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Bundesblatt 109. Jahrgang

Bern, den 21. November 1957

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im fahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über ausserordentliche Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern, Obst-, Tomatenund Erdbeerpflanzer (Vom 12. November 1957) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns. Ihnen einen Bericht über das Ausmass der Frühjahrsfrostschäden in den Beb-, Obst- und Gemüsebaugebieten zu unterbreiten und Ihnen gleichzeitig den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend ausserordentliche Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern, Obst-, Tomaten- und Erdbeerpflanzer vorzulegen.

I. Die Fröste im Frühjahr 1957 Die späten Frühjahrsfröste, besonders der Kälteeinbruch vom 6. bis 9.Mai 1957, haben in den Reb-, Obst- und Gemüsebaugebieten grossen Schaden verursacht. Ein anhaltend warmer Vorfrühling förderte die Vegetation im allgemeinen und die Beben und Obstbäume im besonderen in ihrer Entwicklung.

Umso folgenschwerer wirkten sich die Temperaturstürze vom 13. bis 15. April und 6. bis 9.Mai aus. Wetterrückschlag auf Wetterrückschlag folgte während des Monates Mai. So gehört der Mai 1957 zu den kühlsten der letzten Jahrzehnte.

Sein Monatsmittel liegt um mehr als zwei Grad unter der Norm. Ausschlaggebend aber waren die extrem tiefen Temperaturen. So fiel z.B. das Thermometer (Minimumthermometer 50 cm über dem Boden) in Hallau auf -9° C, in Flaach/Zürich auf -5° C, in Benken/Baselland auf-5,5° C, in Payerne/Waadt auf -7,2°C und in Vetroz/Wallis auf -7°C.

In Erinnerung sind noch die kalten Maimonate 1939 und 1941. Sie wiesen aber nicht so extrem tiefe Temperaturen auf.

Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

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886 Die langandauernde Kälte im Monat Mai erlaubte es den Kulturen nicht, sich von den Frostfolgen rasch zu erholen. Leider war der Witterungsverlauf auch im Juni für die Beben und Obstbäume wenig günstig.

In der Sommersession wurde ara 4. Juni 1957 eine Interpellation Badoux und am 5. Juni ein Postulat Hess/Thurgau sowie eine Motion Dellberg eingereicht ; sie haben folgenden Wortlaut : Interpellation Badoux, vom 4. Juni 1957: Nach dem Frost von 1956, welcher der Landwirtschaft und dem Weinbau beträchtlichen Schaden zugefügt hat, hat anfangs Mai dieses Jahres in verschiedenen Landesgegenden eine neue Kältewelle unheilvoll gewütet. Darunter haben besonders die Beben gelitten. Durch diesen neuen Schicksalsschlag wird das bisher schon sehr schwere Los zahlreicher Winzerfamilien noch erheblich verschlimmert.

Zwei Jahre nacheinander sind unsere Winzer von schweren Schicksalsschlägen getroffen worden. Die Hilfe der öffentlichen Hand ist erforderlich, um die Folgen des Unheils, das sie diesen Frühling heimgesucht hat, zu mildern. Der Bundesrat wird gebeten, den eidgenössischen Räten bekanntzugeben, was für Massnahmen er zu ergreifen gedenkt.

Postulat Hess/Thurgau, vom 5. Juni 1957 : Die Kälteeinbrüche im Verlaufe dieses Frühjahrs haben in vielen Gebieten des Landes aussergewöhnliche Schäden verursacht. Insbesondere muss beim Rebbau sowie in den Stein- und Kernobstanlagen in einzelnen Regionen mit einem totalen Ertragsausfall gerechnet werden.

Aber auch die .Gemüse- und andere Kulturen haben erheblich Schaden gelitten.

Dieser Ausfall wiegt um so schwerer, als bereits im Jahre 1956 sehr empfindliche Frostschäden in Kauf genommen werden mussten.

Der Bundesrat wird ersucht : a. Massnahmen zu treffen, um den durch die Frostschäden des Jahres 1957 hart betroffenen Produzenten wirksame Hilfe angedeihen zu lassen; b. die Frage zu prüfen, ob für die Zukunft ähnliche Ertragsausfälle in geeigneter Weise auf dem Wege einer Versicherung überbrückt werden sollten, wobei für eine derartige Aktion'aus Bundesmitteln jährlich gewisse Beträge zur Verfügung gestellt werden mussten.

Motion Dellberg, vom 5. Juni 1957 : Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Räten einen Beschlussesentwurf vorzulegen über eine ausserordentliche Hilfsaktion zugunsten der 1957 frostgeschädigten Landwirte, Weinbauern und Obstpflanzer.
Die Hilfe soll nach sozialen Gesichtspunkten gewährt werden. Massgebend hiefür sind die Grundsätze zur Behandlung der Schadenfälle des Schweizerischen Fonds für Hilfe bei nicht versicherbaren Elementarschäden.

Diese parlamentarischen Vorstösse sind unter dem frischen Bindruck der grossen Schäden, die die Maifröste verursachten, eingereicht worden. Ebenso schildern die Eingaben der «Fédération romande des vignerons» vom 7. Juni und des Schweizerischen Weinbauvereins vom 20. Juni 1957 die verheerenden Folgen der Frostnächte von anfangs Mai.

Die Interpellation Badoux wurde am 2. Oktober 1957 begründet und beantwortet. Am gleichen Tage erfolgte auch die Begründung und Beantwortung des Postulates Hess und der Motion Dellberg. Während das Postulat vom Nationalrat angenommen wurde, lehnte der Bat die Motion Dellberg ab.

887

Die Erfahrung zeigt, dass sich die Frostschäden nur im Verlaufe der Vegetationsperiode annähernd feststellen lassen; der tatsächliche Schaden kann erst bei der Ernte genau abgeschätzt werden. Dabei muss allfälligen anderen ungünstigen Witterungseinflüssen Eechnung getragen werden.

