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Schweizerisches Bundesblatt.

^.Vl. Jahrgang. ll.

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^. September 18^.

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Commission des Ständeraths, betreffend die mit Frankreich vereinbarten Verträge.

(Vom .2. September 1^4.)

Tit..

Die Anregung zu den mit Frankreich abgeschlossenen und Jhrer Ratifikation unterstellten Vertragen ergab sich aus den handelspolitischen Erscheinungen der legten Jahre. England hatte zuerst das Beispiel einer gros.en durchgreifenden Tarifr..sorm gegeben. Es folgte dabei den kehren der Wissenschaft. Schon lauge hatte diese aus das Zweckwidrige und Nachtheilige des fast in allen .Andern bestehenden Gewerbs- und Haudelssystems, wonach sich jedes Land von dem andern durch Zollschranken glaubte abschließen und schien zu sollen, aufmerksam gemacht. Auch in Frankreich fehlte es an Anregungen hiezu nicht. Alle bisherigen Versuche, ebenfalls diesen Weg zu betreten, waren aber an den. Widerstaude geseheitert, der hauptsächlich in den Vertretern der grosseu Industrien seine Wurzlen hatte. Es war also ein tieseingreifeudes Ereigniss , als das jetzige überhaupt des franzosisehen Staates seinen Willen kund gab, wesentliche Aenderungen am bisherigen System vorzunehmen , und dieselben sodann auch wirklich ins Leben rief. Das Vrogramm vom 5.

Jänner 1.^^0 gab dem schon lange vorbereiteten Gedanken des Kaisers Ausdruck, ünd mit demselben brach Frankreich mit den lauge Zeit so zäh....

festgehaltenen Traditionen.

Bundesblatt Jahrg. XVI. Bd.II.

5^

6^0 Frankreich ging weder in der Ausdehnung seiner Reform so weit als England, noch folgte es ihm in der Form. Während jenes bisher aus oem Wege der autonomen innern Neugestaltung vorgegangen war, bahnte Frankreich die seinige ans den.. Wege von Handelsverträgen an, und machte dabei den Anfang mit seineu. machtigsten Rivalen , mit Eng^ land. Reben seinen. bisherigen allgemeinen Zolltarif nahm es zu Gunsten dieses Landes eine Reihe von Artikeln in einen besondern Tarif, den so^ genannten T.^rif conventionnel , auf.

Die Geltung dieses neuen Tarifs erstreckte sich blos aus die englische Einfuhr nach Frankreich. Was aus andern Ländern eingeführt wurde. blieb auch fernerhin dem alten Taris unterworsen. ^luf denselben Grundlagen folgten Verträge mit Belgien, Jtalien und Breusseu, resp. dem Zollvereine. .

So enthalten also die mit diesen Staaten vereinbarten Tarife den Grundgedanken der von Frankreich angebahnten Handelsreform. ^ ^rankreich erzielte auf dem vou ihm eingeschlagenen Wege, dass seine Blenderungen keine allznraschen Störungen in seinen bisherigen kommerziellen und industriellen Zuständen hervorriesen , und dass es zugleich auch von andern Staaten mogliehst weitgehende Zugeständnisse für seine eigene Aussuhr nach ihrem Gebiete erhielt.

Es ist ^ selbstverständlich , dass diese Erscheinungen die vollste ^lnf.^ merksamkeit eines gewerbreichen Landes, wie die Schweiz, auf sieh ziehen mussten. Es drängte sich daher wohl von selbst die Frage auf, ob wir eine bloss zuwartende Stellung einnehmen oder aber trachten sollten , ebenfalls in jene Handeisverbindung aufgenommen ^u werden.

Die Schweig war zwar bisher immer ihren eigenen Weg gegangen, und war dabei zu einen. erfreulichen Grade von Prosperität gelaugt. Man durste daher wohl fragen : Soll sie nicht aueh fernerhin bei dem Grundsatze eigener autonomer Selbständigkeit verharren, unbekümmert um das, was ^ludere thun.^ Ueberall sind wir bisher vou Zollschranken umgeben gewesen. Schon ost hatte sich die Ansicht laut gemacht, es müsse das auf die Länge unser Ruin sein. Lange hatte in nnsern innern Verhältnissen der niedern Gewerbe der Grundsatz der Reglementierung und Vro^ teetion . vorgeherrseht. Wie oft wurde die Unhaltbarkeit der FreihandelsPrinzipien uns nachgewiesen , und der R.nn unserer Jndustrien uns vorgemalt, wenn wir dieselben uieht aueh schützen würden^ Wie ost wurde es selbst mit der nationalen Ehre als unvereinbar erklärt, wenn wir uns von unsern Raehbarn den ...lbsehluss ihrer Gränzen durch Zollsehranken gefallen ließen .^ Wie ost wurde uns nachgewiesen , ^ass wir uur durch Repressalien ^u bessern Zuständen gelangen konnten ^ Die Schweiz aber

blieb ihren Grundsätzen getreu, und es ist das wohl eine der glücklich-

sten Erscheinungen in unserm osfentlichen Leben , eine Erseheinnng , .^ie wohl mit andern am meisten den praktischen Sinn unserer Bevolkerungen beurkundet. Es darf als eine unläugbare Thatsache hingestellt werden,

^1 dass hierin eine Hanptgru..dlage der Bedeutung liegt, welche die Schweiz in gewerblicher Be^ielu.ng errungen hat.

Eine Beruhigung sur uns musst.^ sich sofort daraus ergeben, dass es sich ja beim Absolusse eines Haudelsvertrages mit Frankreich dur^aus nicht um ein Ausgeben der von uns bisher mit so grossem Erfolge festgehaltenen Grunbsä^e handle. Die Wahrscheinlichkeit lag zwar vor, dass wir bezüglich der freien Beweglichkeit in der Festsetzung unseres eigenen ^olltariss einige Einbuße erleiden würden. Dagegen mnsste man ^ner^kennen, dass etwaige künftige Aen^erungen kaum zur Erhohung der bisherigen Ansage fahren würden. Au weitern Ermässigungen hindert uus aber der Handelsvertrag nicht. Bei den für unsern schweizerischen Handel in Aussicht stehenden Vorteilen durfte also die ^rage der Opportnnität von Verhandlungen mit Frankreich unbedenklich bejaht werden.

Wohl mit Recht stellte der Bundesrath seine bezügliche Anfrage zuerst dahin, ob Frankreich nicht geneigt sei, mit der Schweiz einen Vertrag abzuschließen , wonach sich die beiden Staaten ans den. Fusse der meistbegünstigten Rationen behandeln würden. Frankreich erklärte aber, aus dieser Grundlage nicht unterhandeln .,u konneu , und erosfnete die Hauptbedingungen, unter denen es allein geneigt fei, einen Vertrag abzuschließen.

Wir wollen die Forderungen, die es damals aufstellte, und welche die bundesräthliche Botschaft Jhnen zur Keuutniss bringt, hier nicht wiederholen.

.^ie werden aus jener Uebersieht entnehmen, dass als hauptsächlichste, außerhalb des Handelsvertrags liegende Zugeständnisse von uus verlangt wurden : die Gleichstellung aller fr^osischeu Angehörigen ohne Unterschied der Religion, also aueh der^Jsraeliten, bezüglich der Niederlassung, und die Annahme einer Ueber.einkunst betreffend den Sehut^ des litterarischen, artistischen und gewerblichen Eigenthums.

Der Bundesrath musste einsehen, dass wenn man ^u einem Handelsvertrage gelangen wolle, man aueh zu den andern Vereinbarungen Hand bieten müsse. .^o entstanden die vier verschiedenen Verträge, die Jhnen je^l ^ur Genehmigung vorgelegt sind. Daraus ergibt sieh denn auch die heutige Sachlage, wonach sämmtliehe Verträge als ein Ganzes augesehen werden müssen. Es kann also nicht die Re^e davon sein, den einen anzunehmen und den andern zu verwerfen. Die Vor- und Rachtheile der verschiedenen Vereinbarungen sind im Gegentheil insgesammt ins Au^e ^u fassen, und in umfassender Würdigung aller Verhältnisse muss beurtheilt werden , ob. es angemessen sei , alle mit einander anzun.ehmen, oder darauf nicht einzutreten.

Raeh diesen allgemeinen Anseinanderse^ungen gehen wir zur Erorterung und Beurteilung der verschiedenen Verträge über, und beginnen dabei mit dem wichtigsten derselben, dem Handels v e r t r a g e .

682 Das Wesentliche dieses Vertrags besteht, wie wir gesehen haben, darin , dass die Schweiz dnreh denselben sur die Einsuhr ihrer Produkte dieselben Begünstigungen erlangt, wie die andern Länder, die Verträge mit Frankreich abgeschlossen haben, d. h. wie England, Belgien, Jtalien und eventuell Breussen mit dem deutschen Zollvereine. Der sranko-preussisehe Vertrag wurde zunächst dem unsrigen zu Gr.mde gelegt. Jn der Tarifsrage liegt also der ^ern des Vertrags. Wir erhalten die Begün-

stigung des reduzirten sranzosischeu Vertrags-Tariss, und nassen dagegen

zu Gasten Frankreichs eine Reihe von Ermässigungen unserer sehweizeri^ sehen Zollange zugeben , woran sich Erleichterungen für die Einsuhr in

die Schweiz aus dem Bai.s de Ge^ und Zugeständnisse bezüglich der kantonalen Eonsumogebühren ans franzofischen Getränken ans.hliessen.

Welche Vortheile dürsen wir nun ^aus dem Vertrage zu erreichen ho.fen.^ Wir wollen versuchen, die hauptsächlichsten derselben hervor^n..

heben.

Wenn wir oben unsere gewerblichen und kommerziellen Zustände als günstige schilderten, und als solche, die bei uns eine hochst erfreuliche materielle Wohlfahrt begründet haben, so lasst es sich dennoch nicht verkennen, dass sie in vielfacher Hinsieht keine natürlichen genannt werden konuen. Ringsn.n ist unser Vaterland mit Zollschranken umgeben. Diese schneiden den Handelsverkehr mit unsern Rachbarn in Manchem gänzlich ab, in Auderm erschweren sie ihn mehr oder minder. Unsere Gewerbe sind dadurch genothigt worden , ihre Absatzgebiete hauptsächlich in ent.^ legenen Ländern zu suchen. Wir haben dabei zwar unsere Rechnung auch gefunden. Das hindert aber nicht, dass es thoricht wäre, wenn man die Sehranken, die unsern Handelsbeziehungen mit den uns umgebenden europäischen Staaten gese^t sind, ni.ht als eben so viele Hemmnisse unserer freien Handelsentwicklung anerkennen wollte. Jede Beseitigung solcher .Hemmnisse muss aber einen wohlthätigen Einflnss ausüben, und ist daher ^von Wichtigkeit für uns. Der grosse Vorteil der Handelsfreiheit, zumal wenn sich dieselbe ans einen ausgedehnten Länderkomple^ erstreckt, besteht ja hauptsächlich darin, dass sieh ^ie wirtl^sehastliche.. fräste dabei auf gesunde und natürliche Weise entwickeln ^ dass in Anwendung des s^ überaus wichtigen Grundsatzes der Theiluug der Arbeit, landwirthsehaftliehe und industrielle Gewerbe sieh so gruppireu, wie sie zum Wohle Aller

am besten bestehen kennen; dass mithin eiue richtige Ausgleichung alles

dessen geboten wird, was jedes Land au Ratnrprodueten und au gewerblichen Erzengnissen, seinen natürlichen Verhältnissen gemäss , am besten darbieten kann.

Einen ^weiten Hanptvortheil, den wir durch den srau^osis.he.. Haudelsvertrag erreichen, erblicken wir darin , dass das Absatzfeld für unsere Vroduete bedeutend erweitert wird. Bisher war ^raul.rei.h sur uns ein Gebiet, das unserer industriellen Thätigkeit nur einen äusserst eugeu ^pielraum darbot. Wenn a.^ch gleich nnsere Handelsbeziehungen zu diesem

683 ^achbarlande ^u unsern wichtigsten gehorten, so bestand ^och bisher weitaus ihre Hauptbedeutung in der so ausgedehnten Einsuhr von französischen Brodueten in die Schweiz. Die sogenannte Handelsbilanz erzeigte bekanntlich eine enorme Verschiedenheit ^u Gunsten der frauzosisehen Einfuhr in unser Vaterland gegenüber unsern Exportations nach Frankreich. Wenn nun gleich aus einer einseitigen Handelsbilanz zwischen zwei Landern keine allgemeinen Schlüsse auf die Prosperität derselben gezogen werden können, sondern dabei immer die Handelsbewegung eines Landes mit der gesammteu übrigen Welt in Betracht gezogen werden muss , wenn serner die colossale Exportation sran^osischer Broduete naeh der Schweiz wohl das deutlichste Zeichen grosser Prosperität unseres Vaterlandes ist . so ist dennoch nicht zu verkennen, dass eben diese Handelsbilanz, wie sie sich bisher zwischen beiden Staaten herausstellte, aus sehr unnatürliche HandelsVerhältnisse hindeutet. Wenn daher diese Verhältnisse in freisinnigerer Weise umgestaltet werden, so kann die Schweiz mit Recht hoffen, für ihre Brodnete ein neues grosses Absatzfeld zu gewinnen. Dass aber jede Erweiterung des Absatzgebiete^ eines industriellem. Laudes den in ihm vorhandenen industriellen Kräften^ zu einem neuen Sporn wird, dass die in.^ dnstriell.. Thätigkeit dadurch neuen Aufschwung gewinnt : das wird wohl Jedem von selbst einleuchten. Dass ferner hievon die landwirthsehastiiehen Vroduete keine Ausnahme bilden, und dass überdiess in der grossern Blüthe

d.^r Jndnftrie die Landwirtschaft den hauptsächlichsten Keim ihres Gedeihens findet:

das brauchen wir hier ebenfalls nicht weiter zu betonen.

