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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Kavalleriepferde.

(Vom 12. Februar 1921.)

Infolge der Notwendigkeit, die Militärausgaben so tief als möglich zu halten, und bei der dadurch notwendig gewordenen Prüfung aller Ausgabeposten hat sich seit einiger Zeit die Präge erhoben, ob nicht bei der Beschaffung der Kavalleriepferde eine Ersparnis möglich wäre. Dem gleichen Gedanken hat in der Dezembersession der Bundesversammlung vom Dezember 1920 Herr Nationalrat Choquard Ausdruck gegeben. Das von ihm und mehreren Mitunterzeichnern gestellte Postulat: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die Abänderung der Verordnung vom 21. Dezember 1908 betreffend die Kavalleriepferde zu prüfen", ist vom Nationalrat ohne Widerspruch erheblich erklärt worden.

Die Untersuchung der Angelegenheit ergibt folgendes : Die Kavalleriepferde werden vom Bund angekauft und in einem Remontenkurs zugeritten. Nachher werden sie eingeschätzt und an die Kavallorierekruten abgegeben. Bei der Abgabe kann der Mann über die Schatzungssumme hinaus ein Angebot in einer bestimmten Höhe machen. Werden mehrere Angebote auf das gleiche Pferd gemacht, so entscheidet unter den Bewerbern das Los ; was der Mann über die Schätzung hinaus angeboten hat, d. h. die sogenannte Übersteigerung, hat er zu bezahlen. Von der Schatzungssumme selbst übernimmt der Bund von vornherein die Hälfte, die andere Hälfte bezahlt der Reiter; sie wird ihm aber vom Bund in zehn Jahresraten zurück vergütet. Diese Ordnung ist festgelegt zum Teil in der Militärorganisation selbst (vgl.

Art. 75 u. ff.), zum Teil in der oben erwähnten Verordnung vom 21. Dezember 1908 betreffend die Kavalleriepferde.

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Die Kosten, welche dem Bunde aus dieser Art der Beschaffung der Kavalleriepferde erwachsen, haben in den letzten Jahren sehr stark zugenommen. Im Jahre 1913 stellte sich der Atikaufspreis für ein irländisches Pferd mit Inbegriff der Transportkosten auf Fr. 1190, heute auf mindestens Fr. 1700. Die Kosten eines sogenannten Pf'erdetages, d. h. die Kosten der Fütterung, Wartung und Dressur, haben sich in der gleichen Zeit ungefähr verdoppelt und belaufen sich heute auf Fr. 9. Von der Ankunft in unserem Lande bis zur Abgabe an den Reiter verfliessen mindestens 8 Monate, während denen die Akklimatisation und die Dressur vor sich gehen. Das Pferd verursacht in dieser Zeit also eine weitere Auslage von rund Fr. 2200.

Die Gesamtkosten betrugen früher ungefähr Fr. 2200, heute müssen sie auf mindestens Fr. 4000 veranschlagt werden, mit andern Worten, die Ausgabe des Bundes hat sich ungefähr verdoppelt.

Gleich geblieben ist dagegen die Ausgabe für den Reiter.

Die höchste Schätzung beträgt nach wie vor Fr. 1600, das Maximum der Übersteigerung Fr. 400. Die Leistung des Mannes kommt also auf höchstens Fr. 1200, von denen ihm aber Fr. 800 zurückerstattet werden. Wer keine Übersteigerung hat zahlen müssen, bekommt das ausgelegte Geld vollständig zurück.

Der Vorteil, der dem Reiter durch die Zuweisung eines Pferdes erwächst, ist aber nicht gleich geblieben, sondern hat sehr wesentlich zugenommen. Die Pferdepreise sind nicht nur für den Bund gestiegen, sondern haben sich auch im Handel sehr wesentlich erhöht. Für ein gutes Pferd werden heute Preise bezahlt, die früher als unmöglich angesehen worden sind, und dabei ist es erst noch fraglich, ob ohne Rücksicht auf die Kosten überhaupt ein brauchbares Tier gefunden werden kann. Als Beispiel für die eingetretene Veränderung sei erwähnt, dass der Bund letztes Jahr für ein 5--6jähriges Artillerie-Bundespferd im Durchschnitt Fr. 3500 bezahlt hat und dass der Erlös beim Wiederverkauf bis auf Fr. 4600 gestiegen ist; im Durchschnitt hat er Fr. 4052 ausgemacht.

Der Kavallerist erhält für die gleichen Aufwendungen wie vor dem Kriege ein Pferd, das ihm in gleicher Weise zur Verfügung steht wie damals. Es ist aber nach den heutigen Preisen doppelt soviel wert, der Mann stellt sich heute also ganz wesentlich besser als in frühern Jahren ; die Mehrkosten trägt ausschliesslich der Bund.

