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Minderheit der nationalräthlichen Kommission über die Münzfrage.

(Vom 16. Januar 1860.)

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Es waren kaum einige Jahre feit der Annahme des jezt in Kraft bestehenden Münzfußes verflossen, als sich schon die Wahrnehmung fühlbar machte, daß das Silber sich aus der Eireulation zurückzuziehen beginne und Gold, namentlich französifche 20 Fr., an dessen Stelle trete. D.e Bundesversammlung , so wie der Bundesrath blieben nicht blind gegenüber dieser Erscheinung ; zweimal war dieselbe Gegenstand der reiflichsten Erörterung, im Jahr 1854 und 1856. Beide Male indessen fand man

nicht hinlänglich Grund, eine tiefer eingreifende Maßregel zu beschließen

und begnügte sich mit etwas Halbem ; Inan besaß ebenso wenig den Muth, Gold für ein gesezliches Zahlungsmittel zu erkären, als es in dieser Eigen..

schaft auszuschließen, d. h. die bestehenden Geseze handhaben zu wollen.

Obsehon beide Male beschlossen w a r : ,,es sei an dem bisherigen. aus dem ^ Silber bafirten Münzsysteme festzuhalten und in eine Goldtarisirnng nicht einzutreten, so nahmen eidgenössische nnd kantonale Kassen nach wie vor den Napoleon für 20 Silbersranken. Es .hat sich diese Halbheit bitter gerächt ; denn hente stehen wir auf dem Punkte , nur noch zwischen zwei Uebeln wählen zu können. Aber ein Entscheid muß nun gefaßt werden; wir sind es der Würde des Vaterlandes schuldig , ein Provisorium nicht Bänger hinzunehmen, das bestehenden Gesezen Hohn spricht.

Jch. werde, um möglichst kurz zu sein, mit Umgehung des ganzen statistischen Zahlenapparates, der Jhnen durch die Presse, den Bericht des Bundesrathes , so wie den Rapport der Kommissionsmehrheit genügend auseinander gesezt ist . das Grundsäzliehe der vorwürfigen Frage in's Auge fassen, und begnüge mich demnach einfach damit, von der Thatsache Notiz zu nehmen, daß von dem in Europa zirkulirenden oder zirkulirend gewesenen , nach dein von uns adoptirten Münzfuße geprägten Silber so ziemlich .^ verschwunden sind; abgesehen von der unbestimmbaren Menge Silbers, das der Zirkulation behufs technischer Zweke entzogen wird, hat

418 England allein innerhalb der lezten neun Jahre nahezu an 1700 Millionen Franken Silber nach Ostindien und E^iua ausgeführt, nnv davon den größern Theil aus dem französischen Münzgebiete. Diese permanente Ausfuhr von Silber findet ihren Grund: 1) in der Vorliebe der genannten astatischen Länder für das Silben gegenüber dem Golde, und 2) in dem Ueberfchusse, den Europa in Folge der befondern Ver..

hältnisse des Produktenweehfels an ....lsien, namentlich für Seide und Thee herauszubezahlen hat, und wird voraussichtlich so lange fortdauern, bis die gegenseitige Handelsbilanz sich mehr oder weniger ausgleicht, vielleicht aber lange vorher ihr Ende erreichen, dann nämlich , wenn das Silber in Eu^ ropa so selten, resp. so theuer geworden ist, daß es sich selbst auch nach Asien auszuführen nicht mehr rentirt.

S t r e i t , ob Gold o d e r S i l b e r a u s g e s c h l a g e n habe.

Angesichts dieser Thatfach.n erscheint es uns als ein höchst müßiges Streitobjekt, zu erörtern, ob das Silber auf- oder das Gold abgeschlagen habe; es koinint eben rein auf den Standpunkt an, auf welchem man steht.

