# S T #

N o

3

s i

Bundesblatt 109. Jahrgang

Bern, den 17. Januar 1957

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, Iß Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

# S T #

Bundesratsbeschluss über

die bilaterale technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder (Vom 15 Januar 1957)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 2, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 20. September 1956 über die technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder1), beschliesst: I. Schweizerische Koordinationskommission für die technische Hilfe

Art. l

Zweck und Aufgaben Für die Behandlung von grundsätzlichen Fragen der technischen Hilfe an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder wird die Schweizerische Koordinationskommission für die technische Hilfe (nachfolgend «Kommission») eingesetzt.

2 Zu den Aufgaben der Kommission gehören insbesondere : a. die Stellungnahme zu grundsätzlichen Fragen der Mitarbeit der Schweiz im Eahmen des Technischen Hilfsprogramms der Vereinigten Nationen und ihrer SpezialOrganisationen ; b. die Mitwirkung beim Vollzug der bilateralen technischen Hilfe der Schweiz; c. die Koordination der Tätigkeit der Bundesbehörden und der privaten Organisationen auf dem Gebiete der technischen Hilfe der Schweiz.

1

*) BEI 19S6, II, 404. Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. I.

82 Art. 2 Zusammensetzung und Wahl 1 Die Kommission besteht aus 12 bis 15 Vertretern der zuständigen Abteilungen der Bundesverwaltung, der privaten Wirtschaft sowie der Hochschulen und der Wissenschaft.

8 Die Abteilungen der Bundesverwaltung bezeichnen ihre Vertreter in der Kommission selbst. Die Vertreter der privaten Wirtschaft sowie der Hochschulen und der Wissenschaft werden vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (nachfolgend «Departement») ernannt, das auch den Vorsitzenden bezeichnet.

Art. 3 Geschäftsführung 1 Die Mitglieder der Kommission werden durch den Vorsitzenden zu den Sitzungen eingeladen, ebenso weitere Sachverständige mit beratender Stimme, falls es die Behandlung der Geschäfte erfordert.

2 Die Mitglieder der Kommission und beigezogene Sachverständige werden für ihre Tätigkeit gemäss der Verordnung des Bundesrates vom 25. Januar 1952 über die Taggelder und Eeiseentschädigungen für Kommissionsmitglieder und Experten entschädigt.

3 Das Sekretariat der Kommission wird vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (nachfolgend «Bundesamt») besorgt.

II. Allgemeine Bestimmungen über die bilaterale technische Hilfe

Art. 4 Zweck und Arten der bilateralen technischen Hilfe 1 Die Massnahmen der technischen Hilfe auf bilateraler Basis bezwecken, wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder auf dem Wege direkter Zusammenarbeit bei der Ausbildung ihres technischen Personals und der Vermittlung von technischen Kenntnissen zu unterstützen, die für ihre wirtschaftliche Entwicklung erforderlich sind.

2 Als solche Massnahmen gelten : a. die Gewährung von Stipendien für Studien- und Weiterbildungsaufenthalte von qualifizierten Fachleuten aus wirtschaftlich ungenügend entwickelten Ländern in der Schweiz (Art. 7-10) ; b. die Entsendung schweizerischer Fachleute nach wirtschaftlich ungenügend entwickelten Ländern (Art. 11-18).

3 Ausnahmsweise können auf Antrag der Kommission im Eahmen der verfügbaren Mittel weitere Massnahmen auf bilateraler Basis durchgeführt werden. Auf solche Massnahmen sind Artikel 7-18 sinngemäss anwendbar. Der Entscheid wird gemäss Artikel 6, Absatz 8, getroffen.

88

Art. 5 Verfügbare Mittel 1 Der jährlich verfügbare Gesamtbetrag wird in der Eegel wie folgt aufgeteilt: o. 50 Prozent für die Gewährung von Stipendien; b. 50 Prozent für die Entsendung schweizerischer Fachleute.