Wir erkennen daher die grosse Bedeutung der von England und Frankreich angebahnten Handelsreform nach zwei Richtungen hin. Eiues.^ theils werden in ^olge derselben unsere Jndustxien nach und na.h aus der ihnen aufgedrungenen künstliehen und unnatürlichen Gestaltung heraustreten, und sich aus naturgemäßere Weise entfalten kennen; audereutheils aber wird die Erweiterung des Absatzgebietes für sie den Vorlheil bieten, ihre Kräfte mehr anspannen und sich immer energischer und lebeuskräftiger entwickeln zu konnen. Auf diese Weise müssen aber unsere^ allge-.

meinern Prosperität neue reiche Quellen eröffnet werden.

Mit Recht ist nun aber auch uoeh darauf hingewiesen worden, dass wenn uns der Zutritt zu dem neuen Handelsbündnifse direkte Vortheile bietet, es dagegen nicht ohne Rachtheil sur uns ablaufen wnrde, wenn wir uns von demselben fern halten würden. Es wird di^.ss Jedem einteu.htend sein, der ins Auge fasst, dass wenn ein .^taat mit einem andern einen Vertrag abs.hliesst, der ihm Begünstigungen einräumt, die uns nicht zukommen, unsere Eonenrrenz-.^tellnng dadurch bedeutend ersehwert wird.

Die fremden Produzenten, die auf dem drillen Gebiete bisher mit uns gleichgestellt waren, erhalten ^ nun in ^olge der niedrigeren Zollansä^e die Möglichkeit, ihre Broduete billiger verkaufen zu können,^ als es bisher der Fall war. Ueberdiess dürfen wir nicht .aus dein Auge verlieren, dass auf den neutralen Märkten , aus denen wir mit andern Rationen in

684 Eoneurxenz traten (und es sind ja sur uns bisher fast die wichtigsten gewesen), es uns sicherlich vielsach zu gnt kam, das. in Folge nngesnnder Handelsgrnudsä^e und deren Konsequenzen manche Eoneurrenz sur uns wenig gefährlich w a r , ganz abgehalten wnrde. ^Gleicht sich das in Folge veränderter Verhältnisse nach und nach ^aus , so muss uns um so mehr daran liegen, unser Absatzgebiet möglichst nach neuen Richtungen hin auszudehnen.

Es stellt sieh uns nun von selbst die ^rage entgegen , ob uns aneh durch den neuen französischen Tarif die bezeichneten Vortheile in hinlänglichen. Masse dargeboten werden. Wir bedauern, zugeben zn müssen, dass diese Frag... allerdings nur in beschränktem Masse bejahend beantwortet werden kann. ^er Vertragstarif enthält vielfältig noch sehr hohe Ansä^.., und die Gr.n.dsä^e des Sehu^zolles sind darin noch wesentlich vorherrschend. Nichts desto weniger ist nieht zu verkennen, dass manche unserer Hauptindustrien mit Erfolg ihre Broduete aus dem franzosischen Markte werden verwerthen können. Wir erwähnen .hier nnr die Seidenindustrie, die Fabrikation der Gazen, Mousselinen und Stickereien, die Uhren und^ Bijouteriewaareu, sowie mehrere Brodnete der Landwirthsehast. ^.agegen wird allerdings sür den grossten Theil unserer so bedeutenden ^anmwoliindnstrie, wegen der noch immer viel zu hohen ^olle, der Vertrag vor der Hand wenig Vortheile darbieten.

J... Hinblick auf das liberale Zollsystem, das die Schweiz bei sieh handhabt, und der Wichtigkeit unserer Beziehungen zu Frankreich, hätte sie vielleicht erwarten. dürfen, noch eine grossere ^nvorkommenheit in Betreff von Zollherabsel^ungen zu finden. Es wurde aber entgegengehalten, dass naeh den mit den andern Staaten vereinbarten Verträgen alle Zugeständnisse, die uns gemacht würden, au^h ihnen zn g ..i t kämen . ^ass ferner Frankrel..h von deni Systeme, das ^s bezügli...h der nenen Zolle einmal angenonimeu habe, nieht abweichen konne. E^ findet angemessen, nnr ^ehritt für Schritt voranzngehen, nm nicht dureh Ueberstürzung die ganze Re^orni zn gefährden.

Wenn man weiss, mit welehen Hemmnissen ^ie sranzosisehe Regierung zu kämpfen hatte , und mit welcher Hartnäckigkeit von einflußreicher Seite an den alten Zuständen will festgehalten werden, so wird man wohl mit einem allzustrengen Urtheile, dass noeh ein Mehreres hätte
geschehen sollen, zurückhalten müssen.

..Sodann nu.^ss aber b^i der Venrtheilung der Sachlage nicht aus den.

Auge verloren werden, dass mit den Dermalen von Frankreich abgesehlosfenen Verträgen nnr ein erster Schritt gethan ist, uni von ^dem bisher festgehaltenen Absehliessungssvsteme zn gesunderen handelspolitischen Grund-

säl^n überzugehen. Es lässt sieh aber gar nicht bezweifeln, dass es all-

mälig ..uf dieser Bahn weiter gehen werde. Voraussichtlich wird aneh ein weiteres Vorgehen mit geringern ^ehwierigkeiten verknüpft sein , als der erste ^ehritt. .^ieht nian nur erst die sicherlich ^ hervortretenden günstigen Ergebnisse einer sreiern Handelspolitik, so wird auch der Widerstand gegen

685 dieselbe mehr und mehr verschwinden. Frankreich hat übrigens bei jedem neuen Vertrage, den es abgeschlossen hat, gewisse Zollansätze noch weiter herabgesetzt. Wie diess bei Anlass des schweizerischen Vertrags geschehen, und wie dadurch die Staaten, die früher als wir mit Frankreich in ein Vertragsverhältuiss getreten sind, nun ebenfalls diese Begünstigungen geniessen , so kommen auch uns nach Art. 28 des Vertrags alle künftigen andern zugeftaudenen Tarifermässiguugen ^u gut.

Fassen wir nun die Gegenleistungen näher ins Auge, die wir unserseits in dem vorliegenden Handelsvertrage Frankreich machen mussten.

^ie ursprüngliche Forderung der sranzosischen Regierung, ^s sollten alle diejenigen Gegenstände , die.^ in unserm schweizerischen Tarife hoher belastet sind, als im franzosischen, auf die Ansähe dieses letztern herabgesetzt werden, musste natürlich von unserer Seite entschieden zurückge..

wiesen .werden. Es hatte diess zu bedeutende Aenderungen in unserm Zollsysteme hervorgerufen, und wären die von uns bisher festgehaltenen Grundsätze zu sehr dadurch gefährdet worden. Frankreich konnte diese . Forderung übrigens wohl kaum ernstlich gemeint haben , da es ja uuter keinen Umständen sich zu einem ähnlichen Zugeständnisse von seiner Seite herbeigelassen hätte. ^.er Bundesrath erachtete dagegen, dass einzelnen Wünschen der srauzosischen Regierung Rechnung getragen werden solle, und es sind demgemäß eine Reihe von Gegenständen zu Gnnsteu der frau^osisehe.. Einfuhr mit Ansätzen belastet worden, die unter denjeuigen unseres allgemeinen Tarifs bleiben.

Eine weitere Forderung ^ra.^reiehs betras unsere dermaligen Gebullen ans der Einfuhr frau^osischer Getrau^. Es bilden bekanntlich W^.iue und Branntweine einen Hauptartikel der sra..^sis.heu Einsuhr iu die Schweiz. Es musste daher sur Frankreich von grossem Jnterefse sein, Begünstigungen für dieselben von uns ^u erlangen.

Es sormulirte

seine diesssälligen Wünsche nach zwei Richtungen hin. Einmal beantragte es Herabsetzung des ei^geuossisehen Einfuhrzolls, der bekanntlich Fr. 1. 50 per Zentner beträgt. Sodann wünschte es, dass die kantonalen Gebühren (..^hmgelder, ermäßigt und an die Grän^ verlegt würden.

^chwe^erischerseits nahm man grossen Anstand, diesen Begehren ^u entsprechen. ^er Einfuhrzoll auf Wein ist ein Hauptfaetor unserer Solleinnahmen, den mau nicht gerne schwächt , und deu man ül.^erdiess häufig als ein Noli n^e t.^n^ere betrachtet , das man nicht gerne berührt. ^ie kantonalen Eonsumogebühren dagegen sind sür die ^inanzen mauser Cantone von solcher Erheblichkeit, dass vor der Hand an ihre Beseitigung nicht gedach^t werden kann. Es trat überdiess die formelle Frage hin^n , die wir später erortern werden , ob überhaupt der Bund zu Eoneessionen , in Betreff von Steuern, deren Erhebung den Kantonen dar ..h ^i^ Bundesverfassung gewährleistet ist, befugt sei.

^6 Das Ergebniss der .langen Verhandlungen war eine Transaktion, .

wodurch mau den von Frankreich gestellten Begehren theilweise entsprach.

Der allgemeine schweizerische Eingangszoll aus ^assweine blieb bestehen, dagegen wurde der Zoll ans Flaschenweine von Fr. 15 ans Fr. 3. 50 per Zentner, und derjenige sür gebrannte Wasser und Li^ueuxe auf Fr. 8 ermässigt.

Die Ohmgeldsangelegeuheit wurde in der Weise erledigt, dass die bestehenden kantonalen Eonsnmogebühren auf französischen Getranken nicht erhoht , und wo keine solche bestehen, keine neu eingeführt werden dürfen; dass ferner die franzosischen . Fassweine seder Art künftig nur die dermalige niedrigste Gebühr zu entrichten haben. Endlich wurde noch zugestanden, dass wenn die Gebühren aus schweizerischen Weinen ermäßigt werden, die Ermässigung auch den franzosisehen Weinen zukommen solle.

Die Einbußen, welche hiednrch die Kautone erleiden, sind in der Botsehaft augegeben. Am meisten betroffen sind Basel mit Fr. 7240, ^reiburg mit Fr. 3 l 4l, Bern mit Fr. 2541 und Genf mit Fr. 1725 verminderter jährlicher .^teuereinnahme. ^ür die übrigen betheiligten Kantone ist der Ausfall noch unbedeutender.

Die Zollbegünstigungen sür das Pav... de Ce.^ sind ein ferneres ^ geständniss von unserer ^eite. Die Erleichterungen, die schon früher diesem kleinen Gebiete, .^as hauptsächlich mit dem Kauton Gens im ^erkehre steht, gestattet worden sind, haben, wie ....^ie aus dem Vertrage und aus der Botsehast werden entnommen haben, nach mehreren Richtnngen hin eine grossere Ausdehnung erhalten.

Die Frankreich zugestandeneu Tarisermässigu..g^..u, die vertragsgemäß auch Belgien zu gut kommen , sind vom Bundesrathe zu beiläufig ^r. 400,000 veranschlagt. Mit Recht macht er aber geltend, das.. dies..

Einlasse durch di.^ Vermehrung des Verkehrs wohl ba^d wieder werde eingeholt sein. Es wird für unsere Zollstatistik von Werth sein, die Folgen der Herabsetzung der Zollgebühren aufmerksau. zu verfolgen, und die nothigen Schlüsse daraus zn ziehen. Unser Taxiss.^stem, obwohl a^f guter Grundlage errichtet, ^veist dennoeh noch manche Mäugel auf.

^ou ..^ehu^ollen gänzlieh Un.gang nehmend, soll die Erzielung einer gewissen Einnahme der einzige Endzweck unserer Zolle sein. Da nun aber bekenntlich mit niedrigeren Ansähen ost ein grosseres finanzielles Ergebnis^ erzielt wird,
als mit hohen, so muss unser ...lngenmerk stets darauf ge.^ richtet sein, das vorgesetzte ^iel mit den niedrigsten Zollen zn erreichen.

Eine der Hauptstützen unserer Prosperität besteht sa in der möglichsten Wohlfeilheit der ...^tosfe, die wir zu verarbeiten haben, und der Gegenstände, die zu unserm Lebensunterhalte dienen.

Die weitern Zugeständnisse in Betreff der ^ollerleiehterungen sür das ^vs de G.^, sowie der Eonsumogebühren auf Weinen und Branntweinen, sind von keiner grosseu finanziellen Erheblichkeit.

687 Wir erachten daher, dass, was wir Frankreich im Handelsvertrag^ bewilligt haben, seine vollste Berechtigung in den Vortheilen , die^ wir durch denselben zu erreichen hoffen, finde.

Wir gehen über zum zweiten Vertrage, demjenigen über Rie de r-.

lassnug.

Eine Hauptforderung, die von Beginn der Verhandlungen an an uns gestellt wnrde, betraf die Ausdehnung des Rechtes der freien Riederlassung auf alle sra.^osischen Angehörigen ol^e Unterschied der Religion, also au.h auf die sra.^osischen Jsraeliteu. Es zeigte sich bald, daß man.

diesem Begehren ^nieht ausweichen konnte , wenn mau nicht auf den Abschluss eines Handelsvertrages verzichten wollte. Man musste sich also.

die Frage stellen, ob das Zugestäuduiss ein materiell ^u rechtfertigendes sei, wozu sich sur uns allerdings die wichtige Vorfrage gesellte, ob nicht die bestehende Bundesverfassung dieser Eoueession entgegen stehe.