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Eine gewisse Abhülfe wäre möglich, wenn die Übersteigerungssumme erhöht würde. Das hätte aber zur Folge, dass der weniger bemittelte Kavallerierekrut ein schlechteres Pferd erhalten würde als sein be.-ser gestellter Kamerad. Eine Erhöhung der Schatzungssumme hätte unter der heutigen Ordnung finanziell nur unbedeutende Vorteile für den Bund, da er ja dem Manne die von ihm bezahlte Steigerungssurnme wieder zurückerstatten rnuss. Eine wirksame Entlastung der Militärverwaltung ist nur so durchzuführen, dass der Mann die eine Hälfte der Schätzungssumme endgültig an sich selber trägt.

Von seinem, Standpunkt aus ist das Opfer nicht gross, da wohl keiner von unsern Kavalleristen auf die jährlichen Abzahlungen des Bundes angewiesen ist. Auf der andern Seite ist der Vorteil, der ihm aus der Übergabe eines brauchbaren Pferdes erwächst, um ein Vielfaches grösser als die ihm zugemutete Aufwendung.

Für den Bund bringt die Änderung eine Entlastung, die sich mit der Zeit unter Zugrundelegung der heutigen Verhältnisse auf Fr. 500,000 belaufen wird.

Militärisch stehen der Massnahme keine Bedenken entgegen.

Man darf mit aller Sicherheit annehmen, dass die Rekrutierung unserer Kavallerie auch in Zukunft den Bedürfnissen der Armee entsprechend wird durchgeführt werden können.

Wir beantragen Ihnen daher grundsätzlich, die Neuerung einzuführen.

Was das formelle Vorgehen anbetrifft, so können die Vorschriften über die Höhe der Schätzung und der Übersteigerung gemäss Art. 84 der Militärorganisation vom Bundesrat aufgestellt werden. Wir werden dabei in erster Linie Rücksicht nehmen auf eine gleichmässige Behandlung aller Rekruten und jedenfalls dafür sorgen, dass von hier aus keine wesentliche Mehrbelastung des Mannes erfolgt.

Die Ordnung, dass die Hälfte des Schatzungspreises vom Manne selber zu tragen ist, kann dagegen nur auf dem Wege der Gesetzgebung durchgeführt werden. Es muss der Schlusssatz des Art. 77 der Militärorganisation gestrichen werden. Auf die übrigen Vorschriften, die das Verhältnis des Mannes zum Bunde ordnen, hat diese Streichung keinen Einfluss; es bleibt in dieser Richtung beim heutigen Zustande. Die neue Ordnung der Dinge, d. h. der Wegfall der Amortisationen soll keine Rückwirkung finden auf die heute schon bei der Kavallerie dienenden Leute, denn diese haben sich unter bestimmten Voraussetzungen, zu

219 denen auch die Zusicherung der jährlichen Amortisation gehört, zur Kavallerie gemeldet, und es ginge nicht an, nachträglich das zwischen dem Bund und dem Manne bestehende Verhältnis zu des letztern Ungunsten abzuändern.

Wir beehren uns, Ihnen den nachfolgenden Gesetzesentwurf' zu unterbreiten.

B e r n , den 12. Februar

1921,

Im Namen des Schweiz. Bundesratcs, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler :

Steiger.

220 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

die Abänderung von Art. 77 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 über die Militär-Organisation der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 20 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 12. Februar 1921, beschliesst: Art. 1. Der 3. Satz des Art. 77 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft*), lautend: ,,Die vom Manne bezahlte Hallte des Schätzungswertes, bei selbstgestellten Pferden die zu Lasten des Mannes gelassene Hälfte, wird durch jährliche Rückzahlung eines Zehnteils amortisiert1*, wird gestrichen.

Art. 2. Der Art. 77 des zitierten Bundesgesetzes erhält somit nachfolgenden Wortlaut : ,,Für vom Bunde angekaufte Pferde hat der Übernehmer bei der Übergabe die Hälfte des Schatzungswertes zu bezahlen. Pur vom Manne selbst gestellte Pferde bezahlt der Bund dem Manne bei der Übernahme die Hälfte des Schätzungswertes."

Art. 3. Dieses Gesetz findet erstmals Anwendung auf die Kavallerierekruten, die nach dem 1. Januar 1922 vom Bunde ein Pferd übernehmen oder ein Pferd selber stellen.

Art. 4. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

*) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXIII, S. 781.

-~DS~-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Kavalleriepferde.

(Vom 12. Februar 1921.)

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