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Freundschafts-, Niederlassungs und Handelsvertrag zwischen

der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seiner Majestät den. König der (Abgeschlossen am 20. Juli 1864.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Majestät der König der von dem Wunsche beseelt, zwischen beiden Ländern freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen und zu besestigen, und die Handelsverbindungen zwischen ihren respektiven Bürgern durch alle ihnen znr Verfügung stehenden Mittel zu erweitern, sind übereingekommen, einen Freundsehasts-, Riederlassnngs- und Handelsvertrag abzusehliessen, und haben zu diesem Zweke zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich :

Ter schweizerische Bundesrath: Herrn Friedrich , eidgenössichen Oberst , Mitglied des schweizerischen Bundesrathes, Vorsteher des Handels- und Zolldepartemeuts, und

teilte Majestät der König der Herrn John B o w r i n g , Ritter-Baeealaureus von Grossbritannien, Eon.mandeur des Leopoldsordens von Belgien, keinen ausserordentliehen Gesandten und bevollmächtigten Minister, welche , nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in guter uud gehöriger Form befundenen Vollmachten, die nachstehenden .Artikel festgestellt und abgeschlossen haben :

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Artikel I.

Zwischen der Schweiz und den Hawaiian.^Jnseln soll beständiger Friede und gegenseitige Riederlassungs- und Handelsfreiheit bestehen.

D.^e Hawaiianer werden in jedem Danton der schweizerischen Eidgenossensehast, in Begehung auf ihre Versonen und ihr Eigenthnm, auf dem nämlichen Fusse und zu den gleichen Bedingungen ausgenommen, wie die Angehorigen der andern Kantone gegenwärtig zugelassen werden oder es in ^uknnft werden konnten. Die Schweizer sollen iu den HawaiianJnseln die gleichen Rechte und Vortheile genießen, uue die Hawaiianer in der Schweiz. Diesem Grnndsa^e zufolge und inner diesen Grän^en^ konnen die Bürger der beiden kontrahirenden Theile aus den respektiven Territorien, wenn sie sich nach den Landesbesten richten, srei herumreisen oder sich bleibend anhalten; Handel treiben, sowof im Grossen als im kleinen, jede Art von Handwerk oder Gewerb ausüben; die ihnen nothig...n Häuser, Magagne, Kaufläden oder Etablissemente miethen und innehaben, Waaren- und Geldversendungen aussühren, und sowol aus dem Jnnern des Landes als aus fremden Ländern Konsignationen annehmen, ohne dass die gedachten Bürger sür alle oder einzelne dieser Verrichtungen andern Verbindlichkeiten unterworfen werden dnrsen als solchen , welche den Landesangehorigen auferlegt sind, ausser den polizeilichen ^orsi..htsmaßregeln, die gegenüber den meistbegünstigten Rationen angewendet werden. Beide sollen ans dem ^nss.^ vollkommener Gleichheit gehalten werden , sie sollen frei sein bei allen ihren Ankäufen wie bei allen il^ren Verkäufen; srei in Festseznng des Werthes von Wertpapieren, Waaren und Gegenständen jeder Art, seien dieselben eingeführt oder kommen sie ans dem Jnnern des Landes, und mogen sie ans Jnlaud verkaust werden oder zur Ausfuhr bestimmt sein, wobei jedoch die Beobachtung der Landesgeseze und Verordnungen ansdrüklieh vorbehalten bleibt.

^ie geniessen ebenfalls die Freiheit, ihre Geschäfte entweder selbst besorgen und beim Zollamte ihre eigenen Deklarationen eingeben zu kon^ nen, oder sieh beim Ankauf oder Verkauf ihrer Güter, Werthschriften oder Waaren durch beliebig gewählte Bevollmächtigte, Kommissionäre, Agenten, Konsignatäre oder Dolmetscher vertreten zu lasseu ; ebenso haben sie das Recht, alle Geschäfte, die ihnen entweder von ihren eigenen Landsieuten, von ^rem.oen oder von Landesangeh^rigen
anvertraut werden mogen, in der Eigenschaft als Bevollmächtigte, Kon.missiouäre, Agenten, Konsign..täre oder Dolmetscher zu besorgen.