In Würdigung dieser Verhältnisse hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement nach Aussprache mit den kantonalen Landwirtschaftsdirektoren die weinbautreibenden Kantone eingeladen, genaue Erhebungen über das Ausmass der Frostschäden anzustellen und der Abteilung für Landwirtschaft darüber Bericht zu erstatten.

u. Ausmass dei Frostschäden A . Schäden im Rebliau In den Bebbaugebieten traten die Frostschäden sporadisch auf. Neben Rebanlagen, die beinahe vollständig erfroren sind, stehen solche '. ohne wesentlichen Schaden. Allgemein hat sich das rote Gewächs gegenüber den weissen Eeben als widerstandsfähiger erwiesen.

Im Kanton, Genf sind die Schäden besonders auf dem Unken Rhoneufer bedeutend. Die tieferen Lagen wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Die höher gelegenen, rechtsufrigen Weinberge blieben weitgehend verschont. Eecht widerstandsfähig haben sich die Eebsorten Blauburgunder und Gamay erwiesen.

Der Chasselas (Gutedel) wie auch die Direktträger haben sehr gelitten. Schätzungsweise dürften im Kanton Genf 55 Prozent einer Normalernte von europäischen Eeben zerstört worden sein.

. ' .

Gesamthaft betrachtet, hat der Kanton Waadt wenig Frostschäden aufzuweisen. Lavaux und La Bonne Côte blieben weitgehend verschont. Vereinzelte Schäden traten im Chablais auf, währenddem die nördlichen Teile des Kantons, die Gegenden von Orbe und Arnex, sehr stark gelitten haben. Ähnliches ist von der Petite Côte zu sagen. Vermutlich als späte Auswirkung des Februarfrostes 1956 war ira allgemeinen der Traubenschuss imWaadtland imbefriedigend, und so dürfte der Kanton kaum die Hälfte einer mittleren Ernte einbringen.

Im Wallis blieben die guten Lagen verschont. Nur Eebberge auf über 700 m Höhe und in ausgesprochenen Tieflagen wurden vomFrost betroffen. Schätzungsweise wurde ein Drittel der mit europäischen Eeben bestockten Fläche stark heimgesucht. Die übrigen Eeben haben sich im Wallis dank genügenden Eegenfällen und dem warmen Wetter gut entwickelt.

Im Kanton Neuenburg traten die Schäden sporadisch auf. Oft wurden die
besten Lagen getroffen. Die Verluste einzelner Weinbauern sind sehr bedeutend.

Irn Vully- Gebiet sind ebenfalls bedeutende Schäden in den tieferen Lagen festzustellen. Der durchschnittliche Ernteausfall beträgt 90 Prozent.

Die Bielerseegegend blieb vom Frost weitgehend verschont.

Die meisten ostschweizerischen Eebbaugebiete wurden wie im Februar 1956 erneut stark betroffen. Die langandauernde Kälte vom 3. bis 9.Mai setzte den 5 bis 15 cm langen Schossen arg zu. Das Ausmass der Frostschäden ist unterschiedlich.

Weitaus am stärksten betroffen wurde der Kanton Schaffhausen, insbesondere die Gegend von Hailau. Der Ertragsausfall wird auf 85 Prozent einer Normalernte geschätzt.

Im Thurgau wiesen die seenahen Gebiete weniger grosse Verluste auf als das Thurtal, was wohl auf den frostmildernden Einfluss des Untersees zurückzuführen ist.

Im Kanton St. Gallen litten besonders die Beben von Eheineck bis Altstätten; besser stehen die Weinberge im St. Galler Oberland da. Das gleiche darf von einzelnen Gemeinden der Bündner Herrschaft gesagt werden, z.B. von Fläsch und Malans. In andern Gemeinden steigt der Verlust auf über 80 Prozent.

Das Zürcher Weinland weist grosse Schaden auf, während die Seegegend weitgehend verschont blieb.

Der Kanton Aargau wurde stärker als Baselland vom Frost heimgesucht.

In der Ostschweiz weisen Dreiviertel der mit europäischen Beben bestockten Fläche Ertragsausfälle von über 50 Prozent auf.

Im Tessin sind vor allem ebene Lagen geschädigt worden, während die Beben an den Hängen nicht litten.

Gesamthaft kann in der Westschweiz mit einer Ernte von ca. 360000 bis 870 000 Hektolitern gerechnet w erden. In der Ostschweiz hofft man auf ca.

16 000 hl. Im Tessin ist infolge des Hagels nur die Hälfte einer Normalernte zu erwarten. DieseErtragsausfällee sind weitgehend durch die Hagelversicherung gedeckt. In die Erhebung wurden nur Schäden aufgenommen, die durch den Frühjahrsfrost 1957 verursacht worden waren.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ernteschätzungen 1957 und die Ernte 1956 sowie die Durchschnittserträge 1947/55 im Bebbau: Bot hl

Weiss W

Total hl

Ernte 1956 Durchschnitt 1947/56

Deutsche Schweiz . . . .

10714

5201

15915

14743

Misox T es sin

600 42000

800

600 42800

3062 85 328

Italienische Schweiz . . .

42600

800

43400

88390

85584

Bieler See Freiburg Waadt .

Wallis Neuenburg Genf

5620 700 17750 109 430 28000 135 000 1 600 20000 16500 8500

5760 700 127 180 163 000 21 600 25000

6201 2221 94274 188 770 22787 41 232

16 112 6 385 256 136 234 844 54344 61897

55990

287 250

343 240

355 485

629 718

109 304

293 251

402 555

458 618

798 797

140

,

. . .

. . .

. . . .

Total

83495

889 B. Schäden im Obstbau Die April- und Maifröste haben auch den Obstbäumen arg zugesetzt. In weiten Gebieten muss mit grossen Ernteausfällen gerechnet werden. In der Ostschweiz litten die Obstbäume bereits stark durch den Februarfrost 1956. Diese neue Missernte ist für die Obstbauern umso bedauerlicher, als infolge eines guten Austriebes eine überdurchschnittliche Ernte erwartet werden konnte. Aus diesem Grunde wurde bis zum Zeitpunkt der Fröste die Schädlingsbekämpfung besonders sorgfältig durchgeführt. Gegenüber früher sind die Pflegemassnahmen im Obstbau bedeutend wichtiger und kostspieliger, da es unerlässlich ist, danach zu trachten, nur beste Qualitätsfrüchte auf den Markt zu bringen.

