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Botschaft

des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung , betreffend den Telegraphenvertrag mit Belgien, Spanien, Frankreich und Sardinien.

(Vom 8. Januar 1856.)

Tit..

Das Bedürfniß neuer Bestimmungen für den internationalen Telegraphenverkehr, welche der in den lezten Jahren erfolgten Entwiklung des Telegraphenwesens entsprechen, machte sich namentlich in der Schweiz fühlbar , welche durch ihre geographische Lage und die kommerziellen Beziehungen mit den meisten Ländern ^uropa's in Verbindung steht.

Ganz besonders nothwendig war die Erfeznng des im Jahr 1852 abgeschlossenen provisorischen Vertrages rnit Frankreich.

Es ist daher schon im Jahr 1854 von uns aus die Anregung zu einer europäischen Konferenz ergangen , indem wir die Administrationen dex gxößern Nachbarländer ersuchteu , sich an die Spize dieses Unternehmens zu stellen. Dieser Vorschlag wurde damals von Frankreich und Sardinien günstig aufgenommen, während man in Oesterreich das Bedürsniß dazu nicht fühlte , da dieses Land bereits mit Deutschland und den Niederlanden in dem deutsch - österreichischen Telegraphenvereine alle Vortheile gemeinschaftlicher Bestimmungen genoß.

Ju Folge diplomatischer Unterhandlungen fand im Juni 1855 eine Konferenz in B e r l i n statt, bei welcher sich jedoch nur Belgien, Frankreich und Preußen , lezteres im Namen des deutfch-österreichischen Vereines,

betheiligten.

Die französische. Regierung schien mit den Resultaten dieser Konferenz nicht zufrieden zu fein. Der französische Gesandte bei der schweizerischen Eidgenossenschaft reichte am 18. Oktober eine Note ein, in welcher er bemerkte : ,,Les délégués du Gouvernement de Sa Majesté l'Empereur ,,out essayé a Berlin de faire adopter une série de mesures ,, destinées à réformer plus profondément le svstème et à le ,,mettre plus en rapport avec les principes de bonne adminis,,tration et d'cquitable répartition des frais. Mais les proposi,,tions des Commissaires français auxquels le Représentant de la ,, Belgique s'était immédiatement rallié en principe rencontrèrent ,,une résistance insurmontable dans le mandat restreint que le ,, Commissaire prussien avait reçu de l'Union austro-allemande ,, et dans l'organisation encore trop incomp1ète du service té1é.....graphique en Allemagne."

10^ Jn Folge dieses Ergebnisses der Berlinerkonfexenz wünscht ^die sranzöfische Regierung die übrigen, bei der T.elegraphie intexesfirten Staaten z^ einem gemeinschaftlichen Vertrage zu bewegen und ladet daher den Bundesrath ein, auf den 1. Dezember 1855 eine Konferenz, welche aus den Abgeordneten Belgiens, Spaniens und Sardiniens bestellt sein wixd, ebenfalls zu beschiken, indem sie zugleich ein Projekt zu einem neuen Ver-

trage übermittelt.

Bei der Prüfung dieses Projektes schien es uns, daß einzelne Bestimmungen desselben, namentlich die Taxation der Depeschen den obe...

angeführten Grundsäzen noch nicht vollständig entsprechen. Da jedoch der Vorschlag immerhin als ein wesentlicher Fortschritt zu betrachten war, so hielten wir es für zwekmäßig , der Einladung Folge zu leisten , ertheilteu jedoch unserem Abgeordneten folgende Jnstruktiou: ,, 1) Es ist unter Ratisikationsvorbehalt des Bundesrathes an dex ,, Stelle des bisherigen provisorischen Vertrages ein definitiver Telegraphen,, vertrag mit Frankreich abzuschließen. Wenn in Folge desselben der Ver.,,trag mit Sardinien Abänderungen erleiden sollte, so find dieselben auch ,,in dem leztern anzubringen.

,,2) Bei dieser Verhandlung ist darauf hinzuwirken, daß im Allge-

,, meinen der Preis für die telegraphischen Depeschen ermäßigt wird und ,,wenn n.öglich das schweizerische Aerar sich gegenüber dem ausländischen.

,,Taxantheile verhältnismäßig günstiger stelle als bis anhin, was dadurch

,,ermöglicht wird, daß von der zweiten Zone an größere Radien für die^ ,, Bemessung der Zonen aufgestellt werden.

,, 3) Die Bestimmungen über die Wortzählung und Form der De-

,,peschen sind mit steter Berük^chtigung des Vortheils für das Publikum

,,so aufzustellen, daß die Wortzahl und Form der Depeschen^ mit der..

,,Klassen und Bestimmungen des deutsch ^österreichischen Vereines in Ein,,klang gebracht werden.