Der Engländer . der jezt 61 à 62 Penee für die Unze Silber bezahlt und das Sitber als Waare zu betrachten gewohnt ist , wird das erster... b^ haupten, und der Deutsche, der den Napoleon von fl. 9. 30 auf fl. 9. 1....

hat fallen sehen, prätendirt das leztere; und wir, die wir ideell auf Siiberbodenstehen, faktisch aber mitten in der Goldwährung uns befinde.. , können die eine Meinung vertreten wie die andere ; theoretisch richtiger ist aber für uns die erstere.

Von größter Tragweite ist aber die Frage, ob in Folge des enormen Zuströmens des Goldes wirklich eine allgemeine Entwertung desselben un^ relativ, wenn auch in geringeren.. Maße, des Silbers stattgefunden habe, und wenn ja, ob anzunehmen sei, daß eine solche fortdauern werde. Jch werde später auf diesem Punkt zurükkoinInen.

P r ä e i s i r u n g d e r Fragen.

Unter den gegebenen Verhältnissen drängt sich nun mit aller Macht in erster Linie die Frage auf: ,,Kann die Schweiz mit eingreifenden Maßregeln nicht noch so lange zuwarten , bis Frankreich in dieser Angelegenheit vorgehen oder gleichbedeutend zur reinen Goldwährung übergegangen sein wird.^ Auf den Fall hin, daß wir mit nein antworten müßten, handelt es sich in zweiter Linie daruin : ,,Ob wir
unabänderlich an unserem gegenwärtigen Münzfuße festhalten und dabei alle zulässigen Restriktionen aufsteilen sollen, um denselben zux Wahrheit werden zu lassen oder nicht... ..

419 Endlich , wenn auch diese Frage verneint werden müßte , so bleibt ^ns zu erörtern übrig , sollen wir 1) indem wir

das nach französischem System geprägte Gold

als

Zahlungsmittel erklären, tatsächlich den französischen Doppelstandard an-

nehmen , oder 2) sofort zur Aufstellung der reinen Goldwährung übergehen, odex 3) einen eigenen Goldfuß aufstellen, oder 4) unsern bestehenden Silbersuß verschlechtern.

Selbstverständlich fielen diese Erörterungen alle weg , sobald wir zum .'.Schlusse gekommen wären, die Silbexwährnng sei beizubehalten; hingegen gienge parallel niit diesen sämmtlichen Fragen diejenige über Prägung vo^ Theilniünzen.

Allem diesem vorausgehend muß zuerst untersucht werden , ob das.

^Gold im Allgemeinen wirklich eine Entwerthung erfahren habe und ob.

solche voraussichtlich fortdauern werde. Das Ergebniß dieser Untersuchung ist der Angelpunkt unserer ganzen Argumentation. Es erscheint zwar beinahe lächerlich , den ersten Theil des Sazes beweisen zu sollen ; da sich aber Nationalökonomien von Ruf die Mühe genommen haben. durch Aufstellnng von Tabellen, durch welche sie daxthun, daß Eisen und Weizen gegenwärtig u n t e r dem Mittelpreise . von 40 Jahren stehen, der allge..

r.ieinen Annahme der Entwerthnng des Goldes, beziehungsweise der Vertheurnng des Käuflichen, die Spize zu brechen, so sehen wir uns doch veranlaßt, daraus aufinerksani zu machen, daß solche vereinzelte Ergebnisse niemals als Grundlage von Fundamentalsäzen dienen können; nur mit ^inem ganzen Komplexe ähnlicher Resultate an der Hand darf man allgenieine Schlüsse daiaus bauen ; Andere , indem sie zugeben , daß Alle^ theurer sei als vor Entdekung der Goldniinen , wollen die Thatsache daInit erklären, es sei plözlich der^Luxns, die .Aneignung veredelter LebensBedürfnisse größer geworden. Ohne dieser Behauptung absolut widersprechen zu wollen. stellen wir einfach den Saz auf, daß jezt, nach zwei Jahren, deren Erndten eher über als unter dem Mittelertrag standen, jede Familie bei g l e i c h e n Bedürfnissen wie vor 1^-15 Jahren, ganz entschieden mehr Geld für ihren Unterhalt. d. h. Wohnung,^ Kleidung und Ernähxung bedarf. als damals; es wäre zwar sehr schwer, das Maß ^dessen..

