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des Bundesrathes an den h. Ständerath, betreffend Abänderung einiger Artikel des Bundesgesezes

über die Strafrecht-

.pflege fur die eidg. Truppen (Vom

12. September 1864.)

Tit. l Herr Ständerath Hans von Ziegler hat am 21. Jnli 1863 folgende Motion eingebracht : ,,Jn Betracht, dass die Minimalstrafansätze des Bnndesgesezes über

,,die Strafrechtspflege für die eidgenossischen Truppen, vom 27. August

,,1851, mit den mildern Anschauungen der Gegenwart nicht mehr m ,,einem richtigen Verhältnisse stehen, --. dass es daher augemessen er-

,,scheint, diese Minimalisante für die kriegsgerichtliche Behandlung

,,soleher Straffälle einerseits entsprechend herabzusehen, andererseits aber ,,auch durch Erhohung der Disziplinar - Strafkompetenzen , mit besonderer ,,Rüksicht auf Art. 166, Lemma 20 des erwähnten Gesezes, den Ober,,besehlshabern, sowie den eidgeuossischen und kantonalen Militärbehörden ,,die bloss disciplinare Behandlung von minder bedeutenden Eigenthums ,,beschädigungen und Entwendungen zu ermöglichen, ,,beantragt Unterzeichneter, es wolle der hohe Ständerath b e schl i esse n : "Der Bundesrath ist eingeladen, bis zur kommenden Wintersession ,,der Bundesversammlung einen Gesezentwurf einzubringen , wodurch

"einerseits die Minimalstrafansäze für die kriegsgerichtliche Behaudlung ,,der Strasfälle entsprechend herabgesezt werden, andererseits aber die

241 ^Disziplinar^Strafkompetenz der Oberkommandauten und der eid^enossi,,schen und kantonalen Militärbehörden zur E^möglichung der bloss dis^ ,,ziplinaren Bestrafung von minder bedeutenden ..^eraehen a.egen da.^ ,,Eigenthum angemessen erhöht wird. ^ .

Der Ständerath hat diese Motion in seiner ...^izung vom 28. Juli 1863 behandelt und beschlossen, es sei dieselbe dem Bundesrathe zu übermachen mit der Einladung, über dieselbe Bericht und Gutachten einzureichen.

.....achdem diese Frage durch die Departement des Militärs und der Justiz und Polizei näher geprüst worden war, ist der Bundesrath zu der Ueberzengung gekommen, dass keine hinreichenden Gründe vorliegen, oder dass sie wenigstens nicht so dringlicher Ratur seien , um eine theilweise Wanderung des Militär - Strafgesezbuches als nothwendig erseheinen zu lassen. Er hat daher am 18. Dezember 1863 beschlossen, die wesentlichen Gründe , die ihn hiebei geleitet haben, in den Gesehästsbericht pro 1863 niederzulegen. Die kommission des Ständerathes für Vrüf.....g

der Gesehästssi.chrung des Bundesrathes und des Bnndesgerichtes hat

jedoeh in ihrem Berichte vom 16. Juni 1864 gefunden , es sei diese Frage wichtig genug , um Gegenstand eines Spezialberichtes und einer

einläßlichen Besprechung im Schosse der eidgenössischen Räthe zu bilden.

Diesem Winke gehorsam, beehrt sich nun der Bundesrath, hiermit den gewünschten Bericht zu erstatten und zugleich die Gutachten bei^ulegen, welche das eidgenössische Militärdepartement von dem Oberauditor und von dem Oberinftruktor der Jnsanterie über die angeregte Frage erhoben hat.

Der Herr Motionssteller geht von der Ansicht aus, dass die Minimalstrafansäze in dem eidgenössischen Militärstrasgesezbuehe vom 27. August

1851 (ll. 606) nicht mehr in einem richtigen Verhältnisse stehen zu den

mildern Anschauungen der Gegenwart und glaubt, um eine Uebereinstimmung mit diesen mildern Anschauungen zu erzielen, sei nöthig, einerseits die Strafma.^ima in Dis^iplinarsaehen zu erhöhen und andererseits die Strasminima in kriegsgerichtlichen fällen hera^usezen.

Der Herr Oberauditor spricht sich nach beiden Richtungen zustimmend aus, obschon er nicht umhin kann, anzuerkennen, dass das in Frage stehende Bundesgesez in Ausdehnung der .Kompetenz der militärischen Straspolizeibeamten nicht karg verfahren sei.

Der Herr Oberinstruktor der Jnsanterie ist von der Richtigkeit dieser leztern Bemerkung auch überzeugt und sügt noch bei , dass die .^traskompetenzen in unserer Armee so hoch seien , wie in keiner andern , so dass gerade darum bei vielen Ossizieren eine Scheu walte , sie anzuwenden.

Er spricht sich daher entschieden gegen eine Erhöhung aus. Jn der zweiten Richtung geht der Oberinstrnktor von der Ansicht aus , dass jegliche Strafminima zu streichen seien.