2 Vorbehalten bleibt die Festsetzung eines abweichenden Verteilungsschlüssels, sofern es die Verhältnisse erfordern oder weitere Massnahmen im Sinne von Artikel 4, Absatz 3, durchgeführt werden. Der Entscheid wird gemäss Artikel 6, Absatz 3, getroffen.

Art. 6 Einreichung und Behandlung der Gesuche 1 Die Gesuche um Gewährung technischer Hilfe auf bilateraler Basis sind mit den nötigen Unterlagen 'durch Vermittlung oder nach Anhören der zuständigen diplomatischen Vertretung der Schweiz oder der zuständigen internationalen Organisation an den Vorsitzenden der Kommission zu richten.

2 Der Vorsitzende der Kommission unterbreitet die Gesuche mit seinem Antrag über Gutheissung oder Ablehnung sowie über Höhe und Dauer der zu gewährenden Bundesbeiträge und die gegebenenfalls vorzusehenden Bedingungen dem Bundesamt, der Eidgenössischen Finanzverwaltung (nachfolgend «Finanzverwaltung») und dem Präsidenten des Schweizerischen Scbulrates.

3 Der Entscheid über die Gesuche wird vom Vorsitzenden der Kommission im Einvernehmen mit dem Bundesamt, der Finanzverwaltung und dem Präsidenten des Schweizerischen Schulrates getroffen.

III. Gewährung von Stipendien für Studienaufenthalte in der Schweiz

Art. 7 Grundsatz 1 Der Bund gewährt Stipendien für Studienaufenthalte an schweizerischen Hochschulen und Fachschulen, Forschungsinstituten und ähnlichen Einrichtungen sowie in Unternehmungen und öffentlichen Verwaltungen für alle Ausbildungsrichtungen, die mit der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Empfängerstaates im Zusammenhang stehen.

2 Als Stipendiaten fallen insbesondere in Betracht a. Absolventen von Hochschulen und Fachschulen, welche die im Empfängerstaat vorgeschriebenen Abschlussprüfungen bestanden haben und ihre Ausbildung auf einem bestimmten Gebiete vertiefen möchten; 6. Gruppen von Fachleuten mit bestandener Abschlussprüfung für kurzfristige Studienreisen.

3 Im Einverständnis mit den zuständigen Behörden des Empfängerstaates können Stipendiaten auch von internationalen Organisationen und von Experten

84

vorgeschlagen werden, die im Rahmen der bilateralen technischen Hilfe der Schweiz oder des Technischen Hilfsprogrammes der Vereinigten Nationen und ihrer SpezialOrganisationen tätig sind.

Art. 8 Dauer und Höhe der Stipendien 1 Stipendien für Studien- und Weiterbildungsaufenthalte in der Schweiz werden in der Eegel für die Dauer eines Studienjahres gewährt.

8 Die Höhe des Stipendiums wird entsprechend dem Ausbildungsstand und der Erfahrung der Stipendiaten festgesetzt und beträgt höchstens 700 Franken im Monat; falls ein Weiterbildungsaufenthalt besonders häufige Versetzungen und Reisen innerhalb der Schweiz bedingt, kann der Betrag ausnahmsweise auf höchstens 800 Franken im Monat angesetzt werden.

Art. 9 Rechte und Pflichten der Stipendiaten 1 Die Rechte und Pflichten der Stipendiaten werden in einem besonderen Reglement geordnet, das von den in Artikel 6, Absatz 8, erwähnten Instanzen zu erlassen ist.

2 Das Reglement ist vor dem Erlass der Kommission zur Begutachtung zu unterbreiten.

Art. 10 Auszahlung der Stipendien 1 Die Stipendien werden den Stipendiaten in monatlichen Beträgen durch Vermittlung der schweizerischen Institutionen ausgerichtet, die für deren Ausbildung verantwortlich sind.

2 Die Auszahlung der Beträge wird vom Bundesamt veranlagst, dem die erforderlichen Belege zu unterbreiten sind.

IV. Entsendung schweizerischer Fachleute ins Ausland

Art. 11 Grundsatz 1 Der Bund gewährt Beiträge für die Entsendung schweizerischer Fachleute, die bei der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Empfängerstaates mitwirken.