1vas gegenwärtig mehr ersorderlich ist, in Zahlen auszudrüken. Wenn wir.

dasselbe aber zu 10% anschlagen. so greisen wir wahrscheinlich nicht zu hoch, um so viel ist also ungefähr der Geldwert^ bereits gefunken. Daß dieses Gesunkenen aus Kosten des Goldes und nicht des Silbers z.^ schreiben sei . darüber herrscht wol kein Zweifel. Wenn irgendwo der Saz: ..^ost hoc, ergo propter
lIoc richtig ist, so ist er^s hier.

Wie wäre es aber auch anders möglich gewesen !

Nachdem durch.

^ine la.ige Reihe von Jahren ein gewisses bestimmtes Verhältniß zwischen Angebot, - Tanschmittel - und Waare sich festgestellt, brach jene Flut.^

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von Gold herein, die bis zur Stunde in ungeschwächter Macht zuströmt.^ .da wurde das Angebot größer als der Bedarf. selbst das Silber, dessen.

Produktion ziemlich stationär geblieben ist, wurde mehr und weniger mit^gerissen und die Ausgleichung fand statt , indem die Preise des käufliche^ im Allgemeinen in die Höhe giengen. Bald eInanzipirte fich das Silber indessen wieder, und beute besteht zwischen beiden Metallen eine relative Preisdifferenz von 1.,^-i^... % im Wechselkurs und ungefähr I ..,^ im gemünzten Zustande^ die absolute nach dem sranzöstchen System zu 1^1/2: 1 angenommen.

Das scheint aber nun der Ansang des Traumspiels zn sein. Wir dürfen nicht vergessen, daß die fatalen Einwirkungen der großen Gold^ zufuhr sich vermöge der Elastizität des Verkehrs und seiner enormen Ans..

.dehnungsfähigkeit nur im kleinsten Maße haben an den Tag geben können.

Das Gold hat offenbar wesentlich zur Verkehrsentwiklung der lezten 10 Jahre beigetragen ; aber es hat Alles seine Gränzen, und eine andauernde, ..n dem Maße andauernde Golderzeugung, wie sie in den lezten fünf Jahren .stattgefunden hat, müßte jede mögliche Entwiklung des Verkehrs wei...

.überholen. Wenn nun das Gold auf diese Weife feine Verwendung einmal .nicht mehr finden kann , so werden die Folgen desto beunruhigender im gewöhnlichen bürgerlichen Leben auftreten , da nämlich überall , wo Gold .die gesezliche Währung ist^ und es scheint innerhalb weniger Jahre, selbst troz des fortwährenden Silberabfl..sses nach Asien , ein erhebliches Fallen des Goldes, resp. eine Vertheurung alles dessen. was der Mensch produzirt und seiner Arbeitskraft, als der Basis jeder Produktion, ziemlich unaus^ weichlich.

Es sezt di^.se Annahme natürlich diejenige voraus , daß di.^ Produktion des (Soldes si^ ungefähr gleich bleiben werde : wir haben

.^uch in der That keine Anhaltspunkte , das Gegentheil für richtiger zu

galten. ^ln obig^ allgemeine Betrachtung knüpft sich die weitere über di^ .Veränderung, welche das relative Werthve^häitniß zwischen Gold und Silber niuthmaßl.ch erleiden wird. Auch bei dieser Erörterung müssen

.wir bei Abgang irgend stichhaltiger Gründe das Gegentheil voraus^ sezen, die Ausbeute ...n Silber bleibe fo ziemlich die nämliche, dem Ge^ wichte nach ungefähr 21,000 Zentner per Jahr. Heute ist das .^erth^

verhältniß in Frankreich zu 151,^: 1 festgestellt, in Portugal und Riiß-

..and 15: 1 , in Ehina besteht faktisch ein Ve^ältniß von 1(). 1, ir..