,, 4) Ueber die Verrechnung zwischen den einzelnen Administrationen ,,find möglichst einfache Bestimmungen zu erzielen.

,, 5) Wenn technische Anordnungen in den Bereich des Vertrages ge,,zogen werden, so sind die in der Schweiz und im deutsch-öfterreichifchen.

,, Telegraphenvereiue angewandten Systeme zu berüksichtigen.^ Die Verhandlungen fanden aus dem Ministerium des Aeußexn ir..

Paris statt, und dauerten drei Wochen. Es gelang unserm Abgeordneten, allen für die Schweiz vorteilhaften Abänderungen des Projektes Einga.ng zu verschaffen, obgleich, wie aus den mitfolgenden Protokollen sich ergibt, derselbe anfangs ifolirt stand. Ganz besonders wichtig ist die Vergrößexung der Zonen. Dieselben betragen nach dem Projekt : nach der definitiven Redaktion.^

I. Zone . . .

II.

III.

IV.

V.

VI.

..

,, ,, ..

.

80 Kilometer.

. . . 200 .,, . . . 360 .

. . . 560 . ,, . . . 800 .

. . . 1030 ,,

100 Kilometer.

250 450 . 700 . 1000 1350

104 Diese.^. Abänderung , welche namentlich süx die größern Distanzen Einfluß hat, ist eine Konzession der großen Länder gegenüber den kleinen Staaten.

. Der Vertrag, welcher am 29. Dezember unterzeichnet wurde, enthält folgende wesentliche Punkte : 1) Das in der Schweiz angewandte Morse'sche System der Telegraphie ist für die internationale Korrespondenz aller kontrahirenden Staaten ein^geführt, wodurch somit Frankreich sein eigentümliches System, welches.

eine Umschreibung der Depeschen auf den Auswechslungsstationen erheischte,

verläßt.

2) Eigene , direkte Telegraphenleitungen werden die Hauptstädte oder

wichtige Pläze der respektiven Staaten unter sich vereinigen. Wir werden somit d i r e k t e Leitungen von Paris nach Basel und Genf erhalten.

3) Die Depeschen werden eingeteilt in Dienstdepeschen, Staatsdepescheu uud Privatdepeschen.

Die leztern zerfallen wieder in zwei Klassen, so nämlich, daß pressante Mittheilungen durch Verdreifachung der Taxe den Vorrang erhalten.

4) Die Taxen werden nach der Länge der geraden Linie berechnet, welche von der Aufgabestation an den Gräuztaxpunkt gezogen wird und von dort an den Bestimmungsort, und zwar nach folgender Basis: Nach der Distanz:

I. Zone, II. ,, III. ,, IV. ,, V. ,,

von 1 bis 100 Kii.

,, 100 ,, 250 ,, . 250 ,, 450 ,, ., 450 ,, 700 ,, ., 700 ,, 1000 .,

Von 1 bis 15 Worte:

Fr. 1. 50 ,, 3. -,, 4. 50 ,, 6. ,, 7. 50

Taxzuschlag für je 5 Worte:

Fr. -. 50 ,, 1. -,, 1. 50 ,, 2. . 2. 50

Für die Adresse find 5 Worte freigegeben.

Diese Bestimmungen bringen folgende Vortheile mit sich : Jn den internationalen Verträgen wurden bisher die Depeschen nur in die drei Klassen von 1 bis 25, 26 bis 50, 51 bis 100 Worte eingeteilt, so daß eine Depesche von 26 bis 30 Worte das doppelte der Taxe einer Depesche von 25 Worten bezahlen mußte. Nach der neuen Bestimmung wird der Zuschlag für eine solche Depesche nur 1^ der Taxe betragen.

Häusig kommt man in den Fall,. kurze Notizen in wenigen Worten zu telegraphiren. Dieselben wurden bis anhin stets taxirt wie Depeschen von 25 Worten und werden nach dem neuen Vertrage um ..^ der Taxe erleichtert.

Jn Folge der Zoneuvergxößerung fallen einige wichtige Pläze, wie ^Genua, Marseille, Paris, Ealais, Havre, in niedrigexe Taxk.assen.

Diese Vortheile wexden am deutlichsten durch eiue Uel.. erficht der alten ^und neuen Taxen hervortreten :

10^

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frühere Taxe süx d.e kleinste Neue Taxe.

Depesche.

Basel )

Einbuße

dex schweiz.

Verwaltung.

^ ^

12. 50 Fr. ^.

15.

,, 3. 50 ^ . ^ 6.

15.

,, 7. 50

Bern nach^ Havre Genf j

,,

15.

Zürich ,, St. Gallen

^ ^

Bern ^. nach Paris Genf ]

Zürich

.,

^ ,.

St. Gallen Basel .

..

^

Fr.

