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Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das Schreiner- und Glasergewerbe der Bezirke Dorneck, Thierstein und Laufen (Vom 11. Dezember 1957)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 7, Absatz l, des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 *) über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l i . . ' Der im Anhang wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag für das Schreinerund Glasergewerbe der Bezirke Dorneck, Thierstein und Laufen wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der kursiv gedruckten Bestimmungen.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 Dieser Beschluss gilt für das Gebiet der Bezirke Dorneck, Thierstein (Kanton Solothurn) und Laufen (Kanton Bern).

2 Er findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Betrieben.des Schreiner- und Glasergewerbes und ihren gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitnehmern. Ausgenommen sind: a. Betriebe, die vom Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische EngrosMöbelindustrie erfasst werden; b. · Anstalten, Hotels und Industriebetriebe ausserhalb des Schreiner- und Glasergewerbes, die Schreinerei- und Glasereiarbeiter beschäftigen.

1

!) AS 1956, 1543.

1148 Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 20. Dezember 1957 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1958.

Bern, den 11. Dezember 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Streuli 3597

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

1149 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für das Schreiner- und Glasergewerbe der Bezirke Dorneck, Thierstein und Laufen abgeschlossen am 21. Juni 1956 zwischen

dem Verband schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten, Sektion Dorneck-Thierstein und Laufenthal, einerseits, sowie dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, anderseits.

Art. l

·

·

1

Dieser Vertrag gilt für alle Betriebe des Schreiner- und Glasergewerbes Geltungsbereich in den solothurnischen Bezirken Dorneck und Thierstein sowie im bernischen Bezirk Laufen. Die Einteilung des einzelnen Betriebes erfolgt auf Grund des Ortsverzeichnisses der Verdienstersatzordnung.

2 Er gilt ferner für alle gemischten Betriebe, welche Glaser-, Schreinerund Möbelschreinerarbeiten herstellen und diese direkt oder indirekt auf dem Markt anbieten. ' 3 Der Vertrag hat keine Gültigkeit für Betriebe, die dem Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische Engros-Möbelindustrie unterstellt sind, sowie für Schreiner und Glaser, die von Anstalten, Hotels oder Betrieben der Industrie ausserhalb des Holzgewerbes beschäftigt werden.

* Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 Für die dem Fabrikgesetz unterstellten Betriebe beträgt die normale wöchentliche Höchstarbeitszeit 48 Stunden. Für die übrigen Betriebe beträgt sie in halbstädtischen Verhältnissen 50 Stunden und in ländlichen Verhältnissen 52 Stunden.

2 An Sämstagnachrnittagen wird nicht gearbeitet.

1

Art. 3 Der Betriebsdurchschnittslohn beträgt einschliesslich Teuerungszulage : 1

Arbeitszeit

Durchsclmittslohn

1150 a. für gelernte Berufsarbeiter b. für angelernte Arbeiter c. für Hilfsarbeiter

Fr. 2.80 pro Stunde Fr. 2.60 pro Stunde Fr. 2.45 pro Stunde

2

Der Lohn des einzelnen Arbeitnehmers, der selbständig und vollleistungsfähig ist, darf den Lohnsatz gemäss Absatz l nicht mehr als 15 Eappen unterschreiten.

3 Für die Berechnung des Durchschnittslohnes fallen nicht in Betracht : ältere, gebrechliche, nicht volleistungsfähige Arbeitnehmer sowie Vorarbeiter und Bentenbezüger, ferner gelernte Berufsarbeiter mit weniger als 2 Jahren Gesellenpraxis.

Zuschläge

Art. 4 Für Überzeit-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu entrichten : a. für Überzeitarbeit und Arbeit an Samstagnachmittagen . . 25 % b. für Nachtarbeit 50% c. für Sonn-und Feiertagsarbeit 100% 1

2

Als Nachtarbeit gilt die Arbeit, die zwischen 20 und 5 Uhr, als Sonn- und Feiertagsarbeit diejenige, die an Sonn- und Feiertagen zwischen 0 und 24 Uhr verrichtet wird. Die übrige Arbeit, die ausserhalb der normalen Höchstarbeitszeit ausgeführt wird, gilt als Überzeitarbeit.

