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Schweizerisches Bundesblatt.

VIII. Iahrg. I.

Nr. 23.

1.... Mai 1.^6.

Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1.855.

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(Fortsezung.)

Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A.

Gesetzgebung und Konkordate.

Auf dem Gebiete der Gesezgebung hatte das Justiz- und Polizeidepaxtement im Berichtsjahre nur zwei Gegenstände seiner Vorberathung zu unterwerfen. Der erste betras das unterm 22. November l.-50 erlassene provisorische Bundesgesez über das Versahren bei dem Bundesgexichte .in

bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Gestüzt auf einen einläßlichen Bericht

des Bundesgerichts hat der Bundesrath den gesezgebenden Räthen die definitive Annahme dieses Gesezes vorgeschlagen,) welche. in der ordentlichen Sommersizung auch wirklich ausgesprochen wurde. ^) Hinwieder ist dem Bundesrathe der Auftrag geworden, einen Gesezentwurf über die Sporteln des Bundesgerichts, seiner Kanzlei und der vor. demselben auftretenden Anwälte zu hinterbringen. Es wurden noch die nöthigen Materialien zu einem solchen Entwurfe gesammelt; die Ausarbeitung und Berathung desselben säl.lt aber in das Jahr 1856. ^^) Das angeregte Konkordat über den Schuz des literarischen Eigenthums, dessen wir schon in den zwei.lezten Berichten erwähnten, ist noch

*) S Bnndesblatt v. J. 1855, Bd. Il, S. ..0.

**) S. eidg. Gefezsammlung, Bd. v, S. 124.

***) S. Bnudesblatt v. I. 1.^, Bd. I, S. 251-258.

Bundesblatt. Jahrg. VIII. Bd. I.

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5.^

502 immer zu keinem Abschlusse gekommen. Nachdem in einer Konferenz der Kantone unterm 15. Juli 1854 eine Redaktion sestgestellt worden war, wurde unterm 7. August daraufhin der Entwurf durch Zirkular den Kautonen mitgetheilt. Bis zum Schluß des Jahres 1855 haben folgende Kantone in nachstehendem Sinne geantwortet..

a. Zürich, Uri, Nidwalden, Glarns, Basel-Stadt, Basel^Landschaft,

Schaffhausen, Appenzell J.Rh., Graubünden, Thurgau, Waadt und^ Bern haben^ unbedingt ihren Beitritt erklärt.

b. Aargau, Luzern, Freiburg und Solothurn verlangen einzelne Abänderungen an dem Entwurfe, und schlagen neue Bestimmungen vor.

c. Obwalden hat seinen Beitritt von der Zustimmung der Majorität der Kantone abhängig gemacht.

d. Neuenburg hat erklärt, den Gegenstand der Bexathung des Großen Rathes zu untexlegen.

e. Appenzell A. Rh. und St. Gallen wollen dem Konkordate nicht beitxeten.

f. Zug, Genf, Tessin und Wallis hatten am Ende des Jahres noch nicht geantwortet.

B.

^ermaltunn..

^. ^s.iz.

^. St.^tsre^tIii^... ^er.^ltnisse.

Wir kommen hier auf die Fragen des öffentlichen Rechts, welche die Ueberwachung der allseitigen genauen Erfüllung der Bundesverfassung, der Bestimmungen von noch bestehenden Konkordaten und Bundesgefezen, so wie der Kantonsverfassungeu zum Gegenstande haben.

Die Beleuchtung dieses Theils unserer Geschäftstätigkeit führt uns auch auf Gesuche und .Beschwerden, welche wegen verschiedener Anschauung staatsrechtlicher Grundsäze, noch immer in großer Anzahl einkommen. Es kann nicht in Jhrem Willen, noch in unserer Aufgabe liegen, alle diese einzelnen Geschäfte und dexen Behandlung und Entscheidung aufzunehmen ; wir beschränken uns daher aus diejenigen Fälle , welche ein allgemeines Interesse darbieten. Dabei richten wir unser Augenmerk vorzüglich auf solche Streitfragen, in welchen bis anhin noch nicht näher erörterte Grund-.

säze zur Entscheidung kamen, oder bei analogen Verhältnissen neue Seiten sich darboten. .^luf diefe Weife wird die hohe Bundesversammlung in den Stand gesezt, den Sinn und Geist zu erkennen, in welchem die BundesForschriften gehandhabt werden , damit sie gutfiudendenfalls die nöthigen Direktionen extheilen kann. So wird nach und nach das neue schweizerische Staatsrecht immer mehr ausgebildet uud in das Leben des Volkes übergehen.

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend , können wir füglich diejenigen Geschäfte, welche bereits in den gesezgebenden Räthen behandelt wurden, bei Seite lassen oder nur vorübergehend berühren.

503 .I) Bnnde.^ersafsnng.

S o u v e r ä n e t ä t der K a n t o n e . (Art. 3 der Bundesverfassung.)

Es sind dem Bundesrathe mehrere Beschwerden in Steuersachen zugekommen, welche sich theils darüber beschwerten, daß in kantonalen. Steuergesezen Bestimmungen enthalten^ seien, die auf unrichtigen und ^ungerechten Grundsäzen beruhen, theils die Ansicht enthielten, ^daß die Niedergelassenen zu Steuern für Gemeindezweke nicht angehalten werden können.

Wir haben alle diese Beschwerden abgewiesen, weil die Gesezgebung über Staatsund Gemeindesteuern in den Bereich der Kantonalsouveränetät gehört und ein Einschreiten der Bundesgewalt nur gerechtfertigt ist, wenn Bestimm mungen der Bundesverfassung , z. B. über gleiche Behandlung der Angehörigen und Niedergelassenen, verlezt werden, oder .wenn ein Steuergesez mit den Vorschriften der Kantousverfassung in Widerspruch kommt.

Es .mag an dieser Stelle auch noch bemerkt werden, daß nachdem die hohe Bundesversammlung dieAnstände.zwifchenThuxgau und S t. G all e n, betreffend Vollziehung von Steuerforderungen, nach den Ansichten des lezteru Kantons erledigt hatten , der Bundesrath die ^bei ihm noch anhängigen gleichartigen Beschwerden im Sinne dieses Beschlusses ebenfalls als. erledigt erklärte.

G a r a n t i e von K a n t o n a l v e r f a s s u n g e n . (Art. 5 d. B. V..)

Der Bundesrath hat der Bundesversammlung vorgeschlagen, der^ theilweise revidirten Verfassungen der Kantone Tessin^) und S c h w ^ z die eidgenössische Gewährleistung zu ertheilen.^ Für die erstere wurde fie ausgesprochen;^) bezüglich. der leztern aber mit Rükficht auf mehrere . eingelangte Befchwerden eine Rükweifung an den Bundesrath zur neuen Untersuchuug und Berichterstattung beschlossen.

V e r t r ä g e zw ischen Kautonen. (Art. 7 d. B. V.)

Es ist uns ein einziger solcher Vertrag vorgelegt worden, indem die Regierung von Uri die Mitwirkung des.. Bundesrathes behufs Handhabung und Vollziehung eines zwischen den Kantonen Uxi und Schw.^z bestehenden Verkommnisses, betreffend das Rechtsverhältniß dex Urner, welche sich in der schweizerischen Gemeinde Römerstalden aushalten, verlangte. Die Anfichten giengen über die Tragweite eines Vertragsartikels aus einander.

Nach der Meinung der Rekurrentin sollen die dortigen Urnerbürger der angränzenden Gemeinde Sisikon ni.ht im V e r h ä l t n i ß der N i e d e r lafsung stehen, sobald sie erklären, daß sie dort nicht ihren bleibenden Wohnsiz nehmen wollen , oder sobald sie während irgend einem Theil des Jahres in ihrer Heimath sich aufhalten, während hingegen nach der Ansicht von Schw^z das regelmäßige Domizil entscheidend ist und das Niedexlassungsverhältniß begründet.

*^ S. Bundesblatt v. J. 1855, Band II, Seite 447 .-^8.

**) S. eidg. Gefezfammlung, Bd. V, S. 133.

504 Der Bundesrath erklärte zu einer Vollziehung des Vertrags im Sinne von Uri nicht mitwirken zu können. Er gieng dabei von folgender Ansicht aus: es müsse nach der Natur dex Sache als der Wille der Kontrahenteu betrachtet werden, daß der bleibende Wohnsi^ da angenommen werde, wo die betreffenden Personen mit ihren Familien ihren regelmäßigen und dauernden Aufenthalt haben. Auf die Erklärung der Betheiligten, d.rß fie daselbst ihren bleibenden Wohnfiz aufschlagen wollen, könne nichts ankommen, sondern es frage sich, ob sie während der Zeit, siir welche man das Rechtsverhältniß dex Niederlassung auf sie anwenden. wolle, nach den allgemeinen Rechtsbegriffen wirklich in diesem Bexhältniß gestanden haben; sonst könnten bei einex andern .Interpretation die Betheiligten entwedex mit einer ein-

fachen Erklärung, die mit dex Wirklichkeit in grellem Widerspruch stehen

könnte , oder durch eine bloße momentane Entfernung das Vertragsrecht des Kantons Schw.)z jederzeit umgehen. Der Behauptung, daß die Urnex imm.exhin so lange da bleiben dürfen, als die Bewirtschaftung der Güter es nothwendig mache, ohne deßhalb in die Kategorie der Niedergelasseneu zu gehören, könne. nicht beigepflichtet werden ; denn die Art und der Umfang der Liegenschaften könnte möglicherweise ihren beständigen Aufenthalt nothwendig machen , und gexade dadurch ihr bleibendes Domizil begründen.

Jn solchen Fällen dürfte denn aber gewiß nicht angenommen werden, daß dieser bleibende Wohnfiz darum seine rechtliche Bedeutung verliere, weil er durch die Bewerbung der Liegenschaft veranlaßt werde; vielmehr sei als Sinn des Vertrags anzuführen , daß das Verhältniß der Niederlassung dann nicht eintrete, wenn Bürger oder Einwohner von Sifikon ohne ihren .Wohnfiz dauernd zu verändern, vorübergehend und zeitweise nach Römerstalden sich begeben,. um Liegenschaften zu besorgen, die sie etwa auch dort besizen.

Selbsthilfe durch Axr.estlegung. (Art. 14 d. B. V.)

Die Regierung von S o l o t h u r n beschwerte sich gegen BafelL a n d s c h a f t in folgender Angelegenheit:

Jm April 1853 habe Jakob Schneider von Birsfelden bei dem Richter-

amt Axlesheim (Basel-Landschaft) eine Klage wegen Gewähr für ein von Urs Bargetzi, Bierbrauer in Solothurn, eingetauschtes StükVieh, gegen denselben angebracht. Die Klage des Jakob Schneider sei eine rein persönliche und betreffe die Rükerstattung eines an Bargezzi tauschweise übergebenen Füllens, oder die Bezahlung desselben in baar ; es könnte ihr nur dann ein dinglicher Ehaxakter beigelegt werden, wenn sie als Vindikationsklage gestellt würde. Jn diesem leztern Falle wäre aber der kompetente Gerichtsstand da , wo das mit der Vindikationsklage verfolgte Thier sich befunden, also in S o l o t h u r n , wo der Beklagte eingebürgert und niedergelassen sei, und als aufrechtstehender Mann sein Gewerbe treibe. Ungeachtet diese und andere Bemerkungen den Behörden von Basel^Landschaft mitgetheilt wurden, so sei doch ein Kontumazurtheil gegen Bargezzi erfolgt. Hiebei sei aber das Gericht von Arlesheim nicht stehen geblieben, sondern habe^

505 für den Betrag der Summe von liches Guthaben des Verurtheilten, den könnte, bewilligt. Abgesehen eigenmächtige Arrestlegung behufs

mächtige Selbsthilfe.

Fx. 285 den Arrest aus allfällig bewegwelches in Basel^Landschaft betroffen wervon der Jnkompetenz des Gerichts sei die Geltendmachung des Urtheils eine eigen-

Die Regierung von Basel-Landschaft erwiderte im Wesentlichen Folgendes . Der Tauschvertrag unter den Kontrahenten sei in Basel-Landschast abgeschlossen worden ,. die vongetauschte Kuh sei aber mit .........

Lungenfäule behaftet gewesen und habe deßwegeu niedergestoch n werdet müssen. sei hievon amtlich benachrichtigt worden, um sich zu erklären, ob ex das Füllen znrükerstatten oder den Schaden anderweitig ersezen wolle, widrigenfalls die Gewährsklage erfolgen würde. Jntimat habe aber einfach geantwortet, er anerkenne das basellandschaftliche Forum nicht, und die Regierung von Solothuxn habe sich nicht herbeilassen wollen, fernere Vorladungen dem zu insinuixen, und selbst das mitgetheilt Kon^

tumazurtheil habe sie einfach wieder zurükgeschikt. Mit Rükficht aus diese Thatsachen werde man die Kompetenz des Gerichts von Arlesheim nicht

bezweifeln und die Vollziehung des Urtheils inBafel-Landschaft nicht bestreiten wollen. Wenn der Verurtheilte die Arrestlegung für unbegründet hielt, so hätte er beim Gerichtspräsidenten Einsprache erheben sollen , was er aber unterlassen habe. Jn solchen Fällen könne der Schuz der Bundesbehörden nicht eher angerufen werden, al^ bis die kantonalen Mittel sich erfolglos erwiesen haben.

.^

Der Bundesrath hat die .Streitsache mit folgendem Beschluß erledigt : Jn E r w ä g u n g : 1) daß, da die Regierung von . Solothurn sich weigerte, das Urtheil des Bezirksgerichtes von Arlesheim zu vollziehen , es in der Stellung des oder der Behörden von Bafel-Landschaft lag, auf Grundlage der Art. 14, 49 und 90, Ziffer 2 dex Bundesverfassung, die ^Entscheidung der Bundesbehörden anzurufeu; 2) daß es dagegen nicht in . der Befugniß dex Behörden von BafelLandfchaft stand, entgegen der bestimmten Vorschrift des ^ . 1 4 dex Bundesverfassung, auf dem Wege dex Selbsthilfe vorzugehen und . die Vollziehung eines Zivilurtheils gegen einen solventen Bürger von Solothurn durch Arrestlegung auf dessen Vermögen im Gebiete von Basel-Landschaft durchzuführen ; 3^ daß, da eine Beschwerde wegen Nichtvollziehung des Urtheils vom

30. Mai 1853 nieh^ vorliegt, zur ^eit auf diesen Gegenstand nicht einzutreten, sondern lediglich die Arrestbewilligung aufzuheben ist,

beschlossen: Es sei die Arrestbewilligung des Richteramtes Arlesheim aufgehoben und den Beteiligten überlassen, im Sinne dex ersten Erwägung zu verfahren.

506 V e r w e i g e r u n g und Entzug der Niederlassung und G e w e r b s -

ausübung. (Art. 41 d. B. V.)

Wen.u auch die Beschwerden über ^Verweigerung oder Entzug der Niederlassung und wegen Beschränkung der Gewerbsausübung weniger häusig mehr vorkommen, als in den ersten Jahren des Bestandes der Bundesverfassung, so sind sie doch noch immer zahlreich. Da wir schon .in mehreren.

Jahresberichten unsere Anschauuugsweise über diese Fragen aus einander gesezt haben, und weil alle eingelangten Fälle nach den Jhnen bekannten Maximen entschieden wurden, so können wir uns füglich der Anführung von speziziellen Fällen enthalten.

Freie Ausübung des Gottesdienstes. (Art. 44 d. B. V.)

