2 4

5

K

4

# S T #

3

Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 15. Juni 1921.

Band III.

Erscheint wöchentlich, frets »O franken im Jahr, im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und .

: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an die Buchdrnckerei Stäm#ST# pfli £ in Bern.

zu 1416

Bericht der

Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Jahre 1920.

(Vom 27. Mai 1921.)

Herr Präsident, Herren Ständeräte!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend über die von uns vorgenommene Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts sowie des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für das Jahr 1920 Bericht zu erstatten.

Geschäftsführung des Bundesrates.

Allgemeine Verwaltung.

Wenn auch die Zahl der Sitzungen der gesetzgebenden Räte etwas abgenommen hat, so übersteigt sie doch noch um ein beträchtliches das frühere Mittel. Die a ussero r deutlichen Sessionen sollten bei einiger Selbstzucht und nachdem der Nationalrat sich ein neues Geschäftsreglement gegeben hat, doch etwas reduziert werden können.

In Anlehnung an den Beschluss des Nationalrates vom 25. Juni 1920 unterbreiten wir dem Rate den Antrag, seine Geschäftsprüfungskommission jeweilen zu Anfang des Berichtsjahres zu bestellen. Dann werden die Mitglieder dieser Kommission in die Lage versetzt, das ganze Berichtsjahr hindurch die Geschäfte des .Bundesrates zu verfolgen.

Dem aus dem Bundesrate ausgetretenen Herrn Dr. Felix Calonder bezeugt die Kommission den Dank für die dem Vaterlande geleisteten Dienste.

Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. III.

31

454

Politisches Departement.

Die Zeit, über die unsere Kommission gemäss parlamentarischer Übung verfügt, ist so knapp bemessen, dass dieser Bericht sich auf einige Bemerkungen wichtigerer Natur beschränken muss.

I. Abteilung für Auswärtiges.

I. In bezug auf den Abschnitt Personelles ist nichts zu bemerken.

II. Die sehr allgemein gehaltenen Angaben, die der Bericht des Bundesrates über die Tätigkeit der Delegation der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten enthält, berechtigen zu der Annahme, dass diese in normaler Weise funktioniert.

Man darf sich der Tatsache freuen, dass unsere diplomatischen Auslandsvertretungen dazu herangezogen worden sind, häufigere Auskünfte über die politische und wirtschaftliche Lage der fremden Länder zu erteilen, und dass sie anderseits eingehende Mitteilungen über unsere innerpolitischen und Verwaltungsfragen erhalten. Es ist zu wünschen, dass diese Berichte ihrem Zwecke entsprechen und den Dienst nicht allzusehr belasten.

Was die gegenwärtig in Kraft befindlichen Niederlassungsverträge betrifft, ist zu bemerken, dass die Bestimmung, zufolge welcher die in einem Kanton niedergelasseneu Ausländer den Angehörigen der andern Kantone gleichgestellt werden, verständlich war vor der Verfassung von 1874. Das ist heutzutage nicht mehr der Fall, wo die Angehörigen anderer Kantone der nämlichen Eechte sich erfreuen wie die Kantonsbürger. Namentlich in bezug auf Industrie und Handel, deren Ausübung an den Erwerb eines Patents geknüpft ist, sollte ein Unterschied gemacht werden zwischen der Lage des Schweizerbürgers und derjenigen des Ausländers.

Der V o r a r l b e r g e r f r a g e wandte der Bundesrat seine volle Aufmerksamkeit zu, und man muss ihm dafür dankbar sein, dass er sie mit aller erforderlichen Vorsicht behandelt hat. Die öffentliche Meinung nimmt ebenso Interesse daran; wir hoffen, dass es im gleichen Geiste geschehen wird.

Italien hat einen Lehrstuhl für schweizerisches Zivilrecht an der Universität Pavia errichtet. Dieser Lehrstuhl wird nützlich für alle diejenigen unserer Studierenden, die ihre Kenntnisse in der italienischen Sprache zu vermehren wünschen. Die Berner Hochschule hat ihrerseits einen Lehrstuhl für ergänzendes tessinisches Eecht geschaffen, um den jungen Leuten italienischer Zunge den Zutritt

455

zu einer deutschsprachigen Fakultät zu erleichtern. Weit davon entfernt, sich zu widersprechen, werden diese beiden Einrichtungen sich gegenseitig ergänzen.

Die Mitteilungen des Bundesrates in bezug auf Liechtenstein, die Regelung der L u f t s c h i f f a h r t und der F l u s s c h i f f a h r t sind schon durch die Presse bekannt geworden. Hinsichtlich der letztern Frage unterrichtet uns der Bundesrat in vollständiger Weise im Geschäftsbericht des Departements des Innern, Seiten 80 und 168. Die grösste Schwierigkeit bietet die Schiffahrt auf dem Rhein von Strassburg nach Basel. Die Art und Weise, mit welcher Frankreich die Wasserkräfte des Flusses, gemäss seiner Politik im Innern, auszunützen gedenkt, würde die Interessen der internationalen Schiffahrt benachteiligen. Wir hoffen, dass dieser Konflikt in einem der Rechtmässigkeit unserer Ansprüche Genüge tragenden Sinne beseitigt werden kann.

Die Studien über die Regulierung des Niveaus des Genfersees und die mit ihr zusammenhängenden Fragen werden gegenwärtig weiter verfolgt. Sie bieten ungefähr die gleichen Schwierigkeiten wie sie in bezug auf den Langensee und den Ceresio bestehen. Man hat das Gefühl, dass der hohe Wert, den heutzutage die Ausnützung der Wasserkräfte darstellt, dazu beitragen sollte, gewisse lokale Rivalitäten aus der Welt zu schaffen, die ehedem unaussöhnbar schienen.

Seit Ende des Jahres 1920 hat die Konferenz in Barcelona Gelegenheit geboten, den italienischen Standpunkt über die Schiffahrt auf dem Po und dem Langensee besser kennen zu lernen. Vielleicht wird der Bundesrat in der Lage sein, uns über diesen Punkt ergänzende Auskünfte zu erteilen.

Die beiden Departementalberichte sind besonders wortkarg in bezug auf alles, was den Langensee und den Ceresio betrifft. Die Arbeiten der italienisch-schweizerischen Kommission sind eingestellt. Es dürfte am Platz sein, zu prüfen, ob nicht vielleicht die besondere Frage des Ceresio für sich und vor jeder andern Frage behandelt werden könnte. Es ist dort ein grosses natürliches Kraftreservoir vorhanden, das nicht weniger auch unsere Nachbarn interessiert und dessen Ausnützung nicht unbedingt mit den Schiffahrtsfragen verknüpft ist.

Die Grenzbereinigungs- und Vermarkungsfragen mit Italien unterliegen unendlichen Verzögerungen. Es handelt sich dabei um ziemlich unwichtige
Meinungsverschiedenheiten, die sozusagen sich schon seit Generationen hinziehen. Wir zweifeln nicht an ihrer baldigen Beilegung. Die Zwischenfälle dagegen, die sich hin und wieder an den verschiedensten Gegenden unserer Grenzen zutragen,

456

erklären sich durch die in dem Tatbestande oder in den geographischen Verhältnissen begründeten Schwierigkeiten. Der Bundesrat hat in diesen Fällen es immer verstanden, sowohl unsere Interessen als unsere Würde zu wahren.

Die zwischen den früher kriegführenden Staaten bestehenden Konflikte hinsichtlich der Wiedergutmachung der Kriegsschäden berühren auch die Interessen einzelner unserer Mitbürger; dies trifft ebenfalls zu in bezug auf die fiskalischen Massnahmen, die diese Staaten infolge der Entwertung ihrer Valuta oder aus andern Ursachen getroffen haben. Welches auch die Gründe waren, um deretwillen wir einschreiten mussten und wie sehr auch von der einen wie von der andern Seite guter Wille an den Tag gelegt wurde, so konnte doch wenig getan werden, um den Stand der Dinge zu ändern. Man wird dem Bundesrat dafür dankbar sein, dass er von Deutschland, wenigstens grundsätzlich, die Anerkennung der Goldklausel erreicht hat.

III. Der Heimbeförderung der Schweizer aus Kussland wurde vom Bundesrat vollste Aufmerksamkeit zuteil. Er sagt uns aber nicht, ob von unsern Mitbürgern noch welche in der Sovietrepublik zurückgeblieben sind. Möglicherweise stehen ihm in dieser Hinsicht keine Auskünfte zur Verfügung.

IV. Der Beitritt neuer Staaten zu den uns interessierenden internationalen Vereinbarungen steht nur in einer sehr losen Beziehung zu der Geschäftsführung des Bundesrates; wir haben daher lediglich davon Kenntnis zu nehmen.

V. Anders verhält es sich mit den Opfern, die unsern Landsleuten in Deutschland durch das Gesetz über das Eeichsnotopfer, in Österreich und in der Tschechoslowakei durch die Vermögensabgaben etc. auferlegt werden. Der Bundesrat hat getan, was in seiner Macht stand, um die Interessen unserer Mitbürger im Eahmen des möglichen zu wahren. Er verdient unsere Anerkennung.

VI. Die Hemmungen, die der Krieg für den Eeiseverkehr nach den benachbarten Ländern mit sich gebracht hatte, kommen allmählich in Wegfall. Zuerst mit Frankreich, nachher mit England, den Vereinigten Staaten und Belgien konnten auf ein Jahr gültige Visas vereinbart werden. Grossbritannien hat auf die Beibringung von «Empfehlungen» verzichtet. Der internationale Zugsverkehr lebt allmählich wieder auf. Nehmen wir davon Vormerk!

VII. Die besondern Fragen, die die Tätigkeit des Bundesrates im Schosse des Völkerbundes betreffen, bilden den anziehendsten Teil seines Geschäftsberichtes. Hier tritt die Unzulänglichkeit der Zeit

457 und der Mittel, die zu unserer Verfügung stehen, am klarsten zutage.