......ndlieh haben sie von ihrem Handel oder ihrer Jndustrie in allen ........tädten und Ortsehasten der beiden Staaten, mogen sie daselbst Riedergelassene oder zeitweilige Aufenthalter sein, keine andern oder hoheru Gebühren, Ta^en oder Abgaben, unter welcher Benennung dies sein mochte, ^u entrichten als diejenigen, welche von den Landesangehorigen oder den Bürgern der meistbegünstigten Ration erhoben werden; es sollen anch die Vorreehte, Jmmnnitäten und Begünstigungen irgend welcher Art, welche

49t ^ie Bürger des einen der beiden kontrahirenden Staaten in Handels- und ^ndustriesaehen geniessen, den Bürgern des andern Staates zukommen.

Artikel ll.

^ie Bürger des einen der beiden kontrahir.mden Staaten, welche in .den Gebieten des andern wohnen oder niedergelassen sind und in ihre .Heimat ^urül.kehren ....ollen, oder welche durch gerichtliches Urtheil, durch ^ese^ch angewendete und vollzogene Volizeimassregeln , oder kraft der geseze über Bettel und Sittlichkeit in ihre Heimat ^urükgewiesen wer.^e... sollen mit ihren Familien zn allen Zeiten und unter allen Umstän^en in dem Lande, welchem sie ursprünglich angehoren, und wo sie ihre Rechte den Gesezen gemäss beibehalten haben, ausgenommen werden.

Artikel lll.

^.ie Bürger der beiden kontrahirenden Staaten geniesseu aus dem Gebiete des andern Staates beständigen und vollkommenen Sehu^ für ihre Personen und ihr Eigeuthum. demzufolge haben sie freien und Reichten ^utritt zu den Gerichtshöfen ^ur Verfolgung und Verteidigung .hrer Rechte, und ^war vor jeder Justauz und in allen durch die Geseze aufgestellten Graden von Jurisdiktion. Sie dürfen in allen Umständen .die Adorate.., Anwälte oder Agenten jeder Klasse nach freier Wahl zur Besorgung ^rer Rechtssachen unter denjenigen Versouen wählen, die nach .den Landesgesezen zur Ausübung dieser Berussarten befugt sind. Sie ^eniessen in dieser Beziehung die gleichen Rechte und Begünstigungen. wie ^ie Angehörigen des Landes, und sie sind auch den gleichen Bedingungen unterworfen.

. ^ie anonymen kommerziellen, industriellen oder finanziellen Gesellsehafleu. welche in einem der beiden Länder gese^lieh autoristrt sind, durfeu im andern Lande vor Gericht auftreten, und geniessen in dieser Beziehung di... gleichen Reehte wie die Landesangehorigen.

^ Artikel lV.

^ie Bürger eines jeden der beiden kontrahirenden Staaten können .aus deni Gebiete des andern Staates jede Art von beweglichem und un.beweglichem Eigentum vollkommen srei erwerben, besten und. darüber ^ersügen, sei es durch Kauf, Verkauf, Schenkung, Tauseh, Heirat, .testamentarisehe o^er Jntestatserbsehaft, oder auf jede andere Art, so weit die Geseze des Landes den Angehörigen desselben das Jnnehaben und

.die Verfügung gestatten.

Jhre Erben und deren Vertreter konnen in eigener Berson oder durch Bevollmächtigte, welche in ihrem Ramen handeln, in der gewohnWichen, gesezlichen Form und aus die gleiche Weise,. wie Bürger des Landes, die Hinterlassenschaft antreten und in Besi^ nehmen.

492 Jn Abwesenheit solcher Erben oder Vertreter wird das Eigenthum auf die gleiche Weise behandelt. wie dasjenige eines Bürgers des Landes unter ahn liehen Umständen.

Jn allen diesen Beziehungen werden sie von dem Werthe solchen Eigeuthnms keine andere oder höhere Abgabe, Steuer oder Gebühr bezahlen, als von den Angehörigen des Landes entrichtet werden muss.

