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1483

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend eine ausserordentliche Bundeshilfe für die schweizerische Uhrenindustrie.

(Vom 10. Oktober 1921.)

. I.

In unserer Botschaft vom 7. Oktober 1921 betreffend neue Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben wir auf die ausserordentlich ungünstige wirtschaftliche Lage unseres Landes, die zunehmende Arbeitslosigkeit und die trüben Aussichten für den nächsten Winter hingewiesen. Wir haben ferner erwähnt, dass international eine Entspannung noch nicht eingetreten sei, und dass insbesondere unsere Exportindustrien infolge des stetigen Sinkens der Valuta verschiedener Länder einen immer schwereren Stand haben.

Unter diesen Verhältnissen leidet insbesondere die Uhrenindustrie. Sie war auch eine der ersten, welche von der Krisis betroffen wurde. Der gesamte schweizerische Export ging von 1756 Millionen Franken im ersten Halbjahr 1920 auf 1009 Millionen im gleichen Zeitraum des Jahres 1921, also um 42,6 Prozent zurück. In der Uhrenindustrie sank die Ausfuhr in den gleichen Zeitperioden von 163 Millionen auf 89 Millionen Franken und weist somit eine Abnahme von 45,5 Prozent auf.

Infolge der Krisis ist die Arbeitslosigkeit in der Uhrenindustrie eine ganz besonders starke. Sie nimmt für einzelne Gebiete, welche hauptsächlich auf sie angewiesen sind, katastrophalen Charakter an. Die nachstehenden Tabellen geben ein anschauliches Bild der Entwicklung der Arbeitslosigkeit in diesem Industriezweig im allgemeinen und in den Kantonen Solothurn,. Bern und Neuenburg insbesondere.

495

Die Arbeitslosigkeit in der Uhrenindustrie und Bijouterie in den Jahren 1920 und 1921.

Gänzlich Arbeitslose

1920

Ende Februar

Teilweise Arbeitslose

Unterstützte ganzi. ArbeitsL

368 390 346 756 4,890 8,038 8,885 9,855 13,230 13,312

465 470 537 · 928 5,392 8,418 9,244 10,351 13,980 14,574

65 51 51 122 77 153 153 155 347 529 872

18,671 19,094 16,649 18,983 17,267 15,053 15,458 12,829

22,831 24,731 23,769 28,516 30,419 30,718 31,815 32,514

2,716 4,534 5,467 7,261 9,965 11,022 11,744 13,414

91

97 März April . .

80 191 Mai . . .

V) Juni 172 VI Juli .

.

.

.

502 ·n 380 ·n August .

359 ·n September 496 11 Oktober . .

November. .

750 T) Dezember . . 1,262 V) 1921 : Ende Januar . 4,160 n Februar . . 5,637 n März . . . 7,120 .. 9,533 v> April .

Mai .

.

.

.13,152 n .15,665 ·n Juni ·n Juli. . . .16,357 .19,685 ·n August v> I)

Tota! der Betroffenen

91

--

Die Arbeitslosigkeit in der Uhrenindustrie in den Kantonen Solothurn, Bern und Neuenburg im Jahre 1921.

(Absolute Zahlen und °/o der Wohnbevölkerung.)

K a n t o n S o l o t h u r n : Wohnbevölkerung: 130,617.

Ganzi. Arbeitslose Teilw. Arbeitslose Zahl Ende Januar ·/> Februar ·n März .

·n April .

·n Mai .

·n Juni .

·n Juli .

August 7>

.

. .

. .

.

. .

.

. .

. .

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326 526 712 800 820 1,430 1,411 1,379

7» 0,24 0,40 0,55 0,61 0,03 1,09 1,08 1,06

Zahl

6,310 5,180 5,180 5,180 4,140 3,568 3,568 3,568

°A 4,84 3,96 3,96 3,96 3,17 2,73 2,73 2,73

Gesamtzahl der Betroffenen Zahl % 6,636 5,08 5,706 4,36

5,892 5,980 4,960 4,998 4,979 4,947

4,51 4,57 3,80 3,82 3,81 3,79

496

K a n t o n B e r n : Wohnbevölkerung: 674,894.

Ganzi. Arbeitslose Zahl

%

Teilw. Arbeitslose Zahl

%

Ende Januar Februar T) März .

11 ·n April .

·n Mai .

11 Juni .

·n Juli .

·n August

.

.

.

.

.

.

.

.

Kanton Ende Januar n Februar 11 März .

·n April .

11 Mai .

·n Juni .

ti Juli .

