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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Förderung des Inlandabsatzes von Zuchtund Nutzvieh sowie von Schafwolle ,

(Vom 26. August 1957)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns hiermit, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Förderung des Inlandabsatzes von Zucht- und Nutzvieh, sowie von Schafwolle, samt Botschaft zu unterbreiten. Im ersten Teil soll die Struktur der viehwirtschaftlichen Produktion im Berggebiet dargestellt und zugleich ein geschichtlicher Überblick über die behördlichen Hilfsmassnahmen auf dem Gebiete der Viehwirtschaft gegeben werden. Im zweiten Teil folgen eine Würdigung des Entwurfes und im dritten Teil Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln.

Erster Teil I. Struktur der viehwirtschaîtlichen Produktion ira Berggebiet 1. Für unsere Bergbauern ist ein reibungsloser Absatz von Zucht- und Nutzvieh (Bindvieh, Pferde, Ziegen und Schafe) zu möglichst günstigen Preisen von ausschlaggebender Bedeutung. Dies erhellt schon daraus, dass die viehwirtschaftliche Produktion am Bohertrag der schweizerischen Landwirtschaft mit rund 75 Prozent beteiligt ist ; auf die Berggebiete bezogen, ist dieser Prozentsatz mangels anderer landwirtschaftlicher Betriebszweige noch höher. Nach dem eidgenössischen Produktionskataster befinden sich 764 Gemeinden ganz und 514 Gemeinden teilweise im Berggebiet, was 30 Prozent der gesamten Kulturfläche entspricht.

36 Prozent der Kindvieh-, 63 Prozent der Schaf-, 75 Prozent der Ziegen-, dagegen bloss 30 Prozent der Schweine- und 19 Prozent der Geflügelbestände entfallen auf die Berggebiete. Aus praktischen Erwägungen war es notwendig, das Berggebiet in drei Zonen zu unterteilen. In die erste Zone fallen die Gebiete mit

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günstigeren, in die zweite Zone diejenigen mit mittleren und in die dritte Zone dagegen jene mit sehr ungünstigen Bedingungen. Vergleicht man die Besitzesverhältnisse zwischen dem Unterland und dem Berggebiet, so ergeben sich pro Betrieb die nachstehenden Durchschnitte : Talgebiet: Bindviehbestand 9,5 Stück, wovon 5,9 Kühe Zone I: Bindviehbestand 9,0 Stück, wovon 5,2 Kühe Zone II: Bindviehbestand 8,5 Stück, wovon 4,1 Kühe Zone III: Bindviehbestand 6,8 Stück, wovon 2,8 Kühe Innerhalb der Tal- und den drei Bergzonen verteilen sich die Bestände der einzelnen Viehgattungen und -kategorien wie folgt : Viehwirtschaftskataster (1951) Berggebiet

Talgebiet

%'

Kälber zur Aufzucht bis Binder über 1 Jahr zur Zucht . . . .

Kühe Bindvieh total . . . .

Mutterschweine . . . .

Schafe Ziegen

173 489 57

176 574 610 496 22765 988 324 61275 70083 36361

I. Zone

%

44678 15

II. Zone

47443

57 44496 14 44823 69 125 621 14 88974 77 3491 12 2219 64 218 286 14 183 459 77 10311 13 6676 37 22173 11 23150 25 18922 13 29048

% III. Zone %

15

41134 13

15 41426 10 61448 7 1199 12 145 207 8 1494 12 76330 19 63913

14 7 4 10 2 40 43

Diese Zahlen führen u.a. zu nachstehenden Überlegungen: Die nach Massgabe der Höhenlage ansteigenden Produktionsschwierigkeiten im Berggebiet lassen einerseits den durchschnittlichen Besitz an Bindvieh zurückgehen, während anderseits die Aufzucht zunimmt. In den entlegenen Gebieten gibt es indessen praktisch keine anderen Erwerbsmöglichkeiten als die Viehzucht.

Im Hinblick auf die grössere Marktentfernung ist eine andere Milchverwertung als für die Aufzucht schwierig. Zudem können die Alpen am ehesten durch Jungvieh und Binder optimal ausgenützt werden. Weil keine Kraftfuttermittel auf dem eigenen Betrieb produziert werden, kommt dort auch die Bindermast nicht in Frage. Aus den vorliegenden Zahlen ist ferner die grosse Bedeutung der Schaf- und Ziegenhaltung in den Höhenlagen ersichtlich. Hingegen kommt der sonst eher einträglichen Schweinehaltung im Berggebiet leider nur nebensächliche Bedeutung zu. In der dritten Zone beträgt z. B. die Zahl der Mutterschweine lediglich noch 2 Prozent des schweizerischen Gesamtbestandes, während sich die Bindviehhaltung auf 10 Prozent beläuft. Aufschlussreich sind ebenfalls die Zahlen über die Entwicklung der Viehbestände von 1900 bis 1950 im Flachland und in den Höhenlagen (s. Anhang). Sie zeigen einerseits eine bedeutende Zunahme in den Niederungen, anderseits eine bemerkenswerte Stabi-

461 lität in der ersten und zweiten Bergzone und einen starken Eückgang in der dritten Bergzone. Vor mehr als fünfzig Jahren lieferte die Schweinezucht in dieser von Natur aus wenig begünstigten Zone noch einen gewissen Beitrag an das Einkommen. Jetzt reicht sie nur noch für die Selbstversorgung aus. In Bezug auf die eigentlichen Aufzuchtverhältnisse beim Bindvieh (Kuhzahl im Verhältnis zum Gesamtbestand) sind hingegen die Ergebnisse nicht eindeutig. In einzelnen Gegenden stellt man eine prozentuale Zunahme der Aufzuchttiere, in andern dagegen eine Erweiterung des Kuhbestandes fest. Wesentlich ist aber die Tatsache, dass trotz Ausweitung der Bindviehhaltung im Flachland der Bedarf an Bergvieh nicht in entsprechendem Ausinass zugenommen hat. Infolge der erfolgreichen Tbc-Bekämpfung und bald einmal auch wegen der weitgehenden Eliminierung der Bang'schen Krankheit dürfte die Haltedauer der Milchkühe erhöht werden, was zu einem geringeren Nachholbedarf an Jungvieh führen wird. Jetzt schon deuten gewisse Zahlen'auf eine Erhöhung der Fruchtbarkeitsziffer, d.h. einen durchschnittlich grösseren Kälberanfall pro Kuh und Jahr hin. Bisher gab der Ersatz der Tbc-Keagenten einen Absatzauftrieb, der künftig wegfallen dürfte.

2. Die landwirtschaftlichen Produktionsverhältnisse sind in unseren Berggebieten einseitig. Ausgedehnten Alpweiden stehen verhältnismässig bescheidene .Winterungsmöglichkeiten gegenüber. Dies zwingt den Bergbauern, innerhalb einer verhältnismässig kurzen Zeitspanne, d.h. zwischen der Alpentladung und dem Beginn der Dürrfütterung, sein überschüssiges Vieh ins Tal abzustossen. Dadurch entsteht im Herbst ein starkes Nutz- und Zuchtviehangebot ( Stossangebot), das besondere Massnahmen verlangt, wenn irgendwelche Störungsfaktoren wie eine ungenügende Kauhfutterernte, Seuchen oder ein etwas übermässig dotierter Viehbestand vorhanden sind. Jährlich werden aus dem Berggebiet ungefähr 40000 bis 50000 Stück Vieh im Unterland abgesetzt. In Anbetracht der oft beschränkten Aufnahmefähigkeit reagiert der Markt auf geringfügige Störungen (Missernte, Trockenheit, anhaltender Begen, vorzeitige Schneefälle) verhältnismässig bald. Besteht ein gewisses Überangebot - es braucht nicht gross zu sein -, so sinken die Preise verhältnismässig rasch; bei Mangel1 hingegen schnellen sie . allzu rapid in die Höhe. Der
Umstand, dass annähernd 94 Prozent des Futterbedarfes für unsere Bindviehhaltung aus der einheimischen Erzeugung gedeckt wird (Gras, Heu und Emd), erhellt eindeutig die starke Wechselwirkung zwischen den Absatzverhältnissen und den Ernte-Ergebnissen.

Angebot und Nachfrage wirken sich in der Bindviehproduktion durch ein periodisches Überangebot und eine zeitweise Verknappung aus (6j ähriger Zyklus). Es sei lediglich auf die für die bergbäuerlichen Züchter sehr verlustreichen Jahre 1922, 1928 und 1934 hingewiesen und daran erinnert, dass die für 1940 erwartete ausserordentliche Krise durch den Kriegsausbruch vermieden wurde.

Irn Zusammenhang mit den periodischen Absatzstörungen wird immer wieder auf die Notwendigkeit einer Produktionsregelung hingewiesen. Eine solche ist praktisch jedoch nur bei den Schweinen möglich, im Hinblick darauf, dass ihr Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

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Futterverbrauch zu rund 50 Prozent aus Einfuhren gedeckt wird. Hingegen fehlen in der Bindviehhaltung die Maßstäbe für allgemein gültige Normen, zumal die Futterbasis allzusehr von natürlichen Faktoren abhängt. Überdies werden bei Produktionsregelungen meist die tüchtigen Landwirte benachteiligt. Alle bisherigen Anläufe in dieser Eichtung sind deshalb bis heute ergebnislos geblieben.

Obschon es besonders in den Berggebieten noch zu viele Betriebe mit übersetzten Herden gibt, dürften individuelle Beratungen eher als allgemeine Normen zum Ziele führen.

8. Der Zuchtviehexport wird als das Schwungrad der schweizerischen Tierzucht bezeichnet. In der Tat gleicht er das Angebot aus, behebt oder mildert Absatzstörungen und stimuliert dank der besserenPreise die Qualitätsproduktion.

Das einmal ausgeführte Vieh belastet den inländischen Markt nicht mehr.

Zuchtvieh-Exporte Jahr

1900-1906 1907-1913 1914-1918 1919-1925 1926-1929 1930-1931 1932-1935 1936-1939 1940-1945 1946-1948 1949-1956

.

Total Stück

182944 126834 139783 50670 23192 3778 38807 24304 57299 35943 32024

Durch

^^StÜCk

26134 18119 27956 7238 5798 1889 9701 6076 9549 11981 4003

Von 1900 bis 1918 war die Viehausfuhr verhältnismässig gross. Der erste Bückschlag trat kurz nach dem Kriege 1914/18 ein, d.h. nachdem der Nachholbedarf der einzelnen Länder gedeckt worden war. In den zwanziger Jahren ging der Export zuerst langsam und dann zu Beginn der dreissiger Jahre wesentlich rascher zurück und erreichte 1931 mit 1311 Stück den Tiefstand. Von 1932 an mussten besondere Massnahmen (Exportbeiträge) zur Belebung der Ausfuhr getroffen werden, worauf sie sich etwas erholte. In der zweiten Hälfte der dreissiger Jahre begegnete der Export jedoch erneuten Schwierigkeiten. Die Importvorschriften wurden allgemein verschärft, und die Autarkiebestrebungen in der Wirtschaftsführung wirkten überaus hemmend. Die Kriegszeit 1939/45 brachte hingegen wiederum eine starke Belebung der Ausfuhr und auch in den folgenden Jahren war ein grosser Bedarf zu verzeichnen. Durch die im Jahre 1949 in mehreren Käuferstaaten vorgenommenen Abwertungen entstanden derartige Preisdiskrepanzen, dass sie ohne Exportbeihilfen zu einem vollständigen Zusammenbruch unserer Ausfuhr geführt hätten. Dazu gesellten sich noch andere nicht unbedeutende Schwierigkeiten, wie beispielsweise aussergewöhnhch hohe sanitäre und züchterische Anforderungen.