Die Obsternte 1957 war bis anhin die schlechteste in diesem Jahrhundert.

Nur in einigen Vorzugslagen in der Nähe unserer Seen und in gewissen höheren Lagen konnte noch eine ordentliche Ernte eingebracht werden. Nach den Angaben der Preisberichtstelle des Schweizerischen Bauernsekretariates erreichte der Ertrag bei den Kirschen 20 Prozent, bei den Zwetschgen 25 Prozent, bei den Äpfeln und bei den Birnen 14 Prozent einer Grossernte. Dabei erfolgt die Beurteilung des Kulturenstandes in Prozenten einer Grossernte. Als vorzüglich gilt eine Grossernte (100%), als gut eine Dreiviertel-Grossernte (75%), als mittelmässig eine halbe Grossernte (50 %) und als schlecht eine Ernte von 30 Prozent.

Der Ernteausfall im Obstbau wird, bezogen auf eine Grossernte, auf 75 bis 80 Millionen Franken geschätzt.

: Während der Blüte der Aprikosenbäuroe im Wallis war das Wetter sehr schön. So hätte man eine Rekordernte erwarten können. Ausgehend von der ursprünglich erwarteten Ernte werden die Ertragsausfälle auf 7,85 Millionen kg geschätzt. Im Kanton Tessili litten die Pfirsichkulturen unter dem Frost. In 78 Betrieben mit 12 044 Bäumen wurde der Ernteausfall, wiederum unter Zugrundelegung der ursprünglichen Ernteerwartungen, auf 225 000 kg berechnet.

Der Frühjahrsfrost hat die Eigentümer von Erwerbsobstplantagen besonders stark geschädigt. Sie weisen oft den Charakter eigentlicher Monokulturen auf.

Nebenbetriebszweige bestehen nicht oder nur in unbedeutendem Ausmass. In den Erwerbsobstplantagen der Kantone Waadt, Wallis, Tessin und Graubünden wurde neben den Pfirsichen und Aprikosen auch das Kernobst in Mitleidenschaft gezogen.
: C. Schäden in den Tomaten- und Erdbeerkulturen Sowohl die Gemüse- als auch die Beerenkulturen litten überall unter den Auswirkungen des Frostes. Ina Tessin wurden die Tomatensetzlinge zerstört.

Der Verlust an reifen Tomaten wird bei einer angenommenen Norrnalernte von 4 Millionen kg auf 2,5 Millionen kg geschätzt.

Im Wallis setzte der Frost den Erdbeeren in den Tal- und Berglagen besonders stark zu. Bei den sogenannten Bergerdbeeren kann mit einer Normalernte von rund 2 Millionen kg gerechnet werden. Der diesjährige ErnteausfaU wird auf l Million kg geschätzt.

890 Die Folgen der Frostschäden sind nicht nur für .die betroffenen Weinbauern und Obstpflanzer von weittragender Bedeutung, sondern sie treffen, wenn auch nicht im gleichen Ausmass, ebenso die Verwertungsorganisationen der Produzenten, die sich um den Absatz der Obst- und Bebbauprodukte bemühen.

III. Die Möglichkeiten einer Hilfe A. Hilfe für die Weinbauern Anlässlich der Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren vom 19. Juni 1957 kam einmütig der Wille zum Ausdruck, den frostgeschädigten Weinbauern, ähnlich wie im letzten Jahr, zu helfen. So ordneten einzelne Kantonsregierungen von sich aus Erhebungen über das Ausmass der Frostschäden an.

Da viele Weinbauern, die vollständig auf den Ertrag ihrer Eebberge angewiesen sind, durch die erneuten Frostschäden einen grossen Einkommensausfall erlitten haben, drängt sich eine Hilfe auf. Ähnlich wie anlässlich der Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern und Obstpflanzer vom Jahre 1956 sollen Entschädigungen für den Ernteausfall ausgerichtet werden. Analog der letztjährigen Lösung ist die Ausrichtung eines Beitrages je Are Eebland in Aussicht zu nehmen. Wiederum haben die geschädigten Bebbauern einen Ernteausfall bis zu 50 Prozent einer Xormalernte selber zu tragen. Die Hilfe soll nach dem Ernteausfall abgestuft werden. Die Produktionskosten im Eebbau betragen je Are mindestens 80 Franken. Davon entfallen auf den Arbeitsaufwand rund 50 Prozent. Erfahrungsgemäss geben frostgeschädigte Beben mehr Arbeit, und so wird der ganze oder teilweise Ausfall der Erntearbeiten durch diese Mehrarbeit wohl aufgewogen.

Für die Bewertung des Ernteausfalles sehen wir drei Schadenklassen vorBei einem Ernteausfall von 50-69 Prozent soll eine Entschädigung von 10 Franken je Are in Aussicht genommen werden, bei einem Verlust von 70-79 Prozent 20 Franken und bei einem Verlust von über 80 Prozent 40 Franken. Diese Ansätze sollen den vorgesehenen Vergütungen des Bundes an die Kantone zugrunde gelegt werden. Eichtet ein Kanton tiefere Entschädigungen aus, so reduziert sich der Bundesbeitrag entsprechend, erhöht er seine Hilfe, so gelten die genannten Entschädigungsbeiträge als Höchstansätze für die Abrechnung.

B. Hilfe für die Obstpflanzer Trotz des grossen Verlustes, den die Obstbauern in der ganzen Schweiz erlitten haben, halten wir dafür, class nur
gewisse Spezialkulturen in den Genuss einer Hilfe kommen sollten. Eine allgemeine Hilfsaktion zugunsten der Bauern, die sich über einen bedeutenden Obstbau ausweisen können, würde zu ernst zu nehmenden Schwierigkeiten führen. Die Abschätzung dieser Schäden hätte ausserordentlich viel Zeit beansprucht. Auch wäre eine einheitliche Durchführung gesamtschweizerisch kaum möglich. Das Schätzen der Eoherträge verschiedener Sorten in guten und schlechten Obstlagen, von jungen und alten

891 Bäumen würde eine grosse Zahl von Experten erfordern, die diese-ausserordenK liehe Aufgabe kaum bewältigen könnten. Auch darf nicht übersehen werden,,dass im Obstbau auf Jahre mit kleinen Erträgen vielfach grosse Ernten folgen. Dadurch erhält der Obstpflanzer einen naturbedingten Ernteausgleich. Weiter muss berücksichtigt werden, dass dort, wo es sich nicht um eigentliche Erwerbsobstplantagen handelt, die Obstpflanzer in der Eegel noch gewisse Ausweichsmöglichkeiten haben, indem sie daneben Ackerbau oder Milchwirtschaft betreiben. So halten wir dafür, dass von einer Hilfe an diese Obstbauern abgesehen werden kann.

