothwendigkeit versehe, durch Verfügung vom 15. Juni den Bischof

des Amtsmissbrauchs für schuldig zu erklären, und unsere Mitglieder des

Grossen Raths , welche dem geistlichen .^tand.. angehoren . gege^ seine .

Angrisse in Sch^ zu nehmen. . . .^ ,,Uebrigens schliesst auch die B^nde.^versässung die Geistlichen vom .National- und Bundesrathe (Art. 64 und .84) au^; und wenn .vir recht unterrichtet sind, so haben andere Kantone ähnliche Bestimmungen, wie die lm Kanton Tesstn angenommen.^ Die Komnnssion des Nationalraths, welcher die Frage der Garantirnug der .^^sstn^r Verfassung mit Priorität zu behandeln hatte, untere warf den Artikel 7 (Tit. lV) einer besondern, genant. Brüsung und beantragte dann dessen Genehmigung mit nachfolgender wortlieher Moti...irung :

,,Wir halten die Reklamation der Sm.^de des Livinerthals nicht für begründet.

,,Was die passive W a h l s ä h i g k e i t , d. h. das Recht, gewählt

werden zu konnen , betrisst, so enthalten die meisten Verfassungen der katholischen Kantone die Bestimmung, dass Geistliehe nieht ^u weltlichen Aemtern gewählt werden konnen. Die Bundesversassung selbst, Art. 64,

sagt. ,, ^Wahlfähig als Mitglied des Rationalraths ist jeder ftim^nbe-

reehtigte Sehweizerbürger w e l t l i c h e n ...^tandes.^^

,,Belangend die a k t i v e Wahlfähigkeit, d. h. das Recht,. zu

wählen oder die Stuumberechtigung , so räumen mehrere der bestehenden Verfassungen^ diese Fähigkeit den Geistliehen ein; mehrere sehliessen sie aber auch hievon aus. Es handelt sich hier um die ^ulässigkeit eines

solchen Ausschlusses.

,,Wir halten dasür, dass, wer zn dem Mehrern berechtigt sich finde, es auch zu dem Wenigern sei.

,,Unzweifelhast ist die passive Wahlsähigkeit etwas Hoheres als die aktive, oder das blosse Stimmrecht. Wenn ^nnn die eidgenossisel.e Bundes^ Verfassung den Ausschluss der Geistliehen von der passiven Wahlfähigst

zulässt, so muss wohl auch der Auss.hluss von der aktiven Wahlsähigkeit zulässig sein.^

^

.

5

Jn diese Rechtsansch...u.^ng und Begründung gieng dann nicht nur der Nationalrath, sondern auch der Ständerath ein, und beide Räthe ertheilten hieraus der revidirten Verfassung des Kautons Tessin vom l. Mär^

1855, mit Jnbegrifs des Art. 7, Tit. IV unterm 13. und l 7. Juli

gleichen Jahres, die Bundesgenehmigung und Bundesgarantie.

Als im nächsten Jahre daraus der Kanten S o l o t h u r n seine neue Verfassung (vom ^13. Mai 1856) mit dem Axt. 24. ..Stimmberechtigt sind alle im Kanton wohnenden Kantonsbürger und niedergelassenen Schweizerbürger we l tlich en Standes, sosern sie nicht nach Art. 25^ von der Stimmberechtigung ausgeschlossen sind,^ der Gewährleistung des Bundes unterbreitete, ward diese Bestimmung von keiner Seite angefochten und die nachgesuchte Bundesgarantie ohne allen Anstand ertheilt.