Weder Präzedenzfälle noch die in den Kantonen erworbene Verwaltungspraxis helfen uns etwas. Es handelt sich hier um eine in der Weltgeschichte einzig dastehende Tatsache, um das Bemühen der ganzen zivilisierten Menschheit, sich eine Organisation zu geben, die bestimmt wäre, «a descriver fondo a tutto l'universo», und wir sollten in wenigen Stunden ein Urteil über das erreichte Ergebnis und über die gewaltige Arbeit zweier unserer Leiter der auswärtigen Angelegenheiten und ihres hervorragenden Mitarbeiters abgeben?

Das ist zur gegenwärtigen Stunde nicht möglich. Aber das würde später gut Aufgabe einer besondern Kommission sein, vielleicht der Geschäftsprüfungskommission.

Immerhin möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf einige Punkte lenken. Der erste bezieht sich auf den von unserer Delegation zugunsten der Universalität des Völkerbundes zum Ausdruck gebrachten Wunsch. Er bildet die logische und notwendige Folge des von unserem Parlament vorgebrachten und vom Schweizervolk gebilligten Wunsch, dessen Gefühle in dieser Hinsicht sich nicht geändert haben. Der zweite betrifft die Bezeichnung der schweizerischen Vertreter im Schosse der Völkerbundsversammlung und die ihnen zu erteilenden Weisungen. Wenn jemals eino Kommission der auswärtigen Angelegenheiten gemäss der Motion de Eabours eingesetzt werden sollte, in bezug auf welche der Bundesrat nächstens eine Botschaft an uns richten wird, so wird man dann sehen, welches die dieser Kommission zu übertragenden Befugnisse sein werden.

Aber bis zu besserer Kenntnis sehen wir die Notwendigkeit der Schaffung eines gefährlichen Dualismus nicht ein, dessen erste Folge eine Herabminderung der Verantwortlichkeit des Bundesrates dort wäre, wo sie am notwendigsten ist. Unsere Eegierung ist nicht das Ministerium eines Staatsoberhauptes. Sie ist selbst Staatsoberhaupt, sie ist ein Direktorium (Art. 95 BV). Sie muss aus diesem Grunde die volle Verantwortlichkeit für die die internationale Politik beschlagenden Handlungen übernehmen. Wir teilen in diesem Punkt die im Bericht S. 43--45 ausgesprochenen Ansichten.

Wir sehen davon ab/funs über die Frage der Errichtung eines Ständigen internationalen Schiedsgerichtshofes zu äussern, da sie Gegenstand einer besondern Botschaft, Nr. 1377, vom 1. März 1921, bildet.

VIII. Der Bundesrat erwähnt in diesem Abschnitt die beim Personal der Gesandtschaften und Konsulate vorgekommenen Änderungen.

458

Man hätte gern etwas vernommen über den gegenwärtigen Stand der Frage der Berufskonsuln und der Honorarkonsuln, die verwickelt ist. Bis zu welchem Punkte ist das System der Berufskonsuln ausführbar? Und bis zu welchem Punkte ist es vorzuziehen?

II. Innerpolitische Abteilung.

Einbürgerungswesen.

Nachdem nunmehr die Gesetzesnovelle vom 26. Juni 1920 in Kraft getreten ist, wodurch die Dauer des von den Einbürgerungsbewerbern geforderten Wohnsitzes in unserem Lande erhöht wurde, bieten die noch auf der Gesetzesbestimmung von 1903 fassenden Angaben geringeres Interesse. Wir beschränken uns darauf, zu vermerken, dass die Einbürgerungsgesuche stetsfort zahlreicher sind als vor dem Kriege.

Optionen. -- Anstände betreffend Staatsangehörigkeit und Wehrpflicht.

Die Grundsätze, nach denen die Entscheidungen getroffen wurden, scheinen uns richtig zu sein. Wir hoffen, dass gewisse Tendenzen, die in den kriegführenden Staaten zutage getreten sind, mit der Kriegsmentalität aufhören werden und dass die Weiterentwicklung des internationalen Eechts die Fälle von doppelter Staatsangehörigkeit und doppelter Wehrpflicht in Zukunft verschwinden lasse.

Auswanderungsamt.

Seit der Beendigung des Krieges hat die Auswanderung nach überseeischen Ländern eine bedauernswerte Zunahme erfahren.

Ausser den im Geschäftsberichte erwähnten Ursachen dieser Erscheinung sind noch zu nennen die Massnahmen zur Einschränkung der Einwanderung, welche in den europäischen Ländern ergriffen wurden, wohin sich vor dem Kriege die meisten unserer Auswanderer begaben.

Leider fehlen uns genauere Angaben über diese Auswanderung nach europäischen Ländern; wir besitzen keine amtliche Statistik über Zahl und Art der Auswanderer noch über die Ursachen des Erfolges oder Misserfolges. Unser Auswanderungsamt ist nur für die Aufsicht über die Auswanderung nach überseeischen Ländern ins Leben gerufen worden und ist auch nur für diese Tätigkeit organi-

459

sJeit. Wie wir indessen aus dem Geschäftsbericht ersehen, erteilt dieses Amt seit einiger Zeit auch Auskünfte an solche Personen, welche nach europäischen Ländern auszuwandern beabsichtigen.

Wir begrüssen diese Neuerung und fragen uns nur, ob nicht die Erscheinungen der Ein- und Auswanderung zum Gegenstande noch gründlicherer Studien und Massnahmen seitens der staatlichen Organe gemacht werden sollten. Es wäre hier einerseits zu verweisen auf die Slotion unseres Kollegen Herrn Eäber über die Innenkolonisation (Geschäftsbericht dos Departements des Innern, Bundesblatt Nr. 16, vom 20. April 1921, S. 82), wonach der beste Weg zur Bekämpfung der Auswanderung in der bessern Nutzbarmachung des eigenen Grund und Bodens bestehen würde, die noch nicht in genügendem Masse verwertet werden. Anderseits will uns scheinen, dass in der bisher beobachteten Auswanderungspolitik eine Änderung eintreten sollte.

Warum widmet die Eidgenossenschaft der überseeischen Auswanderung ihre ganze Aufmerksamkeit, warum unterstellt man die Auswanderungsagenturen einer strengen Aufsicht -- sogar hinsichtlich der fremden Auswanderer, welche unsere Eisenbahnlinien nur als Durchgangsweg benützen, wie dies etwa bei Transitwaren der Fall ist --, während Tausende von Schweizern, die im europäischen Auslande ihr Brot verdienen, keine Beachtung finden? Italien ist uns in dieser Hinsicht längst vorangegangen, indem es der erwähnten Kategorie von Auswanderern nach Möglichkeit Aufsicht und Schutz angedeihen lässt. Der Staat bekümmert sich dort um das Schicksal dieser Auswanderer ; er regelt ihre Organisation, sorgt dafür, dass ihre Ersparnisse den heimatlichen Geldinstituten zufliessen, und gewährt ihnen nötigenfalls seinen Schutz. Wenn es auch richtig ist, dass unsere Auswanderer im allgemeinen besser imstande sind, sich selber zu helfen, so darf doch nicht unbeachtet bleiben, dass fast alle unsere Nachbarstaaten begonnen haben, Massnahmen gegen die Einwanderung zu ergreifen; wir selber sind ja auch genötigt, unsere Aufmerksamkeit dem Anwachsen der ausländischen Elemente in unserem Lande zuzuwenden. Noch vor wenigen Jahren zweifelte niemand an der Vortrefflichkeit des Grundsatzes der Niederlassungsund Arbeitsfreiheit. Der Staat konnte auf jede Einmischung in diese Dinge verzichten. All das ist nun anders geworden. Der Staatssozialismus,
genährt durch den Krieg, und die ungeahnte Entwicklung des Gewerkschaftswesens stellen unsere Mitbürger, die nach europäischen Ländern auswandern, künftig vor grosse Schwierigkeiten; diese letztern dürften wohl bewirken, dass sich der Strom der Auswanderer mehr den überseeischen Landern zuwendet, um dort die gleichfalls auswandernde Freiheit zu suchen. Solche Tatsachen und Aussichten sind sicher gefährlicher als die täuschenden Reklamen

460

der Auswanderungsagenten, welchen der Geschäftsbericht seine Aufmerksamkeit schenkt.

Abgesehen von dieser Bemerkung wollen wir nicht unterlassen, der Ordnung und dem Arbeitseifer, der in dieser Dienstabteilung herrscht, 'unsere Anerkennung zu zollen.

Departement des Innern.

Es ist hohe Zeit, dass dieKevision d e s M a t u r i t ä t s r e g l e m e n t e s endlich an die Hand genommen und durchgeführt wird. Die Mittelschule wird je länger je mehr ihrem Zwecke entfremdet. Sie muss wiederum zur Pflanzstätte allgemeiner Bildung gemacht werden.

Die Kommission kann sich mit der Erledigung des Postulates betreffend Bevision des Bundesbeschlusses über Förderung und Hebung der schweizerischen Kunst (Postulat Nr. 921) nicht einverstanden erklären. Sie erwartet vom Bundesrat einen Spezialbericht.

Die Gründung der schweizerischen Eheinschiffahrtsgesellschaft ruft der Binnenschiffahrtsgesetzgebung des Bundes, welche mit einem Bundesgesetze über das Schiffpfandrecht den Anfang machen wird.

An der Eidgenössischen Technischen Hochschule ist die Frequenz ungefähr die gleiche geblieben wie im Vorjahre: 2267 Studierende gegenüber 2249. Die Zahl der Hörer hat sich dagegen um 221 erhöht. Aufgefallen ist die hohe Zahl der Damen, welche die pharmazeutische Schule besuchen, sie macht einen Drittel aus.

Aufgefallen ist ferner die übergrosse Zahl der Praktikanten in den Laboratorien der Chemie. Ob wir auch nicht da einer Überproduktion entgegengehen, der entgegengearbeitet werden sollte?

An der französisch-schweizerischen interuniversitären Konferenz in Genf wurde angeregt, das Ende des Wintersemesters an allen Hochschulen auf Ende Februar anzusetzen. Mit dem schweizerischen Schulrate begrüssen wir diesen Vorschlag. Das jetzige Sommersemester ist für den wissenschaftlichen Betrieb nicht von grossem Werte.