3 Bei Arbeiten ausserhalb der Werkstatt ist der Arbeitnehmer nicht schlechter zu stellen, als wenn er in der Werkstatt arbeiten würde. Vor Antritt einer auswärtigen Arbeit (haben sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die zu entrichtenden Zulagen zu verständigen.

Art. 5 Lohnzahlung Die Lohnzahlung -findet -alle 14 Tage statt. Als Standgeld dürfen höchstens 3 Taglöhne zurückbehalten werden.

Art. 6 Ferien

* Jeder Arbeitnehmer hat während der ersten 14 Dienstjahre Anspruch auf Ferien im Ausmass von 4 Prozent des Bruttolohnes. Vom 15. Dienstjahr im gleichen Betrieb an (ohne Lehrzeit) erhöht sich der Ferienanspruch auf 5 Prozent des Bruttolohnes.

2 Der Arbeitgeber bestätigt in einem vom Verband schweizerischer Sclireinermeister und Möbelfabrikanten abgegebenen Ferienheft den Betrag der Ferienvergütung.

3 Über den Ferienantritt hat sich der Arbeitnehmer rechtzeitig mit dem Arbeitgeber zu verständigen. Eine Barentschädigung anstelle der Ferien ist nicht gestattet.

1151 Art. 7 1

Allen Arbeitnehmern werden jährlich sechs Feiertage, die auf einen Werktag fallen, wie folgt entschädigt: Tranken in städtischen Verhältnissen . .

18.-- ;.

in halbstädtischen Verhältnissen . . . ·. . .

16.-- in ländlichen Verhältnissen . . . . . . . .

14.--

Feiertage

2

Die Feiertagsentschädigung wird mit dem nächsten, dem Feiertag folgenden Zahltag entrichtet.

.

.

Art. 8 Der versicherungsfähige Arbeitnehmer muss einer Krankentaggeldversicherung angehören. Die Wahl des Versicherungsträgers ist Sache der direkten Verständigung zwischen den einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

2 Die Krankentaggeldversicherung hat ein tägliches Krankengeld von 50 Prozent des Bruttolohnes und eine Genussrechtsdauer von 360 Tagen innerhalb von 540 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose von 1800.Tagen innerhalb von sieben aufeinanderfolgenden Jahren vorzusehen, wobei die Karenzzeit nicht länger als drei Monate und die Wartefrist nicht länger als zwei Tage dauern dürfen.

,. . , 8 Für die Prämien dieser Krankengeldversicherung hat, der Arbeitgeber aufzukommen. Dadurch ist,die ihm gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer infolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfalle Artikel 335 des Obligationenrechts.

1

Art. 9 Der Inspektionshalbtag ist vom Arbeitgeber, sofern .der Arbeitnehmer am andern Halbtag (Samstag ausgenommen) arbeitet, zum vollen Lohn zu entschädigen. Ebenso ist bei Todesfall in der Familie (Ehegatte, Eltern, Kinder, Pflegekinder), bei eigener Hochzeit und bei Geburt eigener Kinder der Lohn eines Tages zu bezahlen.

Krankengeldversicherung

Absenzentschädigung

Art. 10 Jeder Arbeitgeber schliesst bei der SUVÂL auf Kosten der Arbeitnehmer eine Abredeversicherung zur Verlängerung der Nichtbetriebs-Unfallversicherung ab. Die Abredeversicherung wird bei Auflösung des Dienstverhältnisses noch während 14 Tagen, vom Tag der Arbeitseinstellung an gerechnet, fortgeführt.

Abrede Versicherung

1152 Art. 11 1

Probezeit und Kündigung

Die .ersten zwei Wochen nach der Anstellung gelten als Probezeit, während der das Dienstverhältnis jederzeit ohne Beobachtung einer Kündigungsfrist aufgelöst werden kann.