.

Zürich ^ St. Gallen^ Bafel .

^

Bern

,,

.^

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Zürich St. wallen

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Fr. 5. 50

l.

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50 ,, 3. 50 7. 50

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50 ,, 6.

12.

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5. 50 5. .^0

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6. 50 6. 50 50 4. 50

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17. 50 ,^ ^17. 50 10. ^ ^ 4. 50

.^

6.

^

^

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4. 50

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^ .

^

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^7. 50 17. 50 ^ 7. 50 ,, 3. 50

^Brüssel ,, 15.

. nach

^

^

.

^

Fr.

.

.

^ ^ n a c h Genua ,,

Basel

.

.

des Ans^ landes.

6. ..50

.

.

.

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.

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.

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.

.

.

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17. 50

,,

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1.

2.

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50 6. 50

.6.

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Auf den Depeschen von 1 5 Worten machen wir somit für diejenigen Stationen, welche weitaus den größten internationalen Verkehr haben, nämlich Basel, Bern, Genf, . eine Einbuße von Fr. .1 (für Zürich von Fr. 3. 50) , während z. B. Frankreich bei allen nach Paris bestimmten Depeschen Fr. 5. 50 (nach Havre Fr. 6. 50) weniger bezieht als bisher.

Auf den Depeschen von 25 Worten haben wir für die erstgenannten schweizerischen Stationen keine Taxverminderung (bei Zürich Fr. 2. 50), während auf dieser Klasse von Depeschen nach^Paris und Havre Frankreich stets noch Fr. 2. 50 verliert.

Aehnliche Verhältnisse zeigen sich für Brüssel , Genua ..e.

5) Die Bestimmungen über die Wortzählnng und die Dienstnotizen

entsprechen den in dem Verkehr der Schweiz mit dem deutfch-österreichischen Vereine angewandten Verordnungen ; eben so diejenigen über die Verrechnung der Gebühren. Sie sollen zum Theil durch ein internationales Reglement festgestellt werden, welches von den an der Konferenz betheiligten Telegraphendixektoren sogleich ausgestellt wurde.

6^ Zur Einführung wünfchbarer Verbesserungen findet ^alljährlich eine Zusammenkunft von Delegixten der kontrahirenden Staaten statt. Die erste ist für 1857 in Turin festgestellt.

7) Dex Vertrag tritt in Kraft, sobald die Ratifikationen ausgewechselt

sind.

Zum Schlusse führen wir an, daß der Telegraphenvertrag von Paris, welcher den internationalen Verkehr von 5 Ländern befchlägt, als

106 ein^ wichtiger Schritt zur Erzielung einer Gleichförmige t im ganzen euro^äischen Telegraphenwefen und als eine wesentliche Erleichterung für das Publikum die Zustimmung der Schweiz um so eher verdient. als die fiskalische Einbuße des schweizerischen Aerars verhältnißmäßig weniger beschlägt, als diejenigen des Auslandes.

Wir stellen daher den Antrag, Sie wollen den beiliegenden Entwurf zum Beschlusse erheben, und benuzen den Anlaß , Sie , Tit. , unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

.Bern, den 9. Januar 1856.

Jm Namen des schweiz. Bundesrathes, Der Präsident: ..^tämpfli.

Der Kanzler: Schieß. .

Beschlußentwurs.

D i e B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r schweiz. E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht eines mit Botschaft vom 9. Januar 1856 vom schweizerischen Bundesrath vorgelegten, zwischen Herrn 1^r. Brunner, Eentraldixektor der schweizerischen Telegraphenverwaltung, Namens der schweizerischen Eidgenossenschaft; Herrn Jean Baptiste Ma s u i , Generaldirektor der belgischen Eisenbahnen , Posten und Telegraphen ..e. ..r. , Namens Sr. Majestät des Königs der Belgier ; Herrn Brigadier Joseph Marie M.ath..., Generaldirektor der spanisehen Telegraphen .^. .^. , Namens Jhrer Majestät der Königin von Spanien ; Herrn Grafen .Alexandre Colonna Waie.vsl^i, Minister der äußern Angelegenheiten ^e. .^., Namens Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen, und Herrn Ritter Gaetan Bone 1l i, Generaldirektor der saxdinischeu Tele^ graphen .e. ...e. , Namens Sr. Majestät des Königs von Sardiuieu, den 29. Dezember 1855 in Paris unter Ratifikationsvorbehalt abgeschlossenen Telegraphenvertrages, beschließt: Der schweizerische Bundesrath ist ermächtigt, dem vorstehend erwähnten Vertrage die eidgenössische Ratifikation zu ertheilen.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Telegraphenvertrag mit Belgien, Spanien, Frankreich und Sardinien. (Vom 8. Januar 1856.)

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19.01.1856

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