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Bundesblatt 109. Jahrgang

Bern, den 12. September 1957

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, Iß Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie, in Bern

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Botschaft des

:

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für die Korrektion des Inn und des Flazbaches zwischen Pontresina und Ponte sowie für die Verbauung des Morteratsch- und Rosegbaches (Vom 30. August 1957) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Das Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden, hat mit Schreiben vom 12. Februar 1957 dem Eidgenössischen Departement des Innern ein Projekt für die Korrektion des Inn und Fläz zwischen Pontresina und Ponte sowie die Verbauung des Morteratsch- und Eosegbaches unterbreitet. Der Kanton stellt das Gesuch um dessen Genehmigung und um Zusicherung eines Bundesbeitrages an die vorgesehenen Arbeiten auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni. 1877 über die Wasserbaupolizei und des Beschlusses vom I.Februar 1952 über die Bundesbeiträge an die Kosten von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen, und -korrektionen. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 14600000 Franken, wovon 14350000 Franken Gegenstand dieser Vorlage bilden.

, Wir beehren uns, Ihnen nachfolgend Bericht und Antrag über die Projektvorlage zu unterbreiten.

I. Allgemeines Der Inn entspringt am nördlichen Abhang des Piz Lunghin in der Nähe des Malojapasses. Er weitet sich in seinem Oberlauf zunächst zu den vier Oberengadiner Seen aus; nach der Schlucht bei St.Moritz durchfliesst er von Celerina Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

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498 bis Ponté in einem eingedämmten Gerinne die grosse Engadiner Ebene. Sein Einzugsgebiet misst bis zum Zusammenfluss mit dem Flazbach in Samaden rund 190 km2, wovon das Einzugsgebiet der Seen 46 Prozent ausmacht. Durch diese Seen werden die Wasserführung des Inn ausgeglichen, Hochwasserspitzen gedämpft und die Geschiebeführung unterbunden.

Das Abflugs- und Geschieberegime des Inn wird unterhalb Samaden durch seinen grossen rechtsseitigen Zufluss, den Flazbach, grundlegend geändert. Dieser Wildbach bildet sich unterhalb der Schlucht von Pontresina durch die Vereinigung des Berninabaches - bestehend aus der Ova da Bernina und dem Morteratschbach - und des Eosegbaches. Bis Punt Muragl durchquert der Flazbach die Pontresinaebene in einem natürlichen Gerinne; zwischen Punt Muragl und seiner Einmündung in den Inn fliesst er auf einer Länge von rund 1800 m in einem verbauten Bett mit niedrigen, alten Dämmen, die durch Trockenpflästerungen gegen den Angriff des Wassers geschützt sind. Sein Einzugsgebiet misst bei der Einmündung rund 190 km2, die Vergletscherung beträgt rund 25 Prozent.

Der Berninabach führt oberhalb der Station Morteratsch verhältnismässig wenig Geschiebe; im Kessel von Morteratsch liegen hingegen gewaltige Mengen von Ablagerungsmaterial, bestehend aus grossen, von den Talhängen heruntergestürzten Blöcken und aus Moränenschutt des gleichnamigen Gletschers. Insbesondere bei Hochwasser wird das feine Schuttmaterial abtransportiert, während sich das grobe Geschiebe in der weiten Ebene oberhalb Pontresina ablagert.

Viel gefährlicher als der Berninabach ist der dem Eoseg- und dem Tschiervagletscher entspringende Eosegbach. Dieser durchfliesst zunächst einen weiten, flachen Talkessel, in welchem er die aus den Moränen stammende zu schwere Geschiebefracht in unschädlicher Weise ablagern kann. Dann folgt von Muot da Crasta bis Pontresina eine steilere Strecke, wo sich der Talboden zu einem schmalen Landstreifen verengt. Bis zum Bachbett vorstossende Schutthalden, Moränen und zahllose Uferanrisse liefern dem Wildwasser bedeutende Mengen groben Geschiebes, das vomjMazbach und weiter unten vom Inn übernommen und weiter geschleppt werden muss.