242 Jm Uebrigen verbreitet sich dieses leztere Gutachten seinem Hauptinhalte nach über eine Totalrevision des Militärstrasprozesses und geht hiebei von dem Saze aus, dass^ weniger eine Ausdehnung der Strafkompetenten nothig sei, als vielmehr eine mildere und einfachere Form in. Anwendung der Kriegsgerichte.

Richt änsserste Strenge, sondern Rasehheit sei es , was die Militärjustiz eharakterisiren sollte. Daher wird die Ausstellung von Disziplinargerichten angeregt , die zwischen die Kompetenz der einzelnen Offiziere und der eigentlichen Kriegsgerichte hineingeschoben würden und deren Komposition (ohne Jur^ ein rasches Brozedere zuliesse. Solehe Disziplinargerichte hätten die gewohnliehen Strafsälle zu beurtheilen, die im Jnstruktionsdienste, in Lagern und bei Truppenzusammenzügen vorkommen , während die Kriegsgerichte , ihrer Wichtigkeit angemessene..., nur die schwersten Fälle, ^ die bei jenen Anlässen vorkommen , abzuwandeln und im wirklichen Felddienst dagegen immer und zwar mit Einschlug der wichtigern Kompetenzen des Disciplinas.

Berichtes zu sungiren hätten. Die Jur^ wäre auch bei dem Kriegsgerichte abzuschaffen.

Es kann sich jedoch gegenwärtig nicht darum handeln, aus derartige Vorschläge weitläufiger einzutreten. Einerseits sieht sieh der Bundesrath nicht veranlasst, hierin die Juitiative zu ergreisen und andererseits ist die Einladung des Ständerathes nur auf einen speziellen Bunkt gerichtet.

Mit Bezug auf leztern ist nun unsere Ansieht folgende: Eine Erhohung der Strafkompetenzen der einzelnen Offiziere ift desswegen nicht ^wekmässig, weil ^unsere Milizofstziere ohnehin lei.ht anstehen , grossere Strafen anzusprechen und weil es gewiss sehr unklug wäre, Strafbestimmungen auszustellen, von denen man zum Voraus annehmen müsste, dass sie nicht vollzogen würden. ^odann spricht gegen eine allzu hohe ...^.traskompetenz einzelner Ostiere auch die Rüksi.^ht, dass schwere Strasen , sobald sie von dem Willen eines Einzelnen ausgehen, nur allzu hänsig etwas Gehässiges an sich tragen, wenn sie auch noch so gerecht sind.

Was sodann die Herabsezung der Minimalansäze für die Kompetenz der Kriegsgerichte anbetrisst, so mag es allerdings vorgekommen sein, dass z. B. bei einzelnen geringfügigen Diebstählen unter mildernden Umständen , welche die Motion Ziegler hauptsächlich im Auge .^u haben scheint,
selbst der Minimalstrasansaz ^u hoch erschienen ist. Jndessen ist denn doch zu bedenken, dass das Gesez von den sechs bezüglich aus den Diebstahl vorkommenden Kategorien Minimalansäze nur bei zwei Fällen anwendet und in allen übrigen nur ein Maximum aufstellt. Jene zwei .^älle, in welchen der Richter an einen Minimalansaz gehalten ift, sind folgende : 1) A u s g e z e i c h n e t e r Diebstahl, wenn der Werth des Gestohlenen nicht mehr als ^r. 40 beträgt: Minimalstrasansa^ sechs Monate

Gefängniss.

243 2) E i n f a c h e r D i eb st ah l, wenn der Werth des Gestohlenen 200 Fr übersteigt : Minimalstrasansaz zwei Jahre Zuchthaus.

Unterstellt man diese Strafanne einer nähern Prüfung, so wird man sie nicht exorbitant hoch finden, wenn man bedenkt, dass es für die Disziplin von hoher Bedeutung ist,. wenn ^er Milize ^um Voraus weiss,

^dass ein im Militärdienst begangener Diebstahl strenger bestrast wird, als

ein im bürgerlichen Leben begangener. Namentlich wird man den Strasansaz für kleinere, aber ausgezeichnete Diebstähle nicht sur zu hoch halten, wenn man im Auge behält, dass der am häufigsten ^vorkommende, nämlieh der Diebstahl an Kameraden, eine besonders strenge Ahndung verdient.

Gestuft auf diese Betrachtungen schliess.n wir mit dem Antrag , es sei aus die fragliehe Motion nicht einzutreten.

Mit

ausgezeichneter Hochachtung.

Bern, den 12. September 1864.

Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes ,.

Der Bundespräsident: ..)r. ^. Dubs.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^^.

.^.^^^

Bnndesb.latt. ^ahr^.X^l.Bd.III.

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Bericht des Bundesrathes an den h. Ständerath, betreffend Abänderung einiger Artikel des Bundesgesezes über die Strafrechtspflege für die eidg. Truppen (Vom 12. September 1864.)

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1864

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10.12.1864

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