Wir gehen mit dem Vorstande der Eidgenössischen Technischen Hochschule einig, die Drucklegung der Dissertationen nicht schlechtweg fallen zu lassen. Prinzipiell sollte am Obligatorium der Drucklegung festgehalten, aber der Prüfungsbehörde gestattet werden, Ausnahmen zu machen. Der Auffassung stimmen wir bei, dass in vielen Fällen die Druckkosten durch kürzere Fassung vermindert werden könnten.

461 Die gelehrten A n s t a l t e n und gemeinnützigen Vereine leiden unter der Ungunst der Zeiten und der Finanznot des Bundes, der immerhin, so gut er kann, helfend beispringt. Je nach dem individuellen Standpunkte wird man die Unterstützung dieser oder jener Unternehmung mehr oder weniger angebracht erachten.

Die zunehmende Arbeitslosigkeit hat das Bestreben des Bundesrates, die Anhandnahme und Ausführung von Gewässerkorrektionen und Bodenverbesserungen auf Unternehmen zu beschränken, deren Dringlichkeit erwiesen ist, illusorisch gemacht.

Manches Werk, das vielleicht auf Jahre noch hätte zurückgestellt werden können, wurde in Angriff genommen. Wir sind weit entfernt, hieran Kritik zu üben. Wenn auch der finanzielle Aufwand vielfach in keinem Verhältnis steht zum geschaffenen Nutzen, so ist nicht zu vergessen, dass die Arbeitslosenunterstützung weniger in Anspruch genommen werden musste und deren demoralisierende Wirkung in Etwas paralysiert werden konnte.

Im Berichtsjahr wurde die Verlegung desjenigen Teiles des statistischen Bureaus nach Interlaken verfügt, welches die Volkszählung zu verarbeiten hat. Anlässlich hat sich gezeigt, dass die Dislozierung ganzer Dienstabteilungen ausserhalb des Sitzes der Zentralverwaltung schwieriger ist, als es auf den ersten Blick scheint und nicht nur der Widerstand der Beamten und Angestellten in Frage kommt.

Die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission hat in ihrem letztjährigen Berichte einer Verbesserung des Unterrichtsprogrammes der forstlichen A b t e i l u n g der Eidgenössischen Technischen Hochschule das Wort geredet. Wir vermissen im Bericht des Bundesrates eine Äusserung zu dieser, wie uns scheint, nicht unwichtigen Anregung.

Über die Gletscherschwankungen berichten die Inspektion für Forstwesen und das Amt für Wasserwirtschaft. Es scheint, dass die Gletscher von beiden Direktionen unabhängig beobachtet werden.

Es drängt sich die Frage auf, ob nicht eine Vereinheitlichung der bezüglichen Studien erfolgen könnte.

Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteilung.

Bundesgesetzgebimg.

Die Kommission begrüsst lebhaft die Veröffentlichung des von Herrn Prof. Eugen Huber ausgearbeiteten Entwurfes eines

462

Bundesgesetzes betreffend die Eevision der Titel XXIV bis XXXIII Handelsgesellschaften und Wertpapiere des schweizerischen Obligationenrechtes und gibt der Erwartung Ausdruck, der Entwurf möge beförderlich den eidgenössischen Bäten unterbreitet werden.

Unter dieser letztern Voraussetzung billigt sie die Haltung des Bundesrates, wenn er es dermalen ablehnt, die Eevision des Art. 684 des schweizerischen Obligationenrechtes auf dem Wege der Speziaigesetzgebung zu beantragen.

Anwendung von Besetzen und Yerordnungen.

Rechtsstillstand. Die Kommission anerkennt das weitgehende Entgegenkommen, das der Bundesrat einzelnen Kantonsregierungen in der Frage der Kompetenzeinräumung zur Anordnung des Rechtsstillstandes für einzelne Gebiete des Kantons anlässlich der Viehseuche gezeigt hat. Sie konstatiert, dass dieses Vorgehen in keiner Weise zu Unzukömmlichkeiten geführt hat.

II. Grundbuchamt.

Nach der diesem Abschnitt beigegebenen Aufstellung ist ein bedeutendes Ansteigen der Kosten der Grundbuchvermessung und insbesondere auch der Nachführungsarbeiten wahrzunehmen. Die Kommission regt die Prüfung der Frage an, ob in dieser Richtung nicht Vereinfachungen möglich seien und ob nicht die Instruktion für die Vermarkung und die Parzellarvermessung und die Vorschriften über die Genauigkeitsanforderungen nochmals entsprechend revidiert werden sollten.

III. Polizeiabteilung.

Rogatorien und Znstellungen.

Die Kommission begrüsst es, dass das Departement den Kantonen hinsichtlich des Vollzuges fremder Rechtshilfebegehren bei Übertretung von Ausfuhrverboten möglichste Zurückhaltung empfohlen hat, und billigt die bezüglichen Instruktionen.

IV. Bundesanwaltschaft.

Bund esstrat'recht.

Die Kommission nimmt Kenntnis von dem ausführlichen Bericht über die schon im letzten Geschäftsberichte erwähnte Untersuchung wegen Verbrechen gegen die innere und äussere Sicherheit des Landes,

463

d. h. die sogenannte Bolschewikiuntersuchung, sowie über die Erhebungen betreffend den Generalstreik vom November 1918 und das sogenannte Memorial Grimm. Sie stellt mit dem Bundesrate fest, dass die Sovietmission in der Schweiz eine ausgesprochen revolutionäre Propaganda betrieben hatte, deren Ziel der Umsturz der bestehenden politischen Verhältnisse in der Schweiz und den umliegenden Staaten war. Der revolutionäre Charakter des Generalstreikes vom November 1918 kann ebenfalls, wie der Bericht mit Recht feststellt, nicht in Zweifel gezogen werden.

Eine Überweisung an den Strafrichter unterblieb in Hinsicht auf die Mangelhaftigkeit der Bestimmungen des Bundesstrafrechtes betreffend die Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit des Landes.

Die Kommission teilt mit Entschiedenheit die Auffassung, dass unser Bundesstrafrecht nach dieser Richtung der sofortigen Ergänzung bedarf, und betrachtet es als eine der dringendsten Aufgaben der eidgenössischen Räte, die Bundesstrafrechtsgesetzgebung so auszubauen, dass sie eine wirksame Waffe im Kampfe gegen die immer noch tätige Umsturzbewegung wird.

Politische Polizei.

Die Kommission begrüsst es, wenn gegen ausländische Elemente, welche das schweizerische Gastrecht zu anarchistischer, bolschewistischer und antimilitaristischer Propaganda missbrauchen, mit Energie vorgegangen wird. Sie regt die Prüfung der Frage an, ob nicht alle Ausländer, welche in der Schweiz eine anarchistische, bzw.

kommunistische Gesinnung betätigen, z. B. durch Mitgliedschaft bei entsprechenden Organisationen, aus der Schweiz ausgewiesen werden sollten.

V. Versicherungsamt.

Die Kommission nimmt mit Genugtuung von der Feststellung Kenntnis, dass bis zur Stunde alle ausländischen Versicherungsunternehmungen ihren in der Schweiz eingegangenen Verpflichtungen stets nachgekommen sind und dass gute Aussicht besteht, es werde dies auch in der Zukunft der" Fall sein.

Militärdepartement.

Im Berichtsjahre ist die vollständige Démobilisation der Armee durchgeführt und der Aktivdienst mit Bundesratsbeschluss vorn 14. September 1920 als aufgehoben erklärt worden.

464

Der lange Aktivzustand hat da und dort auch in unserer Armee eine Stimmung und Verdrossenheit gezeitigt, die viele als Anti-, militarismus glaubten taxieren zu sollen. Die Abstimmung über die Militärjustizinitiative und besonders der Geist, der in den Soldaten herrscht, welche zu den Wiederholungskursen einberufen werden, beweisen aber, dass die übergrosse Mehrheit des Schweizervolkes dem Antimilitarismus nicht verfallen, im Gegenteil jederzeit bereit ist, die Freiheit und die Unabhängigkeit des Vaterlandes auch mit bewaffneter Hand zu schützen. Freilich ist zu hoffen, dass man aus den Vorkommnissen der verflossenen Jahre die Lehre zieht, im Schweizersoldaten auch den Schweizerbürger zu achten und ihn nicht unnötig einem Drill zu unterwerfen, der soviel böses Blut gemacht hat. Die Armee verlangt straffe Disziplin, aber das preussische System sollte doch endgültig verabschiedet sein und nicht etwa einem System Platz machen, das nur den Namen geändert hat, den Geist aber bestehen lässt.

In den Schulen und Kursen wird in Zukunft mehr Zeit auf Gefechtsausbildung denn auf persönlichen Einzeldrill verwendet.

Die [Reorganisation unseres Heerwesens ist auf Grund der Lehren des Weltkrieges an die Hand genommen worden. Die Landesverteidigungskommission hat Leitsätze aufgestellt, in denen die Neuordnung. sich bewegen wird. Der Erlass eines definitiven Projektes ist freilich weder dieses Jahr noch im nächsten Jahre zu erwarten.

Mit Genehmigung des Parlamentes hat der Bundesrat die Aushebung und die Militärdienstpflicht um ein Jahr verschoben.

Die Aushebung findet nun in dem Jahre statt, in dem der Wehrpflichtige das 20. Altersjahr zurückgelegt, und die Militärdienstpflicht beginnt mit dem 21. Altersjahr. Der Einfluss des erhöhten Alters soll sehr günstig in die Erscheinung getreten sein und gute Eesultate gezeitigt haben, so dass die Neuordnung voraussichtlich auch in der Zukunft beibehalten wird.

Für die Bekrutierung sind verschärfte Tauglichkeitsvorschriften zur Anwendung gekommen.