Als zweiter bedeutender Zufluss und Geschiebezubringer ist der Beverin zu nennen, der westlich Bevers linksufrig in den Inn mündet und ein Einzugsgebiet
von 60 km2 aufweist.

Bei Ponte, oberhalb der Einmündung des Chamuerabaches, misst das Einzugsgebiet des Inn 476 km2; die Vergletscherung beträgt rund 6 Prozent.

Bis vor etwa hundert Jahren durchflossen Fläz und Inn die Talebene in regellosem Lauf, wobei sie bald da und bald dort die Wiesen und Weiden mit Geröll, Kies und Sand überschütteten. Vor 1885 wurden von den Gemeinden in gefährdeten Punkten auf kleineren Strecken Schutzbauten erstellt ; von diesem Zeitpunkt an setzte mit Hilfe des Bundes die systematische Verbauung ein, durch die das Gewässer in verschiedenen Etappen eingedämmt wurde.

Die grossen Hochwasser und das grobe Geschiebe haben in den letzten Jahrzehnten an den Schutzbauten des Fläz und des Inn wiederholt grosse Schäden

,,

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verursacht. Da das Schluckvermögen des Flussbettes nicht genügte, fluteten, die Hochwasser über die Uferschutzdämme und rissen in diese Breschen. Durch die so entstandenen Lücken1 wurde dem Flussbett ein Teil der Wassermenge entzogen und dadurch die Schleppkraft des Wasserlaufes so stark geschwächt, dass die grossen Geschiebemengen nicht weitertransportiert werden konnten. Die Folge davon waren Ablagerungen im Flussbett, welche die Gefahr von weiteren Ausbrüchen in sich bargen.

Grosse Hochwasser traten in den Jahren 1868, 1885, 1888, 1900, 1901, 1920, 1926, 1927, 1940, 1951 und 1954 auf, verbunden mit Dammbrüchen und Überschwemmungen der Oberengadiner Ebene. Die grössten Abflussmengen wurden bisher in den Jahren 1888 und 1954 verzeichnet. Zur Schätzung der grössten Hochwasserspitzen muss der Einfluss der Dammbrüche und der zeitliche Ablauf der Flut in den verschiedenen Teileinzugsgebieten berücksichtigt werden. Man gelangt so zu folgenden wahrscheinlichen Wassermengen: 280 m3/sec (1,48. m3/sec und km2) im Fläz bei der Mündung in den Inn; 50 m3/sec im Inn oberhalb der Flazmündung im Zeitpunkt des Eintreffens der Spitze im Flazbach. Im Inn tritt die Spitze von 70 m3/sec wegen der Seeretention erst später auf; 880 m3/sec (0,86 m3/sec und km2) im Inn zwischen Samaden und Bevers; 70 m3/sec im Beverin im Zeitpunkt des Eintreffens der Innspitze in Bevers.

Die mit 100 m3/sec angenommene Beverinspitze erreicht Bevers früher als die Innspitze; 400 ms/sec (1,0 m3/sec und km2) im Inn zwischen Bevers und' Ponte.

Demgegenüber beträgt die heutige Abflusskapazität bei den tiefsten Stellen der Dammkrone am Fläz rund 140 m3/sec, im Inn zwischen Samaden und Bevers rund 150 rii3/sec und zwischen Bevers und Ponte rund 250 m3/sec. Dieser Vergleich der wirklichen Abflussrnengen und der Abflusskapazität der Flussgerinne lässt deren Ungenügen aufs deutlichste in die Augen springen.