' Anders verhält es sich mit dem Spezialobstbau in den Kantonen Waadt, Wallis und Tessin, wo sehr viele Bauern weitgehend auf den Ertrag ihrer Aprikosen- und Pfirsichbäume sowie der Obstplantagen angewiesen sind. In diesen Verhältnissen rechtfertigt sich die Ausrichtung einer Entschädigung für den Ernteausfall. Berücksichtigt sollen aber nur Obstpflanzer werden,: die in entscheidendem Masse von den Erträgen ihrer Obstpflanzungen abhängig sind. Bei den Aprikosen- und Pfirsichpflanzern im Wallis bzw. Tessili handelt, es sich vorwiegend um Bauern, denen der Verkauf der Früchte weitgehend das nötige Barr geld für den Lebensunterhalt liefert. Die Erwerbsobstplantagen im Kanton Waadt traten sehr oft an Stelle gerodeter Eeben. Durch den Verlust derErnte fehlt ihren Besitzern das nötige Geld, um ihre Anlagen in der kommenden Vegetationsperiode sachgemäss zu pflegen. Die Hilfe soll nur gewährt werden, wenn 50 Prozent einer Normalernte infolge des Frühjahrsfrostes verloren gingen und der Obstbau für die Existenz dieser Pflanzer von entscheidender Bedeutung ist.

Für die nach einem Selbstbehalt von 50 Prozent einer Normalernte verbleibenden Ernteausfälle sollen für das Kernobst je 100 kg bis, 50 Franken und für das Steinobst je 100 kg bis 70 Franken entschädigt werden. Diese Ansätze berücksichtigen die Tatsache, dass die Besitzer von Tafelobstbäumen keine Aufwendungen für die Ernte haben und dass die Auslagen für die Pflege während des Sommers ge: ringer waren.

G. Hilfe für die Tomaten- und Erdbeerpflanzer Den Gemüsepflanzern war es in den meisten Fällen möglich, ihre durch Frost zerstörten Setzlinge innert'nützlicher Frist zu ersetzen. Das marktfertige Gemüse konnte auch zu befriedigenden
Preisen abgesetzt werden, so dass sich eine besondere'Hilfsaktion zugunsten der Gemüsepflanzer erübrigt, mit Ausnahme der Tomaten- und Erdbeerpflanzer.

Wir erachten es als gerechtfertigt, den Tomatenpflanzern im Tessin den Ernteausfall zu entschädigen. Dabei haben sie aber 50 Prozent einer Normalernte als Selbstbehalt zu tragen. Es war ihnen oft möglich, durch Anpflanzung von andern Kulturen den Schaden zu mildern. Für die zur Anrechnung gelangenden Ernteverluste wäre eine Entschädigung von 30 Eappen je kg in Aussicht zu nehmen. Über 1000 Landwirte haben rund 21000 Kilozentner Tomaten eingebüsst.

Die Hilfe an die Erdbeerpflanzer soll sich nach unserer Auffassung auf die Walliser Bergbauern beschränken, die hart um ihre Existenz zu kämpf en haben.

892 Oft besitzen sie nur eine oder mehrere Aren Erdbeeren, die ihnen das erste Bargeld ins Haus bringen. Da ein Ersatz dieser mehrjährigen Kulturen durch spätes Gemüse in den meisten Fällen nicht in Frage kam, beantragen wir, den Selbstbehalt bei den Erdbeerpflanzern im Berggebiet auf 40 Prozent einer Normalernte zu begrenzen. Für den Ernteausfall sollen je kg bis 80 Eappen angerechnet werden. In Frage kommen 600 000 kg Bergerdbeeren.

D. Frostschadenversicherung

Nach schweren Frühjahrsfrösten wird immer wieder der Wunsch nach einer Frostschadenversicherung geäussert.

Sowohl in den Eingaben der Berufsorganisationen wie auch anlässlich der Verhandlungen der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren wurde auf die Wünschbarkeit einer Frostversicherung im Obst- und Bebbau hingewiesen.

Bereits die nationalrätliche Kommission für die Vorberatung der letztjährigen ausserordentlichen Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern und Obstpflanzer nahm in ihrer Sitzung vom 30. November 1956 ein Postulat Sprecher betreffend die Schaffung einer Frostversicherung für Eeb- und Obstkulturen an. Dem Kommissionspostulat stimmte der Nationalrat zu.

An Versuchen, in verschiedenen Staaten eine Frostschadenversicherung einzuführen, hat es in den letzten Jahrzehnten nicht gefehlt. Schwierigkeiten und Enttäuschungen blieben nicht aus. Diese Erfahrungen sind wertvolle Hinweise auf eine allfällige Einführung einer Frostversicherung in der Schweiz.

Dabei ruuss besonders darauf geachtet werden, dass der Frost eine unberechenbare Naturgefahr ist, die oft nacheinander oder in längeren Intervallen auftritt und meist katastrophalen Charakter aufweist. Dieses schwer erfassbare Frostschadenrisiko so zu versichern, dass für die Landwirte tragbare Prämien und für die Versicherer keine Überschuldung resultieren, ist keine einfache Aufgabe. Ein Obligatorium ist nicht möglich, da viele Bauern nicht von Frühjahrsfrostschäden bedroht werden. Denkbar wäre eine Verbindung der Frostschaden- mit der Hagelversicherung, weil die zu versichernden Kulturen oft die gleichen sind.

Sie wäre aber auf die besonders frostgefährdeten und gleichzeitig lebenswichtigen Kulturen zu beschränken. Die Versicherungssumme wäre auf die Produktionskosten zu begrenzen.