Wie in den Kriegsjahren fanden auch 1920 keine pädago gischen und turnerischen Prüfungen statt. Die Frage deren Wiedereinführung wird gegenwärtig von den militärischen Organen untersucht. Anlässlich einer Umfrage bei den massgebenden Instanzen soll man sich eher für Beibehaltung der turnerischen Prüfung ausgesprochen haben. Es ist aber zu erwarten, dass auch die päda-

465 gogische Prüfung, wenn zwar in etwas anderer Form, wiederum durchgeführt wird.

Der militärische Vorunterricht wird allmählich in richtige Bahnen geleitet. Man kommt davon ab, das eigentliche Kriegshandwerk zu pflegen. Dafür tritt die Leibesübung: Marschieren, Turnen, in den Vordergrund.

Aufgefallen sind der Kommission, besonders bei der Infanterie, die kleinen Bestände der Offiziersschulen. Zwei Gründe lassen diese Erscheinung erklären: einmal sind die Eeserven während des Aktivdienstes ausgeschöpft worden, und zum andern sieht der Nachwuchs keine Karriere vor sich. Damit steht auch der schwache Besuch der militärwissenschaftlichen Abteilung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule im Zusammenhang.

Bei der Kavallerie ist ein Hauptmann für 2' Jahre an die Ecole supérieure de guerre, Paris, kommandiert worden. Künftig soll die Auslandkommandierung nur für die Dauer weniger Monate erfolgen.

Über die Verwendung und den Betrieb unserer Festungen haben die Eäte seinerzeit einen Spezialbericht verlangt, der noch aussteht. Die Frage steht im Zusammenhang mit der Eeorganisation des Heerwesens überhaupt.

Aus Sparsamkeitsgründen wurde der technische Kurs für Trupp e n p f e r d e ä r z t e nicht abgehalten; diese Kurse wie auch jene für Hufschmiede haben nicht nur militärisches Interesse, sie bringen indirekt auch der Landwirtschaft nicht zu unterschätzenden Vorteil.

Die Militärversicherung hat abgebaut. Wohltätigkeitsanstalten werden zur Unterbringung kranker oder rekonvaleszenter Wehrmänner wenig mehr in Anspruch genommen. Bei der eidgenössischen Pensionskommission waren Ende des Berichtsjahres 179 Fälle pendent. Beim eidgenössischen Versicherungsgericht betrugen die Pendenzen Ende 1919: 439; im Berichtsjahre kamen 561 neue Fälle hinzu. Erledigt wurden 678 Fälle, so däss auf Ende des Berichtsjahres 322 Fälle pendent blieben.

Die Entschädigung für umgestandene oder übernommene Pferde erreichte die Summe von 332,491 Fr. Das Militär département sah sich neuerdings veranlasst, bezüglich sorgfältiger Behandlung des Pferdematerials Weisungen zu erteilen. Es bewilligte auch etwelche Erhöhung der Entschädigung für die Stalleinrichtungen.

Die Lebensmittelvorräte des eidgenössischen Kriegskommissariates erfreuten sich keiner grossen Beliebtheit im Inlande. Sie

466

mussten zum grössten Teil ins Ausland abgestossen werden und kamen zumeist den notleidenden Wienern zugute.

Wie während des Aktivdienstes wurden die Eekruten im Berichtsjahre direkt auf die Waffenplätze aufgeboten und daselbst eingekleidet und bewaffnet. Es handelt sich hier um einen Versuch, dem man erst beistimmen kann, wenn er grössere Vorteile bringt.

Mitte 1920 konnte die Militärgerichtsbarkeit in den Vorkriegszustand gestellt werden. Immerhin ist die Zahl der behandelten Fälle eine grosse. Von 2527 Geschäften wurden 2444 erledigt, so dass auf Ende des Berichtsjahres noch 83 Geschäfte hängig waren.

Militärpersonen wurden 1920 sogar mehr den Gerichten überwiesen als im Vorjahre, was sich aber daraus erklären lässt, dass zahlreiche Kefraktäre, die erst 1920 in die Heimat zurückkehrten, wegen Dienstverweigerung belangt werden mussten. 90 % der Zivilpersonen wurden wegen Zuwiderhandlung gegen die Ausfuhrverbote in Strafuntersuchung gezogen.

In der Sommersession 1920 wurde im Nationalrate der Bundesrat eingeladen, zu prüfen, ob nicht die in den Militärwerkstätten eingestellte Kriegsproduktion in eine Friedensproduktion für dieBedürfnisse des Bundes umzuwandeln sei (Postulat Nr. 897). Von anderer Seite wurde damals verlangt, dass auf die Übernahme von Zivilarbeiten, und zwar auch für solche,. welche für die Bedürfnisse des Bundes bestimmt sind, verzichtet werde. Die Entwicklung der Dinge dürfte auch hier gezeigt haben, dass die Lösung in der Mitte liegt. Trotz der sehr reduzierten Arbeiterzahl mussten die Militärausgaben zu stark belastet werden, wenn von den Militärwerkstätten gar keine Privatarbeiten ausgeführt werden dürften. Eine Umstellung dieser Werkstätten aber für die Friedensbedürfnisse des Bundes würde bedeutende Mittel erfordern, abgesehen davon, dass der Bund sie nicht voll beschäftigen könnte und die Produktion bedeutend höher zu stehen käme als in der Privatindustrie, welche zudem durch die Konkurrenz benachteiligt würde.

Finanz- und Zolldepartement.

Die Zurückhaltung, die der Bundesrat in der Frage eines neuen Münzbildes beobachtet, ist zu begrüssen. Wir befürchten, dass die vorliegenden Entwürfe, die mannigfacher.Kritik rufen, von der Öffentlichkeit abgelehnt würden, während gerade bei Münz- und Marken, bildern den Anschauungen der breiten Öffentlichkeit gebührend Rechnung zu tragen ist.

467

Das alljährlich herausgegebene Verzeichnis der Beamten und Angestellten der Bundesverwaltung sollte während des Begimes der Teuerungszulagen für jeden Beamten die Summe aller effektiven Bezüge (gesetzliches Gehalt plus Teuerungszulage) mitteilen. Wünschbar wäre es ferner, wenn auch die Heimat des Beamten verzeichnet würde.

Trotz der Notwendigkeit einer Vereinfachung der Verwaltung besitzen wir noch für grosse Gebiete der Verwaltung die Zweistufigkeit der Eechnungskontrolle. Wir finden folgende erstinstanzliche Kontrollstellen bei den einzelnen Departementen vor: Das Eechnungsbureau des Oberkriegskommissariates, das Eovisionsbureau der technischen Abteilung der eidgenössischen Kriegsmaterialverwaltung, die administrative Abteilung der eidgenössischen Kriegsmaterialverwaltung, das Inspektorat der Oberzolldirektion, die Eevisoren der Alkoholverwaltung, die Oberpostkontrolle und das Kontrollbureau der Telegraphenvorwaltung. Für alle durch diese Kontrollstellen erstinstanzlich revidierten Ausgaben nimmt die Finanzkontrolle des Finanz- und Zolldepartements eine Oberrevision vor, die allerdings die arithmetische Kontrolle nur stichprobeweise, die materielle Prüfung jedoch umfassend und mit aller Genauigkeit durchführt. Es würde der Vereinfachung und der Verbilligung der Verwaltung dienen, wenn die ganze Eechnungskontrolle in der Finanzkontrolle des Finanz- und Zolldepartementes zusammengefasst werden könnte. Wir erwarten, dass sich der in Aussicht gestellte bundesrätliche Bericht über die Errichtung eines eidgenössischen Eechnungshofes zu dieser Frage aussprechen werde.

Der Bericht der Abteilung Kassen- und Eechnungswesen erwähnt, dass den schwebenden Schulden der Eidgenossenschaft per Ende 1920 419,886,000 Fr. Anlagen in den k r i e g s w i r t s c h a f t lichen Organisationen gegenübergestanden haben. In diesem Betrage sind indessen zirka 40,000,000 Fr. Verluste noch nicht berücksichtigt, die aus den Abschlussbuchungen resultieren, wie sie nach der Zusammenstellung der Ziffern für den Geschäftsbericht pro 1920 getroffen worden sind. Die Anlagen in den kriegswirtschaftlichen Organisationen reduzieren sich so auf 377,839,719 Fr. und verteilen sich -- neben einigen kleinern Warenkontos der industriellen Kriegswirtschaft -- in der Hauptsache auf folgende Posten: Brotversorgung Fr. 156.496,000 Monopolwaren » 174,360,000 Bureau für landwirtschaftliche Produkte. .

» 7,650,000 Petrol und Benzin » 24,777,000 Eidgenössisches Milchamt » 13,977,000

468

Wir fügeu eine Gesaintübersicht über die Gewinne und Verluste der Ein- und Verkaufsorganisationen im Jahre 1920 bei, die wir im Geschäftsbericht vermissen. Es sind im Jahre 1920 Verluste eingetreten: auf der Brotversorgung auf den Monopolwaren auf den landwirtschaftlichen Produkten .

auf der Fettzentrale (liquidiert) auf Arzneiwaren auf der Sektion Leder der industriellen Kriegswirtschaft

Fr.

» » » »

56,704,761.04 20,501,599.22 1,899,701. 05 2,184.88 83,642.25

»

186,641.55

Zusammen

Fr.

78,828,489.99

Diesen Verlusten stehen an Gewinnen des Milchamtes etc. gegenüber

»

2,736,576. 46

sodass pro 1920 insgesamt ein Verlust resultiert von

Fr.

76,091,863.53

Zur Vervollständigung der Angaben des Geschäftsberichtes über die angelegten Gelder ist zu erwähnen, dass ausser den Anlagen in den kriegswirtschaftlichen Organisationen noch Beteiligungen des Bundes an Unternehmungen bestehen, die im Interesse der Landesversorgung gegründet worden sind. Diese Beteiligungen belaufen sich auf 31,751,648 Fr. Davon entfallen auf die: Schweizerische Finanzgesellschaft Fr. 25,544,000 Kohlenzentrale A.-G » 1,066,648 Volkstuch A.-G » 3,588,000 ·während sich der Best auf die Schweizerische Torfgenossenschaft, die Mines de Charbon de Semsales, die Melioration des Belpmooses und die Schweizerische Genossenschaft zur Förderung des Aussenhandels verteilt.