II. Die Hochwasser vom August 1951 und 1954 und das Verbauungsprojekt Am 8. August 1951 wurde das Engadin von einem katastrophalen Unwetter heimgesucht ; durch sieben Dammbreschen ergossen sich die Wassermassen des Inn in die umliegende Ebene. In den folgenden Jahren wurden die zerstörten Wuhre mit Bundeshilfe wieder hergestellt, verstärkt und erhöht. Doch schon am 21./22.August 1954 entlud sich über dem Tal ein neues Unwetter. Die Gewalt
des Wassers brach die Dämme des Flazbaches und des Inn linksufrig an vier und rechtsufrig an dreizehn Stellen; Brücken wurden schwer beschädigt und die Wohnquartiere von Ariefa bei Samaden überschwemmt. Es entstanden grosse Schäden an Weide, Strasse, Bahn und Wasserversorgung. Auch im Eosegtal waren die Verheerungen gross. Die totale Schadensumme im Einzugsgebiet des Inn wurde vom Kanton auf 3,6 Millionen Franken beziffert. Für die Behebung der grössten Schäden und die Inangriffnahme der dringendsten Schutz-

500 massnahmen setzte das Eidgenössische Militärdepartement unverzüglich technische Truppen zur Hilfeleistung ein.

Im Bestreben, eine wirksame Sanierung der Gewässer des Oberengadins herbeizuführen, wurde auf Anregung des Kantons eine besondere Studienkommission eingesetzt. Sie hatte zur Aufgabe, alle hydrologischen und flussbautechnischen Fragen abzuklären und die Grundsätze aufzustellen, nach denen das Korrektionsprojekt ausgearbeitet werden soll. Dieser Kommission gehörten kantonale Experten, der schweizerische Eheinbauleiter und ein Vertreter des Eidgenössischen Oberbauinspektorates an. Auf Grund eingehender Studien hat sie im wesentlichen folgende Bichtlinien für die zu treffenden Korrektions- und Verbauungsmassnahmen aufgestellt: - Der Durchflussquerschnitt der eingedämmten Flußstrecken ist nach den bisher eingetretenen höchsten Wassermengen zu dimensionieren, d. h.

280 m3/sec im Fläz, 830 m8/sec im Inn zwischen Samaden und Bevers und 400 m3/sec im Inn von Bevers bis Ponte. Zudem ist aus Sicherheitsgründen die Abflusskapazität der Gerinne um 25 Prozent zu vergrössen ; dies entspricht einem Sicherheitsstreifen oder sog. Freibord von ungefähr 50 cm.

- Die Dämme müssen dementsprechend erhöht und verstärkt werden. Die Dammkrone soll eine Breite von 3 m aufweisen, damit sie zu Unterhaltszwecken mit Motorfahrzeugen befahren werden kann. Die flußseitigen Böschungen sind am Fläz und am Tnn bis zur Sappeurbrücke bei Samaden mit einer im Mittel 50 cm starken Pflasterung in Mörtelmauerwerk zu schützen; unterhalb der. Sappeurbrücke kann ein leichterer Böschungsschutz verantwortet werden.

Die Kommission prüfte auch die Frage, ob mit der Anlage von Hochwasserschutzbecken die Hochwassermengen reduziert werden könnten, so dass sich eine Erhöhung der Dämme des Flazbaches und des Inn wenigstens teilweise erübrigen würde. Die generelle Untersuchung hat jedoch ergeben, dass mit der Anlage von reinen Hochwasserschutzbecken, ohne Kombination mit Wasserkraftnutzung, nur eine verhältnismässig kleine Reduktion der Dammhöhen erreicht werden könnte. Da eine solche Lösung viel teurer zu stehen käme als eine mit reinen Dammerhöhungen, wurde sie nicht weiter verfolgt. Abgesehen von der Kostenfrage wäre diese aber auch mit Eücksicht auf die Belange des Naturschutzes nicht in Betracht gekommen.