Es liegt heute ein für den Bund selbstverständlich noch unverbindliches Projekt der Schweizerischen Hagelversicherungs-Gesellschaf t vor. Diesem Projekt hegt die Idee der Einführung einer erweiterten Elementarschadenversicherung und in Verbindung damit einer Frostschadenversicherung, wobei vorerst an den Eebbau und später wohl auch an den Obstbau gedacht wird, zugrunde. Verschiedene Fragen, die dieses Projekt aufwirft, harren noch der Abklärung; sie befinden sich zurzeit beim Justiz- und Polizeidepartement sowie beim Volks-

893 Wirtschaftsdepartement in Prüfung. Wir werden uns bemühen, diese Arbeiten sobald als möglich zum Abschlags zu bringen. Von grosser Bedeutung ist bei der Prüfung dieser Vorschläge die Frage, ob und in welchem. Ausmasse Bund und Kantone gewillt wären, finanzielle Beiträge an die erforderlichen Prämien zu leisten, da nach der Prüfung des Projektes wahrscheinlich die Produzentenschaft die erforderlichen Prämien kaum aufzubringen vermöchte.

E. Erhöhung der Abgaben in den Bebbaufonds Die Anregung, die Abgabe in den Eebbaufonds von gegenwärtig 8 Franken auf 20 Franken für alle Importweine zu erhöhen und die Differenz zur Deckung der der öffentlichen Hand aus einer allfälligen Hilfsaktion entstehenden Ausgaben zu verwenden, wurde einlässlich geprüft. Der vorgeschlagene Weg ist nicht gangbar. Die handelsvertraglichen Bindungen mit Italien erlauben keine Erhöhung der Abgabe zugunsten des Eebbaufonds. Auch gegenüber den übrigen wichtigsten Weinexportländern kann mit Bücksicht auf die Meistbegünstigungsklausel die Erhöhung der Abgabe nicht vorgenommen werden.

IV. Die finanziellen Auswirkungen Die Erhebungen in den frostgeschädigten Eebgebieten haben ergeben,: dass für 617,29 ha eine Entschädigung von 10 Franken je Are ausgerichtet werden sollte. Weitere 538.55ha sollten 20Franken bekommen, und für die am stärksten heimgesuchten 2359,07 ha wären je Are 40 Franken zu entschädigen. Es würde eine Fläche von 8514,91 ha berücksichtigt. Die Gesamtaufwendungen würden sich somit auf ca. 11,13 Millionen Franken belaufen 1). Für die Entschädigungen an die Aprikosenpflanzer im Wallis wären 1,4 Millionen Franken in Eechnung zu stellen, für die Ernteausfalle der Pfirsichpflanzer im Tessili 80 000 Franken, und für die Erwerbsobstplantagen wären 460 000 Franken aufzuwenden. Dazu kämen für die Tomatenpflanzer im Tessin 375 000 Franken und für die Erdbeerpflanzer im Walliser Berggebiet 480 000 Franken oder total rund 2,8 Millionen Franken. So würden schätzungsweise die Beiträge der öffentlichen Hand zugunsten der Geschädigten ca. 15 Millionen Franken ausmachen.

An den Hilfsmasanahmen haben sich die Kantone ebenfalls finanziell zu beteiligen. Je nach den natürlichen Verhältnissen spielen Eeben und Obstbäume in einzelnen Landesteilen eine viel grössere Eolle als in andern. Die Kantone hätten von den Gesamtaufwendungen 25
Prozent zu übernehmen. Für finanziell stark belastete Kantone, namentlich mit ausgedehnten Berggebieten, wäre dieser Ansatz wie letztes Jahr auf 15 Prozent zu reduzieren. Iti Anwendung dieser Prozentsätze würden auf die Kantone gesamthaft rund 3 Millionen Franken entfallen, während der Bund 12 Millionen Franken zu tragen hätte. Die Kantone hätten die Hilfe durchzuführen. Die Auszahlung, erfolgt direkt durch die zuständigen Kantone, gestützt auf die Erhebungen. Sie müssen sich verpflichten, die !) Siehe Tabelle auf folgender Seite.

894 vorgesehenen Mittel in vollem Umfange den Frostgeschädigten auszurichten und darüber zu wachen, dass diese Gelder sachgemäss und zweckdienlich verwendet werden.

Frostschäden im Bebbau 1957 Schätzungsergebnisse i

Ernteausfall von

Kanton

50-69 % Aren

Zürich Bern Schwyz . . . .

Solothurn . . .

Baselstadt . . .

Baselland . . .

Schaffhausen . .

Appenzell A.-Rh.

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau . . . .

Tessili Misox Bieler See . . .

Freiburg . . . .

Waadt Wallis Neuenburg . . .

Genf . .

Total Kosten

409 173

70-79 % Aren 2496

280 175

24282 87

--

-- --

80-100 % Aren

ca. 150 ,-- 453

2504

-- 1190 780 955 368

-- 1819 1726 1204 833

1084 430

188 274

447 731 11 161

248 656

4528

27500 6285

25 000

9 761

7 307

4469

--

Total , % 50-100 % der europ.

Aren Bebsorten

27187 260 ca. 150 180

62 26

Schäden 1950 Aren

36343 961

617 226 196

8160

27 48 62 85 31 80 81 83 75

130 196

1402 900

1 17

347

1042 8166

4 92 7 37 26 55

8106 176 383 17126

30

357 015

180

2624 28625 15

10582 11 898

17820 6959

6779 9087 81 000 9412 25 884

3357 31304 15 13591

14404 19979

24776 133 500

20166 42952

61729 53855 235 907 351 491 à Fr. 10 à Fr. 20 à Fr. 40 617 290 1 077 100 9436280 11 130 670

4492 17788 49

15998 15243

ca.21 000

10087

--

14773

4400 13227

V. Vorübergehende Kredithilfe für bedrängte Weinbauern und Obstpflanzer sowie ihre Verwertungsorganisationen Die bedauerliche Tatsache zweier nachfolgender Missernten in den Weinund einzelnen Obstbaugegenden wird zur Folge haben, dass viele Weinbauern und Obstpflanzer im Verlaufe der nächsten Monate mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfen müssen. Erst im Spätherbst 1958 oder zu Beginn des Jahres

