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Schweizerisches Bundesblatt.

XVl. Jahrgang. lll.

Nr. 51.

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26. November 1864.

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Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend ^ mächtigung zum Gebrauch der eidgenossischen flagge..

(Vom 25. November l864.)

Tit.l 53 Schweizer in Trieft wendeten sich in einer vom 10. .August 1864 dati.rteu Petition an den B..udesrath mit dem Gestehe , dass die nothigeu Schritte gelhau werden mochten , um die von allen Mächten garantirle schweizerische Neutralität anch auf die Schifffahrt erstreken zu .lassen, welche auf dem Meere, wie auf Flüssen unter der schweizerischen flagge erfolge.

Veranlagt durch die genannten Vetenten erfolgten sodann weitere unterstützende Eiugabeu vou 17 Schweizern in Smyrna und 14 Schweizern in Petersburg.

Ebenso sollen nach mündlichen Mittheilungen uusers frühern außerordentlichen Gesandten nach Japan die Schweizer im Orient, insbesondere in Ehina, die Autorisation der schweiz. flagge lebhast wünschen.

Diese Wünsche und Begehren waren dem Bundesrathe uicht gauz neu. Die Frage der Zulässigkeit der schweig. flagge auf dem Meere war schon im Jahre 1862 durch eine schweizerisehe Gesellschaft augeregt worden, welche sich mit Kolonisationsplänen beschönigte, und es wurde

Bundesblatt J ah rg . X V I . B d . I l l .

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124 demzufolge vom Handels^ und Zolldepartement Material zum Entscheide der Frage gesammelt.

Jm Lause des gegenwartigen Jahres wurde die nämliche Frage, abgesehen von^. den vorbezeichneten Betenten, neuerdings zu drei Malen ^ur Sprache gebracht. Der denth.h-dänisehe Krieg beeinträchtigte den Handelsperkehr im Worden beträchtlich und liess die Wünsehbarkeit zu Tage treten, eine neutrale Flagge zu besinn, nm^von dieser gefchüzt den Handelsverkehr ungestört betreiben zu kennen. Hiedureh veranlagt kanten zwei verschiedeue Besuche beim Bundesrathe ein, er möehte die Autorisation zum Gebrauehe der schweiz. flagge ertheilen.

Beide Gesuche gingen von B r e m e n aus.

Der Bundesrath .vies indess beide Gesuche ab a...^ Gründen, die in der Folge klar werden.

Jn einen. andern Falle war die fchwe^. Flagge wirklich gebraucht, aber nicht respektirt worden. Ein in den Vereinigten ..Staaten ansässiger Schwerer wollte aus zweien seiner Schisse, welche die ei^g. Flagge trngen, ans einem blokirten Hasen eines sonderbündisehen Staates Baumwolle ausführen. Die Schiffe wurden indess von den bündisehen Kreuzern weggenommen.

Der Bundesrath wies ein Gesneh des betreffenden Schweizers, sich für ihn bei der nordamerikanisehen Regierung zu verwenden, ebenfalls gänzlich von der Haud. Die Gründe dieser Abweisung werden gleiehsalls im Laufe der weitern Erörterung zu Tage treten.

Die Thatsaehe, dass diese Flaggenfrage fast gleichzeitig in den Gewässern von Asien und Amerika, wie aneh in Europa selbst sowol an der Nordsee, wie am mittelländischen Meere zur Sprache kam, musste notwendigerweise die erhohle Aufmerksamkeit des Bundesrathes ans diese .^rage lenken; denn es wollte ihm seheinen, dass ohne das Vorhandensein erheblicher Jnterefsen eiue Frage der Art schwerlich so vielfach austauchen könnte. Der Bundesrath beauftragte daher das politische Departement, ^ie ^rage auch nach den rechtlichen und politischen Gesichtspunkten einer nähern Brüfnng zu unterwerfen, und er gibt sieh nunmehr die Ehre, das Resultat dieser Untersuchung der h. Bundesversammlung zur weitern Schlusssassung vorzulegen.

Es schien den^ Bundesrathe vor Allem aus nothwendig, über die dem Völkerrechte angehörende ^rage: ob der Schweiz die rechtliehe Befugniss ^um Gebrauch.. ihrer Flagge a^.f dem Meere zustehe, ins .^lare zu kommen. Das vorhandene .^lktenmateriai enthielt. über diese ^rage viel Widersprechendes.

Für die B e j a h u n g sprach zwar der Un.stand, dass die schweiz. flagge sowohl ans den internen schweizerischen .^een, wie a u ..h ans denjenigen, welche ihr mit andern .Staaten gemein sind (Genfer-, Boden- und .^angensee), sehon lauge im Gebrauch und von diesen angrenzenden ..^taat.^n (Frankreich, Jtalien, ........esterreieh u. s. s.) stets anerkannt worden ist.

125 Auch konnte auf eine jüngste Erfahrung über formliehfte offizielle .Anerkennung der schweig. flagge anf dem Meere hingewiesen werden.

Als nämlich uns^r schwe^. Gesandter in die Hasen von Japan einfuhr, trug das Schiff, welches ihn geleitete, die fchweiz. flagge , welche von den Schissen aller dort repräseutirteu Seemächte mit dem übli.heu Eeremoniell salutirt wurde.

Allein es sollen uns diese beiden Beispiele n i eh t abhalten, ..ie Reehtsfrage für sieh noch ganz genau zu erortern. Wir bemerken hierüber Folgendes : Es gibt keinen volkerreehtlieh so allgemein anerkannten ^a^ wie den, dass das Meer Gemeingut ist, ^ M^ re lib.^.nm ^. Aus diesem durch Hugo Grotius entwikelteu ..^aze der Freiheit des Meeres folgt insbesondere, das, das Meer auch nicht bloss den andrängenden Staaten zngehort.

Die .......ehisfe Englands find im Mittelmeer, die Frankreichs iu der .^stsee. die von Holland in der ^üdsee ganz so vollberechtigt, wie diejenigen der betreffenden Gränzfiaaten. De.e Ozean kann so wenig wie die Luft und das ^essende Wasser von Jemandem ausschliesslich okkupirt werden; jede lebende Nation, sei ihr Wohnort, wo er wolle, hat Theil an ihm, wie an .^er Lnst. Der Ozean ist Gemeingut aller Rationen, und es ist die flagge jedes Staates auf ihm gleich- und vollberechtigt.

Die Schweiz hat daher so gut das Reeht , ihre flagge auf dem ^eau ^u führen, wie jede andere selbstständige Ration. .^ie bedarf hiefür von keiner andern Macht Erlaubnis.. . ja, keine Macht konnte ihr eine solche Erlaubniss ertheilen , ^a keine ein Versug..ugsreeht uber das freie Meer hat. Die .^enuzung der Flagge ist n...r das äussere Zeichen, dass ^ie ..^ehwei^ von einem Hoheitsreehte Gebrauch macht, das ihr seh on so lange zugestanden hat, als sie eine unabhängige Ration ist, und so lange Anstehen wird , als sie diese Unabhängigkeit bewahrt.

Das Reeht ^er ^lag.^^ ist kein neues Rechet, sondern bloss ein bisher nieht beunîtes, dessen ...^enu^ung oder Riehtbenuzung aber gau^ ins Ermessen jeder Ration selbst gesellt ist.

Die Schweiz bedarf auch keiner besondern Anerkennung ihrer Flagge; denu die ^ch^oei^ als ^laat ist schon anerkannt uud sür die Ausübung eines ihr zustehenden einzelnen Hoheitsreehtes bedarf sie nicht noeh besonderer .Anerkennung. Höchstens mag iu dieser Beziehung etwa eine Rotifikation am Blaze sein , dass .^ie
^chwetz in ^uknnst von dem ihr ^..tstehenden Hoheitsreehte Gebrauch ^u maehen gedenke.

Die bezeichneten ^ä^e find übrigens keine blossen subjektiven .^onse^nen^nachereien , sondern fie find auch in der volkerreehtlichen Bra^is ganz anerkannt. Es gibt mehrere Staaten, welche unter eigenem ^a^ villou .^ehisssahrt treiben^ ohne an das Meer unmittelbar an^ustossen.

.^o ist heutzutage noch die flagge von Jerusalem ans dem Meer allgemein anerkannt , obsehon dasselbe bekanntlich eine ^inneustadt ifi.

126 Wenn wir richtig berichtet sind, so ist es der Prior pon Jerusalem, welcher die Autorisation zum Gebrauche der Flagge gewahrt.

Ein anderes Beispiel ist das der Moldau und der Wallache.. Beide Staaten grenzen nirgends ans Meer, und doch ist ihr Pavillon allgemein anerkannt.

Die obigen Beispiele zeigen, dass die Praxis eben so wenig als die Theorie das Recht zur Führung der Flagge ans dem Meere von dem Angräuzen an dasselbe abhängig macheu. Ein noch viel schlagenderer Beweis ist aber der, dass, als im Jahre 1 856 die bekannten vier .kardinalfäze ül.er die Stellung der Neutrale.. zur See in Kriegsfallen ans der Konferenz in Paris festgestellt wurden, die ^ehweiz zum Beitritte zu derselben ausdrüklich miteingeladen wurde , und in der That aneh beitrat.