Der Priester G i n e l l a in S t a b b i o beschwerte sich, daß die Regiexung von Tefsin die freie Ausübung des Gottesdienstes unterdrüke, und berief sich auf folgende Thatsachen: Die Gemeinde S t a b b i o habe ihren Pfarrer erwählt, welcher feine Pfründe angetreten, ohne vorher die kanouische Einsezung eingeholt zu haben. Die geistliche Oberbehörde habe aber den neuen Pfarrer a divinis suspendirt und später noch den Bannfluch

gegen ihn geschleudert. Nach solchen Vorgängen habe ein Theil der Ein-

wohnerschaft den kirchlichen Funktionen desselben nicht mehr beiwohnen wollen und habe^ gesucht, auf andere Weise feine religiösen Pflichten zu erfüllen. Die Regierung von Tessin dulde aber nicht , daß die Bürger von Stabbio denjenigen Gottesdienst, den ihnen ihr Gewissen vorschreibe, besuchen; sie verbiete unter allerlei Vorwänden die Feier des Gottesdienstes anderswo, als in der Pfarrkirche, und sogar an den gewöhnlichen Orten veranstaltete Gebete seien verhindert worden. Geldstrafen und Gesängniß werden gegen Bürger angewendet, die ihrer religiösen Ueberzeugung folgen; man verlange daher für die freie Ausübung des Gottesdienstes den Schuz dex Bundesbehörden.

Die Regierung von Tessin berichtete den Sachverhalt folgendermaßen : Als D. Giaeomo P e rue chi durch die Gemeinde zum Probste erwählt worden, haben der Beschwerdeführer und der Priestex Giuseppe P ex u e chi, in Verbindung mit andern Gegnern der Regierung, denselben auf alle Weise verdächtigt und namentlich eine Anzahl fanatifirter Weiber aufgehezt.

Dem Geistlichen G. Perruechi habe die Regierung alle geistlichen Uebungen, Verrichtungen und Verwaltungen in seiner Eigenschaft als geistlicher Oekonom der Pfarrei Stabbio untersagt uud die Abhaltung tumultarischer Zusammenkünste von Weibern verboten. Allein dessen ungeachtet haben die Aufreizungen fortgedauert ; die geistlichen Funktionen des neuen Probstes seien von seinen Feinden als ungültig^ verschrien und demselben sogar un^ möglich gemacht worden, seine priefterlichen Funktionen in der Pfarrkirche zu verrichten. Es sei so weit gekommen, daß andere Priester nach Stabbio haben geschikt werden müssen, was aber die Fortdauer der Aufregung nicht zu beschwichtigen vermochte. Die Thätigkeit und Frechheit der Aufreize.:

507 sei immer größer geworden; in zwei kleinen Bethäusern haben die geuannten zwei Geistlichen das Volk fanatisirt, und als diese geschlossen worden, sogar die hl. Messe unter einem Portieus, an einem ganz uufchiklicheu Orte, gelesen. Endlich habe die Regierung fich zu ernstern Maßregeln genöthigt gesehen , die kirchlichen Verrichtungen außer der Pfarrkirche untersagt und die ärgsten Ruhestörer in Untersuchung und zur Strafe ge..

zogen. Die Regiexuug von Tessin schließt ihren ^Bericht mit der Behauptung , daß die zwei Geistlichen und der von ihnen verführte und geleitete Theil der Bevölkerung die freie Ausübung des durch die Staatsgeseze au.erkannten Gottesdienstes gestört und zu verhindern gesucht, und so die Maßnahmen nothwendig .gemacht haben , welche zur Unterdrükung der groben Unordnungen in der Gemeinde . S t a b b i o beschlossen worden seien. Der .Bundesrath hat, so weit die Sache seiner Prüfung unterliegen konnte, in E r w ä g u n g : .1) daß die Beschwerde des Priesters A. Ginella dahin geht, es habe die Regierung von Tessin durch verschiedene Maßregeln dem ^. 44 der Bundesverfassung zuwider gehandelt, welcher die freie Ausübung des Gottesdienstes den anerkannten christlichen Konfessionen nu ganzen Umfang der Eidgenossenschaft gewährleistet ; 2) daß die von der Regierung getroffenen Anordnungen we.der die Abficht, noch den Eharakter an fich tragen , die ordnungsgemäße Verrichtung gottesdienstlichex Handlungen zu hindern, was namentlich daraus hervorgeht, daß die zu solchen Funktionen bestimmte Kirche stetsfort und ungehindert zur Verfügung der Ortsgeistlichen stand;.

3) daß durch die Verrichtung gottesdienstlicher Handlungen an ganz ungewohnten Orten , und unter den obwaltenden Umständen, erwiesenermaßen Aufregung unter di.. Bevölkerung von S t a b b i o gebracht wurden welche zu verschiedenen unordentlichen Austritten führte; 4) daß es nicht nur in der Befugniß, sondern sogar in der Pflicht eiuex

Regierung liegt, die gefezliche Ordnung zu handhaben, und fie da-

her berechtigt ist, alle Handlungen zu untersagen, welche geeignet sind, .Aufreizung und Unordnung unter .die Bürger zu bringen, mögeu dieselben unter was immer für einem Vorwande unternommen werden,

b e schl o s s e n : ^

.

Es sei die Beschwerde des Priesters Antonio G in ella hierorts vou der Hand gewiesen.

P r e ß g e s e z e . (Art. 45 d. B. V.)

Gestüzt auf eine Mittheilung des Polizeidepaxtements von Solothuxu, vornach über die Presse nur die ^. 1393 --1403 des dortigen Zivil.esezbuches in Kraft bestehen, hatte der Buudesrath diesem Gesez die Ge.ehmigung ertheilt. Als es fich aber ergeben, daß jene Mittheilung irrig ^ax und daß in Solothuru noch ein Preßgesez vom 13. Juni 183^

.^

508 wenigstens theilweife in Kraft besteht , so wurde dasselbe näher geprüft und beschlossen: es sei auch dieses Preßgesez, in so weit es uoch in Kraft befiehl und nicht durch das solothurnische Zivilgesez modifizirt wurde, genehmigt.

. G l.e i ch h e i t v o x d e m G e s e z e. (Axt. 48 d. B. V.)

^ Adolf Adam Jneicheu vou Reichenfee, Kantons Luzern, beschwerte fich i.. folgendex Weise. gegen die Regierung von Luzern..

Am 13. Jänner 1849 habe er sich mit Wilhelmine Seiler vo:^ Lenzburg, protestantischer Konfession, verehelicht, und er selbst sei im Jah^ 1854 vom Katholizismus zum Protestantismus übergetreten. Die beiden Ehegatten, welche in gegenseitiger Uebereinstimmung ihre Ehe trennen lassen wollten,..

haben fich an das Sittengericht von Bern, ihrem wirklichen Aufenthalts^ ort, gewendet und von demselben den Aeees zum Ehefcheidungsprozeß erhalten. Das Zivilgesez des Kantons Luzeru, welchem die Eheleute kraft des Konkordats vom 21. Juli 1821 unterworfen seien, seze fest: die förmliche Ehescheidung wird nach bisheriger Uebung von der geistlichen Behörde ausgesprochen und dex .^. 51 des luzernischeu Gesezes sage, daß die bürgerlichen Gerichte nur über Klagen auf Scheidung von Tisch und Bett und auf Gütertrennung erkennen können. Eine Petition, welche bei dex luzernifchen Behörde um die Delegation , welche im Konkordate vorgesehen sei, nachgesucht habe, sei von der Regierung von Luzern, gestüzt auf die oben erwähnten Bestimmungen des bürgerlichen Gesezbuches, abgewiesen worden. Nach dieser Entscheiduug halte Rekurrent dafür, daß es keine Behörde gebe, welche berechtigt wäre, über den vorliegenden Fall zu entscheiden, weil: a. das bischöfliche Kommissariat inkompetent sei, die Ehe von Pxotestanten zu trennen; b. die bürgerlichen Gerichte eben so wenig Kompetenz haben, eine ganzliche Ehescheidung auszusprechen, und c. eine ^protestantische geistliche Behörde mit dem Attribut der Eheschei...

dung in Luzern gar nicht existire.

Da aber jene Bestimmungen des luzernerischen Gesezbuches im Widerfpruch seien mit dem Geiste der Bundesverfassung, uuter anderm nament-

lich mit den durch die Art. 4, 44 und 48 gewährleisteten Grundsäzen,

so schließt der Beschwerdeführer mit dem Begehren, daß dex Bundesrath den in Frage liegenden Fall von sich aus den bernerischen Gerichten überweife oder eventuell die nöthigen Maßnahmen treffe, daß das Zivilgefez des Kantons Luzern mit den Vorschriften der Bundesverfassung in Uebexeinstimmung gebracht werde.

Die Regierung von Luzern erwiderte, daß nach dortigen Gesezen ^ie Jurisdiktion in Scheidungsklagen nicht dem Regierungsrathe, sondern, wenn es sich um förmliche Ehescheidung handle, der geistlichen Behörde^ und nur wenn eine einfache Absonderung dex Ehegatten wegen Mißhand-.

lung oder andexn erheblichen Ursachen in Frage stehe, auch den bürgexlichen Gexichten zustehe. Wenn es fich um eine Delegation oder Ueber-

.^

509 weisuug dieser Jurisdiktion an einen andern Richter, nämlich den. des Wohnortes, handle, das dahexige Gesuch,^ falls es gänzliche Scheidung bezweke, au das bischöfliche Kommissariat, falls es aber nur einfache Absonderung nachsuche, an das Bezirksgericht von Hizkirch zu stellen sei.

Der Bundesrath hat^diese Beschwexde abgewiesen, und hiebei folgende Momente in Betxacht gezogen.

^ iu E r w ä g u n g e 1) daß die Beschwerde des Rekuxxenten wegen Ungleichheit vor dem Geseze nicht begründet ist^, indem

.. der .^. 50 des luzernischen Gesezes nicht auf gänzliche Scheidung einer ursprünglich gültigen Ehe, sondern nux auf die Jurisdiktion über die Gültigkeit und Ungültigkeit einer Ehe bezogen werden kann, da der katholischen Behörde, von der hier die Rede ist, nach dem kanonischen Rechte die Befugniß einer solchen Scheidung nicht zu-

steht;

^

b. nach .^ 51 dieses Gesezes alle Luzernerbürger, ohne Rüksicht auf die Konfession, beim Vorhandensein der gleichen ^Bedingungen die Absonderung oder Temporalscheidung durch die Gerichte erhalten können ; 2) daß sonach in Bezug auf Ehescheidung keine Ungleichheit vor dem ^Geseze vorhanden ist, indem nach dem luzernifchen Rechte Katholiken und Protestanten von der gänzlichen Scheidung ausgeschlossen , da-

gegen zur Tempoxalscheidung befugt find;

3) daß daher den Bundesbehörden in dieser Beziehung keine Jntervention zusteht, indem es nicht in die Kompetenz des Bundes fällt, den Kantonen das materielle Recht in ihrer Zivilgesezgebung vorzuschreiben ; 4) daß die Berufung auf Art. 44 der Bundesverfassung eben so wenig Stich hält, indem weder freie Ausübung des Kultus, noch Handhabung der öffentlichen Ordnung uud des Friedens unter den Konfessionen in Frage steht, und indem die Behauptung des Rekurrenten, daß der Uebertritt zur protestantischen Religion in Luzern die Entziehung des

Rechtes auf gänzliche Scheidung zur Folge ..habe, nach Erwägung 1)

. nicht richtig ist, da dieses .Recht auch für Katholiken nicht existirt; 5) daf^ endlich auch die Berufung aus Art. 48 der Bundesverfassung unstatthaft ist, weil derselbe fich nur auf den Gegensaz von Kantonsbürgern und Kantonsfremden bezieht, der im vorliegenden Fall gar nicht in Frage kommt, da dex Rekurrent Bürger des Kantons Luzern ist.

Uxtheilsvollziehung. (Art. 49 d. B. V.)

Die Gemeinde Hergisw^l, Bestzerin der Nidwaldneralpen ,,Strenzenloch und Hörndli.. , welche nux von der luzernerischen Alp ,,Bründlen^

leicht zugänglich sind, erwirkte beim W. W. Rath in Stanz ein Provo-

kationsurtheil, welches dem J. S tarder, Eigentümer von Bxündlen, behufs

510 rechtlicher .Geltendmachung feiner Ansprüche auf das Aezungsxecht der erstgenannten Weiden, einen Termin von. 4 Wochen festfezte, woran fich aber Stalder im mindesten nicht kehrte. Durch Vermittlung der Regierung vou.

Nidwalden richtete die Gemeinde Hergiswyl an die Regierung von Luzeru das Gesuch, dem Provokationsuxtheil in dem Sinne Vollzug zu verschaffen, daß Staldex angehalten werde, sich in Betreff der bereits stattgefundenen Nuz.nießung diefex Weiden, mit dex Gemeinde abzufinden und sich der ferneru Nuznießung bis nach Erledigung dex Sache zu enthalten. Die Regierung von Nidwalden stüzte ihre Ansicht im Wesentlichen auf solgende Anschauungsweise : Die dortigen Behörden seien kompetent, in Sachen ein Provocationsurtheil zu erlassen, welches eben so rechtskräftig sei, wie ein nach einläßlicher Verhandlung erfolgtes Hau^turtheil , denn nach dortigen Gesezen werden.

Fataltermiue von de^n Regierungs- und Wochenrathe erlassen, welche ganz gleiche materielle Bedeutung haben; ein Provokationsurtheil in Nidwaldeu besize ganz gleiche Rechtskrast wie ein Hauptuxtheil, und somit müsse dex ^. 49 der Bundesverfassung seine Anwendung finden, ob ein solehes Urtheil von einem Gerichte oder einer Vollziehungsbehörde ausgehe. Schließlich weist Nidwalden noch darauf hin , daß Staldex von dortigem Gebiete aus nicht wol an der Benuzung diesem Weiden gehindert werden könne, sondern hiefüx die Mitwirkung Luzerns in Anspruch genommen werden müsse.

Luzexn entgegnete . Die SchlußnahmedesW. W.Rathesvom23.August

1853 salle als Verfügung einer Admini.^tivbehörde nicht in den Bereich

des Art. 49 der Bundesverfassung, und zudem würde die Vollziehung einex das Eigenthums- oder Nuzungsrecht der in Frage liegenden Weiden betreffenden Schlußnahme ganz und ausschließlich in der Macht der Behörden von Nidwalden liegen.

Der Bundesrath ist den Ansichten von Lu z ex n beigetreten, um so mehr, weil die Verfassung von Nidwalden alle zivilrechtlichen Fragen, mit Ausnahme der Zivilprozeßxevisionen, den Gerichten zuweist und die vorliegende Frage offenbar rein zivilrechtlichex Natur ist.

Gerichtsstand. (Art. 50 .... B. V.)

Die Regierung von S o l o t h u r n suchte die Dazwischenkunft des Bundesrathes gegen die Behörden vou Freiburg nach. Jhre Anbringen enthielten im Wesentlichen folgende Momente : Die Vormundschaftsbehörde von S c h u o t t w ^ l habe seit einigen Jahren einen Rechtsakt, d. d. 2. Mai 18.^1., ausgefertigt von Notar Faßnacht in Murten, und lautend auf Fr. 2536 gegen Johann Friedrich Stadtmann und Johann Schneider zu Obermettlen . im Kontext zu Gunsten des Benedikt Eberhardt ausgestellt, in Verwahrung gehabt. Jn Folge beigefügter Nachtragsbescheinigung fei aber der Akt zu Gunsten des Benedikt Eberhardt und seiner sämmtlichen Geschwister, von denen mehrere noch minderjährig, umgeändert worden.

Am 13. Mai 18.^4 sei in Folge ausgekündigtex Katasterbereinigung dieser Reversbrief dem Hypothekarkontroleur Antou

511 Sissert in Angstorf., behufs Erfüllung der gesezlichen Formalitäten in Bezug auf die durch erwähnte Vertreibung belasteten Liegenschaft, zugestellt worden.