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Wenn auch die Zeiten der grossen Ausfuhren der Vergangenheit angehören, so darf dieses Ventil doch nicht zu gering eingeschätzt werden. Der Einsatz von Mitteln der öffentlichen Hand lässt sich vollauf rechtfertigen. Leider bringt im Hinblick auf die Situation des einheimischen Marktes der Export jedoch keine genügende Entlastung. Es müssen noch andere Vorkehren getroffen werden, um einen nur einigermassen geordneten Zuchtviehabsatz zu erhalten.

Glücklicherweise scheint sich durch die absolute wie relative Vermehrung des Fleischkonsums eine Entwicklung auf dem Schlachtviehsektor abzuzeichnen, die zum mindesten einstweilen einen Ausgleich im Angebot von Nutzvieh bringen sollte.

rahr Janr ,

1913/14 1935 1952 1956

_ , . - . · F eischertrag in Tonnen

144579 167921 170848 195431

Fleischverbrauch p r o Bevölkerung kg

Kopf der

39 45,5 38,1 44

Sofern der Fleischkonsum pro Kopf der Bevölkerung gleich bleibt wie heute, ja sogar noch etwas zunimmt - die Schwelle von 1935 ist noch nicht erreicht -, so dürfte mit einem erhöhten Inlandbedarf gerechnet werden. Allerdings sollte sich der vermehrte Konsum nicht allzusehr auf das Schweinefleisch verlagern, ansonst sich die erwartete, dringende Entlastung zu wenig auswirken würde. Die für die Förderung des Viehabsatzes im Inland einzuleitenden Massnahmen sind in den Eahmen dieser neuen Verhältnisse zu stellen und allfällige überschüssige Tiere frühzeitig an die Schlachtbank abzugeben.

Zusammenfassend ergeben sich auf Grund der vorstehenden Ausführungen folgende Feststellungen : ' . ; a. eine weitgehende Ausdehnung der Eindvieh- und Schweinehaltung im Flachland und umgekehrt eine grössere Stagnation der entsprechenden Bestände in den Berggebieten, besonders in der wirtschaftlich ungünstigen dritten Zone, ertrotz dieser Entwicklung keine feststellbare vermehrte Nachfrage nach Bergvieh seitens des Unterlandes, .

.

c. einen starken Eückgang im Export, so dass die frühere ausgleichende Wirkung der Ausfuhr nur zum Teil imstande ist, die Nachfrage mit dem Angebot auf dem Nutzviehmarkt in Einklang zu bringen, d. einen vermehrten Fleischverbrauch, der mit den entsprechenden Massnahmen eine Entlastung auf dem Wege zusätzlicher Schlachtungen bringen, sollte.

· .

464 II. Kritische Würdigung dei durch das Landwirtschaftsgesetz vom 3. Oktober 1951 gebotenen Möglichkeiten für die Förderung des Inlandabsatzes von Zucht- und Nutzvieh sowie von Schafwolle Das Landwirtschaftsgesetz vom S.Oktober 1951 sieht hinsichtlich der vieh-wirtschaftlichen Produktion eine ganze Anzahl von Massnahmen zugunsten des Berggebietes vor. In erster Linie ist auf die Bestimmungen technischer Natur im Abschnitt Tierzucht hinzuweisen : Der wichtigste Verordnungsentwurf über die Eindvieh- und Kleinviehzucht ist den Kantonen und Wirtschaftsverbänden am '6. Juni 1957 zur Stellungnahme übermittelt worden, und es ist zu hoffen, dass diese Verordnung auf den 1. Januar 1958 in Kraft tritt. In wirtschaftlicher Hinsicht verdienen namentlich Artikel 2 und der noch nicht in Kraft gesetzte Artikel 57, besonders aber Artikel 25 eine spezielle Würdigung. Dabei fällt auf, dass das Gesetz in mancher Beziehung weniger weit geht als die Botschaft. Es ist daher angezeigt, auf diese Diskrepanz hinzuweisen.

Zu Artikel 2 wird in der Botschaft zum Landwirtschaftsgesetz vom 19. Januar 1951 folgendes ausgeführt (BEI 1951, I, 150): Artikel 2 stellt den Grundsatz auf, dass für die Berggebiete bei der Durchführung des Gesetzes auf die erschwerten Produktions- und Lebensbedingungen besonders Bücksicht zu nehmen ist. In finanzieller Hinsicht fallen zur Ausführung des Artikels 2 beispielsweise in Betracht, Prachtbeiträge an den Transport von Nutz- und Zuchtvieh aus abgelegenen Berggebieten, bessere Unterstützung der Viehzuchtgenossenschaften in Berggegenden und, falls der Export gefördert wird, Berücksichtigung vorab der Berggebiete.

Beinahe die gleichen Erläuterungen werden zu Artikel 57 (früher Art. 55) gemacht (BEI 1951, I, 218) : Die Züchter in Berggegenden beklagen sich immer wieder über eine Ausdehnung der Zucht im Flachland. Dadurch werden ihre Absatzmöglichkeiten beeinträchtigt.

Nun könnte es sich nicht etwa darum handeln, ausserhalb allgemein gültiger Massnahmen durch direkten Eingriff die Zucht im Unterland zwangsweise zu beschränken.

Artikel 57 soll lediglich die Möglichkeit schaffen, im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse die Aufzucht für den Verkauf in Gebirgsgegenden zu begünstigen. Wir denken dabei unter anderem an Frachtbeiträge für Viehtransporte, an die besondere Unterstützung bergbäuerlicher
Zuchtgenossenschaften bei der Beschaffung und Prämiierung wertvoller männlicher Zuchttiere, an Massnahmen für die Förderung von Zuchtviehexporten und an eine Vorzugsstellung im Falle der Verwertung von ; Überschüssen.

Aus dem Kommentar zu Artikel 25 (früher Art. 24) (BEI 1,189) sei schliesslich folgendes wiedergegeben: Artikel 25 handelt von der Verwertung von Marktüberschüssen und der Rücknahmepflicht der Produzenten. Er soll dann zur Anwendung gelangen können, wenn trotz der in den Artikeln 18, 20, 22 und 23 (nach dem Landwirtschaftsgesetz vom S.Oktober 1951 Artikel 19, 21, 23 und 24) vorgesehenen Massnahmen in einzelnen landwirtschaftlichen Erzeugnissen vorübergehend Marktüberschüsse entstehen, die zu Preiszusammenbrüchen führen könnten, was bei einer naturbedingten Produktion durchaus möglich ist. ... In der Regel genügen verhältnismässig kleine Mittel, um einen Preiszusammenbruch zu verhüten. Im Entwurf sind die Interventionsmöglich-

465 keiten so eingeengt, dass beständige unbegründete Ansprüche an den Bund nicht zu befürchten sind. Abgesehen von der vorgeschriebenen Befragung der Landwirtschaftskommission muss es sich um befristete Einzelaktionen zur Marktentlastung, im Sinne einer eigentlichen Überschussverwertung handeln; die Kosten sind aus dem Ertrag der nach dem Landwirtschaftsgesetz erhobenen Preis- und Zollzuschlägen zu decken, und die interessierten Kantone müssen angemessene Beiträge leisten. Es kann sich hier also nicht darum handeln, etwa eine Produktion zu unterstützen, die sich in Missachtung der gegebenen Absatzmöglichkeiten entwickelt und zu dauernden Marktüberschüssen führt.

Wenn auch .Artikel, 2 des Landwirtschaftsgesetzes vorschreibt, dass den erschwerten Productions- und Lebensbedingungen im Berggebiet besonders Bechnung zu tragen sei und Artikel 57 des nämlichen Gesetzes verlangt,'dass bei der Aufzucht von Zucht- und Nutztieren für den Verkauf die Berggebiete zu begünstigen sind, so lassen diese zwei. Bestimmungen eine Berücksichtigung der bergbäuerlichen Belange jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu, gestatten hingegen keine Massnahmen, die im Gesetz nicht selbst aufgeführt sind.

In der Botschaft wurde wohl die Auffassung vertreten, die bisherigen Massnahmen zur Förderung des. Viehabsatzes im Inland (z.B. Frachterleichterungen) seien nach wie vor durchzuführen; diesbezügliche Bestimmungen fehlen indessen.

Obschon in den Erläuterungen zu Artikel 25 Landwirtschaftsgesetz der Zuchtund Nutzviehabsatz nicht, besonders erwähnt wurde, dürften die dort vorgesehenen Massnahmen auch hierfür angewandt werden können. Gestützt auf Artikel 25 Landwirtschaftsgesetz ist der Bund ermächtigt, zur Vermeidung von Preiszusammenbrüchen bei'wichtigen landwirtschaftlichen Produkten befristete Einzelaktionen zur Marktentlastung im Sinne der ÜberschussVerwertung durchzuführen oder sich an den Kosten solcher Massnahmen zu beteiligen. Ferner darf er weitere im allgemeinen Interesse liegende Massnahmen zur Absatzförderung unterstützen.

Vorgängig ist jeweils die beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes^nzuhören. Es handelt sich dennoch um eine,ausgesprochene Krisenbestimmung. Regelmässig wiederkehrende Absatzmassnahmen zugunsten .der bergbäuerlichen Züchter lassen sich daher nicht ohne weiteres in den Anwendungsbereich von Artikel 25 Landwirtschaftsgesetz einfügen, obwohl sie eine unentbehrliche Hilfe bringen und sozialpolitisch zweckmässig sind. So wären gestützt auf die erwähnten Bestimmungen u.a. die bisherigen Entlastungskäufe an den Zuchtstiermärkten, den kantonalen Zuchtstierschauen und den Fohlenmärkten, die Ausmerzung von für die Zucht ungeeigneten Kälbern, ferner die Frachtvergünstigungen für Viehtransporte aus entlegenen Berggebieten und andere Vorkehren (Wollabsatz) nicht mehr wie früher zulässig. Die in den letzten Jahren entstandenen Schwierigkeiten bezüglich der Interpretation sowie der Handhabung von Artikel 25 drängen auf eine
Schliessung der festgestellten Lücken durch einen Bundesbeschluss über die Förderung des Inlandabsatzes von Zucht- und Nutzvieh sowie von Schafwolle. ] Nach Absatz l von Artikel 23 Landwirtschaftsgesetz ist der Bundesrat befugt, unter Eücksichtnahme auf die andern Wirtschaftszweige und sofern der Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu Preisen, die nach den Grundsätzen

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.

dieses Gesetzes angemessen sind, durch die Einfuhr gefährdet wird, verschiedene Vorkehren zu treffen, unter anderen die Importeure zur Übernahme von gleichartigen Erzeugnissen inländischer Herkunft und handelsüblicher Qualität in einem zumutbaren Verhältnis zur Einfuhr zu verpflichten und die hiezu nötigen Massnahmen zu treffen und Vorschriften zu erlassen.