Wir wollen hier von dieser ledern ^ra^e absehen, da wir sie später.

abgesondert behandeln werden. Es scheint uns angemessener, bei der Beurlheilung der Vor- und Rachtl^eile der Verträge ^uvorderft von deu.eoustitutionellen Bedenken abzusehen, zumal dieselben gegenüber von Frankreich auch kaum in Betracht kommen konnten.

^ie ^rage stellt sich also f o . Sollen wir noch sernerl.in wie bisher den Grnndsa^ festhalten, nur christlichen Angehörigen anderer Staaten die Niederlassung zu gestatten^ ^ass übrigens .^ie Ausdehnung des Reehts der schweizerischen Jsraeliten zugleich mit ins Ange zu fassen sei, ist wohl selbstverständlich. Eben so müssen wir nicht vergessen, dass wenn wir den sran.^stschen Jsraeliten diese Eoneession machen, wir sie sofort auch aus diejenigen der andern Staaten, mit denen wir in einem Vertragsverhältnisse stehen, ausdehnen müssen, also auch aus die unseres Rachbarlaudes Baden. Es folgt das aus der in jenen Verträgen ausgenommenen Bestimmung, dass alle Vortheile, die wir einem dritten Staate in Betreff der Niederlassung gewähren, in gleicher Weise den. Verlragsstaate ^ugestanden sind, ohne dass hiesür noch eiue besondere Vereinbarung ersorderlich wäre.

Jn allen bisherigen Verträgen ist worden. Es handelt sich also hier um stets festgehaltenen Gruudsal^e, um ein sodann auf sämmtliche Verträge seinen

die Beschränkung ausrecht erhalten das Abgehen von einem bis heute Vorgehen, das, wie eben bemerkt, Einfluss ausübt.

Es ist nuu nicht zu läuguen, dass mau in früherer Zeit, und noch bei Aufstelluug der neuen Buudesversassu..g ^im Jal.^r 1848, mit grosser

Aengftlichkeit die Jsraeliten fern zu halten suchte. Es beruhte diese

Tendenz theils ans einer alten, aus frühern Jahrhunderten her ererbten

Abueignng gegen die Juden, theils ans wirklichen Befürchtungen über die schädliche Einwirkung derselben aus die wirtschaftlichen Verhältnisse des

^88 Landes, Befürchtungen, die sich aus nahe gelegene Erfahrungen gründeten. Wir wollen hier nicht untersuchen , in wie weit diese ..Gründe stichhaltig genug waren, um einem, wenn aneh kleinen Theile, der schweiArischen Bevolkernug Rechte vorzuenthalten, die allen andern Staatsbürgern gewährleistet .vnrden, und um solgegemäss sodaun auch die fremden Jsraeliteu von der Niederlassung auszusehliessen. Darin aber glauben .wir nicht zu irren, dass die hierüber herrschenden Ansichten sich, wenn auch nicht allgemein, doch in einem grossen Theile unserer schweizerischen Bevolkernng wesentlich gemildert haben. Wir berufen uns hiebei aus das, was in einer Reihe von Kantoren geschehen ist, wo die Jsraeliten theils vollständig den andern Staatsbürgern gleichgestellt, oder wo ihnen wenigftens grossere Rechte zugestanden worden sind.

Roch deutlicher hat sich aber in dieser Beziehung die offentliehe Meinung in andern Landern ausgesprochen. Beinahe durchgängig ist die Emanzipation der Jsraeliten ins Leben getreten, und es unterließt keinem Zweifel, dass die .....^hwe^ , die im Uebrigen sieh mit Recht ihrer sreisin.nigen Institutionen rühmt, wohl kaum noch länger diesem Einflnsse der .^ssentlichen Meinung Europas würde widerstehen konneu. Wenn wohl .allgemein anerkannt wird, dass ein Volk, das in srühern Jahrhunderten so sehr heraogedrückt und gering gesehä^t wurde, wie die Juden, noch manche aus diesen Verhältnissen herrührende Gebreeheu au si.h tragen müsse , wenn aber ferner Angegeben wird, dass die .Teilung derselben wohl am ehesten erzielt werde, wenn man die srnhere Ansuahmsstellm.g anshebt, so. kann die Schweiz in dieser Ri.ht^ua unmoglich hinter andern .Ländern zurückbleiben. Wir halten daher mit dem Bundesrathe dafür, . es handle sich hier um eine abgeurteilte Sache, um eine Beschränkung, die nicht länger haltbar ist, um ein Zugeftändniss, ^em wir jedenfalls in nieht ferner Zeit nieht mehr ausreichen konnten.

Hie^ gesellt sich noch ein praktischer Gesichtspunkt. Der französische Vertrag ist nicht der erste , bei dem diese Angelegenheit zur Sprache gekommen ist. Es .oird Jhnen in der Botsehast des Bundesrathes nachgewiesen, wie fast ununterbrochen mit den uns befren.....eten Staaten VerHandlungen wegen unserer ausnahmsweisen Behandlung der Riehtchristen .gepflogen werben mussteu. Es ist Jhnen ferner bekannt,
wie der im Jal^.r 1862 mit den. .^ouigreich der Niederlande abgeschlossene, und von der Bundesversammlung an. 22. Januar vorigen Jahres ratisi^irte freundsehasts-, Niederlassung^ - und Handelsvertrag von der zweiten ^amme^ der niederländischen Geueralstaaten verworfen .^urde, weil in demselben das Reeht der freien Niederlassung nieht auch a^f die Jsraeliten ausgedehnt war. Der persische Vertrag konnte aus ähnlichen Gründen ebenfalls nicht zum Absch lusse kommen, und .oir müssen annehmen, dass bei küustigen Verträgen die ^udensrage imn.er und immer wiederkehren und uns im Wege stehen würde.

68.)

Ans allen diesen gründen erachten wir es nicht nur für angemessen, sondern halten es ^sür eine politische Notwendigkeit, dass die Schwe^ ein System ausgebe, das weder mit ihren sonstigen sreisinn^en Institutionen im Einklange steht, noch ohne grosse Rachtheile fernerhin ausrecht erhalten werden kann. Wir sind von der Rothwendigkeit^ dieses Sehrittes so s^.hr durchdrungen, dass .vir dafür halten, derselbe müsste angebahnt werden, selbst wenn der französische Vertrag dermalen. nicht den Aalass dazu bieten würde.

Rach dem Obigen haben wir nur noeh Weniges über die übrigen Bestimmungen des Riederlassungsvertrages beizufügen. Derselbe tritt an

die Stelle des bisherigen Staatsvertrages vom 30. Mai 1827, und findet

seine Anwendung auf die ganze Sehwei^. Auch dem frühern Vertrage waren bekanntlich sämmtliche Eantone, mit Ausnahme von Schw.^, beigetreten Ausser den die Riederlafsnngsverhältnisse betreffenden abgeänderten ^tipulationeu enthält der neue Vertrag meist wortlich die im frühern enthaltenen Bestimmungen. Reu ist der dem Art. 4 beigefügte Znsa^, wonach die beseitigen Niedergelassenen vou jedem Dienste in der Rational-

oder Muni^ipala^r^e befreit sind, so wie die jetzige Fassung des Art. 6,

der die Znsi.herung enthält, dass alle in Zukunft andern .Staaten gewahrten Vortheile in Riederlassungssacheu auch den beiden .jetzigen Vertragsmachten ^ommen sollen , ohne dass hiesür einer speziellen Vereinbar...ng bedürfe.

^ Die

kommission wnrde uo^h veranlasst, sich^ über

die Bedeutung

und das gegenseitige Verhältnis der Artikel 1 und 2 ^u besprechen.

Die

Regierung des Eantons Basel-.^tadt hatte in einem an den Bundesrath gerichteten und uns mitg.^theilteu Schreiben die Besorgniss geänssert, es mochte dem Artikel 2 fra.^osischerseits die Auslegung gegeben werden, es sei der darin erwähnte Jmmatrikulatiouss.heiu als ein genügendes A^tenstück anzusehen , uni daraufhin unbedingt die Niederlassung ^u erlangen , es kämen also die für schweizerische Angehorige dareh den Art. 41 unserer Bundesverfassung verlaugten Bedingungen für die ^ran^osen nicht mehr in Betracht. Man kann zu dieser Juterpretatiou des betreffenden Artikels dadureh verleitet werden, dass zur Erlangung des Jmmatrikulatiousseheins Zeugnisse über gute Aufführung und gute Bitten bei der franzofisehen Behörde eingelegt werden u.üsseu.

Wir müssen vorerst bemerken, dass Art. 2 wortlich wie im fri.hern Vortrage lautet, und mithin durchaus keine Rovation eingetreten ist..

Sodann aber hat auch die bisherige Brar^is bewiesen, dass die sranzosischen Angehörigen sieh bänglich ihrer Ansnahme durchaus denselben Anfordernngen ^u unterziehen ^abeu, wie die Schweizer. Der Jmmatrikulations^ sehein ist als ein blosses .^eimaths^eugniss anzusehen. Die Requisite be-

zü^lieh guter Sitten, genügenden Erwerbs u. s. w. berücksichtigt die fran^

690 zofisehe Gesandtschaft nicht, sondern übermittelt einfach die betretenden Seheine der schweizerischen Behorde. Es wurde uns eiu Fall angeführt,.

wo ein Franzose sich der obigen Jnterpretation gegenüber dem Danton Appenzell A. Rh. bediente, von der französischen Gesandtschaft aber mit der Erklärung abgewiesen wurde, er habe sich den an ihn gestellten Be^ dingungen einfach ^u unterziehen.

Endlich haben wir noch zu erwähnen, dass auch die Frage der Ansdehnung ^des Riederlassm.gsvertrags auf das Gebiet von Algier in der Eommissiou zur Sprache kam. Es wurde bemerkt, dass unsere Verbindungen mit jener französischen Kolonie uieht unwichtig seien , und durch den neuen Handelsvertrag noch an Bedeutung gewinnen würden. Es sei daher angemessen, wenn vom Bundesrathe die nötigen Erhebungen gemacht werden, um zu ermessen, ob eine Ausdehnung des obigen Vertrags auch aus das Gebiet von Algier für die .Schweiz mit Vortheilen verknüpft wäre. Die Eommission stellt Jhnen in dieser Beziehung folgenden eventnellen Autrag .

es sei der Bundesrath einzuladen, ^u untersuchen, inwiefern es angemessen wäre, den Riederlassungsvertrag auch auf Algier auszudehnen, und der Bundesversammlung darüber Bericht ^u erstatten.

Die dritte Ueb e r e i n k u n f t , zu der wir nun. gelangen, betrifft den gegenseitigen S eh u l^ des l i t t e r a r i s c h e n , k ü n s t l e r i s c h e n u n d g e w e r blich e n Ei g e n t hu m s.

Wie wir sehon früher erwähnt haben, machte ^ie französische Regierung zu einer Vorbedingung der Unterhandlungen über den Handelsvertrag die gleichzeitige Aufstellung der bezeichneten Schiaranti.... , so wie Anerkennung der Erfindungspatente. .^ehweizeriseherseits nahm man in doppelter Richtung Bedenken, in dieses Begehren einzugehen.

Einmal ist die Materie au sich bei uns keiue besonders beliebte. J... Gegentheil baben sieh bisher viele Eautone vou gese^licher Reglementirung in dieser .Dichtung ferne gehalten. Sodann aber stellten sich der Gewährung des vou der franzostsehen Regierung ausgesprochenen Begehrens bedeutende formelle Schwierigkeiten entgegen, die gerade in dem Umstande liegen, das. wir in der Schweiz kein allgemein geltendes Gesel^ über die Materie haben, und a^.f deni gewohnliehen Wege der ^undesgese^gebung zu keiner solchen gelangen kounen.

Der Bundesrath that daher sein Mogliehstes,
um Frankreich znui fallenlassen dieser Forderung zu bewegen. Die diesmaligen Bemühungen unseres Bevollmächtigten waren aber vergeblieh. Die französische Regiernng blieb auf dem ^at^e stehen , dass wenn sie ihre Angehörigen dureh Gewährung bedeutender Zollermässigungen für ausländische Produkte in eine weniger günstige ^age versehe. als die bisherige gewesen war, sie dieselben nundestens vor der unbefugten Nachahmung ihrer Erzengnisse

69l ^auch auf dem fremden Gebiete schüfen müsse. Sie habe übrigens diesen ^rundsal^ bei Absehluss der Handelsvertrage mit andern Staaten stets fest^ehalten, und es sei von keinem darüber ein Anstand erhoben worden.