Besondere Aufmerksamkeit hat die Kommission den Zuwendungen für Wohlfahrtszwecke entgegengebracht, die nach Art. 7, Ziff. 4, lit. fr, des Bundesratsbeschlusses betreffend die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Beinertrages in Abzug gebracht werden dürfen, «sofern der Nachweis geleistet wird, dass sie für die Zwecke, denen sie dienen, sichergestellt sind». Diese Zuwendungen für Wohlfahrtszwecke, die sich per Ende 1920 auf zirka 158,000,000 Fr. belaufen hatten, betrugen per 1. Mai 1921 175,676,957 Fr. Sie verteilen sich auf die verschiedenen Kantone wie folgt:

469

1. Zürich . . . . 43,165,267 14. Schaffhausen . 12,986,469 -2. Bern 9,777,077 15. Appenzell A.-Rh.

2,694,218 3. Luzern . . . . 3,292,604 16. Appenzell I.-Rh.

-- 4. Uri 193,000 17. St. Gallen . . 12,505,547 5. Schwyz . . . .

1,289,699 18. Graubünden . · 196,000 <3. Obwalden . . .

-- 19. Aargau . . . 10,604,723 7. Nidwalden. . .

-- 20. Thurgau . . .

2,687,390 8. Glarus . . . . 6,584,751 21. Tessin . . . .

611,226 9. Zug 5,408,110 22. Waadt . . . . 5,371,898 10. Freiburg . . .

971,805 23. Wallis . . . .

86,000 11. Solothurn . . . 15,329,088 24. Neuenburg . . 3,818,640 12. Baselstadt. . .. 36,251,679 25. Genf 1,342,281 13. Baselland . . .

559,385 Der hohe Gesamtbetrag von über 175 Millionen lässt den Wunsch -entstehen, diese steuerfreien Zuwendungen zu Wohlfahrtszwecken in passender Art in den Plan unserer Sozialversicherung einzugliedern. Wie dies am besten geschehen kann, wird Sache eines eingehenden Studiums sein müssen. Indessen sind die Bestimmungen über die steuerfreien Zuwendungen zu Wohlfahrtszwecken auf alle Palle in einer Richtung zu ergänzen: Es muss ausdrücklich statuiert werden, dass die Sicherstellung einer Zuwendung nur in einer tatsächlichen und nicht in einer bloss buchtechnischen Ausscheidung AUS den Mitteln der Firma erblickt werden kann. Die juristische Verselbständigung der Zuwendung, gewöhnlich in der Form einer Stiftung, ist gegenüber der Frage der tatsächlichen Ausscheidung der Zuwendung nur von sekundärer Bedeutung. Zieht man in Betracht, dass die Stiftungsorgane meist Inhaber oder Direktoren der .Firma sind, die die steuerfreie Zuwendung gemacht hat, so kann eine .Zuwendung, die lediglich buchtechnisch als Passivposten in der Bilanz der Firma geführt wird, nicht mehr als eine Massnahme betrachtet werden die die Steuerfreiheit des zugewendeten Betrages rechtfertigen könnte. Gewiss mögen in einzelnen Fällen bestimmte Gründe für eine besondere Rücksichtnahme auf die flüssigen Betriebsmittel der in Frage kommenden Firma sprechen; aber so wenig sich die Steuerverwaltung damit begnügt, ihre Steuerforderung als Passivposten in der Bilanz der Firma führen zu lassen, so wenig kann dies bei den Zuwendungen zu Wohlfahrtszwecken genügen. Sodann ist zu sagen, dass es im Wesen einer Wohlf ahrtseinrichtung im Sinne des Bundesratsbeschlusses betreffend die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer
liegt, wenn auch die Voraussetzungen bestimmt geregelt sind, unter denen ein Anspruch auf eine Leistung aus den Mitteln der Wohlfahrtseinrichtung besteht. Es entspricht nicht der bei der Gewährung der Steuerbefreiung befolgten Absicht, wenn die Wohlfahrtseinrich Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. III.

32

470

tungen lediglich ihre Zinsen auf neu, oder wenn bei der Gewährung von Leistungen ganz auf das Belieben der Stiftungsorgane abgestellt wird. Alle diese Fragen sollten zum Gegenstande einlässlicher Prüfung und eines Berichtes des Bundesrates gemacht werden. Die Kommission stellt ein bezügliches Postulat.

Der Bundesrat beantragt in seinem Geschäftsbericht, die Postulate betreffend Erhöhung des Militärpflichtersatzes (Nr. 752) und betreffend möglichst vollständige Erfassung von Vermögen und Erwerb beim Steuerbezug (Postulat Tobler, Nr. 877) als erledigt zu streichen. Die Geschäftsprüfungskommission kann diesem Antrage nicht zustimmen und beantragt, class die beiden Aufträge weiter bestehen sollen. Es ist nicht einzusehen, inwiefern die bevorstehenden.

Änderungen auf dem Gebiete der Militärorganisation die Verwirklichung der dringenden Postulate auf dem Gebiete des Militärpflichtersatzes (Progression der Steuer, Aufhebung der Besteuerung der Anwartschaft) hindern sollten. Anderseits hält die Geschäftsprüfungskommission die sehr allgemein gehaltene Argumentation, mit der der Bundesrat die Streichung des Postulates Tobler beantragt, nicht für ausreichend. Die Wichtigkeit der im Postulate relevierten Frage rechtfertigt eine eingehendere Berichterstattung.

Yolkswirtsehaftsdepartement.

I. Handelsabteilung.

Die Hoffnung auf das Eintreten reger Handelsbeziehungen zwischen den einzelnen Ländern nach Beendigung des Weltkrieges hat sich leider nicht erfüllt. Gegenteils leidet der Warenaustausch und -verkehr empfindlich durch die Transportschwierigkeiten, die teuren Frachten, die Valutaverhältnisse und die stark erhöhten Zollansätze. Die letztern stehen namentlich in Beziehung zu der sehr ungünstigen Finanzlage der meisten Staaten und werden auch vom Bestreben diktiert, einzelnen durch die Weltkonkurrenz leidenden Industrien und Gewerben einen gewissen Schutz angedeihen zu lassen..

Dem Beispiele der andern Staaten folgend, wurde im Berichtsjahre eine Erhöhung der nicht durch Verträge gebundenen Ansätze (Bundesbeschluss vom 23. Juni 1920) durchgeführt und gleichzeitig mit der Prüfung der Erhöhung der gebundenen Tarifansätze begonnen.

Die letztere Massnahme musste namentlich in Eücksicht auf die immer schärfer auftretende Arbeitslosigkeit beschleunigt werden. Unter den verschiedenen Handelsabkommen möchten wir namentlich dasjenige mit Frankreich hervorheben. Im Berichte wird ausgeführt,

471 dass die Einfuhr von Stickereien nach Frankreich wieder gestattet, die Einfuhr von Uhren dagegen verboten sei. Durch besondere Bewilligungen wurde die Einfuhr von Foumitureu erteilt, welche die französische Uhrenindustrie von der Schweiz beziehen müsse. Dabei lägst sich die Frage aufwerten, ob die schweizerische Uhrenindustrie o in Literesse hat, dio französische ührenindustrie durch Lieferung von Fournituren zu unterstützen.

Die Zonenfrage mit Frankreich konnte im Berichtsjahre leider nicht zur Erledigung gebracht werden.

Von ganz besonderem Interesse ist die aktive Handelsbilanz der Schweiz in den letzten Jahren. Während in den Jahren 1894 bis 1914 eine durchschnittliche Unterbilanz von 300 bis 500 Millionen oder 25 bis 30 % vorhanden war, weist der Wert der Einfuhr und Ausfuhr für die Jahre 1915/17 ganz geringe Unterschiede auf. Das Jahr 1918 . erzeigt eine Mehreinfuhr von 429 Millionen und das Jahr 1919 eine solche von 212 Millionen. Dem Vernehmen nach, weist das Jahr 1920 folgende Zahlen auf: Einfuhr 4243 Millionen Franken Ausfuhr 3277 » » somit Mehreinfuhr 966 Millionen Franken Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass der Warenverkehr noch sehr grossen Schwankungen unterworfen ist.

II. Abteilung für industrie und Gewerbe.

Durch Bundesratsbeschluss vorn 23. November 1920 ist das Submissionsverfahren, soweit es sich auf die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen durch die Bundesverwaltung bezieht, geregelt worden. Dabei darf man wohl dem Wunsche Ausdruck geben, dass die Berechnungsstellen der Berufsverbände dem nun eingetretenen Preisabbau weitgehend Rechnung tragen werden.

Der im Ja!ire 1887 gegründete Arbeiterbund, welcher sich zur Aufgabe stellte, die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiterschaft zu vortreten, hat sich im Berichtsjahre aufgelöst, und an seine Stelle sind der Schweizerische Gewerkschaftsbund, der christlich-soziale Arbeiterbund und der Landesverband freier Schweizer-Arbeiter getreten, welchen Organisationen für ihre Sekretariate Bundosbeiträge bewilligt wurden. Für die Bundesbehörden ergibt sich aus dieser Teilung die Konsequenz, in Zukunft mit diesen verschiedenen Vorbänden in Beziehung zu treten, Avenn es sich darum handelt, die or-

472

ganisierte Arbeiterschaft des Landes in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu befragen.

Im Berichte über die Unterstellung von Fabriken unter das Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken tritt die wenig erfreuliche Tatsache in die Erscheinung, dass die Zahl der Streichungen grösser ist als die Zahl der neuen Unterstellungen. Daraus ergibt sich, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse die Gründung neuer oder die Vergrösserung bisher nicht Unterstellungspflichtiger Betriebe keineswegs begünstigen.