2 Als schweizerische Fachleute fallen Schweizerbürger in Betracht, die über die zur Erfüllung des Auftrages erforderliche Ausbildung und Erfahrung verfügen.

3 Neben selbständigen Experten können auch Gehilfen von Experten bezeichnet werden, die im Rahmen der bilateralen technischen Hilfe der Schweiz oder des Technischen Hilfsprogrammes der Vereinigten Nationen und ihrer SpezialOrganisationen tätig sind.

85 Art. 12

Anrechenbare Kosten 1

Der Bund leistet in der Eegel nur Beiträge an solche Auslagen, die mit der Vorbereitung und der Auswertung des zu erfüllenden Auftrages in der Schweiz verbunden oder die in schweizerischer Währung zu decken sind.

2 Als Vorbereitungskosten gelten die Auslagen für folgende Zwecke: a. Wissenschaftliche und organisatorische Vorbereitung des Auftrages in der Schweiz, unter Einschluss des Besuchs besonderer Ausbildungskurse, der Beschaffung von Literatur und topographischen Karten und der Erstellung von Photokopien ; 6. Beschaffung von persönlicher sowie wissenschaftlicher und technischer Ausrüstung zu Unterrichts- und Demonstrationszwecken in der Schweiz ; c. Personen- und Gepäcktransport-Versicherungen bei schweizerischen Unternehmungen ; d. Medizinische Untersuchungen und Schutzimpfungen durch schweizerische Ärzte ; e. Allfällige Anschaffung von Buch- und Bildmaterial über die Schweiz und andern Gegenständen für die geschenkweise Überlassung an den Empfängerstaat.

3 Als Auswertungskosten gelten die Auslagen für die mit dem Auftrag verbundene Auswertung der wissenschaftlichen und technischen Ergebnisse nach der Bückkehr in die Schweiz.

4 Erwerbsausfallentschädigungen für die Dauer der Abwesenheit von der Schweiz können nur ausgerichtet werden, wenn die Entlöhnung von Seiten des Empfängerstaates erheblich unter dem bisherigen Verdienst hegt oder nicht nach der Schweiz transferiert werden kann.

5 Für die Kosten der Eeise und des Gepäcktransportes kann ein Vorschuss gewährt werden, der durch den Empfängerstaat zurückzuerstatten ist. In besonderen Fällen kann ausnahmsweise ein Beitrag an diese Kosten geleistet werden.

Art. 13 Rechte und Pflichten der schweizerischen Fachleute 1

Die schweizerischen Fachleute sind dem Bunde gegenüber für eine zweckmässige Verwendung der ihnen gewährten Bundesbeiträge verantwortlich.

2 Die Eechte und Pflichten der schweizerischen Fachleute werden in einem besonderen Pflichtenheft geordnet, das von den in Artikel 6, Absatz 8, erwähnten Instanzen aufzustellen ist.

3 Über die Ausführung des Auftrages ist dem Bundesamt zuhanden der Kommission vierteljährlich ein kurzer Zwischenbericht und nach der Rückkehr in die Schweiz ein ausführlicher Schlussbericht zu erstatten.

86 Art. 14 Auszahlung der Bundesbeiträge 1

Die Bundesbeiträge werden den schweizerischen Fachleuten nach Bedarf ausbezahlt.

2 Das Bundesamt veranlasst die Auszahlung.

Art. 15 Kontrolle 1 Das Bundesamt überwacht die Verwendung der Bundesbeiträge und ist berechtigt, über die Ausführung des Auftrages Auskünfte einzuholen. Es kann zu diesem Zwecke' Mitglieder der Kommission oder weitere Sachverständige beiziehen.

2 Die Abrechnungen der Beitragsempfänger werden vom Bundesamt mit den zugehörigen Belegen und Inventarverzeichnissen der Eidgenössischen Finanzkontrolle unterbreitet.