So kam es, dass man sieh daraus beschränken musste, die weitgehendsten Forderungen Frankreichs abzureisen, was denn aueh bezüglich der Ersin^duugspatente gelang, und im Uebrigen deu Schul^garautien keine über-

^massige Ausdehnung ^u geben.

fassen wir, um uns die nothigen Anhaltspunkte zur Benrtheilun^ der Sache zu sichern, querst die ^rage von ihrer grundsätzlichen Seite ins Auge. ^ann wirklich von einem sogenannten g e i s t i g e n E i g e n ^ t h u m e die Rede sein, und lässt si.^h die Anerkennung eines solchen rechtfertigen ^ Die Ansichten sowohl der Rechtslehrer, als der Rationalokonomen gehen in der Beantwortung dieser Fragen aus einander. Wäh^rend die Einen ein solches Recht anerkennen uud bis an seine äußersten Grannen ausdehnen mosten, wollen Andere dasselbe in keiner Weise zugestehen. J.. ^a.hen des Geistes lasse sieh kein eigentliches Eigenthum stat.nren , der Gedanke sei stets eine Folge der Zeitentwicklung, und gehore mithin der Gemeinschaft eben so sehr an, als demjenigen, der ihm .den ersten Ausdruck verleihe. Durch eiu aussehliesslich zugestandenes Recht verlebe man die Rechte Anderer, die srnher oder später zu demselben Resultate gelangt waren.

Die Gesetzgebungen der verschiedenen Staaten haben sieh inmitten Dieser auseinander gebenden Ansichten aus einen mehr praktischen Boden gestellt. ^ie Anerkennen eiu gewisses Reeht des ersten Urhebers eines Ge.danken^ an. aber sie beschr.anken dasselbe auf eine bestimmte Zeitdauer.

^o nimmt das Reeht mehr den Exakter eines vom^ Staate ertheilten Vrivilegiums an, das innert gewissen ^ehranl^en ^ugestaudeu wird, und

zunächst in einem gewissen Billigkeitsgefühle seinen Grund hat. natürlich

kann man hiebei die^ Grenzen .veiter oder enger ^iehen, je nachdem man das Jnteresse des Einzelnen oder der Allgemeinheit mehr berücksichtigt.

Dabei müssen immerhin die praktischen Rücksichten der Aussührbarkeit ^er

leserlichen Bestimmungen und ihres allgemeiuen Einflusses auf die Wohlfahrt des Laudes ebensalls in Betragt kommen.

Diese ledern Rückfixten find in neuerer Zeit besonders in Beziehung aus die Erfindung..^ ^patente hervorgehoben worden, die allerdings sowohl theoretisch als praktiseh einen der schwierigsten Bunkte der Materie bilden. Die kommission

hat daher mit grosser Befriedigung die Beseitigung wenigstens dieses

Gegenstandes entgegengenommen. Ebenso darf es als eine wesentlich unsern Anschauungen entsprechende Auffassung angeseheu werden, dass das Gesel^, wie es sur die .... eh ..^eiz aufgestellt wurde, sich auf einem praktischen Boden belegt. .^o wird namentlich der .^ehul^, der deu Muster^eiehnungeu gewährt wird, uicht auf Modeartikel ^eure, modes on uou^ veante^, sondern nur auf Originalzeiehnungen von einem bestimn.ten Charakter, ausgedehnt ^vide .^chlnssprotokoll), und ebenso wird die Auf-

692 nahme von musikalischen Stücken in Musikdosen oder ähnlichen Jnstr...menten nicht als unerlaubte Fachbildung dieses Musikstückes angesehen.

Die letztere Bestimmung n.uss zwar noch von dem gesetzgebenden Korper Frankreichs sanktionnirt werden. Wir hoffen aber, es werde dieses Zugeständniss an jener Stelle keinem Austande unterliegen.

Ein gesetzgeberisches Einsehreiten, in der von Frankreich beantragten Richtung , lässt sich daher aus dem Gesichtspunkte der Billigkeit rechtser..

tigen. Rnr muss man zugleich ^orge tragen, das Gesetz innert den Schranken verständiger Auffassung nnd poetischer Aussührbarteit zu halten.

^o wird es wohl Riemand unbillig finden, dass ein Autor o.^er .Verleger eines Buehes vor dem Rachdrnck gesehutzt werde, nnd ebenso kann man wohl vom Standpunkte der Billigkeit nichts dagegen einwenden , wenn sich ein Fabrikant daruber beklagt, wenn seine identischen Muster von Andern unbefugter Weise ebenfalls ausgeführt werden. Wohl aber wäre es eine zu weitgehende Forderung, wenn ein Fabrikant nicht Zeichnungen ausführen dürste, die zu derselben Modegatlung gehoren, die ein anderer macht. Bei dem Umstande, dass die Moden noch immer in Baris ihren Ursprung nehmen, wurde aus einer solchen Beschränkung der grosste Raehtheil für einen Theil unserer Jndnstrieu erwachsen. Die unbefugte Rach^ ahmung von ^abril.- oder Handelszeieheu, die allerdings auch bei uns vorgekommen ist, lässt sich, wie uns scheint, in keiner Weise rechtfertigen.

Sie schädigt einesteils den rechtmäßigen Gewerbsmann, anderntheils ist sie aus eine Täuschung des Bnblikums abgesehen.

Schwieriger stellte sieh nun aber für die Schweiz die Ausführung der ^.ache heraus. Frankreich besitzt seit langer Zeit eine feste Gesetzgebung zum ^ehutze gegen unbefugte Raehahmung. Jn ähnlichem ^alle befanden sich die Staaten, mit denen es bisher Verträge abgeschlossen hatte. Es konnte bei diesen einfach der Grundsatz der Reziprozität ausgesprochen werden, wonach die Angehörigen beider Staaten den Einheimisehen gleichgestellt wnrden. Anders aber stellte sieh die Sachlage bei uns dar.

Die ..^...hwei^ besitzt kein allgemein geltendes Gesetz zum ....^ehutze des sogeuannten geistigen Eigenthums. Dem hierauf bezüglichen Konkordate vom 3. Dezember 1856 sind nur 13^ Kantone beigetreten.

Dasselbe bezieht sieh auch nur aus den .^chntz des
schriftstellerischen und künstlerisehen Eigentluuus, mit Ausschluß des industriellen, und ohne Erwähnung der ^abrik- und Handelszeieheu. Wohl bestehen uoeh einzelne Versüguugen in den Gesetzgebungen der Kantone, die aber natürlich nicht über die kantonalen Gränzen hinausreden.^ .^ie werden ans dem Vertrage ersehen haben, wie man den Knoten zerhauen hat.

Es wurde im Grundsatze angenommen, dass die Schweizer .in ^rankreieh, und ^umgekehrt die ^ran^oseu in der ..^hwei^, gegen unbefugte Nachahmungen ihrer Erzeugnisse geschützt sein sollen. ^u diesem Behufe kommen den .^chwei^ern in Frankreich dieselben Rechte zu, wie deu Franzosen selbst. Zum Schatze der Franzosen in der Schweiz wurden

^ dagegen in Ermanglung eines für den ganzen Umfang der Eidgenossenschast geltenden Gesezes die nothigen schulenden Bestimmungen im Ver-.

trage selbst aufgenommen. Es blieb leider kaum ein anderer Ausweg,.

um aus der Schwierigkeit herauszukommen, da ans dem Wege der Bundesgese^gebung kein für die gesammte Schweiz geltendes ^ese^ aufgestellt werden konnte, das sodann auch auf Ausländer hatte angewendet werden.

können, und der Konkordatsweg wohl schwerlich zum Ziele geführt hätte.

Wenn nun aber anch in materieller Beziehung keine gewichtigen Anstände gegen Einführung von Schu^garantien entgegenstehen, so lässt sieh dagegen in formeller Beziehung die Art, wie bei uns die .^ache zur Ausführung kommen musste, wohl nur durch den Umstand entschuldigen,.

dass man eben nicht anders zum Ziele gelangen konnte. Es ist etwas mehr als Ungewohntes, wenn ein Gese^ mit dem ganzen Apparate von Strasbestimmungen u. dgl. in einem Vertrage Ausnahme findet. Es besteht dieses Gese^ allerdings nur zum Schule von Ausländern. Aber gerade darin kann man einen zweiten Anstand erblicken, dass in Zukunft bei uns für Ausländer gewisse Schu.^garantieu befteheu, welche den Schweizern selbst nicht zukommen. Mau kann zwar in d.esem ^alle nicht, wie bei Anlass der Riederlassungssrag^ einwerfen, es sei uubillig, dass die Ausländer mehr Rechte hätten, als die Schweizer, denn hier handelt es si^h allerdings nicht sowohl uni ein g r o s s e r e s , als um ein a n d e r e s Recht. Wenn die ...^chwei^er augemessen finden, die ..^h^Bestimmungen gegen unbefugte Nachahmung nicht auch für sich selbst in Anwendung zu bringen, so gesehiel^t diess, weil sie ihre Eonvenien^ uieht dabei finden. Dagegen wird die Zeit lehren, ob die ^.ehwei^ sich nicht wird bewogen finden, wenigstens auf dem Wege des Konkordats in dieser Richtung weiter voran zu gehen. Der Schweizer ^kann zwar in Mehrerem des ^ehu^es in Frankreich theilhastig werden,. ohne dass er denselben aueh in der Schweig geniesst. Eine Ausnahme hievon besteht jedoch für einen der wichtigsten Vnnkte, nämlich für das literarische und artistische Eigenthnm, wo die Dauer des in Frankreich uus zukommenden ..^ehut^es die^ in der Schweiz festgesetzte nicht überschreiten darf, und mithin ol..ne Schut^ im eigenen Lande derjenige in .Frankreich für uns wegfällt.

Der Art. 18 sieht den Fall vor,
dass die im Vertrage aufgenommenen und Gesetzeskraft erhaltenden Bestimmungen durch allgen.eiue gesel^geberisehe Vorschristen erseht werden können. Eine solche G.^set^ gebung kann aber nnr in gemeinsamem Einverständniss beider VertragsEontrahenten aufgestellt werden. Wie sehr die ..^aehe .^iedurch erschwert, ja fast unmoglieh gemacht wird, braucheu wir nur anzudeuten.

Man konnte wohl kaum etwas anderes machen, als dass man das Vertragsgesel^ auch für die Schweizer in Anwendung brächte.

Wir finden nicht für angemessen, die Bestimmungen, die zum Sehu^e der ^ra.^osen in der Schweiz im Vertrage aufgenommen worden sind, einer einlässlichen Eritik zu unterwerfen. ^ie sind teilweise dem Eon-

cordate von 185l... entnommen. Wir ziehen vor, ^u besserer Uebersich t der Vertragsbestimmungen, die hauptsächlichsten derselben hier zusammen^ Zustellen.

Der den beiden Vertragseontrahenten g e w ä h r t e Schul., begeht sieh : 1) auf litterarische und artistische Werke, wie Bücher, Flugsehristen, musikalische Kompositionen, Zeichnungen, Gemälde, Stiche, .^ithographien und Sehnliches ; 2) aus Ueberset^ungen ; .3) auf die Darstellung oder Ausführung dramatischer oder musikalischer Werke ; 4) auf Musterzeichnnugen ; 5) ans Fabrik- und Handelszeichen.

Die Gewährung des ausschliessliehen Eigenihnms wird in der Schweiz .aus folgende Z e i t d a u e r beschränkt: ^.ür Rubrik 1 : ans Lebenszeit des Autors, oder wenn er vor Ablaus des 30. Jahres, vom Zeitpunkt der ersten .^eroff....tlich^.g an, stirbt,

l.us zum Ablauf dieser Frist für seine Rechtsnachfolger (Art. 22) ; für Rubrik 2 : 5 Jahre (Art. 6) ; ,,

,,

3 geniesse.. die Franzosen denselben Sehu^, der in der

^S.hweiz den Augehorigen des Landes gewahrt ist (Art. 2t);

für Rubrik 4: l, 2 oder 3 Jahre, m.t Befugniss znr Erneuerung ^der Frist ^.lrt. 37).

für Rubrik 5: 15 Jahre, ebensalls mit fakultativer Verlängerung

^(Art. 30).

Damit man des Sehu^es theilhastig wer^e, müssen gewisse ^ o r m a ti t ä t e n ersüllt werden, und zwar: für Rubrik 1 : Einschreibung beim Ministerium des Jnnern in ^aris (Art. 3), resp. beim ei^g. Departement des Junern in Bern, .oder bei der Kanzlei der schweizerischen Gesandtschaft in Baris (Art. 1.)) .^

für Rubrik 2 dieselbe Austreibung wie sür Rubrik 1 ; ungleich .muss der Autor sieh das Uebersel^ungsrecht an der .^pil^e seines Werkes vorbehalten haben ; sür Rubrik 4 und 5 : Hinterlegung von 2 Exemplaren bei dem Sekretariate des Handelsgerichts der Seu.e sür die ^abrik- und Handelszeichen, und H i n t e r l e g u n g eines Vorn.mrss oder Musters beim .^ekreta...iate des Rathes der Sachverständigen für Gewebe (Art. 15).

Jn der Schweiz hat die Hinterlegung. beim Departement des Jnnern ^u gesehehen (Art. 1.)).

Die

Hinterlegung einer Musterzeichnuug kanu ofse.n oder unter ve..^

siegeltem Umschlag geschehen (Art. 38).

695 Jn der Schweiz gelten folgende S t r a s b e s t i m m u u g e n : Beim Nachdrucke unterliegt der Rachdrucker einer Busse von 100^2000 .^r. , der .^erkäuser einer solchen von 25-500 Fr. Zugleich ist Schade^ersa^ an den Eigentümer zu leisten (Art. 25).

derselben Busse unterliegt wissentliche ..Nachahmung, Verkauf oder Einfuhr nachgemachter Muster^eichnuugen (Art.

41).

^ie Fabrik- und Handelszeichen betreffend, sind Bussen vo^ 50-.3000 ^.r., und Gefangenschaft von 3 Monaten bis auf 3 Jahre, oder eine der beiden Strafen allein, festgesetzt (Art. 3l).

