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Schweizerisches Bundesblatt.

.^ll. .Jahrgang. III.

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Nr. ^.

1. September

1860.

Bericht und Antrag der

Petitionskommission des Ständerathes in Sachen der Anna Walther von Uettligen, Kts. Bern, und des .Joh. Junger von daselbst, puncto Gerichtsstand.

(Vom 10. Juli 1860.)

^

Tit.!

Anna Walther von Uettligen, Kts. Bern, machte im Juli 1858 nach Vorschrift des bäuerischen Gesetzes dem Pfarramte resp. KirchenvorStande ihres Wohnortes von ihrer außerehelichen Schwangerschaft Anzeige, .und bezeichnete den Joh. Münger von da als den Urheber derselben.

Dieser, von der Anzeige in Kenntniß gesetzt, gab jedoch (am 12. August .I858.. die Erklärung ab, daß er die Vaterschaft nicht anerkenne.

Jn Folge dessen wurde durch Urtheil des Amtsgerichtes Bern vom 8. April

1859 das Kind der Mutter als unehlich zugesprochen, derselben übrigens .alle Rechte gegen den Vater vorbehalten. Zu bemerken ist nämlich, daß nach den Gesetzen des Kantons Bern das Kind dem Vater nur dann zugesprochen werden kann, wenn er sowol als feine Heimatgemeinde damit einverstanden ist. Dagegen muß das Gericht auf Begehren oder von Amtes wegen der Gemeinde, welcher das Kind zufällt, eine Entschädigung Anerkennen.

Am 22. Juli 1859 erhob die Reeurrentin vor demselben Amts.Berichte Ber.n. eine Vaterschastsklage gegen Joh. Münger, um denselben zu den entsprechenden Leistungen an die Mutter und deren Heimatgemeinde .verurtheilen zu lassen.

Bundesblatt Jahra. .^I. Bd. lII.

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1^ Der Beklagte, welcher sich einige Wochen vor der Standesbestiin^ .mung des Kindes (vom 8. April 18.^8), nämlich zu Ansang des Monates..

März, in den Kanton ^reiburg begeben und dort seinen Wohnsitz.

genommen hatte , bestritt in der amtsgerichtliehen Verhandlung voI^ 10. August, gestützt aui den Art. ^0 der Bundesverfassung, die Kompetenz der bernerischeu Gerichte, wurde aber mit seiner Einrede von beiden Jnstanzen abgewiesen. weil nach dem bernerischen Prozeßgesetze (Satz.

.l 90 C) die Paternitätsklage ebensowol bei dem Gerichte des Ortes der Niederkunft als des Heimatortes der Klägerin angebracht werden kann .

und es sich im vorliegenden Falle nicht um eine rein persönliche Forderung handle.

Der Bundesrath, an welchen der Beklagte den Rekurs ergriff, hol:.

unter'In 9. Jänner I860 die beiden Urtheile des Amtsgerichtes Berne vom 10. August und des Appellations.^und Kassationshofes vom 3. Noveml.er .1859 auf.

Ueber diesen Entscheid führt^ Anna Walther Beschwerde bei der^ Bundesversammlung, und die Kommission soll Jhneu nun, Tit., über die Art der Erledigung des Gegenstandes ihr Guta^ten erstatten.

Jn der dießfäiligen Eingabe vom 9. Juni I860 wird die Koinp e t e n z der Bundesbehörden zur Entscheidung der Frage nicht weiter beanstandet, so daß wir über diesen, ohnedieß nach einer klaren Vorschrift der Bundesverfassung und nach einer konstanten Praxis nicht zweifelhaftem Puntt hinweggehen können.

Hingegen bestreitet die Reeurrentin^ die m a t e r i e l l e R i c h t i g k e i t des bundesräthlichen Entscheides ^wesentlich aus folgenden drei Gesichts^ punkten : 1) Der Paternitäts^Beklagte, Joh. Munger, habe k e i n e n sesten.

W o h n f i t z im Kanton Freiburg.

Da jedoch diefer Einwand mehr tatsächlicher Natur und überdies^ bereits in dem letztinstanzlichen tlrtheil des bernerischen ...Gerichtshofes beseitiget ist, so erscheint eine weitere Erörterung überflüssig und unstatthaft, letzteres deßhalb , weil die Prüfung diefer Thatsache mit der Hauptsache selbst zu.ammensällt, deren Benrtheilnng wir dem Bundesgerichte zu iiberweisen beantragen.