Gestützt auf diese Bestimmung konnte u.a. die Schlachtviehverordnung vom 30. Dezember 1953 (Verordnung betreffend Schlachtviehmarkt und Fleischversorgung) aufgestellt werden. Die Versorgung unseres Landes mit einheimischen Fleischerzeugnissen genügt nicht. Sie erforderte in den letzten Jahren z.B. eine Einfuhr von 8 bis 10 Prozent des Gesamtbedarfes. Somit war es möglich, die Importeure in einem bestimmten Umfange zu verpflichten, Überschüsse im Inland zu festgelegten Preisen zu übernehmen. Nun wird aber kein Zucht- und Nutzvieh des Einder-, Schweine-, Ziegen- und Schafgeschlechtes eingeführt, weshalb eine Eegelung, wie sie beim Schlachtvieh besteht, für die Förderung des Zucht- und Nutzviehabsatzes nicht getroffen werden kann. Diesem grundsätzlichen Unterschied wurde bis anhin in Auseinandersetzungen über diese Frage wohl zu wenig Eechnung getragen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Erlass neuer Vorschriften notwendig ist.

III. Bisherige behördliche Erlasse auî dem Gebiete der Förderung des Viehabsatzes Es soll nicht im einzelnen auf die Entstehung, Anwendung und Auswirkung behördlicher Massnahmen auf dem Gebiete des Viehabsatzes zurückgekommen werden. Es seien im folgenden lediglich die wichtigsten Beschlüsse erwähnt, nämlich: der Bundesbeschluss vom 12. Oktober 1922 betreffend eine ausserordentliche Bundeshilfe für die schweizerische Viehhaltung; der Bundesbeschluss vom 28. September 1928 betreffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft, der unter anderem einen Betrag von 1,5 Millionen Franken für die Viehzucht vorsah, und zwar namentlich zur Hebung des Viehabsatzes und besonders des Exportes von Zuchtvieh (Eindef und Ziegen), ferner weitere 1,5 Millionen Franken zur Unterstützung von Notstandsaktionen der Kantone und landwirtschaftlichen Organisationen, speziell für notleidende Bergbauern sowie für die Kleinbauern im Flachland; der Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1932 über eine Erweiterung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten, welcher einen Viertel des Ertrages der eingehenden Zollzuschläge auf Futtermitteln für anderweitige Massnahmen zur Linderung der landwirtschaftlichen Notlage (Förderung des Viehabsatzes) ausschied ; der Bundesbeschluss vom 13. April 1933 über die Fortsetzung der Bundeshilfe
für die schweizerischen Milchproduzenten und für die Linderung der landwirtschaftlichen Notlage, der einen Betrag von bis zu 2 Millionen Franken für die Förderung des Viehabsatzes bereit stellte.

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Von 1933 an sind auf Grund des letztgenannten Beschlusses die Massnahmen zur Förderung des Viehabsatzes im Inland systematisch ausgebaut worden. Nach Artikel 13 der bundesrätlichen Verordnung vom 6. August 1935 über die Einschränkung der viehwirtschaftlichen Produktion wurde dem Volkswirtschaftsdepartement die Kompetenz eingeräumt, Massnahmen zur Förderung des Viehabsatzes zu treffen. Gestützt auf diese Bestimmung erliess es von 1935 an regelmässig bis in die letzten Jahre, entsprechende Verfügungen, auf, Grund welcher die notwendigen Aktionen durchgeführt worden sind.

Zweiter Teil I. Gesamtwürdigung des Entwurfes und grundsätzliche Stellungnahmen der Kantonsregierungen, Wirtschafts- und Fachorganisationen

Infolge der langandauernden, schwerwiegenden Absatzkrise ist im Berggebiet eine züchterische «Verarmung» entstanden, d.h. es ist in einzelnen Gebieten eine Qualitätsverminderung des Viehbestandes eingetreten. In erster Linie gilt es - und hierüber sind sich alle beteiligten Kreise einig -, die Verbesserung der Herden in den Berggebieten anzustreben, damit der unbedingt notwendige Qualitätsvorsprung gegenüber dem Unterland möglichst rasch wieder hergestellt werden kann. Dadurch dürfte eine Einschränkung der Zucht im Flachland am ehesten erreicht werden. Die allgemeinen züchterischen Massnahmen wirken sich leider nur langsam aus und genügen nicht in allen Fällen, um innert angemessener Frist die einzelnen Bestände auf die notwendige höhere Qualitätsstufe zu bringen. Ergänzende Vorkehren sind deshalb unerlässlich. Es handelt sich zwar um wirtschaftliche Massnahmen, doch werden sie sich zum grössten Teil auch züchterisch gut auswirken. Sie ergänzen sinnvoll die Bestimmungen, die in Ausführung der Artikel 47-57 des Landwirtschaftsgesetzes in der im Entwurf vorliegenden Verordnung über die Bindvieh- und Kleinviehzucht in Aussicht genommen worden sind.

Bei der Ausarbeitung des Entwurfes wurde auf die bald dreissigj ährigen Erfahrungen abgestellt. Bewährte Massnahmen sind beibehalten und ausgebaut worden. Auf andere dagegen wurde verzichtet, da sie entweder versagten, zu kostspielig, umstritten oder in ihren Auswirkungen ungenügend waren.

Bei den Entlastungskäufen und Ausmerzaktionen müssen die tatsächlichen Verwertungsverhältnisse berücksichtigt werden. Im Vordergrund steht die Abschlachtung der zur Aufzucht und Nutzung frühzeitig untauglich gewordenen jungen Tiere. Erst in zweiter Linie soll in Zusammenarbeit mit dem angestammten Viehhandel und unter Vermeidimg von Störungen im normalen Marktablauf Nutzvieh vermittelt werden.

Die Mehrzahl der Kantone und der Wirtschafts- und Fachorganisationen stimmen dem Entwurf zu. Die wenigen gemachten Abänderungsanträge wurden in der vorliegenden Fassung so gut als möglich berücksichtigt. Mehrere Wirtschafts- und Fachorganisationen, die sich mit bergbäuerlichen Fragen befassen, und mit ihnen eine Anzahl Bergkantone, erachten den Beschlussesentwurf als zu wenig weit abgefasst, während andere den behördlichen Eingriffen gegenüber eine

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gewisse Zurückhaltung an den Tag legen und es begrüsst hätten, wenn die Hilfeleistungen im Rahmen des bestehenden Landwirtsohaf tsgesetzes erfolgen könnten.

Nach den bergbäuerlichen Organisationen hätte das Berggebiet auf eine Regelung Anspruch, die ihm ein von periodischen Absatzkrisen weitmöglichst abgeschirmtes Auskommen sichert. Im Bundesbeschluss seien bloss die bisher üblichen Massnahmen zur Förderung des Viehabsatzes berücksichtigt worden.

Diese genügten aber nicht, um den Viehabsatz sicherzustellen und den Züchtern kostendeckende Preise zu gewährleisten. Der Entwurf sei daher zu ergänzen und müsse zum Ziele haben, auf lange Sicht die Qualitätszucht und die wirtschaftliche Festigung des Bergbauernstandes zu erreichen. Das Problem der Absatzsicherung und der Produktionslenkung in bergbäuerlichen Gebieten sollte daher als Ganzes von Grund auf erörtert und in einem umfassenden Beschluss behandelt werden. Die grundsätzliche Frage des Vorgehens ist inzwischen mit den interessierten Kreisen abgeklärt worden. Man war sich darüber einig, dass die im Landwirtschaftsgesetz festgestellte Lücke möglichst rasch ausgefüllt werden müsse, ansonst die dringenden Massnahmen zur Absatzförderung nicht mehr getroffen werden könnten. Anderseits wurde man sich bewusst, dass eine Preis- und Absatzsicherung für Zucht- und Nutzvieh sehr weitschichtige Probleme aufwirft, deren nähere Abklärung noch zeitraubende Studien erheischt.

Im Hinblick auf diese Verhältnisse hält es das Koordinationskomitee für Viehwirtschaft des Schweizerischen Bauernverbandes als richtig, dass einstweilen die gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung des Viehabsatzes nach dem vorliegenden Entwurf erlassen werden; es erwartet aber, dass nachher die erwähnte Marktordnung doch noch verwirklicht werde. Diese Kreise machen ferner geltend, dass für den Bergbauern, der beinahe ausschliesslich auf den Verkaufserlös seines Zucht- und Nutzviehs im Herbst angewiesen sei, eine Sicherung weder im Absatz noch im Preis bestehe. Sie ziehen Vergleiche mit dem Getreide- und dem Alkoholgesetz sowie mit den Milch- und Schlachtviehabsatzregelungen, die eine viel günstigere Lösung des Absatzproblems darstellten. Die viehwirtschaftliche Produktion in den Berggebieten sèi derart klima- und konjunkturbedingt, dass man sich auf lange Sicht mit blossen absatzfördernden
Massnahmen nicht mehr begnügen dürfe. Es müsse von Bundes wegen eine Absatz- und Preisgarantie für Zucht- und Nutzvieh gewährt werden.

Dem Vernehmen nach wird der Schweizerische Bauernverband eine Expertenkommission einsetzen und entsprechende Vorschläge ausarbeiten. Bei der Gewährung einer Preis- und Absatzgarantie ist davon auszugehen, dass, abgesehen von wenigen Vermittlungen durch-bäuerliche Organisationen und dem direkten Verkehr zwischen Berg- und Talbauer, bekanntlich der gesamte Zucht- und Nutzviehabsatz aus dem Berggebiet durch den berufsmässigen Handel erfolgt. Es sind daher in Zusammenarbeit mit diesem zahlreiche Probleme abzuklären, was ein etappenweises Vorgehen empfehlenswert erscheinen lässt. Vorerst sollen jedoch, wie bereits erwähnt, die dringlichen, unentbehrlichen Gesetzesgrundlagen zur Ausfüllung der bestehenden Lücken geschaffen werden, worauf dann das Problem der Preis- und Absatzgarantie mit aller Gründlichkeit geprüf t werden kann.

Viehwirtschaftskataster

Entwicklung der Viehbestände von 1900--1950

190« » Total

Tal

Bevölkerung Total . . . 3 315 443 2460665 -- Landw. Bevölkerung . .

-- Landwirtschaftsbetriebe .

-- -- Rindviehbesitzer.. . . . 213744 135 092 Kälber z. Z. bis 1 Jahr . 244419 131 277 Rinder z. Z. über 1 Jahr 242173 117 136 739 922 486975 Kühe 12485 19911 Zuchtstiere Bindvieh Total . . . . 1 340 375 818 569 1) 68 856 !) 51 684 Pferdebesitzer 94876 124 896 Pferde Total Esel- u. Maultierbesitzer 4966 3861 Esel und Maultiere . .