^ Bei Rücksälleu können die Strafen verdoppelt werden (Art. 48).

^ie plagen sind in der .Schweiz bei dem Gerichte des Bezirks anZubringen, in welchem die unbefugte Fachbildung oder Feilhaltung statt^ gesunden hat (Art. 45).

^ie Verfolgung . findet nur auf Begehren des geschadigten Theile statt (Art. 44).

Wenn ^mildernde Umstände vorhanden sind, so können die Gerichte unter ^ie Minimalstrafen gehen (Art. 4.)).

Raeh den obigen Auseinandersetzungen spricht nun die kommission im Allgemeinen ihre Ansicht über die in Frage stehende Uebereinkunft dahin ans, dass es für uns allerdings weit angenehmer gewesen wäre, wenn dieselbe hatte abgewiesen werden können. Es hat sich die Roth^w.mdigkeit oder Zweckdienlichkeit einer solchen bei uns in der Schweiz in keiner Weise geltend gemacht. Wir verlangten keine S.hutzgarautie.. gegen Nachahmung in Frankreich, hätten aber auch vorgezogen, Frankreich keine solchen bei uns zu gewähren. ^ie Eoneession n^ird fur uns um so gewichtiger, als steh eine Reche von formalen Schwierigkeiten und Jneonveniente.. ans der Annahme der Uebereinkunft ergeben.

Richls desto weniger sehen wir die mit diesem Vertrage verknüpften Uebelst.inde nicht sür so bedeutend an, um denselben, und mit ihm uatürlieh auch die andern Verträge, nieht anzunehmen. Wir müssen im Ge^entheil zugestehen, dass er auf Grundsätzen beruht, die in einem nicht zu längnenden Billigkeits- und Gerechtigkeitsgefühle ihren Grund haben, ^rundsä^e, die auch in andern Staaten zur Geltung gekommen sind.

Wir anerkennen endlieh, dass eine allzu weit gehende und nicht gexeehtsertigte Ausdehnung der ^chützbestimmungeu uus ini Gesetze vermieden feheint, und also e^in Hauptg^nd von Befürchtungen über praktische J..^ eonvenienzen damit wegfällt.

Znm ^ehlufse erwähnen wir noch, dass bei Gelegenheit des im Jahr 186.... mit dem .^onigreieh Belgien abgeflossenen .).iederlassun^s- und Handelsvertrags ^u Gunsten Dieses Staates die Erklärung ausgestellt wurde, dass er von nun au in der Stellung der am meisten begünstigten .Nationen erhalten werden solle b.^.i Allem , ..^as man in Betreff des Schutzes des litterarisehen und künstlerischen Eigenthnms mit den answärtigen Regierungen abschließen werde (amtl. Sammlung Vll, S. 504)^.

Bunde.^blatl.. .Jahrg. X^I. ^d. II.

52

696 Es wird der Bundesrath in Erwägung zu ziehen haben, welche Eousee.uenzen aus dieser Erklärung fliessen.

Es bleibt uns endlich noch die U e b e r e i u ^ u n s t , b e t r e f f e n d

nachbarliche Verhältnisse und die B e a u f s i c h t i g u n g der

Gren z w a ldun g e n zu erwähnen. Diese scheint uns einem. schon lange g^sühlten Mangel abzuhelfen, und war es daher augemessen, diesen schon^ im Staatsvertrag vom 18. Juli 1828 vorgesehenen Gegenstand einmal zu erledigen. Hoffentlich wird es nun auch bald gelingen . diesen le^tern Vertrag einer Revision zu unterwerfen, und damit Verhältnissen, die sich stetssort als unangemessene un.... missliche herausstellen, besser zu regeln.

Dass es nicht gelungen ist, die schon vielfach besprochene .Angelegenheit der Bassvisa bei Gelegenheit dieser Verträge ebenfalls zu bereinigen, das werden Sie wohl mit der kommission bedauern.

Fassen wir nun die Ergebnisse unserer Erörterungen über die versehiedenen Verträge zusammen, um uns daraus ein Gesammturtheil zu bilden , so können wir dabei zwei verschiedene Standpunkte einnehmen.

Wir konnen nämlich zuvorderst fragen: Was bewilligen wir an Frankreich, und was wird uns dagegen von demselben gegeben^ Sodann aber konnen wir ohne Rücksieht hierauf die Vorteile, die wir durch die Verträge zu erlangen hoffen, gegen die Zugeständnisse, die sie uns auferlegen, abwägen, und d^ans die Schlussfrage beantworten, ob es in unserer Eonvenienz liege, sie anzunehmen oder nicht.

Wir beginnen mit der Vergleichung der Zugeständnisse, welche sieh die beiden Vertragseontrahe..teu machen.

Frankreich erossnet uns in Folge des Vertrages seinen Markt, so weit solches gegenüber den andern Vertragsmächten geschehen ist.

Es ermässigt wie zn Gunsten jener, so aneh zu den uusrigen seine Zolle, und erweitert die srühern Konzessionen noch durch eine Reihe von neuen, di... von besouderm Juteresse sur unsere Industrien sind. Wenn auch von unserem Freihandelsstandpunkte aus der ueue französische Taris noch viele all^uhohe Ansähe enthält, welche die Einsuhr mancher unserer Brodukte fast unmoglich machen , oder doch bedeutend hemmen ; wenn serner anzunehmen ist, dass der Uebergang zu einem liberalern Zollsysteme Frankreich eben so sehr ^u gnt kommen wird, als uns selbst . so wird dennoch der uns gestattete Zutritt znm Vertragslarise von il^u als eiue Eoue^.ssion angesehen, sur welche es sieh berechtigt hielt, Gegenforderungen zu stellen.

Der Umstand, dass unser Tarif ie^t wie früher feiner Einfuhr in die Schweiz uoch immer weit günstiger ist , al^ der seinige für uns, kommt natürlich weniger
in Betracht, wenn man sich nur aus den ...Standpunkt der gegenseitigen Eone.essionen stellt.

Welehe Eoneessioneu machen wir nun unsererseits .... .Frankreich^ Es sind in erster Linie die bewilligten Zollermässigungen, so wie die Vergünstige.^.. bezüglich derEo^sumogebühren aus französtsehen Getränken,

697 und die dem Bahs de^ Ge^ gestatteten Einfuhr-Erleiehterungen. Wir haben uns bereits über den Grad der Erheblichkeit dieser Zugeständnisse oben ausgesprochen. Es sind serner die Zugeständnisse, die wir Frankreich bezüglich der Ausnahme seiner Jsraeliten, und bezüglich der von uns zu Gunsten seiner Angehörigen ausgestellten Sehut^arantien machen.

Beides sind Eoneessionen, die bei. den Verhandlungen als nicht unbedeutende konnten geltend gemacht werden. Wir wollen hier nicht wiederholen, was wir über ihre größere oder geringere materielle Erheblichkeit gesagt haben. Die Ue^berzengnng aber haben wir gewonnen, dass wenn wir auch Frankreich grössere Ermässigungen nnserer ^olle hätten bieten können, beziehungsweise, wenn wir von wirklich hohen Ansäen zn bedeutend niedrigere hätten herabsteigen kennen, dennoch die erwähnten beiden Buukte nicht wären ausgewiesen worden. Die Ausschließung der sran^osiseheu Jsraeliten ^u beseitigen, war schon lauge das ^iel der französischen Bemühungen , und das Eingehen iu ein Vertragsverhältniss zum ^chu^e des sogenannten geistigen Eigenthun.s ist nicht etwa blos^ von der Schweiz, sondern von sämmtliehen andern Vertragsstaaten verlangt und zugestanden worden. Dass bei ...ns die formelle Seite dieses Zugeständnisses besondere Schwierigkeiten hervorruft, kommt natürlich sür nnsern Mitkontrahenten wenig in Betracht.

Jm Ganzen gelangen wir zu der Ansicht, da.^ es allerdings wünschenswerth ge.v..sen wäre, n..enn wir einestheils n o ..h gros^ere Zollermässigungen für unsere schweizerischen Produkte hätten erlangen^, auderntheils das Uebereiukommeu über das geistige Eigenthum hätten vermeiden tonnen.

Dennoch glauben wir nicht, da^ vom Standpunkte der gegenseitigen ^u^ gestäudnisse aus einer der beiden Kontrahenten besondere Ursache zur UnZufriedenheit hätte.

, ^ Wir fassen nun den zweiten Gesichtspunkt, der nach unserm Dafürhallen der wichtigere ist, ins A...^, und srageu : Ueberwiegen für uns die durch die Verträge erlangten ^ortheile die von uns bewilligten .^ngeständnisse^ Auch diese Frage wird sich nun leieht beantworten lassen.

Ein reeller und , wie wir gesehen haben , nicht gering anzuschlagender Vortheil erwächst sür uns aus dem Handelsverträge. Die Zugeständnisse, womit wir diesen Vortheil erkaufen, haben wir oben angeführt.

^ür die Eiubusse auf unfern Zollen
dürfen wir in dem vergrößerten Verkehre bald eine Kompensation erwarten. Die freiere Behandlung der Jsraeliteu können wir als keinen Raehtheil für die Schweiz ansehen , zumal sie über kurz oder lang^dennoeh eintreten müsste. Am meisten ist wohl gegen die Uebereinkunst beglich des sogenannten geistigen Eigenthums einzuwenden. Aber auch diese Zugabe scheint uns von ihrer materielleu ^eite aus betrachtet nieht von ferne derart, da^ sie uns abhalten sollte, die Vorlheile des Handelsvertrages von uns zu weisen; eben so wenig konnten wir a^er zugeben, dass den entstehenden formellen Sehwierigkeiten eine solche Tragweite dürfte zugemessen werden.

6.^ Wir gelangen daher zum S.hlusse, dass sowohl vom Staudpunkte der Vergleichuug dessen, was wir an Frankreich bewilligen und von ihm erhalten, als von demjenigen des Abwägens der für uns ans den Verträgen erwachsenden Vorteile und Jneonvenie..zen ihre Annahme zu rechtfertigen und anzuempfehlen ist.

Wir haben absichtlich die Verträge bisher bloss ihrem materiellen Jnhalte nach i..s Auge gefasst, weil dieser behuss der Benrtheilm.g ihrer Vor- und ......achtele zunächst in Betracht kommt. Wir gel.en nun zu der Untersuchung über, ob sich vom konstitutionellen Standpunkte aus keine Bedenken gegen die Annahme der Verträge erheben. Bekanntlieh sind von verschiedenen Seiten solche laut geworden, und ^ es ist daller doppelt geboten, eine genaue Brüsung anch dieses Theils der Frage vorzunehmen.

Wenn im Allgemeinen zugegeben wird, dass die Vertrage nichts e..thalten, was gegen fundamentale Bestimmungen unserer Bnndesoersafsnng verstosst, so ist dagegen der Einwnrs erhoben worden, es übersehreite der Bund dabei mehrfach seine Kompetenz, und greise in das den Kantonen zugewiesene Reehts^ebiet über. Die Hauptpunkte, die .mau dabei im Ange hat, betreffen die Niederlassung der srauzosis.he.. Jsraeliten, das Uebereiukommen über das geistige Eigenthnm und die Verfügung über die kantonalen Eousumogebühren. Man konnte noch die Befreiung der franzosisehen Handelsreisenden von ^atenttar^en anreihen.

Fassen wir nun, um uns ein Urteil zu bilden, die ans .^taatsverträge bezüglichen Bestimmungen der Bundesverfassung näher ins Auge.

Der Art. 8 lautet: .,Dem Bunde allein steht das Recht zn, Krieg zu erklären und Frieden zu sehliessen, Bündnisse und S t a a t s v e r t r ä g e , n a m e n t l i c h Z o l l - und H a n d e l s v e r t r ä g e mit dem Auslande eiuzugehen.^ - Ausnahmsweise ist sodann im Art. ..) den Kantonen die Besngniss gegeben, Verträge über Gegenstände der ...^taatswirthschast, des nachbarlichen Verkehrs und der Bolizei mit dem Auslande abzuschließen.

Um nun die Bedeutung, den Umsang und die Schranken dieses Rechts ^u beurtheileu, wird es von Ru^en sein, wenn wir einen Blick aus die Grundlagen der staatlichen Organisation unseres Vaterlandes werfen. Wie es das Wesen eines Bundesstaates mit sich bringt, bestehen bei uns zwei souveräne Gewalten neben einander, die des Bundes und die^ der einzelnen Kantone.
Gewisse Re.hte sind dem Bunde, andere den Kantonen zugewiesen. Die Gräben der beseitigen Kompetenzen su.d in der Weise ausgeschieden, dass alle der Eentralgewalt des Bundes. d.^rch die Bundesversassung nicht vorbehaltenen Rechte in das .^ompet..n^g..biet der Kantone salleu. Der Buudespertrag enthält überdiess gewisse Fundameutalbestimmungeu, die uicht abgeändert werden dürfen, und über die we.^er dem Bunde, noch den Kantonen zusteht, anders zu verfügen.

Wenn wir nun den Artikel 8 der Bundesverfassung ins Auge fassen, so tritt uns zuvorderst eine doppelte Art, Denselben auszulegen, entgegen.

699 Die Einen interpreth.en ihn mehr hn Sinne der Kautonalgewalt, während die Andern in ihm eine bedeutende Ausdehnung der Bundesbefugnisse und eine Beschränkung der kantonalen Souveränität darin finden.