;

895

1959 können diese bedrängten Mitbürger wieder mit Einnahmen aus ihren Bebbergen oder Obstanlagen rechnen. Um diese Kreise vor einer eigentlichen Notlage zu bewahren, halten wir dafür, dass es richtig wäre, zur Überbrückung dieser Schwierigkeiten eine vorübergehende Kredithilfe für frostgeschädigte Weinbauern und Obstpflanzer durchzuführen. Dabei hätten die Kantone in erster Linie die noch vorhandenen Mittel ihrer Bauemhilf sorganisationen (Bauernhilf skassen) einzusetzen. Wenn diese Mittel nicht ausreichen, könnte der Bund neue Darlehen gewähren, die zinsfrei wären und von den Kantonen in einem Zeitraum von sechs Jahren zurückbezahlt werden sollen. Diese zinsfreien Darlehen des Bundes würden die kantonalen BauernhiLfsorganisationen instandsetzen, auf Grund sorgfältiger Untersuchungen, zinslose oder niedrig verzinsliche Hilfsdarlehen an notleidende und der Hilfe würdige Weinbauern- und Obstpflanzerfamilien auszurichten.

Auch genossenschaftliche Verwertungsorganisationen des Beb- und Obstbaues sind infolge der Frostschäden in finanzielle Bedrängnis geraten. Die Bauernhilf sorganisationen sollten deshalb auch ihnen Hilfsdarlehen gewähren können ; dies aber nur dann, wenn sie infolge der Ernteausfälle bei ihren Mitgliedern in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die dafür verwendeten Darlehen des Bundes wären von den Kantonen mit jährlich 2 Prozent zu verzinsen und innert vier Jahren zu tilgen.

, ' An die Gewährung der Darlehen des Bundes ist in Übereinstimmung mit den Bestimmungen über die Kredithilfe für notleidende Bauern (Art. 114 des B G vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen) die Bedingung zu knüpfen, dass die Kantone wenigstens einen Drittel der den Bauernhilf sorganisationen zur Verfügung gestellten Mittel respektive halb soviel wie der Bund selber aufbringen. Finanziell stark belastete Kantone, namentlich mit ausgedehnten Berggebieten, haben wenigstens einen Viertel der Gesamtleistung, respektive einen Drittel der Bundesleistung aufzubringen.

Falls einzelne Kantone nicht in der Lage sind, ihren eigenen Anteil aufzubringen, soll ihnen der Bund für diesen Zweck weitere Darlehen gewähren können, die marktgerecht zu verzinsen und innert vier Jahren zu tilgen sind.

Die Kantone Waadt und Wallis ersuchten bereits während der vergangenen Monate den Bund um
Gewährung von zinslosen oder niedrig verzinsbaren Darlehen zugunsten frostgeschädigter Winzer und Obstpflanzer. In längeren Eingaben begründete der Kanton Waadt sein Gesuch um einen Kredit von l Million Franken; ebenso eingehend schilderte der Kanton Wallis seinen Bedarf für ein Darlehen in der Höhe von 8 Millionen Franken. Diese zwei Kantone wiesen in den beiden Frostjahren rund 40 Prozent der frostgeschädigten Bebflächen europäischer Sorten auf. Nähere Unterlagen für den Gesaratbedarf hegen noch nicht vor. Wir schätzen, dass gesamtschweizerisch mit einem Betrag von 10 Millionen Franken zu Lasten des Bundes zu rechnen ist. Dazu kommen die Darlehen von voraussichtlickweiteren 2 Millionen Franken, mit denen einzelne Kantone in die Lage zu versetzen sind, ihren eigenen Anteil an den Mitteln aufzubringen, die den Bauernhilfsorganisationen zur Verfügung gestellt werden sollen.

896 Die Vorschriften über die Verwendung, Verzinsung und Rückzahlung der den Kantonen gewährten Darlehen werden vom Bundesrat aufzustellen sein.

Werden den Kantonen von Gemeinden oder andern Körperschaften des öffentlichen Rechts ebenfalls Darlehen gewährt, so können diese als Leistungen der Kantone angerechnet werden.

VI. Erläuterungen zum Entwurf Zum. Entwurf erlauben wir uns folgende Erklärungen : Titel und Ingress: Die erneuten Frostschäden im Frühjahr 1957 verursachten in unseren Wein-, Obst- und Gemüsebaugegenden grosse finanzielle Verluste. Ohne eine Hilfe wäre zu befürchten, dass die zweijährigen Ernteausfälle zu wirtschaftlichen Störungen führen würden. Als Rechtsgrundlage ist deshalb in erster Linie Artikel Slbis, Absatz 3, Buchstabe b, der Bundesverfassung heranzuziehen. Da die vorgeschlagenen Massnahmen sich zugunsten wirtschaftlich bedrohter Landesteile auswirken, ist es auch gegeben, Artikel Slbis, Absatz 3, Buchstabe c/der Bundesverfassung zu erwähnen. Die Abstützung der Vorlage auf Artikel SUis, Absatz 3, Buchstaben b und c, der Bundesverfassung entspricht auch dein Vorgehen, wie es bei der letztjährigen Frostschadenhilfe gewählt wurde (siehe BB vom 21. Dezember 1956 über ausserordentliche Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern-und Obstpflanzer).

Die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren vom 19. Juni 1957 hat sich einmütig für eine Hilfe an die frostgeschädigten Weinbauern und Obstpflanzer ausgesprochen. Von den Vertretern der Westschweiz wurde vor allem auf die Dringlichkeit einer Kredithilfe hingewiesen. Der «Fachausschuss Wein» befasste sich-wiederholt mit den durch die Frostschäden verursachten ausserordentlichen Verhältnissen. In diesem. Gremium sind alle am Rebbau und an der Weinwirtschaft interessierten Kreise vertreten. Bereits in seiner Sitzung vom 28. Mai 1957 gab der «Fachausschuss Wein» dem Wunsche Ausdruck, dass eine Hilfsaktion zur Milderung der Folgen des Frühjahrsfrostes vom Bund und den Kantonen durchgeführt werde. Neben einer teilweisen Entschädigung des Ernteausfalles sei auch eine vorübergehende Kredithilfe zu gewähren. Damit ist auch der Vorschrift von- Artikel 32, Absätze 2 und 3, der Bundesverfassung (Begrüssung der Kantone und zuständigen Wirtschaftsorganisationen) Rechnung getragen.