Jene Einladung der Mächte zum Beitritt war eine richtige Konsequenz des Grundsatzes, dass das Meer Gemeingnt aller Rationen sei, und somit völkerrechtliche V e r p f l i c h t u n g e n , betreffend das ^eerecht, von allen Rationeu gleichmäßig übernommen werden sollen.

Mit den Perpflichtnngen korrespoudirt aber nothwendig anch das gleite Recht zur Beugung des Meeres.

Ebenso ist es durchaus unuöthig, dass die Rentra lität der Flagge no.h besonders anerkannt werde. Die .^agg^ zu M^.er hat wie die Heersahne zu Laud keiue Politik sür sich, sofern sie solgl eiusa.h der Politik des Landes, dessen Zeichen sie ist. Jst das .Land in einem Kriege neu.^ tral, so ist es^ au.h seine flagge ; ist aber das Land in einen Krieg ver-

wikelt, so theilt die flagge das nämliche Schiksal.

Wenn es über das Recht zur Benu^ung des Meeres und ^nhrung der Flagge, so wie über die Neutralität dieser flagge keinerlei Verbandluugen mit andern Mähten bedarf, so ist diess dagegen bis aus eiuen gewissen Grad der Fall bezüglich zweier anderer Punkte.

Wenn namlieh erstlich das Meer auch Gemeingut aller Rationen ist,

so ist das Gleiche ni.ht der Fall hinsichtlich der Meerhäfen.

gehen ins Privateigentum des betreffenden Landes über.

Diese

Ans diesem

Eigenth..msreehte folgt, dass jede Ration zu bestimmen berechtigt ist,

welche ^ehisfe sie in ihre Häfen aufnehmen ^ill, und unter welehen Be-

dingungen. Die Regel ist natürlich die Znlassnng der ^^iffe aller be-

freundeten Rationeu, und eine Verweigerung der Zulassung ihrer ^.hisfe dürfte mit Recht von der ^.hweiz als eine .Kränkung betrautet werden; es wäre gerade so, wie wenn ihren Bürgern der ^utritt iu ein andere^ ..^and verschlossen werden wollte. .^..l.schou nun der freie Zutritt iu die dem Handel geoffueteu .^äfen als Regel voransgese^t werden darf, so erfordert es doch die ^e^iktiehkeit, das Begehreu um Zulassung aueh uoch formli.^h z... stellen. Dagegen .vare kein Grund vorhanden , den grnndglichen Entscheid um deswillen zu verschieben. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass die Mehrzahl der seefahrenden Rationen schweizerische

127 Schisse mit Vergnügen bei sieh empfangen wird ; es l.egen hiesür schon jezt eine Reihe offi^ioser Zusicheruugen vor.

Sollte daher auch uoeh die eine oder audere Regierung Anstände erheben wollen , so lassen sieh diese in der ^.olge austragen, und es wird eine günstige Erledigung der .Austände um so eher zu erwarten sein, wenn die flagge bereits im Gebrauche ist und somit ihr .Bestand selbst sich dureh etwaige Häkeleien nicht mehr gefährden lässt.

Ein ^weites Verhältnis^ macht sodauu mit einigen Staaten sormliehe Unterhandlungen notwendig. ^.ie seefahrenden Rationen haben uau.entlich in srüherer Zeit im Jnteresse der Entwicklung ihrer ^..^isssahrt gese^geberische Bestimmungen getrosseu , durch welche sie die Einfuhr von Waaren aus eigenen Schiffen erleichterten und aus fremden Sehifseu ers.hwerleu. J.. der ^olge tauften die Rationen im Vertragswege jene Erleiehteru..gen gegenseitig aus : die eine Ration lies. auch die ...Schisse der andern und die von ihnen sperrten Waaren unter den gleichen Bedingungen ^u, wie ^ie Waaren aus .eigenen Schissen, gegen Zusichernng des Gegeurechts. Andere Rationen sind endlich noch weiter gegangen: sie maehen grundsäzlieh keinen Unterschied mehr zwischen Waaren , die aus sremdeu oder eigenen ^.hissen ^u ihnen gelangen, und gewähren also den ^ehifsen aller Rationen unbedingt freien ^utritt. Mit denjenigen Läudern, wo legerer ..^rnndsa.^ noch nicht gilt, muss nun durch VertragsUnterhandlungen Gleichstellung mil ^en eigenen Schiffen oder mindestens Gleichstellung mit deu Schissen der begünstigtesteu Ration ^u erzielen gesucht werden. Wur^e diess uicht erlaugt, so l.^tte natürlich der Haudel mit solchen Staaten unter eigener flagge keinen ^inn, denn der Gebrauch dieser flagge wäre uuvortheill^ast. ^a es sich in^ess hier nicht um ein Rechtsverhältnis. , sondern nur um mehr oder weniger voriheilhaste Benn^nug der flagge handelt, so liegt darh.i abermals kein Grund ^ur Verschiebnng des grundsäzliehen Entscheides , da die sehweiz. flagge jedenfalls bei einer Reihe vou Staaten sofort in die gleiche Rechlsstelluug mit den flaggen anderer Rationen eintreten kann. Anch diese UnterHandlungen werden eher eiu günstigeres Resultat haben, wenn sie nicht mit der Rechtsfrage vermengt werden.

^o viel über die völkerrechtliche ^eite dieser ^rage. Wir resumiren unser Räsonnemeut aus
folgende ^ä^e : ^as R..cht der ...^ehweiz ^..r Mitbenuzung des Meeres ist uubestreitbar; die flagge selbst folgt der Politik des ^audes. Einer besondern Anerkennung ^.r flagge oder des Reehts ^u ihrer Rührung vou ^eite anderer Ratio^eu bedarf es uieht. Wohl aber erfordert erstlieh ^ie Hosli.hkeit eine Notifikation , dass die .^ehwei^ von ihrem Rechte sorlau Gebrauch machen wolle ; zweitens ist eiu Gesuch um Zulassung schwere-.

riseher .^ehifse in den Häfen der andern Rationen durch die Sehikliehkeit geboten, und es sind drittens Unterhandlungen nothwendig mit ein^elnen Rationen , um der schweizerischen flagge mindestens die Rechte^

128 derjenigen der begünstigtesten Nation zu verschaffen. Die Unterhandlungen bezüglich des zweiten und dritten Punktes branden indess dem Entscheide der Bnndesbehorde^. über die Antorisation der Flagge nicht voranzugehen, sondern es machen praktische Rüksichten es wünschenswert^, jenen Entscheid vorausgehen zu lassen.

Wir schreiten nun zu einer zweiten .Rechtsfrage vor, welche sorgfältig von der erster.. unterschieden werden muss. Gesezt nämlich, es entschließen sich die Bundesbehor.den zur .^lntorisirnng des Gebrauchs der schweizerischen Flagge, so entsteht die Frage: W e l c h e S c h i f f e s o l l e n dazu antorisirt w e r d e n d Man hat schon behaupten wollen, es sei diese Frage mit den andern seefahrenden ..Staaten zu vereinbaren. Dem ist aber durchaus nicht so. Die vorliegende ^rage gebort keineswegs ins Gebiet des Volkerreehtes , sondern in dasjenige des i....ern .^ta..tsre.htes jedes Landes. .^ie steht g ...an aus gleicher .Linie mit der Fxage, welchen Personen ein Staat das Reeht der Bürgerlichen .^lngehorigkeit zugestehen wolle. Das entscheidet jeder .^.taat naeh seinem eigenen freien Ermessen, weshalb darüber in den versehtdenen Staaten die verschiedenartigsten formen gelten. Ganz gleich verhält es sich mit der Antorisirnng der Flagge. ...ln.h in dieser Beziehung haben die verschiedenen Rationen ganz verschiedene formen, und diese haben bei ^ ein und derselben Ration vielfach gewechselt. Während in früherer ^eit Bedingungen aller .^lrt gehäuft wurden für die Naturalisation eines ^ehisses (z. B. Bau desselben im betreffenden .Lande, .^andesangehorig^ keit des ..^ehisfeigenthümers, des Kapitäns und d^.r Mannschaft), sind die Bedingungen im Lanse der Zeit i^.. vielen Staaten geiokert worden, und das entscheidende Moment wird in neuester ^eit mehr darin erblikt, dass das ..^ eh i ss Eigenthnm ein..s Rationalen sei. Unter keinen Umständen ab..r lässt sieh .^ie Gesezgebnng ei^es Staates hierüber von ^eite anderer Staaten Vorschriften gefallen, nnd ....^ würde schwer halten, einen Staatsvertrag anfzn^oeifen, welcher hierüber Bestinnnnngen enthielte. ^ie Be.dingnng, unter welker einem .^..hisfe ^ie Naturalisation zugestanden wird, ist und bleibt eine Frage des innern ..^taats^eehtes und der innern

Gesezgebnngspolitik.