2) Der Beklagte, als b e r n e r i s c h e r B ü r g e r , sei der Paternitätsgesetzgebung seines Heimatkantons wegen der gemischten Natur dieses Verhältnisses unterworfen, und müsse folgeweife dießsälligen klagen gemäß Art. 190 C des Prozeßgefetzes
vor den .hierseitigen Gerichten Rede stehen,.

widrigenfalls die Anwendung der erstern nicht gesiel^rt wäre.

3) Jedenfalls finde eine Intervention des Bundes, gestützt auf de^ Art. 50 der Bundesverfassung nicht Statt, weil es sich,^ abgesehen voI^ der besondern Beziehung des Beklagten zu seinem Heimatkanton, im vor^ liegenden Falle überhaupt nicht um eine persönliche Forderung handle.

t13 Die beiden letzteren Einreden lassen sich ihres inneren Zusammen..

Ranges wegen nicht wol getrennt behandeln. Die Frage der G e r i c h t s z u s t ä n d i g k e i t , um die es sich hier e i n z i g handelt, wird lediglich durch

^ie rechtliche Natur der Klage bedingt. gleichviel. welches Gesetz (ob das-

Ienige des Heimat- oder des Niederlassungsortes) der zuständige Richter anzuwenden habe. Wenn eine persönliche Forderung Gegenstand der ^ ^la.ze ist, so bestimmt der Artikel 50 l.er Bundesverfassung kathegorisch und ohne weitere ^.istinktion, daß der aufrechtstehende Schuldner dafür .an seinem ..^oh.^orte b e l a n g t werden müsse. Aber auch kein Mehreres.

..^Daraus folgt gleichzeitig, daß, wenigstens während der Dauer der AbWesenheit, die heimatlichen Behörden, auch nicht ans dem Eontumaeialwege, gültig verfügen oder urtheilen können.

Wenn der h. Bundesrath in einem den Akten beigelegten Reeursal..

Bescheid vom 5. Dezember 1859 den Einwand des bernerischen Appellations.. und Kassationshofes, es könnte die Paternitätsklägerin möglicher Weise am Wohnorte des Beklagten die ihr nach der heimatlichen Gesetzgebung zustehenden Rechte nicht zur Geltung bringen können, niit der ^otivirung abweist, ,,daß der ^lrt. 50 der Bundesverfassung den Schweizerbürger in persönlichen Forderungssachen den G e s e t z e n seines ^ohnsitzes unterstellen wollte, und zwar, wie die h. Bundesversammlung in Sachen der Kantone St. Gallen und Thurgau entschieden hat, auch dann. wenn gewisse Arten von Forderungen beim Gerichtsstände des Wohnortes als unzuläßig abgewiesen würden..^: so kann dieser (weitergehende) Satz nnr in seiner besondern Beziehung zu jenem Spe^ialfall...

( . in welchem die Ausübung eines staatlichen Hoheitsrechtes, über die Territorialgränzen hinaus, in Frage war --) und unter Verwahrung gegen mögliche M^ß.verständiffe zugegeben werden. V ^ x dem Wegzug aus dem srühern Wohnorte verfallene und bereits verlegte Steuerforderungen, weiche den Charakter persönlicher ^ehuldverbindlichkeiten angenommen haben. rechtsgültig eingegangene und perfekt gewordene Obligationen des PxIvatrechtes u. d^. müssen doch wol unter Umständen von dem Richter .des neuen Wohnortes nach den Gesetzen des frühern oder überhaupt nach den Gesetzen eines andern Landes beurtheilt werden.

Jn dem Steuereonflilt zwischen St. Gallen und Thurgau lautet der Entscheid der Bundesversammlung ausdrücklich nur dahin: ,,Die Regierung des Kantons St. Gallen kann nicht angehalten werden, Steuerforderungen anderer Kantone an Niedergelassene desselben aus dem E x e k u t i o n s w e g e einzutreiben oder Entscheidungen außerkantonaler Behörden darüber
anzuerkennen und zu vollstrecken.^ .Allein so viel ist richtig -- und das hat am Ende der angeführte bu..d.sräthliche Erwägungsgrnnd lediglich sagen wollen, --. da es in das ^.messen des Richter^ am forum domicilii ge^ maß der dort geltenden Gesetzgebung oder Doktrin gelegt ist, ob und wiefern er das Gesetz eines fremden Landes anwenden wolle und könne, so ist es von erheblichem rechtlichem Jntereffe für die Heimatbehörden. beziehungsweise für die Parteien, weicher Gerichtsstand im einzelnen Falle be-