Artikel 1: Der Bund beteiligt sich an den kantonalen Aufwendungen mit 75 Prozent und für finanziell stark belastete Kantone, namentlich mit ausgedehnten Berggebieten, mit 85 Prozent. Die Bundesverwaltung richtet an die Geschädigten selbst keine Beiträge aus.

Artikel 2: Die durch den Frühjahrsfrost in Mitleidenschaft gezogenen Kantone sind durch verschiedene Kreisschreiben über die Grundlagen, die für die Schätzung der Schäden richtungweisend waren, orientiert worden. Es dürfen

897 nur Schäden vergütet werden, die ausdrücklich nach den "Weisungen des Bundes ermittelt und kontrolliert wurden. Ähnlich wie im vergangenen Jahr wurde für den oftschweizerischen Eebbau als Normalernte die Ernte 1951 betrachtet.

Bereits die Erträge der Jahre 1953/56 waren dort durch verschiedene Witterungseinflüsse weit unter den Normalerträgen. Für die Beben in der Westschweiz wurde das fünfjährige Mittel 1951/55 berücksichtigt.

Trotz der grossen Verluste im Obstbau kann eine Hilfe nur jenen Obstpflanzern gewahrt werden, die in entscheidendem Masse von den Erträgen ihrer Obstpflanzungen abhängig sind. Dies trifft in erster Linie für Aprikosen- und Pfirsichpflanzer sowie für die Eigentümer von Obstplantagen zu. Als «normale» Walliser Aprikosenernte darf beim gegenwärtigen Baumbestand ein Ertrag von 8-9 Millionen kg angenommen werden. Die diesjährige Ernte betrug 2 Millionen kg. Bei einem Selbstbehalt von 50 Prozent müssten rund 2 Millionen kg vergütet werden. Die Tomatenpflanzer im Tessin und die Erdbeerpflanzer in den Walliser Berggegenden sind von den Frühjahrsfrösten besonders hart getroffen worden. Es handelt sich hier um zahlreiche kleine Existenzen, die den Ernteausfall'empfindlich, spüren. Aus dem von der Standardgrenze des Produktionskatasters umschriebenen Berggebiet im Wallis betrug die Durchschnittsernte der vom Frost verschonten Jahre 1951/55 2 Millionen kg Erdbeeren. Diese Menge darf als Normalernte betrachtet werden.

Erneut wurde die Frage geprüft, ob die Hilfe auf natürliche Personen beschränkt sowie nach den Einkommens- und Verniögensverhältnissen abgestuft werden könne. In Anbetracht der grossen Zahl der Geschädigten, die in einzelnen Kantonen - wie beispielsweise im Wallis - in die Tausende von Grundeigentümern geht, würde jedoch eine Differenzierung nach den Einkommens- und Verrnögensverhältnissen zu, grossen Komplikationen und zahllosen Unzulänglichkeiten führen. Die Durchführung der Hilfsaktion könnte kaum rasch genug beendet werden. Unzufriedenheit wäre die Folge der ungleichen Behandlung zahlreicher Mitbürger.

An Kantone selbst, die Frostschäden bei ihren eigenen Kulturen erlitten haben, soll keine Entschädigung ausgerichtet werden. Die in Artikel 2 erwähnten Entschädigungen gelten ganz allgemein als Höchstansätze für die Berechnung des Bundesbeitrages.

Artikel 3:
Für die vorgesehene Kredithilfe haben die Kantone in erster Linie die vorhandenen Mittel ihrer Bauernhilfsorganisationen einzusetzen. Nur wenn diese vorhandenen Mittel nicht ausreichen, soll der Bund den Kantonen zuhanden ihrer Bauernhilfsorganisationen neue Darlehen bis zu 10 Millionen Franken gewähren. Die Kredithilfe für frostgeschädigte Bebbauern und Obstpflanzer soll also durch die kantonalen Bauernhilfsorganisationen durchgeführt werden; denn sie können am besten beurteilen, wer ohne eigenes Verschulden infolge der Frostschäden in finanzielle Bedrängnis gekommen ist. Selbstverständlich dürften Kredite nur fachkundigen und sparsamen Bauernfamilien zuteil werden. Die diesem Zweck dienenden Darlehen des Bundes sind von den Kantonen innert sechs Jahren zu tilgen.

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Die von den Weinbauern und Obstpflanzern vielerorts ins Leben gerufenen Verwertungsorganisationen befinden sich infolge der Ernteausfälle e.benfalls in einer ernsten finanziellen Lage. Soweit es sich um'genossenschaftliche V^erwertungsorganisationen handelt, wären auch ihnen Kredite für die Überbrückung ihrer zeitbedingten Schwierigkeiten zu gewähren. Diese Darlehen sind von den Kantonen mit jährlich 2 Prozent zu verzinsen und innert vier Jahren zurückzuzahlen.

Bei den weiteren Darlehen des Bundes von voraussichtlich 2 Millionen Franken, die dazu dienen sollen, gewissen Kantonen zu den Geldern zu verhelfen, welche den kantonalen Anteil bilden an den für die Bauernhilfskassen bereitzustellenden neuen Mitteln, handelt es sich streng genommen nicht mehr um eine Bundesleistung für die Kredithilfe zugunsten der frostgeschädigten Bauern, sondern um eine Finanzhilfe des Bundes an die Kantone. Der Bund tritt hier an die Stelle der Banken, bei denen die Kantone ihren Kreditbedarf decken sollten. Es rechtfertigt sich deshalb, bei dieser ungewöhnlichen Finanzhilfe an gewisse Kantone eine Tilgungsfrist von höchstens vier Jahren vorzusehen und einen normalen Zinssatz in Anwendung zu bringen, mit dem auch bei Beanspruchung des freien Kapitalmarktes gerechnet werden müsste.