Die Schweiz kann dermalen nnmoglieh Bedingungen für die Raturalisation eines ^ehifses ausstellen, ^vie solehe in eineni theile der andern Staaten üblich find. Für den Anfang wenigstens wird sie von allen Bedingnngen abstrahiren ninssen bezüglich der Rationalität ^...r ^ehisss^nann.^ ^ehast und des .^apitäus, was übrigens auch vvn einer Anzahl anderer Staaten sehon gesehen ist, z. B. vo.. ^reussen und Holland. Wenn in der ^olge durch die Bra^is eigene fräste nachgezogen sind , so konnen die Bedingungen in dieser Beziehung vielleicht verschärft werden.

Dagegen wird die Schweiz dann um so strenger an dem Ra^hweis .festhalten müssen, dass das zur Flagge berechtigte Schiff s c h w e i z e r i s c h e s

129 ..figent hu m s^. denn die Autorifirnng der schweizerischen Flagge a..

.nicht schweizerische Schisse wäre eiue JlIo^alitat und gleich eine Gefahr für die S.hweiz, sie .stünde gan^ auf gleicher Linie mit der Ausstelluua falscher Bässe an Riehtschwei^er.

Der Regel nach wird das Verlangen , dass das Schiff Ei^enthum ^on Schweizern sein müsse, wenig Schwierigkeiten haben. Jndess ift .es do^ ^..t, sich über einige Komplikationen von vornherein .ns Klare zu se^en. Ein ^..isf ist oft Miteigeuthum Mehrerer , oder was beson- .

ders häufig vorkommt , Eige..thum einer ^.irma , die ans Schweizern und Ausländern gebildet ist. Wir wären der Ansieht, dass in einem ^lchen ^a.le die flagge nnr ausnahmsweise gewährt werden solle.

Es kann aber aueh der ^all eiutreten, dass eiu oder mehrere Schiffe ^ner Aktiengesellschaft zugehoren. Wie soll es da gehalten werden^ Wir .v..r.m der Ansieht, dass die ^lu^risation unr ^u erlheilen wäre, wenn die betreffenden Aktiengesellfehaften ihren Hauptsi^ in der Schwe^ selbst haben .uud die Verwaltungsbehörden in ihrer Mehrheit aus Schweizern bestehen.

Jn glei^er Weise wird es uothig sein, die A u s w e i s e sur das

ausschließliche s.h.^eris.l^ Eigenthuni eines Schisfes recht streng zu nehmen. Wir wären der Ansicht, dass dieser Beweis in erster Linie durch Urkunden über den Erwerb oder die Selbstl^onstrul^io.. des Schiffs ^u leisten wäre, dass aber zur Ergänzung dieses immerhin trüglichen Beweises uo..^ der Eid des ..^ehiffeigenthlimers , analog dem Bürgereide, hinzu- ^ treten müsste.

Es entsteht sodann die weitere ^rage, wer ^ie ^ntorisatiou ^u ertheilen habe und in ^vel.her ^or^n diese ertheilt werden sollet Uuserer ^nst^t nach soll ..nur ^er B u n d e s r a t h die Matrikel erteilen dürfen,

da die Gefahr allzngross wäre, dass in ^p^ialfälleu ein Druk auf die

.Konsulate geübt wnrde , um sie ^u bewegen , es mit deu Bedingungen nicht so genau ^n nehmen. Eine Ausnahme würden wir n.ir gestatten für dieseuigeu Erdtheile, welche sel.^r weit e^.l.^r^t si^.d uud wo desshalb den fehwei^eris^heu ^ous^.lu wenigstens ^u provisorischer .^lnlorisaiiou der flagge das Recht erlheilt .oerden mnsste. Aber au.^ in diesen ^älleu hätte die definitive. ...^rtheilnng des Re.hts dnrel, deu Bundesrath ^u erfolgen.

Der formelle Gang der ^a.he würde somit folgender: Auf einem der Departement... des Bundesrathes, am passendsten wohl auf dem Handels- uud Zoll.^epartement , würde ein grosses Buch

geführt , in welches die Ram..... aller s.hwei^risch..u schiffe mit ihrer nähern Beschreibung, Tonnengehalt u. s. f. eingetragen würden.

fi.h,

Wer ein ^ehiff in dieses Buch eintragen zu lassen wünschte, hätte sosern er im J.^land wohut, an seine Kautonsregiernug, sofern ex

130 im Auslande wohnt, an den betreffenden schweizerischen .^ousnl zu wenden.

Dem Gesuche waren beizulegen: ein gehöriges Signalement des Schiffs mit dem Zertifikate über die amtliehe Messung .desselben (für diese ^ehisss^ Beschreibung und Messung sind in den verschiedenen Häfeu beeidigte E^.perten vorhanden, maugeln^eufalls müßten sie vom betreffenden Konsul ad lioc ernannt werden) ; ferner die Eigenthumsausweise und die Be-

scheinignng über den geleisteten Ergänzungseid. Diese gehörig beglau-

bigteu Belege würden nun im einen Falle von der ^antonsregierung, im andern ^alle vom betreffenden Konsul mit einen.. Gutachten ans Handels^ und Zolldepartement eingesendet, welches nach vorgenommener Vrüsung dem Bundesrathe seinen Antrag .zu stellen hatte. Halte der Bundesrath die Autorisation ertheilt, so würde das ..^.ehiss vom Departemente ins grosse Buch eingetragen. es hatte die Bnblikation im Bundesblatt ^n erfolgen, und es würde dem Schisse sein gehöriger eidgenössts^er ^ass zugesertigt. Dieser Bass wäre seweilen beim Auslaufen ^es Schisses ^om betreffenden schweizerischen Konsul sammt der Ee.uipagerolle (Manuschastsverzeiel.niss) und den.. Manifeste (Generalfraehtbries), welchem die Konnossements (Eiuzelfraehtbriese) beigeheftet zu werden pflegen, zu visiren. Der Kapitän wäre bei Uebernahme des Schiffes besonders in ..^ flicht zu nehmen.

Ginge das Sehiff an einen Riehtschweizer über oder ginge es zu Grunde , so hatte dessen gehörige Löschung im grosse^ Bueh u^it eutsprechender Vnblikation im Bundesblalt zn erfolgen. Ebenso wäre seder ^ Eigenthu^usübergang unter Schweizern selbst neu zu registriren und zu publiziren. Die .^ousnln hatten aus alle derartigen ^tatnsveränderungen eines schweizerischen Schisses ein wachsames Auge zu halten.

Von den Sehissseigenthümern waren uatürlieh den ^onsnln sür ihre diessalligen Bemühungen angemessene Gebühren zu entrichten und die sür Beschreibung und Messung des Schiffes gehabten Auslagen zn ersehn ; ebenso wären die Ausfertigung^- und Bublikationskofteu de^u Bunde zu vergüten. .

Es ist wohl zu bemerken, dass nur diejenigen Schiffe, welche ans solche Weise mit eidgenössischen.. Bass versehen werden , zur Führung der sehwei.^eris.^eu flagge berechtigt wären. Es sind bis jezt schon hier nnd dort ^^iffe unter eidgenössischer Flagge gefahren. ^o erhielt ^er Bnndesrath .^unbe, dass ein .^ eh i ff mit ^au.en V a r a d o ^ , befehligt von einem indischen Kapitän und bedient von malaiischer Mannsehast, aller Wahrfeheinliehkeit naeh aber einem Schweizer ungehörig, lange Jahre unter eidgenössis^her Flagge in den indischen Meeren gefahren sei. Ein öfterreiehis^er Professor bennzte dasselbe aus einer Wellumseglu..gsiour. Die flagge soll in jenen Gewässern immer respektirt worden sein. Allein dies sind individuelle .Liebhabereien , die ausser dem Geseze stehen. Wer aber aus ^chu^ seiner Flagge durch sein Heimatland Anspruch machen will, muss sich vorher autorisiren lassen durch die ordentlichen Behorden der

131 Heimat, und wer sich ohne solche Ermächtigm.g der schweizerischen ^lagg.^ bedient, hat auf Schuz der Schweig keinerlei Zuspruch. Ebenso versteht es sieh von selbst, dass die schweizerischen Schüfe sieh den gleichen volkerrechtlichen Gesten wie alle andern neutralen ^chisfe zu fügen haben, so.

dass sie ^. B. im ^alle einer Blokade keineswegs freie Anfahrt und Abfahrt aus einem Hasen beanspruchen konuen. Hieraus erklären sieh den.r die bisherigen anweisenden Eutseheidungeu des Bundesrathes in dieser Materie. Der betreffende ^chwei^er in Nordamerika hatte keinerlei Autorisation ^um Gebrauehe der schweizerischen ^la.^a.e, nnd respektirte anch die Blokade nieht. Ju Bremen aber handelte es sich mehr darum, die schweizerische flagge für uiehts.hwei^.rische Schisse zu beuten, wozu der Bundesrath keine Han.^ bieten wollte. Die Beschränkung des Rechts ^.r Rührung der Flagge auf besonders hie^.. autorifirte ...Schiffe wird vielleicht manche Jll...siou zerstören;.

allein gleichzeitig wird sie wohl auch viele Besorgnisse vor allem mogliehen Mißbrauch mit dieser flagge beseitigen.