Das in Befolgung.der
vorstehenden Eichtlinien vom Kanton Graubünden ausgearbeitete und zur Genehmigung eingereichte Projekt umfasst im wesentlichen folgende Werke : - Am Fläz (auf einer Länge von rund 2000 m) und am Inn (auf einer Länge von rund 9200 m) Schliessen der Dammbreschen, durchgehende Verstärkung und Erhöhung der bestehenden Dämme sowie Bau von neuen Wuhren; Anpassung der verschiedenen Brücken an die Erfordernisse der vorgesehenen Maz- und Innkorrektion sowie Bau einer Dienstbrücke;

501

'- Ableitung der Binnengewässer bei Ariefa oberhalb Samaden mit einem Dücker unter dem Inn und anschliessendern Binnenkanal von rund 2800 m Länge; - am Morteratschbach Erstellung von Uferschutzbauten oberhalb und unterhalb des Bahnhofes Morteratsch; - am Rosegbach (auf einer Länge von rund 7500 m) Verbauung vom Muot da Crasta bis zur Mündung in den Fläz mittels' Uferschutzbauten und Sperren.

Als Uferschutz sind gepflasterte Böschungen vorgesehen, die auf einem geschütteten Vorgrund oder Blockwurf fundiert sind. Im Fläz werden diese bis zur Krone mit Zementmörtel ausgefugt; im Inn, wo das Gefalle kleiner und damit die Angriffskraft des Wassers geringer ist, kann auf die durchgehende Ausfugung verzichtet werden. Der oberste Streifen der Böschungen soll humusiert und begrünt werden, wodurch nicht nur an Kosten gespart wird, sondern das neue Mussbett sich auch weicher in die Landschaft einfügen wird. Die luftseitigen Böschungen der Dämme sollen in aufgelockerter Weise .mit Buschwerk bepflanzt werden.

Näheres über die Art der Ausführung der Bauten kann der Projektvorlage und dem Kostenvoranschlag entnommen werden. Das Eidgenössische Oberbauinspektorat geht mit der allgemeinen Anordnung des Projektes einig, behält sich aber vor. das Normalprofil der Innkorrektion bei der Ausarbeitung der Detailprojekte im Einvernehmen mit dem Kanton endgültig festzulegen.

Gemäss Eingabe des Kantons setzen sich die Baukosten wie folgt zusammen: Fr.

Notarbeiten: Provisorische Schliessung der Dammbreschen am Inn und Flazbach Bauarbeiten am Inn Bauarbeiten am Fläz . .

Ableitung der Binnengewässer Hebung, Anpassung und Ersetzen von Brücken . . .

Zufahrtsstrasse Steinbruch Isellas

:

Fr.

185 000 7314852 2 432 898 241 000 595 000 45 000 10768750

Projekt, Bauleitung, Unvorhergesehenes

l 361 250

Bauarbeiten am Morteratschbach Projekt, Bauleitung, Unvorhergesehenes

413 000 62 000

12125 000 475000 Bauarbeiten am Kosegbach Projekt, Bauleitung, Unvorhergesehenes

l 758 388 241 612 200000 ° 14 600 000

502 Auf die einzelnen Gemeindegebiete entfallen folgende Beträge:

Gemeinde Pontresina » Celerina » Samaden » Bevers .» Ponte Kantonsanteil für Anpassungsarbeiten bei den Strassen und Brücken Punt Muragl und Samaden Bhätische-Bahn-Brücke Samaden

Fr.

. Anteil in Prozent der Gesamtsumme

800000 1525000 7780000 1835000 2227000

5,5 10,5 53,2 12,5 15,3

320000 113 000

2,2 0,8

14 600 000

100

Da einerseits die Vorstudien der Kommission und die Ausarbeitung des definitiven Gesamtprojektes längere Zeit in Anspruch nahmen und anderseits mit der Schliessung der zahlreichen Dammbreschen nicht zugewartet werden konnte, erteilte das Eidgenössische Oberbauinspektorat wiederholt provisorische Baubewilligungen. Auf Grund dieser Bewilligungen wurden am Inn Arbeiten im Betrag von rund l 445 430 Franken, am Flazbach im Betrage von rund l 378 940 Franken fertig ausgeführt. Gegenwärtig sind am Inn im Betrage von rund 522 000 Franken und am Fläz für rund 953 600 Franken Bauarbeiten im Gange.