Auf Betreiben des Bene...ikt Eberhardt sei auf den dem Herrn Siffert anvertrauten Titel Arrest gelegt .und hierauf die Gemeinde Schnottwr^l, fo wie der Notar Faßnacht von dem Gericht des. Sensebezirkes vorgeladen worden, um der durch das Rechtsbegehren des Klägers Eberh^.rdt veranlaßt^ Gerichtsverhandlung ^ beizuwohnen , dahin gehend , daß die Nachtragsbescheinigung aus erwähntem Titel nichtig und die Forderung als alleiniges

Eigentum des Klägers erklärt werde. Da die (gemeinde ^icht schuldig

zu sein glaubte, dieser Vorladung Folge zu leisten , fo habe das Gericht ein Kontumazuxtheil gegen sie zu Gunsten des Benedikt Eberhardt aus-

gefällt.

Auf diese Anbringen gestüzt, verlangte Solothurn die Nichtigkeitser-

klärung dieses Spruchs, weil ex von einem inkompetenten Gerichte und mit Verlezung des Art. 50 der Bundesverfassung erlassen worden sei.

Nachdem die Regierung von F r e i b u r g in ihrer Antwort durch erhebliche Thatfachen nachgewiesen hatte, daß der Nachtrag im fraglichen Reversakt null und nichtig sei , bespricht fie die Frage des Gerichtsstandes also :.

Solothurn berufe sich im gegebenen Falle mit Unrecht auf den Art. 50^ der Bundesverfassung , indem die Bestimmungen desselben nur bei gexichtlicher Betreibung, Pfändung oder Arreftnahme auf das ^Vermögen anderer Schweizerbürger, in F^lge persönlicher Schulden, in Anwendung gebracht werden können. Hier handle es sich aber nicht um eine Beschlagnahme, die in Folge persönlicher Forderung von einem Gläubiger gegen einen außex^ dem Kanton. niedergelassenen Schuldner vorgenommen worden sei, sondern um einen für die Sicherheit und gesezliche Vollziehung eines Eigenthumsrechtes ausgewirkten Arrest.

Ein solcher Arrest sei aber eine einfache provisorifche Verfügung zu dem einzigen. Behufe, den statut quo zu erhalten, deren Wirkungen aufhören, sobald ein Urtheil in der Hauptsache gefällt sei. Benedikt Eberhardt habe die Gemeinde Schnottw.^l von dem Geschehenen in Kenntniß gesezt; dieselbe habe aber durch ihr Stillschweigen die Kompetenz der freiburgifchen ..Gerichte anerkannt. Auf die Ansicht der rekurrirenden Gemeinde, wenn diese behaupte., daß das Nichtigkeitsbege.hren^ vor den folothurnifchen Gerichten hätte eingeleitet werden sollen, könne nicht eingetreten werden , denn der Art. 50 der Bundesverfassung spreche nur von persönlichen Forderungen, während bei dinglichen Klagen, durch welche das Eigenthum eines beweglichen oder unbeweglichen Gutes vindizirt werde, die kantonalen Gesetzgebungen ihre Anwendung finden.

Ueber diesen Kompetenzkonslikt haben

wir,

in Erwägung :

1) daß die Klage des Benedikt Eberhardt die Frage zum Gegenstande hat, ob die am Fuße des Rever^briefes vom 2. Mai 1851 eingetragene Erklärung des Notars Faßnacht ungültig sei und in Folge dessen der Reversbrief selbst dem Kläger Eberhardt gehöre oder nicht..

512 2) daß dieselbe also nicht eine persönliche Schuldklage ist , füx welche dex Axt. 50 der Bundesverfassung den Gerichtsstand des Wohnsizes des Schuldners gaxantirt , sondern vielmehr eine Nichtigkeits - und Vindikationsklage, für welche, je nach d..n Bestimmungen der betreffenden Kantonalgesezgebung auch der Gerichtsstand des Ortes dex Erxichtung des Aktes oder dex gelegenen Sache gelten kann, wobei die Kantone in ihrer Souveränetät nur in fofern beschränkt find , als fie die Schwei^erbürge^ nicht ungünstiger behandeln dürfen, als ihre

eigenen Angehörigen ;

3) daß somit durch das im Kanton Freiburg gegen die Vormundschaftbehöxde Schnottw^l stattgefundene gerichtliche Verfahren die Bestimmungen dex Bundesverfassung nicht verlezt wurden, um so weniger als die Gemeinde Schnottw^l von der Klage und dem Rechtstage zugestandenermaßen in Kenntniß gesezt wurde, sie also in der Möglichkeit war, ihre Rechte vor den Gerichten geltend zu machen, beschlossen: Die Beschwerde der Regierung von Solothuru sei nicht begründet.

2.

Konkordate.

a.

Klasse mit Fr. 1404 ^kollozixt. Ein solothurnischer verlustiger Gläubiger hatte unterm 19. August 1854 seine Forderung an Heinrich Rüefli in Lengnau abgetreten. Dieser erwirkte sofort am 21. gleichen Monats beim Richteramt Büren ei^en Arrest auf ein Fuhrwerk und dessen Ladung, welches von Biezwvl nach dem Kanton Neuenburg geführt werden sollte, und zu diesem Zwek den Kanton Bern transitiren mußte. Dieses Fuhrwerk wurde auf offener Straße in Büren angehalten und dann die Arrestnahme ausgeführt.

Die Eheleute Fink suchten hierauf, jedoch fruchtlos, die Aufhebung des Arrestes auf ^gerichtlichem Wege zu erwirken, sich darauf beruhend: a. daß die arrestixten Sachen nicht ^igenthum des Fink , sondern seiner Ehefrau und Kinder seien; h. eventuell , daß eine Arrestnahme gegen einen Konkursen, gemäß des Konkordats vom 8. Juli 1818, nur zu Gunsten der gesammteu Schulden^asfe zuläßig sei , in welchem Falle die Frau Fink erstverlustige Gläubigexin wäre und also aus den arrestirten Gegen^ ständen bezahlt werden müßte.

Die Regierung von Sol^thurn brachte die Sache vor den Bundesxath und begründete die oben angeführten Rechtsmomente näher.

Wix entheben derselben nur folgendes Raisonnement .^ Das Richteramt Büren habe den Art. 3 des zitirten Konkordats dahin ausgelegt, es habe derselbe nur auf die Zwischenzeit, vom Ausbruch bis zur Beendigung des Falliments Geltung. Dieses sei aber eine unrichtige Auslegung einer deutlichen Vorfchrift, die von der interpxetirten Beschränkung nichts wisse ; das Konkordat

513 bestimme ausdrüklich , daß zwischen den konkordireuden Kautonen Arreste auf Fahxhabe gegen Falliten nur zu Gunsten der ganzen Schuldenmasse zuläßig seien.

Die Regierung von Bern machte gegen diese Rechtserscheinung folgende Einwendung. Die angerufene Bestimmung des Konkordats habe nur zum Zwek , daß beim Ausbruche eines Konkurses , namentlich über Falliten, die an der Gränze wohnen und Vermögen in mehreren Kantonen bestzen, das sämmtliche Vermögen durch die Liquidationsbehörde zur Masse gezogen und unter die sämmtlichen Gläubiger vertheilt werden könne, um unmöglich zu machen, daß einzelne Gläubiger^ sich durch eine besondere Arrestuahme Bezahlung verschaffen, während andere besser Berechtigte verlustig würden.

Sollte indessen diese Bestimmung wirklich auch aus das später erworbene Vermögen des Falliten Bezug haben , so fei sie doch offenbar durch deu Art. 50 der Bundesverfassung modifizirt worden, indem ^hier ausdrüklich ein solcher Arrest nur gegen einen aufrecht stehenden Schuldner als unzuläßig erklärt werde, während Fink kein solcher sei.

Man möge übrigens in materieller Beziehung die Sache ansehen wie man wolle, so werde in sormeller Hinsicht darauf aufmerksam gemacht, daß weun die Eheleute Fink fich durch die Arrestbestätigung vexlezt glaubten, fie die gesezlich vorgeschriebenen Rechtsmittel hätten ergreifen sollen, um

das Urtheil durch eine Nichtigkeitsklage bei der einzig dazu kompetenten Behörde, nämlich dem Appellations- und Kassationshofe, anfechten zu lassen, es sei zwar Appellation eingelegt worden , allein , da dieses Rechtsmittel uicht das geeignete gewesen, so bleibe ihnen das Forum verschlossen.

Hierüber hat nun dex Bundesrath, in E r w ä g u n g ^

1) daß die in Frage stehende Arrestlegung uugültig ist, es mögen die Gegenstände der Frau Fink oder dem Konkursiten selbst zugehört haben, weil im erstern Falle eine persönliche Ansprache an die Frau Fink nach Art. 50 de^ Bundesverfassung nur beim Richter ihres Wohnorts geltend gemacht werden konnte, und weil unter der zweiten Voraussezung, wenn die verarrestirten Sachen in das Eigenthum des Konkurfiten gehörten, nach ^. 3 des Konkordats vom 15. Juni 1804,

bestätiget der.. 18. Juli 1818 --- welchem Bern und Solothuxn bei- ^

getreten sind - nach ausgebrochenem Falliment kein Arrest auf bewegliches Eigenthum des Falliten anders als zu Gunsten der ganzen Schuldenmasse gelegt werdeu darf, 2) daß wenn die hier bloß zu Gunsten eines Verlustigen stattgehabte Arrestlegung dadurch gerechtfertigt werden will, es habe die angeführte Bestimmung nur die Ausdehnung, daß bloß beim Ausbrueh eines Konkurses das sämmtliche Vermögen durch die Liquidationsbehöxde zur Masse gezogen und gehörig unter di^ sämmtlichen Gläubiger vertheilt werden müsse, dieses offenbar unrichtig ist, weil, so lange die Gläubiger aus der Konkursmasse ^ nicht befriedigt find , die Rechte

514 derselben unter sich und gegen den Schuldner die gleichen bleiben, s^ daß nicht der eine Gläubiger zum Nachtheil des andern sich durch eigenmächtige Handlungen in ein günstigeres Verhältuiß sezen kann ; 3) daß der^ allegirte ^. 3 des Konkordats durch den Art. 50 der Bundesverfasfung keineswegs aufgehoben ist, indem dieser leztere ebenfalls nur das willkürliche Rechtsuchen verhindern will, und somit beide Be- .

stimmungen gar wol neben einander bestehen können ; 4) daß, wenn die stattgehabte Arrestlegung nach bestimmten bundesrechtlichen Vorschriften unstatthaft erscheint,. dieselbe vom Bundesrathe in Anwendung des Art. 90, Ziffer 2 der Bundesverfassung zu jeder Zeit ...

aufgehoben werden kann und muß ; 5) daß es daher nicht darauf ankommen kann, ob bereits im Kanton

die nach der dortigen Gesezgebung zuständigen Rechtsmittel erschöpft

oder dem Betreffenden^ wegen Benuzung unrichtiger Rechtsmittel das Forum verschlossen worden sei, sondern einzig zu untersuchen ist, ob Geseze und Beschlüsse des Bundes oder Vorschriften eidgenössischer Konkordate verlezt worden seien, und wenn dieses der Fall ist, der Bundesrath in jedem Stadium des Rechtsge.chästes befugt ist, einzuschreiten und widerstreitende Beschlüsse aufzuheben, beschlossen:.

die vom Richteramt Büren zu Guusten des Rüefli ertheilte Bewil-

ligung und Bestätigung des Arrestes vom 21. August und 12. Oktober l854 sei, als unbefugt erlassen, aufgehoben erklärt.

b. Die Regierung von Aargau führte Beschwerde gegen das Zivilgericht in Basel, im Wesentlichen folgenden Jnhalts: Auf Requisition des Bezirksamts Baden wurde der eines betrügerischeu Geldstags verdächtige, dort wohnhaft gewesene, abex verschwundene Goldschmied B e r t f c h i , aus dem Kanton Zürich, in Bafel verhaftet und an die^Untersuchungsbehörde in Baden ausgeliefert. Allein die Effekten desselben , bestehend in vier Kisten und zwei Paketen , blieben in .Basel zurük und wurden auf Reklamation des gedachten Bezirksamtes nicht ver-

abfolgt, sondern das Zivilgericht Basel machte einfach die Anzeige, daß

ein dortiger Gläubiger des Bertschi jene Effekten mit Beschlag belegt, und daß das reklamirende Bezirksamt gegen die Arrestnahme binnen

I4 Tagen allfällige Einwendungen geltend zu machen ^habe. Das Zivil-

gericht Basel rechtfertigte sein Verfahren im weitern damit , daß die Esfekten nicht zugleich mit B e r t s c h i in Basel angelangt und daß dieselben uach der Behauptung des Arrestnehmers L e i m b a c h e r nicht Eigenthum des Rudolf B e r t s c h i , sondern seines in Amerika befindlichen Bruders seien, gegen welchen der Arrestimpetrant Rechte geltend zu machen habe. Unter Berufung auf den Art. 6 des Bundesgesezes über Auslieferung von Verbrechern, ferner auf den Art. 3 und .^ des Konkordats vom 15. Juni 1804 und den Art. l des Konkordats vom 7. Juni 1810, stellte Aargau das Begehren, es seien die mit Arrest belegten Effekten an das Bezirksamt Baden auszuliefern.

515 Die Regierung von Basel rechtfertigte das dortseits eingehaltene Verfahren in weiterer Ausführung der oben angedeuteten Gründe.

Der ^Bundesrath erließ folgenden motivixten Bescheid: Jn E r w ä g u n g : 1) daß die aargauischen Behörden ans einem doppelten ^Gesichtspunkte die .in Frage liegenden Vermögensgegennände reklamiren, einerseits als Eigenthum des Konkursiten Rudolf Bertschi, welches in dessen offene Konkursmasse gehöre, und andererseits mit ^üksicht auf den Art. 6 des Bundesgesezes über .Auslieferung von Verbrechern, welcher vorschreibe, daß mit dem Angeschuldigten alte bei ihm vorgefundenen Wahrzeichen, so wie die noch vorhandenen Objekte des Verbrechens, auszuliefern seien ; 2) daß bezüglich. des ersten Gesichtspunktes das angerufene Konkordat vom 15. Juni 1804 allerdings vorschreibt, daß nach ausgebrochenem Falliment keine Arreste aus bewegliches Eigenthum des Falliten anders als zu Gunsten der ganzen Schuldenmasse gelegt werden können; ^3) daß aber im vorliegenden Falle das genannte Konkordat feine Anwendung nicht findet, indem das Eigenthum des R. B e x t s c h i an diesen Effekten ^stritten wird, . welche Eventualität der ^. .. des Konkordats vom 7. Juni 1810 vorgesehen hat, indem er bestimmt, daß wenn der Fall eintrete, daß .bei solchen Effekten, die in einem andern Kanton, als in jenem, dem dex Fallit angehört, liegen, entweder das Eigenthum oder die Hypothek oder das Pfandrecht an denselben von der Fallimentsmasse in Streit gezogen würde, diese gehalten sei , ihre behaupteten Rechte vor dem kompetenten Richter desjenigen Kantons geltend zu ma.^en , in welchem die Effekten sich befinden ; 4) daß daher die Weigerung der Regierung von Basel , resp. des dortigen Zivilgerichts , nach dem Rechtsverhältnisse entstanden , welche der sofortigen Ablieferung der aufgefundenen Aktiven an die Konkursmasse des R. B e r t s c h i .hindernd entgegenstehen, begründet erscheint, indem die zitirte Konkordatsvoxschrift bestimmt vexlangt, da.ß die Konkursmasse vor dem Richter in Basel Recht zu nehmen hat; 5) daß die Reklamation Aargau's, gestüzt auf das Bundesgefez über die Auslieferung von Verbrechern, unter den obwaltenden Umständen nicht begründet erscheint, indem die Effekten nicht auf ^Rudolf B e r t s c h i gefunden wurden, sondern in dritter Hand lagen; 6) daß, wie sich übrigens von selbst
versteht, das Zivilgericht von Basel nur in sofern kompetent ist, über die Objekte des Arrestes definitiv zu verfügen, als der Arrest^Jrnpetrant L e i m b a c h e r nachweist, daß sie Eigenthum des Heinrich B e r t s c h i in Amerika seien, nicht aber um

den Rudolf Bextschi als Kreditoren des R. Bertschi zu befriedigen,

welches leztere vielmehr nur Sache des Konkursrichtexs sein kann, beschlossen: Es sei das Zivilgericht in Basel kompetent, im Sinne der Erwägung 6 das Axrestvexfahren zu erledigen.