3 Das Bundesamt gibt den Beitragsempfängern Kenntnis von der Genehmigung der Schlussabrechnung.

4 Bei missbräuchlicher oder unzweckmässiger Verwendung des Bundesbeitrages treffen die in Artikel 6, Absatz 3, erwähnten Instanzen die entsprechenden Massnahmen, wie den Entzug des Beitrages und die Bückforderung bereits geleisteter Zahlungen.

Art. 16 Veröffentlichungen 1 Veröffentlichungen über wissenschaftliche und technische Ergebnisse, die bei der Ausführung des Auftrages erzielt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesamtes, das die Meinungsäusserung der fachlich zuständigen Mitglieder der Kommission einholt und gegebenenfalls weitere Sachverständige beizieht.

2 Die Verfasser der Veröffentlichungen sind dafür verantwortlich, dass die Nutzbarmachung von wissenschaftlichen und technischen Ergebnissen durch schweizerische Fachleute und Unternehmungen nicht durch deren vorzeitige Bekanntgabe beeinträchtigt werden.

3 Für die Drucklegung von Veröffentlichungen über wissenschaftliche und technische Ergebnisse können in besonderen Fällen zusätzliche Bundesbeiträge gewährt werden.

Art. 17 Rückerstattung des Bundesbeitrages 1 Beiträge von Dritten an einen Auftrag, für .den ein Bundesbeitrag gewährt wurde, oder für private Aufträge, die von den Fachleuten gleichzeitig erledigt werden können, sind an die für die Festsetzung des Bundesbeitrages massgebenden Kosten anzurechnen. Über die Höhe der Anrechnung entscheidet der Vorsitzende der Kommission im Einvernehmen mit dem Bundesamt und der Finanzverwaltung.

87 2

Führt die Erfüllung des'Auf träges, für den ein Bundesbeitrag gewährt wurde, zu weiteren Aufträgen oder zu Bestellungen von Waren oder Werken an schweizerische Fachleute oder Unternehmungen, so ist nach Möglichkeit ein angemessener Betrag zurückzuerstatten. Die Höhe der Bückerstattung wird vom Vorsitzenden der Kommission im Einvernehmen mit dem Bundesamt und der Finanzverwaltung festgesetzt und richtet sich nach dem Erlös oder den Verwertungsmöglichkeiten.

Art.18 Verwendung der aus Bundesbeiträgen angeschafften Ausrüstung Ausrüstungsgegenstände, die aus Bundesbeiträgen angeschafft1 wurden und nicht für den ausschliesslich persönlichen Gebrauch bestimmt sind, stehen nach Erfüllung des Auftrages zur Verfügung des Bundesamtes, das sie geeigneten Benutzern zum weitern Gebrauch überlassen kann.

2 Die Veräusserung solcher Gegenstände bedarf der Zustimmung des Bundesamtes, falls der Bundesbeitrag nicht gemäss Artikel 14 zurückerstattet worden ist. Der Erlös aus der Veräusserung fällt an den Bund.

1

V. Schlussbestimmungen Art. 19 1

Vollzug und Oberaufsicht Der Vollzug obliegt dem Vorsitzenden der Kommission und dem Bundes-

amt.

2 Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die sich beim Vollzug ergeben, sind der Kommission zur Begutachtung zu unterbreiten.

3 Das Departement wird mit der Oberaufsicht beauftragt.

Art. 20 Inkrafttreten 1 Dieser Beschluss tritt am 1. Februar 1957 in Kraft.

2 Auf diesen Zeitpunkt wird der gleichnamige Bundesratsbeschluss vom l I.November 1952 aufgehoben.

3 Für Beiträge, die auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 11. November 1952 gewährt wurden, gelten jedoch weiterhin dessen Bestimmungen.

Bern, den 15. Januar 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Streuli 2984

,

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss über die bilaterale technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder (Vom 15. Januar 1957)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1957

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

03

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.01.1957

Date Data Seite

81-87

Page Pagina Ref. No

10 039 687

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.