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Bundesblatt

73. Jahrgang.

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Bern, den 11. Mai 1921.

Band II.

Botschaft des

bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bau und den Betrieb eines Institutes für Haustierernährung an der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidg. Technischen Hochschule in Zürich.

(Vom 3. Mai 1921.)

Der Schweizerische Bauernverband hat von der ihm seitens des Bundesrates aus den Überschüssen der S. S. S. gemäss deren Statuten zugesprochenen Summe einen Betrag von Fr. 200,000 ausgeschieden und diesen der Eidgenössischen Technischen Hochschule zur Förderung der Forschung auf dem Gebiete der Ernährung der landwirtschaftlichen Haustiere zur Verfügung gestellt.

Dieser Betrag soll in erster Linie zur Beschaffung der hierzu notwendigen wissenschaftlichen Apparate verwendet und aus dem verbleibenden Rest ein Fonds gebildet werden, dessen Zinsen zur teilweisen Bestreitung des Betriebes des zum genannten Zweck zu gründenden Institutes dienen sollen.

Der Schweizerische Bauernverband hat uns bezüglich der Gründung dieses Institutes eine Eingabe eingereicht, welcher wir im Hinblick auf die Wichtigkeit der Angelegenheit ohne Aufschub Folge zu geben beschlossen haben. Vorerst musste das zur Erstellung des notwendigen Gebäudes geeignetste Terrain ausfindig gemacht werden.

Eine Prüfung der Bodenfrage ergab, dass als Bauplatz für die Erstellung dieses Gebäudes in der Nähe der Eidgenössischen Technischen Hochschule einzig ein zwischen dem land- und forstwirtschaftlichen Institut und dem eidgenössischen Chemiegebäude gelegener länglicher Landstreifen in Betracht kommen könnte.

Man hat sich auch gefragt, ob es nicht vorzuziehen wäre, dieses Institut einer benachbarten Gutswirtschaft oder der eidgenössischen Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

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landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Oerlikon anzugliedern, immer, hin in einer Form, die dessen Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule sichern müsste.

Erhebungen, die zu diesem Zwecke angestellt wurden, ergaben, kein .befriedigendes Eesultat.

Nachdem ermittelt worden war, dass die Errichtung eines Tierstalles auf dem in Aussicht genommenen Platz baupolizeilich zulässig sei, wurde daher der ursprüngliche Plan der Errichtung eines an die landwirtschaftliche Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule angegliederten und sich in deren Nabe befindlichen Institutes wieder aufgenommen. In der Folge haben wir, im Juni 1920, dem Architekten der Eidgenössischen Technischen Hochschule den Auftrag erteilt, auf Grund einer von ihm hergestellten Skizze die notwendigen Pläne auszufertigen. Die Arbeiten erlitten eine gewiss& Verzögerung dadurch, dass man die Ergebnisse einer auf mehrere Monate berechneten Studienreise verwerten wollte, die ein Sachverständiger in den grossen Ferien 1920 zum Studium der Einrichtungen und des Betriebes bestehender ähnlicher Institute des Auslande» ausführen sollte. Aus verschiedenen Gründen müsste diese Eeise auf das Frühjahr 1921 verschoben werden. Um jedoch weitere Zeitverluste zu vermeiden, wurden die Arbeiten für die Gewinnung des.

erforderlichen Planmaterials und eines Kostenvoranschlages fort^ gesetzt.

Für die Erstellung des Gebäudes für das neue Institut ist ein Teil des obern nördlichen Gartens zwischen dem land- und forstwirtschaftlichen Institut und dem Chemiegebäude in Aussicht genommen, der sich für diesen Zweck besonders eignet.

Das Gebäude ist mit 26,10 m Länge und 10,80 m mittlerer Breite so projektiert, dass es an die dort vorhandene Backsteinmauer in einem Abstand vom land- und forstwirtschaftlichen Institut angebaut würde, welcher eine Beeinträchtigung des letztem ausschliesst.

Der Umstand, dass der Garten, in welchen das Gebäude hineingestellt werden soll, um ca. 8 m über dem das land- und forstwirtschaftliche Institut direkt umgebenden Terrain liegt, erleichtert eine zweckmässige Disposition der ganzen Anlage in 2 Stockwerken, von denen jedes von aussen her direkt zugänglich ist.

1. Obergeschoss. Dieses würde enthalten: die Stallungen für 2 Stück Grossvieh und 6 Stück Kleinvieh (Schweine, Schafe oder Ziegen); in der Mitte zwischen Gross- und Kleinviehstallung den Arbeitsraum für Versuche, daneben den Baum für den Respirations-

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apparat und neben dem Grossviehstall einen Vorraum mit der Viehwage und Platz für Futtervorräte.

2. Untergeschoss. Dieses enthält ausser einem Arbeitsraum in der Mitte Magazinräume und Bäume für die Abgangsstoffe aus den Stallungen und unter dem Apparatenraum einen Kaum mit konstanter Temperatur.