Wir beantragen Ihnen, das unter Ziffer I angeführte Postulat des Nationalrates (Nr.7426), dem durch diese Botschaft Rechnung getragen wurde, abzuschreiben.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses anzunehmen, und benützen den Anlass, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 12.November 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Streuli Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

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Bundesbeschluss über

ausserordentliche Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern, Obst-, Tomaten- und Erdbeerpflanzer

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel Sttis. Absatz 3, Buchstaben b und o, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. November 1957, beschliesst: A. Beiträge

Art. l 1

Gewährt ein Kanton Beiträge zur Milderung der Schäden, welche die Weinbauern, Aprikosen-, Pfirsich-, Tomaten- und Erdbeerpflanzer sowie Erwerbsobstplantagenbesitzer infolge des Frostes im Frühjahr 1957 erlitten haben, so vergütet ihm der Bund 75 Prozent an nachweisbar gemachte Aufwendungen gemäss Artikel 2. Für finanziell stark belastete Kantone, namentlich mit ausgedehnten Berggebieten, beträgt der Bundesbeitrag 85 Prozent.

2 Beiträge von Gemeinden und andern Körperschaften des öffentlichen Eechts können bei. der Festsetzung der Bundesbeiträge zu den Beiträgen des Kantons hinzugerechnet werden.

Art. 2 1

Der Bund richtet den Kantonen Beiträge nur aus a. für Schäden, welche diese nach den Weisungen des Bundes festgestellt haben und die auf den Frühjahrsfrost 1957 zurückzuführen sind; b. wenn es sich um Bebparzellen mit einem Ernteausfall von mindestens 50 Prozent einer Normalernte handelt ;

900 c. wenn Aprikosen- und Pfirsichpflanzer sowie Besitzer von Erwerbsobstplantagen mindestens 50 Prozent einer Normalernte verloren haben und der Obstbau für ihre Existenzgrundlage von entscheidender Bedeutung ist; d. wenn Tomatenpflanzer im Kanton Tessin mindestens 50 Prozent einer Normalernte verloren haben; e. wenn Erdbeerpflanzer in Berggebieten des Kantons Wallis mindestens 40 Prozent einer Normalernte verloren haben; /. wenn die betroffenen Grundstücke in der Schweiz liegen; g. wenn der Geschädigte Wohnsitz in der Schweiz hat.

2

Aufwendungen zugunsten der Kantone und ihrer Anstalten sind nicht beitragsberechtigt.

3 Für den Ernteausfall sind im einzelnen höchstens folgende Aufwendungen der Kantone beitragsberechtigt: a. bei den Eeben, je nach dem Ausmass der Kälteschäden, 10 bis 40 Franken je Are; l>. beim Tafelobst: Kernobst je 100 kg 50 Franken; Steinobst je 100 kg 70 Pranken; c. bei den Tomaten je kg 30 Eappen; d. bei den Erdbeeren je kg 80 Eappen.

Beim Tafelobst, bei den Tomaten and den Erdbeeren ist nur der Teil der Ernteausfälle beitragsberechtigt, der die in Absatz l, Buchstaben c, d und e genannten Prozentsätze übersteigt.

B..

Art. 3 1

Um den Kantonen die Durchführung einer Kredithilfe für frostgeschädigte Weinbauern und Obstpflanzer und deren Verwertungsorganisationen zu erleichtern, gewährt der Bund den Kantonen zuhanden ihrer Bauernhilfsorganisationen, soweit diese nicht über genügend Mittel verfügen, Darlehen bis zu einem Betrag von insgesamt 10 Millionen Franken. Die Darlehen werden unter der Bedingung gewährt, dass die Kantone den Bauernhilfsorganisationen für den gleichen Zweck auch eigene Mittel zuführen, die mindestens die Hälfte oder, wenn es sich um finanziell stark belastete Kantone, namentlich mit ausgedehnten Berggebieten handelt, mindestens einen Drittel der Bundesleistung erreichen sollen. Als Leistungen der Kantone können auch Beträge angerechnet werden, die ihnen von Gemeinden oder andern Körperschaften des öffentlichen Eechts zur Verfügung gestellt werden.

901 2 Der Bund kann den Kantonen, die sonst nicht in der Lage wären, ihren Anteil gemäss Absatz l aufzubringen, für diesen Zweck weitere Darlehen bis zu einem Betrag von 2 Millionen Franken gewähren.

3 Die den kantonalen Bauernhüfsorganisationen zur Verfügung gestellten Mittel dienen zur Gewährung von Hilfsdarlehen an würdige Weinbauern und Obstpflanzer, die infolge der Fröste von 1956 und 1957 in Not geraten sind, sowie an Verwertungsorganisationen, die sich aus den gleichen Gründen in. einer schwierigen finanziellen Lage befinden. Die Hilfsdarlehen können von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

4 Die Kantone haben die Darlehen des Bundes wie folgt zu verzinsen und zu tilgen : Die Darlehen gemäss Absatz l sind insoweit, als sie für Hilfsdarlehen an würdige Weinbauern und Obstpflanzer verwendet werden, zinsfrei und von den Kantonen innert sechs Jahren zu tilgen. Soweit die Darlehen gemäss Absatz l für Hilfsdarlehen an Verwertungsorganisationen verwendet werden, sind sie von den Kantonen mit jährlich 2 Prozent zu verzinsen und innert vier Jahren zu tilgen. Die Darlehen gemäss Absatz 2 sind von den Kantonen marktgerecht zu verzinsen und innert vier Jahren zu tilgen.

G. Sclilussbestimmungen

Art. 4 Zu Unrecht bezogene Beiträge sind unabhängig von der Anwendung der Strafbestimmungen zurückzuerstatten.

Art. 5 1

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.

2 Er wird mit dem A^ollzug beauftragt.

3 Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

3531

Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über ausserordentliche Massnahmen zugunsten der frostgeschädigten Weinbauern, Obst-, Tomaten- und Erdbeerpflanzer (Vom 12. November 1957)

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Foglio federale

Jahr

1957

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

7501

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.11.1957

Date Data Seite

885-901

Page Pagina Ref. No

10 040 002

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