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Schweizerisches Bundesblatt.

..^ Jahrgang. II.

Nr. .^2.

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21. .Juni 18^0,

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des schweizerischen Bundesgebiets über seine Geschäftsfahrung im

Jahr 185^.

(Vom I. Mai 1860.)

Tit.!

Unsere Behörde hielt für Abwandlung der laufenden Geschäfte im Jahre 18^9 zwei Zusammentritte, den einen, reglementarisehen, zu Bern, den andern, anßerordentlichen, in Zürich. Die gesammte Zahl unserer Siznngstage, inbegriffen diejenigen, welche für das Aktenstudium verweudet worden sind, betrug 14; hievon kommen auf die Sizungsperiode in Bern 5, auf diejenige in Zürich .^. Während 1^ Gerichtstagen wurden

^.^ Rechtsstreitigkeiten abgewandelt, näinlich :

I Prozeß zwischen einem Privaten und dem Bunde, wobei nach Art. 47 Ziff. .^ des Bundesgesezes uber die Orgauilation der Bundesrechtspflege vom .5. Juni 1849 unser Gerichtshof der zugeständige war..

.^ bürgerliehe Rechtsstreitigkeiten , welche durch Uebe.reinkunst der Parteien unserm Entscheide unterworfen wurden ; 9 Expropriationsstreitigkeiten.

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Der in Anwendung des Art. 47 Ziff. 2 des Orgauifationsgesezes

vor unser Forum gezogene Rechtssall war die Schadenersazklage des Buchdrukers Heinrich Wolfrath von Neiienburg im Betrage von Fr. 46.666. 9 wegen der am 4. September 1856 bei Anlaß es iiu Kanton Neiie.iburg ausgebrochenen realistischen Aufstandes erfolgten Zerstörung feiner Vuchdrukerel und des Mobiliars , welches in derselben vorfindlich war.

Die Klage wurde als unbegründet verworfen.

Als prorogirter Gerichtsstand ward unsere Behörde angerufen in einem

echtsstreite der Mitglieder der im Jahr l 847 abgetretenen Regierung Bundesblatt. Jahrg. XII. Bd. II.

3.^

402 des Kantons Luzern gegen den dortigen Fiseus, betreffend Forderung vou Fr. 119,^69. 38 sammt Zinsen, herrührend aus der während des Son^ derbundskrieges stattgefundenen Verwendung der in Luzern deponirteu eid^ genössifche.n ^riegsfonds für die Zweke der Sonderbundskantone , indem die Kläger für deren Rükerstattung haftbar gemacht worden waren. Die von den Klägern gegen den Danton Luzern , als solidarisch verpflichte^ ten ehemaligen Sonderbiindskanton, erhobene Rükfordexungsklage wurde

geschüzt.

^er zweite zufolge llebereinkunft der Parteien zu unserer Entscheidung gelangte Rechtsstreit war ein Rekurs der Direktion der schweizerischen Eentralbahn ül.^er ein schiedsrichterliches Zwischennrtheil , welches in dem bekannten Prozesse über die Zurükleitung der beim Durehbruche des Hauen^ steintunnels angeschnittenen kalten und warmen Ouellen die als Friedens^ gericht angerufene eidgenössische Schazungskonimission für die Bahnstreke Birs^H..nenstein in Regnlirung des Beweisverfahrens ansgefällt hatte.

Nach den im Art. 17t. .des dürgerl. Prozeßgefezes über das Jnstruktions.^ verfahren ausgepellten Grnndsäzen hielten wir eine abgesonderte Beschwerde^ führnng ül.er ein Beweisinterloeut, welches ganz das Gepräge eines pro.^ zeßleitenden Dekrets an sich trug, nicht für zulässig, und es wurde dem^ nach der Rekurs abgewiesen.

.^n Expropriationsstreitigkeiten waren aus dem Jahre 18^8 in das Gerichtsjahr übergegangen .

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. 21 Während des Jahres 18.59 liefen neue Rekurse ein .

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Summa

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Hievon wurden durch Annahme des bundesgerichtlichen Eoin-

missionsgutachte^s erledigt

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Vor Bunde...gericht wurden gezogen, nach ersolgtex Ver-

taguiig aber durch erklärten Abstand beseitigt

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Der bundesgerichtlichen Beurteilung unterlagen

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Mit dem 1. Januar 1860 blieben demnach anhängig .

.19 weiche so spät eingegangen waren, daß sie in der Dezember ^ Sizungs^ periode des Bundesgerichts ihre .Abwandlung nicht mthr finden konnten.

Von den durch richterlichen Spruch ausgetragenen ExpropriationsStreitigkeiten , bei welchen im Ganzen 23 Korporationen und Privaten als betheiligt erschienen , betrasen : a. die schweizerische Eentralbahn .

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^ Fälle.

h. ,, vereinigten Schweize bahnen .

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c. ,, Eisenbahngesellschaft Lausanne-Freiburg-Bernergränze 3 ..

d . ,, Genf^L.^ner^Bahn .

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^ e. ,, Ostweftbahn .

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1 ^ f.

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Westbahn

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17 Fälle^

403 Ju Beziehung auf die Materie des Rechtsstreites fanden die 17 der gerichtlichen Entscheidung unterworfenen Expropriationsanstände folgender..

maßen ihre Erledigung : a. die Anträge der niit dein Voriintersuch beauftragten l.iindesgerichtlichen Kommisstonen wurden bestätigt in .

. 1 1 Fällen.

h. dieselben erlitten theilweise Abänderung in

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c. die Rükweisung zu neiier Untersuchung wurde beschloß sen

in

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d. von dem Rechtsmittel der Reform wurde an den Gerichtsschranken Gebrauch gemacht in .