Gegenstand einer weiteren Erorterung wird ..s nun sein, die Rechtsstellung zu bezeichnen, in welche ein schweizerisches ^chisf ^.. seinem heimatli^eu Staate tritt.

Das schwierigste dieser Verhältnisse ist die Handhabung der J u s t i z h o h e i t von Seite der S^hwei^. Ju e i v i l r e c h tlieher Beziehung entstehen ^war keine erheblichen ^ehwierigkeiteu. Der Beklagte , sei es nun der ^chiffsei^euthumer oder der .Kapitän oder der Besraehter eines sehwei^erisel.,en ...^ehisfes, wird ..infaeh verlangen , dass man ihn v^r dem ordentlichen Gerate seines Wohnsi^es suehe , und der betresfende Richter wird das Gese^ seines Landes anwenden. Wohnt der Beklagte in ^rankreich, so wird er nach dem .^ode de commerce, in Deutschland nach dem deutschen Handelsgese^buch beurteilt u. s. s. Wenn der Beklagte in der ^chwei^ selbst wohnt , so werden zwar ge^vohulich gese^eberische Bestimmungen sehleu. Allein der Richter l.^ilst sich i^ diesem ^alle, wie iu einer Reihe vou andern , mit Herbei^iehung der s. g. allgemeinen

Rechtsgrundsäze, ^. h. der Regeln der Wissenschaft. Es hätte übrigeus

keine Schwierigkeit , gelegentlich einen schweizerischen Eode.^ über diese Materie ^u erstellen. Dringlieh ist die ..^aehe indess nicht.

.Viel schwieriger ist das Gebiet der .^ tra fr ech ts p s e ge. ^ier entsteht querst die ^r.age,^naeh welchem ^ t r a s g e s e ^ e Verbrechen, die auf dem Schisse verübt wurden, behandelt werden sollen. Darüber u..ird mau bald im klaren sein,. dass ein auf schweizerischen ^ehisfeu verubtes Verbrechen, und sei es iu deu Gewässern des stille... Oeeans begau^en worden, uaeh schwei^erisehem Geseze beurtheilt werden soll. Aber welche^ schweizerische Gesez soll maßgebend sein^ Die bestehenden Bnndesftrafgeseze wären ungenügend. Das Einsaehste schiene uns das ^u sein, in Fällen , wo ein unter die eidg. Gese^gebnng fallendes Verbrechen ^ur Sprache käme, diese, iu allen andern Fällen aber das ...^trafgese^

132 des Cantons, welchen. der .^eh i s s s e i gen t l,. um e r angehort , als massgebend zn erklären. Ergaben sieh in der Folge daraus Uebelstände, was indess unwahrscheinlich ist, so gibt Art. 106 der Bundesversassnng die Mittel an die Ha..d zu einheitlicher Regulirnng dieses Verhältnisses.

Warans würde dann von selbst folgen, dass, wo nicht die eidg. Gexiehtsbar^eit eintrete, anch die G e r i c h t e i^es betreffenden Kantons den Strassall zu beurtheilen hätten, und dass die S t r a s v o l l z i e h u n g ebenfalls den Behorden^ dieses Kantons anheim .^u geben wäre.

Man sieht, dass sich bei gutem Willen diese ..Schwierigkeiten beseitigen lassen, allein je^t bleibt noeh die schwierigste Frage znrük : Wie kann man die eines Verbrechens Angeschuldigten vor den Richter stellen^ Für Staaten, die ans Meer grämen, hat das natürlich keine Schwierigkeiten, und es lässt sich nicht läugnen, dass es gerade aus diesen. Grnnde für die Schweiz ^einigermassen wünschbar wäre , einen Hafen zu besten , in welchem gerichtet und die Strafen vollzogen werden konnten. Jndess lässt sich in Ermanglung eines solchen doch auch ans andere Art helfen. Zu diesem ^Behuse ist es noth.g, sich mit den Regierungen eines oder mehrerer Rach.barstaaten zu verständigen, dass sie sich zur Uebernahme des Transportes von Gefangenen verpflichten, welche von einem sehweizeris..hen Schiff mit der Bestimmung nach der Schweiz ihnen übergeben werden. Es ist nicht ^darau zu zweifeln, dass einige benachbarte Regierungen ohne Schwierigkeit diesen Trausport zulassen werden, wie es ohnehin unter befreundeten Staaten übli.h ist. Das ganze Versahren wird allerdings etwas weitläufiger und kostspieliger werden, als es unter andern Umstände^ ^u sein

pflegt ; allein da Straffälle der Art gewiss ^u den grossen Seltenheiten

^ehoren werden, so fällt a.n Ende dieser ^unkt nieht so schwer in die Wagsehale. Sicher ist, dass an.h da kein unübexsteigliehes Hinderniss vorhanden ist.

Jn. ^Ansehluss au das Verhältnis der Justi.^hoheit entsteht eine weitere ^rage über die . S t e l l u n g des K a p i t ä n s , nber seine Bfliehtordnnng, über seine Disziplinargewalt gegenüber der Mannschaft, aneh über das von ihm zu beoba^teude ..^ e e e e r e m o nie l l. Diese Fragen werden sich aber a^u allereiusa^hsteu dadurch erledigen , dass man die Usaneen adoptirt, welche in demjenigen Land^ gelten, in dessen Hasen das Schiff seinen regelmäßigen Ein- und Anslanf, qu^si sein Domizil hat. Das von Triest regelmässig ausgehende Schifs beobachtet die ostreichis.hen Vorschrifteu, das gewol..ulich iu Ane^na stationirte die italienischen u. s. s.

.Kapitän und Mannschaft werden damit am besten vertraut sein und ein dringendes Be..^.rs..iss einheitlicher Bestimmungen ist nicht vorhanden. Mit der Zeit lässt sieh iudess au..h hierin etwas Rationales staffe.., wenn bei jenem Versahren si.^h Uebelstaude ergeben sollten.

Ein drittes Verhältnis ist die S t e u e r h o h e i t des heimatlichen Staates.

Ein

schweizerisches ...^chifs kann natürlich von keinem andern

133 Staate

besteuert

werden , sondern es steht

das

.^fteur^.gsreeht der

Heimat ^u. Es ist nur billig, dass gegenüber den Verpflichtungen, welehe die Schweiz durch ^.lutorisation ihrer flagge übernimmt, auch das ^pondirende hoheitliehe Reehtsverhältuiss beachtet werde.

korre-

Der ^ e ^ u g der Steuern hat sehr geringe Schwierigkeiten, er kann durch Vermittlung der schweizerischen .Konsuln erfolgen.

Die ^ o r m der Steuer lässt si.h ebenfalls lei.ht feststellen. Das Natürlichste u..d Einfachste ist, die Steuer nach dem Tonuengehalte des Schisses ^u berechnen. ..^ei den Dampfsehifse.. sind üblicherweise 40^, Raum i^ Abzug zu briu^en, der zum Masehiueuraum verwendet wird.

Dagegen wird ^r doppelte Ansaz per ^onne von ihnen bezogen werden.

da sie wenigstens doppelt so viele fahrten ^u machen pflegen als die

Segelschiffe.

Die G r o s s e der Steuer würden wir na.h gema.hteu Erhebungen für einmal auf 5l) Rp. bis 1 ^r. per ......onne für das Segelschiff, auf 1 ^r.

bis 2 ^r. per ^onne für das Dampf^hisf feststen. Ein ..^.egelschisf von 4l)l) Tonnen wird demnach eine Jahressteuer von 2--^4l)0 Franken ^u bezahlen haben, was jedenfalls eiue massige Taxation ist.

Es wird steh nun noch fragen, wem die diessfällige Eiunahme ^ukommen soll, dem ^.......de oder den Kantonen ^ Wir würden iudess für passend erachten, diese .^rage einstweilen ausser Erorternng zu lassen in der Meinung , dass die diessalligen Einnahmen ^n einem ...^eparatsonde ^usamn.engele.^t .verden sollen , über welchen erst nach einiger ^eit Verfügung^n^u treffen wären. Es will un... nämlich seheinen, dass sich im je^igen Momente uoeh nich.t m.t hinreichender Klarheit übersehen lasse, ob ui^t auch^ Ausgaben und Verwendungen für ^ie Ehre und den grossern ^u^en der flagge erforderlich seien. Es ist unter solchen Umständen gewiss am Bla^e, mit der Verfügung über die von daher fliesseuden Gelder noch etwas zuzuwarten, ^umal si.h später auch die Bedeutung dieser Einnahms^uelle besser übersehen lassen wird.

.....^ir haben bis dahin die ^ra^e mehr ans dem R e eh t s st andp u n k t e erortert, um einen klaren Einblik in alle für den ^all der Bejahnng wichtigen volkerreehtliehen und staatsrechtlichen Verhältnisse und Beziehnngen ^u gewinnen. Wir haben gesunden, dass die Bejahung der ^ra^e moglieh ist, unddass tro^ mancher anscheinender Schwierigkeiten der Ausführung durchaus keine unüberwindlichen Hindernisse im Wege stehen. Allein damit ist innnerhin bloss e i n e ^eite d...r ^.rage erortert. Eine ^weite uieht minder wichtige ^eite derselben .st die p o l i t i s c h e im weitern ^inne des Wortes.