Die von der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei in ihrem Mitbericht vom 6. April 1957 beantragten Subventionsbedingungen forstlicher Natur sind unter Artikel 5 des nachfolgenden Beschlussentwurfes berücksichtigt. Fischereiwirtschaftliche Massnahmen kommen nicht in Betracht.

m. Finanzierung und Bundeshilfe Bevor auf die Bemessung des Subventionssatzes eingegangen wird, soll zunächst ein kurzer Überblick über die bisherigen Lasten gegeben werden. Wie bereits im Abschnitt I erwähnt, wurden schon von 1885 bis 1953 Korrektionsarbeiten am Fläz zwischen Punt Muragl und Inn und am Inn von Samaden bis Zuoz ausgeführt. Der Bund hat bis heute die nachfolgenden Beiträge für die Korrektionsarbeiten der in Frage stehenden Gewässer gewährt.

503

Gewässer

Gemeinde

Subventionsbeschluss Jahr

Fläz und

Pontresina-

1885-1921

Inn

Zuoz

Ortsbezeichnung

zwischen Celerina und

Inn :

Inn

Fläz bei Punt Muragl

1929

Kostenvoranschlag Fr.

Bewilligte Bundesbeiträge

922 089

357 496

Fr.

%

Wirkliche Ausbezahlte BundesKosten beiträge Fr.

Fr.

824 637

319 045

4000000

50 200 0001 } 400 000 200 000 81) 32000 ) 1 l 32

250 000

50

20 000

25

Zouz

zwischen Celerina und Zuoz , .

Samaden

1931 1936 l

Inn

Bevers 2)

1953

Inn

Samedan 2)

1953

125 000

176 452

88182

5000

14223

3470

·

156 000 94900 40 42 7001) 181) 70 0001) 112 000 1 275 110 300 280 000 ! 40 27 5001) ( 10 !) 28 0001) 728000 1 104 030 599 052 1 340 000 390

1 ) 2

Zusätzlicher Beitrag.

) Hochwasser vom August 1951.

An die von 1885 bis Ende 1926 aufgewendete Summe von 824 637 Franken hat der Bund 319 045 Franken oder durchschnittlich rund 39 Prozent beigetragen; die seit dem grossen Hochwasser des Jahres 1927 bis 1953 aufgewendete Summe betrug l 104 030 Franken und der Bundesbeitrag 599 052 Franken oder durchschnittlich rund 54 Prozent der Bausumme. Wie aus der vorerwähnten Tabelle ersichtlich ist, wurden die in den Jahren 1936 und 1953 bewilligten Kredite nur teilweise in Anspruch genommen. Das Hochwasser vom 21 ./22. August 1954 hat nun die Sachlage dermassen verändert, dass die vorangehenden Vorlagen hinfällig werden.

Die neue Vorlage unterscheidet sich von den bisherigen durch die Grosse der flussbaulichen Aufgabe und die dadurch bedingten hohen Aufwendungen.

Der vom Kanton dem Bunde unterbreitete Kosten Voranschlag beläuft sich auf 14 600 000 Franken. In diesem Betrag sind Kosten für Erneuerungen und, Erweiterungen an bestehenden Brückenanlagen in der Höhe von 250 000 Franken eingeschlossen, die nicht durch die neue Gestaltung der Inn- und Flazkorrektion bedingt sind. Die durch den Bund zu subventionierenden Kosten betragen daher 14 350 000 Franken.

Der ausserordentliche Umfang der auszuführenden Flusskorrektionsarbeiten kommt vielleicht besser zum Ausdruck, wenn man die subventionierbaren Kosten von 14 850 000 Franken durch die Gesamteinwohnerzahl von 3622 Seelen

504

der fünf beteiligten Gemeinden dividiert. Man kommt zu einem Aufwand von beinahe 4000 Franken pro Kopf Bevölkerung. Jedermann kann daraus leicht errechnen, welch gewaltigen Bauwerken eine solche Kopfbelastung in grösseren städtischen Gemeinden - die immerhin finanziell stärker sind als die erwähnten Berggemeinden - entsprechen würde.