Schweine Total . . . . 555 261 382 758 33801 53 626 Mutterschweine . . . .

51271 219 438 Schafe Total Ziegen Total . . . . . 354 634 141 931 Hühner Total davon Leghühner . . .

-- 1

) inkl. Esel- und Maultierbesitzer

%

I

343 712 -- -- 63 27840 54 34756 49 36478 74

66 101 707 63 2867 61 186 281 75 1) 8208 76 14171 78

69 63 23 40

323 75183 7970 21818 49113

--

192t Ï

% %

II

10

330 765 -- -- 26097 39347 44223 86746 2716 180 519 1) 5 956 10710

13 14 15 14 14 14 12 11

6 14 15 10 14

593 64445 8234 34401 66904

--

%

III

180 301 -- -- 12 24715 39039 16 18 44336 64494 12 1843 14 13 155 011 9 !) 3 008 5139 9 10

12 11 15 16 19

-- 189 32875 3621 111 948 96686 -- --

% %

Total

Tal

6 3 880 320 2 993 738 -- -- -- -- 12 200 423 124892 16 283 704 165 869 18 276844 155 368 8 747 138 493 348 9 33666 24552 12 1 425 341 891 148 4 71749 54160 4 134 143 104056 4402 1344 4 4739 1506 6 640 091 451 495 7 68789 45788 51 245344 64980 27 330048 109 397 3247243 2 440 543

% %

I

77 362 496

63 59 56 66 73 63 76 78 31 32 71 67 27 33 75

194()

%

II

9 333048

-- -- -- -- 26291 13 24578 39626 14 40617 39719 14 42749 102 267 14 86538 3184 3766 11 204049 14 186 235 5860 8789 12 15094 11 10923 404 9 1290 1352 436 9 82852 13 66425 9712 14 8975 27986 11 37825 43016 13 65893 396 996 12 252 468

% %

III

9

191 038 -- -- 24662 37592 39008 64985 2164 143 909 2940 4070 1364 1445 39319 4314 114 553 111 742 157 236

12 14 16 11 10

13 8 8 29 29 10 13 15 20 8

%

Total

Tal

%

5 4255703 3 351 453 79

I

383 125 118 282 31485 26052 37 910 13 277 002 14 340 815 48247 9 863 155 115 000 6 31 369 3655 10 1 584 326 1 022 206 64 209 715 56096 76 4 73827 9134 3 144387 114246 79 15880 820 24 3497 324 31 910 26 3489 332 30 6 764 378 561 002 73 99486 41546 73 6 57223 7888 62329 31 19214 47 198 174 65349 30 25453 34 214 706 5 3 751 681 2 881 228 77 444688 3244092 2461664 76 394047

865 650 238 481 12 185245

549 410 63 151 710 63 112 093 61 156 159 56 197 142 58 591 118 69 23584 75

% %

195( ) II

9 322 962 14 104479 13 27980 14 23859 14 43969 14 52189 13" 92351 2693 11 1 14 195384 12 5704 11 10692 1090 9 1018 10 69644 13 6052 14 10 26006 12 42884 12 262 994 12 238 971

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III

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Total

Tal

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I

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^

II

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7 198 163 5 4714992 3 799 040 80 383 669 8 325 867 7 12 93479 11 765 616 482448 63 106 866 14 94640 12 12 27306 12 -- -- -- -- 23241 12 170 117 100 899 60 24271 14 22811 13 13 16 38964 14 306744 171 439 56 43791 14 49931 16 43237 13 313 378 180 313 58 43308 14 47463 15 15 11 64686 7 886 539 605 712 68 120 199 14 98246 11 9 2378 8 1437 5 29674 3321 11 22755 77 12 157 021 10 1 607 271 1 032 482 64 219 751 14 202 734 13 5660 8 8 2893 4 70721 9003 13 53187 75 8 3569 2 131 374 102 152 78 15169 12 10814 8 840 32 31 1263 36 2592 258 10 557 22 717 28 29 2549 284 11 1229 35 639 25 9 34246 5 892 095 675 279 76 105 297 12 80731 9 7192 9 10 1737 3 79756 10387 13 60638 76 13 90625 46 191 736 70230 37 18239 9 25747 13 20 81020 38 148244 36734 25 16992 12 30153 20 7 162 771 4 6 239 8814 982 717 80 652 305 10 384 649 6 7 149 410 5 4280939 3 285 046 77 499 459 11 305 373 7

III

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206 416 81662 -- 22136 41583 42294 62382 1220 152 304 2871 3239 937 909 30788 1539 77520 64365 220 210 191 061

5 11

13 14 13

7 4 9

4 2 36 36 3 2 41 43 4 5

469

Einen andern, zurückhaltenden Standpunkt nehmen gewisse schweizerische Wirtschaftsorganisationen ein. Diese Gruppe macht zur Hauptsache folgende "Überlegungen geltend: Es bestehe ein gewisses Missbehagen über die dauernde Subventibnspolitik mit einem etwas dirigistischen Einschlag. Bei allem. Verständnis für' die Lage der Bergbauern müsse daran gezweifelt werden, ob auf diese Art eine wesentliche Hilfe möglich sei. Die im Beschluss vorgesehene Absatzförderung sei nicht unbedingt dazu geeignet, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit unseres Viehbestandes voll auszuschöpfen und es sei zubefürchten, dass beim Bekanntwerden annehmbarer Absatzbedingungen die Gleichgültigeren unter den Landwirten sich nicht mehr bewegen lassen, auf modernere Methoden umzustellen. Jedenfalls müsse Wert darauf gelegt werden, dass die Massnahmen züchterischen Charakters mit günstigen wirtschaftlichen Auswirkungen in erster Linie ausgeschöpft würden, wobei die übrigen Vorkehren eine Art Notmassnahme sein und bleiben müssten. Aus den gleichen Kreisen macht der an den vorgesehenen Massnahmen am meisten interessierte Wirtschaftsverband für den Viehverkehr ein grundsätzliches Bedenken geltend. Er bezweifelt, ob durch Stützungsmassnahmen Störungen im Absatz ohne weiteres behoben .werden können, und ist der Auffassung, dass aus derartigen Interventionen im Gegenteil oft sogar Schwierigkeiten entstünden, da der Viehhandel ausgeschaltet werde.

Auch wenn der Handel durch die geplanten Massnahmen nicht gestört werden sollte, so bringe doch jeder Einsatz von öffentlichen Mitteln beim einzelnen Kauf eine Beeinträchtigung des normalen Marktablaufes mit sich. Auf alle Eälle dürften Ausmerzungen geringerer Tiere durch Schlachtung nur anlässlich der überwachten Schlachtviehmärkte mit anschliessender Verteilung der nicht abgesetzten Tiere durch die Schweizerische Genossenschaf t für Schlachtvieh- und Fleischversorgung (GSF) erfolgen. Nachdem die beauftragte Organisation den Beitrag für den Zuchtwert der auszumerzenden Tiere bestimmt habe, müsse der freie Markt über die für die Schlachtung bestimmte Viehware ohne weiteres verfügen können.

Wesentlich heikler sei aber die Frage, ob Stützungsaktionen für den Absatz von minderwertigem Zucht- und Nutzvieh aus den Berggebieten verantwortet werden könnten. Der Entscheid über
die Notwendigkeit oder die Angemessenheit solcher Hilfsaktionen dürfe nicht in den Händen der landwirtschaftlichen Organisationen liegen, sondern es müsse ein Gremium geschaffen werden, das dem Bund und den Kantonen gegenüber die Verantwortung trage, damit kein Missbrauch öffentlicher Gelder erfolgen könne. Die Aufgabe dieses Gremiums müsse es sein, nicht nur Aktionen zur Behebung von Störungen auf dem Zucht- und Nutzviehmarkt anzuordnen, sondern auch Vorkehren zur Produktionslenkung einzuleiten und entsprechende Richtlinien für die verschiedenen Aktionen aufzustellen.

Was diese letzte grundsätzliche Bemerkung anbelangt, interpretiert der genannte Verband vermutlich Artikel l des Entwurfes etwas allzu weitgehend.

Es handelt sich ja lediglich darum, die seit langem angewendeten Massnahmen zur Entlastung des Nutz- und Zuchtviehmarktes rechtlich zu untermauern, "um indessen den erwähnten Bedenken trotzdem Rechnung zu tragen, ist in Artikel l der Ausdruck «landwirtschaftliche Organisationen» in «beauftragte Organisa-

470

tionen» abgeändert worden. Zudem wurde ausdrücklich festgehalten, dass Ankauf und Verwertung der Tiere nach den Weisungen des Bundes erfolgen. Damit dürfte einer der Haupteinwände der Wirtschaf tsverbände beseitigt worden sein.

Es ist ja, nachdem eine auf ;Grrund von Artikel l auf breiter Basis zu erfolgende Viehvermittlung stattfindet, ohne weiteres gegeben, dass alle interessierten Organisationen, vorab der Viehhandel, eingeschaltet werden müssen. Zudem soll er grundsätzlich auch für beschränkte Massnahmen zur Mitarbeit herangezogen werden. Die übernommenen Tiere sollen nicht allein nach Artikel 2 ausgemerzt werden; auch die meisten der gestützt auf Artikel l übernommenen Nutz- und Zuchttiere sind der Schlachtbank zuzuführen. Unter diesen Umständen und nachdem andere Verwertungsmöglichkeiten fast ganz ausser Betracht fallen, ist es nicht notwendig, von Anfang an eine paritätische Kommission zu bezeichnen.

Jegliche Störung des normalen Ablaufes des Marktgeschehens im Eahmen der praktischen Handhabung dieses Beschlusses soll auf alle Fälle vermieden werden.

Niemand soll vom Ankauf der übernommenen Tiere ausgeschlossen sein, d.h.

es kann sich jedermann im freien Wettbewerb daran beteiligen.

Der weiter oben erwähnte Einwand, die vorgeschlagenen Massnahmen förderten-die Gleichgültigkeit oder hemmten den Eifer zur Hebung der Qualität, ist unbegründet. Ein einfaches Beispiel vermag dies klarzulegen: Die Preisdiskrepanz zwischen dem Nutz- und Schlachtvieh ist kaum irgendwo so gross wie in der Schweiz. Ein trächtiges Bind oder eine Kuh kosten auf dem Markt 1800 bis 2200 Franken. Wird das Tier geschlachtet, so ergibt sich ein Verlust von ca.

1000 Franken. Auch mit einem Ausmerzbeitrag von 200 bis 300 Franken oder etwas mehr erleidet deshalb der Züchter noch einen beträchtlichen Verlust, weshalb die erwähnten Befürchtungen unbegründet sind.