Lassen wir zuvorderst die Erstern sprechen. Sie sagen: Der Bund hat allerdings allein das Recht, Staatsverträ^e einzugehen, er muss aber dabei innert den Schranken der Kompetenz bleiben, die ihm durch die übrigen Artikel der Bundesverfassung angewiesen ist. Er darf also von si.h ans in den Verträgen nnx über Gegenstände verfügen, die in das ihm durch die Bundesverfassung zugewiesene Gebiet fallen, Dinge dagegen, die in die Kompetenz der Kautone gehören, darf er nur mit deren Zustimmung darin aufnehmen. So gehört also z. B. die Reglirung der ^iederlassungsverhältnisse, so weit die^ Bundesverfassung nicht von sich aus darüber statuirt hat, in die Kompetenz der Kantone.

Wir können nun aber, so wenig als der Bundesrath, dieser beSchränkten Interpretation des Art. 8 beistimmen. Rach unserm Dafürhalten ist sie weder durch den Tex^t der Bundesverfassung gerechtfertigt, noch aber in ihrem Sinn und Geiste begründet. Wir erachten vielmehr, es enthalte der Art. 8 die allgemeine Befugniss des Bundes, Staatsverträge abzusehliessen , ohue dass dabei ein Vorbehalt zu Gunsten der Kautone gemacht sei. Mit dem Rechte, Verträge einzugehen, ist nach unserer Ansieht die Besugniss verbunden, über alle diejenigen Gegenstände zn statuiren, die dabei in Betraeht kommen.

Wie unter Vorbehalt dessen, was dem Bunde zusteht, die^innere Verwaltung und Gesetzgebung den Kantonen anheimgegeben ist, so dem Bunde die das Ausland betreffenden Verhältnisse. ^o entnehmen wir der Bundesverfassung , dass einer

der Zweke des Bundes ist: die Behauptung der Unabhängigkeit des

Vaterlandes gegen Bussen (Art. 2) ; ihm allein steht das Recht ^u, Krieg zu erklären und ^ried^n zu sehliessen (Art. ^) ; der amtliehe Verkehr zwisehen Kantonen und auswärtigen ^taatsregierungen muss durch Vermittlung des Bundesraths stattfinden (Art. 10). der Bund kann fremde, welche die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährden, ans dem schweizerischen Gebiete wegweisen (Art. ^).

^o geht aus dem ganzen Jnhaite der Bundesverfassung hervor, dass dem Bunde dieses F r e m d e n rech t, wenn wir uns so ausdrucken dürfen, allein anheimfällt. Hätte die Bundesverfassung den Bund hierin beschränken wollen, so ^hatte der bestimmte Vorbehalt ausgenommen werden müssen, das. er bei der Ausübung seines ihm ^stehenden Rechtes, ^taatsverträge einzugehen , von sieh aus nur solche Materien erledigen dürfe, die ihm kraft seiner ihm anderweitig durch die Bundesverfassung vorbehaltenen Rechte zukommen, dass dagegen in allem Uebrigen. ein Ein^erständniss mit den Kantonen nothig sei. Es ist aber nieht gedenkbar, dass nmn ini Jahre 1848, wo die Rechte des Bundes nach allen Seiten hin ansgedehnt wurden, ihm in der so wichtigen Materie unserer Verhältnisse zum .^nslande so sehr ^die Hände hätte binden wollen. Weun de^u Art. 8 eine so enge Deutung gegeben werden wollte, so wurden

700 wir osfenbar rnckschreiten hinter das, n..as sehon unter der alten Versassnng geschehen .ist. ^o ist der im Jahr 1828 mit Frankreich äbgeschlossene Vertrag, betreffend verschiedene nachbarliche, gerichtliche und polizeiliehe Verhältnisse. bereits durch ..Stimmenmehrheit der Kartone angenommen worden.

Jn Kurzem lassen sieh die Julerpretationen , die man dem Art. 8 geben kann, so zusammenfassen. ^ach der eineu erwächst sür den Bund ans diesem .Artikel uur ein s o r m e l l e s Recht, das in dem Verhallnisse seiner Kompetenz zu derjenigen der Kantone nichts ändert. nach der andern erhalt er dagegen in Folge von Art. 8 ein neues m a t e r i e l l e s Recht, welches gleieh den andern ihm durch die Bundesverfassung zugewiesenen Befugnissen seine Kompetenz erweitert, und in demselben Umfange die Souveränität der Kartone beschränkt.

Die Botschaft des Bundesrathes weist Jhnen nach, dass in der bisherigen schweizerischen Staatspra^is stets die weiter gehende Jntexpretation des Art. 8 festgehalten worden ist. So hat der Bund von si.h aus, um uur e i n Beispiel ^u erwähnen, ^iederlassungsverträge abgeschlossen. Rnn ist aber, wenn man vom Art. 8 Umgang nunmt, nirgends in der Bundesverfassung dem Bunde das Re.cht vorbehalten, über die Riederlassnngsverhält..isse der Ausländer zu verfügen. Man müsste also annehmen, es .gehore diese Materie in die Kompetenz der Kantone, und uur mit ihrer allseitigen Zustimmung konnten solche Verträge eingegangen werden. Bekanntlich ist aber dieser Auffassung in keiner Weise Folge gegeben worden. Der Bund hat s..hon mehrere ..^iederlassungsverträge abgeschlossen, ohne dass es Jemanden eingefallen wäre, seine Kompetenz da^u zu bestreiten. Diese Kompetenz kann aber allein ans den. Art. 8 hergeleitet werden, und zwar uur bei Annahme einer nieht zu beschränkten Interpretation desselben.

Ma^. wurde nun aber zu weit gehen, wenn man annehmen wollte, es seien der .Besugniss des Bundes zum Absolusse von .^..taatsverträgen gar keine .^ehranken gese^t. Wenn wir aneh nieht zugeben konnen, dass solche aus dem Art. .^ konnen hergeleitet werden, so finden sie sieh dagegen in^ den Fundamentalbestimmnngen der Bundesverfassung, die über dem Eompetenzkreise sowohl ^es Bundes als d^r Kautone stehen, und in den den Kantonen, in Beschränkung der Bundesgewalt, ansdrücklieh garautirten Rechten. ^o ist also selbstverständlich, dass der Bnnd in einem ^taatsvertrage nichts ausnehmen ^arf, wodurch die Unabhängigkeit d..s

Vaterlandes gegen Ausseu gefährdet wär.^; er darf nicht .^e Verbindlichkeit eingehen, die ^resssreiheit zu beschränken.

Nationen abschließen u. a. m.

er darf keine Militärkapitu-

Ebenso muss aber angenonnnen werden, dass diejenigen Rechte, welche, in Beschränkung der dem Bunde übertragenen Befngnisse, den Kantonen dnrch die Bundesverfassung ausdrücklieh ^ garantirt sin- , durch den Bnnd nieht beeinträchtigt und aufgehoben werden dürfen. Wenn also die Bun^.

701 desversassnng den Kantonen ausdrücklieh Einuahms.^ne.len, wie die Zollund Bost..utsehädiguugen oder die Eousumogebühren garantit, so kann der Bund in Verträgen keine Verfügungen tressen , welche in jene gewährleisteten Rechte eingreifen würden.

.^omit gelangen wir zu folgenden Ergebnissen: ^..er Art. ^, der dem Bunde das Recht gibt, Staatsverträge mit dem Auslande einzugehen, beschränkt, wie andere dem Bunde vorgehaltene Rechte, die Souveränität der Kantone; dagegen ist er seinerseits beschränkt durch die allgemeinern, in der Bundesverfassung niedergelegten Fundamentalbestimmungen, und durch Rechte, die d^n Antonen, in Beschränkung der Bundesgewalt, durch die Bundesverfassung ausdrücklich garantit sind.

Wir wollen hier sofort einem Einwnrse begegnen, der uns kann entgegengestellt werden. Wird nieht dem Bunde auf diese Weise eine allzuweit gehende Gewalt eingeräumt^ ....^inl^t nicht die Souveränität der Kautone ^n einen. Nichts herab, wenn der Bund kraft seiner unbeschränkten Befugniss, mit dem Auslande Verträge ab^uschliesseu, srei über alle sonst der Kautonälsouveräuität ^usalleudeu Materien verfügen kann. wenn er nicht nur über die Ausenthaltsverhältnifse der Ausländer statuirt, sondern wenn er selbst in .das Gese^gebungsreeht der Kantone^ eingreift, und zu Gunsten von Fremden Geseze ausstellt, die rein in das Gebiet der Kantonalsouveränität gehoren, und ni^.ht einmal aus dem Wege der Bundes. gesel^bung erlassen werden konnten^ Wird dadurch uieht das gute Einvernehmen zwischen Buudesgewalt und Kantonen zerstort^ ^roht uieht durch solche Eonsliete unseren gesummten Slaatsorganismus die Gefahr vou Zerrüttung und Auslosung^ Wir sind weit davon entfernt, nicht einzusehen, dass solche Besorgnlsse erhoben werden konnen, und dass ste nicht einige Begründung haben.

Ab...r wir geben uieht ^n, einesteils, dass dadurch die Rechtsfrage modifizirt werde, anderntheils, dass uieht au.h bei einer entgegeugesel^teu ^lusleguug Uebelstände, und ^oar noch grossere, sieh ergeben ^werden.

Und in der That wird man wohl nie annehmen kennen, dass eine Re.htst^orie nach entsprechenden Vortheilen oder Jneonvenienzen beurtheilt werden dürfe. ^ie. ist entweder richtig, oder sie .st falsch. Jm le^tern ^alle fallen .uit il^r die Eonse^uen^en dahin.^; im erstern u^uss man eutweder die Jneonvenien^en mit in den Kauf
nehmen , oder wenn sie ^u ^ross sind, deu Grund des Uebels au der Wurzel fassen , u^.d die Fundamentalbestimmungen, aus denen si..h die Jneouveuieu^e^. ergeben, ändern.

Allein, konnte man einwerfen, eine Jnterprelation muss doch immer anch nach ihren Konsequenzen benrtheilt werden. Sind diese Eonse.^nen^eu ^. B. derart, dass der. oberste Gruudsa^ eines gedeihliehen .Staatslebens dadurch gefährdet wiirde, so kann mau vera^lasst werden, sich mehr einer andern Auslegung zuzuwenden. Welches wären nun aber die folgen der Annahme einer beschränktern Juterpretatiou des Art. 8, wie wir solche oben aus einander gese^t habend Keine andern, als dass dem Bunde die

702 Hände so sehr gebunden wären, dass in unfern von Tag zu Tag wichtiger werdenden Beziehungen zum Anslande die wichtigsten Fragen nicht anders als im Einverständnisse mit den Kantonen konnten geordnet werden, ein Weg, der, wie die Erfahrung lehrt, in der Regel entweder gar nicht, oder doch nur sehr laugsam zum ^Ziele führt. Jedermann weiss ja, wie schwierig es ist, aus dem Wege vou Konkordaten zu erklecklichen Resultaten zu gelangen. ^ie Jnteressen und Ansichten der verschiedenen Kantone gehen in vielen Materien so sehr aus einander, dass man sie selten alle zu einem .......escusse vereinigen kann. Auf der andern ^eile wissen wir, wie sehr die einheitliehen Staaten, mit denen in nähere Beziehung zu treten unsere allgemeinen Jnteressen erheischen, Abneigung zeigen, in Vertragsverhältnisse einzutreten, die nicht ini ganzen Umfange der Eidgenossensehaft gelten. Es mogen die hieraus entspringenden Uebelst.anoe in srühern Zeiten , wo der Verkehr und die Beziehungen der verschiedenen Rationen zu einander noch eine geringere Bedeutung hatten, ais heute, .

weniger fühlbar gewesen sein. Heutzutage müssten wir solche Verhältnisse als überaus schädliche, und das Gedeihen und die Wohlfahrt unseres Vaterlandes hindernde ansehen.

Wenn man also in der weitern Anslegung des Art. 8 die Gefahr erblickt, dass der ^nnd veranlaßt wird, ^u sehr in das Rechtsgebiet der Kautoue überzugreisen , so glaube mau deswegen nicht, es führe die beschränkten Auslegung nicht auch ihre bedeutenden Jneonvenienzen mitsich.

Wir gestehen offen, dass wir diese ledern, die in einer allzu gr^f.en .^efehränkung der .^undesgewalt in Bezug aus Verträge mit dem Anslande, und in den daraus folgenden Konsequenzen, ihren Grund . haben , als weit bedeutender ansehen, als .^ie andern. Hier. liegt das Uebel. in den schwer zu ändernden Verhältnissen, die ihren Einsluss ft...ts geltend maehen müssen. Gegen zn weit gehende Ausschreitungen der Bundesgewalt dagegen liegt das Heilmittel schon in unserer staatliehen Organisation.

Ueber den .^onflieten unserer beiden neben einander bestehenden Couveranitäten steht der gesunde ...^inn unseres Volkes und seiner Vertreter. Sie werden zu beurtheilen wissen,^ in wie weit die beiden Gewalten steh gegenseitig zu berücksichtigen und einander nachzugeben haben, damit die Wohlfahrt und das Gedeihen des Vaterlandes
nicht Schaden lei^e.