In seiner Eingabe vom 12. Februar 1957 stellt das Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden das Gesuch, es sei angesichts der Grosse der Aufgabe und in Berücksichtigung der prekären Finanzlage der beteiligten Gemeinden dem Kanton der höchstmögliche Bundesbeitrag gemäss Bundesbeschluss vom I.Februar 1952 zuzusprechen. Die Finanzlage der an den fraglichen Gewässerkorrektionen interessierten Gemeinden wird charakterisiert durch die nachstehend vergleichsweise aufgeführten Wehrsteuererträge der VII. Wehrsteuerperiode (1953): Gemeinden

Pontresina Celerina Samaden Bevers Ponte Im Mittel für die fünf Gemeinden . .

Mittel Graubünden Mittel Schweiz : ....

Einwohnerzahl im Jahre 1950

774 713 1685 227 223 3622

Wehrsteuerertrag pro Einwohner im Jahre 1953 Fr.

82.60 53.70 34.35 16.25 7.15 45.66 41.50 76.05

Aus dieser Aufstellung geht hervor, dass Bevers und Ponte von den beteiligten Gemeinden die finanzschwächsten sind. Ausserdem müssen wir erwähnen, dass die Gemeinden zudem noch die Lasten für die Verbauung anderer auf ihrem Gebiet liegender Wildbäche zu tragen haben. So werden insbesondere Bevers und zum Teil Samaden an die Kosten der Korrektion und Verbauung des Beverin beizutragen haben. Dieses Verbauungswerk im Kostenbetrag von ungefähr l 470 000 Franken wird Gegenstand anderer Subventionsvorlagen bilden.

Mit Bücksicht auf die grossen Lasten, welche Kanton und Gemeinden auf sich nehmen müssen, um Dörfer, öffentliche Werke und das vorhandene Kulturland gegen weitere Schädigungen durch den Inn und Fläz zu schützen, und im Bestreben, die dortigen Verhältnisse endgültig zu sanieren, beantragen wir Ihnen gestützt auf Artikel l des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952, zugunsten dieser Vorlage einen unabgebauten Bundesbeitrag von 50 Prozent zu bewilligen.

Angesichts der Schäden, die die Unwetterkatastrophe vom August 1954 angerichtet hat, erscheint aber auch die Gewährung eines zusätzlichen Beitrages auf Grund von Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952 als unumgänglich. Bei dessen Bemessung ist von folgenden Überlegungen auszugehen: Der

505

ordentliche kantonale Beitrag belauft sich maximal auf 20 Prozent. Da die Staatsstrasse im Korrektionsbereich liegt und, wie die Ereignisse gezeigt haben, ebenfalls geschützt werden muss, wird der Kanton aus diesem Interessenbereich weitere fünf Prozent zuschiessen. Gemäss Artikel 3.des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952 hat der Kanton zur Erhältlichmachung der zusätzlichen Bundessubvention einen ausserordentlichen kantonalen Beitrag von mindestens 5 Prozent aufzubringen. Die kantonale Leistung zugunsten dieser Korrektionsarbeiten kann daher maximal auf 30 Prozent ansteigen.

Setzt man in Ansehung der Kostenvoranschlagssumme von über 14 Millionen Franken den zusätzlichen Bundesbeitrag auf 10 Prozent fest, so ergäbe sich eine gesamte Bundeshilfe von 60 Prozent und zusammen mit dem kantonalen Beitrag von 80 Prozent eine Kostendeckung von 90 Prozent durch Bund und Kanton. Die Gemeinden und die direkt Interessierten hätten alsdann noch 10 Prozent aufzubringen, d.h. rund 1,4 Millionen Franken, was immerhin einer mittleren Kopfbelastung von ca. 400 Franken entspricht. Da die zwei finanzschwächsten Gemeinden, Bevers und Ponte, deren Einwohner vorwiegend Bergbauern sind, eine unverhältnismässig hohe Kopfbelastung treffen würde, hat der Kanton dafür zu sorgen, dass unter den fünf beteiligten Gemeinden zugunsten dieser zwei Gemeinden ein angemessener Lastenausgleich durchgeführt wird.