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e. über ein erlassenes Urtheil wurde Erläuterung ertheilt

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17 Fälle.

Der Grund, warum das erhobene Reformbegehren gerichtliche Verhandlungen veranlaßte, bestand darin .^ weil in Frage gezogen werden konnte, ob bei Expropriationsstreitigkeiten jenes Rechtsmittel als zu..

lässig erscheine. Wir bejahten die Frage, nicht zwar in dem Sinne, daß die nach Art. 12 des Bundesgesezes vom 1. Mai 1850, betreffend die Verbindlichkeit zu Abtretung von Privatrechten . vorgeschriebenen For^ derungseingaben der Expropriaten bei der zweitinstanzlichen Verhandlung des Prozesses Abänderung erleiden könnten, indem nach unferm Dafürhalten jene bei den Gemeinderäthen gemachten Eingaben eine nicht verrükbare Grundlage für den ganzen Prozeß bilden, wohl aber in dem Sii^.e.

daß neue Thatsaehen und Beweismittel. welche dem einmal fixirten Rechts^ begehren zur Unterstüzung dienen. im neuen Verfahren zur rechtlichen Würdigung gelangen können.

Um das Prozeßverfahren in Expropriationsstreitigkeiten zu verein^ fachen und abzukürzen, beobachteten die bundesgerichtlichen Konzessionen die Regel, den Parteien ^den Jnhalt ihrer Anträge an's Bundesgericht schriftlich mittheilen unter Ansezung einer bestimmten Zeitsrist, binnen welcher sich dieselben über Annahme oder Nichtannahme des Kommission^ befnnds auszusprechen hätten. Da nun die Parteien oft innert der se.st^ gesezten Zeit keine Erklärungen abgeben , so wurde von uns in Erörterung gezogen, ob die angesezten Fristen als p e r e m t o r i s c h e oder als Ordnungsfristen zu betrachten seien. Wir entschieden uns sür die ledere Ansicht, und es hat demnach die von einer Partei unterlassene Abgabe einer Erklärung über die Annahme des Koniniissionalgntachtens lediglich die Folge. daß nach Verflnß der anberaumten Zeitsrist die Akten an das Präsidium des Bundesgerichts abgegeben und den saumseligen Parteien die allfälligen Kosten einer verspäteten Erklärung zur Last gelegt werden.

Jn Folge einer an uns gericht^en Beschwerde , daß die Direktion einer Eisenbahngesellschaft in ihren Bauten von dem ursprünglichen Eatasterplane abgewichen sei, eröffneten wix dem dabei betheiligten Expr....^

404 priaten neue Fristen, um im Sinne des Art. 12 des Expropriations^ gesezes v o m l. Mai 1850 die aus der veränderten Sachlage resul^ tirenden Rechte zur Geltung zu bringen.

Neben den 19 Expropriationsfällen, welche mit dem t. Januar l. J.

bei unserer Behörde anhängig blieben, hat ^uch der Urner - Prozeß im abgewichenen Jahre noch nicht zum Absprache gelangen können ; derselbe ist inzwischen in.s Stadium des Expertenuntersuchs vorgerükt.

Jn einem sehr bedeutenden Rechtsstreite zwischen der Bourgeoisie von Neuenburg und der dotigen Munizipalität wurden wir zum Entscheide der waltenden Anstände angerufen. Der Staatsrath des Kantons hatte zwar gemäß der ihm zustehenden Kompetenz dazu eingewilligt, daß die beiden ^ Korporationen ihr Recht bei uns suchen, jedoch unter Vorbehalten, wor^ nach er sich Imiter gewissen Voraussezungen das lezte Entscheidungsrecht reservirte. Wir konnten ein solches Kompromiß , zufolge welchem unser richterliche Entscheid ein ganz illusorischer geworden wäre, nicht annehmen, und zeigten uns erst dann bereit, in die Beurtheilung der Anstände einzutreten , nachdem eine unbedingte Anerkennung unsers Entscheidung^ rechtes eingegangen war.

Durch bundesräthlichen Beschluß vom 28. April 18.^9 wurde die von den Mitgliedern des Nationalraths zu beziehende Reifeentschädigung neu regulirt. Dieses hat nun zur Folge, daß für die ordentlichen

Sizungen des Bundesgerichts ein ungleicher Maßstab der Entschädigung

seiner Mitglieder Plaz greift. Diejenigen Mitglieder des Bunde.^gerichts, welche gleichzeitig der Bundesversammlung angehören, finden es ihren Jn^ Pressen ersprießlicher, sich in der leztern Eigenschaft nach der bundesräth^ liehen Seala entschädigen zu lassen , wogegen diejenigen Mitglieder des Bnndesgerichts , welche nicht einen Bestandtheil der Bundesversammlung bilden, mit der im Art. 1 des Bundesgesezes vom 24. September 185.^ ausgeworfenen Reifeentfchädigung fich zu begnügen haben. Um solcher ungleichartiger Behandlung und den möglicher Weife hieraus entstehenden .Jrrungen vorzubeugen, wäre die Anwendung eines einheitlichen Entfchä^ digungsmaßstabes für die Beamteten des Bundes wünfchenswerth.

Wir schließen diesen Bericht, indem wir Sie ersuchen, den .^usdruk unserer vollkommenen Hochachtung zu genehmigen.

L u z e r n , den 1. Mai 1860.

Der Präsident des Bundesgerichts pro l859: ..^astmir ^sser, D. .l. l^.

Der Gerichtsschreiber: ....^abhardt.

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Bericht des schweizerischen Bundesgebiets über seine Geschäftsführung im Jahr 1859.

(Vom 1. Mai 1860.)

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Jahr

1860

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32

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.06.1860

Date Data Seite

401-404

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