Ostindien etwa 12: 1. Ohne nun in eine Taxation des wahren Werth^ Verhältnisses eingehen zu wollen , wie Herr Grosjean^Bérard es persucht hat, dürfen wir uns doch fragen: Worin besteht den eigentlich der wesentliche, der Kapitalunterschied zwischen den beiden Werthen, zwischen deu beiden Metallen. oder überhaupt zwischen zn^ei Dingen, die sich zum gleiche^ .Gebrauch ungefähr gleich gut eignen^ Das Gold, fo sagt man, besizt .^lle Eigenschaften des Silbers: ..^lanz, Schwere. Härte, .Dehnbarkeit ^e.

.iiu erhöhten Geade; gut, diese Eigenschaften aite würden aber gewiß nicht

^inen 10-15fach höhern Werth begründen; das haiiptsächlichste Krite-

.^ium des Werthes ist die Seltenheit des Vorkommens ; und nur fo lange

421 konnte fich ein bestimmtes Verhältniß zwischen Gold und Silberwertl, erhalten, als die Produktion des Silbers auch iu einer bestimmten Menge . - wir sprechen begreiflich immer nur .von approximativen Zahlenverhältrissen -.- zu derjenigen des Goldes blieb. Wäre zu irgend einer Zeit .in dem einen Jahre 100,000 Ztr. Gold und 10,000 Ztr. Silber erzeugt worden gegen 5000 Ztr. Gold und 50,000 Ztr. Silber in einem andern .Jahre u. s. f. , so wäre gar niemals möglich gewesen , troz allen deu .

Borzügen , die das Gold besizt , irgend ein normales Werthverhältniß aufzustellen.

Nun aber sind wir bereits dahin gelangt, daß die jährliche Aus..^beute an Gold dem Gewichte nach nahezu den dritten Theil derjenigen des Silbers ausmacht. Jst es bei dieser Lage der Dinge nun überhaupt .denkbar, daß das Werthverhältniß beider Metalle nicht alterirt werde.'

.Nein! Wenn auch nicht anzunehmen ist, daß dasselbe auf das Niveau des Produktionsverhältnisses herunter steigen wird . da das Gold immer .etwelche innere Vorzüge vor dein Silber besizt, so ist doch unsehlbar vor.auszusehen, daß die Werthverminderung des Goldes so lange andauern wird, bis entweder die Ausbeutung des Silbers dadurch, daß fie sich besser xentirt, sich auch bedeutend vermehrt, oder bis die Handelsbilanz zwischen Asien und Europa sich ausgleicht, mit andern Worten, bis e^ im Vortheil ^es Handels liegt, Asten mit Gold zu bezahlen, oder das eingeführte Silder wieder auszuführen. Möglicherweise wirken beide Faktoren auch .zusammen.

W a n n dieser Zeitpunkt eintreten wird, vermag Niemand auch nur annähernd zu bestimmen, in nächster Zukunft gewiß nicht.

Wenn nun die, vielleicht in viel rapideren Schritten, als wir Alle ahnen .können, fortschreitende, absolute und relative Entwertung des Goldes als ^ine Thatsache angenommen werden muß . so dürfen wir die Augen nicht ^erschließen vor den unabsehbaren Kalamitäten . die sie in ihrem Gefolge haben wird. Diese bestehen in der Schritt haltenden Depreziation aller festen Werthe von den Zöllen der Eidgenossenschaft an bis zum kleinsten Obligo, also der ganzen Reihe aller, hunderte von Millionen repräfentirenden Forderungen, die den älteren auf kürzere oder längere, sogar in großer Zahl ans endlose .Frist abgeschlossenen Schuld- und Lohnverträgen entspringen. Die Behauptung kann ich zwar nicht unterstüzen,
daß eine unbedingte Verminderung des ganzen Vermögens im Staate unausweichlich sei; imaginär wird dasselbe sogar größer; aber nach der oben angedeu..

.teten Richtung ist sie volle Wahrheit.