Der ^efi^ eines Rechtes entscheidet noeh uieht über dessen Gebrauch. Es fragt sieh uo.h , ob dieser Gebrauch für die ^ehwei^ Werth hat und ob nicht etwaige Rachtheile die vorhandenen Vortheile überwiegen^ Vorerst mnss man sieh darüber ius Klare se^eu , welche Vortheile denn eigentlich für den schweizerischen Verkehr aus dem Gebrauche der

134 schweizerischen Flagge resultiren würden.^ Man hat um so mehr Grund zn näherer Brüsnng dieser Frage, als in den Al^en mehrfach von schweizerisehen Konsuln angedeutet wird, es handle siel. mehr um eine Besriedigung nationaler Eitelkeit, als um positiv nachweisbare Jnteressen.

Der Bundesrath hat daher gerade dieser Frage gan^ besondere .Aufmerksamkeit zugewendet.

Der Mangel einer schweizerischen Flagge hat bis dahin hauptsächlich e i n e n positiven Rachlheil erze.^t, der aber ziemlich schwer ins Gewicht fallt: es ist der ..Schweizer als solcher vom Betrieb des R h e d e r e i g e s e h ä s t e s gänzlich ausgeschlossen. Se^en wir nämlich voraus, es wolle ein Schweizer je^t ein eigenes ..^..hiff besizen . in welche Lage kommt er.^ Die Flagge seines Landes kann er n i c h t fuhren; die flagge des Staates, in welchem er domieilirt ist, kann ihm aber auch nicht gewährt werden, weil er ein Fremder ist. Der Schweizer darf also entweder keine eigene Schiffe erwerben, weil er sie nicht gebrauchen könnte, oder er muss sich im Lande seines Domizils naturalisiren , wie solches nach zuverlässigen Berichten aus diesem Grunde mehrfach geschehen ist und doch jeden Schweizer sehr sauer ankommt, oder endlich er muss mittelst fingirter Gesbaste das Schiff unter dem Ram.^n eines Dritten eintragen lassen, was natürlich auch seine sehr missliche ..^eite hat und Gefahren mancher Art erzengt.

Dieser Umstand, dass der Schweizer als solcher vom Rhedereigesehaft ausgeschlossen ist, fällt nicht nur um deswillen schwer ins Gewicht, weil dieses Geschäft zu den eintrug linsten gehört, sondern er hat aueh seine schädlichen Rükwir^ngen auf den Betrieb der übrigen kansmän^sehen Gesehäfte selbst. Gewisse Geschäfte, wie z. B. die Fischerei, lassen sich

natürlich überhaupt ohne eigene Schisse gar nichât betreiben. ^lber es lasst

sieh auch manche .Spekulation grosserer .^lrt aus eigenen .^..ehiffen viel besser ausführen als auf fremden. Ja, es muss wegen Mangels eigener ....... eh i ffe manches vorlheilhaste Geschäft ^anz unterbleiben. ..^o wissen nur ^. B.

aus bester Quelle, dass die ...^ehweizer im fernsten Orient auf das Reeht znr Rührung der eigenen flagge hauptsächlich deswegen einen grossen Wertl.^ sezen würden, um den Bedarf von ...^eide nnd andern Rohstoffen ans den geeigneten ^unkten der Küste selbst holen zu konneu , n^or.an sie wegen Unmöglichkeit des Befi^es eigener Schisse znr Zeit verhindert sind.

Die ^ehweizer im Orient sollen dessl.alb den Entscheid der Buudesbel.orden über die Flaggenfrage mit grosser ..^pannnng erwarten.

Reben d^.r Beseitigung dieses Rachtheils kommen folgende positive V o r t h e i l e in Erwägung:

Erstlieh gewährt die schweizerisehe Flange ini ^alle eines Kriege....

den. schweizerischen Handel so zu sagen absolute Sicherheit. Zwar kann auch die ...^ehwe^ in Kriege verwikelt werden; allein ihre neutrale .^tellun^ bringt es mit sieh, ^ass solche .^älle sehr selten vorkon.men werden. Kriege zwischen dritten Mächten wurden aber um der Rentralität ihrer Flagge

135 willen den s^wei^erisehen Handel gar nicht affi^ren. Diese Sicherheit des schweizerischen Handels zu Meer wie zu Land müsste natürlich der ^ntwiklnug desselben sehr günst.g sein.

Man hat ^var eingeworfen , es finden sich in Kriegsfällen immer .genug neutrale ^ehiffe ^ur Besorgung des schweizerischen Handels vor.

Alleiu das ist eiu offenbarer Jrr.hum. Es mag Jenes theilweise noch ^er ^all sein bei kielnern Kriegen, obsch^on ja z. B. im deutsch^dänisehen Kriege der grosse Mangel an solchen neutralen ...Rissen die Sehnsucht naeh der sehwei^eris.hen Flagge erwekte. Uebrigens werden aueh bei kleiuen .Kriegen momentane Luken, die doch den regelmässigen Betrieb des Handels storen und unter Umständen bedeutende Verluste veranlassen. konnen, kaum je ausbleiben. Allein bei grosseru Kriegen , wo z. B. mehrere grossere ...^eemäehle belheiligt sind, ist jene Annahme geradezu handgreiflich unrichtig. Die Verhältnisse konnen sich gan.. leicht so gestalten, dass es fast gar keine neutrale ^.hisfe mehr gibt, und dass der schweizerische Handel in die grossteu Verlegenheiten geräth.

Die ^ache hat iudess ihre Bedeutung nicht nur sur den schwererissen Handel allein, sondern in sast uo.h hoherm Grade fur den Handel der übrigen Staaten , an dessen Gedeihen die .^ehwei^ ebenfalls interesfirt ist. Jm ^ariservertrag von l ^6, dem auch die Schweiz beigetreten, ist nämlich in ^iffer 2 der ^a^ sauktionirt worden, dass die nenlrale flagge auch das feindliche Gnt .^Kriegskonterbande ausgenonuu^u^ dekt. Die natür-

liehe ^olge dieser Bestimmung wird die sein , dass sich in Kriegsfällen

und ^ogar sch.on bei drohenden Kriegsevent..alitäten der Handel der bedrohten Länder auf ueuirale Schiffe fluehtet. Die Einführung einer neuen neutralen flagge i.st daher im Grunde im Juteresse aller Staaten oder im Juterefse des gesammten Welthandels. Es gilt im Kriegsre^t ^ur ^ee uo.h die eigeuthümliche und im Gruude barbarische Bestimmung, dass das feindliche ^.ehiff , wenn es auch ein ^auz inoffensives Haudelss.^ifs ist, sammt dem feindlichen Gute aus demselben, tro^dem dass es Vrivaten ^ugehort, von feindlichen Kriegsschiffen als gute Vrise weggenommen werden dars. Beim Landkriege hat mau diese Beraubung der ^rivateu sehon längst abgeschafft oder wenigstens auf den Kriegsbedarf einges.hräukt.

Beim ^eekri.^ge aber bra.hte mau es uoeh nieht .^eiier als bis zur Verpouung der Kaperei , welche deu ersten ^a^ je^es ^itirten ^ariserver.trags bildet. Dagegen ist dureh den ^weiten ^a^ des Vertrags, betreffend das Recht der neutralen flagge, die Moglichkeil eines Fortschritts ^ur Gesittung eroffnet, und es kann allen Staaten, welehe jenen ^orls..hritt an.^ .gebahnt, gewiss nur lieb sein, wenn eiue flagge, deren ewige R^utralität ^von ihnen selbst verbürgt worden ist, für alle Kriegsfälle das bedrohte ^rivateigenthum unter ihren ^..h^ nimmt. Der H..udelsstaud der gan^n ^elt muss hiesig der Schweiz erkenutli..h seiu, und es unterliegt gar keinem Zweifel, dass er aus diesem Grunde den sehwei^erischeu Schiffen vielfach

^..sprechen wird. Es ist selbstverständlich, dass günstige Rük.virkuugen auch

in ^riedeuszeiten und aus das Mniterl....d selbst ni.ht ausbleiben werden.

136 Aus dieser zuversichtlich zu erwartenden Entwiklung einer dem eigenen und dem übrigen Welthandel nüzliehen schweizerischen Handelsmarine erzeugen sich dann von selbst eine Reihe weiterer Vortheile, von denen wir nur zwei noch besonder^ herausheben wollen.