Das Gleiche geschah im Jahre 1857 hinsichtlich der revidirten Verfassung des Kanton^ F r e i b u r g vom 7. M^ genannten Jahres. welche

im T.t. lll, ^. 25 ebenfalls die wortliche Bestimmung enthält: ^ont citoyens actifs, c'est..a...hre habiles à voter dans les .semblées politiques et électorales tons lcs I^hour^eois ^.^.^ .^ qui ont .^0 ans accomplis etc. ^ Endlich beruft sich Jhre Kommission aus die neueste Jnterpretation

der Bestimmungen der Bundesverfassung bezüglich der ^tatthaftigkeit des

Ausschlusses der Geistlichen von dem politischen Stimmrechte. Dieselbe erfolgte im vorigen Jahre 1862 bei Anlass der Genehmigung der revidirten Verfassung des^ Kantons L u d e r n . Auch diese Verfassung ent-

hält im Art. 28 die Bestimmung: ,,Das politische Stimmreeht besten:

^llle Kautonsburger und im Kanton gesetzlich niedergelassenen Schweizerbürger, welche das zwanzigste Alterssahr erfüllt haben, w e l t l i c h e n S t a n d e s sind und sich nicht in einem der unten aufgezählten Ausnahmssälle befinden. . .^ Roch liegt in frischester Erinnerung, dass d i e s e Bestimmung der Bundesversammlung keine Veranlassung geboten hat, der nenen Verfassung ...es Kantons Ludern die Bnndesgenehmigung zn verweigern.

Jhre Kommission gelangt daher nach dem Erorterten mit den. Bundesrathe zu dem Antrag : es wolle der Nationalrath über das Begehren der Tessinischen Reknrrenten um Aushebung des Art. 7, Tit. lV der Versassnng des Kautons Tessin zur Tagesordnung schreiten.

Die kommissionelle Berichterstattung konnte sich nun behufs Rechtsertigung dieser beantragten Tagesordnung einfach ans die so eben angeführten wiederholten Entscheide der Bundesversammlung beschränken. Es moge ihr nun aber gestattet sein, mit ein paar weitern Worten die aus^ einer solchen Abweisung in der Eontisehen Rekursschrist gezogene Folge-

rung, als ob damit die Ausübung der politischen .^timmbereehtignng in

der ^^weiz der schrankenlosesten Willkühr der Kantone preisgegeben und von den schlimmsten Konsequenzen begleitet wäre, vom bundesstaatsrechtliehen Standpunkte zu beleuchten.

Würde es sieh gegenwärtig de constitutions Prenda, d. h. um Revision der Bundes- oder von Kantonsversassungeu handeln, so konnten wohl manche in der h. Versammlung mit einzelnen Mitgliedern Jhrer .kommission es für fraglich halten, ob es recht nnd zweckmäßig sei, das Stimmrecht der .Geistliehen ganz oder theilweise zu beschränken, wie solches durch die Bundesverfassung und einzelne Kantonsversassungen geschieht.

Heute liegt aber keine solche R e v i s i o n s f r a g e , sondern wesentlich die A u s l e g u n g d e r b e s t e h e n d e n B u n d e s v e r f a s s u n g - namentlich der Artikel 42 und 63 in Verbindung mit Art. 64 und 84 vor.

Eine richtige Auslegung und Anwendung dieser Artikel sichrt nun aber keineswegs zu der Willkühr und den abenteuerlichen Konsequenzen in Ausübung des Stimmreehts. die nach der Behauptung der E optischen Re-

kurssehrist angeblich eintreten, insofern den Mitgliedern des geistlichen Standes die Stimmberechtigung nicht eingeräumt wird.

Der Art. 42 der Bundesverfassung sichert allen Bürgern, ob sie in ihren. Heimatkanton oder in einem andern Kanton niedergelassen sind, die Ausübung der politischen Rechte zu, und zwar in eidgenossischen, wie in kantonalen Angelegenheiten. Es konnen also nicht --- wie die Eon^ tische Rekursschrist meint - in dem einen Kanton die Aerate , in einem andern die Advokaten nnd in einem dritten die Staatsbeamten vom Stimmreeht ausgeschlossen werden. Der gleiche Art. 62 sügt jedoch bei, dass die Ausübung des Stin.mreehts nur unter den nämlichen Beding u n g e n geschehen könne, unter welchen dieselbe ^ bei den Bürgern des betreffenden Kantons stattfindet. Der Art. 63, der speziell das ^ ti m m-