516 c. Die Regierung von Zürich übersandte eine Beschwerde der Frau Louise W e b e r ^ R o h r , in Wezikon, gegen die aaxgauischen Gerichte.

Der Hauptinhalt^ ist folgender^ Jm Konkurs ihres Mannes vindizirte Frau W e b e r Liegenschaften und Fahrhabe, welche fie ihm in die Ehe gebracht hatte, und die noch in natura vorhanden waren. Jn Anwendung des in Leuzburg geltenden Rechtes, nach welchem das Vermögen der Frau Eigenthum des Ehemannes .wird , haben die Gerichte verfügt , daß die fraglichen Objekte in die Konkursmasse ihres Mannes gehören. Die Petentin macht nuu folgende rechtliche Momente geltend.

1) Nach alteidgenössifchem Rechte unterliegen Statusverhältnisse, wohin auch das eheliche Guterrecht gezählt werden muß, der heimathlicheu Gesezgebung ; 2) dieser Grundfaz ist durch ein Konkordat übex Erbrechtsverhältnisse vom 15. Juli 1822 ein interkantonaler Rechtsgxundsaz geworden; 3) die aargauische Gesezgebung huldigt selbst dem unter Nr. 1 erwähnten Grundsaze ; 4) das zürcherische Recht erstrekt seine Wirksamkeit in dieser Hinsicht über die Gränzen des Kantons hinaus, indem die Bestimmungen über das Güterrecht der Ehegatten der leztern überallhin folgen; da^ hex stand Petentin unter z ü x c h e r i s c h e m und nicht aargauischem Rechte, nach welch' .ersterm die streitigen Gegenstände ihr Eigenthum bleiben ..

5) durch Art. 48 der Bnndesverfassnng und Art. 6, ......mma 2 der Uebergangsbestimmungen ist das Konkordat über das Konkursrecht in Fallimentsfällen vom 15. Juni 1804 aufgehoben; 6) da das aargauische Konkursgefez dem Eigentümer das Recht der Vindikation im Konkurs gibt und dieses Recht der Petentin nicht gestattet wurde , so liegt darin eine Verlezung des Art. 48 der Bundesverfassung.

Die Behauptuug der aargauischeu Behörden , daß keine ungleiche Behandlung eintrete, weil die in Lenzburg verbürgerten Ehefrauen ebenfalls keine Vindikation zukomme, hält nicht Stich.

Denn nach dem Rechte in Lenzburg wird der Ehemann Eigenthümer des Vermögens der Frau und die leztere Kreditorin; daher versteht es sich von selbst und ist nur Durchführung des Grundsazes im Konkursrecht, daß die Frau nicht vindizixen kann. Bei diesex innern Verschiedenheit der be.den Rechte ist daher keine Gleichheit möglich, und eine Gleichstellung der zürcherifchen Ehefrau mit der aargauischeu ist daher eine Ungleichheit. Es
muß also dex Vergleichungspunkt, ob eine kantonssremde schweizerische Ehesrau gleich den Aargauerbürgern gehalten werde, darin gesucht werden, wie das aargauische Gesez in Geldstagen diejenigen Aargauex behandle, welche Vindikationsansprüche auf Objekte der Masse haben. Da das aargauifche Gesez diese gestattet, so erfordert der Art^ 48 der Bundesverfassung, daß man der niedergelassenen Zürcherin auch gestatte, ihr Eigenthum aus der Masse zu vindiziren. Dieses ist um so klarer, als auch nach

517 dem in Lenzburg geltenden Güterrechte das Eigenthum an gewissen Sachen, z. B. Kleidern, Kleinodien u. s. w. der Ehefrau .verbleibt und ihr daher in so weit auch die Vindikation zusteht. Das Konkurs^esez schafft nicht neue Rechte, z. B. Bestimmungen über die^ ehelichen Gütervexhältnisse , sondern es sagt nur, wie bestehende Rechte zu liquidixen seien ; das aargauische Konkursgesez hat ferner keiue .allgemeine Bestimmung der Art, daß einer Frau im Geldstag des Mannes keinerlei Vindikationsansprüche zustehen; vielmehr wurde so ^eben das Gegentheil gezeigt, sondern es bestimmt einfach den Rang, welchen die Frau im Konkurse einnimmt, in sofern sie K r e d i t o x i n ist..

^Ran kann daher nicht mit dem aargauifchen Konkursgefez , als auf dem Territorialrechte beruhend, fechten; denn der Kern der Frage ist immer der, ob die im Aargau niedergelassene Zürcherin hinsichtlich ihrer ehelichen Güterrechte nach z ü r c h e x i s c h e m oder a^argauischeni Rechte zu behandeln sei.

Die Regierung von Aargau , welcher die beiden Rechtsschriften zu^ gestellt worden waren, sprach fich darüber in folgendem Sinne aus..

Es muß verneint werden, daß eine Verlezung von Konkordaten vorliege.

Das aargauische Obergericht gründete fich auf folgende Motive: Das Territorial..

prinzip, wonach die Gerichtsbarkeit fich auf alle im Kanton befindlichen Personen und Sachen erstrekt, findet nur Ausnahmen da, wo die Geseze selbst solche ausstellen. Dieses ist hier nicht .nur nicht d.^.r Fall , sondern das Konkordat über die Konkurse bestätigt gerade diefes Prinzip. Es sollen hienach bei Konkursen alle Schweizer in verpfändeten und lausenden Schulden , in privilegirten und allgemeinen Klassen nach gleichen Rechten behandelt werden, und zwar nach den Gesezen des Kantons, wo das Fal^ liment ausbricht. Das aargauische Gantrecht kennt aber keine Vindikation^ des Vermögens der Ehefrau, sondern nur eine privilegirte Stellung derselben im Konkurse. Das Konkordat vom 15. Juli 1822 bezieht sich nur

auf Testirungsfähigkeit und Erbrechts^verhältnisse. Hätte es in der Absicht

der konkordirenden ^Stände gelegen , die hier vorliegenden Verhältnisse unter dieses Konkordat zu bringen, so hätten sie .das frühere Konkordat über die Fallimente modifiziren oder aufheben müssen. Man kann daher jenes offenbar nicht ans dieses anwenden. Es wäre vielmehr die Anwendung des erftern eine Verlezung des leztern. Wie der Verfasser der Beschwerdeschrift der Frau Weber zu der Behauptung kommt, das Konknrskonkordat sei durch Art. 48 der Bundesverfassung aufgehoben , ist nicht einzusehen..

Vielmehr ist im Konkordat über Konkurse gerade das Prinzip festgestellt, welches der Art. 48 generalifirt , nämlich das der Gleichberechtigung der Schweizerbüxger. Von einer Aushebung des Konkordats könute uux dann die Rede sein, wenn entweder dasselbe mit der Bundesverfassung im Widerspruche stünde, oder wenn dessen Jnhalt Gegenstand der Bundesgesezgebung geworden wäre. Niemand wird aber das Eine oder Andere behaupten wollen.

Daher wird die Beschwerde abzuweisen sein.

^undesb^.. Jahrg. v..^. ^. I.

56

518 Nach Erwägung der Ansichten der Parteien hat der Bundesrath besunden/daß die aargauifchen Gerichte uicht von Bundes wegen angehalten.

werden können, in vorliegender Sache die zürchexischen Geseze anzuwenden, und zwax aus folgenden Motiven : . Es bedarf wol vor allem keiner Begxündung, daß die Jurisdiktion in jedem Lande die^ Anwendung der Landesgeseze zur Regel hat und die Anwendung sxemder Geseze die Ausnahme bildet, welche durch Staatsvertxäge, .Bundesvvrschriften oder durch jene Landesgeseze selbst autorifirt sein muß.

Jene Regel wird nicht nur durch die aargauischen Geseze ausgesprochen, sondern sie ist für die Anwendung.

des Konkursrechtes durch das Konkordat vom ^15. Juni 1804 als gemeinsames^ Prinzip der konkordirenden ^Stände aufgestellt. Ohne Grund behauptet die Rekurrentin, dieses Konkordat sei .aufgehoben und nicht mehr iu Kraft; denn es steht weder im Widerspruch mit Bundesvorschriften,.

uoch ist sein Jnhalt Gegenstand der Bundesgesezgebung geworden , auch wird es überall von den konkordirenden Ständen angewendet, so viel zu unfexex Kenntniß gelangt ist.

Was nun den Jnhalt betrifft, so bezieht es sich ^offenbar nicht bloß .auf die äußern Formen , wie die Ansprüche.

geltend zu machen seien, sondern auf das materielle Konkursrecht; denn.

.die Fragen, ob Pfandrecht und Privilegien der Ansprecher vorhanden seien oder nicht, und wie sie demnach zu kolloziren seien, ist gewiß eben so sehr von materieller Bedeutung , als die Frage, ob jemand Eigenthum an den Objekten der Masse habe und somit in die Klasse der Vindikanten aufzu^ Nehmen sei. Daß dieses der Sinn des Konkordats fei, liegt auch iu der Natur der Sache und iu der notwendigen Einheit der bei einer Konkursliquidation anzuwendenden Rechtsgrundsäze ; denn es läßt sich gar nicht denken, wie eine und dieselbe Konkursmasse nach ganz verschiedenen, je nach den heimatlichen Gesezen der Vindikanten liquidirt werden könne, ohne daß zahlreiche Kollisionen und Ungerechtigkeiten daraus hervorgehen würden.

Auf Grundlage dieses Konkordats konnten und mußten also die aargauischen Gerichte die Vindikatiou der Rekurrentin abweisen, wenn nicht für den Spezialfall die Anwendung eines. andern Rechtes ausnahmsweise sich rechtfertigte. Lezteres wird nun freilich von der Rekurxentin behauptet, und zwar aus folgenden Gründen: 1) ,,Nach alteidgenössischem
Rechte unterliegen Statusverhältnisse den Gesezen. des Heimathkantons. ^ Dagegen muß jedoch erinnert werden, einerseits, daß Vermögensrechte, wohin auch die Güterrechte der Ehe. gatten gehören, nicht zu den Status^erhältnissen gezählt werden können, und andererseits, daß jene^ Berufung auf alteidgenöffisches Recht nichts anderes bedeuten kann , als : üb^r die Anwendung des Rechts bei Statusverhältnissen herrschte in einem großen Theile der Schweig

dasselbe privatrechtliche Prinzip. Hieraus läßt sich jedoch auf die interkantonale und staatsrechtliche Verpflichtung. kein sicherer Schluß ziehen.

2) ,,Das Konkordat vom 15. Juli 1822 begründe die Anwendung der heimatlichen Geseze auch für Ehevexkommnisse , mithin für das ge-.

519 sammte Güterrecht der Ehegatten.^ Diesen Gesichtspunkt unterstüzte auch die Regierung von Zürich , indem sie überdieß noch auf das Konkordat vom 6. Juli 1821 über Behandlung der Ehescheidungsfäile hinweist. Wir können jedoch aus folgenden Gründen dieser Ansicht nicht beitreten.

^ ^

a. Der ganze Wortinhalt des Konkordats vom 15. Juli 1822 bezieht sich ausdrüklich nur auf erbxechtliche Verhältnisse. Titel und Ein-

.

.

h.

.^.

gang zeigen klar, daß die Kantone nur über solche Verhältnisse ein Konkordat schließen wollten. Nach Ausführung der Hauptgrundsäze und unmittelbar .nach Erwähnung der Eheverträge heißt es dann : Jn Folge obigen Grundsazes (der mithin auch die Eheverträge umfaßt) hat bei sich ergebenden Exbftreitigkeiten der Richter des Heimathkantons zu entscheiden. Es können daher unter den hier erwähnten Eheverkommnisfen nur die Erbverträge der Ehegatten oder Brautleute gemeint sein, eine beschränkende Auslegung, die um fo eher abnehmen ist, als man weiß, daß die Regulirung der Sueeessionsve.rhältnisse in der Regel den wesentlichen und sehx oft den ganzen Jnhalt der sogenannten Eheverkommnisfe bildet.

Auch abgesehen von dem klaren Wortinhalt wäre der Schluß zu gewagt, daß man den Ausdruk Eh e v e r k o m m n i s s e auf das ganze Güterrecht der Ehegatten beziehen und die Grundsäze des Konkordats darauf Anwenden könne. Der ganz vorherrschende Gedanke, ein Konkordat über die Anwendung des Erbrechts des Heimathkantons eines Niedergelassenen abzuschließen , läßt jene ..Annahme nicht auskommen ; denn es ist einleuchtend, daß hier ganz andere Rüksichten maßgebend fein mußten , al^ beim Konkursrecht und einem Konkordate darüber, oder als bei verschiedenen andern Fragen ans dem ehelichen Güterrechte.

Es läßt sich eben so wenig annehmen , daß ein so wichtiges und umfassendes Konkordat, w.ie das über die Fallimente, in einer seiner wesentlichsten Beziehung ganz stillschweigend von den konkordirendeu Ständen sei ausgehoben oder modisizirt worden; und doch wäre dieses der Fall, wenn das spätere Konkordat vom 15. Juli 1822 auf die sämmtlichen Güt.^rrechte der Ehegatten bezogen werden müßte , indem sonst ein durchgreifender Widerspruch hervorträte.

d. Endlich kann. dem Konkordate vom (... Juli 1821 über die Be-

handlung von Ehescheidungsfällen aus den nämlichen Gründen nicht eine extensive Auslegung gegeben werden, welche weit über feinen bestimmten Wortlaut hinausgienge.

Die Eingehung, wie die Trennung der Ehe , betrifft ein ganz persönliches Rechtsverhältniß. Daß dann bei der Ehescheidung der nämliche Richter auch über die ökonomischen Folgen und die Entfchädigungsfragen sich ausspricht, liegt in der Natur der Sache; aber die Bestimmungen über das Forum und die Geseze über das gesamrnte Gütexrecht der Ehegatten während der Ehe auszudehnen , könnte in nichts seine

.Rechtsertigung finden.

520 3) Endlich behauptet die Rekurrentin noch , durch Anwendung der aar...

gauischen Geseze werde der Art. 48 der Bundesverfassung verlezt.

Jn der Begründung dieser Ansicht geht sie aber wieder von der Voraussezung aus, daß das Erbrechtskonkoxdat vom 15. Juli 1822 maß^

gebend fei; und da nun bereits gezeigt wurde, daß dieses nicht statthaft sei , so wird es nicht nöthig , weiter auf diese Argumentation einzutreten. Wir finden vielmehr, daß das Konkordat über die Fallimente den Prinzipien des Art. 48 vollkommen entspreche. Wäre übrigens das Erbrechtskonkoxdat vom 15. Juli 1822 in vorliegendem Falle verlezt worden, so würde.dieses zum Rechtsbehelf der Rekurrentin

vollständig genügen, ohne daß sie nöthig hätte, auch den Art. 48

der Bundesverfassung anzurufen , und es ist mithin eine weitere Erörterung dieses Momentes ganz überflüssig.