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gründet sei. Wenn wir also mit dem h. Bundesrathe darüber vollkommen einverstanden sind, daß dessen ungeachtet die G e r i c h t s z u s t ä n d i g k e i t .

sich keineswegs nach der größern oder geringern Aussicht bestimme, weiche sür die Geltendmachung des heimatlichen Rechtes am .Wohnorte gegeben sein mag, so lassen wir hiebei die andere Frage als eine offene Frage Dahingestellt fein, unter welchen Voraussetzungen und Modifikationen in mate..

rieller Beziehung das Gesetz der Heimat zur Anwendung kommen sollte, um so .mehr, als deren Beantwortung, wie wir oben gesehen haben, gegen..

1värtig und an dieser Stelle nicht nothwendig ist.

Es ist das überdem gewisser Maßen auch eine müßige Frage, indem die .Anwendbarkeit dieser^ oder jener Gesetze iin eonereten Falle lediglich der Einsicht und Gewissenhastigkeit des Richte.rs überlassen werden muß und es - niit Ausnahme ^von Justizverweigerung oder nachweisbarer Verletzung der Rechtsgleichheit im Sinne des Art. 48 der Bundesverfassung -- eine Kontrolle der Bun.desbehördeu nicht gibt. Doch schien uns das Gesagte einerseits zur Verhülung von Mißverständnissen nicht ganz überflüssig nnd anderseits nicht etwa vorgreislich. weil das Biindesgericht sich ebenfalls nur mit der Frage .oer Gerichtszuständigkeit befassen. den materiellen Entscheid dagegen dem .als zuständig erklärten Richter anheimstellen wird.

..^iis . der bisherigen.

Deduliion ergibt sich von selbst, daß auch die Eigenschaft des Reeurs^ beklagten als eines ^ B ü r g e r s des .Kantons Bern für die Frage des ^ G e r i c h t s s t a n d e s absolut bedeutungslos ist, sofern nicht uni die.er Eigenschaft willen zugleich der Eharakter de..^ Forderung als einer persönlichen Forderung iin Sinne des. Art. 50 der Bundesverfassung sich ändert. So eonzentrirt sich der eigentliche Streitpunkt in der Qualifikation der rechtlichen Natur der ..l.lage.

Das bernerische Appellations- und Kassationsgericht hält an der Ansicht fest, die Frage nach der Vaterschaft eines Kindes fei iminer eine Statussrage, und zwar die vorherrschende, wobei die pekuniären Ansprüche der Mutter nur sekundäre Bedeutung haben. Nach bernerischem Gefetze könne nun einmal das ..i^ind dem Vater zugesprochen werden, es werde durch die nachfolgende Ehe der Eltern legitimirt; derjenigen Gemeinde, welcher das Ki^id zufällt, müsse eine Entschädigung zuerkannt werden u. s. s.

Der Bundesrath dagegen erklärt, nunmehr zum dritten Male gegen..

über dem nämlichen Obergericht des Kantons Bern, daß die Atimentationsklage für ein außereheliches Kind als eine für sich bestehende persönliche Forderung im Sinne des Art. .50 der Bundesverfassung anzuerkennen sei. (Vide Bericht der ständeräthlichen Prüfungskommission vom 28. Juni 1860. S. 8....) Seine Auffassungsweife .ist in dem fchon erwähnten Falle eines Vietor Bähler von Uebefchi in den Erwägungsgrün..

den 5 - 9 folgender Maßen niedergelegt:

.^) S. .^undesbla^ v. .^. 1.^0, Band II, Seite 4.^.

115 Jn Erwägung : ,,5^ Daß nun Statusklagen .(wir sprechen hier nur vom status in.I ungern Sinn. vom bürgerrechtlichen Stand, status civitatis) allerdings .vom Gerichtsstande der Heimat zu beurtheilen sind, weil dieser exzeptionelle .Gerichtsstand durch die natürlichen Territorialgränzen. der Jurisdiktion geboten wird. indem kein Staat re.p. Kanton einem andern Staat oder Danton Bürger gerichtlich zuerkennen kann, und weil somit in Paternität^..

fällen die Statusklagen beim Gerichte der Heimat des Vaters oder der Mutter anzubringen sind, je nachdem in der Heimat des Erstern eine ^.Klage auf Zuerkennung des bürgerrechtlichen Standes des Vaters gesetzlich^ zuläßig ist oder nicht. .