Es ist wirklich schmerzlich auffallend zu sehen, mit welcher Leichtigkeit weitaus die Mehrzahl der vom Finanzdepartement eingeholten, in der Botschaft des Bundesrathes niedergelegten Gutachten über diesen Kardinalpnnkt wegschlüpfen. Der Grund dieser Erscheinung rnuß wol darin gesucht werden , daß ihre Verfasser nieift der Finanzwelt angehören , denen.

das Verdienst der Einbürgerung des Goldes mitgehört, und die dahe..:

4^ l.nit ^iner ...^n^in.^.igkeit, wie fie nur durch die Solidarität der Jnteressen.

erzeugt werden kann, sich für gesezltche Zulassung des Goldes aussprechen.

Die Tausende aber , die vI.^m Ertrage eines kleinen Kapitals leben oder leben sollen, haben k e i n e Vertreter gefunden.

Dem Einwande endlieh, daß eine Entwertung des Goldes seit Jahrhunderteu in stätiger Weise bereits stattgefunden habe, begegne ich mit der Hinweisung aus den nicht zu übersehenden Umstand, daß sich die Wirkungen derselben auf Duzende von Generationen vertheilt haben und demzufolge für den Einzelnen fast spurlos vorübergegangen sind , währenddem sich die gegenwärtige Krise in ein Menschenalter zusammendrängt.

Dem großen uns drohenden Nationalunglüke entgehen wir nach meinem Ansicht einzig und^ allein durch das unbedingte Festhalten an der Silber^ währung.

^ Auf diesem Punkte angelangt, habe ich nicht mehr uöthig, speziell auf die Beantwortung der erstgestellten Frage: ob die Schweiz nicht das Vor^ gehen Frankreichs abwarten soll, einzutreten; hier ist periculuni in mora..

Täglich schwindet Enropa.s Silbervorrath, und die zivilrechtlichen Folgen unseres ungesezlichen Provisoriums treten bereits hie und da schon zu.

Tage.

Eine weitere Beweisführung ist auch um so überflüssiger, als der^ Anhängern des Goldes noch viel mehr daran liegen muß . vorzuschreiten, da das Meisterstük, mit einem Schlage das Gold dem Silber ebenbürtig.

zu machen, von Stunde zu Stunde schwieriger würde.

Kehren wir zur Hauptsache zurük. Folgerichtig wäre durch die Auf^ stellung und den Beweis des FundaInentalsazes. daß jedes Abweichen von^ Silberfuße von Unheil sei, auch die ganze Reihe der vier sekundären oben.

präeisirten Fragen miterledigt, derjenigen nämlich, ob die Schweiz faktisch zu Frankreichs Doppelstandard , öder sofort zur Goldwährung übergehe^ oder einen eigenen Goldsnß ausstellen, oder endlich ihren Silbersiiß ver^

schlechten soll. Ueber die beiden leztern enthalte ich mich jeglichen Rai.^

sonnements ; sie haben beinahe keine Anhänger und verdienen auch keine solche. Was ^hingegen die beiden ersteren anbetrifft, so fällt die nähere Erwägung derselben mehr oder weniger zusammen mit den gerechten wie ungerechten Einwänden. welche gegen das Festhalten am Silberfuß^ erhoben werden. und können demzufolge nicht übergangen werden. Schließlich werde ich ^dann noch Veranlassung nehmen , die besonderen Schatten^ seiten der Jhnen vom Bundesrathe und der Kommissionsmehrheit unter.

.breiteten Vorschläge init kurzen Worten zu berühren. Jch verkenne da^ .Gewicht der Einwände, die gemacht werden , welches überdieß wesent.^ ^1ich verstärkt wird durch den Umstand, daß die Vertheidiger des Goldes.

fich faktisch im Besize des Terrains befinden, nicht. bin aber dennoe^ fest

.überzeugt , daß sie nicht so erheblich sind , um die absolute Unzuläßigkeit

.des ^eharreIis auf der Silberwährung zur Evidenz zu beweisen, und ohne

42^ dieß haben wir ja, wie ich schon Eingangs bemerkte, nnx noch die Wahl..

zwischen zwei Uebeln.

Die Einwürfe, die uns gemacht werden, find in der Hauptsache drei ^ 1) Ein Abusivkurs des Goldes werde unvermeidlich sein.