3.

B und e s g e f e z e.

Ueber die Auslegung und Anwendung von zwei Bundesgesezen war unsere Behörde mehrmals im Fall, Entscheidungen zu erlassen. Es ist dieses das Gesez über ^gemischte Ehen und dasjenige über Auslieferung von Verbrechern oder Angeschuldigten.

G e m i s c h t e Ehen.

Wir haben bereits in frühern Jahresberichten Jhnen zur Kenntniß gebracht, in welchem Sinn und Geist wir dieses Bundesgesez handhaben.

Wir beschränken uns daher auf die Auseinandexsezung eines einzigen Falls, der von besonderer Bedeutung ist.

Anton Helbling, Küfer, von Rieden, Kanton St. Gallen, katholischer Religion, wollte sich mit A. E. Fitzi, deren srüherer Ehema.nn, wenn gleich von ihr geschieden, noch am Leben war, vexhei..

rathen. Die Ortsbehöxde und auch die Regierung verweigerten die .Bewilligung, und zwar aus dem einzigen Grunde, weil nach den Grundsäzen der katholischen Kirche ein Katholik eine von ihrem noch lebenden Ehegatten geschiedene oder auch gänzlich getrennte Protestantin nicht ehelichen kann, und weil es nicht rathfam erscheine, zu solchen, vor. der Kirche verbotenen Ehen von weltlicher Behörde aus Bewilligung zu ertheilen. Jm Kanton St. Gallen, sagt die Regierung weiter , besorgt nach Art. 22 der Verfassung jede Religionspartei gesondert ihre matrimoniellen Angelegenheiten und sezt die kirchlichen Bedingungen fest, unter welchen eine Ehe gültig eingegangen werden kann. Die konfessionellen Statuten stehen unter dem Schuze des Staates, indem die Verfassung nach Art. 8 die freie Ausübung beider Glaubensbekenntnisse sichert. Die Unauflösbarst des Ehebandes ist bekanntlich ein Dogma der katholischen Kirche , und sie verbietet ihren Konfefsionsangehörigen die Ehelichung einer geschiedenen Person , deren Ehemann noch am Leben ist. Helbling gehört der katholischen Religion an, u.ad in matrimoniellen Angelegenheiten richtet sich das Forum nach dem Glaubensbekenntniß des Mannes. Auch die neueste Verordnung über Ein-

52l segnungen vom Jahr 1853 enthält diese Bestimmung, und hiemit waren von jeher beide Religionsparteien einverstanden. Jm Uebrigen sind die gemischten Ehen nicht verboten , sondern ausdrüklich durch die Verfassung gewährleistet ; auch die katholische Kirche verbietet sie nicht , sondern mißräth fie nur.

Der Rekurrent hingegen beruft sich auf ^as Bundesgesez über ge.nischte Ehen, und macht im Wesentlichen solgende Anbringen: a. Die evangelische Kirche erklärt, daß die Ehe ihrer Glaubensgenossen vollständig aufgelöst werden könne.

b. Die Bundesverfassung hat diese Kirche und damit deren Jnstitutionen, Geseze und Rechte garantirà Da laut protestantischem Rechte eine protestantische Ehe durch Scheidung völlig aufgelöst werden kann, so hat der Staat auch eine solche getrennte Ehe bürgerlich als vollkommen aufgelöst zu betrachten, und diese Kirche hat das Recht, eine solche Anerkennung zu verlangen.

c. Dem gegenüber steht nun der katholischen Kirche kein Recht zu, eine von kompetenter Behörde aufgelöste protestantische Ehe als fortbestehend zu erklären. Beide christlichen Konfessionen stehen vor. dem Geseze

gleich. Die Eingehung und Auflösung ist Sache der konfessionelle.. Ge-

xichtsbarkeit, und keine Kirche darf in die Gerichtsbarkeit der andern übergreifen; die Sprüche der beidfeitigen Matrimonialgerichte müssen daher unbedingt so anerkannt werden , wie die kompetente Gerichtsbehörde der betreffenden Konfession sie erlassen hat.

Der Staat kann nur auf diese Weife , was die Ehe betrifft , beiden Kirchen das gleiche Recht und den gleichen Schuz angedeihen lassen. Räumte man der einen Kirche das Recht ein, ihre Lehren und Grundsätze auf Jnstitutionen der andern Kirche auzuwenden und geltend zu machen , so wäre die Garantie , welche man derselben ertheilt hat, übertreten und damit die Suprematie der einen Kirche anerkannt. Der Entscheid der Regierung von St. Gallen ist auch deu Bestimmungen der Art. 4 und 48 der Bundesverfassung zuwider.

Bei Prüfung dieser Angelegenheit haben wir in Erwägung gezogen ..

1) daß nach Art. t des Bundesgesezes über gemischte Ehen die Eingehung einer solchen in keinem Kanton aus dem Grunde verhindert werden darf, weil die Brautleute verschiedenen Konfessionen angehören ; 2) daß die rechtliche Stellung der Brautleute von dem Standpunkt derjenigen Konfefsion aus beurtheilt werden muß, welchem sie angehört, woraus im vorliegenden Falle folgt, daß die.Braut durch keine andere rechtsgültig bestehende Ehe gebunden, sondern zur Eingehung einer neuen Ehe als vollkommen befugt anzusehen ist ; .3) daß dennoch die Ehe nur aus dem Grunde verweigert wird, weil .

der Verlobte einer andern Konfession angehört, deren kirchliche Grundfäze aus die rechtliche Stellung der Braut angewendet werden wollen, was nach Art. 1 des erwähnten Bundesgesezes nicht zuläßig ist ;

522 4) daß fexner nach Art. 3 dieses Bundesgesezes die Bewilligung zux Kopulation ausgestellt werden soll, wenn gegen eine folche Ehe keine gesezlichen Hindernisse vorhanden sind ; 5) daß nun dieser Fall wirklich vorhanden ist, indem . .

a. die im St. G.r.lische.. Gesez vom 22. Juni 1820 enthaltenen Ehe-

hind^rnisse hier nicht zutreffen; h. auch keine andern Geseze vorhanden find, welche die Eingehung von Ehen aus dem vorgesehüzten Grunde verbieten, vielmehr aus den Akten hervorgeht, daß solche Ehen wirklich geschlossen werden, wenn es in der Konvenienz der Ortsbehörden liegt, ihre Zustimmung zu ertheilen.

Dex Rekurs wurde für begründet ^erklärt, und daher die Regierung

von St. Gallen eingeladen, die fragliche Ehe zu bewilligen.

G e s e z über A u s l i e f e r u n g v o n A u g e k l a g t e n .

a. Durch Beschluß der thurgauischen Anklagekammer vom 4. Hornung 1855 wurde Fürsprech G r ü b l e r von und in W^l, Kantons St. Gallen, wegen Betrug und Wucher an das dortige Geschwornengericht gewiesen.

Grübler, der die Voruntersuchung bei den thurgauischen Behörden bestanden, aber auf freiem Fuße belassen worden war, protestate gegen die Kompetenz der thurgauifchen Gerichte, erklärte sich aber übrigens bereit, vor seinem natürlichen Richter des Heimath- und Wohnortes, unter dessen Gesezen und auf dessen Boden alle jene Handlungen, deren ex angeschuldigt fei, vollzogen wurden, Rede und Antwort zu stehen.

Die Regierung von St. Gallen unterftüzte den Angeklagten, und eine zwischen beiden Regierungen geführte Korrespondenz sühxte zu keiner Ausgleichung der Ansichten, so daß die Sache vor den Bundesrath gelangte.

Die Regierung von .Thurgau stellt sich aus folgenden Standpunkt..

Es stehe dem dortigen Geschwornengericht aus Grund , daß das Hauptverbrechen im Kanton Thurgau seine Vollendung erreicht, daß die Damnifikaten Angehörige ihres Kantons seien, so wie mit Rüksicht auf die obwaltende materielle Konnexität beider Anklagen, welche die höchste strafprozessualischeZwekmäßigkeit, ja fast Notwendigkeit eines ungeteilten Verfahrens erheische, unbedingt die Beurtheilung des Angeklagten Grübler zu. Eiu Anslieferungsbegehren habe sie^ nicht zu stellen. ^ Wenn Grübler auf die angelegte Eitation nicht erscheine, so könne einfach der Fall der Betretung abgewartet oder das Kontumazialverfahren eingeleitet werden. .

Die Regierung von St. Gallen hinwieder hält folgende Ansicht sest :

Bevor der gerichtlichen Verhandlung gegen Grübler durch die jenseitigen Behörden weiterer Fortgang zu gestatten sei , habe die thurgauische Regiexung die Auslieserung bei ihr nachzusuchen, und es habe, wenn dieselbe

verweigert und der Fall St. Gallischer Seits selbst in gesezliche Behandlung

gezogen werden wolle , jede weitere Verhandlung durch die thurgauischeu .Behörden zu unterbleiben.

523 Es würde uns zu weit führen, wenn wir den Begründungen beider Regierungen auch nur in den Hauptgefichtspunkten folgen wollten. Uebrigens

.mag noch bemerkt werden, daß die St. Gallische Gesezgebung den Begriff .des Wuchers viel . enger zieht, als die thurgauischen Strafgeseze.

Ueber diesen Kompetenzkonflikt haben wir Folgendes in Betracht gezogen:.

^ .

.

^ . ^ .

J n Ex w ä g u n g ^

1) daß der Art. .1 des Bundesgesezes über die Auslieserung von Verbxechern oder Angeschuldigten den Grundsaz. aufstellt. daß jeder Kantou dem andern gegenüber verpflichtet sei, die Verhaftung ^ und Auslieferung ^derjenigen Personen zu gewähren, welche ^wegen eines der im Geseze bezeichneten Verbrechens (Vergehens) gerichtlich verfolgt werden ; .

2) daß durch diese Bestimmung in .erster Linie der Gerichtsstand des begangenen Verbrechens (foruni . delicti coInniissi) ^als allgemein gültig aufgestellt wird, was daraus hervorgeht, daß in dex Regel nur d.erjenige Kanton die Strafverfolgung einleitet , in dessen Gebiet das Verbrechen begangen worden ist; 3) daß aber im Weitern festgesezt wird,^ daß der angesuchte Kanton die Auslieferung von bei ihm eingebürgerten oder niedergelasseneu Personen verweigern kann, wenn er sieh verpflichtet, dieselben nach seinen Gesezen zu beurtheilen und zu bestrafen; 4) daß durch diese leztere Bestimmung der Gerichtsstand des Wohnortes (forum domicilii) nicht nur als kompetentes Foxum sestgestellt wird, sondern auch die Erstberechtigung hat, sofern die Regierung ^die vorgeschriebene Verpflichtung übernimmt; 5) daß ans dem Gesagten und insbesondere noch aus den Bestimmungen der Artikel 8 und 9 1eg. cit. hervorgeht , daß wenn ein Angeklagter bekanntermaßen in^ dem Heimaths- oder Niederlassungskanton sich aufhält, von Seite des ftrafverfolgenden Kantons zuerst ein Auslieferungsgefuch an die betreffende Regierung zu stellen ist, ehe weitere Requifitionsmittel in Anwendung kommen sollen ; 6) daß im vorliegenden Falle für das Hauptverbrechen der Gerichtsstand des Wohnortes und für d...s nebenbei eingeklagte Wuchervergehen der Gerichtsstand des Wohnsizes und der begangenen That im Kantou St. Gallen ist, und somit das Begehren der dortigen Regierung als.

vollkommen begründet erscheint, b esch l o f s e n : 1) Die Regierung des Kantons Thurgau . habe , bevor der gerichtlicher^ Verhandlung gegen Grübler durch die dortseitigen Behörden weiterer Fortgang gegeben werde, die Auslieferung des. Angeschuldigten bei dex Regierung von St. Gallen nachzusuchen.

524 2) Sofern die Regierung von St. Gallen die Verpflichtung übernimmt.

den Stxaffall gegen Grübler selbst in gesezliche Behandlung zu ziehen,

so stehe ihr zu , die Auslieferung zu verweigern , wonach denn jede weitexe Verhandlung durch die thurgauifchen Behörden zu unterbleiben hätte.

^ .

Außer den angeführten Erwägungen schienen uns die von St. Galleu aufgestellten Rechtsanfichten mehr dem Sinn und Geist des neuen schweizerischen Staatsrechtes zu entsprechen.

b. Die Polizeidixektion von Zug ließ einen Joseph G ex z n er, von Küß.nacht/ Kantons ^Schw^z, aber meistens ohne bestimmten Aufenthalt, wegeu Betrug im allgemeinen Signalementbuch ausschreiben. Die Polizei von Solothuxn axxetirte den Ausgeschriebenen und ließ ihn sammt der auf ihm gefundenen Baaxschaft von mehreren ^hundert Franken an die reklamirende.

Behörde abführen. Auf dem Durchpaß in Aarau wurde die Baaxschaft auf Anordnung der dortigen Behörden zurükbehalten, dafür eine Quittung dem Txansportbefehl beigelegt und der Arrestant ohne das Geld der Zuger'fcheu Polizei zugeführt. Auf dieses Vermögen des Gerzner wurden von zwei ^Seiten Ansprüche erhoben. Zuerst glaubte der aargauische Fiskus, der gelegte Arrest sei gerechtfertigt, weil Gerzner dortseits des gesezwidrigeu Hausirens mit Kirschwasser beklagt , auf öffentliche Vorladung nicht erschienen sei und für die bevorstehende Geldstrafe dessen Vermögen zu haften habe ^ später traten Privaten mit Forderungen auf und machten geltend, Gerzner habe kein festes Domizil, und so dürfe sein Vermögeu, wo solches immex betroffen werde, mit Arrest belegt werden.

Die Regierung von Zug beschwerte sich beim Bundesrath über dieses Verfahren. Die Regierung von Aargau. wurde angewiesen, die mit Arrest belegte Baarfchaft an die Behörden. des Kantons Zug abzuliefern.

. Die Erwägungen zu diesem Beschlusse lauteten:

1^ Daß nach Maßgabe des Art. 14 des Bundesgesezes vom 24. Juli 1852 die dazwischenliegenden Kantone verpflichtet sind, den Transport der Ausgelieferten durch ihr Gebiet zu gestatten , und daß der Art. .^ desselben Gesezes verlangt, daß alle bei den Jnkulpaten vorgefundenen

Wahrzeichen, z. B. gestohlene Sachen, gleichzeitig mit den Angeschuldigten ausgeliefert werden sollen ; 2) daß die ausliefernde Behörde des Kantons Solothurn zugleich die Ablieferung der auf dem Angefchuldigten vorgefundenen Effekten an^ ordnete, worüber im Transportbesehl eine Aufnahme stattgefunden hat, und es den dazwischen liegenden Kantonen nicht zusteht, zu entscheiden , ob die abgenommenen Effekten zu den Effekten des Verbrechens gehören oder nicht ; 3) daß eine Beschlagnahme solcher Effekten auf dem Durchtr..nsport, besonders znm Zweke der Sicherstellung von Schuld^ oder Geldsorderungen eines zwischenliegenden Kantons oder auch von Privaten, um so weniger zuläßig erscheint, als nach der buudesgesezlich vor-

525 geschxiebenen und vollzogenen Abnahme der auf Gerzuer gefundenen Gelder die Behörde von Zug Rechte daraus erlangt hat, die ihr nicht ^ durch einen Arrest entzogen werden können; 4) daß es übrigens jedem Gläubiger unbenommen bleibt, seine Forderung . an Gerzner entweder vox den Gerichten des Kantons Zug geltend zu machen,^ wenn er den Beweis führt, daß Gerzner keinen festen Wohnfiz habe oder zahlungsunfähig sei, oder aber vor der zuständigen Stelle jedes andern Kautons, in welchem der Schuldner gesezliches Domizil hat und wo er als zahlungsfähig anzusehen ist.

