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Schweizerische Bundesversammlung.

Am 3. Dezember find die für die V. Amtsperiode neu gewählten Nationalräthe, so wie die Ständeräthe in Bern zusammengetreten. Der N a t i o n a l r a t h wurde vom Alterspräsidenten, Herrn alt Landammann Sidler, von Unterstraß bei Zürich, mit nachstehender Rede eröffnet: Meine H e r r e n N a t i o n a l r ä t h e !

Beim Beginne der gegenwärtigen V. Amtsperiode des Nationalrathes werden die vaterländischen Zustände nicht so allgemein freudig begrüßt und gepriesen , wie es beim. Beginne einer jeden der lV friihern Amtsperioden der Fall war. Manche schauen bezüglich der Sicherung des Vaterlandes gegen Anßeu mit besorgten Bliken in die Zukunft; die Territorialer..

änderungen einiger benachbarter. savoyisches Gebietstheile haben auf gewisse Verhältnisse hin nicht ungegründete Beunruhigungen hervorgerufen. Liege in der Sache mehr oder weniger Gefährdendes, das Uebel wird vermehrt durch die Verschiedenheit der Auffassung des erwähnten Ereignisses und durch die sick. widersprechenden Ansichten über die vorgelegene und zum Theil weiter vorliegende Frage : welches Benehmen und Verhalten uns dabei das rathsamste sei..

Möge in dieser heikeln politischen Angelegenheit aus den vielen amtlichen und außeramtlichen , bereits stattgefundenen und noch in Aussicht stehenden Diskussionen eine mehr übereinstimmende Anschauung und Ueberzeugung hervorgehen und es den obersten Bundesbehörden gelingen, je..

weilig das Beste und Zuträglichste zu ermitteln und zn ihren Entschließung gen bei der gesammten schweizerischen Bevölkerung eine möglichst allge..

Ineine Zustimmung zu erhalten. Daß es Init dieser Zustimmung bisanhin

nicht so übel stehe, dafür bürgen die neuerlich für beide Räthe zahlreich erfolgten Bestätignngswahien.

Können in wichtigern vaterländischen Dingen, besonders wenn selbe das Ausland berühren, die Beschlüsse der obersten Behörden e i n m ü t h i g oder beinahe einmüthig gefaßt werden, so ist das von bedeutsamem Werth.

Solche Beschlüsse gewinnen mehr Vertrauen; die Glieder der zusammenstimmenden Behörde, als Trager der gleichen Ueberzeugung und Verantwortlichkeit, schließen sich vertrauter und inniger an einander an und über..

tragen ihre gegenseitige Anhänglichkeit auf die durch sie repräsentirte Bevötkerung. So wird Freundschaft und Brüderlichkeit in weitern Kreisen befördert.

^ Bei dem Reichthum und der Mannigfaltigkeit menschlicher Gedanken, Jdeen und Bestrebungen ist jedoch oft weder eine EinInüthigkeit, noch eine nahe Annäherung an selbe erreichbar. Dies mag znweil.n auch sein Gutes haben; aber Eines thut dabei noth. Eine jede Minorität, sei fie kleiner oder größer, ergebe sich, nach erkannter Majorität, zu jener ächten, republikanisehen Tugend, kraft welcher rnan, den Sondersinn in der eigenen Brust bekämpfend, ohne Widerstrebung und ohne Groll und Mißrnuth sich hochsinnig der in Schranken ihrer Kompetenz vorhandenen Mehrheit unter,.

wirft. Nur da. wo in gegebenen Fällen die gedachte Tngend aus Biedersinn. Vaterlandsliebe und der Ueberzeugung ihrer Notwendigkeit geübt ..wird, ruht die Republik aus eineiu dauerhaften. festen Felsengrund.

Wozu aber diese Bemerkungen über Mehrheit und Minderheiten..' -Sie seien für hochwichtige und schwierige Fragen zweifelhafter Beantwor..

tung angebracht , wobei von den einsichtigsten und dem Vaterlande ergebensten Eidgenossen leicht eine verschiedene Lösung anges.rebt werden kann.

Jn Fällen. wo es sich entschieden uin nnsere höchsten Güter handelt. da werden wir wenig mit Majoritäten und Minoritäten zu thun, ....a dürfen wir zuversichtlich, wie im Neuenburger-Preußenhandel aus eine erfreuliche Uebereinstiminung zählen.

Ja. nieine Herren Nationalräthe l Dies wollen wir uns und dem Schwei^ervolke zutrauen. Sollte es wirklieh um unsere Freiheit, um unsere Unabhängigkeit. nni unsere Ebre, um die Jntegrität unseres Bodens gelten, wir würden von allen Seiten. iin und aus^er dem Bundesrathhause, die e i n e entschlossene Sprache hören, die Sprache: A l l e s für d i e g e n a n n t e n Güter z u w a g e n . A l l e s d a f ü r e ^ n z n f e z e n , G u t und Blut, L e i b und L e b e n . Dann würde es auch Jhrem alten Sidler nicht an einem unerschrokenen Worte gebrechen, wie er schon Anno eilf in der Kirche von Solothurn. nach der widerrechtlichen Beseznng des Kantons Tessin durch französische Truppen, den Drang seines Herzens zu einem Laut darüber nicht zu unterdrüken vermochte.

Doch schnell weg mit dieser persönlichen Berührung; verzeihen Sie selbe.

Meine Herren Nationalräthe l Bei Betrachtung unserer^ jezigen Lage gegen das Ausland lassen wir uns durch zu lebhafte Vorstellungen ferne liegender, möglicher Gefahren nicht zu sehr
einnehmen und beherrschen.