Der Bau und die A u s r ü s t u n g der schweizerischen ^ehisse wird der Ratnr der Dinge nach eine Anzahl schweizerischer Etablissements ini Jn- und Auslande beschäftigen. Es gibt s.^hon jezt gerade in priest ein.

schweizerisches Etablissement, das sich mit den. Bau und der Aufrüstung von Schissen belästigt , das aber natürlich gegenwartig noch grosse Schwierigkeiten hat, um zu seiner vollen Entwiklung zu gelangen. Es gibt ferner sehon j^t in der ..^weiz selbst Etablissements, welche grossere Maschinen für Meersehisfe liesern. Da der Bedarf für schweizerische ....^hiffe durch die umliegenden Lander nur transitir.en würde und somit wenigstens zu einem beträchtlicheren theile von der Entrichtung von Eingangszollen an die zwischen liegenden Staaten befreit wäre, so liesse sieh kein geniigender Grund denken, warnm unsere Etablissements nicht für viele Ausrüstungsgegenstände mit in Konkurrenz treten konnten. Der Schiffsbau und die Ausrüstung würde jedenfalls eine grossere Anzahl von s^hweizerächen Händen besehästigen.

Das Gleiche wäre wohl anch der^all hinsichtlich der B e m a nn un g der schweizerischen ^chifs... Man konnte zwar glauben, dass die Schweizer

als Bergvolk für den Sehisssdienst wenig tauglich wären. Jndess scheint dies nicht richtig zu sein. Es ist wenigstens Thatsaehe, dass sehon gegenwärtig eine ziemlich grosse Zahl von Schweizern in den Marinen aller mogliehen ..Staaten angestellt sind, darunter sogar solche in sehr hervorragenden Stellungen. Es mag dies von dem grosse.. Reiehthum der Schweiz an .^een und .^lü^n herrühren , welche die Liebhaberei ein.^ grossen Theils derBevolkernng ans Beschäftigungen dieser Art lenkt. Jm Uebrigen ist es eine irrige Vorstellung, wenn man glaubt, die Marine rekr^tire sieh am besten nur durch Meeranwohuer. Mau versichert z. B., dass ein grosser Tl^eil der osterreiehisehen Matrosen und Marinesoldaten auf den Bergen von Jstrien, Jll^rien und Dalmatien retrutirt werde, und dass diese in Wind und Wetter gehärteten Bergbewohner in kurzer Zeit sv viel Gesehik feigen wie die Meeranwohner selbst. Es unterliegt keinem Zweifel, dass ein guter Theil Schweizer, in denen ohnehin ein innerer Drang nach grossen Weltfahrten zu steken scheint, diese Berufsart er^ greifen .verden , un. in die Welt hinans zu kommen, und es ist dies gewiss eine viel ehrenhaftere und zugleich zwekentspreehendere Art, ihren Drang zu befriedigen, als wenn sie hinausziehen, uni in Algier, Batavia o^er Rom vor fürstliehen Ballästen Waehe zu stehen. Aber a n eh in den hohern ^ehisfschargen wird sich manche Gelegenheit finden, um gebildeten Mechanikern, Jngenienren u. s. f. eine schone barriere zu eröffnen, insbesondere wenn aus unsern vaterländischen .Lehranstalten aus derartige Bedürsnisse einige Rüksieht genommen wird.

137 W... bleiben hiebei stehen. Es kann danach wohl keinem vernüustigen ^weisel unterliegen, dass es e.u reellen und positiven Jutere^seu sur die Bejahung der ^rage nicht mangelt. Die Brivatinteresseu ^er Einzelneu und des schweizerischen Gewerbs- uud Handelsstandes im Ganzen konneu wohl nur gewinnen. Dagegen bleibt je^t noch die ^rage zu untersuchen übrig. wie sieh die grossen G es am mt i n t e r e s s e . . . des Landes.

zu dieser ^ra^e stellen ^ Es lasst steh bei unbefangener Betrachtung nieht verkennen , dass in dieser Begehung sich Manches sür und wider die .Autorisation der ^lag^ sagen lässt.

D a w i d e r lassen sich besonders zwei Dinge sagen : erstlieh, dass die^ Flagge missbraueht werden und zweitens , dass die ...^hwei^ sie vor Verle^ung nicht oder nur ungenügend sch.üzen kann. Diese beiden Vunkt^ bedürfen noch einer etwas nahern Betrachtung.

D.e flagge kann missbraueht werden. Ein dem Bundesrathe ^ngekommener anonymer Brief warut aus diesem Grunde vor deren Autorisiruug, indem er namentlich deu Missbrauch mit K r i e g s k o n t r e b a n d e ^

uud durch Sklavenhandel hervorhebt. Die Möglichkeit dieses Miss-

brauehs der flagge lässt sieh allerdings nieht bestreiten. Es ist moglieh,.

dass ein schweizerischer Schisfsb^er sein Sch^ss zum Schmuggel vo.^ .^rie^sl^outrebaude eiuse^t. Ein solches Versahren kann sür den Betrefsenden sehr verdriessliche Folgen haben , allein die ^ehwelz als solche kann die Handlung eines solchen Vrivaten gewiss eben so wenig berühren als ein beliebiger anderer ..^ehmuggelakt ans ihren Grannen. Sofern mit solchem Schmuggel andere nentralilätswidrige Handlungen verbunden würden, so wären selbstverstäudli^.. die eidg. ^trasgese^e gan^ in gleise...

Weise in Anwendung ^u bringen, als ob die betretende Handlung unmittelbar vom ..^hwei^ergebiete ausgegangen wäre. Verlegenheiten von Bedeutung konnen aber uach unserer Ansieht aus solchen Akten einzelner Privatpersonen, so sehr dieselben zu missbilligen wären, dem Laude selbst nicht erwachsen. Dies wäre nur dann moglieh , wenn ein Einverstäudniss jeuer Schmuggler mit sehweizeriseheu Behorden und offene oder heimliche Begünstigungen von ^eite der ^e^tern stattgehabt hätten.

Das gesährdende Objekt wäre aber iu solchem ^alle uicht die flagge, sondern die Haltung der Behordeu.

.^auz ähnlich verhielte es sieh, wenn ein sehw.^erisehes ^ehiss s^ ehrlos wäre, sieh ^m ..Sklavenhandel her^u^eben. Das Vaterland würde^ allerdings mit Absehe.... aus eiu solches Versahren blil^en, uud seiue ^traf^ gewalt würde solches im Betretnngssalle nach Verdienen züehtigen und brandmarken. Allein durch solehe .^ehlechti^keit eines Einzelnen wäre^ das Land doch nieht mehr und nicht weniger beslekt, als durch ähnliche Verbrechen verlorner .^ohne im Junern, und vollends wäre es undenkbar, dass dem Lande selbst eiu solcher vereitelter Missbraueh ..er flagge ^..gerechuet werden konnte.

^38 Ueberhanpt sind solche Argumente, die ans der Möglichkeit des MissBrauchs einer an sich gut.... .^ache geschopst sind, selten von erheblichen..

Werth. Mit solchen Anschauungen wäre die Welt zu keiner einzigen Freiheit und zn keinem einzigen Rechte gelangt, denn ihrer a l l e sind sehr .dem Missbrauch ausgesät. Die öffentliche Meinung ist aber gerade in diesen ..^tüken in der Schweig so stark, dass Akte der genannten Art von Schweizerischen Schissen ge^iss viel weniger zn besorgen wären, als von den .Schissen irgend einer andern Nation. Sobald nur besonders autorisirte Schisse das Recht zur Rührung der Flagge besten , fällt ohnehin ein ^rosser Theil der befürchteten Gefahren in diesem Stüke vou selbst dahin.

Von grosserer Bedeutung seheint der zweite Einwurf zu sein,

dass

die Schwer ihre Flag^ vor Missachtn..g und Verlegung nicht genügend ^u schüfen ver^.oge. Dieser Einwarf läuft i..dess im Grunde darauf l.^in-

aus, dass ohne gleichzeitige Erstellung einer K r i e g s f l o t t e der uothige

Schuz für die Handelsflagge nicht vorhanden sei.

Dieses Räsonnement ist insoweit richtig, als keinem Zweifel unterliegen kann, dass l^er Vesi^ einer Kriegsmarine die Machtstellung eines

Volkes bedeutend h..bt, indem sie die Möglichkeit gewahrt, seinen Au-

sprüchen in allen Theilen der Welt Rach^ruk z.. verschaffen. Judess ab^ges^hen davon, dass fast bei allen Seemächten die Kriegsmarine ...rst später .ans der wachsenden Handelsmarine hervorgegangen ist, lässt sieh denn doch nicht behaupten, dass eine Kriegsmarine a b s o l u t e s ^edürsniss sei und. dass eine Handelsmarine ohne jene keinen Grund zn e^istiren habe.

Es gibt eine grosse Zahl von Staaten, die ol^ne Kriegsmarine unter eigener Flagge Handel treiben , ja es ist fast die überwiegende ^ahl der Flaggen, die auf dem Meere in Gebranch sind , in dieser .Lage, z. B.

nur iu Europa: Hamburg, .^übek, Bremen, Meklenbnrg, ^l^enburg, Hannover, Belgien, der Kirchenstaat, Serbien, die Moldau, die Wallachei, früher Toscana u. s. s. Es ist nicht bekannt geworden, dass der Mangel einer Kriegsflotte diesen Staaten grosse Verlegenheiten bereitet habe.

Welches Jnteresse ist überhaupt vorhanden, die Flagge eines inoffensiven Handelsschisfes zu verleben .^ Jn Friedenszeiten gar keines.