Wir gehen nun über zur .Anwendung der bisherigen Erörterungen auf die speziellen Fragen, die bei den mit Frankreich abgeschlossenen Verträgen in ^etraeht kommen. Beginnen wir mit derjenigen, die als die wichtigste im Vordergrunde stellt. Jst der ^und kompetent, den franzostsehen Jsraeliten die Niederlassung durch .^taatsvertrag zu gestatten^ Untersuchen wir näher, was die Bundesverfassung in Niederlassung^flehen ..festsetzt. .^ie sagt im Art. 41 : ^er ..^und gewährleistet allen Sehweizerbürgern , welche einer der ..hristliehen Konfessionen angehoren, das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umfange der Eidgenossen-

sehast.^

703 Rach den frühern allgemeine Erörterungen gehen wir natürlich zuForderst davon aus, es sei der Bund besugt, den christlichen Fran^ zosen Riederlassnugsre.hte ^u ertheilen. Rimmt man diess nicht au , so versteht sich von selbst, dass er auch den frau^osischen Jsrael.ten die Riederlafsnug nicht gestatten darf. Von der obigen Voraussetzung ausgehend,

reduzirt sich die Frage also dahin : Erstreckt sich die Befnguiss des Bundes auch ans die Juden, oder^ bestehen, in Be^..g auf diese, besondere Bes^räukuugen ^ Wie wir gezeigt haben, konueu dem Bunde ^ugewieseue Befugnisse nach ^wei Richtungen begrenzt sein, einesteils durch ^undamentalbestimmungen , die in die Bundesverfassung niedergelegt , anderntheils durch Rechte, die den Kantonen ausdrücklich garautirt sind.

Untersuchen wir, ob eine Schranke der einen oder der andern Art

wirklieh besteht.

Eine Fnndamentalbestimmung, welche hierauf Be^.g hätte, lässt stch in der Bundesverfassung nicht finden. ^..r Art. 41 enthält teine solche.

Er spricht in keiner Weise aus, dass die ausländischen Jsraeliten sieh in der Schweiz nicht niederlassen dürs.^u. Er spricht nicht einmal ein V e r b o t der Niederlassung sür die schweizerischen Juden ans. Jedermann wird zugeben, dass es eine gan^ unrichtige Jnterpretation des Art. 41 wäre, wenn man aus demselben folgern wollte, es dürfe den sehweizertsehen Jsraeliten die Niederlassung in einem andern, als ihrem Heimathkautone gar nicht gestattet ^werden.

Also findet sich in der Bundesverfassung nirgends ein Verbot der Niederlassung ausländischer Jsraeliten , wie sie dagegen allerdings eines,

bezüglich des Ordens der Jesuiten, enthält.

Aber eben so wenig ist in der Bundesverfassung den Kantonen ein

Recht garantirt, welches die Befugnisse des Bundes in Beziehung auf die Niederlassung der fran^osischeu Juden beschränken würde.

Betrachten wir den Art. 41 näher, so sehen wir, dass er überhaupt den Kautouen gar kein Recht garautirt, sondern da^ er im Gegentheil eine Beschränkung ihrer Souveränitätsreehte enthält. Es ergibt sich das sofort aus einer genauen Betrachtung der Verhältnisse. ^ie Riederlassung bezüglich der ^.hwei^erbürger ist eine innere Angelegenheit, deren Regelung nicht d...r Bundesgewalt vorbehalten. ist, die also nach Art. 3 ein Ausfluss der .^antonalsouveränität bildet. ^er Art. 41 beschränkt nun aber die Kantone durch die Fundamentalbestimmung, dass allen Schweizern christlicher Religion das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umsauge der Eidgenossensehast gewährleistet sei. Er begräbt also das ^ouveräuitätsreeht der Kantone bezüglich der Niederlassung e i n e s Theils der schweizerischen Bevölkerung. Bezüglich des a n d e r n Theils, der Richtehristen, spricht er dagegen keine Besehränknng aus, und es ver-

bleibt daher die Ordnung der Riederlassungsverhältnisse dieses Theils den

Kantonen. ^ass also die schweizerischen Juden sieh in einem Kantone nicht niederlassen dürfen, wenn er ihnen solches nicht gestattet, ist nicht

704 eine Folge des Art. 41 , sondern emauirt einfach aus dem Art. 3 der Bundesverfassung, welcher ansspri.l.t, dass^ die Kantone souverän sind, so weit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist, und dass sie als solche alle Rechte ausüben, welche nicht der BnndesGewalt übertragen sind. Der Art. 41 ^arantirt also den Kantonen durchaus kein Recht bezüglich der schweizerischen Jsraeliten ; noch viel weniger

spricht er ihnen ein solches bezüglich der ausländischen zu.

Wir gelangen also zum Schlusfe, dass die den.. Bunde. krast Art. 8 Anstehenden Befugnisse in Betreff der fremden Jsraeliteu weder durch eine F.indamentaIbestimmung d^.r Bundesverfassung, noch durch ein den .Kantonen garantiras Re.ht beschränkt sind, und dass mithin die Frage, ob er kompetent sei, den fremden Juden die .Niederlassung zu gestatten, bejahend muß beantwortet werden.

Mau hat nun aber den Beweis der Unrichtigkeit dieser Anschauung besonders auch aus indirekte Weise leisten wollen, indem man nachzuweisen suchte, dass man bei Annahme derselben aus unzulässige Schlüsse gelange.

Eine solche ^ehl..ssfolgeruug, und es ist die nachstrebende, ist schon in der Botschaft angeführt, und da es wichtig ist, dass mau das Wahre und das .falsche in derselben ausscheide, so .wollen wir dieselbe ebenfalls ius Auge fassen. Man schliesst nämlich in sollender Weise : Die schweiprische.. Jsraeliten sind vom Rechte der freien Niederlassung ausge^ fchlossen; daraus folgt, dass die Bundesverfassung die ausländischen Jsraeliteu ebenfalls ausschließen wollte, denn sonst würden die Fremden mehr Rechte erhalten, als die ...^chwei^erbürger.

Wir geben vor Allem ^u, dass wenn der Bund ausländischen Jsraeliten Rechte zugesteht, ^ie ihren schweizerischen Glaubensgenossen uieht zukommen, dadurch eiu Zustand begründet wird, der mit der Würde und Ehre unseres Vaterlandes nieht vereinbar ist.

Wir geben aber in keiner Weise zu, dass man hieraus einen richtigen ^chlnss aus die Rechtsfrage .ziehen konne. Wir glauben vielmehr, es müsse i^ Folgendem die .^os....g gesunden werden. Den. Bnnde ist kraft Art. 8 anheimgestelit, die Verhältnisse der Ausländer, der ^chu.ei^ gegenüber, zu ordnen, wie und wann er es fur angemessen eraehtet. Die allmälige Entwicklung der hieraus exwachsenden Zustände ist also seine S a ehe, wie hinw..edernm die Entwicklung des innern kantonalen Lebens den Kantonen Ansteht.

Wie die Kantone hierin durch den Bund nicht dürfen gehindert werden, so dieser nicht durch die Kantoue. So würde es dem Bunde in keiner Weise zustehen, den Kautoueu Schwierigkeiten zu machen, wenn sie den Forderungen unserer Zeit nachgeben , und den schweizerischen und selbst den ausländischen Jsraeliten die freie Niederlassung gestatten wollten.

Eben so wenig dürfen aber die Kantone sich einer solchen freien Ent^ wickluug der Bundesbefngnisse entgegenstellen. Weun nun ans einer Ungleichheit in der Entwicklung des Bandes- und des kantonalen Restes

si.h der Uebelstand ergäbe, dass die ^chwei^erbürger künftig schlechter

705 gestellt waren, als Ausländer, so kann das in keiner Weise ein Grund sein, um den Bund an der Ansübuug eines ihm^usteheuden Rechts zu ^hindern. Es wäre eiue solche Hemmung aber um so weniger gerechtfertigt, wenn es sich um eine Verfügung handelt, wo sowohl uusere Ehre als praktische Rücksichten ein freieres Vorgehen fordern. Es mnss also der eru^aehseue Uebelstand auf andere Art gehoben werden, die mehr im Einklange mit dem steht, was die Zeitumstände von uns verlangen.

Es würde das wohl am ehesten dadurch erreicht, dass die^ Kantone dem Bunde folgen, und Beschränkungen, die sich nicht mehr rechtfertigen lassen, auch ihrerseits ausheben würden.

Wir sind weit davon entfernt, behaupten zu wollen, der Bund kouue die Kantone hiezu zwingen. Wir wollen nur nachweisen, dass die Rechtsfrage durch Schlußfolgerungen, wie die oben ausgestellten, nicht präjudizir.t werden konne, und dass, wenn gewisse abnorme Erscheinnngen als Folge zweier neben einander bestehender Souveränitäten vorkommen, diess nicht zu einer einseitigen Beschränkung der einen oder der andern verleiten darf.

Man wirft sodann ferner ein, dass bei Aufstellung der Bundesverfassnng i.... Jahr l ^48 .^ie Sache offenbar nicht anders verstanden worden sei, als dass man mit den Schwei^er-Juden die ausländischen von der Niederlassung habe aussehließen Bollen. Aueh seither sei diese Ausfafsuug immer festgehalten worden.

Dass im Jahr 184^ bei vielen Kantonen gegen die Ausnahme von Jsraeliteu noch eiue Abneigung vorhanden .oar, und dass mau Dieser Abneigung dur.^h di.^ im Art. 4I liegende Beschränkung Rechnung tragen wollte, wollen wir annehmen. Dass man aber damals die Bundesgewalt in ihren Rechten b^ugli.h der Verhältnisse der Ausländer so weit beschränken wollte, wie es nun will abgenommen werden, das wäre ossenbar zu viel behauptet. Jedenfalls hat mau einer so weit gehenden Ausfassuug ini Bundesvertrage keinen Ausdruck verliehen , und wir sind weder verpflichtet noch berechtigt, aus solchen Gründen eine Jnterpretation anzunehmen, die im ....^te der Bundesverfassung in keiner Weise ihre RechtFertigung findet. Jn der Regel ist jede Verfassung ein Eompromiss verschiedener auseinander gehender Absichten., u.^ je nachdem einem Gedanken Dieser oder jener .^nsdrnek verliehen wird, findet sich fur denselben eine Majorität oder .nicht. Man wird
daher immerhin am wenigsten irre ^ehen, wenn man sich bei Auslegungen zunächst an den Ter^t hält, und ui..ht zu sehr dana^.h fragt, .vas mau wohl zur Zeit der Ausstellung d^.r Verfassung mit einer darin ausgenommenen Bestimmung bezweckt habe.

Wenn nun uieht zu bezweifeln ist, dass bisher die ^ache vielfach anders angesehen worden ist, so muss man fiirs Erste ui.ht verkennen, dass n.an noch bei keiner Gelegenheit Veranlassung nahm, sie mit der nothigen Sorgfalt und Gründlichkeit zu prüfen. Wenn bei frühern Verträgen ^ie Judensrage aueh zur Sprache kam, so stellte sie sieh doeh n.ie sosehr in

706 den Vordergrund, dass es nothwendig gewesen wäre, sich über das Grundsacche derselben naher einzulassen. Als der im Jahr 1862 mit Holland abgeschlossene Vertrag von den Generalstaaten nicht ratifiât w..rde, ergab sich zum ersten Mal eine praktische Veranlassung , die Rechtsfrage näher ins Ange zu fassen. Dass übrigens schon in oer im Jänner 1.^63 vom Bundesrathe veranstalteten Eonferen^ von Delegirteu aller schweizerischen Kantone die heute vom Bundesrathe vertretene und pon uns angenommene Ansicht sich mehrfach geltend machte, können Sie aus den .Protokollen jen^.r Versammlung entnehmen. Jm Uebrige.., warmu sollte mau es läng.^ nen, dass in Dingen, wo eine Ansicht scheinbar die Wahrheit a...s ihrer ^eite hat, Jrrthnm gar wohl vorkommen kann, und dass se mehr sich derselbe verbreitet, er um so weniger angezweifelt wird.

Sollen wir endlich noch die Sehi.^lichl^itssrage auswerfen ^ Wäre es der Ehre und Würde der Schweiz nicht angemessener, znerst .^ie Sehranken zu beseitigen, die der freien Niederlassung der s.^wei^erisehen Juden entgegenstehen,^ bevor man den Ausländern Rechte einräumt, .^ie Jenen noch nicht zukommen ^ Wir nehmen keinen Anstand, diese Frage bedingungsweise zu bejahen.

Wenn es sich, ohne dass eine besondere Veranlagung dazu vorhanden wäre, im Allgemeinen darum handeln würde, den franzosischen Jsraeliten das ^iederlasfungsreeht ^u gestatten, so würden wir dnrehans der Ansieht sein, es sollen zuerst die bezüglich der schweizerischen Jsraeliten bestehenden Beschränkungen weggeräumt werden. Dagegen gestehen wir, dass, wie die Sachen nnn stehen, es uns nicht angemessen schiene, ^e Ratifikatiou der Verträge aufzuhalten, bis diese Vorfrage erledigt wäre. Es

muss hier die Wichtigkeit der Sachlage ins Auge gef^t werden, und wir

könnten nicht dazu rathen, aus Rücksiehteu u^ehr for.neller Ratnr die Annahme der Verträge, die wir ini Uebrigen für angemessen eraehten, und deren Jnsiebentreten mit Ungeduld von einem grossen Theile unserer Be..

völkerung erwartet wird, aufs Unbestimmte zu verschieben, und dieselben dadurch vielleieht wieder in Frage zu stellen.