2 Nach der Probezeit beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage, auch im überjährigen Dienstverhältnis. Die Kündigung kann nur auf einen Samstag oder Zahltag erfolgen.

Schwarzarbeit

Den Arbeitnehmern im Anstellungsverhältnis ist es untersagt, Aufträge für Drittpersonen direkt oder indirekt zu übernehmen und auszuführen. Zuwiderhandlung berechtigt den Arbeitgeber nach einmaliger Mahnung zu fristloser Entlassung.

Art. 12

Art. 13 licht

Während der Vertragsdauer dürfen von den Vertragsparteien oder von deren Mitgliedern keine Störungen, insbesondere keine wirtschaftlichen Kampfmassnahmen hinsichtlich der in diesem Vertrag geregelten Arbeitsbedingungen, vorgenommen bzw. ergriffen werden. Erfolgen trotzdem solche, so haben in erster Linie die Verbandsleitungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer deren Rückgängigmachung zu veranlassen. Geschieht dies nicht, oder werden die Störungen nicht eingestellt, so kann zur Beseitigung derselben das vertragliche Schiedsgericht angerufen werden.

Schiedsgericht

Zum Entscheid über Streitigkeiten aus der Auslegung oder Anwendung dieses Arbeitsvertrages wird, sofern vorgängig durch die Verhandlungen zwischen den Verbandsleitungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Einigung erzielt werden kann, ein Schiedsgericht bestellt, bestehend aus dem Präsidenten des kantonalen oder regionalen Einigungsamtes als Obmann und je einem Vertreter (nicht Berufsvertreter) der beiden Parteien.

Art. 14

Art. 15 Berujskommission

1

Zur Kontrolle der Anwendung der Vertragsbestimmungen wird für das Vertragsgebiet eine paritätische -Berufskommission gewählt von je drei Mitgliedern.

2 Den Vorsitz übernimmt im Turnus je auf ein Jahr ein Vertreter der Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer. Wenn der Vorsitzende von der Arbeitgebergruppe bestellt wird, soll der Sekretär von der Arbeitnehmergruppe bestellt werden und umgekehrt, wenn die Arbeitnehmer den Vorsitzenden stellen.

ff


1153 Art. 16 Über die Einhaltung der Vertragsbestimmungen führt die Berufskommission Kontrollen durch.

2 Bei festgestellter Nichteinhaltung der Bestimmungen über die Löhne, Zuschläge, Ferien, Feiertage, Krankengeldversicherung und Absenzentschädigung hat der Arbeitgeber die geschuldeten Leistungen den Arbeitern sofort in vollem Umfange nachzuzahlen. Überdies hat er 25 Prozent der Nachzahlung in die Kasse der paritätischen Berufskommission einzuzahlen, die zur Deckung der Kostender Kontrollen über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages verwendet werden.

3 Anspruchsberechtigt auf den vorerwähnten Betrag von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände als Solidargläubiger, wobei die paritätische Berufskommission als zum Inkasso bevollmächtigt bezeichnet wird.

Art. 17 Die Vertragskontrahenten verpflichten sich, ihre ganze Kraft dafür einzusetzen, dass die Bestimmungen dieses Vertrages auch von den unorganisierten Firmen unterschriftlich anerkannt werden. Ebenfalls verpflichten sie sich, alle Massnahmen zur Bekämpfung der illoyalen Konkurrenz und der Preisschleuderei zu unterstützen.

1

Sanktionen

Gegenseitige Hilfe

Art. 18 Die Parteien verpflichten sich, die materiellen Bestimmungen dieses AllgemeinGesamtarbeitsvertrages allgemeinverbindlich erklären zu lassen, insofern d i e ' gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind. ' Art. 19 Dieser Gesamtarbeitsvertrag tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Wird der Vertrag nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt, so läuft er ein weiteres Jahr weiter.

Vertragsdauer

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1957

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51

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19.12.1957

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