II. Erörterung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes Ingres s : Der Beschlusses-Entwurf stützt sich auf Artikel Slbis, 32 und 64bis der Bundesverfassung. Die vorgesehenen Massnahmen dienen der Landwirtschaft im Sinne von Buchstabe b, Absatz 3, des zitierten Artikels Slbis, diejenigen zugunsten der inländischen Schafwolle aber auch noch der Wehrwirtschaft (Buchstabe e), nämlich der Landesversorgung mit Wolle. Massnahmen gemäss Buchstabe b setzen Selbsthilfemassnahmen
voraus (Art.Slbis, Abs.4 BV). Was den zu schützenden Kreisen in dieser Beziehung billigerweise zugemutet werden kann, ist gemacht worden, nämlich der Zusammenschluss der Züchter in Viehzuchtgenossenschaften, die Organisation von Leistungsprüfungen, die Schaffung einer Inlandwollzentrale, die Förderung des Viehexportes u. a. durch die Kommission Schweizerischer Viehzuchtverbände und anderer landwirtschaftlicher Organisationen usw. Da der Entwurf für die Durchführung des vorgeschlagenen Beschlusses Organisationen der Wirtschaft heranziehen will, zitiert der Ingress auch Artikel 32 der Bundesverfassung, und weil in Artikel 7 auch Strafbestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes anwendbar erklärt werden, erwähnt er zudem Artikel 64bis der Bundesverfassung.

471 Artikel l.- Entlastungskäufe. Während von jeher die kantonalen Ausmerzaktionen allein von den Kantonen organisiert und zusammen mit dem Bund finanziert worden sind, wurden bei den Entlastungskäufen auch weitere Kreise herangezogen. Wenn sich auch die einzelnen Kantone daran beteiligten, waren es doch meist die bäuerlichen Organisationen, die mit der Durchführung derartiger Massnahmen beauftragt wurden. Nachdem von einzelnen Wirtschaftsverbänden gewisse Befürchtungen über die Tragweite bzw. die Auslegung von Artikel l des Entwurfes geäussert worden sind, ist es wohl zweckmässig, wenn die in Aussicht genommenen wesentlichen Massnahmen anhand einiger Beispiele erläutert werden.

1. Beispiel E n t l a s t u n g s k ä u f e anlässlich der Z u c h t s t i e r a u s s t e l l u n g s m ä r k t e und an kantonalen Zuchtstierschauen Der Verkauf von Zucht- und Nutzvieh erfolgt, im wesentlichen im Herbst.

Den Auftakt hiefür bilden die ersten Zuchtstierausstellungsmärkte. Ist der Marktverlauf normal, so wirkt sich dies auf die bergbäuerlichen Kreise beruhigend aus. Im Bedarfsfalle können gewisse Entlastungskäufe anlässlich dieser Veranstaltungen durchgeführt werden. Die beauftragte Kommission kauft eine Anzahl Stiere, wobei vorerst deren Schlachterlös festgestellt und dann der Ausmerzzuschlag ermittelt wird. Dieser richtet sich nach dem jeweiligen Zuchtwert des Stieres.-Der Ausmerzzuschlag wird nach einheitlichen Normen zugestanden. Die Kommission räumt aber dem Verkäufer die Möglichkeit ein, während der Marktdauer den Stier anderweitig zu verkaufen. Löst er einen besseren Preis, so wird er den Stier wohl auf dem freien Markt absetzen. Kann er jedoch den minimalen Ansatz nicht erzielen, so bleibt der Stier zurück und wird von der Kommission definitiv zum Schlachten übernommen. Während des Marktverlaufes können 80 bis 50 Stiere und mehr durch die Kommission in diesem Sinne angekauft werden, wobei gegen den Schluss der Veranstaltung meistens nur noch wenige Tiere erworben werden müssen.

2. Beispiel Faselviehvermittlung Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der Schweizerische Schlachtviehproduzentenverband, der die frühere Zentralstelle für Schlachtviehverwertung in Brugg in dieser Tätigkeit abgelöst hat, mit der Vermittlung von Faselvieh. Es handelt sich darum, junge, magere Rinder (Faselvieh) aus dem Berggebiet
kleineren Bauern des Flachlandes zu vermitteln, die genügend Futter, jedoch keine Mittel besitzen, um die Tiere im Berggebiet zu erwerben. Der betreffende Landwirt kauft das Tier, mästet es gemäss dem mit dem genannten Verband abgeschlossenen Mastvertrag, bezahlt aber den Kaufpreis ganz oder eine Kaufpreisrestanz erst wenn er das gemästete Tier zum Schlachten verkauft hat.

Zu diesem Zwecke ist dem Schweizerischen Schlachtviehproduzentenverband j eweils ein Darlehen gewährt worden, das in den letzten Jahren rund 900 000

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Franken betrug. Indessen beanspruchte diese Art der Vermittlung keine weiteren Mittel der öffentlichen Hand. Die geringeren unter diesen Faseltieren, die zur Mast ungeeignet sind, werden in der Eegel geschlachtet, d.h. auf den überwachten Schlachtviehmärkten - nach Gewährung eines allfälligen Ausmerzbeitrages - im freien Wettbewerb abgesetzt. Die Auszahlung des Ausmerzbeitrages erfolgt aber erst nach Vorweisung eines Abschlachtungszeugnisses.

Keine andere Viehkategorie ist in so ausgeprägtem Masse den wechselnden Preis- und Absatzbedingungen unterworfen wie das Faselvieh. Häufig bildet es die Ursache mannigfacher Störungen. Sollte künftig Faselvieh zur Mast mittels Beiträgen der öffentlichen Hand vermittelt werden, so wären solche Zuwendungen nur auszurichten, wenn bei der Verwertung die berechtigten Interessen aller beteiligten Kreise angemessen berücksichtigt werden.

3. Beispiel a. A n k ä u f e von Zucht- und Nutzvieh Wenn anlässlich der grossen Märkte im Berggebiet mit einer Auffuhr von 500, 1000 oder gar 1500 und mehr Tieren der Absatz stockt und Käufer in ganz ungenügender Zahl anwesend sind, soll die beauftragte Organisation die Möglichkeit erhalten, auf Abruf solche Zucht- und Nutztiere zu kaufen und sie bestmöglich zu verwerten. Leider sind die Möglichkeiten in dieser Hinsicht beschränkt.

Solche Tiere sollten daher in erster Linie für den Export erworben werden. Aus diesem Grunde kommen vorab Tiere einer guten Qualität in Betracht. Ist indessen eine Ausfuhr unmöglich, so hat die Verwertung im Inland zu erfolgen. Handelt es sich um Tiere einer mittleren bis geringeren Qualität, so bleibt nichts anderes übrig, als sie an die Schlachtbank zu geben. Sind es aber gute Zucht- und Nutztiere, so kommt eine Schlachtung natürlich nicht in Frage. Will man Störungen auf dem Nutz- und Zuchtviehmarkt vermeiden, sollten sie grundsätzlich nicht billiger abgegeben werden als zum. jeweiligen Marktpreis. Es hält in diesem Falle recht schwer, die Tiere auf dem normalen Wege abzusetzen. Gegen diese Vermittlungsart hegt der berufsmässige Viehhandel Bedenken.

Solche Entlastungskäufe sollen nur im äussersten Falle getätigt werden.

Einmal angekaufte Tiere sind solange zurückzubehalten, bis der Markt sie aufzunehmen vermag. Schliesslich sollen sie anlässlich von Versteigerungen oder öffentlichen Annahmen
verwertet werden, so dass keine Kreise benachteiligt oder begünstigt werden können.

b. Fohlenankäufe Zur Illustration solcher Entlastungskäufe sei kurz auf den Fohlenmarkt verwiesen. Seit 1946 erlebt die Pferdezucht nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Westeuropa eine schwere Krise. Sie wäre noch empfindlicher gewesen, wenn die überschüssigen Fohlen nicht zu einem verhältnismässig guten Preise an die Schlachtbank hätten abgesetzt werden können. Das Hauptanliegen in der Pferdezucht bildet die Fohlenaufzucht (Tiere im Alter von einem halben bis zweieinhalb Jahren). Ganz besonders gefährdet ist der Absatz der anderthalbjährigen Fohlen

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im Herbst. Um einem Marktzusammenbruch und einer Bückbildung der Zucht Einhalt zu gebieten, sind in den letzten Jahren Entlastungskäufe getätigt worden.

Der Schweizerische Zuchtverband für das Zugpferd kaufte anlässlich der grossen Märkte im Jura in Zusammenarbeit mit dem Pferdehandel (Importhandel) Aufsuchtfohlen von anderthalb Jahren und stellte sie zur Winterung in genossenschaftliche Betriebe und in Anstalten. Er veräusserte sie von Januar bis März, d.h. in einem Zeitpunkt der besseren Nachfrage. Die Tiere wurden entweder versteigert oder vom Importhandel gesamthaft übernommen. Dieser Organisation sind die Mittel durch den Bund für die Anschaffung der Tiere zur Veriügung gestellt worden.

c. Ankäufe von Kleinvieh Es sind auch vereinzelte Entlastungskäufe für Ziegen und Schafe .vorgenommen worden. Sie nahmen aber einen beschränkten Umfang an und gelangten in erster Linie in den Kantonen Wallis und Tessin zur Durchführung.

Die beauftragten Organisationen verfügen nur zum Teil über die erforderlichen Mittel, um die Tiere zu kaufen. Es sollen ihnen ausser den Beiträgen à fonds perdu für Verluste bei der Verwertung auch Kredite für den Ankauf der Tiere gewährt werden. Nach Abschluss der Aktionen sollen die Kredite mit den Verwertungsverlusten verrechnet und nur die Saldi zurückerstattet werden.

Mit Kreisschreiben vom 16. April 1957 sind die Kantone und Organisationen ·ersucht worden, sich zur Frage der nachträglichen Verwertung (weitere Nutzung anstatt Abschlachtung) der anlässlich der Zuchtstierausstellungsmärkte tisw.

-erworbenen Stiere zu äussern. Die Auffassungen über die Angemessenheit einer solchen Mässnahme gehen stark auseinander. Mehrheitlich wird eine ablehnende Haltung eingenommen. Es ist daher angezeigt, auf die Möglichkeit eines Einsatzes dieser Vatertiere für die Zucht zu verzichten.

Artikel 2 - Kantonale Ausmerzaktionen. Auf Grund dieser Bestimmung: sind ;zwei Arten von Massnahmen vorgesehen, nämlich gewöhnliche Ausmerzaktionen, wie sie bisher zur Marktentlastung durchgeführt worden sind, sodann die früh:zeitige Schlachtung untauglicher Aufzucht- und junger Nutztiere. Dazu ist folgendes zu bemerken: a. Gewöhnliche Ausmerzaktionen. Diese sollen bei Marktstörungen unwirtschaftliche Zucht- und Nutztiere umfassen. Treten jedoch schwerwiegende Absatzstockungen auf, welche den Einsatz
grösserer Mittel erfordern (Missernten, Trockenheit und dergleichen), sind derartige Ausmerzaktionen nach wie vor in -Anwendung von Artikel 25 des Landwirtschaftsgesetzes durchzuführen. Die Ausrichtung von Beiträgen soll an die Bedingung geknüpft werden, dass solche Tiere über die überwachten Märkte der Schweizerischen Genossenschaft für Schlachtvieh- und Fleischversorgung (GSF) verkauft werden. Solche Hilfsaktionen wurden wiederholt in den Dienst der Seuchenbekämpfung (Tbc) gestellt.