2) Auf de^i gegenwärtig in der Schweiz zirkulirenden Golde niüsse ein^.

beträchtlicher Verlust erlitten werden.

3) Die Schweiz werde statt vollwichtigem Silbergeld nur eine Massen abgennztes. zu leichtes erhalten.

Vorab wird nian nicht bestreiten können , daß wir im Stande sind,.

uns die hinlängliche Menge von Silber zu verschaffen, wenn wir es theuei^ genug bezahlen und folgerichtig -dasselbe auch zu behalten; ein^Wiederabfiuß ist nur möglich, wenn wir das Gold, das uns dasür geboten wird,.

zum Handelspreise oder über demselben annehmen. Wir werden uns unfern^ Bedarf vor der Hand, bevor wir im Stande sind, ohne bedeutende Einbuße selbst Silber auszuprägen , ans Frankreich holen und in der Regelt mit Wechseln auf Goldpläze , in erster .Linie aus französische, bezahlen...

Halten wir nun alle zusammen fest an der Silberwährung, so niuß unsex^ Wechselkurs auf jene Pläze um so viel fallen , als die Silberprämie da^ selbst beträgt , nnd auf diese Weise gleicht sich die Bilanz wieder aus.

Deutschland , mit dem wir in viel bedeutenderem internationalem Verkehr stehen, als mit Frankreich, ebenso Holland befindet sich bei der ausschließe lichen Silberwäbrung gut uiid erkläre durchaus keine Veranlassung, davon.

abzugehen ; selbst Belgien nicht , das jedenfalls in viel innigerem Konnexe mit Frankreich steht als die Schweiz.

Zur Widerlegung des ersten Einwurfes übergehend , leugne. ich da^ Eintreten der Möglichkeit eines momentanen Abnstvkurfes des Goldes nicht, und darin liegt in der That die Sturm- und Drangperiode. die roii^ durchzumachen haben werden. Ein Abusivkurs kann sich aber auf die Dauer^ nnr da erhalten , wo der Unterschied zwischen gefezlicher und abusive^ Währung ein unbedeutender ist. Die innern Vorzüge des Goldes lassen im Verein Init dem äußern Vorzuge runder Rechnung die Annahme zu..

daß ei^ Abusivkurs des 20 Frankenstüks vielleicht so lange bestehen könne,.

bis die relative Differenz zwischen dein Werthe der beiden Metalle im.

großen Handelsverkehr auf 2-3 .^ gestiegen ist, weiter jedoch sicher nicht, und dieser Zeitpunkt wird n..ch menschlicher Voraussezung nicht mehr so^ ferne sein.

Wenn zugegeben wird, daß ein Abusivkurs für einige Zeit beinah^ unvermeidlich ist, so fällt dagegen der zweite Einwurs in der Hauptsache.

weg , neben dem ersten kann er nicht bestehen , entweder
erleidet das.

20 Frankenstük und seine Bruehtheile einen allgemeinen Abschlag. und dann.

hat es keinen Abusivkurs. oder fein Werth bleibt im gewöhnlichen Verkehr.

unverändert, und dann wird nichts daran verloren. Wie vorhin bemerkt, steht aber in meinen Augen fest, daß neben einem Handelskurse des Na..

poleon kein Abustvkurs desselben bestehen kann, dessen Unterschied mehr al^

424 50 Et. ausmacht; auf diesem Punkte werden wir aber schnell genug angelangt sein. Jch mache mir keine Jllusionen , ich glaube nicht. daß wir die 20 Frankenstüke völlig werden vertreiben können; es ist das aber auch gar nicht nothwendig, sie sollen bloß nicht mehr gelten, als sie dem Silber ..gegenüber werth sind , und dieser Zwek wird erreicht , indem man sie als gesezliches Zahlungsmittel nicht zuläßt, mit einem Worte als W a a r e ^erklärt. ^ Dabei wird dann freilich notbwendig sein, in gewissen Jnte^vall en den Marktpreis des Goldes im Verhältnisse zu 20 Franken dein Publikum ^eweilen zur Kenntniß zu bringen.