Obschon die von den direkt Beteiligten zu tragenden Kosten durchwegs sehr hoch sind, ist anderseits festzustellen, dass ihnen die auszuführende Gewässerkorrektion einen wirksamen Schutz gegen zukünftige Hochwasserschäden bringen wird. Die Wirkung dieser Korrektion ist jedoch auf das anschliessende Gebiet begrenzt. Insbesondere wird das unterliegende Inngebiet von diesen Flussarbeiten keinen Nutzen ziehen. Unter Würdigung all dieser Umstände erachten wir einen zusätzlichen Bundesbeitrag von 10 Prozent als angemessen.

Nach Mitteilung des Kantons werden die Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung und die Eidgenössische Militärverwaltung für ihre Anlagen, nach Abzug der Bundes- und Kantonsbeiträge, in die Perimeterpflicht einbezogen werden. Mit diesem Vorgehen erklärten sich die genannten Bundesstellen einverstanden. Da aber seitens des Kantons noch kein Perimeterplan vorliegt, wünschten diese Verwaltungsstellen die in
Artikel 6 des Beschlussentwurfes aufgeführten Bestimmungen.

Angesichts der Bedeutung dieses Korrektionswerkes sowie der hohen Beiträge des Bundes muss der Bauausführung ein rationelles Bauprogramm zugrunde gelegt werden; die Grosse der Baulose ist so zu bestimmen, dass die Bauarbeiten am Fläz und Tnn nach den heutigen im Tiefbau üblichen Methoden unter Einsatz von Maschinen ausgeführt werden können. Dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat sind daher vor der Inangriffnahme der Arbeiten die Vorschläge für die Einteilung der Baulose, die Preisangebote für die Bauten mit Vergebungsantrag sowie die jährlichen Bauprogranime mit entsprechenden Unterlagen zur Genehmigung einzureichen. Um die Sanierung der Verhältnisse baldmöglichst herbeizuführen und die Gefahr neuer Katastrophen zu bannen,

506 sollen die Schutzarbeiten in einem Zeitraum von etwa fünf Jahren ausgeführt werden. Den Gemeinden kann die sich daraus ergebende jährliche Belastung zugemutet werden.

Der Kanton Graubünden wird dem Eidgenössischen Departement des .Innern gegenüber die Höhe seiner Leistungen und den unter den beteiligten Gemeinden getroffenen Lastenausgleich noch nachzuweisen haben, als Voraussetzung der Eechtskraft der Zusicherung des ausserordentlichen Bundesbeitrages.

Da der mitfolgende Beschluss die vorgesehene Kreditgrenze von 5 Millionen Franken überschreitet, benötigt er, gemäss Bundesbeschluss über die Finanzordnung, das absolute Mehr der beiden Bäte (Ausgabenbremse).

Wir erlauben uns, Ihnen den beigefügten Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den SO.August 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsiden't: Streuli Der Bundeskanzler : Ch. Oser

507 (Entwurf)

'

:

Buudesbeschluss über

die Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für die Korrektion des Inn und Fläz zwischen Pontresina und Ponte sowie für die Verbauung des Morteratsck- und Rosegbaches

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 betreffend die Wasserbaupolizei, des Bundesbeschlusses vom I.Februar 1952 über die Bundesbeiträge an die Kosten von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten sowie von schwer finanzierbaren Gewässer· verbauungen und -korrektionen, nach Einsicht in das Schreiben des Bau- und Forstdepartementes des Kantons Graubünden vom 12. Februar 1957, .

, in eine Botschaft des Bundesrates vom 80. August 1957, beschliesst: ;.

Art. l

Dem Kanton Graubünden wird für die Korrektion des Inn und Fläz zwischen Pontresina und Ponte sowie die Verbauung des Morteratsch- und Kosegbaches ein ordentlicher Beitrag von 50 Prozent der wirklichen Kosten zugesichert bis zum Maximum von 7 175 000 Franken als 50 Prozent des genehmigten Voranschlages von 14 350 000 Franken.