11 August

N e u e n b u r g : Wohnbevölkerung : . . . 1,497 1,14 6,666 5,07 . . , 2,133 1,62 7,204 5,48 . . . 2,367 1,80 7,226 5,oo . . . 3,315 2,62 7,171 5,46 . . . 4,350 3,31 7,039 5,36 . . .. 5,533 4,21 5,806 4,42 . . . 5,274 4,02 6,531 4,97 . . . 6,690 5,08 5,515 4,1»

.

.

.

.

.

.

.

.

. 9 5 5 0,14 . 2,168 0,32 . 2,694 0,40 . 4,243 0,63 . 6,702 0,99 . 7,435 1,10 . 8,414 1,M . 9,899 1,47

5,192 5,385 2,410 5,286 5,260 4,710 4,168 2,853

0,77 0,80 0,29 0,79 0,78 0,70

0,62 0,42

Gesamtzahl der Betroffenen Zahl % 6,147 0,91

7,553 5,104 9,529 11,962 12,145 12,582 12,752 131,349.

8,163 9,337 9,593 10,486 11,389 11,339 11,805 12,205

1,12 0,69 1,12 1,77

1,80 1,86 1,89

6,21 7,10 7,30 7,98 8,67 8,63 8,99 9,27

Nachdem bereits eine beträchtliche Anzahl Arbeiter der Uhrenindustrie abgewandert ist oder sich einer andern Beschäftigung zugewandt hat, mag ihre Zahl zurzeit noch ungefähr 45,000 bis 50,000 betragen. Vergleicht man diese Zahl mit der Gesamtzahl der Arbeitslosen Ende August 1921, so ergibt sich ein Prozentsatz von 65 bis 75 Prozent arbeitslose Arbeiter in dieser Industrie. Die Unterstützung dieser Leute erfordert grosse Summen, ebenso die Notstandsarbeiten, die mit Hilfe von Bund, Kantonen und Gemeinden in die Wege geleitet werden. Alle diese Hilfsmassnahmen haben wohl die Not vieler Arbeitslosen gelindert, allein sie haben der schwer betroffenen Industrie keine Arbeit und den Arbeitern keine Beschäftigung in ihrem Berufe gebracht.

Die Folgen dieser misslichen Verhältnisse blieben nicht aus.

Ein Teil der Industrie sucht in die Länder abzuwandern, wo ihr eine günstigere Valuta und günstigere Arbeitsbedingungen winken.

Mit der Abwanderung der Industrie geht die Auswanderung der qualifizierten Berufsarbeiter Hand in Hand. Damit droht der einheimischen Industrie die Gefahr einer vermehrten dauernden Konkurrenz im Ausland und des Verlustes der bisherigen Absatzgebiete.

497 Diese Verhältnisse haben die beteiligten Kreise dazu geführt, die Massnahmen zu prüfen, die geeignet wären, die bedrohte Industrie vor dem Untergang zu retten. Die schweizerische Uhrenkammer in La Chaux-de-Fonds (Chambre suisse de l'Horlogerie) hat sich in Verbindung mit den Organisationen der Uhrenindustrie der Sache besonders angenommen. Sie hat in einer Eingabe an den Bundesrat und in verschiedenen Konferenzen, welche zur Prüfung der Eingabe abgehalten wurden, darauf hingewiesen, dass die Produktionskosten zu hoch seien, um gegenüber dem Ausland zurzeit erfolgreich konkurrieren zu können. Sie hofft aber, diese Konkurrenzfähigkeit zum Teil wieder herstellen zu können, wenn einerseits die Löhne der Arbeiterschaft heruntergesetzt würden und anderseits der Staat ihr vorübergehend finanziell zu Hilfe käme. Diese staatliche Hilfe stellt sie sich auf folgender Grundlage vor. Der Bundesrat oder eine von ihm zu bezeichnende Instanz hätte für jedes valutaschwache Land einen festen Kurs, der höher ist als der wirkliche Kurs, festzusetzen. Auf Grund dieses Kurses könnten die Industriellen die Aufträge nach dem Ausland abschliessen. Der Verlust, der ihnen dabei aus dem Unterschiede zwischen dem festen und wirklichen Kurs entstünde, wäre ganz oder teilweise durch staatliche Zuschüsse auszugleichen, die sich im einzelnen Falle zwischen l bis 30 Prozent des Wertes der auszuführenden Ware zu bewegen hätten. Auf diese Weise hofft die Uhrenindustrie, wieder Leben in die geschlossenen Betriebe bringen und den Arbeitern Beschäftigung in ihrem Berufe verschaffen zu können. Sie ist sich bewusst, dass die vorgeschlagene Lösung nur einen vorübergehenden Charakter haben kann, und schlägt daher deren zeitliche Beschränkung auf die Dauer eines Jahres vor in der Hoffnung, sich nachher wieder aus eigener Kraft durchschlagen zu können.