recht behandelt, setzt lediglich das Alter von 20 Jahren sür die Wahlen

in den Nationalrath fest, während im Uebrigen sür die Stimmbere.^tigung die Gesetzgebung des Kantons massgeben^ erscheint, in welchem der Schwerer seinen Wohnsitz hat. Dabei wird. im Hinblick aus die Art. 4 und 5 , die im Allgemeinen die Gleichheit vor dem Gesetze nnd die Schützung der versassm.gsmässigen Rechte salviren , als verstanden ange^ nommen, dardas Stimmrecht von keinem E e n s u s abhängig gemacht werden dars. Es kann also auch nicht, wie die Rekurssehrist meint, z. B. in Sehafshat.fen ein Eensus von ^r. 400 und in Basel^tadt ein solcher von ^r. 2000 eingeführt werden.

Dagegen bleibt es den G e s e t z g e b u n g e n der K a n t o n e allerdings überlassen, die speziellen Bedingungen und Erfordernisse in Bezug aus das A l t e r und die Art des Woh.is.itzes des Stimmberechtigten in k a n t o n a l e n , beziehungsweise kommunalen Angelegenheiten, so wie in Bezug aus E h r e n h a f t i g k e i t beziehungsweise den V e r l u s t der bürV e r l i e h e n Ehren zu bestimmen. Wenn .nun in den eben genannten Beziehungen eine grosse Verschiedenheit und Manigfaltigkeit waltet , so

dars solches nicht als unstatthaste Willkühr bezeichnet werden, zumal

die Bundesverfassung eben die Festsetzung der speziellen Erfordernisse und .Bedingungen der Ausübung des Stimmrechts inner den Schranken der-

selben absichtlich und mit Vorbedacht den Kantons^etzgebungen überlassen wollte.

So erscheint es als keine unerlaubte und bundesverfassungswidrige Willkühr , wenn die Gesetzgebungen der Kantone Aargau , Waadt und Genf das vollendete e i n u n d z w a n z i g e Altersj..hr, die Kantone Bern, .Luzern, Ur^, Obwalden, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt und BaselLandsehast, Schasshausen, St. Gallen, .^hurgau, Tessin, Wallis und ^ .^euenburg das v o l l e n d e t e z w a n z i g s t e ...lltersjahr, die Kantone Zürich und Zng das a n g e t r e t e n e z w a n z i g s t e Jahr, die Kantone Schw.^, ^idwalden, Glarus und Appenzell das vollendete a c h t z e h n t e Jahr, und Graubünden gar nur das a n g e h e n d e a c h t z e h n t e ^lltersjahr als Bedingung der Stimmgebung in kantonalen Angelegenheiten festsetzen.

Es ist im weitern keine unerlaubte, bundeswidrige Willkühr, wenn in den Kantonen Zürich, Lnzern, Glarus und Zug das Stimmrecht mit dem F a k t u m der N i e d e r l a s s u n g erworben wird, während die Gesetzgebungen der Kantone Bern, Ur.^, Ob- und Ridwalden, Basel.^Stadt, Schaffhausen, Tessin, Wallis, Renenburg und Gens z w e i Jahre, diejenigen von Sehw.^z, Basel-Landschast , Appenzell A. Rh., Granbünden, Aargau, Solothurn, Thurgau und Waadt e i n Jahr hiesür verlangen, und die sreiburgisehe Verfassung diessalls den Grundsa^ der ..... e e i p r oe i t ä t aufstellt.

Es ist eben so wenig unerlaubte, bundeswidrige Willkühr, wenn die Kantone Zürich, Luzern, Ur..., Obwalden, Glarus, Basel, Schafshausen, ^ Appenzell, St. Gallen und Thurgau, sowie die westliehen Kantone, welche die Bestimmungen des sranzosisehen Code de commerce reeipirt haben, ausser den ^a l li t e n auch die . A k k o r d i te n vom ^timmrechte ausschliessen, während das Lettere in den Gesetzgebungen anderer Kantone

nicht der Fall ist.