,,6) Daß die Verfolgung von Alimentations- und Entfchädigungsansprüchen keineswegs ans dem Grunde eine Statusklage bildet, weil die .Begründung jener Ansprüche ans die Thatsache der Vaterschaft gestützt werden muß , sondern daß eine Statusklage im Sinne von Erwägung 5 nnr dann vorhanden ist. wenn die gerichtliche Beftinimnng des streitigen bürgerrechtlichen Standes Zweck und Gegenstand der Klage bildet.

,,7) Daß deßwegen im vorliegenden Prozeß von keiner Statusklag^ ^ie Rede sein kann, weil einerseits der bürgerrechtliche Stand des frag.^

lichen. außerehelichen Kindes schon längst geri^tlich sestgefetzt ist und^

anderseits die jetzt obschwebende ^lage ausschließlich aus Geltendmachnng einer persönlichen Forderung gerichtet ist , indem laut dem Urtheil des Amtsgerichtes von Thun vom :5. November 18.^8 das Rechtsbegehren der Klägerin dahin geht . ^ es sei der Reeurrent als Vater des von ihr gebornen . außerehelichen Kindes zu den gesetzlichen Leistungen an den Unterhalt und die Auferziehung desselben unter Kostenfolge zu verur-

theilen.

,,8) Daß daher kraft Art. 50 der Bundesverfassung und der ihm stets gegebenen Auslegung der Reeurrent bei dem ..^erichtsstande feines Wohnorts gesucht werden muß, da er unbestrittener Maßen solvend ist und einen festen Wohnsitz hat, un.... daß kein Grund vorhanden ist, dem Reeurrenten diesen Schutz der Bundesverfassung da..um zu entziehen, weil er, wie die Klägerin, Bürger des Kan.ons Bern fei. während es auf der andern Seite unzweifelhaft ist, daß kein Bürger u^ Einwohner eines andern Kantons auf eine Alimentationsklage einer Bernerin vor die Gerichte dieses Kantons geladen werden könnte.

,,9) Daß a^ch von einer Eonnexität der vorliegenden Klage mit der Statusklage nicht gesprochen werden kann : a. Weil das bernerische Eivilrecht^ gar keine Statu^klage gegen de^ Vater Deines außerehelichen Kindes kennt und gibt, ja sogar deu bürgerrechtlichen Stand des Vaters dem ^inde nnr dann gewährt, wenn nicht nur der letztere, fondern auch seine HeiniatgeIneinde damit.

einverstanden ist;

1l6 h. weil, wie oben erwähnt, der bürgerrechtliche Stand des Kinder längst gerichtlich bestimmt ist, und zwar in dem Sinne, daß dasselbe der Mutter bürgerrechtlich zugesprochen wurde, mithin zwischen dieser Statusbestimmung und der .Klage gegen den Vater auf Alimente und Entschädigung kein Zusammenhang bestehen kann, diese letztere vielmehr gan^ seibstständig verfolgt werden rnnß.^ An die eidgenössischen Räthe gelangt die Frage heute zum ersten Male zur Entscheidung.

^enn wir nun, Tit., beantragen, es sei die Angelegenheit ohne Weiteres dem Bundesgerichte zur Erledigung zu überweisen, so glauben wir zur Begründung nur weniger Worte zu bedürfen. Die konstitutionelle Unterlage des Antrages bietet der .^lrt. 105 der Bundesverfassung, welcher.

lautet: ,,..^as Vundesgericht nrtheilt tnI Fernern über Verletzung der durch die Bundesverfassung garantirten Rechte, wenn hierauf bezügliche Klage von der Bundesversammlung an dasselbe gewiesen werden.... Hier handelt es sich offenbar um ein u n m i t t e l b a r durch die B u n d e s Verfassung, . in Art. 50 derselben^ gewährleistetes Recht des Bürgers.

Uebrigens hat die Bundesversammlung in dem Reeursfalle der Madame Marie Dupré von Bulle, betreffend Verletzung verfassungsmäßiger kautonaler Rechte, sich dahin ausgesprochen, daß in den Worten ,,die von der Bundesverfassung garantirten Rechte^ alle eidgenössisch oder kantonal festgestellten bürgerlichen und politischen Rechte mit Inbegriffen seien.

Daß eine L ä s i o n v e r s a f s u n g s i n ä ß i g e r R e c h t e ernstlich in F r a g e s t e h e , bedarf im Rückblick auf das Gesagte keiner weiteren ^tus-

führung.