Jn allen fallen wird es den Bürgern der beiden kontierenden Theile gestattet , ihr Vermögen ausser Landes zu ziehen , nämlieh den Sehwe^erbürgern ans hawaiianischem Gebiete, und den hawaiianischen Bürgern aus schweizerischem Gebiete , srei und ohue bei einen.. solchen ^ Aushin^uge zur Zahlung einer Gebuhr a l s A u s l ä n d e r verpflichtet ^u sein, un^ ohne eine andere oder hohere Gebühr bezahlen zu müssen, als die Bürger des Landes zu entrichten. haben.

Artikel V.

Die Bürger jedes der beiden kontrahierenden Staaten sind aus dem Gebiete des andern Staates vom obligatorischen Militärdienste jeder Art, sei es in der Armee oder in der Marine , sei es in der Rationalgarde

oder. Miliz, befreit. Sie sind gleichfalls von allen Geld- oder Ratural-

leistungen, welche als Ersa^ für den personlichen Militärdienst auserlegt werden , so wie von militärischen Requisitionen besreit , mit Ausnahme der Einquartierung und Lieferungen, welche nach Landesgebrau.h von Bürgern und Ausländern sur Truppen auf dem Marsche gleichmassig gefordert werden.

Artikel VI.

Unter keinen Umständen, weder in Friedens- noch in Kriegswesen, darf auf das Eigenthum eines Bürgers des einen der beiden kontrahirenden Theile in den.. Gebiete des andern irgend eine andere oder hohere Ta^e, Gebühr, Auflage oder Abgabe gelegt oder gefordert werden, als auf das gleiche Eigeutlmm gelegt und gefordert würde, wenn es einem Bürger des Landes, oder einem Bürger oder Unterthan der am meisten begünstigten Ration angehore.. würde.

Eben so wenig wird einem Bürger des einen der beiden kontrahirenden Theile in den. Gebiete des andern Theiles irgend eine andere oder hohere Abgabe auferlegt oder von ihm erhoben, als solche einem Bürger des Landes, oder einen.. Bürger oder Untertan der am meisten begi.nstigten Ration auserlegt oder vou demselben erhoben wird.

Artikel Vll.

Es steht den beiden l.ontrahirenden Staaten frei, Konsuln, Vize^ konsuln oder Konsularagenten ^um Residiren aus deu Gebieten des andern Staates zu ernennen.

Bevor aber einer dieser Beamten als solcher handeln kann, muss derselbe in üblicher Form von der Regierung, bei welcher er bestellt ist, anerkannt und angenommen fein. Jeder der beiden

493 Entrahmenden Theile kann , je nachdem er es für nothig erachtet, bestimmte Bläze vorbehalten, welche zn Sizen für ^onsularbeamte durch den andern Theil nicht bezeichnet werden dürfen.

Die ^onsularbeamten eines jeden der kontrahirenden Staaten geniessen aus den Gebieten des andern Staates alle Begünstigungen, Freiheiten und Immunitäten, welche daselbst den Beamten gleichen Ranges der meistbegünstigten Ration gewährt sind oder noch gewährt werden ko.men.

Artikel Vll...

Die beiden entrahmenden Theile verpflichten sich, die beidseitigen Bürger in allem, was die Einsuhr, die Riederlage, den Transit und die

Ausfuhr aller gese^lich erlaubten Handelsartikel betrifft, auf den gleichen Fuss zu stellen, wie die Landesangehorigen, oder die Bürger oder Unterthanen der meistbegünstigten Ration, in allen Fällen, wo die ledern einen ausnahmsweisen Vortheil, der den Angehörigen des Landes nicht gewährt ist, gemessen.

Artikel l.^.

Deiner der beiden kontrahirenden Theile wird pou der Einfuhr , der Niederlage, dem Transit oder der .Ausfuhr aller Artikel, welche Boden^.

oder Gewerbserzeugnisse der Gebiete des audern Theiles sind, hohere Gebühreu erheben, als die, mit welchen die gleichen Artikel, wenn sie die Boden^ oder Gewerbserzeugnisse irgend eines andern fremden Landes siud, belegt sind oder werden mogen. Die iu den Hawaiiau-Jnseln .^u be^ah^ leuden Eingangs^olle von schweizerischen Produkten uud^ Manusakturer^.ugnissen werden daher mit dem Jnkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages ^ aus deujenigen Ausa^ ermässigt, den die am meisten begünstigte Ration zu bezahlen hat, und na.h den gleichen Regeln und unter den nämlichen Bedingungen bezogen.