Den Berichten über die gewerbliche, industrielle, kommerzielle Berufsbildung, sowie die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts ist zu entnehmen, dass auf diesen Gebieten in den verschiedenen Kantonen tüchtig gearbeitet wird. Die ausgerichteten Subventionen haben durchwegs eine erhebliche Erhöhung erfahren, speziell für die gewerbliche und industrielle Berufsbildung und für die Förderung der kommerziellen Bildung. Einem Kreis-schreiben des Departementes vom 15. November 1920 ist zu entnehmen, dass der Bundesrat wegen der Finanzlage sich genötigt sehe, die von den kaufmännischen Schulen und von den Schulen für die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts verlangten Beiträge zu kürzen. Wir wollen der Spartendenz des Bundesrates keineswegs entgegentreten, wir begrüssen dieselbe. Dagegen erachten wir eine Einschränkung des hauswirtschaftlichen Unterrichtes für das weibliche Geschlecht weder für gerechtfertigt noch als wünschenswert. Gerade in der heutigen Zeit, wo die Sorge für einen gesunden, aber billigen Lebensunterhalt an die Leitung des Familienhaushaltes erhöhte Anforderungen stellt, ist eine tüchtige hauswirtschaftliche Ausbildung der weiblichen Jugend von der grössten volkswirtschaftlichen Bedeutung. Die Gesundheit, die Zufriedenheit und das Familienglück eines grossen Teils unserer Bevölkerung hängt eben davon ab, ob die Hausfrau es versteht, auch mit relativ bescheidenen Mitteln einen Haushalt richtig zu führen und das Heim angenehm zu gestalten. Aus den hier angeführten Gründen erachten wir es als unbedingt im Interesse unseres Volkes gelegen, dass gerade die Mittel für eine richtige hauswirtschaftliche Ausbildung der weiblichen Jugend in genügender Höhe zur Verfügung gestellt werden.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung
davon Kenntnis, dass es der Vermittlung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes gelungen ist, in einer grossen Zahl von Kollektivstreitigkeiten zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmerverbänden eine Einigung herbeizuführen.

Dem Berichte über die nationale Gesetzgebung ist zu entnehmen, dass es den für eine gesetzliche Eegelung der Arbeitszeit in den Ge-

473

werben einberufenen Konferenzen zwischen Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden nicht gelungen ist, eine Verständigung herbeizuführen. Bei der endgültigen Regelung dieser wichtigen Frage muss unzweifelhaft den speziellen Verhältnissen der einzelnen Gewerbe in weitgehendem Masse Hechnung getragen werden, wenn in Bücksicht auf die heutigen Handels- und Absatzverhältnisse nicht eine gewaltige Schädigung der nationalen Produktion eintreten soll. Das letztere zu verhindern, liegt im ureigensten Interesse der Arbeitgeber und namentlich auch der Arbeitnehmorverbände.

III. Bundesamt für die Sozialversicherung.

Die Zahl der Krankenkassen erzeigt fortgesetzt eine erfreuliche Zunahme. Die bereits anerkannten Kassen weisen eine erhebliche Vermehrung der Mitglieder auf. In bezug auf die Art der Versicherungsleistungen ist zu bemerken, dass die Zahl der reinen Krankengeldkassen um eine, die der reinen Krankenpflegekassen um 80 und diejenigen der sowohl Krankenpflege als auch Krankengeld gewährenden Kassen sich um 35 vermehrt hat. Die letztern Kassen umfassen heute 56,3% der Gesamtmitglieder.

Trotz der starken Beanspruchung der Kassen durch epidemische Krankheiten, speziell im Jahre 1918, erzeigten 719 Kassen eine Vermögensvermehrung von Fr. 6,361,474 und nur 89 Kassen eine Verminderung von Fr. 288,177. Bei 11 Kassen ist weder eine Vermehrung noch eine Verminderung eingetreten. Im Jahre 1918 erhielten die anerkannten Krankenkassen einen Bundesbeitrag von Franken 3,155,829. 51. Die Vermögensverrnehrung von rund 6 Millionen Franken entspricht daher annähernd der doppelten Höhe des Bundesbeitrages.

In bezug auf die Revision der Krankenversicherung scheint nach und nach die wünschbare Abklärung der Ansichten eintreten zn wollen. Die Notwendigkeit eines eidgenössischen Obligatoriums wird immer mehr anerkennt. Auch in landwirtschaftlichen Kreisen scheint man die grundsätzliche Opposition aufgeben zu wollen, insofern den besondern Verhältnissen und Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung Bechnung getragen wird. Eine Frage von grosser, grundsätzlicher Bedeutung und für das Schicksal einer diesbezüglichen Gesetzes vorläge entscheidend dürfte die sein, ob man ein allgemeines schweizerisches Volksobligatorium der Krankenversicherung, oder ein Obligatorium für bestimmte Bevölkerungsklassen einführen solle. Die Ärzte sind im allgemeinen gegen ein Volks-

474

obligatorium der Krankenversicherung, weil sie in diesem System eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Interessen befürchten. Die Kommission begrüsst es, dass die Vorarbeiten für die Erledigung dieser sehr wichtigen Postulate von den zuständigen Amtsstellen in Angriff genommen worden sind.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Kenntnis von verschiedenen Eevisionserlassen in bezug auf die Unfallversicherung.

Hierzu gehört zunächst die Abänderung der obligatorischen Versicherung der forstwirtschaftlichen Arbeiten in dem Sinne, dass in diese Versicherung nunmehr auch solche an sich versicherungsfreio Arbeiten öffentlicher Verwaltungen einbezogen werden, die gleichzeitig mit den forstlichen Arbeiten oder im Anschluss an diese unter Beteiligung von dabei beschäftigten Angestellten und Arbeitern ausgeführt werden. Die Neuordnung der Versicherung der Akkordarbeiten entspricht ebenfalls einem seit längerer Zeit aus forstlichen Kreisen geäusserten Wunsche.

Die Bevisionsbedürftigkeit des Unfallversicherungsgesetzes steht übrigens ausser Zweifel. Da eine Totalrevision erfahrungsgemäss viel Zeit in Anspruch nimmt, gewisse Bestimmungen aber durch die heutigen Verhältnisse überholt worden sind, so hat man im Berichtsjahre mit der absolut notwendigen Partialrevision begonnen.

Der eingetretenen Geldentwertung Bechnung tragend, hat dio Bundesversammlung durch die Novelle vom 1. Oktober 1920 den anrechenbaren Höchstbetrag des Tagesverdienstes von 14 Fr. auf 21 Fr., des Jahresverdienstes von 4000 Fr. auf 6000 Fr. und die Einkommensgrenze für die beitragsberechtigte freiwillige Versicherung von 3000 Fr. auf 4500 Fr. erhöht. Damit stehen nun die auszurichtenden Entschädigungen mit den heutigen Lohn- und Einkonimensverhältnissen einigermassen im Einklang.

IV. Gesundheitsamt.

Das Wiederauftreten verschiedener epidemischer Krankheiten im Jahre 1920 beweist uns, dass die in dieser Hinsicht zutage getretenen Nachwirkungen des grossen Weltkrieges immer noch andauern.

Dies trifft namentlich für die Influenza zu, von welcher in den ersten Monaten des Jahres 1920 gegen 138,000 Fälle gemeldet wurden. Da diese Krankheit bedeutend gutartiger verlief als im Jahre 1918, so ist auch anzunehmen, dass eine grosse Anzahl von Fällen nicht zur Anzeige gelangte. Die vom Bunde zur Bekämpfung der Influenza, an die Kantone bezahlten Subventionen betrugen im Jahre 1920 132,544 Fr. 83.

475 Die sanitarischen Verhältnisse in Europa und namentlich in den östlichen Teilen des Kontinents lassen immer noch sehr zu wünschen übrig und die Gefahr der Einschleppung der Pest, der Cholera, des Flecktyphus und anderer Seuchenkrankheiten bleiht bestehen.

Der Grenzsanitätsdienst musste deshalb noch in einem gewissen Umfange aufrechterhalten werden. Immerhin kann mit Befriedigung auch hier ein Abbau konstatiert werden.

Bemerkenswert ist der fortgegsetzt grosse Andrang zum MedizinStudium, trotzdem seit Jahren eine Überproduktion an Ärzten konstatiert wird.

Die Kontrolle der Lebensrnittel ergibt, dass immer noch viele, mehr oder weniger verdorbene Lebensmittel, offenbar noch eine Folgeerscheinung aus der Kriegszeit, in den Verkehr gelangen. Auffallend ist sodann die grosse Zahl von Beanstandungen, speziell von Getränken, wie Branntwein, Liqueure, Wein, Limonade, Frucht säfte etc., sowie das Auftreten von Kunstwein. Offenbar liegt der Anreiz zur Verfälschung dieser Produkte in den relativ hohen Preisen derselben und wahrscheinlich auch in den grossen Fortschritten der Chemie auf diesen Gebieten, eine Erscheinung, welche im Interesse der Volksgesundheit entschieden nicht begrüsst werden kann. Es wäre sehr zu wünschen, dass die Gerichtsbehörden durch Ausfällung möglichst hoher Bussen die Gesundheitsbehörden im Kampfe gegen die Lebensmittelverfälschung unterstützen würden.

V. Landwirtschaft.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Kenntnis von dem steigenden Interesse, welches die landwirtschaftliche Bevölkerung dem landwirtschaftlichen Unterrichtswesen entgegenbringt. Die Frequenzziffern der landwirtschaftlichen Fachschulen erzeigen eine ganz wesentliche Erhöhung. Die Winterschulen Liestal und Schaffhausen wurden erweitert, die landwirtschaftlichenWintersehulen Langenthal und Visp und die alpwirtschaftliche Schule in Brienz neu gegründet.

Der letztern Schule ist auch ein kleinerer Molkereibetrieb angegliedert, um die Schüler in die Praxis der Alpsennerei einzuführen. Die Erricht tung von alpwirtschaftlichen Schulen mit kleinem Käsereibetrieb und mit einem speziellen, den Bedürfnissen der Alpbewohner angepassten Unterrichtsprogramm wäre sehr zu begrüssen. In unsern Alpen liegt ein grosses Volksvermögen, dessen Ausnützung noch viel zu wünschen übrig lässt, abgesehen davon, dass in einer guten Bewirtschaftung des Alpenlandes auch die wirksamste Massregel gegen die Abwanderung der Bevölkerung des Alpengebietes liegt.