Überdies wird dem Kanton Graubünden auf Grund von Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom l.Februarl952 ein ausserordentlicherZusatzbeitrag von 10 Prozent der wirklichen Kosten bis zum Maximum von l 435 000 Franken als 10 Prozent des genehmigten Kostenvoranschlages von 14 350 000 Franken gewährt, unter den Bedingungen, dass auch der Kanton Graubünden über seinen

508 ordentlichen Höchstbeitrag hinaus einen zusätzlichen Beitrag von mindestens 5 Prozent der Baukosten zuspricht und dass durch den erhöhten Bundesbeitrag namentlich die Gemeinden Bevers und Ponte entlastet werden. Die Erfüllung dieser Bedingungen ist dem Eidgenössischen Departement des Innern anlässlich der Erklärung der Annahme dieses Bundesbeschlusses-nachzuweisen.

Die Zusicherung des zusätzlichen Beitrages wird auf zehn Jahre vom Datum dieses Beschlusses an befristet.

Durch diesen Bundesbeschluss werden die Bundesratsbeschlüsse vom 31.

März 1936, vom 7. Januar 1953 und vom 9. Januar 1953 ausser Kraft gesetzt.

Art. 2 Die Auszahlung des ordentlichen Beitrages erfolgt nach Massgabe der dem Bundesrate zur Verfügung stehenden Mittel, im Verhältnis des Fortschreitens der Bauarbeiten gemäss den vom Baudepartement des Kantons Graubünden eingereichten und vom Eidgenössischen Oberbauinspektorat geprüften Kostenausweisen.

Die Auszahlung des zusätzlichen Beitrages erfolgt im Verhältnis zum ordentlichen.

Art. 8 Das Normalprofil der Innkorrektion ist im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat noch endgültig festzulegen.

Dem Eidgenössischen Oberbauinspektorat sind vor der Inangriffnahme der Arbeiten die Vorschläge für die Einteilung der Baulose, die Preisangebote für die Bauten mit Vergebungsantrag sowie die jährlichen Bauprogramme mit entsprechenden Unterlagen zur Genehmigung einzureichen. Ohne Bewilligung ausgeführte Arbeiten können von der Subventionierung ausgeschlossen werden.

Die Arbeiten am Morteratsoh- und Eosegbach, Fläz und Inn sind, wenn möglich, nach einem Fünf Jahresprogramm fertigzustellen.

Art. 4 Die Ausführung der Arbeiten wird vom Eidgenössischen Oberbauinspektorat überwacht.

Fertiggestellte Teilarbeiten sind abzurechnen. Spätere Ausgaben für solche Bauten gehen zulasten des Unterhaltes.

Art. 5 Der Kanton Graubünden wird verpflichtet, im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei ein Projekt über die Wiederinstandstellung der Waldbestände im Eosegtal auszuarbeiten und innert einer Frist von drei Jahren dem Eidgenössischen Departement des Innern zur Prüfung und Genehmigung einzureichen.

509

Art. 6 Anlagen der Post-, Telegraphen- und TelephonverwahVung können nur im gleichen Umfange zu Perimeterbeiträgen an. die Kosten der vorgesehenen Arbeiten herangezogen werden -wie andere Grundstücke und Gebäude in der gleichen Perimeterklasse oder Gefahrenzone.

Für die Einschätzung des militärischen Zwecken dienenden Grundeigentums des Bundes sind die zwischen idem Eidgenössischen Militärdepartement und dem Kanton Graubünden festgelegten Eichtlinien vom 18.Februar/5,März 1956 verbindlich.

Art. 7 Dem Kanton Graubünden wird für die Erklärung der Annahme dieses Beschlusses eine Frist von einem Jahr gewährt. Der Bundesbeschluss fällt dahin, wenn dessen Annahme nicht innert dieser Frist erfolgt.

Art. 8 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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