Zur Verwirklichung ihres Vorschlages hält die Uhrenindustrie eine staatliche Aufwendung von 25 Millionen Franken für notwendig. Sie geht dabei von folgender Berechnung aus. Bei einem Durchschnitt der staatlichen Zuschüsse von 20 Prozent des wahren Wertes würde mit den 25 Millionen Franken eine Warenausfuhr von 125 Millionen Franken erreicht. Da für die staatliche Hilfe nur die valutaschwachen Länder in Betracht fallen, so würde sich die Gesamtausfuhr noch um den Wert der nach diesen Ländern
ausgeführten Waren erhöhen. Durch eine solche Belebung der Ausfuhr und der Produktion werden, so wird weiter argumentiert, beträchtliche Lohnsummen ausgelöst, deren Wegfall Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge in einem die verlangte Bundeshilfe mindestens gleichkommenden Betrage bedingen würde.

498

Zur Begründung der vorgeschlagenen Aktion wird noch besonders darauf hingewiesen, dass die Gemeinden in den Gebieten,,, wo die Uhrenindustrie zuhause ist, am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelangt seien, und dass es zudem in einzelnen hochgelegenen Gegenden, wie La Chaux-de-Fonds, sozusagen unmöglich sei, das Personal im Winter mit Notstandsarbeiten im Freien zu beschäftigen. Wenn aber die Beschäftigung dauernd ausbliebe, so würde die Erregung im Laufe des Winters gewaltig steigenund Schwierigkeiten aller Art wären nicht zu vermeiden.

II.

Wir haben in der letzten Zeit verschiedene Massnahmen getroffen, welche alle bezwecken, in der Arbeitslosenfürsorge die Barunterstützung im Rahmen des Möglichen durch ein System der produktiven Arbeit zu ersetzen. Wir haben hierüber ausführlich in der eingangs erwähnten Botschaft Bericht erstattet. In diesem Zusammenhange wollen wir lediglich erwähnen, dass wir mit unserm Beschlüsse vom 30. September abhin dem Bundesratsbeschluss vom 29. Oktober 1919 betreffend Arbeitslosenunterstützung einen neuen Artikel 9bis beigefügt haben, der folgendermassen lautet *) : Durch besondere Vereinbarungen können einzelnen Betrieben, die infolge der Wirtschaftskrisis zur Einstellung der Arbeit und Entlassung des Personals gezwungen werden, Beiträge unter folgenden Bedingungen gewährt werden : a) es muss damit die weitere Beschäftigung von Personal, das sonst entlassen werden müsste, gesichert sein; b) die Beiträge dürfen nur gewährt werden, wenn der Betriebsinhaber ohne sie mit Verlust arbeiten würde ; c) die Beiträge dürfen insgesamt die Summe nicht übersteigen, welche an Arbeitslosenunterstützung an das Personal, das arbeitslos geworden wäre, voraussichtlich hätte bezahlt werden müssen ; d) die Rückerstattung der Beiträge ist vorzubehalten für den Fall, dass die Betriebsergebnisse dies rechtfertigen.

Kann der gleiche Zweck durch Darlehen erreicht werden, so ist diese Form zu wählen.

Diese Zuwendungen gehen je zur Hälfte zu Lasten von Bund und Kanton. Die Bestimmungen des Art. 14, Abs. l bis 3, sind anwendbar.

Unter diesen Umständen kann auch die Heranziehung der Solidaritätsfonds zur Lastentragung zur Bedingung gemacht werden.

*) Siehe Bundesblatt 73. Jahrgang, Nr. 40, S. 413 ff.

499' Betriebe, die sich die Ausrichtung der Zuwendungen durch unrichtige Angabeo verschaffen, sind zur Rückerstattung verpflichtet. Überdies bleibt die strafrechtliche Verfolgung der Fehlbaren vorbehalten.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erlässt über die Anwendung und Durchführung dieser Bestimmungen nähere Vorschriften.

Der Vorschlag der Uhrenindustrie verfolgt im Grunde der Dinge keinen andern Zweck als diese neue Bestimmung. Auch er will die Arbeitslosenfürsorge durch ein produktives System ersetzen. Er geht nur insofern über jene Bestimmung hinaus, als er die Neuerung nach einheitlichen Grundsätzen für einen ganzen Industriezweig einführen möchte.