Gelingt es der eingeleiteten diplomatischen Verwendung .^icht, solche hin-.

länglich abzuwenden, kommen selbe näher und erscheinen fie mehr wirklich, als nur möglich . so werden wir vereint ihnen mannhaft begegnen. Jnzwischen sollen sie uns nicht Geist und Gemüth umdüster^, uns nicht mißstimmen, uns nicht entzweien und gegen einander erbittern, nns nicht den Lebensmuth schwächen, nicht die Thatkraft zum Guten Nähmen, -- nein, fie follen uns nicht hindern, zumal in dieser feierlichen Stunde nicht hindern, unsere Brüderlichkeit, unsere gegenseitigen freundschaftlichen, wohlwollenden Beziehungen zu erneuern , unsere staatliche Verbindung zu kräftigen, und uns der Lichtseiten und der Vorzüge unseres herrlichen Vaterlandes hoch und festlich zu erfreuen.

.^0 Die schweizerische Heimath hat in der That Lichtseiten und Vor^gr, die sie vor manchen Ländern auszeichnen und die geeignet sind, uns mit begeisterter Liebe zu ihr zu erfüllen. Schon die äußere Natur hat viel für uns gethan. Jhre Schönheit und Großartigkeit konnten nicht anders, als vorteilhaft auf Geist und Körper wirken. Jn der reinen Luft der Hochlande, im Aufenthalte über den tiesern Niederungen der Erde, in der Nähe des Alpenkranzes, im Aufblike zu seinen himmelanstrebenden Höhen - zu den oft im reinsten Morgenglanze. an der Mittagssonne und im Abendglühen vergoldeten Bergspizen wächst dem Menschen der Sinn und die Krast zum Schönen und Großen, zum Hohen, Freien und .kühnen. Derlei Natureinflüsse mögen nicht wenig mitgewirkt haben, daß die kleine Schweiz es vermochte, sich unter allerlei Stürmen und schwierigen Verhältnissen Freiheit und Unabhängigkeit zu erkämpfen und zii bewahren. Muth und Tapferkeit erbten sich in ihr von Geschlecht zu Geschlecht. Sie lag aber nicht we..

niger den Beschäftigungen und Werken des Friedens mit Erfolg ob. Selbe

hat durch Volksbildung, G.werbsfleiß und Betheiligung an .^unst und

Wissenschaft unter den zivilisirtesten Völkern eine rühmliche Stelle einge..

nommen.

Sie ist fichtbar in gedeihlicher Entwiklung und zunehmender Vervol.lkommnnng begriffen. Der .neue Bund hat es ihr möglich gemacht. an den ^zeitgemäßen raschern Fortschritten der Zivilisation und Kultur, welche durch elektrische Telegraphie und künstliche Benuznng des Dampfes zu Wasser und zu Land erstannenswerth befördert werden , uahnihaften Antheil zu nehmen. Dies hätte vor demselben unmöglich , einmal nicht im gleichen Maße, geschehen können; der Bundesvertrag von 1815 wäre wenig dazu geeignet gewesen , wo dem Schweizerbürger iin eigenen Vaterlande keine freie Niederlassung von Kanton zu Kanton gesichert war und Zölle jeder Art den Verkehr zwischen den Kantonen ungeinein ersehwerten. Ohne tief eingreifende Bundesreform wären diese nnd ähnliche engherzige Schranken noch lange nicht verschwunden. Glüklich . daß selbe der Vergangenheit anheim gefallen und nur noch der^ Geschichte angehören !

Der neue Bund , dessen Zwek dahin geht : Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen Außen , Handhabung von Ruhe und Ordnung im Jnnern, SchiIz der Freiheit nnd der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt, hat eine zwölfjährige Ersahrung hinter sich. Während derselben mußte er bei seiner Dnrchfühxnng und Anwendung im Jnnern und dem Auslande gegenüber manche schwere, schwierige Probe bestehen ; er hat selbe bestanden, und eine billige Kritik kann beisezen : mit Ehren b e s t a n d e n , die neuesten Ereignisse uicht ausgeschlossen.

Mit freudiger Zuversicht steht zu erwarten . er werde sich fernerhin bei jeder Vorfall^nheit als StüzpiInkt unseres ^ Rechtes , unserer Freiheit und Unabhängigkeit und unserer geistigen und materiellen Wohlfahrt behaupten und bewähren. Nationalrath, Ständerath und Bundesrath seien

331 und bleiben hiefür feine getreuen Dolmetscher . Wächter und Vollzieher l Die ganze Schweiz halte an ihm fest, unerschütterlich, stets bereit zu den erforderlichen Opsern. So wird er auch die gegenwärtige Kxisis ehrenvoll bestehen -.. zum Heil und Fortblühen des Vaterlandes. Gott gebe es!

Der Alterspräsident hat die Ehre , sich Jhnen . meine hochgeachteten Herren , in Jhr Wohlwollen u.ed in ihre Nachsicht angelegentlich zu eni-

psehlen. und erklärt hiermit die heutige , sich konstituirende Sizung des Nationalrathes als eröffnet.

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Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

(Vom

8.

November 1860.)

Der Bundesrath hat aus den Zeitpunkt der Eröffnung der Eisenbahnstreke Biel-Nenensta.d.t nachstehende Postkurse aufgehoben.

a.

den Nachtkurs zwischen Biel und Chaux-de-Fnnds über Soneeboz ; b. den Nachtkurs zwischen Biel und Neuenbnrg.

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Jahr

1860

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62

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.12.1860

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328-331

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10 003 232

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