Gegenüber etwaigem vereinzelten. Mnthwillen reichen die gewöhnliehen diplomatischen Reklamationen aus.

Jn Kriegszeiten kann sieh die ..^aehe etwas anders gestalten, namentlich wenn eine Flagge des Schmuggels mit Kriegskontrebande verdächtig wird. Jn solchen Reiten wird es allerdings erhöhter Vorsieht und loyaler Haltung bedürfen. Wer in soleheu Zeiten aus Ge.oi..ns..cht sich nicht scheut, das Vaterland in Verlegen^hei....

^u bringen, soll von diesem aueh offen desavouirt werden. Auf der andern ...^eite ist gerade iu Kriegs.^eiten bei den^ kriegführenden Rationen das Gelüste au^h ui.^ht so gross, si.^h dureh blossen Mathwillen einen Feind mehr zu s.hasfen, der in Verbindung mit den. andern feinde nicht zn verachten sein wird, und der unter Umständen auch in seiner Landmacht noch

Mittel iu der Hand hätte, um Beleidigungen zu rächen.

139 Es lässt sich überhaupt zwar nicht bestreiten , dass nicht beim Verkehr ^ur See wie bei demjenigen zu Land d... und dort Uebergrifse .oder Reibungen entstehen werden. . .Allein wie die Schwe^ troz ihrer bescheidenen Machtverhältnisse ^n solchen Streitigkeiten ihre Stellung noch immer zu wahren gewusst hat, selbst wenn der Ausgang des Streites für sie weniger günstig war, so wird sie wohl aneh bei etwaigen Verlegungen der Flagge ihre Würde zu behaupten wissen. Sie wird zu deren S.huze

thun, was sie kann; zu Unmöglichem ist sie nicht verpflichtet. ^Um des-^ willen aber ein Recht von vornherein preisgeben, weil es der Missachtung eines Andern ausgesät sein konnte, steht am Ende doch dem Versahren jener Eonseribirten etwas ähnlieh, welche sich verstümmeln, um den Gefahren des Militärdienstes zu entgehen.

Man hat zur Beseitigung von derartigen gefahren schon den Gedanken ausgesprochen, die Schweiz müsste ihre Flagge unter den Schuz einer ^rossen Seemacht stellen. Der Bundesrath erklärt jedoeh offen, dass ihm um diesen Vreis dann allerdings der Werth einer eignen Flagge zu theuer erkaust schiene. Der Bundesrath wird unzweifelhaft auch in ^ukuust, w^ es bisher schon oft geschehen ist, die guten Dienste dieser oder jener Grossmacht in Anspruch nehmen in Ländern, wo er keine Vertretung hat, oder wo seine diplomatischen .^ilssm^tel zur Erreichung eines gewünschten Zieles nicht ausreichen , und er anerkennt dankbar die ihm in solchen fallen von jenen Staaten geleistete Beihilfe. So kann ex in gleicher Weise vielleicht auch in Zukunft die guten Dienste einer Grossmacht ^..m .^chu^e seiner flagge in ^.pe^iellsällen in Anspruch zu^ nehmen iu den Fall kommen. Dagegen konnte er der Bundesversammluug die Begründung eines dauernden ^ehuzverhältnisses niemals vorschlagen, weil dadurch unter allen Umständen die Neutralität, ja mog-.

lieherweise ^fogar die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Vaterlandes gefährdet werden konnte. Der Bundesrath nimmt keinen Anstand , sich hierüber schon im gegenwärtigen Stadium der Sa.he ganz bestimmt auszusprechen.

Wenn der Bundesrath^ unter solchen Umständen anerkennen muss, dass die Autorisation einer eigenen Flagge auch gew^ffe Jnkonvenienzen sür die Gesammtstellnng der Schweig erzeugen kann, so lässt sich andererseits ni.ht verkennen, dass deren Bedeutung in andern Beziehungen sieh durch die Auspflanzung der eigenen Flagge auch wieder erhoht.

Die Sehwei^ hori. sich gerne als industrielle Grossmaeht betiteln, und sie hat uach Seiten ihrer G e w e r b s t h ä t i g k e i t aus diesen Ehrentitel

wirklich einigen Anspruch. Rach weiten des Handels aber ist sie bei

weitem weniger entwikelt, wobei indess durch manche der ueuern Zeit angehorige Einrichtungen, wie insbesondere die Gründung d^r schweizerischen E^portgesellschast, allerdings das Fundament sür eine viel grossere Gefammtentwiklung gelegt worden ist. Aber eine Handels^Grossmacht wird sie unter alle.. Umständen nie.uals sein oder werden konnen, so lange sie keine

Bundesbl.^. Jahrg. ..^I. Bd. III.

12

140 eigenen Schiffe besizt. Die Schweiz bezieht einen gössen Theil des Rohstosses fur ihre Gewerbsthätigkeit aus überseeischen Ländern, und eben dahin geht ein grosser Theil der Produkte ihres Gewerbsfleisses. Sie ist aber

wegen Mangels an eigenen Schiffen gegenwärtig gehindert, den Rohstoff

aus erster Hand zn beziehen und ihr Produkt direkt in die Hand der Konsumenten abzuliesern. Das ist die jezige Sachlage, aus deren Be-

trachtung wohl klar hervorgeht, dass die Selbstständigkeit des schweizer-

isehen Handels als Grosshandel zur ^eit noch keineswegs vorhanden ist, sondern erst mit den. Augenblike beginnen wird, wo er nicht mehr absolut von fremden Schiffen und von der fremden Politik, welche die Flaggen jener

Schiffe leitet, abhängig ist. Die schweizerische Flagge bringt daher dem

.Lande das Geschenk seiner vollen U n a b h ä n g i g k e i t undSelbständigkeit auf dem Gebiete des Handels, ein Geschenk, vielleicht von geringem Werthe in Zeiten politischer Ruhe, aber uns^äzbar sur Zeiten politischer Stürme.

Die Schweiz hat gegenwärtig vielleicht mehr Grnnd als srüher, dieser ..^elbftständigkeit erhöhten Werth beizulegen. .^.ie wird in aliernächster Zeit das e i n z i g e europäische .Land sein ohne eigene Handels-

marine. Dnrch die Unifikation Jtaliens ist aus der Südseite der Schweiz nicht nnr eine bedeutende neue Landmacht, sondern auch eine nicht unbeträchtliche neue Seemacht entstanden. Und gan^ ein ähnlicher ^rozess bereitet sich ans ihrer Rordseite vor. Dur.h den deuts.h..dänischeu Krieg ist der deutsche Bund in den Besi^ des Kieler Hafens gelangt, welcher s.hon jezt einer der sehonsten Häfen der Welt sein soll, und durch die projektirte Kanalbaute zwischen der ^st- und Rordsee noeh bedeutend an Werth gewinnen würde. Es ist unter solchen Umständen nicht daran zu zweifeln, dass der schon lange gehegte Wunsch Deutschlands nach .^elbstständigkeit ^ur .^ee in nächster Zeit seine Verwirklichung finden wir^. Die ^el,w^ hat keinerlei Grund, eifersüchtig ans diese Bestrebungen im Suden und Rorden zu bliken. allein ste .^ird nichts desto weniger gut thun, sieh im .^lugenblike, wo es noch Zeit ist, auch il..re Hände frei zu n.aehen und sich für alle Eventualitäten unabhängig zu stellen.

An dieses Vedürfniss der Unahhängigkeit unseres Handels sehliesst sieh ein zweites unmittelbar an, welches wir als ein ^edürsniss nach F o r t e n t w i k l n n g bezeichnen konnen. Es gibt in der schweizerischen Bolitik ein altes ...^priehu.ort, das sreilieh bisher vornehmlich zur Besehönigu^.g der Militärkapitulatiouen dienen mnsste, dessen ungeachtet aber eine gewisse Wahrheit enthält: ,,Die ^chwei^ u.uss ein Loeh ha.^en^.

Das Loch der Militärkapitulationeu ist heutigen .^ages verstopft; aber da^ Bedürsniss nach einem Loch ist in der Schweiz zurükgeblie^en. Wir haben schon oben angedeutet, dass das .Ausziehen der schweizerischen flagge diesem .^edürfniss individuell eine vollere und reichere Befriedigung verschassen wird, als der fremde Kriegsdienst zu gewähren vermochte. Hier wollen wir aber weniger mehr von diesem individuellen Vedürsniss als vielmehr vom entsprechenden Landesbedürsniss reden.

^

141

Unser Land ist und wird bei den in unfern Rachbarstaaten im Sehwange gehenden Eentralifationsbestrebungen immer mehr zwischen eine Anzahl von Staaten ersten Ranges eingekeilt, welche eine weitere erhebliehe Ausdehnung der Schweiz in nächster Rähe undenkbar machen. ^Den ...^rundfäzen der europäischen Bolitik gemäss soll die Stellung der Schweig ferner ungleich inaktiv sein. Aus der andern ^eite haben wir im Jnnern ein stetes Anwachsen der Bevölkerung mit dem schon geschilderten und durch jene Bevolkerungszunahme einer- und das Werbverbot andererseits noch verstärkten natürlichen Drang nach einem Ausgang oder auderweitiger politischer Krastentwiklung. Die hiedureh herbeigesührte, schon in allerlei Symptomen zu Tage getreteue Spannung hat sich in jüngster Zeit noch vermehrt durch die in ^olge des nordamerikauiseheu Bürgerkrieges entstandene Krists in den Geld- und Arbeitsverhältnissen.