Nach unumstößlichen nationalökono^ mischen Grundsäzen nimmt jede Geldsorte ihren Weg dahin, wo sie am ^meisten gilt, und also auch von da fort, wo sie entwerthet wird ; das wird .auch das Schiksal des 20 Frankeustüks in der Schweiz sein: es wird diesem Schikfal um so weniger entgehen. als die ewigen Kursschwankungen dem Besiz geprägten Goldes einen Vorzug mehr rauben werden.

Der dritte Einwurs ist offenbar begründet. Es ist vorauszusehen, daß ^ur eine Masse abgenuzten Silbergeldes, namentlich kleineres, das, wie uns belgische Erhebungen gezeigt haben, von 2 bis auf 10 % an Ge.wicht verloren hat, zuströmen wird; dieser Nachtheil scheint aber in der T.hat größer zu sein als er ist ; die Masse der Bevölkerung bekümmert sich wahrhaftig viel weniger um den wahren Werth des in ihren Händen ^befindlichen Geldes, als darum, daß es ihr überhaupt nicht an dem nöthigen Zirkulationsmittel fehle, und im Nothfalle f.ünde es immer in unserer ^Macht, durch Prägung von Theilmünzen geringen Feingehalts das ab^

^zennzte Geld zu substituiren und schließlich zum weitans größten Theil ..zu vertreiben.

Es mag hier der passendste Ort sein, den Antrag der Commissions^nehrheit, .vom Bundesrathe im Laufe der Sizung Bericht und Antrag ^iber Prägung von Zwei^, Ein^ und Halbfrankenstüken zu verlangen. mit wenigen Worten zu berühren. So sehr ich die ^wekmäßigkeit desselben einsehe, so kann ich doch der Mehrheit der Kommission fo w e i t nicht folgen; so lange das dermalen geltende Gesez in Kraft besteht. ist der .Franken von .^ fein und .5 Gramm Gewicht unsere Münzeinheit; es liegt also auf der Hand. daß wir keine zweite Sorte von Frankeii oder Zweifrankenstüken zu .^..^ oder ^,/.^ daneben ausprägen dürfen. Jm ^Grunde hätte die Kommissionsmehrheit, die die Silberwährung nicht formell abschaffen will. das gleiche Bedenken dagegen erheben müssen; es ist aber ihre Sache, sich darüber wegzusezen; ich erwähne dessen nur beiläufig als einer Jnkonsequenz. Die Maßregel ist indessen so dring.^ Sicher Natur, daß es sich wol der Mühe lohnte, die Frage zu erörtern, vb nicht unser Münzgesez in vollständiger Beibehaltung seiner Grundzüge.

^ahin abgeändert werden sollte, daß nicht 5 Gramm. sondern 25 Gramm Silber ^/..^ fein als Einheit anerkannt würden. woraus dann die Be.^ rechtigung hervorginge, Zwei.^ und Einfrankenstüke als Theilniünze in geringerem Gehalt oder Gewicht auszuprägen; dieses für einmal nur als

42^ Eingeworfene Bemerkung, nicht als Antrag. Der Feingehalt der auszuWägenden Silbermünze, vor der Hand also die Halbfrankenstüke, anbe.langend. schließe ich mich ganz der Ansicht und Begründung der Koinmis-.

sionsinehrheit an. Jn diesem Sinne ist Dispositiv 2 meines Beschluß-.

Antrages zu verstehen. .