Wir sind dagegen einstimmig der Ansieht, dass der Uebelstand, wonaeh die ausländischen Jsraeliteu mehr Rechte hätten, als die schweifemischen, nicht dürfe bestehen bleiben. Wir sehen es daher als ein nnabweisbares Gebot der Gerechtigkeit an, dass aus den Fall der Annahme der französtsehen Verträge sofort die geeigneten Sehritte eingeleitet werden, um die Beschränkungen zu beseitigen , die der Niederlassung niehtehristlieher Schweizerbin.ger entgegenstehen. Ueber die Art und Weise, wie dabei vorangegangen werden soll, behalten wir uns unsere Anträge vor, wenn der Nationalrath in ^.aehe.n einen Besehluss gesagt haben wird.

. Wir gehen nun zur zweiten Eo^npetenzfrage über, derjenigen, die man in Betreff der in der Uebereinknnst zuni gegenseitigen Sehnte des litterarisehen, künstlerischen und gewerblichen Eigent.hu^ns enthaltenen Gefe^esbestinunungen aufwerfen kann.

707 Jst der Bund ^um Erlasse eines Gesezes befngt, über eine Materie, deren Regulirung den Kantonen zusteht^ Rach dem, was wir im Allgemeinen über die dem Bunde ans dem Art. 8 erwachsenden Rechte gesagt haben, können wir uns hier kurz faffen. Wir erachten, dass durch Ausstellung der zum Schule fra.^osischer Angehörigen erlassenen gesetzlichen Bestimmungen weder ein Fundamentalst^ der Bundesverfassung, noch ein den Kautonen garantiras Recht verlebt sei. Dagegen müssen wir zugeben, dass der Bund allerdings seine Besnguiss hier in einer Weise ausdehne, die ^war nicht der Bundesverfassung zuwiderläuft, die aber s^ars in die sonst den Kantonen allein zustehenden Re.hte eingreift. Unter andern Umständen müssten wir dah..r finden, . es sei diese übergroße Anspannung der Rechte des Bundes, wenn auch nicht eine unerlaubte, so doch jedenfalls keine angemessene. Wir haben bereits früher darauf hingewiesen, welche formale Einwendungen man gegen das eingeschlagene Verfahren erheben konne, und wie si.h dasselbe allein dadurch rechtfertigen lasse, dass man nicht wohl anders machen konnte. dieselbe ^Entschuldigung muss uns über die Bedenken weghelfen, die sich in Betreff einer ^u ausgedehnten und ..^enig angemessenen Anwendung .eines Bundesrechtes ergeben.

Wir hoffen, die Kantone werden ihrerseits anerkennen, dass es si.h hier um eine politische Notwendigkeit handelte, wobei eine all^ugrosse Empfind-

liehkeit über Eingriffe des Bundes iu Befugnisse, die ihnen sonst überlassen bleiben, nicht gerechtfertigt wäre.

Wir kommen nun auf einen legten ^unkt zu sprechen, wo uns allerdings der Bund die Gräben seiner erlaubten Befugnisse ^u überschreiten scheint : es betrifft diess die an Frankreich gemachte Eom.ession in Betreff der kantonalen Eonsumogebül^ren ans Weinen und Branutweinen. .^ Jm Handelsverträge wurde das Zngeftänduiss gemacht, dass die besagten Gebühren auf französischen Getränken nicht ..rhoht und, wo solche noch nicht bestehen, keine eingeführt. werden dürfen ; dass ^assweine jeder ^lrt der dermaligen niedrigsten Gebuhr für solche Weine unterliegen solleu ; und dass endlieh, wenn eiue Verminderung der Gebühren sür schweizerische Getränke eiugesührt würde, solche auch den sran^osisehen ^u gut kommen solle.

^ie ^rage ist nun: Stand dem Bunde die Kompetenz ^n, diese ZuGeständnisse ^u macheu ^ Ra.^h dem, was wir früher. bezüglich der Beschränkung der Rechte des Bundes aus einander gesellt haben, müssen wir diese .^rage verneinen.

Es handelt fi.h na.h unserm Dafürhalten hier um ein den Kantonen durch die Bundesverfassung ausdrücklich garantîtes Recht, das ihnen weder genommen, noch geschmälert werden darf. Erlauben .^ie uns, diess näher ^u begrüuden.

Art.

Der Art. 23 macht das Zollwesen zur ^ache des ^Bundes.

Der 2.) gewährleistet freien Kauf und Verkauf. freie Ein-, Aus- u..d

708 Durchfuhr von einen. Kantone in den andern. Ossenbar finden diese beiden Bestimmungen auf die Eonsumogebühren ihre Anwendung. .^ie würden die Kantone in ihrem freien Verfügungsrechte über die genannten Steuern beschränken. Run macht aber die Bundesverfassung einen Vorbehalt ^u Gunsten der Kantone, wodurch umgekehrt die dem Bunde zugewiesenen Rechte bekränzt werden. Sie verordnet im Art. 32, dass es den Kantonen gestaltet sei , von Wem und audern geistigen Getränken Eonsumogebühren zu erheben. Es wird also die Bundesgewalt in den.

ihr durch Art. 23 zustehenden Rechte zu Gunsten der Kantone ausdrücklich durch Art. 32 beschrankt, und es kann nicht angehen, dass sie nun einen an^.rn Artikel der Bundesverfassung, beziehungsweise ein anderes ihr zukommendes Recht, wie ^as im Art. 8 enthaltene, in Anspruch nehme, um den Kantonen sene ihnen ausdrücklieh gewährleistete Besngniss zu schmälern. Wir kommen daher zum Schlösse, dass es den. Bunde nicht zustehen konne, über den Bezug der Eo^.sumogebühren zum Raehtheile der Kantone zu verfügen.

Die kommission ist der Ausseht, es wäre der Fall gewesen, dass sich

der Bundesrath bezüglich dieser Angelegenheit mit den Kantonen ins

Einvernehmen gesetzt hätte. Sie zweifelt nicht, dass dieselbe in Folge dieses Schrittes in angemessenerer Weise zur Erledigung gekommen wäre,

als es je^t der Fall ist. Vor A..schluss des am .l l. Dezember t862

mit ^em Königreich Belgien vereinbarten Vertrages , wo eine ähnliche Eoneession bezüglich der belgischen Branntweine und Li^neure gemaeht worden ist (Siehe amtl. Samml. ^ll, S. 497), wurden die Kantone ebenfalls darum begrüsst, und sie hätten sicher erwarten dürfen, dass man au.h je.^t wieder in ähnlicher Weise verfahren würde.

Wenn nnn Jhre kommission erachtet, es sollen die begründeten Anstände in Betress der ans den Eonsnmogebnhren gemachten Eoneesston dennoch ^u keinem Hindernisse der Annahme der .^rlräge gemacht werden, so lässt sie sich dabei dnreh solgen^e Beweggründe leiten. Materiell sind die gemachten Zugeständnisse von keinem grossen Erheblichkeit. Die Kanto..e, welche Dermalen keine Eousuu.ogebühren erheben, werden nicht wohl da^u kommen , auf fremde Weine (auf schweizerischen ist ihnen solches ohnehin untersagt) neue Eonsumogebühren ^u legen.

Diejenigen Kantone aber, die durch die Aushebung des Unterschiedes in der Verzollung von gemeinen und von sogenannten Lu^usweinen) eine Einbusse erleiden, gehoren ^u denen, die dureh den Handelsvertrag ^wesentliche Vortheile er^.

langen. So kann man allerdings die .^ossnung aussprechen, dass die Kau...

tone das von ihnen gesorderte ^pser bringen und keine Reklamationen erheben werden. Dagegen wünscht sich die Commission bestimmt dahin zu verwahren. dass aus diesem Vorgauge den Kantonen, be^ügli.h der ihnen durch den Art. 32 garautirten Rechte, in keiner Weise ein Rachtheil eutstehen solle. ....^ie ist übrigens der Ansicht, dass wenn auch die Kautone

uiel.t, wie Waadt beim belgischen Vertrage, einen Vorbehalt bezüglich

der ihnen durch Art. 32 garantirle.. Re^te machen würden, dennoch eine

70..)

ausdrücklich in der Bundesverfassung garantite Besuguiss nicht konnte geschmälert werden. Es dürfte vielmehr daraus nur aus ein stillschwelgendes Zugeständnis.. im gegebeneu Falle geschlossen werden.

Wir müssen im .^Uebrigen bedauern , dass mau bei den l.lnterhaudlungen nicht getrachtet hat , dieser Schwierigkeit aus andere Weise aus dem Wege ^u gehen. Materiell ist, wie wir gesehen haben, die Saehe für die Schweig von keiner besondern Erheblichkeit. Sicherlich ist sie es aber noch weniger für Frankreich. Wenn es au.h Werth darauf se^te, die schweizerische Besteurung seiner verschiedenen Weine aus einfacher^ Grundsätze zurückzuführen, ^ so war das doch keine Sache von Bedeutung.

...^as s r a u ^ o si s eh e Zollsystem zeichnet sich, wie Sie aus dem Tarife vielfach entnehmen kennen, auch nieht durch übergrosse Einfachheit aus.

Frankreich hatte dagegen von Anfang an Gewicht daraus gelegt, eine Ermässiguug des allgemeinen schweizerischen Wein^olls zu erlangen. ^iese Forderung wurde aber schweizerischerseits des bestimmteste.. abgewiesen und, wie uns scheint, aus Gründen, die sich wenigstens theilweise nicht wohl rechtfertigen lassen. Wenn nämlieh zugegeben werden mnss , dass der schweizerische Weiu^ol.. einen Hauptbestandteil unserer Zollintraden ausmacht, und dass man daher allerdings nieht darau rütteln dars, ohne den gesammten Zolltarif zu gleicher Zeit mit ins Auge zu fass^.u, so lässt steh doch nicht leugnen, dass eine etwaige Ermässigung, wodurch man ^ie den Kantonen garantirteu Eonsumogebuhreu h^te bei ...^eite lassen können, sich wohl gerechtfertigt h^tte. Wir haben aber aus den Aeteu die UeberBeugung gewonnen, dass ein anderer Beu^.g^ru..d l^ier eben so stark, wir mochten selbst sagen, uo.h stärker sich geltend gemacht hat: es ist diess die Berücksichtigung der sehwei^erischen Weiuprodu^euten , die Alles anwendeten, um eine Ermässigung des Weiu^olls zu verhindern. Wir ge^ stehen nnn aber, dass iu einem. Lande, wo mau die belebeude ^rast des ..Grundsatzes der Haudelssreiheit so sehr anerkennt und iu Ehren hält, und wo man vou einem Broteetionss^steme mit Recht nichts wissen will, weil mau einsieht, dass ein solches zn unserm Ruine aussehlagen würde, es sich sonderbar ausnimmt, wenn ausnahmsweise ein Produktionszweig in besonderer Weise begünstigt wird, und aus Unkosten der Konsumenten
ein Vorrecht haben soll. Es ist das um so .weniger zu rechtfertig^., als .

der Wein bei uns in der Schweiz wohl ^u den notwendigen Lebensbedürsnissen gerechnet werden darf, und als man ....eiss, wie sehr die Weinproduction, hauptsächlich in Folge der grossen ^erkehrserleiehternnge^:, ^u hoher Prosperität gelangt ist.

Es ^eigt sich aueh da wieder, dass wenn man beim ^reihandelss.^steme nicht eine eiserne Eonse.^uen^ beobachtet, es nachher schwer ist, von den überall so leicht Eingang findenden Jdeen des Schuhes der nationalen Arbeit und der nationalen Produktion sich wieder srei zu machen.

Uebersehen wir nun zum ..^ehlusse das ganze Gebiet unserer Untersuchuugeu, so gelangen wir ^u folgendem Endergebnisse:

710 1) Es stehen keine konstitutionellen Hindernisse im Wege, veranlassen konnten, die Vertrage nicht anzunehmen ;

die uns

2) es enthalten die Vertrage nichts, was der Ehre und Würde der Eidgenossenschaft entgegen wäre; 3) im Hinblicke aus ihren gesammteu materiellen Juhalt sind die von uns gemachte.. Zugestandnlsse gegenüber den Vortheilen, die sür uns ans dem Handelsvertrag^ erwachsen, gerechtsertigt.

Wir beantragen daher einstimmig bei Jhnen die Ratifikationen der Verträge.

Unsern Bericht glauben wir ab^.r ni.ht besser schlössen zu können, als wenn ....ir auch unserseits unsere volle .^nkennung aufsprechen über die .^lrt und Weise, wie von unserm ..bevollmächtigten, Herrn Minister K e r n , diese Angelegenheit zu Ende gesülzt worden ist. Wir haben aus den Aeten die Ueberzeugung geschöpft, dass er m.t Liebe und Hingebuug die Jnteressen unseres ^aterland....^ wahrgenommen und mit eben so grossem Geschicke, als mit anhaltender Ausdauer und Beharrlichkeit die Schwierigkeiten, die sieh dem Absehlusse der Verträge entgegenstellten, überwunden hat.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung ..^oehachtung.

unserer vollkommensten

Bern, den 2. September 1864.

Rameus der kommission , Der Berichterstatter .

A. ^t^elin^nnner.

..^o^...

Die kommission bestand au^ den .^erren .

...l. S ..a h e l i n .. B r u n n ^x ^BaseI^Stad^).

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Su^er

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f a l l e n ) .

^ a m p e r i o (.^enf).

J. ^ü^imann ^urieh).

^ognin (..^aadt).

U. ^h.nann ^Bern).

J. B I um e r (.......larus).

W e l t i ^argau).

.^h.^.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständeraths, betreffend die mit Frankreich vereinbarten Verträge. (Vom .2. September 1^4.)

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1864

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22.09.1864

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679-710

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