476

Im Berichtsjahr konnte auch die vom Kanton Bern neu errichtet» Gartenbauschule in Oeschberg dem Betrieb übergeben werden.

Der Bericht bedauert mit Eecht. dass den Bestrebungen zur Errichtung einer zweiten Molkereischule in der deutschen Schweiz bis heute ein praktisches Ergebnis nicht beschieden war.

Die Westschweiz besitzt zwei Molkereischulen, die ganze deutscheSchweiz nur eine, welche der grossen Zahl von Bewerbern um Aufnahme nur in sehr bescheidenem Umfange entsprechen kann. Im Interesse der Förderung unserer Milchwirtschaft, des wichtigsten Produktionszweiges unserer Landwirtschaft, muss dringend gewünscht werden, dass sich die Kantone der Ostschweiz zusammenfinden zur Gründung und zum Betriebe einer Molkereischule. Wir möchten der Abteilung Landwirtschaft empfehlen, in dieser Frage die Initiativezu ergreifen.

Im Berichtsjahre konnte endlich die westschweizerischeVersuchsanstalt für Weinbau in Lausanne eröffnet werden.

Damit ist ein seit Jahren von den Winzern der Westschweiz geäusserter Wunsch in Erfüllung gegangen, und es ist nur zu hoffen, dass der einheimische Weinbau, welcher mit zunehmenden Krankheiten und Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen hat, durch die neueInstitution eine wirksame Unterstützung und Förderung erfahren werde.

Bei der P f e r d e z u c h t ist leider ein sehr starker Bückgang desr Zuchtgeschäftes zu konstatieren. Dieser Eückgang der Zahl der belegten Stuten hängt unzweifelhaft mit dem stark gesteigerten Import von ausländischen Pferden zusammen. Letzterer schädigt den inländischen Züchter nicht nur durch die Preiskonkurrenz, sondern, was noch viel schlimmer ist, durch die Verbreitung gefährlicher Pferdekrankheiten aller Art. Ein vermehrter Schutz der inländischen Pferdezucht wäre nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern auch vom Standpunkte der Landesverteidigung aus zu begrüssen.

Während die schweizerische Pferde-, Eindvieh- und Ziegenzucht, unabhängig vom Auslande sich entwickeln kann, trifft dies für diefür unsere kleinbäuerlichen Verhältnisse sehr wichtige Schweinezucht und Schweinemast, sowie für die S c h a f z u c h t nicht zu.

Hierfür ist ein periodischer Import, namentlich von männlichen Tieren frühreifer, wüchsiger Eassen unbedingt erforderlich. Der Weltkrieg hat diesen Import nahezu vollständig unterbunden. Heute ist er entschieden notwendig,
und wir möchten dem Departement eineweitgehende Förderung derartiger Bestrebungen empfehlen.

Die Bodenverbesserungen haben während der Kriegszeit eine ganz gewaltige Vermehrung erfahren und durch die Subventionen

477

die öffentlichen Mittel des Bundes und der Kantone in erheblichem Masse in Anspruch genommen. Dies gab dann dem Departemente Veranlassung, ein Kreisschreiben an die Kautone zu richten, in welchem die zuständigen Organe ersucht werden, die einzureichenden Projekte namentlich auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen und die Ausführung kostspieliger Projekte zu unterlassen. Dieses Vorgehen ist entschieden zu begrüssen. Anderseits darf darauf hingewiesen werden, dass auch in landwirtschaftlichen Kreisen in Rücksicht auf den schon eingetretenen und wohl noch weiter eintretenden Bückgang der Produktionspreise hinsichtlich der Ausführung sehr teuer gewordener Meliorationsarbeiten bereits eine starke Ernüchterung und Zurückhaltung eingetreten ist. Die zunehmende Arbeitslosigkeit zwingt wohl vielenorts dazu, dennoch Bodenverbesserungen auszuführen, da bei diesen Arbeiten viele Arbeitskräfte beschäftigt werden können und schliesslich doch neue, bleibende Werte gesehaffen werden, während dies bei der direkten Arbeitslosenunterstützung nicht der Fall ist.

Die schweizerische Hagelversicherung erzeigt sowohl in der Zahl der Policen als in der Versicherungssumme einen Rückgang und dies infolge des Rückganges des Getreide- und Hackfrüchtebaues überhaupt und des Gemüsebaues im besondern. Letztere Erscheinung ist auf die starke Einfuhr fremder Gemüse zurückzuführen.

Erfreulich ist, dass nun auch den Landwirten des Kantons Tessin Gelegenheit gegeben ist, ihre Produkte zu den üblichen Bedingungen zu versichern.

Auch die Viehversicherung erzeigt einen Rückgang, speziell in bezug auf das Rindvieh, was sich ohne weiteres aus der Abnahm» des Viehstandes erklärt. Der Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1914, welcher neue Grundlagen für die Festsetzung der Bundesbeiträge an die Vieh Versicherung im Sinne einer Einschränkung festlegte, hat in den Kreisen der Viehbesitzer nicht Beifall gefunden, sondern ist vielmehr als Zurücksetzung empfunden worden. In Rücksicht auf die bedeutende Werterhöhung des Viehstandes wäre eine baldige Revision dieses Beschlusses unter Berücksichtigung des, Postulates des Nationalrates vom 3. März 1920 wünschbar.

VI. Veterinäramt.

Das Jahr 1920 hiuterlässt bei einem grossen Teil unserer Viehbesitzer keine angenehmen Erinnerungen. Mit ganz besonderer Heftigkeit und einer aussergewöhnlichen Ausdehnung wurden unsere Viehbestände durch die Maul- und Klauenseuche heimgesucht. Nahezu

478 27 % des Kind Viehbestandes und 18 % des Kleinviehbestandes des .ganeen Landes sind von der Maul-und Klauenseuche ergriffen worden, in einzelnen Kantonen wurden bis 61 % des Bindviehbestandes von der Seuche befallen. Die schweizerische Landwirtschaft hat einen sehr empfindliehen Schaden erlitten durch die gewaltige Einbusse an Milch- und Fleischerlös durch die Notschlachtungen, das Umstehen der Tiere und die viehseuchenpolizeilichen Massnahmen. Es ist daher zu begrüssen und darf im Interesse der schwer geschädigten Viehbesitzer wohl verantwortet werden, dass der Bundesrat durch Beschluss vom 20. Juli 1920 das Volkswirtschaftsdepartement ermächtigt hat, die in den Gesetzesbestimmungen der Art. 21 bis 28 des Tierseuchen.gesetzes vorgesehenen Bundesbeiträge rückwirkend auszurichten.

Die beim ersten Auftreten der Seuche in einzelnen Kantonen durchgeführten umfangreichen Totalschlachtungen hatten nicht vermocht, der Seuche endgültig Einhalt zu gebieten. Die gemachten Erfahrungen mit den Sperrmassnahmen, der Totalabschlachtung, der Serum- und Blutbehandlung werden für die zukünftige Bekämpfung und Behandlung der Maul- und Klauenseuche eine lehrreiche Grundlage bilden. Der gewaltige Schaden, welcher unsere gesamte Volkswirtschaft durch die genannte Seuche erlitten hat, legt den Behörden die Pflicht auf, der Erage der Errichtung eines Institutes zur Erforschung der Seuchenkrankheiten näher zu treten. Dieses Institut, wenn auch in bescheidenem Umfange errichtet und betrieben, .könnte der Tierhaltung doch sehr wertvolle Dienste leisten und grossen Schaden verhüten.

Eleischschau und Fleischimport. Der Fleischkonsum betrug im Jahre 1920 rund 24,5 kg per Kopf der Bevölkerung, davon waren 95,80 % Fleisch inländischer Herkunft und 4,2 % stammte aus dem Auslande. der Hauptsache nach aus Dänemark, Holland und von überseeischen Ländern. Der grössere Teil des Fleischimportes fällt auf die Monate November und Dezember. Auffallend sind die .grossen Quantitäten von importiertem Fleisch, welche auf einzelne Grenzkantone entfallen. Damit werden auch die Klagen erklärt, dass mit dem importierten Fleisch ein lebhafter Handel bis in das abgelegenste Dörflein hinaus getrieben wurde. Das Vorgehen des Veterinäramtes, die in die einzelnen Kantone einzuführenden Fleischmengen zu kontingentieren resp. den tatsächlichen
Bedürfnissen einigermassen anzupassen, ist daher nur zu begrüssen. Mit Eecht darf die einheimische Landwirtschaft verlangen, dass das in die einzelnen Kantone eingeführte frische Fleisch arn Importorte verbraucht und ein weiterer Verkehr in die Dörfer hinaus schon in Rücksicht auf die Vorschriften des Lebensmittelgesetzes unterbleiben sollte.

479

Post- und Eisenbalmdepartement.

I. Eisenbahnwesen.

Organisation und Personal.

Dem Eisenbahndepartemente wurde ini Berichtsjahre eine neue Abteilung, das eidgenössische Luftamt, angegliedert. Bis dahin hatte das Militärdepartement respektive die unter ihm stehende Flugplatzdirektion Dübendorf die Geschäfte des zivilen Luftverkehrs besorgt. Hauptaufgabe des Luftamtes ist dermalen die provisorische Eegelung des Luftverkehrs. Dieselbe erstrebt in der Hauptsache den Schutz der Flieger und Dritter durch Aufstellung geeigneter Vorschriften in bezug auf Erzielung guter Führung, sichern Flugmaterials, Verhütung von Handlungen, die die Bevölkerung gefährden, ·und Sicherstellung der Haftpflicht. Sache des eidgenössischen Luftamtes ist auch das Studium der praktischen Einführung dieser neuen Verkehrsart für den In- und Auslandverkehr. Hier wird vor allem die Vorbereitung des Anschlusses der Schweiz an ständige und regelmässige Luftlinien des Auslandes in Frage kommen. Da der neuen Verkehrsart möglicherweise eine Zukunft beschieden sein dürfte, ist derselben alle Aufmerksamkeit zu schenken.