Der Bundesrath ist von der Regierung von Neuenbuxg auch angegangen worden, seine Anficht über die Auslegung des Art. 6, Lemma 2 des Ausliefernngsgesezes mitzutheilen. Wir haben diesem Wunsche, wie schon öfters ähnlichen Begehren, unter den Jhnen bekannten Restriktionen entsprochen.

Die Antwort lautete: Nach dex Ansicht des Bundesrathes bezwekt diese Bestimmung nur die rein zivilrechtlicheu Fragen zu entscheiden, welche bei dex Zurüksorderung einer gestohlenen Sache von dem dritten Befizer Entstehen können.

Mau muß sich daher vor allem aus hüten, diesen Artikel nicht auf Verhältnisse anzuwenden, die demselben fremd find und Streitfragen damit entscheiden zu wollen, die durch diesen Artikel nicht entschieden werden. Unter diesen

Artikel gehören namentlich nicht folgende Fälle:

1) Wenn dex Besizer dex gestohlenen Sache sich nach der strafrechtlichen Prozedur als Gehilfe odex Begünstiger qualifizirt , so ist die Rekla-

mation des Objekts nicht durch eine Zivilklage (Vindikation) nach .Art. 6, Lemma 2 zu bewerkstelligen, fondern es kann in Anwendung des Art. 4, Lemma 2 und Art. 6, Lemmas 1 die Auslieferung der Person und der Sache verlangt werden.

^ 2) Angenommen, der Befizer der gestohlenen Sache sei Besizex in gutem Glauben und nicht Diebshehler, und es handle sieh^arum, von dex gestohlenen Sache bloß im Jnteresse der strafrechtlichen Untersuchung Kenntniß zu nehmen, so ist auch hier nicht der Art. 6, Absaz 2 maßgebend. Denn in diesem Artikel handelt es sich um eine definitive Zurükgabe an den Eigenthümer aus einem zivilxechtlichen Grunde , in dem erwähnten Falle hingegen um eine vorübergehende Benuzung dex Sache durch den^Untexsuchungs- oder Strafrichtex, und die Pflicht

des Besizers zur Vorweisung des Objekts ist nicht eine zivilrechtliche, sondern es ist die Pflicht des Bürgers gegenüber dem Staate , in strafrechtlichen Untersuchungen den Behörden das Ausfinden der Wahr-

heit möglich zu machen ; sie ist gleich der Verpflichtung, ein Zeugniß

abzulegen. Jn solchen Fällen ist daher auf dem Wege der amtlichen Requisition zu verfahren und die Behörde des Domizils des Besizers.

zu ersuchen, entweder eine genaue Beschreibung des Objektes, oder wenn nöthig, das leztere selbst zum Zwek vorübergehender Einsicht

526 mitzutheilen,^ unter dem Versprechen der Rükgabe. Wir glauben annehmen zu dürfen, daß in solchen Fällen und in dieser Weife immer entsprochen würde.

Der Art. 6,. Abfaz 2 bezieht fich ^ also nur auf den Fall , daß der Eigentümer einer gestohlenen Sache dieselbe von dem dritten, im Kriminalprozeß nicht betheiligten Befizer .zurülsordert, und der leztere die Zuxükgabe verweigert. Hier muß der Eigenthümer allerdings die Vindikationsklage anstellen und ^ex muß , wie bei jeder Klage dieser Art , folgende Punkte, in so weit fie streitig find, .beweisen, nämlich : a.^ den Bestz der Sache von Seite des Beklagten,

h. die Jdentität der Sache, c. sein Eigentumsrecht.

.

^

Diese Beweise wird der Kläger in der Regel mit der Kriminalpro-^ zedur führen können, oder diese wird ihm den Beweis wenigstens sehx erleichtern. Hat er seinen Klagegxnnd hergestellt , so muß ihm der Richter die gestohleue Sache zufpre^en, und zwar ohne Kosten , d. h. der Kläger muß dem Beklagten nicht etwa den Betrag ersezen, der der leztere vielleicht in. Folge Kaufes für die Sache bezahlt hat, und ebenso .soll der Kläger die Prozeßkosten nicht zu tragen haben.

4. K a n t o n s v e r f a s s u n g e n .

Thalamman und Rath des Bezirks Ursern führten gegen einen Beschluß des Landrathes von Uri Beschwerde, durch welchen untersagt wurde, im Bezirke die Jagd auf Hochgewild vor der gesezlich bestimmten Zeit zu eröffnen. Die Beschwerdeführer machten geltend , daß die Bestimmungen des allgemeinen Jagdgesezes für Ursern nicht verbindlich seien; das Jagdrecht sei dem Kanton weder durch die alte, noch durch die neue Verfassung als Hoheitsrecht vorbehalten worden; vielmehr sei dasselbe ein durch die Verfassung sanktionirtes Eigenthum des Bezirks Urfern. Auf welche Weise dieses Eigenthum benuzt werden wolle, sei Sache des Berechtigten, d. h.

des Bezirks U r s e r n , und keine Staatsgewalt dürfe das alte Munizipal-

gesez des Bezirks, betreffend die Jagd aus Hochgewild, oh.ne ihren Willeu ändern. Die Rekurrenten beriefen fich aus die .^. 23 und 85 der Verfassung des Kantons Uri.^ Die Regierung erwiderte. Schon seit mehr als hundert Jahxeu bestehen die im Wesentlichen jezt noch gültigen Bestimmungen über die Dauer der Jagdzeit; und alsim^Jahr 1820 die Revision der offiziellen Gesezsammlung stattfand , wurde das Jag^gesez von der Kantonsgemeinde unter diejenigen , die für den ganzen Kanton Gültigkeit haben , in diese Sammlung aufgenommen. Urfern erhob keine Einwendung .dagegen und regt sich erst jezt, als dem Gesez eine bessere Handhabung werden sollte.

Die alte und neue Verfassung erklärt : Die oberste souveräne Gewalt steht der Landsgemeinde zu ; von ihr geht die Gesezgebung aus.

Das Recht, Geseze zu erlassen, steht also außer Zweifel, uur find Eingriffe in die.

527 Privatrechte vorbehalten. Der Bezirk Ursern ist aber nicht im Falle, eineu privatrechtlichen Erwerbstitel für das Jagdrecht .nachzuweiseu; im Gegentheil erklärt derfelbe in seinem Rekurse selbst, daß er das Gewild in seinen Alpen nicht als . Korporatiousgut bezeichne. Es kann alfo das .Jagdrecht keineswegs als Pertinenz des dortigen Gxundbesizes betrachtet werden, und somit fällt die Ausübung desselben unter die Erwerbsarten des allgemeineu Zivilrechts, weiche zu regeln und zu bestimmen, Sache der Gesezgebung ist.

Es ist daher einleuchtend, daß die oberste Landesbehörde das .Recht befizt, fragliches Gesez für den ganzen Kanton zu .exlasfen. Es wird kein unabhängiger Bezirk Uri oder Ursern anerkannt; beide stehen unter dergleichen Territorialhoheit und Gesezgebung. Was das von den Rekurrenten angerufene Munizipalgesez betrifft/ so ist uns von demselben nichts bekannt, und es wird ein solches in keinem Falle als zu Recht bestehend anerkanut.

Die Beschwerde wurde, als nicht begründet, abgewiesen.

Unzweifelhaft ist die Befugniß, Geseze und Verordnungen über die Jagdpolizei zu erlassen, ein Ausfluß der Landeshoheit, und daher Gegenstand der ^allgemeinen Landesgesezgebung , und zwar auch dann., wenn einzelne Gemeinden oder Personen ein auf privatrechtlichen Gründen beruhendes ausschließliches Jagdrecht in einem gewissen Gebiete nachzuweisen vermöchten,.

indem solche Privatrechte jene hoheitliche Befugniß, durch polizeiliche Geseze für die Erhaltung des Gewildes zu sorgen, keineswegs. ausschließen würden. Es wurde daher das Jagdgefez von Uri von der Landsgemeinde erlassen und unter die allgemeinen Landesgeseze aufgenommen. Ein abweichendes ^techtsverhältniß weiß der Bezirksrath von Ursexn auch nicht auszuweisen ; denn der angerufene Art. 23 ^dex Verfassung bezieht sich lediglich auf Korporationsgüter, und .der Art. 85 hat offenbar nur die Aufficht über die Handhabung der Geseze und keineswegs die Gefezgebung selbst zum Gegenstande , zumal ausdrüklich die Berichterstattung an die Regierung und das Einschreiten derselben vorbehalten ist.

Landesver rathspr ozeß.

Dieser schon seit dem Jahr 1848 andauernde Prozeß hat seine Erledigung in so weit gefunden, . daß das Obergericht von Luzern denselben als vertagt erklärt hat, bis sich die la^desabwefenden Angeschuldigten vor Gericht stellen. Da wir d^as am 31. Ehristmonat eingekommene Urtheil an die Bundesversammlung zur nähern Kenntnißnahme überwiesen haben, so können wir uns füglich jeder weitern Mittheilung enthalten.

,

h. Mitwirkung zur B u ü d e s r e c h t s p f l e g e .

Wir befolgen bei dieser Abtheilung im Wesentlichen den gleichen Gaug wie er schon in den zwei. lezten Jahresberichten eingehalten wurde.

Der Generalanwalt , dessen speziellem Bericht die nachstehenden Anführungen.

meistens enthoben find, wurde im Anfange dieses Jahres wieder auf eine neue Amtsperiode für die Jahre 1855--1857 gewählt.

528 V e r b r e c h e n und V e r g e h e n .

Schon im lezten Jahresberichte haben wir der Gewalttätigkeiten und bezüglichen Handlungen erwähnt, die im Oktober 1854 an verschiedenen Oxten des Kantons Tessin bei Anlaß der Nationalrathswahlen stattgefunden hatten. Nach Anleitung des Bundesstrafgefezbuches wurden vier Prozesse eingeleitet, und zwar 1) betreffend die Wahlstörungen in Agno.

Acht Personen waren in Anklagezustand versezt und der Prozeß zur Beurtheilung der Jur.... des IV. eidgenössischen Geschwornengexichts überwiesen ; 2) über die Wahlstörungen in Giubiaseo.

Jn diesem Prozesse wurden gegen 40 Personen der Anklagezustand erkennt und die Beurtheilung an die nämliche Jur^ gewiesen; 3) anbelangend die im Bezirke L o e a r n o stattgefundenen Unordnungen, und 4) über die im Wahlkreis O n s e r n o n e vorgekommenen Fälschungen.

Die zwei ledern sehr weitläufigen Prozesse waren noch im Stadium der Voruntersuchung, als die Bundesversammlung unterm 25. Juli 1855 auf den bezüglichen, auf politische Gründe sich stüzenden Bericht des Bnndesrathes die Niederschlagung aller vier Prozesse beschloß.^) Weitere Fälle hinsichtlich Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung und innere Sicherheit der Eidgenossenschaft find iu diesem Jahre nicht vorgekommen.

Jm Allgemeinen findet sich der Bundesrath zu keinen Bemerkungen uber die Bundesstrafrechtspflege vor der eidgenössischen Anklagekammer und den Assisen veranlaßt ; alles gieng seinen gesezlichen , ordentlichen Gang.

Das eidgenössische Strafverfahren bewährt sich , ungeachtet der durch die geringe Zahl der Fälle für die einzelnen Prozesse entstehenden großen Kosten, als durchaus praktifch.

Verschiedene Vergehen.

Ueber die Falschwerbungen wird in der spätern Abtheilung ,,Polizei^ gesprochen werden. Telegraphenbeschädigung ist uns keine zur Kenntniß gebracht worden.. Wir wollen hiemit aber keineswegs behaupten, daß iu einzelnen Kantonen nicht solche vorgekommen seien. Dagegen übermachte die Staatsanwaltschaft von Basel^Landschaft die gerichtlich..polizeilichen Voruntersuchungsakten über einen Straffali gegen Samuel Tschudi, Bahnwärtex von Lausen, welcher der Beschädigung und Gefährdung eines Eisenbahnzuges beschuldigt wurde, wodurch der Zentralbahn ein Schaden von Fr. 1013 erwuchs. Der Bundesrath hat auf Antrag des Generalanwaltes den Fall nach
.^lr^. 74 des Bnndesstrafrechtes an da^ basel^landschaftliche Forum zur Beurtheilung . gewiesen. Der Angeklagte wurde wegen fahrläßiger Beschädigung des Eisenbahnzuges nach Art. 67 des Bundesstrafrechts zu zwei Monaten Gesängniß, 100 Franken Geldbuße und zum Schadenerfaz verurtheilt.

*) S. eidg. Gefezfammlung, Bd. V, S. 170.

529 g e m e i n e V e r b r e c h e n u n d V e r g e h e n v o n e i d g e n ö s s i s c h e n Bea m te n und A n g e s t e l l t e n .

Das Gesez über das Bnndesstrasrecht bestimmt , daß gemeine Verbrechen, welche von Beamten und Angestellten des Bundes in ihrer amtWichen Stellung verübt wurden, nach den Gesezen und von den Behörden ^des Kantons, in welchem das Verbrechen stattgefunden hat, zu beurtheilen ^seien. Jn den vorgekommenen Fällen hat sich der Bundesrath streng in seiner durch das Gesez angewiesenen Stellung gehalten. Der schwerste Fall betraf die Unterschlagung von Postgeldern durch den Kommis T r i t t e n auf dem Postbüreau in Bern. Am 25. Juli 1855 wurde Tritten ^durch die bernischen Assisen zu 4 Jahren Zuchthaus, Schadenersaz der unterschlagenen Summe von Fr. 9108 an die eidgenössische Postverwaltung und zur Bezahlung der Kosten an den bernischen Fiskus veruxtheilt.

Fiskalische B u n d e s x e c h t s p f l e g e .

Auch in diesem Zweige der Bundesxechtspflege walten noch immer in gxößerm oder geringerm Maße die schon in fxühern Berichten bezeichneten Uebelstände. Wir .verweisen dießfalls auf die Jahresberichte des Generalanwalts für die Jahre 1854 und 1855. Eine bereits entworfene Veroxdnung des Bundesrathes , um Einheit .in das einleitende Verfahren zu bringen, wird zwar für die Zukunft manches besser regeln, weil jeder Beamte dann weiß, wie er sich zu verhalten und welchen Weg ex einzu-

schlagen hat. Allein damit werden nicht alle Uebelstände beseitigt; das erforderliche Zusammenwirken von Bundes- und Kantonalbehörden in BeHandlung von Straffällen wird noch vieles zu wünschen übrig lassen.

Zollübertretungen.

Der Genexalanwalt hatte sich während dem Laufe des Jahres mit 19 mehr oder weniger bedeutenden Fällen zu befassen, wovon 3 bereits im Jahr 1854 begonnen hatten.

Dem eidgenössischen Handels- und Zolldepartement gab er 21 Rechts..

gutachteu ein, nämlich 12 über administrative Bußentfcheide und Einleitungen .^um Progresse, 6 über Anstände von Rechtsmitteln, wie Appellation, Kassation u. s. w. und 3 über gemischte Rechtsfragen, die, wenn auch in Verbindung mit Zollübertretungen, doch nicht bnndessiskalischex Natur waren. Ferner wurden in Zollsachen vom Generalanwalt 9 Klagen bei kantonalen Gerichtsbehörden, jedoch nur eine Kasfationsbeschwer.de bei dem eidgenössische Kassationsgerichte eingegeben.

V e r l e z u n g e n des P o s t - und P u l v e r r e g a l s .

Auch solche Uebertretungen find nur wenige zu gerichtlicher Verhandlung gekommen; es waren im Ganzen bloß viex, wovon zwei das Postregal und zwei das Pulverregal betrafen.