Zurük zur Hauptsache. Welches sind nun aber die Mittel, deren ^Anwendung uns eine wirkliche Geltung. nicht nur ein bloßes Vegetireu ^der Silberwährung sichern sollend Es ist weder meine Absicht, noch meine Ausgabe. dieses Thema erschöpfend zu beantworten, die Vorschläge sollen ^von der Exekutive herkommen; aber so weit glaube ich doch meine Ueberzeu^ung aussprechen zu dürfen, daß das bestehende Münzgesez, wenn es wahr und treu gehalten wird, so ziemlich, d. h. ohne lästige Zwangsmaßregeln genügt. Ein weites, schönes und zu gleicher ^eit lohnendes Feld ist aber den schweizerischen Banken geöffnet, ihnen ist die Rolle beschieden , Allen voraiis eine bessere Zeit zu vermitteln und Gelegenheit geboten. begangenes Unrecht gut zu machen. Legt ihnen auch das Wiehereinführen des Silbers für den ersten Angenblik Opfer auf, so werden sie zweifelsohne ihre nachhaltige Entschädigung finden in der vorauszu^ sehenden Notwendigkeit vermehrter Notenmissionen. namentlich der kleineu Appoints ; Konvenienz und Vortheil der Banken geht hier mit Konvenienz und Vortheil des Publikums Hand in Hand. Warum soll der Banknotenumlauf in unserin vielgliedrigen Verkehr nicht wenigstens eben die große Bedeutung erlangen können, wie in Belgien^ Jn diesem Lande zirkutiren ungefähr 114 Millionen Banknoten. Darf Jemand behaupten, die Schweiz sei nicht im Stande pro rata ihrer Bevölkerung eben so viel zu ertragen^ Gerade das G o l d ist es, das der Entwik.ung des Banknotenverkehrs hemmend entgegengestanden hat ; mit dem Aufhören der Ursache wird ^.Iuch die Wirkung aufhören.

Zum Schlusse noch einige Worte über den Antrag der Mehrheit der .Kommission. Dieselbe schlägt Jhnen im Prinzipe übereinstimmend mit ^eui Bundesrathe vor. dem französischen Golde gefezlichen Kurs zu geben, .so lange dasselbe in Frankreich selbst zum Nennwerthe angenommen werde.

Jch übergehe diefe leztere, etwas auffallende Supposition, als ob Frankreich ^e wieder zum reinen Silberstandard zurükkehren könnte, fühle mich dagegen gedrungen. niit aller Entfchiedenheit
mich gegen die einfache Eben^ürtigkeitserklärung des Goldes gegenüber dem Silber auszusprechen und zu verwahren. Das völlige Aufgeben der Silberwährung und der sosortige Uebergang zur Goldwährung wäre nicht nur rationeller, sondern .^Iuch loyaler; r a t i o n e l l e r , weil Niemand läugnen wird. daß das iu Frankreich aufgestellte System des Doppelstaudards im Jnnersten faul, unhaltbar ist. daß ihnI allein die entstandene ^.risis zugeschrieben werden ^nuß und daß es, wo es gehandhabt wird, zum vollständigen Verschwin..den des Silbers führen muß, l o y a l e r , weil eine Reduktion der alteu .Schuldverträge dann zur unabweislichen Notwendigkeit geworden wäre..

426 Diese Notwendigkeit aber will man dadurch umgehen, daß man dure^ ...inen Machtspruch das Gold im Werthe erhöht, mit einem Worte: ein^

Unwahrheit offiziell zu einer Wahrheit stämpeln will. Es ist ein ein-

facher Gewaltakt, den man begeht. Man vermeint damit, zwischen Recht .und Unrecht durchschiffen zu können; das ist aber im gegebeneu Falle sI^ wenig möglich als irgend anderswo, und die bitteren Folgen werden nich.^ ausbleiben.

Bern, den 16. Januar 1860.

Die Minderheit der Kommission :

Dr. .^l. .^.. Zürcher.

Antrag.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes, beschließt: 1. Es sei, in FesthaltiIng der Silberwährung, der Bundesrath ein^ .geladen, bis zur nächsten Session Vorschläge zu hinterbringen, durchs .welche Mittel den Bestimmungen des Münzgefezes Nachachtung zu vex^ schaffen sei.

2..^ Es sei der Bundesrath ferner eingeladen, über die Prägung ^on Halbfrankenstüken von vermindertem Feingehalt noch im Laufe de^ Siziing Bericht und Antrag vorzulegen.

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Bericht der Minderheit der nationalräthlichen Kommission über die Münzfrage. (Vom 16.

Januar 1860.)

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25.06.1860

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417-426

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