Eiseiibahnrückkanf.

Mit Botschaft vom 21. Januar 1921 wurde den Bäten der Entwurf eines Rückkaufsgesetzes der schweizerischen Seetalbahn vorgelegt.

Technische Kontrolle.

Rollmaterial.

Der sich im Berichtsjahre von Seiten verschiedener schmalspuriger Privatbahnen und auch von Privatfirmen geltend gemachten Tendenz, ihr Rollmaterial im Ausland zu decken und normalspurige Privatgüterwagen ausländischer Herkunft und Bauart zu beziehen, ist auch weiterhin wirksam entgegenzutreten. Dies um die im Eisenbahngesetze vorgesehene technische Einheit im schweizerischen Eisenbahnwesen zu wahren und der schwierigen Lage der schweizerischen Industrie gebührend Rechnung zu tragen.

Arbeitszeitgesetz.

Das in der Volksabstimmung vom 31. Oktober 1920 angenommene Arbeitszeitgesetz konnte namentlich der Verhältnisse weg< n, ·die mit dem Fahrplanwesen in Zusammenhang stehen, nicht i-i allen

480

Teilen auf den nämlichen Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden. Eia Teil der Bestimmungen trat am 23. November 1920, ein anderer am 1. Januar 1921 in Kraft. Auf den Zeitpunkt des nächsten Fahrplanwechsels, spätestens aber auf den 1. Juni 1921, wird das Wirksamwerden aller übrigen Bestimmungen des Gesetzes in sichere Aussicht gestellt.

Die Deckung der daraus erwachsenden Betriebsmehrauslagensollte in weitgehendem Masse durch Einsparung alles überflüssigen und entbehrlichen Verwaltungs- und Betriebspersonals und durch rasche Durchführung der Eeorganisation des Eisenbahndepartementes angestrebt werden.

Administrative Kontrolle.

Transportwesen.

T a r i f w e s e n . Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 25. Juni 1920 wurde grundsätzlich mit dem System der Taxzuschläge gebrochen, und ist man zur Bildung der Tarife aus Grundtaxen zurückgekehrt.

Die Personen- und. insbesondere die Gütertarife haben eine geradezu verkehrshemmende Höhe erreicht. Diejenigen Gütertarife, die bisher noch in ihrer ursprünglichen Höhe geblieben waren, sind im Berichtsjahre um ca. 120 % erhöht worden.

Einzelne Normalspurbahnen und namentlich die Schmalspurbahnen sind infolgedessen in starkem Masse dem Wettbewerbe der Strassenautomobilunternehmungen ausgesetzt.

Diese Erscheinung droht sich zu verallgemeinern und auch die Bundesbahnen empfindlich zu schädigen. Dem Problem, wie diesem Wettbewerb zu begegnen sei, ist daher volle und ungesäumte Aufmerksamkeit zu schenken. Die eingetretene starke Verbilligung der Kohle, die durchzuführende Vereinfachung in Verwaltung und Betrieb werden wohl in naheliegender Zeit die Herabsetzung der Tarife ermöglichen und damit den Bahnen die wirksamste Waffe im Wettbewerb mit dem Automobil in die Hand geben und den Personen- und speziell Güterverkehr in gewünschter Weise erleichtern.

Arbeiterabonriemente. Die Kommission hat mit Befriedigung Kenntnis genommen, dass die Benützbarkeit der Arbeiterabonnemente morgens für die Hin- und abends für die Bückfahrt erstreckt, und dass die Erwerbsgrenze, bis zu der Arbeiterabonnemente ausgegeben werden, erhöht worden ist. Sie begrüsst ferner die Neuanordnung, dass auch an Selbständigerwerbende mit nicht höherm Gesamteinkommen als für den Bezug von Arbeiterabonnementen vorgesehen, diese letztern abgegeben werden.

481

Hilfskassengesetz.

Mit Genugtuung wird Kenntnis genommen, dass ein Vorent·wurf ,,zu den neuen Statuten der Pensions- und Hilfskasse ausgearbeitet und den interessierten Organen und Verbänden vorgelegt worden ist.

II. Postverwaltung.

Vorlagen an die Bundesversammlung.

Einstellung des Postbestellungsdienstes am Sonntag. Diese Frage befindet sich im Stadium der Versuche. Bei 2800 oder bei 61 % aller Poststellen ist heute die Briefvertragung am Sonntag eingestellt. Die bisher erzielte Ersparnis beträgt Fr. 400,000 im Jahre. Die gänzliche Aufhebung der Sonntagsvertragung würde eine Minderausgabe von annähernd einer Million ermöglichen.

Der Geschäftsbericht verficht den Standpunkt der Einstellung der Sonntagsvertragung, ohne indessen die Frage als absolut spruchreif zu bezeichnen. Die Kommission spricht sich gegen eine allgemeine Einstellung der Sonntagsvertragung aus. In ländlichen Gegenden entspricht die Sonntagsverteilung einem wirklichen Bedürfnisse.

Bauer, Handwerker und Geschäftsmann, ja die gesamte Familie auf dem Lande, hat gerade an der Sonntagsverteilung ein besonderes Interesse, weil man zur Beantwortung der Briefe und zum Lesen der Zeitungen gerade an diesem Tage am besten Zeit findet. --· Auch das Postpersonal auf dem Lande ist der Sonntagsvertragung nicht abgeneigt, weil dieselbe nur einen Teil des Vormittags in Anspruch nimmt und den Dienst von Samstag abends oder Montag morgens entlastet.

Die durch die gänzliche Einstellung zu erzielende Mehrersparnis von annähernd Fr. 500,000 steht in keinem Verhältnisse zu den verletzten Bedürfnissen weiter ländlicher Kreise und ist daher keine genügende Motivierung.

Ankauf von Postgebäuden. Der im Geschäftsberichte gemachten Anregung, den Ankauf von Postgebäuden in kleinern Ortschaften in die Kompetenz des Bundesrates zu legen und damit die Abwicklung derartiger Geschäfte zu vereinfachen, wird von der Kommission nicht zugestimmt. Dieselbe steht grundsätzlich auf dem Boden, dass die Eidgenossenschaft für die Post- und Telegraphenverwaltung in möglichst beschränktem Masse Gebäudeeigentümerin wird. In gemieteten Lokalen wird die Post- und Telegraphenverwaltung durchs Band billiger untergebracht sein als in bundeseigenen.

Dies trifft in ganz bedeutendem Masse in kleinen oder ländlichen Ortschaften mit billigen Mietverhältnissen zu. Die Bundesversammlung soll sich daher zu den Kaufprojekten aussprechen können.

482

Finanzielles.

Der Abschluss der Gewinn- und Verlustrechnung ist nicht erfreulich. Sie verzeichnet einen Passivsaldo von 28,276,783 Fr., die auf der ganzen Linie erhöhten Taxen -- nur das Presstelegramm hat Gnade gefunden -- sollen im Jahre 1921 zwar eine Mehreinnahme von 18 Millionen bringen. Der veranschlagte Ausgabenüberschuss für 1921 beträgt über diese Mehreinnahmen hinaus immer noch 20 Millionen.

Da auch bei der Postverwaltung die Taxen nun an der obersten Grenze angelangt sein dürften, muss eine durchgreifende Vereinfachung und Kosteneinsparung bei der Postverwaltung in die Wege geleitet werden.

Geschäftsführung des Bundesgeriehts.

Keine Bemerkungen.

Geschäftsführung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts.

Die in frühern Berichten erwähnten Mängel des Gerichtsgebäudes in bezug auf die Kanzleiräumlichkeiten machen sich immer noch geltend.

Nachdem der revidierte Organisationsbeschluss vom 22. Juni 1920, welcher die Zahl der Mitglieder des Versicherungsgerichtsauf 5 erhöhte und 5 Ersatzmänner vorsieht, in Kraft getreten^ wurden auch die Gerichtsabteilungen neu organisiert und ihr Geschäftskreis und die Kompetenzen näher umschrieben und festgesetzt. Das Gericht hofft, mit den rückständigen Geschäften baldmöglichst aufzuräumen, macht aber darauf aufmerksam, dass die Berufungen in Militärversicherungssachen seit Oktober 1920 neuerdings stark zugenommen hätten.

Der Bericht erwähnt ferner, dass das Gericht auf dem Gebiete der Unfallversicherung eine ganze Reihe grundsätzlicher Fragen zu entscheiden hatte, welche sich mit dem Begriffe des Unfalles befassen. Der bisherige Geschäftskreis des Versicherungsgerichtes hat eine Erweiterung erfahren durch die Überweisung der Streitigkeiten gemäss Art. 7, Abs. 2, B. G. über die Versicherungskasse für die eidg. Beamten, Angestellten und Arbeiter vom 30. September 1919.

Die Kommission gibt zum Schlüsse dem Wunsche Ausdruck, dass die neue Organisation des Versicherungsgerichtes eine prompte Erledigung der einlangenden Geschäfte ermöglichen werde.

483

Anträge der Kommission.

1. Die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für das Jahr 1920 wird genehmigt.

2. Die im Berichte erwähnten Aufträge an den Bundesrat betreffend Eevision des Bundesratsbeschlusses über Förderung und Hebung der schweizerischen Kunst (Postulat Nr. 921), betreffend Erhöhung des Militärpflichtersatzes (Postulat Nr. 752) und betreffend möglichst vollständige Erfassung von Vermögen und Erwerb beim Steuerbezug (Postulat Nr. 877) bleiben weiter bestehen.

B e r n , den 27. Mai 1921.

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates : Andermatt.

Postulate.

1. Der Bundesrat wird eingeladen, den Bäten Bericht und Antrag darüber zu unterbreiten, wie die von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Zuwendungen zu "Wohlfahrtszweeken für ihre Zwecke sicherzustellen sind.

2. Die Geschäftsprüfungskommission soll jeweilen zu Anfang des Berichtsjahres gewählt werden.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Jahre 1920. (Vom 27.

Mai 1921.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1921

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

1416

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.06.1921

Date Data Seite

453-483

Page Pagina Ref. No

10 027 976

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.