Zivilprozesse.

Wir

erwähnen hier solgender Rechtsstreite ^

530 1) Der beim Bundesgericht anhängige Prozeß des Kantons Uri gegen den Bund, betreffend die^ Erhöhung der Entschädigungssumme für die Abtretung des Postregals auf jährlich Fr. 53,259. 90 (statt

Fr. 29,771. 10) ist noch nicht erledigt. Am 26. Hornung 1855

hat die Regierung von Uri im Reformverfahren eine neue, weit umsassendexe Klage, als die frühere, eingereicht. Am 27. April hat der Bundesrath gegen die Kantone Zürich und Luzern behufs .Wahrung des Rükgriffsrechtes eine Streitverkündigung .beschlossen, welche durch den Geueralanwalt an die beiden Kan.one erlassen wurde. Die Litisdeuunziaten Zürich und Luzern, welche. nachträglich ^dem Prozesse beitraten, haben sich in allen Theilen der Antwort des Bundes an-

geschlossen. Der Prozeß hängt im Stadium der Replik.

2)

Der zwischen Basel-Landschaft und dem Bunde und Basel-Stadt vor dem Bundesgericht waltende Zivilprozeß wegen Postregalentschädigung blieb im Laufe des verflossenen Jahres weg^en verschiedenen Schwiexigkeiten, welche^die Wahl der gerichtlichen Sachverständigen und deren Ablehnung, so wie .die Wahl neuer Experten und die durch leztere geschehene Verzögerung nach fich zogen, noch immer unentschieden. .

3) Der ebenfalls vor dem Bundesgerieht waltende Prozeß der Messageries de . trance .gegen die eidgenössische Postverwaltung, ^Schadensersatz . von Fr. 5816^. 41, eine verspätete Postsendung betreffend, kam am 5.^ Hornung vor dem Jnstxuktionsrichter zum Schlußverfahxen. Am 19. April entschied das Buudesgericht, nach vorheriger Abweisung einer Jnzidenzfrage , zu Gunsten der eidgenöffifchen Postverwaltung, nach dem Rechtsfchlusse des Bundesanwaltes.

4) Ein Zivilprozeß der eidg. Zollverwaltung gegen die Bürgen des in Konkurs geratenen, gewesenen Zolleinnehmers Frei in Rorfchach, betreffend Vergütung einer von F r e i unterschlagenen und in Verlust gerathenen, Summe von Fr. 9,125. 10 wurde vou dem General^ anwalt vor den folothurnischen Gerichten selbst eingeleitet und plädirt.

Die benannten Bürgen hatten die Zahlungspflichtigkeit aus dem Grunde verweigert, weil fie der Zollverwaltung mangelhafte Aufficht, Nichtanweüdung der reglementarischen Vorschriften. u. s. w. vorwarfen, wodurch die Bürgen ohne ihre Schuld in Schaden verfezt worden feien. Es walteten dieser Sache wegen fünf gerichtliche Vorstände in Solothurn. Der Prozeß wurde nach den Anträgen des Generalanwalts sowol bei den von der Gegenpartei erhobenen Jnzidenzfragen als in der Hauptfache zu Gunsten der eidgenössischen Zollverwaltung entschieden. Die Beklagten wurden nämlich zur Zahlung von Fr. 9,125. 10, nebst Verzugszins und zu den Prozeßkosten ver-

fällt.

Justizkosten.

Daß sich die Justizkosten höher belausen, als im Budget vorgesehen war, xühxt hauptsächlich von den zahlreichen Sizungen des Bundesgerichtes

531 im Jahr 1855 her, so wie auch von Vergütungen für die im Kanton Tessin wegen Wahlunordnungen geführten Prozesse und der Vollziehung

eidgenössischer Militärurtheile.

^^ l.ili. ^ o I i z e i.

.^ ^n^Iegen^eit der .^ei......^I...sen.

1) A n e r k a n n t e oder g e d u l d e t e Heimathlose der K a n t o n e .

Die Vollziehung^ des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit ist im Laufe des Berichtsjahrs mit Bezug auf diese erste Klasse der Heimathlosen uicht wesentlich vorgeschritten. Es hat einzig der Kanton Nidwalden Mittheilung gemacht und sich darüber ausgewiesen, daß nun auch in diesem Kauton die Einbürgerung^ der dort anerkannten Heimathlosen in dem Sinne vollzogen worden sei, daß 155 Jndividuen wirklich Gemeindsbürgerrechte erhielten , 38 Kantonsangehörige dagegen wegen Alters und 1 Mann weg^n krimineller Bestrafung auf den Listen stehen blieben.

So viel bekannt ist, wird zwar in einigen Kantonen die Vollziehung des Heimathlosengesezes ernstlich betrieben, und es steht in einzelnen nahe bevor; allein in mehrern andern scheint kein besonderer Eifer dafür zu walten. Statt wie bisher durch allgemeine Kreiss.chreiben an die rükständigen Kantone zu gelangen , werden wir darauf Bedacht nehmen , spezielle Mahnungen mit jeweiliger Berüksichtigung der srühern Berichte der betreffenden Kantone^, zu erlassen.

2) V a g a n t e n .

Es ist bekannt, daß das Heimathlosengesez unter dieser Bezeichnung die beiden, der direkten Thätigkeit der Bundesbehörden zugewiesenen Klassen von Jndividuen begreift , nämlich sowol die wirklichen Heimathl.ofen , als jene, welche sich nur als solche ausgeben. Jhre Gesammtzahl kann noch uicht angegeben werden. Es konnte dieses während der vergangenen Jahre schon deßhalb nicht, weil die Zahl der Personen, namentlich der Kinder einzelner Heimathlosenfamilien erst durch die Untersuchungen bekannt wurden. Es wird nun aber ein Generalregister angefertigt über alle in den einzelnen Faszikeln vorkommenden Personen, deren Heimathberechtigung zu erörtern war, oder noch zu erörtern ist.

Unter Vergleichung desselben mit den bereits angefertigten Verzeichnissen über die eingeteilten Heimathlosen und über die Pseudoheimathlosen wird sich dann ermessen lassen, was noch zu thuu ist.

Die Zahl der Untersuchungen betrug laut dem lezten Jahresberichte

217

im Jahre 1855

kamen neu hinzu

. . . . . . . . . .

13

so daß die Gesammtzahl nun beträgt . . . . . . . 230 wovon allerdings ein .ziemlicher Theil erledigt ist, was sich aus dem Geueralregistex ergeben wird.

532 Jm Laufe des Berichtsjahres waren 89 Heimathlose, oder als solche fich herumtreibende Vaganten, behufs der Untersuchungen in Bern, in Detention. 64 Untersuchungen waren in Behandlung zur Vervollständigung oder definitiver Erledigung, 45 davon find auch wirklich entweder voll-

ständig oder durch Eintheilungsbeschlüsse wenigstens vorläufig erlediget

worden.

Zu diesem Behufe wurden 210 Verhöre aufgenommen, theils in Bern, theils in einzelnen Kantonen, jedoch ohne Mitberechnung jener Verhöre, welche durch Requisition .der kantonalen Polizeibehörden zu den Akten erhoben werden mußten.

An einzelne im Lause des Jahres in Untersuchung gestandene Personen und Familien, im Ganzen 55 Köpfe zählend, wurden 16 provisoxische Duldungs.. und Reifeausweise ausgestellt, und in zwei weitexn Fällen, 11 Personen zählend, mußte der Bundesrath mit den dießfälligen Entscheiden behelligt werden, da die Polizeibehörde eines mit der provisorischeu Duldung belasteten Kantons hiegegen Beschwerde erhoben hatte.

Das Justiz- und Polizeidepartement empfieng vom Generalanwalt 31 Anträge und Befchlußentwürfe mit umfassenden speci^s facti und Aus^.

führungen der Rechtsgründe , entweder gerichtet auf Eintheilung wirklich Heimathloser oder auf diplomatische Korrespondenz mit auswärtigen Regierungen, behufs Anerkennung und Wiederaufnahme von solchen Jndividuen, die als angeblich heimathlos in der Schweiz vagirten. Von diesen 31 Anträgen giengen 15 auf Eintheilung von 6^ Personen und 16 auf diplomatifche Korrespondenz, betreffend 53 Personen. Von den Zulheilungsanträgen hat der Bundesrath 14 entschieden, und hiemit 56 heimathlose Personen .einzelnen Kantonen zur Einbürgerung zugetheilt; ein Antrag, in Beziehung auf eine Familie von 1 l Personeu g^eng in das folgende Jahr hinüber. Ue^er eine der eingetheilten Personen wurde im Laufe des Jahres noch der Zutheilungsbeschluß wieder aufgehoben, da durch spätere, vorn Generalanwalt mit verschiedenen ausländischen Stellen direkt geführte Korrespondenz, dessen auswärtiges Heimathsrecht ermittelt und zur Anerkennung gebracht wurde. Diese direkte Korrespondenz des Generalanwalts mit untergeordneten ausländischen Polizeibehörden h.^.ben sich überhaupt eben so einfach als nüzlich erwiesen, weßhalb seit neuerer Zeit dieser Weg viel häufiger als früher, eingeschlagen wurde, theils zur Anerkennung seit kürzerer Zeit erst in der Schweiz lebender Vaganten, theils zur Sammlung der Materialien für die spätere diplomatische Korrespondenz des Bundesrathes ..x.

Jn Folge der Korrespondenz mit verschiedenen auswärtigen Staaten^ wurden als dortige Angehörige wieder anerkannt . . 21 Vaganten/

zählt man noch hinzu . . . ^. . . . . . . 24 Jndividuen, welche theils auf frühere diplomatische Verwendung des Bundesrathes, theils durch direkte Korrespondenz^ des Generalanwalts als auswärtige oder schweizerische Hei.mathberechtigte ermittelt und in ihrer Heimath wieder anerkannt worden sind;

45

533 ^veun

z u diesen

.

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heimathlosen gezählt wexden jeue^. . . . . . .

im Laufe des Jahxes 1855 eingeteilten Heimathlofeu , so

wie .

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45

Pseudo-

56

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3

welche in diesem Zeitraum gestorben find , so exgibt fich, daß

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104

Pexsonen

^.on der Gesammtzahl der hierseitigen Untexfuchung zugewiesenen abzurech..neu find.

Von den als heimathberechtigt exmittelteu 45 Personen gehörten 35 dem Ausland und nur 10 der Schweiz an.

Jene im Laufe des Jahres eingetheilten 56 Pexsonen find 6 Männer, 14 Weiber und 36 Kiudex bis zum Altex von 19 Jahxen.

Nach den Beschlüssen des Bundesrathes fällt .die Einbüxaeruna.slast von 12^.... Personen auf den Kantou Bern,

Schwyz, Obwaldeu,

9 9 7 6 5 4 11/^

Luzern, Aargau, Nidwalden, Waadt, ^Basel-Land-

schuft,

l^ 1 56

Solothuru,

St. Galleu.

Hievon find 10 Personen durch ^die belasteten Kantone anerkannt worden. Gegen die Zutheiiung von ^ 6 Pexsonen wurde protestixt ; 1 Person ist später als Ausländer ermittelt und dort anerkannt worden; über 39 Pexsonen ist dagegen von den belasteten Kantonen noch keine Erklärung erfolgt.

56.

Aus unsexm vorjähxigen Geschäftsberichte ist ersichtlich , daß damals

die bis Ende 1852 erlassenen Zutheilungsbefchlüsse ihre völlige Erledigung gefunden hatten , daß dagegen noch drei Fälle (mit 30 Personen) aus dem Jahr 1853 und uoch mehrere aus dem Jahr 1854 mit 50 Personen pendent waren.

Was jene Fälle aus dem Jahr 1853 betrifft, so ist im Oktober 1855

ein Fall, 18 Personen betreffend, von dem Bundesgexichte entschieden woxden.

(Familie W e n d e l m e i e r ) ; die zwei andern Fälle sind jezt noch pendent und veranlaßten im Berichtsjahre sehr weitläufige Untersuchungen zu ihrer.

Bnndesblatt. Iahrg. VIII. Bd. I.

57

534 Vervollständigung , worauf in beiden Fällen diplomatische Korrespondenz mit Baden und Württemberg stattfand, die aber erfolglos blieb.

Was sodann die Zutheilungsbeschlüsse aus dem Jahre 1854 betrifft, so ergibt sich, daß bezüglich jener 50 Personen, 22 nicht anerkannt wur.deu, über 28 Jndividuen aber ist eine definitive Erledigung vorhanden.

Um die oft allzulange ausbleibende Erklärung der Kantone, ob fie eineu bundesräthlichen Zutheilungsbeschluß anerkennen wollen oder nicht, Endlich beizubxingeu , hat sich der Bundesrath veranlaßt gefunden, zwei Kantonen eine Frist von einem Monat einzuräumeu, um ihre Entschließung ^geu einzureichen, widrigenfalls Protestation angenommen und die Klage gegen fie beim Bundesgericht eingereicht würde.

^)tit Hinzurechnung der laut dem vorjährigen Geschäftsberichte bis Ende 1854 entlarvten 159 Pseudoheimathlofen ergibt fich, daß diese Zahl

bis Ende 1855 auf 204 gestiegen ist, wovon 133 Ausländer, 71 Schweizer find.

204. Bis Ende 1855 find

303 wirklich Heimathlose durch den Bundesrath eingeteilt worden; 37 Jndividuen wurden von einzelnen Kantonen freiwillig eingebürgert,

7 find gestorben; somit bis Ende 1855 die Verhältnisse über

551 Personen geordnet worden.

Was die .kosten der Heimathlosenuntersuchungen anbetrifft, so ist noch anzuführen, daß im abgewichenen Jahr 89 Heimathlose und Vaganten längere oder^ kürzere Zeit im Verhaft waren mit 4075 Verpflegungstagen.

Die daherigeu Verhaftskosten betragen die Summe von Fr. 3413. 80, also durchschnittlich auf die Person Fr. 38. 35. Ueberdieß wurden auf dieselben für Arztkosten, Transportnoten, Reisegelder, Unterstüzungen in .Baax und Kleidern Fr. 673. 58 verwendet.

Die Zahl der photographischen Bilder ist auf 220 gestiegen.

Wir haben in. Obstehendem da .jenige mitgetheilt, was geeignet ist,

ubex den Gang dieser Angelegenheit eine Uebersicht zu gewähren. Vieles andere übergehen wir, was uns außer dem Zweke eines Rechenschaftsbe^ richts an die Bundesversammlung zu liegen schien und nur für den Bnndesxath, als überwachende. Behörde. von Werth und Jnteresse ist.

l^, ..^er^ote...^ Werbungen.

Die Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Handhabung des eidgenössischen Werbverbots für ausländischeu Militärdienst, vom 13. Juli 1855,^) enthebt uns ans den frühern Stand dieser Angelegenheit zurükzukommeu. Bevor wir aber auf die feit Juli zu Tage getretenen Erfcheinungen näher eingehen , ...wollen wir eine Uebexficht der in den Kantonen von 1850 bis 1854 geführten Unterfuchungen, soweit die Bundesbehörden Kenntniß erhielten, vorausschiken.

*,. S. Bnndesblatt v. I. 1855, Bd. Il, S. 317.

535 untersnchnngen.

^ernrthei^ langen.

.Cantone.

Frei..

sprechende urtheile. ^

Falten .

gelassen.

^^n^^^.

^ Ia^.

^

Zah^ der .Personen. der .Personen. ^ ^^^^i^^n .^^son^u.

1850 1851 1854 1850 Freiburg .

1850 1851 1852 1853 ^ ^1854 Schw^z . 1851 --1854 1851 1853 1851 1853 1854 ^ern ^ 1853 1854 .