Ferner. ist die K o m p e t e n z der B u n d e s l . . e h ö r d e n . den Fall überhaupt an die Hand zu nehmen und zu entscheiden, anerkannt. Würde .ein Streit h i e r ü b e r obwalten, dan^ allerdings dürste sich zumal de.r Ständerath des eigenen Entscheidungsrechtes, im Interesse der kantonalsouveränetät, kaum begeben.

Die Art der Erledigung des Spezialsalles hat endlich auch nicht .jene Bedeutung, um aus diesem Gesichtspunkte die unmittelbare Entfeheidung dnrch die beiden Räthe wünschbar erscheinen zu lassen. Die Gesetz.^ ^ebung der Kantone ist eine so verschiedene und nähert sich bald mehr, ....ald weniger dem Paternitäts^ oder dem Maternitätss.)stem . daß durch ^en Entscheid im vorliegenden Falle eine grundsätzliche Norm sür die übrigen Kantone der Schweiz dennoch nicht festgestellt wäre.

Auf der. andern Seite i ..I die Beurtheilung des Eardinalpunktes ..(über den rechtlichen Eh.rrakter der Klage,. augenscheinlich eine vorherr.

schend technische Aufgabe. für deren Lösung ebensowoi spezifisch juridische .Bildung, als ein genaueres Studium der ..Gesetzgebung der betreffenden Kantone und des Pro^eßinaterials uberh.^u.....t erforderlich sind.

Hiefür ist das Bundesgericht die geeignetere Behörde als größere Versammlungen, deren Hauptattribute die Gesetzgebung iind die Oberauf.^ ficht find, und wo es geradezu unmöglich ist, daß außer den Kommissionen

1.^ ^ie andern Mitglieder die Akten lesen und sich dadurch eine selbstständige Ueberzeugung bilden können. Es scheint uns überdein passender, daß die Parteien oder deren Anwälte ihre Prozeßsache vor Bundesgericht plaidireu, als daß sie dieselben etwa auch in den Räthen plaidiren lassen.

Wollte man vielleicht daran Anstoß nehmen, daß es sich vielmehr um die Beschwerde über einen den bundesgeniäßen Schutz konstitutioneller Rechte bereits gewährenden Entscheid des Bundesrathes handle, so müssen .wir darauf erwidern : Die Besugniß, Fragen der vorliegenden Art, wenn nicht überwiegende Bedenken anderer Natur entgegenstehen, aus Rücksichten ....^er Zweckmäßigkeit i in e i n z e l n e u F a l l e und jeweilen durch besondern ^Beschluß an das Vundesgericht zu delegiren, kann .in ihrer Ausübung nicht durch den zufälligen, rechtlich irrelevanten Umstand bedingt sein, ob die Klage über Verletzung eines verfassungsmäßigen Rechtes unmittelbar an die Bundesversammlung gerichtet wurde, ob der Beschwerdeführer in der Stellung einer vor der untern Jnstanz (Bundes^ oder KantonalBehörde) obsiegenden oder unterliegenden Partei sich befinde u. s. s.

Maaßgebend ist, gleichviel, in welcher Form sich die Sache Darstellt, ob die Frage einer Läsion verfassungsmäßiger Rechte den Gegenstand der .Bundesintervention bilde.

Demgemäß stellt Jhnen die Petitionskommission den einmiithigen Antrag..

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Sehlußnahme des Bundesrathes vom 9. Jänner ^860 in Sachen der Anna Walther von Uettligen, Kts. Bern, contra 'Johann Munger von Sohlen, betreffend Gerichtsstand der von der lezteru eingereichten Beschwerdeschrift vorn 9. Juni d. J., so wie der weitern sachbezüglichen Akten , ohne auf das Materielle der Beschwerde einzutreten ; in Anwendung des Art. 105 der Bundesverfassung , beschließt: 1. Sei der Gegenstand gemäß Art. 105 der Bundesverfassung deru ^undesgericht zur Erledigung überwiesen.

2. Mittheilung an den h. Bundesrath für sich und zuhanden der Parteien.

Genehmigen .Hochachtung.

Sie, Tit.,

die Versicherung unserer vollkommenste^

Bern, den 10. Juli 1860.

Die Mitglieder der Kommission :

^d. ^aberlnl, Berichterstatter.

J. ..^ ^teinegger.

J. J. Butter.

.^. ^. Ziegler.

L. ....^uzler.

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Bericht und Antrag der Petitionskommission des Ständerathes in Sachen der Anna Walther von Uettligen, Kts. Bern, und des Joh. Münger von daselbst, puncto Gerichtsstand. (Vom 10. Juli 1860.)

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01.09.1860

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