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Viehhalter, die sich z.B. verpflichteten, ihren Viehbestand im Herbst auf einmal zu sanieren, erhielten für jeden Eeagenten einen zusätzlichen, ausserordentlichen, nach der Qualität des Tieres abgestuften Ausmerzbeitrag. Dieses Vorgehen bewährte sich. Voraussetzung ist jedoch, dass die Tiere laufend abgesetzt werden können und deren Verwertung auf dem schweizerischen Schlachtviehmarkt keine Schwierigkeiten verursacht. Die Tbc-Sanierung geht ihrem Abschluss entgegen, wogegen die Bangbekämpfung noch in vollem Gange ist. Da die Entschädigung dieser Eeagenten im Berggebiet 90 Prozent des Schätzungswertes entspricht, erscheint die Zusprechung eines ausserordentlichen Ausmerzbeitrages kaum mehr notwendig. Somit ist die frühere Praxis der Kombination der Marktentlastung mit der gesundheitlichen Sanierung der Bestände nicht mehr durchführbar. Indessen soll das Schwergewicht der Massnahmen im Eahmen der Marktentlastung auf die qualitative Hebung der Bestände verlegt werden. Der Anteil der leistungsschwachen Tiere ist in den bergbäuerlichen Betrieben gegenwärtig noch derart hoch, dass, wenn schon auf dem Markt interveniert werden soll, in erster Linie Tiere mit geringer Leistung und schlecht geformten Eutern zu übernehmen sind.

Bei den heutigen Anforderungen sind derartige Tiere kaum mehr an den Mann zu bringen. Sie bleiben deshalb im Besitze des Bergbauern. Dadurch wird jedoch der Zucht nicht gedient ; die Schlachtung dieser Tiere ist aber mit solchen Verlusten verbunden, dass der Schaden für den bergbäuerlichen Züchter zu gross wird.

fe. Frühzeitige Ausmerzaktionen. Darunter fallen frühzeitige Schlachtungen von Tieren, welche von den Kantonen mit dem eindeutigen Ziel der sofortigen oder späteren Marktentlastung veranlagst werden. Sie sollen so gestaltet werden, dass sie gleichzeitig auch für die Verbesserung der Tierbestände von Nutzen sind. Die Vorkehren sind unter dem Ausdruck der «Sanierung an der Quelle» bekannt.

Bisher beschränkte sich diese Eliminierung auf Aufzuchtkälber, die sich nach den ersten Lebensmonaten wider Erwarten ungünstig entwickelten. Solche Tiere wurden in den letzten Jahren im Frühjahr im Berggebiet (im Berner Oberland, in Graubünden und neuerdings in der Waadt) als sogenannte «Presser» erworben und anschliessend geschlachtet. Damit erzielte man bereits im Herbst des gleichen
Jahres eine Entlastung auf den Zuchtstiermärkten, und es ist anderthalb bis zweieinhalb Jahre später eine Erleichterung auf den Nutzviehmärkten zu erwarten.

Diese «Sanierung» erfordert verhältnismässig bescheidene Mittel, schützt aber den Züchter rechtzeitig vor bedeutenden Verlusten. Die Aktion ist aber nicht nur auf Kälber, sondern bei Bedarf auch auf andere Aufzuchtkategorien und junge Nutzkühe auszudehnen. Eine «Sanierung an der Quelle» lässt sich anderseits -- hierüber sind sich die beteiligten Kreise einig - auf die Dauer nur im Eahmen einer Zuchtberatung durchführen. Keinesfalls sollten Tiere mitëinbezogen werden, die sich schon bei der Geburt als für die Aufzucht untauglich erwiesen. Derartige Zuchtprodukte sind im Interesse der Viehbesitzer sofort als Wurst- und Schlachtkälber auszumerzen. Die Ansicht, wonach die Züchter versucht sein könnten, vermehrt geringe Kälber aufzuziehen, um sie später in die Aktion zu geben, ist deshalb nicht stichhaltig, weil auch die Verwertung als «Fresser» vom Besitzer

475 trotz Ausmerzbeitrag ein finanzielles Opfer erfordert. Trotz der Beitragsleistungen bleiben die Anmeldungen für Ausmerzaktionen im Frühjahr oft hinter den Erwartungen zurück, ehi Beweis dafür, dass die Eliminierung dem Tiereigentümer Verluste verursacht. Grundsätzlich ist aber jede Ausmerzung im jugendlichen Alter sowohl für den Besitzer als für die Öffentlichkeit vorteilhafter. Sie bewahrt den Züchter vor grösserem Schaden. Die frühzeitige Schlachtung solcher untauglicher Aufzucht-, Zucht- und junger Nutztiere sollte also dazu dienen, den Markt möglichst frühzeitig zu entlasten. Wie in der Tuberkulosebekämpfung sollte ein Bestand auf einmal saniert werden, wobei die Ehminierung der Tiere zeitlich zu beschränken ist. Eine solche Hilfe dürfte sich nicht bloss entlastend auf den Markt, sondern auch auf die Qualität der bergbäuerlichenViehherden günstig auswirken und schliesslich die Leistungsfähigkeit des ganzen schweizerischen Bind Viehbestandes steigern. Wenn man die leistungsschwachen Kühe systematisch ausmerzt und an ihre Stelle bessere Tiere.setzt, so ist zu erwarten, dass die anfallenden Zuchtprodukte bessere Veranlagungen aufweisen werden.

Artikel 3 -Frachtbeiträge. Von 1934 bis 1941 sind für sämtliche Viehtransporte von Berg zu Tal Frachtbeiträge gewährt worden. Diese Arergünstigung wurde dann zu Beginn der vierziger Jahre abgebaut. Sie umfasste kleinere Auslagen von fünf bis zehn Franken für kurze Wegstrecken, die sich aber in ihrer Gesamtheit summierten, und trug zur allgemeinen Marktentlastung im Vergleich zu ihren hohen Kosten zu wenig bei. Aus diesem Grunde, wurden die Frachtbeiträge auf entlegene Berggebiete beschränkt. Dies soll weiterhin so bleiben, wobei die Umschreibung der frachtbegünstigten Gebiete gegenüber der heute geltenden Ordnung eine Ausweitung erfahren muss und der zu übernehmende Bundesanteil höher bemessen werden dürfte; zudem sollen in Tälern ohne Bahnverbindungen für Tiertransporte per Lastwagen unter bestimmten Bedingungen ebenfalls Beiträge zugestanden werden. Somit wird mindestens in diesen wirtschaftlich ungünstig situierten Gegenden ein gewisser Ausgleich gefunden. Der Bundesbeitrag soll zugestanden werden können, wenn die Tiere einer Basse angehören, deren Zucht an ihrem neuen Standort durch den Kanton mit Unterstützung des Bundes gefördert wird. Dieser
Vorbehalt wurde als selbstverständlich betrachtet. Ein Kanton schlägt sogar eine schärfere Formulierung vor, d.h. die Frachtübernahme solle bloss für Tiere der Hauptrasse in der betreffenden Gegend zugesichert werden. Wenn auch der vorgeschlagenen Begelung, welche sich mit derjenigen im Entwurf zur Verordnung über die Bindvieh- und Kleinviehzucht deckt - allgemein zugestimmt wurde und besonders der Vorbehalt in züchterischer Hinsicht zu keinen Beanstandungen Anlass gab, so sei der Vollständigkeit halber immerhin auf die Stellungnahme der Interkantonalen Vereinigung freier Viehzuchtgenossenschaften in Bern verwiesen, die diese Bestimmung, wie übrigens den Beschlussesentwurf im allgemeinen beanstandet. Sie steht jedoch in Übereinstimmung mit der in der Landwirtschaftsgesetzgebung in Aussicht genommenen Begelung.

Im Hinblick auf die geschilderte Lage auf dem Fohlenmarkt sollen für die an den Herbstmärkten im Jura und in anderen Pferdezuchtgebieten in den Höhen-

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lagen käuflich übernommenen Tiere ebenfalls Frachtvergünstigungen für ihren Abtransport gewährt werden.

Zur Verhinderung von Störungen im Absatz an den interkantonalen und kantonalen Ausstellungsmärkten für Gross- und Kleinvieh soll die nämliche Unterstützung gewährt werden können.

Artikel 4 - Absatz inländischer Schafwolle. In der Vorkriegszeit begegnete der Wollabsatz zahlreichen Schwierigkeiten. Die Inlandwolle war eines der wenigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse, das keinen wirtschaftlichen Schutz genoss und damit der ausländischen Konkurrenz vollständig ausgeliefert war. Daher sank der Schafbestand von 400 000 Stück in den achtziger Jahren bis auf 176 000 Stück in den Krisenjahren. Im Gebirge wurde eine stattliche Zahl von geeigneten Schafalpen nicht mehr oder nur noch teilweise mit Tieren bestossen, was das Einkommen der Bergbevölkerung weiterhin schmälerte. Mangels geeigneter Vorkehren hatte sich im Wollabsatz bis zur Einführung der kriegswirtschaftlichen Ordnung (Ablieferungspflicht) im Februar 1941 vorwiegend das eigentliche Tauschgeschäft erhalten. Nicht alle Wolle konnte im Tauschhandel abgesetzt werden. Vielfach fanden vorab kleinere Wollposten von Schafhaltern aus entlegenen Bergtälern keinen Abnehmer, weil die Transportkosten im Vergleich zur damaligen Vergütung der Inlandwolle zu hoch waren. Sofern keine Selbstverarbeitung erfolgte, ging diesen Schafhaltern der Ertrag aus der Wolle verloren.

Die Wollproduzenten gaben ihre Wolle den Tuchfabriken ab und mussten an Zahlungsstatt Tücher oder andere Wollartikel übernehmen. Soweit es sich um kleinere Quantitäten handelte, wäre dies in Ordnung gewesen. Aber bei grösseren Ablieferungen mussten die Landwirte, meistens kleinbäuerliche Züchter, mehr Stoff übernehmen, als sie im eigenen Haushalt benötigten und gingen deshalb mit diesem überflüssigen Tuch zum Laden und gaben es für Spezerei- und Kolonialartikel an Zahlungsstatt ab. Dieser Praxis hafteten grosse Nachteile an. Vor dem Kriege wurde besonders in den Bergtälern die anfallende Wolle teilweise im Bauernhöfe noch selbst gesponnen und gewoben. Heute fehlen hiezu auch im Bergbauernbetriebe die Arbeitskräfte, so dass die Schafhalter gezwungen sind, die Wolle zu veräussern. Bis zur Kriegszeit konnten die auf einheimische Stoffe spezialisierten Tuchfabriken die Inlandwolle ohne weiteres
bei der Herstellung von Bündner Stoffen, Berner Halbleinen usw. verwerten. Diese Gewebe werden von der Landbevölkerung nur noch wenig getragen. Die Inlandwolle musste deshalb seit Kriegsende weitgehend bei der Fabrikation von Konfektionsstoffen verarbeitet werden. Durch Wegfall des traditionellen Bauerngewandes sind die früheren Verwertungsmöglichkeiten für die einheimische Wolle heute praktisch nicht mehr vorhanden. Es wurde nach einer anderen Lösung gesucht, damit die Schafhalter ihre Wolle gegen bar verkaufen konnten.