Wir haben uns nach eingehender Prüfung der Frage, durch die Vorinstanzen grundsätzlich für die Gewährung der Bundeshilfe entschlossen. Dagegen können wir heute nicht erklären, ob sie nach der von der schweizerischen Uhrenkammer vorgeschlagenen Weise verwirklicht werden kann. Wir müssen uns nach dieser Richtung hin freie Hand vorbehalten.

Schon in der mehrfach zitierten Botschaft über neue Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben wir uns dahin ausgesprochen, dass in diesen Zeiten der Not und der Krisis alle Kreise der Bevölkerung Opfer zu bringen haben, auch die Arbeiterschaft dadurch, dass sie nicht an Arbeitsbedingungen festhält, die in normalen Zeiten oder während der Hochkonjunktur gerechtfertigt gewesen sein mögen. Wir können denn auch mit Genugtuung feststellen, dass die Arbeiterschaft der Uhrenindustrie zu einer Herabsetzung der Löhne bereit ist, dass zwischen ihr und der Arbeitgeberschaft nur noch das Mass derselben streitig ist.

Wir erwarten denn auch mit Bestimmtheit, dass die hierüber noch schwebenden Verhandlungen zu einer Einigung führen werden.

Unter diesen Voraussetzungen haben wir uns entschlossen, den eidgenössischen Räten die Gewährung der nachgesuchten Bundeshilfe zu empfehlen.

Wir sind uns bewusst, dass wir damit ein ausserordentlich schwieriges Problem anschneiden, das Problem der staatlichen Hilfe für die Exportindustrien im allgemeinen. Wir wissen auch, dass unser Vorschlag andere Industrien auf den Plan rufen und zu ähnlichen Forderungen veranlassen wird. Wir sind aber trotz aller dieser Schwierigkeiten der Meinung, dass wir der trostlosen Lage der Uhr en industrie nicht rat- und tatlos gegenüberstehen dürfen, und dass die verlangten Geldopfer zu verantworten sind, wenn es sich darum handelt, eine der ältesten und wichtigsten

·500 Industrien der Schweiz, in welcher ein ansehnlicher Teil des Nationalvermögens investiert ist, vor dem Untergang zu retten.

Wir betrachten das Ganze als einen Versuch, der im Falle des Gelingens auch auf andere Industrien zur Anwendung gelangen kann. Dieser Versuch darf um so leichter unternommen werden, als die hierfür erforderlichen Geldmittel ohnedies in anderer Form, als Arbeitslosenunterstützung, aufgewendet werden müssten. Wir halten eine Summe von 20 Millionen Franken zu dem angegebenen Zweck für notwendig. Damit wird ein Beschäftigungsgrad der Uhrenindustrie ausgelöst werden, der Aufwendungen in gleicher Höhe an Barunterstützungen erspart. Wir wollen dahingestellt sein lassen, ob die Berechnungen der schweizerischen Uhrenkammer sich erfüllen werden ; dagegen wollen wir darauf hinweisen, dass nach den Berechnungen des eidgenössischen Arbeitsamtes innert Jahresfrist rund 30 Millionen Franken an Barunterstützung aufgewendet werden müssten, wenn sich die Zahl der unterstützten Uhrenarbeiter gleichbliebe wie am 31. August 1921. Da in dieser Industrie mit einer voraussichtlichen baldigen Erschöpfung der Solidaritätsfonds gerechnet werden muss, so würden die Lasten im wesentlichen auf Bund, Kantone und Gemeinden fallen. Dabei sind die Aufwendungen für Notstandsarbeiten noch nicht eingerechnet. Nimmt aber die Arbeitslosigkeit noch zu, so wäre mit wesentlich grössern Auslagen zu rechnen. Die von uns vorgeschlagene Bundeshilfe ist daher in der Tat eine Aufwendung, die ohnedies in einer weniger nützlichen Weise gemacht werden müsste.

Gestützt auf diese Erwägungen und in Würdigung des Ernstes der Lage unterbreiten wir Ihnen hiermit eine Vorlage, welche die Gewährung der nachgesuchten Hilfe zum Gegenstand hat.

Wir wiederholen, dass die Vorlage selbst nur die wesentlichsten' Grundsätze enthält und die Ausführung im einzelnen einer Verordnung des Bundesrates überlässt. Es ist nicht möglich und nicht zweckmässig, bei derartigen Neuerungen alles zum voraus festzulegen, da damit die Anpassung an spätere veränderte Verhältnisse und spätere Erfahrungen erschwert wird.