Appenzell J. Rh. . 1851 Appenzell A. Rh. . 1851 1852 ^ ^ 1853 ^ 1854 ^ ^ ^ ^^u^ ^ . ^ 1852 1854 1851 1852 St. Gallen . . 1851 1852 ^ ^ ^ 1853 ^ ^ ^ 1854 ^ ^^u^^n .

185l ^^^u ^ . . 1853 1854 Waadt . . . 1854 Wallis . . . 1854 Bern

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536 Jm Jahre 1855 kamen hinzu .

Untersuchungen.

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Fallen gelassen.

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Rechnet man die obigen Ziffern aus den Jahren 1850

bis 1854 hinzu .

so zeigt fich solgendes Resultat .

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325

41

11

.5

K r e i s s c h x e i b e n vom 17. A u g u s t .

Der von der hohen Bundesversammlung unterm 24. Juli erlassen..

Beschluß wurde mittels Zirkular den Kantonen mitgetheilt und das Exsuchen damit verbunden, für dessen möglichst vollständige und genaue Vollziehung besorgt zu sein. Wir ließen darin zugleich einige Betrachtungen

über folgende zwei Punkte folgen .

537 1) Die Erfahrung hat gezeigt, daß in mehreru Kantonen das Gesez.

(Art. 65 des eidg. Strafgefezbuches) nicht immer befolgt wurde, ^ indem man sich oft damit begnügte, entweder nur Gefängniß allein oder eine Geldbuße auszusprechen, während der zitirte Artikel in alleu Fällen Geldstrafe und Gefängniß vorschreibt.

2) Bezüglich des Forums find solche Straffälle unter die Rubrik der-

jenigen zu zählen , welche iu der Regel sowol zur Untersuchung als zur Beurtheilung an die Kantonalgerichte gehören, die aber auch vom Bundesrathe an die eidg. Assisen gewiesen werden können. Jn der.

Mehrzahl der Kantone gelangten die meisten Fälle dieser Art vor die kompetenten Gerichte und in Genehmigung dieses Verfahrens sah sich der Bundesrath veranlaßt, den Exekutiv- und Polizeibehörden die Weisung zukommen zu lassen, solche Fälle in der Regel dem Anständigen kantonalen Gerichte direkt zu überweisen, es sei denn, daß besondexe Gründe es erheischen , dieselben^ vorerst der eidgenössischen Behörde vorzulegen.

Ungeachtet der oben unter Ziffer 1 erwähnten bestimmten Jnstruktiou kam es noch in fünf Kantonen vor , daß die Gerichte den Art. 65 des eidgenössischen Strafgefezes nicht ganz nach seinem Wortlaut anwendeten, und z. B. nur auf Buße und Kostenbezahlung erkannten, was den Bundesxath veranlagte, gegen diese mangelhaften Urtheile Einsprache zu erheben.

G e t r o f f e n e Maßregeln.

Die Polizeidirektion des Kantons Zürich lenkte durch Schreiben vom 4. September die Aufmerksamkeit unsers Justiz^ und Polizeidepartements aus ein Zirkular des Handlungshauses W e r n e r und Komp. in London, welches durch Vermittlung von Geschäftsfreunden in Deutschland und iu der Schweiz junge Leute anzuloken suchte , angeblich um den Mangel au Arbeitern abzuhelfen , welcher sieh in England in Folge des orientalischen^ Krieges fühlbar mache. Wie es seheint, wurde dieses Zirkular hauptsächlich den Auswanderungsagenten zugeschikt, denen Fr. 62 p..r .Kopf versprochen wurde. Diese Prämie und der Umstand , daß jenes Kxeisschreiben von einer Anzeige begleitet war, worin die Herren Werner und Komp. sich als Generalagenten u. s. w. qualifizirten, ließ uns vermuthen, daß .man den Vorwand, Arbeiter zu gewinnen, nur vorschüze, um desto sicherer die Anwerbungen für den englischen Dienst zu betreiben. Das Departement brächte daher, im Einverständniß mit dem Bundesrathe, diese Thatsachen durch Kreisschreiben vom 6. September zur Kenntniß der obern Polizeibehörden, mit dem Ersuchen, die Auswanderungsagenten oder andere mit derartigen Geschäften sich abgebenden Personen genau überwachen zu lassen, dieselben vorkommendenfalls einem Verhöre zu unterwerfen und in den öffentlichen.

..Blättern das Publikum auf diesen Sachverhalt
aufmerksam zu machen.

Jm Weitern lenkte eine Einrükung vom 20. August in der ,,Neueu Zürcher-.^eitung.. unsere Aufmerksamkeit aus diesen Gegenstand und bewog uns zu Zuschriften an die bernesche und zürcherifche Behörde. Mittels .Brief, datirt Bern, .^. August, übersandte Herr Oberst Dikson, Präsident

538 des Organifationskomité der englischen Schweizerlegion , der Redaktion erwähnter Zeitung Abfchxisten von Akten des englischen Parlaments, betreffend die Anwerbung von Fremden, nämlich^ ,,Akten, vermöge welchen es Ausländern gestattetest, angeworben zu werden, und als Offiziere und Soldaten unter den Truppen Jhrer Majestät zu dienen, und Kapitulation^ artikel zur Bildung einer Schweizerlegion für den Dienst Jhrex brittischen

Majestät...

Angesichts der erst^küxzlich erlassenen Beschlüsse der Bundesversammlung betrachteten wir dieses Auftreten von Seite des Herrn Dikson als eine eigentliche Mißachtung der Befehle der obersten schweizerischen Behörde, und als eine Uebertretung dex eidgenössischen Geseze, welche die Werbungen für ausländische Militärdienste in der Schweiz verbieten. Wir beauftragten die bexnexischen Behörden, gegen Herrn Dikson, salls sich derselbe noch in B e r n befinden sollte, eine Untersuchung einzuleiten und uns deren Ergebniß mitzutheilen. Wir erhielten die Antwort, daß Herr D i k s o n wol in B e r n ^ gewesen, aber wieder verreist sei.

Daß ungeachtet aller Wachsamkeit der. eidgenössischen uud vieler kantonaler Behörden die Werbungen sür die französische und englische Legion starken Fortgang hatten, ist eine offenkundige Thatsache; mußte doch selbst in B a se l- S t ad t die dortige Standestruppe in Folge der zahlreichen Desertionen aufgelöst werden.

c. F l ü c h t l i n g e .

Allgemeines.

Seit Langem hat die Flüchtlingsfrage den Bundesrath nie so wenig belästigt und weniger Maßregeln verursacht als im .Jahre 1855. Unser .Bericht wird daher über diesen Punkt wenig Erhebliches daxbieten. Es sehlte zwar nicht an allerlei Gerüchten über Komplotte, Wassensendungeu u. s. w., welche sich aber alle .^ach sorgfältig eingezogenen Erkundigungen entweder als durchaus unwahr oder als höchst unbedeutend erzeigten.

Wir können daher m^t Vergnügen bemerken , daß die Flüchtlingsangelegenheit nicht nur zu keinen besondern Maßregeln Veranlassuug bot, sondern auch, daß nur gegen einige wenige Flüchtlinge in der Westschweiz, welche den Weisungen der eidgenössischen Behörden entgegenhandelten, eingeschritten werden mußte. Die Fehlbaren wurdeu zur Ordnung gewiesen, einige internirt , andere über die Gränze geschikt. Außer diesen wenigen Jndividuen haben die übrigen noch auf Schweizergebiet weilenden Flucht-

linge zu keinen Klagen Anlaß gegeben.

Mit dem Auslande sind wir dieser Angelegenheit wegen -- ausgenommen in Betreff einer einzigen Person .- in gar keiner Korrespondenz gestanden ; auch find uns keinerlei Znmuthungen gemacht worden.

An ausgewiesene oder freiwillig die Schweiz verlassende Flüchtlinge wurden vom eidgenössischen Polizeidepartement 9 Pässe ausgestellt.

539 Kosten d e r F r e m d e n p o l i z e i .

Die im Jahr

18.^5 für dii. Fremdenpolizei verausgabte Summe

beläuft sich auf Fr. 3461. 77.

Aus den für das Jahr 1854 bewilligten Nachtragskrediten hat das Departement im Verlaufe des Monats Januar 1855 die Liquidation der Restanzbeträge getilgt,. welche noch von einigen Kantonen für Unterhalt von politischen Flüchtlingen aus den Jahren 1848, 1849 und 1850 gefordert wurden. Es erhielten in Folge dessen Uri Fr. 1,216. 75

Thurgau ,, 228. 20 Wallis ,, 1,121. 43 Total: Fr. 2,566. 38

fo daß nunmehr alle Reklamationen in dieser Angelegenheit als erledigt betrachtet werden können.

An Graubünden wurde die Summe von Fr. 3751. 10 ausbezahlt, welche Summe den Gesammtbetrag der von diesem Kantone eingegebeuen Rechnungen sür außerordentliche Polizeikosteu bei .Anlaß der im Engadiu vorgenommenen Beschlagnahme von Waffen und Munition ausmacht.

A n d e r e Fremde. .

Außer den Flüchtlingen, den Deserteurs und solchen, die sich in ihxex Heimath durch die Flucht der Konskription entzogen , hatte das Departement fich noch öfters mit andern, in den Kantonen aufgegriffenen Fremden behufs Jnstradirung derselben in ihr Vaterland u. f. . w. zu befassen.

Die Hemmnisse und Schwierigkeiten , auf welche die Polizei der Kantone bei Rüktransportirung solcher Judividuen bisher gestoßen, sind gröstentheils gehoben, und es bildet sich allmählig ein geregelteres und den heidseitigen Jnteressen mehr entsprechendes Verhältniß.. Auch die Regierung des Großherzogthums B a d e n , mit welcher in solchen Angelegenheiten bisher die meisten Anstände sieh ergaben , willsteh, wie Sie aus dem Berichte des politischen Departements entnommen haben, zu eiuer gejenseitigen Uebereir.kunft herbeilassen.

A u s s t e l l u n g v o n P ä s s e n u n d d e r e n Visiruug.

Mailand.

Wir kommen in folgerichtiger Ordnung auf eine Frage, die wir noch berühren müssen, nämlich die über Legalisation, Ausfertigung und Visirung der Pässe. ^ Jn seinem Geschäftsbericht für das Jahr 1854 behandelte Herr R e y m o n d , schweizerischer Handelskonsul in Mailand, sehr ausführlich die Angelegenheit über die Pässe und drükte unter anderm den Wunsch aus , die Kantone möchten im Jnteresse ihrer Angehörigen und um die Arbeit zu erleichtern , ihm bereits unterzeichnete Pässe zusenden , die ex dann ausfüllen, den Kantonen aber die bezogenen Emolumente in Rechnung briugeu würde. Um Aufschluß über die Frage angegangen, wie es sich

540 dann mit solchen Pässen verhalten würde, denen die Legalisation durch die .österreichische Gesandtschaft abgienge,^ antwortete Herr R e d m o n d , daß in der Mehrzahl der Fälle diese Schriften auch ohne . Legalisation angenommen würden. Der Bundesrath gieng aber von der Ansicht aus, die vorwürfige Angelegenheit ^berühre allein die Kantone, und es liege nicht in seiner Kompetenz, sich mit der Regulirung des Ausfertigungsmodus kantonaler Pässe zu befassen ; er theilte daher die Anregung des Herrn Redmond den Regierungen mit, ihnen überlassend, direkt sich mit dem Herrn Konsul zu verständigen, falls seine Vorschläge ihnen zusagen sollten.

Frankreich.

Die französische Regierung theilte im Monat Dezember dem Buudesrathe mit , daß künftighin die Heimathscheine nicht mehr als genügende Ausweisschxifteu für Reisende gelten können, weil sie das für die Pässe geforderte Signalement, welches behufs Kontrolirung der Jdentität des Trägers unumgänglich nothwendig fei, nicht enthielten; daß^fernex die französischen Agenten im Auslande die Weisung erhalten haben, in Zukunft solche Schriften nicht mehr zu legalisiren, und daß endlich die mit der Verifizixung der Pässe beauftragten Beamten beordert seien, die mit derartigen Ausweisschriften versehenen Ausländer zurükzuweisen. Diese Maßxegel wurde zur weitern Bekanntmachung mittels Zirkular vom 10. De^zembex den obern^ Polizeibehörden der Kantone mitgetheilt.^) Portugal.

Eine ziemlich wichtige Frage wurde vom Herrn Grafen v o u B o b o n e , schweiz. Konfulatsverweser in Li sfa bon, ausgeworfen. Er schreibt:.

,,Es geschieht sehr häufig, daß Schweizer, welche aus Gegenden kommen, wo kein schweizerisches Konsulat sich befindet, von französischen Konsuln ausgestellte Pässe vorweisen ; auch müssen die Schweizer ihre Pässe an der portugiesischen Gränze in die Hände der dortigen Behörden abgeben, welche ihnen dagegen Landespässe für die Weiterreise im Königreich zustellen.

,,Ein fernerer Uebelstand besteht darin, d..ß die aus Brasilien kommenden Schweizer beinahe immer nur brasilianische Pässe mitbringen, welche weder vom schweizerischen noch portugisischen Konsul visirt sind , was dexen Träger stets allerlei Schwierigkeiten ausfezt.^ Der Bundesrath ertheilte dem Herrn Konsulatsverweser folgende Direktionen : Jn Betreff der französischen Pässe könne man streng
genommen solche Akten weder als regelrecht, noch als gültig anerkennen, und zwar aus dem einfachen Gruude. , weil die französischen Konsuln weder den Auftrag uoch das Recht haben, solche im Namen der Eidgenossenschaft auszustellen; die Sache sei noch um so bedenklicher, weil solche Konsuln aus Unkeuntniß ^der Täuschung einem Jndividuum die Eigenschaft eines Schweizers bei-

*) S. Bundesblatt v. J. 1855, Bd. II, S. ..^6.

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legen können , welches dieselbe gar nicht besize , woraus man aber nicht herleiten könnte , daß die Schweiz dann dasselbe später als ihren Augehörigen anerkennen müßte. Um nicht allfällig hier dem schweizerischen Heimathlosenwesen eine neue Ouelle zu eröffnen , sollen die schweizerischen Konsuln solche Pässe nur dann visiren, wenn deren Träger durch autheutische Dokumente oder durch vollkommen glaubwürdige Zeugnisse sieh über ihre schweizerische Nationalität auszuweisen vermögen. Die nämlichen Be.merkungen gelten auch in Betreff der auf Sehwe.izerbürger lautenden brasilianischen Pässe, und dieß noch um so eher, weil die Schweizer in Brafilien mit mehr Leichtigkeit sich schweizerische Pässe verschaffen oder andere wenigstens visiren lassen können.

Was das Abnehmen der Pässe an der Gränze Portugals betreffe, fo könne nicht bestritten werden, daß eine solche Maßregel in die souveränen Rechte eines Staates falle. Das einzige, was sich hier thun lasse, wäre , die Behörden Portugals anzugehen, daß bei der Auswechslung in den neuen Reinschriften dieses Umftandes Erwähnung gethan würde.

Auslieferungen.

iiber 6 5 3 1 3

Es wurden im Jahr 1855 dem Bundesrathe 18 Auslieferungsbegehxen Verbrecher oder sonstige Angeklagte unterstellt, und zwar von Frankreich ausgehend, von Oesterreich, von Sardinien, von Belgien ^und von schweizerischen Kantonen, behufs Uebermittlung an Frankreich und England.

^18^ Von den polizeilich verfolgten Jndividuen wurden zwei aus dem Grunde nicht ausgeliefert, weil auf sie zugleich politischer Vergehen wegen gefahndet wurde.

Bundesblatt. Jahrg. VIII. Bd. I.

58

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Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1855. (Fortsezung.)

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Bundesblatt

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Jahr

1856

Année Anno Band

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23

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---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.05.1856

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501-541

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