Angesichts dieser Situation hat der Bundesrat mit Beschluss vom 12.März 1946 einen zwischen der Wollindustrie und den Schafzüchterorganisationen abgeschlossenen Vertrag betreffend die Übernahme der Inlandwolle genehmigt. Er liess sich dabei nicht allein von der Notwendigkeit eines besseren Schutzes für ein ausgesprochen bergbäuerliches Erzeugnis leiten, sondern er

477

würdigte ganz besonders die wehrwirtschaftliche Notwendigkeit einer, wenn auch bescheidenen, einheimischen Versorgung mit Wolle. In der Tat hatte das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement mit Verfügung Nr.19 vom 5.Februar 1941. die Wollablieferungspflicht für den Bedarf, der Armee angeordnet. Somit konnte während der Kriegszeit 1939-1945 die Schweizer Wolle für die Fabrikation von Uniformtüchern zu eineni angemessenen Preis sichergestellt werden.

Die Inlandwollproduktion wird auf ca. 300 000-320000kg hn Jahr geschätzt.

Davon lieferten die Schafhalter im Durchschnitt der letzten Jahre etwa 230 000 kg an die Inlandwollzentraleiin Eornanshorn. Der Eest wird entweder im Tauschgeschäft dem Fabrikanten übergeben oder dann selbst verarbeitet. Demgegenüber betrugen die Einfuhren ira Laufe der letzten vier Jahre 8-9 Millionen kg, so dass die einheimische Produktion bloss 3-5 Prozent des gesamten Bedarfes ausmacht. Auf den ersten Blick scheint die Verwertung dieser geringen Wollmenge kein Problem zu sein. Tat-sächlich verhält es sich jedoch anders. Die Inlandwolle ist teurer und qualitativ in der Eegel etwas gröber und kürzer und deshalb bezüglich der Verarbeitungsmöglichkeiten beschränkt. Für ihren Absatz sind seinerzeit verschiedene Varianten geprüft worden. Auf das Postulat eines Schutzzolles konnte aus handels- und wirtschaftspolitischen Gründen nicht eingetreten werden. Das ebenfalls erwogene Leistungsprinzip kam aus den nämlichen Überlegungen ebenfalls nicht in Betracht; zudem würde es einen schwerfälligen administrativen Apparat (Emfuhrbewilligungspflicht) erfordern. Schliesshchkam 1946 die eingangs erwähnte als Wollstatut bekannte Vereinbarung zwischen Produzenten und Wollverwertern zustande. Danach verpflichteten sich die Organisationen der Schweizerischen Schafzüchter und Schafhalter, die erforderlichen Massnahmen zur Hebung der Wollqualität durchzuführen. Die wollverarbeitende Industrie (Vertragsfirmen) gab ihrerseits die Zusicherung ab, die der Inlandwollzentrale abgelieferte Ware jährlich zweimal zu nach der Qualität abgestuften Preisen zu übernehmen. Diese Übernahmepreise wurden jeweils von einer paritätischen Kommission festgesetzt ; die zur Überbrückung der Überteuerung der Inland wolle vorgesehene Gesamtzuwendung im Vertrag betrug 1946 765 000 Franken, 1947 650 000 Franken und in den
nachfolgenden Jahren jeweils 600 000 Franken. Die Verteuerung der von den Vertragsfirmen übernommenen Inlandwolle ging zu einem Drittel zu Lasten des Bundes und zu zwei Drittem zuLasten der Industrie. Diese Eegelung hat sich bewährt. Leider hat nun der Schweizerische Tuchfabrikantenverband auf Veranlassung der Vertragsfirmen den bis Ende März 1958 geltenden Vertrag gekündigt. Er macht geltend, dass seine Mitglieder die Überteuerung von zwei Drittem nicht mehr tragen könnten. In letzter Zeit seien verschiedene kleinere Fabriken in Zahlungsschwierigkeiten geraten, weil die einheimische Wollindustrie durch hohe Importe billiger Fabrikate (teilweise minderwertige Gewebe aus Altwolle) der Konkurrenz noch stärker als bisher ausgesetzt werde. Sie müsse deshalb einen Teil ihrer Erzeugnisse, die in normalen Zeiten im Inland abgesetzt werden, ausführen. Infolge des Preisdrucks bei'den Fertigfabrikaten könne sie die im Vertrag festgelegte finanzielle Belastung (Überpreise für Inlandwolle) nicht mehr übernehmen, da es ausgeschlossen sei, diese zu überwälzen.

Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

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Artikel 4 des Entwurfes stellt grundsätzlich auf die bisherige Lösung ab.

Heute wie im Jahre 1946 kommen praktisch weder eine höhere Zollbelastüng noch das Leistungsprinzip in Betracht. Gestützt auf einen Schlüssel soll die Inlandwolle nach wie vor an die Unternehmen, die Uniformtüeher und andere Wollartikel fabrizieren und an die Materialverwaltungen und Eegiebetriebe des Bundes sowie an die kantonalen Ausrüstungsanstalten (Zeughäuser) liefern, verteilt werden.

Dafür sprechen ebenfalls wehrwirtschaftliche Gründe, deren Bedeutung heute gegenüber 1946 bzw. 1941 keineswegs geringer ist. Die Erhaltung eines leistungsfähigen Schafbestandes kann in der Kriegszeit von besonderem Interesse sein, da die Tiere nicht allein Wolle produzieren, sondern die ausgesprochenen Alp- und Schafweiden ausnützen können, ohne in Konkurrenz mit Tieren anderer Viehgattungen zu stehen.

Die Wollindustrie ist grundsätzlich einverstanden, den gesamten Anfall an Inlandwolle nach Qualität und zu den Weltmarktpreisen zu übernehmen, in der bestimmten Erwartung, dass ein befriedigender Verteilungsschlüssel zur Anwendung gebracht werden kann. Der Bund hätte aber die volle Preisdifferenz zu übernehmen. Im Hinblick auf die späteren finanziellen Folgen, die sich aus der vollen Deckung der Überteuerung für den Bund ergeben könnten, fragt es sich, ob sein Beitrag ausschliesslich für Wolle aus den Berggebieten ausgerichtet werden soll.

Mit wenigen Ausnahmen wird eine derartige Eegelung durch die Kantone und die Wirtschaftsorganisationen bekämpft. Hiezu ist folgendes zu bemerken: 63 Prozent des Schafbestandes befinden sich im Berggebiet. Die eigentliche Aufzucht erreicht dort aber schätzungsweise 80 bis 90 Prozent der gesamtschweizerischen Zahl. Die Schaf bestände im Flachland stammen also zum überwiegenden Teil aus dem Berggebiet. Auch sind diese Schafe mit Ausnahme vereinzelter Herden während des Sommers in den Bergen und nutzen dort die Alpweiden, wobei der Pachtzins den Bergbauern zufliesst. Die Genossenschaft Schweizerischer Schafhalter und Schafverwerter kauft jährlich im Berggebiet 40 000 bis 45 000 Schlachtschafe und sogenannte Faselschafe zur Ausmast. Wenn die Schafhalter des Flachlandes ihre Wolle zu den Weltmarktpreisen d.h. mit Verlust abtreten müssen, dann werden sie im Berggebiet geschorene Schafe erwerben.

Eine solche
Praxis ist aber einer rationellen Schafmast abträglich; die mageren Bergschafe müssen im Herbst noch einige Monate auf den Allmenden usw. gemästet werden. Bis zu ihrer Schlachtung sollen sie nicht geschoren werden, wenn Erkältungen vermieden werden sollen. Anderseits werden die Käufer von jungen Bergschafen die Preise für die lebenden Tiere dementsprechend tief ansetzen, so dass schliesslich der Bergbauer die Konsequenzen aus dieser Diskriminierung selbst tragen müsste, vermutlich in einem grösseren Ausmass, als es tatsächlich notwendig wäre. Schliesslich sei noch auf die Unterschiebungsmöglichkeiten von im Flachland gewonnener Wolle ins Berggebiet hingewiesen. Ohne einen besonderen administrativen Apparat könnte die Inlandwollzentrale die Einsendungen von ca. 25 000 Schafhaltern nicht auf die Herkunft der Wolle hin kontrollieren.

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Zuf pige des Anstieges der Wollpreise wurde in den letzten Jahren der Bundesbeitrag nicht voll beansprucht. Für 1955 sind rund 90 000 und für 1956 160 000 Pranken verausgabt worden. Die Lage kann sich erfahrungsgemäss auf dem internationalen Wolhnarkt ausserordentlich rasch ändern. Deshalb muss man jederzeit auf einen empfindlichen Preisabschlag gefasst sein.

Artikel 5 - Gemeinsame Bestimmung. Gestützt auf diesen Artikel sollen vom Bund die Voraussetzungen, nach welchen Entlastungskäufe. Ausmerzaktionen und Frachtvergünstigungen gewährt werden können, umschrieben und das Nähere über die Wollverwertung geregelt werden.

Artikel 6 - Finanzierung E n t l a s t u n g s k ä u f e (Art.l). Bisher wurden je nach den Verhältnissen Zuwendungen des Bundes von 40 bis 100 Prozent gewährt, wobei die Spesen für die Durchführung der Käufe in der Eegel nicht gedeckt worden sind. Der Entwurf sieht «Beiträge» vor und verzichtet damit auf eine volle Verlustdeckung seitens des Bundes. In diesem Eahmen müssen sich jedoch die Bundesbeiträge nach den jeweiligen Bedürfnissen richten.

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A u s m e r z a k t i o n e n (Art.2). Solche Käufe sind seit Beginn des Krieges 1939/1945 fast ausnahmslos mit finanzieller Unterstützung der Kantone durchgeführt worden. An, dem Prinzip der Kostenteilung.ist festzuhalten. Der Bundesbeitrag überschritt mehrmals die Hälfte und erreichte sogar 60 bis 80 Prozent und mehr der Verwertungsverluste; in Einzelfällen ist er anderseits bis auf 40 Prozent herabgesetzt worden.

F r a c h t b e i t r ä g e (Art.3). Aus praktischen Erwägungen zahlte von jeher der .Bund allein die Frachtvergünstigungen, da die Mehrheit der Tiertransporte von einem Kanton zum anderen erfolgen und es daher schwer hält, eine kantonale Beteiligung festzulegen.

Wolle (Art.4). Aus den Erläuterungen.zu Artikel 4 ist zu entnehmen, dass bisher der Bund einen Drittel und die Wollindustrie zwei Drittel des Überbrückungsbeitrages getragen haben. Die Bergkantone, d. h. die Kantone mit Berggebieten, die landwirtschaftlichen Organisationen, und vorab diejenigen, die sich mit bergbäuerlichen Problemen befassen, verlangen eindringlich, da'ss, obwohl die Industrie ihren bisherigen Beitrag nicht mehr leisten will, daraus keine Herabsetzung .der Preise für die Schafhalter eintreten solle. Es handle sich hier um eine dringend gebotene
Unterstützung eines Zweiges der Berglandwirtschaft.