Zu den einzelnen Bestimmungen der Vorlage haben wir folgendes zu bemerken: Zu Art. 1. Grundsätzlich, soll die Bundeshilfe keinen andern Zweck verfolgen, als die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Sie darf daher nur als vorübergehende
ausserordentliche Massnahme aufgefasst werden.

Zu Art. 2. Die Frage, ob die Hilfe in Form von Zuschüssen an die Kosten der Produktion oder zum Ausgleich eines Teiles

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des Ausfalles auf fremder Währung zu geben sei, soll offen bleiben und, wie alle andern Einzelheiten, durch die Ausführungsverordnung gelöst werden. Bedingung der Hilfe im ein/einen Falle muss aber die ganze oder teilweise Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung der Arbeit im betreffenden Betriebe sein.

Gewisse Industriezweige arbeiten im Zusammenhang mit der Uhrenindustrie oder für ihre Bedürfnisse. Die Frage der Ausdehnung der Hilfe auf sie soll durch die Ausführungsverordnung näher geregelt werden.

Zu Art. 3. Wir halten einen Kredit von 20 Millionen Franken für notwendig und genügend.

Zu Art. 4. Die Kantone, in denen die Uhrenindustrie heimisch ist, werden durch die vorgeschlagene Aktion in der Arbeitslosenfürsorge wesentlich entlastet. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie einen Anteil der Bundeshilfe übernehmen, da es der Bund grundsätzlich ablehnen muss, die Arbeitslosenfürsorge ganz auf seine Schultern zu nehmen. Es ist nicht möglich, den Anteil von vornherein festzusetzen, da das Mass der Entlastung noch ungewiss ist. Seine Festsetzung wird daher zweckmässig dem Bundesrat überlassen, wobei wir von vornherein erklären, dass wir dabei in keiner Weise schroff verfahren werden.

Zu Art. 5. Um die vorübergehende Natur der Massnahmen mit aller Deutlichkeit hervorzuheben, soll die Gültigkeit des Beschlusses bis zum 31. Dezember 1922 beschränkt sein. Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der nachgesuchten Hilfe drängt sich die Dringlichkeitserklärung des Beschlusses auf. Da sein Inkrafttreten durch den Erlass der Ausführungsverordnung bedingt ist, so ist es zweckmässig, den Zeitpunkt durch den Bundesrat festsetzen zu lassen.

Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen den beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend eine ausserordentliche Bundeshilfe in der schweizerischen Uhrenindustrie zur Annahme.

B e r n , den 10. Oktober 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schulthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

eine ausserordentliche Bundeshilfe für die schweizerische Uhrenindustrie.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 10. Oktober 1921, beschliesst: Art. 1. Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, gewährt der Bund der Uhrenindustrie, zur Erleichterung der Wiederaufnahme ihrer Produktion und der Verwertung ihrer Produkte, eine vorübergehende ausserordentliche finanzielle Hilfe.

Art. 2. Die Hilfe kann gewährt werden in Form von Zuschüssen an die Kosten der Produktion oder zum Ausgleich eines Teiles des Ausfalles, der auf fremden Währungen entsteht.

Sie kann nur solchen Firmen gewährt werden, welche die Arbeit ganz oder teilweise aufrechterhalten oder wieder aufgenommen haben.

Der Bundesrat wird nach Anhörung der Beteiligten auf dem Wege der Verordnung die mit der Uhrenindustrie im Zusammenhang stehenden Industriezweige bezeichnen, auf welche die Hilfe ausgedehnt werden kann, ferner die Bedingungen und die Art und Weise der Unterstützung festsetzen. Er wird auch das einzuschlagende Verfahren regeln. Er ist ermächtigt, zur Durchführung der Aufgabe die industriellen Organisationen herbeizuziehen.

Art. 3. Dem Bundesrat wird zur Durchführung der in Art. l und 2 bezeichneten Aufgabe ein Kredit bis auf 20 Millionen Franken eröffnet.

Art. 4. Die Kantone, welche durch diese ausserordentliche Hilfe in der Arbeitslosenfürsorge entlastet werden, haben einen vom Bundesrat zu bestimmenden Anteil der aus diesem Beschluss sich ergebenden Ausgaben zu übernehmen.

Art. 5. Dieser Beschluss hat Gültigkeit bis 31. Dezember 1922.

Er wird als dringlich erklärt.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens und erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen.

3*o*ir

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend eine ausserordentliche Bundeshilfe für die schweizerische Uhrenindustrie. (Vom 10. Oktober 1921.)

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1921

Année Anno Band

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1483

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.10.1921

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494-502

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