Die Düngerstoffe werden in dem kleinen, von den Anstaltaräumen umschlossenen, aber offenen Hof, der durch das Untergeschoss direkt zugänglich ist, auf einen hierfür besonders konstruierten Wagen geladen und abgeführt.

Die Heizung des Gebäudes könnte am einfachsten im Anschluss an die Dampfkesselanlage des Chemiegebäudes bewerkstelligt werden, was einen besondern Heiz- und Kohlenraum entbehrlich macht.

Stallungen und Arbeitsräume erhalten die zweckentsprechenden Ventilations Vorrichtungen.

Das vorliegende Projekt sieht für das Gebäude einen Bauminhalt von 1522 m3 vor. Da die verlangten Bäume in einem verhältnismässig sehr beschränkten Kubus untergebracht werden müssen und anderseits eine ziemlich umfangreiche Installation erforderlich ist, wird heute mit einem Einheitspreis von annähernd Fr. 100 per m3 gerechnet werden müssen, so dass die Kosten für den Bau und die Einrichtung des Gebäudes ausschliesslich der Apparate und anderer Spezialeinrichtungen auf Fr. 150,000 zu stehen kommen werden.

Zur Aufstellung eines zuverlässigen definitiven Kostenvoranschlages müsste die Fertigstellung der in Ausarbeitung befindlichen Werkpläne abgewartet werden. Da jedoch die Beschlussfassung über die Errichtung des Institutes dringlich ist, glauben wir ausnahmsweise von der vorgängigen detaillierten Feststellung der Baukosten Umgang nehmen und uns mit der approximativen Berechnung der Bausumme begnügen zu können.

Wir ersuchen daher um Eröffnung eines Kredites von Fr. 150,000 für die Erstellung des fraglichen Institutes; die Kosten für die Anschaffung der Apparate und die speziellen Einrichtungen werden aus dem Fonds des Bauern Verbandes bestritten.

Die Frage der Auslagen für den Betrieb des Institutes muss wie folgt ins Auge gefasst werden: Die wissenschaftliche Oberleitung des Institutes würde der Professor für Agrikulturchemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule übernehmen. Ein Adjunkt oder Assistent I. Klasse würde mit der speziellen Versuchsführung und Mithilfe bei der Ausbildung der Studierenden betraut. Ausserdem müsste ein Tier-

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·Wärter, der zugleich den Dienst eines Laboranten versehen würde, als Aushilfe eingestellt werden. Die gesamten Jahresausgaben werden in der uns vom Bauernsekretariat eingereichten Eingabe einschliesslich der Kosten für den Unterhalt und Erneuerung des Viehs auf mindestens Fr. 22,000 geschätzt. Was den Ankauf des letztern betrifft, so würde der hierzu nötige Betrag erstmals dem erwähnten Kredit entnommen werden. Die Zinsen aus dem Eest dieses Fonds würden zur Bestreitung der Betriebskosten Verwendung finden, währenddem für die nichtgedeckten Betriebskosten die Eidgenossenschaft aufzukommen hätte. In unserm Beschlussesentwurf sehen wir vor, dass diese Auslagen in den Voranschlag der Eidgenössischen Technischen Hochschule aufzunehmen wären.

Indem wir Ihnen dieses Projekt einer Erweiterung der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule zur Annahme empfehlen, müssen wir noch einige Angaben über die allgemeine Bedeutung desselben machen und die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Ausführung des neuen Institutes begründen. Wir entnehmen die nachstehenden Angaben der uns vom Bauernsekretariat unterbreiteten Eingabe.

Laut den vom genannten Sekretariat gemachten Erhebungen ergibt sich bei Berechnung des ßohertrages der schweizerischen Landwirtschaft auf 2 Milliarden Franken jährlich, ein Eohertrag für die Tierhaltung von ungefähr 1800 Millionen Pranken. Die Tierproduktion ist somit der weitaus wichtigste Zweig der schweizerischen Volkswirtschaft. Keine Industrie erreicht auch nur annähernd ihre Bedeutung.

Die Tierproduktion hängt vor allem von 2 Faktoren ab: Zucht und Fütterung. Wenn auf dem Gebiete der Tierzucht die schweizerische Landwirtschaft grosse Fortschritte gemacht hat und sich in vorderster Linie befindet, so kann von der Fütterung das gleiche nicht gesagt werden. Es wird jährlich für viele Millionen Franken Futter unrichtig verabreicht und damit verschwendet. Eine Eeihe von Fragen, die gerade für die Schweiz Wichtigkeit haben, sind ungelöst (Nutzeffekt der Stärkeeinheit für F'tehproduktion, Frage des Mineralstoffwechsels, Vergleich der Futterverwertung durch Braun- und Fleckvieh, Nutzeffekt der Amidfütterung, Mast wachsender Tiere, Prüfung der neuen Konservierungsmethoden, Prüfung der Vitaminfrage etc.). Es gibt kein Gebiet der schweizerischen Volkswirtschaft,
auf welchem durch wissenschaftliche Forschung und Belehrung eine so grosse Vermehrung des volkswirtschaftlichen Einkommens möglich wäre wie hier. Das Gebiet ist bisher in der Schweiz kaum ernährungsphysiologisch bearbeitet worden. Während des Krieges machte sich dieser Mangel besonders stark fühlbar, da der