Die Zuwendung der Wollindustrie sei deshalb im vollen Umfange durch den Bund zu übernehmen. Dazu ist festzustellen, dass der Beschlussesentwurf die letzte Möglichkeit nicht ausschliesst. Der Entscheid über die Höhe des Bundesbeitrages muss jeweils vom Bundesrat getroffen werden.''

Ganz allgemein wird zur Frage der Finanzierung von den interessierten Kantonen und landwirtschaftlichen Organisationen verlangt, dass der Bund erhöhte Anteile an den in Aussicht genommenen Massnahmen übernehme. In der Krisenzeit hätte er praktisch alle Auslagen bezahlt. Erst in der Kriegszeit wären die

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Kantone für die Ausmerzaktionen finanziell herangezogen worden. Die genannten Kreise empfinden es als eine Härte, dass die Bergkantonq, d.h. die Kantone mit Berggebieten oder die beauftragten Organisationen, die vielfach über bescheidene Einnahmen verfügen, recht bedeutende finanzielle Opfer bringen müssen. Sie müssten deshalb häufig auf dringende Hilfe mangels eigener Mittel verzichten.

Die gleichen Kreise weisen zudem auf die wesentlich günstigere Absatzregelung bei andern landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Getreide, Obst, Kartoffeln, .Schlachtvieh, Milch usw.) hin, wofür die Mittel aus besonderen Fonds, Sperrkonten oder Importabgaben zur Verfügung gestellt werden. Die mehrheitlich finanziell bedrängten Bergkantone und die interessierten Organisationen müssten finanziell in einem zu hohen Ausmass herangezogen werden.

Diese kritischen Äusserungen sind nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, doch darf der Bund aus grundsätzlichen Erwägungen nicht allein für die Entlastungskäufe und die Ausmerzaktionen aufkommen. Wenn die beteiligten Kreise finanziell herangezogen werden, dürften die tatsächlichen Bedürfnisse objektiver beurteilt und die Mittel der öffentlichen Hand sparsamer eingesetzt werden. Die in Artikel 7 des Entwurfs vorgesehene Anwendung von Artikel 102 des Landwirtschaftsgesetzes schafft die Gewähr dafür, dass gegenüber finanziell stark belasteten Kantonen, nämlich solchen mit ausgedehnten Berggebieten, von der sonst geltenden Eegelung der hälftigen Teilung der Kosten abgerückt werden kann. Für die beauftragten Organisationen, die in der Eegel über keine ausreichenden Mittel verfügen, kann die Leistung des Bundes entsprechend höher bemessen werden. Die jeweilige Marktlage, die Notwendigkeit, eine Massnahme gegenüber einer anderen zu begünstigen usw. verlangen eine individuelle Behandlung jeder einzelnen Aktion. Die Kantone und die interessierten Organisationen sollen jedoch über den Eahmen der Subventionsanteile des Bundes in der Ausführungsverordnung orientiert werden.

Schliesslich sei noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in Aussicht genommenen Massnahmen je nach den Bedürfnissen gesamthaft oder nur einzeln angewendet werden sollten. Frachtvergünstigungen für Transporte aus entlegenen Berggebieten sollen im Sinne eines Kostenausgleichs jährlich zugestanden werden. Die
Massnahmen für die Förderung desWollabsatzes haben einen dauernden Charakter, denn ohne besondere Vorkehren kann die Inlandwolle nicht auf dem Wege des Verkaufs abgesetzt werden. Hingegen sollen die Entlastungskäufe (Art.l) und die Ausmerzaktionen (Art. 2) je nach der Marktlage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung durchgeführt werden.

Über die aus der Anwendung dieses Beschlusses entstehenden Aufwendungen hält es schwer, genauere Schätzungen anzustellen. Vorweg sind die jeweilige Lage auf dem Zucht- und Nutzviehmarkt, ferner der Umfang der «Sanierung an der Quelle» sowie schliesslich die internationale Lage auf dem Wollmarkt massgebend. Stellen wir auf einen mehrjährigen Durchschnitt ab, dürften die Gesamtauslagen zwischen l bis 3,5 Millionen Franken schwanken.

Nicht inbegriffen sind in diesem Betrage die Auslagen, die sich aus der Anwendung von Artikel 25 Landwirtschaftsgesetz im Falle von Preiszusammenbrüchen

481 infolge Ernteausfällen, andauernd schlechter "Witterung, Störungen auf dem Schlachtviehmarkt usw. ergeben können.

Artikel 7 und 8. - Anwendbarkeit des Landwirtschaftsgesetzes - Vollzug und Inkraftsetzung. Von diesen Bestimmungen verlangt nur Artikel 7 eine Erläuterung. Da der geplante Bundesbeschluss das Landwirtschaftsgesetz ergänzen soll, ausgesprochenen Subventionscharakter hat und weitgehend im Interesse der Berggebiete liegt, scheint es angezeigt, einschlägige Artikel des Landwirtschaftsgesetzes sinngemäss anwendbar zu erklären: einmal Artikel 2 über die besondere Berücksichtigung der Berggebiete, Artikel 102 über die Beitragsleistungen der Kantone, Artikel 104 über die Auszahlung und Artikel 105 über die Bückerstattung von Subventionen. Nach Artikel 103 sind die Subventionsbegehren durch die Kantonsregierungen, einzureichen. Diese Begelung ist aber zu wenig elastisch, da für verschiedene, im Bundesbeschluss vorgesehene Massnahmen die Begehren durch die Wirtschafts- oder Fachorganisationen eingereicht werden müssen. Diese Frage wird deshalb in den Vollziehungsbestimmungen geordnet werden. Die Artikel 112 bis 116 des Landwirtschaftsgesetzes werden zitiert, um die darin enthaltenen strafrechtlichen und strafprozessualen Vorschriften anwendbar zu. machen. Praktisch dürfte sich wohl nur der Tatbestand unwahrer oder täuschender Angaben in Beitragsgesuchen (Art. 112, Abs. l a.E.) ergeben. Artikel 120 Landwirtschaftsgesetz gibt die wertvolle Möglichkeit, Firmen und Organisationen zur Mitwirkung beim Vollzug heranzuziehen.

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Gestützt auf die vorliegenden Ausführungen beantragen wir Ihnen die Annahme der Vorlage.

Wir bitten Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung entgegenzunehmen.

Bern, den 26.August 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Streuli Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Förderung des Inlandabsatzes von Zuchtund Nutzvieh sowie von Schafwolle

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel Sïbis, 32 und 646is der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 26. August 1957, beschliesst:

Entlastungskäufe

Art. l Der Bund kann den Kantonen und beauftragten Organisationen, die zur Verhinderung von Störungen des Zucht- und Nutzviehabsatzes an Märkten, Schauen, Ausstellungen und andern zum voraus bestimmten Veranstaltungen Fohlen, Eindvieh, Ziegen und Schafe von bergbäuerlichen Züchtern kaufen, Beiträge an die bei der Verwertung dieser Tiere entstehenden Verluste gewähren. Ankauf und Verwertung erfolgen nach den Weisungen des Bundes.

2 Der Bund kann den beauftragten Organisationen die für den Kauf von Tieren gemäss Absatz l nötigen Mittel bis zu deren Verwertung zur Verfügung stellen.

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Art. 2 Kantonale Auemerzaktionen

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Gewährt ein Kanton zur Verhinderung von Absatzstörungen bergbäuerlichen Züchtern im Einverständnis mit dem Bund Beiträge a. für die Schlachtung nicht vollwertiger Nutz- und Zuchttiere; l. für die frühzeitige Schlachtung untauglicher Aufzucht- und untauglicher junger Nutztiere (Fohlen, Eindvieh, Schweine, Ziegen und Schafe), so vergütet ihm der Bund einen Teil solcher Aufwendungen.

483 2

Die Vergütungen gemäss Absatz l, Buchstabe b, werden nur ausgerichtet, wenn der Kanton diese Beiträge für einen Betrieb zeitlich und auf eine bestimmte Zahl Tiere begrenzt und sie davon abhängig macht, dass die Empfänger sich der Betriebsberatung unterstellen. Der Bund gewährt keine Beiträge zugunsten von Tieren, deren Untauglichkeit zur Aufzucht schon bei der Geburt erkennbar war.

Art, 3 1

Zur Förderung des Absatzes von Bindvieh, Ziegen und Schafen zu Zucht- und Nutzzwecken aus abgelegenen Berggebieten kann der Bund Beiträge an die Kosten des Transports dieser Tiere gewähren, wenn sie einer Easse angehören, deren Zucht an ihrem neuen Standort vom Kanton mit Unterstützung des Bundes gefördert wird.

2 Der Bund kann Beiträge ausrichten an die Kosten der Transporte von Pferden und Fohlen zu Nutz- und Zuchtzwecken, die an Märkten im Jura und in anderen Berggebieten mit Pferdezucht gekauft und sofort aus dem Jura und aus diesen Gebieten weggeführt werden.

3 Zur Verhinderung von Absatzstörungen an interkantonalen und kantonalen Ausstellungsmärkten für Gross- und Kleinvieh kann der Bund Frachtvergünstigungen gewähren für die an diesen Märkten verkauften Zuchttiere.

Art. 4 1 Tm Interesse der inländischen Wollproduktion kann der Bund den Absatz von Schafwolle fördern.

2 Im Eahmen der Lieferungen von Uniformtüchern sowie anderer Wollartikel (Decken, Filzwaren usw.) an die Materialverwaltungen des Bundes und seiner Regiebetriebe sowie an die kantonalen Ausrüstungsanstalten (Zeughäuser) kann die wollverarbeitende Industrie verpflichtet werden, Inlandwolle zu gleichen Preisen wie die Importwolle gleicher Qualität zu übernehmen.

Frachtbeiträge

Absatz inländischer Schafwolle

Art. 5 Der Bund kann an seine Leistungen Bedingungen und Auflagen knüpfen.

Gemeinsame Bestimmung

Art, 6 Die dem Bund aus diesem Beschluss entstehenden Auslagen sind aus den Erträgnissen der Preiszuschläge auf Futtermitteln gemäss Artikel 19 des Landwirtschaftsgesetzes vom S.Oktober 1951 zu decken, soweit diese nicht bereits für andere, in der Landwirtschaftsgesetzgebung vorgesehene Massnahmen beansprucht werden.

Finanzierung

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Anwendbarkeit des Landwirtschaftsgesetzes

Inkrafttreten und Vollzug

Art. 7 Artikel 2, 102, 104, 105, 112 bis 116 und 120 des Landwirtschaftsgesetzes vom 3.Oktober 1951 finden sinngemäss Anwendung.

Art. 8 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.

2 Er mrd mit dessen Vollzug beauftragt.

3 Der Bundesrat ist beauftragt, diesen Beschluss gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse bekanntzumachen.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Förderung des Inlandabsatzes von Zucht- und Nutzvieh sowie von Schafwolle (Vom 26. August 1957)

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Bundesblatt

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In

Foglio federale

Jahr

1957

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

36

Cahier Numero Geschäftsnummer

7434

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.09.1957

Date Data Seite

459-484

Page Pagina Ref. No

10 039 921

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