Eines der Mittel zur Abhilfe, welches s.hon lange auf der Tagesordnung steht, ist das Bestreben nach Begründung schweizerischer Kolonien in fremden Welttheilen, oder überhaupt nach einer gewissen Organisation der Auswanderung. Ol^ue gerade an einen sehr tief wirkenden Eiusluss einer solchen mechanischen Abscheiduug eines Theils der Bevolkeruug zu glauben, lässt sich nicht läugnen, dass eine solche unter Umständen wenigstens momentan einige Erleichterung gewähren kann. Jedenfalls aber ist das sieher, dass es sehr erwüus.ht sein müsste, wenn der Auswanderer unter der flagge und dem Sch.uze der Heimat an den Ort seiner neuen Bestimmung gelangen und weun zwischen etwaigen schweizerischen Kolouien und dem .^eimatlande ein f.ortwähreuder direkter Verkehr stattfinden konnte.

Es ist auf den ersten Blik einleuchtend, dass durch Autorisation der sehweiz.

Flagge ein großer schritt in dieser Richtung geschieht. Wir sind mcht

der Ansicht, dass der Heimatstaat sieh direkt bei jenen Colonisationsund Auswauderungsbestrebungeu beteiligen solle . dagegen ist es gewiss nur zu billigen, wenn er seine schüzende Hand so weit als moglich über den scheidenden Bürger ausstrekt. Die blosse Thatsache, dass der ^ehweizer ^ehifse finden kann , die ihn unter sehweiz. flagge führen und ihrem Heimatlande verantwortli..h sind, wird il^re bedeutenden Rü^virlungen haben auf dieses leider oft mit so grosser Rohheit betriebene Transport^ gesehäst, und sie wird ebenso unzweifelhaft der Ent.viklung neu zn Begründender schweiz. Kolonien sorderlieh sein.

Aber abgesehen von soleheu Kolonien und erschliesst sich mit der Eroffuuug des Meeres der begrenztes Gebiet der Thätigkeit, und zwar eiuer wiederum die Blike der Ration erweitert und

Einzelnauswanderungen Schweiz ein neues unT^ätigkeit , welche hindie Thatkrast derselben

stählt. Das Gebiet für il^re weitere Eutwikluug ist hier ganz frei und

schrankenlos.

Will sich die .^...^weiz durch überseeischen Landbefiz ver-

grossern, will sie sieh militärisch weiter ent.vikeln; will sie Bündnisse mit

sremden Zaudern s^.hliessen, will si.^ auswandern oder will sie bloss zu Hause fabriziren und handeln : so ist ihr freier Raum gegeben für jede

142 .^

nüzliche Thätia.keit, wie sogar für jede Laune ihrer Bhantaste. Die Schweiz findet auf dem Ozean dieselbe Luft der Freiheit, die ans den

Alpen weht.

^u diesem Jnteresse, dem fchweiz. Handel eine selbständige Stellung zu verschaffen und dem Lande im Ganzen ^ust zu maehen, gesellt si.^ dann noch ein drittes, gewissermassen gemütliches Motiv für die Gewährung des Bittgesuches: ein gewisses, dem Schweizerherzen wohltuendes Gesühl, das weisse Kreu., im rothen Felde auch aus dem Ozean schimmern zu sehen.

Man hat dieses Gesühl nationale Eigenliebe betitelt. Es mag solche

mit darin steken. allein diese Erkäruug reicht bei weitem nicht ans. Um sieh jenes Gefühl deutlich zu machen, muss der Schweizer in der Heimat sich in Gedanken in einen jener feierliehen Momente versezen, wo inmitten der festlichen Stimmung einer grossen Menge die eidg. Fahne erschienen ist. Das Andenken an das überströmende Rationalgefühl eines

solchen Angenbliks gibt ihm ein schwaches Bild der stürmischen Erregung

eines Schweizers, der fern von seiner Heimat ans einmal deren ge.^ liebtes Zeichen erblikt. Es ist darum keine phrase, wenn in den Betitionen auch aus diesen Bunkt ein gewisser Ra.hdruk gelegt wird, und wenn man in Betracht zieht, wie die Schweizer in der Fremde stets bereit sind, zu helfen und jedes Leiden und jede Gefahr der Heimat mitzutragen, so wie auch jede nationale Freude zu erhöhen, so dars man wohl auch einem ihrer Herzenswünsche einige Rüksieht schenken.

Selbst aus die Gefahr hin, dass einige Jnkouvenienzen nicht ansbleiben werden, finden wir uns desshalb zu dem Antrage veranlagt, es mochte, in Entsprechung der in den Eingangs genannten Betitionen enthaltenen Gesuche, der Bundesrath ermächtigt werden, die Autorisation zum Gebrauche der schweiz. flagge an schweizerische Schiffe zu ertheilen.

Mit Rül^si.ht ans die Reuheit des Gegenstandes und das Bedürfnis nach einigen weitern Ersahrungen glaubt dagegen der Bundesrath, Jhnen zur Zeit noch keinerlei gesezgeberisehe Massregeln vorschlagen zu sollen.

Er schlägt Jhnen ^vielmehr vor, ihm die allgemeine Vollma.ht ..u ertheilen, vor der Hand über alle einschlägigen Verhältnisse von sich aus verfügen zn dürfen. Es scheint dem Bundesrathe wü..sehl.ar, dass die Bundesversammlung no.h freie Hand in diesen Dingen behalte. Da der Bundesrath ihr über die Anwendung seiner Vollmacht Beriet erstatten wird und ste jeden Augenblik die ^ollmaeht ^..rük^iehen im Stande ist, so kann wohl die Ertheilnng derselben, die aus praktischen Gesichtspunkten gewiss dem Bedürfnisse des Mo.nents a.n besten entspricht, keinerlei gegründete Bedenken erregen.

143 Der Bundesrat h beehrt sich demzufolge, der h. Bundesversammlung folgenden Beschlussentwu^s zur Annahme ^u empfehlen: Die ^ B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a s t , im Hinblike auf Betitionen einer grossern Anzahl von ^.hwe^ern m Triest, Sm^rna, und St. Betersburg, und uaeh Einsteht einer Botschaft des Bundesrathes vom^ 25. Rovember 1864,

beschliesst: 1. Der Bundesrath wird ermächtigt, den Gebrauch der schweizerischeu .^la^e auf dem Meere an schweizerische Schisse ^t bewilligen.

2. ^...er Bundesrath erhält die allgemeiue Vollmacht, bis aus weitern Beschluss der Bundesversammlung alle sür die Ausführung dieses Beschlusses ^wekdieulichen Massregeln anzuordnen.

Der Bundesrath ergreist auch diesen Anlass zur Erneuerung der VerSicherung seiner vollkommenen Hochachtung und Ergebenheit.

Bern, den 25. November 1864.

Jm Ramen des schweb. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

..)r. ^. Dubs.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schieß.

144

#ST#

Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Loslauf der Brükengelber bei Säkingen und Laufenburg.

(Vom 16. November 1864.)

Tit. l Dur.h Schlussnahme vom 15/16. Januar l 863 haben Sie uns ermächtigt : "Für den Loskauf aller zur Zeit noch bestehenden kouzessionirten ,,Brükengelder und anderer in das Gebiet der Zollablosung fallenden ,, Gegenstände mit den betreffenden Kantonsregiernngen und der Regierung ,,des Grossherzogthums Baden z.. unterhandeln und mit denselben wo ..moglieh daraus bezügliche Unrein kommen, unter Vorbehalt der Ratisi,,kationen der Bundesversammlung, abzuschließen." ^) Diesem Auftrage nachkommend, haben wir uns mit den betreffenden Kantousregierungen, auf deren Gebiet noch Brükengelder erhoben wurden, über deren Loskaus verständigt, und Sie , Tit. , haben die bezüglichen Verträge unterm 22. El.ristmonat .l 863 bereits genehmigt. Mit der Regierung des Grossherzogthums Baden dagegen konnten die eigentlichen Verhandlungen sur Beseitigung der Brükengelder in Säkingen und Lausenburg erst im Sommer 1864 eröffnet werden, nachdem die grossherzogliche Regierung sich im Jnteresse des erleichterten Verkehrs und zur Forderung der freund..a.l,barli..hen Beziehungen dazu bereit erklärt hatte.

Die beiderseitigen Bevollmächtigten vereinigten sich in einer zu Säkingen am 5. September lezthin abgeschlossenen Uebereinknnft, welche

^.) Siehe Bundesblatt v. J. 1863, Band I, S. 442.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend Ermächtigung zum Gebrauch der eidgenossischen Flagge. (Vom 25. November l864.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1864

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.11.1864

Date Data Seite

123-144

Page Pagina Ref. No

10 004 604

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