Artikel ^.

Die beiden kontrahirenden ^Theile verpflichten sich serner , ^ass im ^all der eine von ihnen von nun an einer dritten Macht in Handelsund Zollsaehen irgend welche Begünstigung gewähren sollte, er diese ^egüustigung gleichzeitig und mit vollem Rechte auch dem andern kontra-

hirende.. Theile gestatte.

Artikel ^l.

Die dem Eingangs^ unterworfenen Artikel , welche als Muster dieuen , und die von Handelsreisenden schweizerischer Häuser in die Hawaiian-Jnseln eingebracht oder von Handelsreisenden hawaiianiseher Häuser in die Sehwei^ importirt werdeu , solleu beiderseits zeitweilige Zollfreiheit geniessen , wobei jedoch die nothigeu ^ollamtssormalitäten ^u beobaehten sind . um sich dadurch von der Wiederausfuhr oder der vollständigen Wiederabgabe im Riederlagshaus versiehern ^u konuen. Diese

494 Formalitäten sollen durch eine gemeinsame Uebereinknnst zwischen den beiden Regierungen geordnet und so viel als moglich vereinfacht werden.

Artikel ^ll.

Falls ein Konflikt zwischen beiden kontrahirenden Ländern entstehen sollte , der durch die diplomatische Korrespondenz zwischen den beiden Regierungen nicht sreundschaftlieh beigelegt werden konnte , so hätten diese im gemeinsamen Einverständnis^ eine dritte neutrale und befreundete Macht als Schiedsrichter zu bezeichnen , deren Entscheid die beiden Parteien sich ^u unterziehen verpflichtet wären.

Artikel ^lll.

Die Stipnlationen des gegenwärtigen Vertrages werden in beiden Staaten mit dem hundertsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen in Vollziehung gese^t. Der Vertrag bleibt für den Zeitrann. von z e h n Jahren , vom Tage der Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet, in Kraft. Falls keiner der kontrahirenden Theile zwolf Monate vor Ablauf des gedachten Zeitraums dem andern Theile seine Absicht, denselben aufzuheben , anzeigen sollte , so verbleibt drr Vertrag noch ein Jahr in Kraft von dem Tage an, wo der eine oder der andere der kontrahirenden Theile denselben wird gekündigt haben.

^ Die ko.^trahirenden Theile behalten steh die Befngniss vor, im gemeinsamen Einverständnis alle diejenigen Abänderungen im Vertrage zu tresfen, die mit dessen Geist oder Grnndsäzen nicht. im Widerspruch stehen, und deren Rü^lichkeit dnrch die Erfahrung sich wird herausgestellt haben.

Artikel ..^lV.

Der gegenwärtige ^ertrag soll der Genehmigung der gesezgebenden .Kammern der .^.hwei.. und dem Geheimen Rathe ........ M. des Konigs der Hawaiian-Jnseln unterbreitet werden , und es sollen dessen Ratificationen in a.ht^.h.. Monaten, vom Tage der Unterzeichnung an, oder wo moglich noch früher, in Baris ausgewechselt werden.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen bevollmächtigten den Vertrag unterzeichnet und demselben ihre Siegel beigedrukt.

..^o geschehen iu doppelter Ausfertigung in B e r n , am zwanzigsten Juli eintausend achthundert vier und sechzig.

Der s c h w e i z e r i s c h e B ev o l l m ächt i g te .

(Gez.) ^. ^re^erofee.

^.

S.)

D e r h a w a i i a n i s eh e B e v o l lm ächt i g te .

(Gez.) ^u Bomri^.

l^L.

^.)

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Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seiner Majestät dem König der Hawaiian-Inseln. (Abgeschlossen am 20. Juli 1864.)

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1864

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20.08.1864

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489-494

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