999 Wert neuer Kriegsiuttermittel genau überhaupt nicht geprüft werden konnte. Vorerst musste man die Versuchsergebnisse des Auslandes abwarten, ehe man zur richtigen Bewertung für solche Futtermittel in der Schweiz kam (z. B. bei Verfütterung von Obsttrester).

Die Bewertung eines Futtermittels nach Stärkewert, dem wissenschaftlichen Masse für die Futterwirkung, ist nur unter Hinzuziehung eines Bespirationsapparates möglich. Die Schweiz hatte bisher keinen Eespirationsapparat für grössere Tiere. Ausnützungsversuche an Tieren wurden lediglich an der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule ausgeführt, wo mit primitiven Mitteln während des Krieges einige der dringendsten Fragen studiert wurden und die Verdauungskoeffizienten einiger der wichtigsten neuern Futtermittel gefunden werden konnten. Dennoch verwendet die schweizerische Landwirtschaft heute immer noch jährlich für etwa 100 Millionen Franken K r a f t f u t t e r mittel. Leider fehlt die sichere Grundlage für die richtige Ermittlung ihrer Nährwirkung unter den schweizerischen Produktionsverhältnissen. Dem sollte jetzt abgeholfen werden. Deshalb beantragen wir Ihnen die Gründung des fraglichen Institutes, von welcher folgende Vorteile zu erwarten sind: 1. die Lehrkräfte der Eidgenössischen Technischen Hochschule finden Gelegenheit zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung in einer den speziellen Bedürfnissen der Schweiz angepassten Eichtung, und, was noch wichtiger ist, 2. bei den Landwirten wird Interesse für die Versuchstätigkeit auf diesem Gebiete geweckt, und es wird Gelegenheit zu systematischer Weiterbildung einzelner diplomierter Landwirte auf diesem wichtigen Gebiete geboten. Damit wird auch für die landwirtschaftlichen Versuchsstationen, deren Erweiterung für tierphysiologische Versuche nur eine Frage der Zeit ist, das nötige wissenschaftliche Personal erzogen.

Bndlich werden die' in der Fütterungslehre besser ausgebildeten diplomierten Landwirte, falls sie als Lehrkräfte an die landwirtschaftlichen Mittelschulen kommen, die Hilfsmittel dieser Anstalten viel fruchtbarer gestalten. In den landwirtschaftlichen Schulbetrieben können Versuche ausgeführt werden, die der Praxis unmittelbar dienen.

Die vorgeschlagene Erweiterung der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule wird also in doppelter Hinsicht fruchtbar sein: 1. durch Vermehrung der Forschungsergebnisse, und

1000 2. durch umfassendere Ausbildung der Studierenden. Die bessere Ausbildung der Studierenden wird ihrerseits befruchtend auf die Versuchstätigkeit der Anstalten des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und der Privaten wirken.

Wir empfehlen Ihnen daher das Ihnen mit gegenwärtiger Botschaft vorgelegte Projekt bestens. Die Tatsache, dass der Bauernverband dieses nicht nur dringend zur Ausführung empfiehlt, sondern es auch durch seinen finanziellen Beistand unterstützt, beweist, welche Wichtigkeit dieser Gründung in landwirtschaftlichen Kreisen beigemessen wird. Die schweizerische Landwirtschaft hat es während der kritischen Jahre, die wir durchmachten (und die auch jetzt noch nicht vorbei sind), verdient, dass sie unterstützt werde und sie gerüstet sei im Hinblick auf einen weitern Fortschritt, der dem ganzen Land zugute kommen dürfte.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den S.Mai 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

1001 (Entwurf.).

Bundesbeschluss betreffend

den Bau und den Betrieb eines Institutes fiir Haustierernährung an der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidg. Technischen Hochschule in Zürich.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 3. Mai 192Ì,

beschliesst: 1. Für den Bau eines Institutes für Haustierernährung an der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich wird ein Kredit von Fr. 150,000 bewilligt.

2. Die Auslagen für den Betrieb des Institutes werden, soweit sie nicht aus den Zinsen des speziellen, von dem Schweizerischen Bauernverband geschaffenen Fonds bestritten werden können, in den jährlichen Voranschlag der Eidgenössischen Technischen Hochschule eingestellt.

8. Dieser Beschluss tritt, weil nicht allgemein verbindlicher .Natur, sofort in Kraft.

4. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bau und den Betrieb eines Institutes für Haustierernährung an der landwirtschaftlichen Abteilung der Eidg.

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