Ganz das Gleiche gilt hinsichtlieh der ^lusschliessnngsgründe , welche mit Bezug auf das Stimmrecht der . A l m o s e n gen ös s i gen, der Bev o g t e t e n nnd S e h u t z b e v o g t e t e n ^e. in den Gesetzgebungen der einzelnen Kantone ausgestellt erseheineu.

Eben so wenig ist es sehl.iesslich nach dem oben speziell Erörterten eine unerlaubte, bundesverfassnngswidrige Willkühr, wenn die Kantone Luzern , Zng, Freiburg, Solothnrn und Tessin für die .^lnsübung der

Stimmsähigkeit den weltlichen Stand der Bürger verlangen.

Hieraus gestützt, beehrt sich Jhre Betitionskommission, nachfolgenden Besehlnssesantrag Jhrem Entscheide zu unterstellen .

Der s c h w e i z e r i s c h e N a t i o n a l r a t h , Rach A n s i c h t und Prüfung der R e k n r s s e h x i s t des Adp o k a t e n K a r l E o n t i , d.d. L u g a n o 1. O k t o b e r l.. J. , s o w i e der ..n diese sieh a n s c h l i e ß e n d e n K o l l e k t i v e i n g a b e m e h r e r e r Geistliehen aus dem K a n t o n Dessin, d.d. 24.-30. Rovembe..:

.^

...bhin, in w e l c h e n um A u f h e b u n g des sachbezügiichen Bescheidet des B u n d e s r a t h s v o m 7. S e p t e m b e r und um die

Verfügung nachgesucht wird: ,,Es sei die Regierung des .,.^..ntons T.essin einzuladen, die Bestimmung im Tit. IV, ,,^.7 der T e f s i n i s c h e n V e r f a s s u n g v o m 1. März 1855 ansser ,,.^nwendnng zu se^en und bei erstem Anlass anzuheben .,in dem Sinne, dass der Geistlichkeit das ...^timmrecht in ^eidgenössischen und k a n t o n a l e n A n g e l e g e n h e i t e n zurück,,^e^eben w e r d e ^, besehiiesst: Ueber o b i g e E i n g a b e n i s t T a g e s o r d n u n g e r k e n n t .

Hochachtungsvoll.

Bern, den 1.^. Dezember 1863.

S a m e n s der V e t i t i o n s k o m m i s s i on: ^ul.t.^ee^hler. Berichterstatter.

Nachtrag. Die oben berührte Betition der Tessinischen Geistlichen gab dem evangelischen Bsarrer V ä e h t o l d von Merishansen , .^ts.

^chasshansen, wie er es selbst sagt, Anlass. mittelst Eingabe^vom 14. Dezember abhin an die Bundesversammlung das weitergehende Betitum zu stellen : D i e s e l b e m ö c h t e d i e G e i s t l i c h e n auch f ü r w ä h l b a r in den N a t i o n a l r a t h und in den B u n d e s r a t h e r k l ä r e n , ihnen d e m n a eh v o n B u n d e s w e g e n a u ch d a s p a s s i v e Stimmreeht einräumen.

Da die Gewährung eines solehen Gesuchs beim Bestand der ...lrt. 64

und 84 .der Bundesverfassung unzulässig erscheint, so stellt die Betitions-

kommission den Antrag : U e b e r ^die B e t i t i o n des B s a r r e r s B ä c h t o l d von Merishausen, .^ts. ^ e h a f s h a u s e n , vom 14. D e z e m b e r 1863 ebenfalls zur T a g e s o r d n u n g zu sehreiten.

Bern, den 18. Dezember 1863.

^

^ür die Betitionskommisston .

..^ungerbübler.

^^te.

Dle ....erstehenden Anträge find ^on beiden Käthen angenommen wor^

den. (Slehe Selte 12 hlena^h.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.01.1864

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