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des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über Verwendung

der von Österreich gekanften .Dampfschiffe.

Vom .). Juli 1860.)

Tit. !

Jn unserer Botschaft vom 6. Januar l. J. ^) hatten wir die Ehre gehabt, Jhnen die verschiedenen, theils politischen, theils kommerziellen und militärischen Gründe näher zu entwikeln, durch die wir veranlaßt worden waren, die österreichischen Schiffe auf dem Langensee für die Eidgenossenschast zu erwerben. Anläßlich der Berathung über den hiezu erforderlichen Kredit wurde am 27. Januar von Jhnen beschlossen : ,, der Bundesrath sei eingeladen, Init möglichster Beförderung, und zwar spätestens in der nächsten ordentlichen Sizung der Bundesversammlung.

Vorlagen zu bringen, was mit den angekauften Schiffen vorzunehmen sei" Diesem Auftrage Folge gebend, haben wir die Ehre, Jhnen nachstehenden Bericht zu erstatten.

Wie bereits in dem frühern Berichte aus einander gesezt worden war, hatte unmittelbar nach dem Ankauf der Schiffe unfer Postdepartement darauf Bedacht genommen, eine Gesellschaft ausfindig zu machen, welche den Betrieb der Boote übernehmen würde. Zu diesem Ende wandte es.

sieh theils an das Komite, welches steh im Kanton Tessin zur Gründung einer dießseitigen Gesellschaft gebildet hatte, theils an die Herren Knörr in Luzern und Oswald in Basel, welche nicht abgeneigt schienen, den Betrieb der Schiffe zu übernehmen. Diese Schritte hatten jedoch den gewünschten Erfolg nicht, vielmehr mußte man sich überzeugen, daß keine Neigung vorhanden sei, stch in das Unternehmen einzulassen, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil die sardinischen Dampfboote, so wie die nach Arona führenden Eisenbahnen dem Staate angehören, und daher

....) Siehe Bundesblau von 1860, Band I, Seite 111.

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643 Angenommen werden mußte, es werden die aus Sardinien kommenden Paffagiere und Waaren den eigenen Schiffen zugewendet, was für eine schweizerische Betriebsgesellschaft von großem Nachtheile sein müßte.

Die Bildung einer schweizerischen Gesellschaft erklärten sie nur

auf

den Fall für möglich, wenn die Schweiz sich mit Sardinien über Adwechslnng in Ausführung der Fahrten verständigen könnte.

Auf unsere Verwendung wurde dann eine mündliche Besprechung.

zwischen herwärtigen und sardinischen Abgeordneten veranstaltet.

Von schweizerischer Seite nahmen an dieser Konserenz Theil die Herren Staatsrath V a r e n n a , Kursinspektor R o m e d i und Kreispostdirektor F a n e i o l a .

Von sardinischer Seite die Herren Ritter B e r t i n a . Sektionschef im..

Departement der öffentlichen Arbeiten, P o n z o n i , Vorsteher des Transportwesens auf den Eisenbahnen an den Langenfee , und Bianchi, Direktor der königlichen Posten zu Arona.

Jn Gemäßheit der ihnen ertheilten Jnstrnktionen wurde von unfern Abgeordneten in erster Linie vorgefehlagen, in Zukunft die zwischen Magadino und Arona bestehenden Dampfbootfahrten gemeinschaftlich auszuführen, in der Weise, daß der schweizerischen Dampssehiffsahrt eine tagliche Hin- und Herfahrt im Anschlusse an einen in Arona ankommenden und abgehenden Bahnzng überlassen werden sollte.

Ohne auf diesen Vorschlag irgend einzugehen, erklärten die fardinischen Abgeordneten gleich Anfangs, ihre Jnstruktion beziehe sich nur auf allsällige Verbesserungen, die im Jntereffe des Postdienstes bei den bestehenden Dampfbootfahrten auf dem Langensee etwa einzuführen wären, fie seien aber nicht in der Lage, auf die von der schweizerischen Aborduung gemachten Vorschläge einzutreten. vielmehr müßten sie von ihren..

. Konimittenten neue Jnstruktionen einholen.

Jn der That wurden die Verhandlungen zu jenem Zweke unterbrochen; die Rükkehr der sardinischen Deputaten nach Loearno verzögerte.

sich aber in der Weise, daß unser Departement sich bewogen fand, den.

Herrn Kursinfpektor nach Turin zu entsenden, um die Verhandlung wieder in Fluß zu bringen. Jn Turin vernahm dann unser Abgeordnete, daß das Ministerium den dießseitigen Vorschlag wegen Abtretung einer Dampfbootfahrt ini Anschlusse an einen in Arona abgehenden und an kommenden Bahnzug entschieden von der Hand gewiesen habe, dagegen aber seinerseits den Antrag stelle, die Dampfbootfahrten auf dem Langensee gerneinschaftlich durch schweizerische und fardinische Schiffe auszuführen...

und zwar in der Weise, daß eines oder zwei der schweizerischen Dampfboote der sardinischen Verwaltung znr Benuzung überlassen und am Ende des Jahres der allfällige Gewinn oder Verlust auf der Gesammtdampfschiff fahrt nach Maßgabe des ..aus dem Wege einer Schäzung festgestellten Werthes eines jeden Schiffes vertheilt werden sollten.

^44 Dieser Vorschlag erschien schon wegen der großen Komplikationen die sich bei der jährlichen Abrechnung ergeben hätten. nicht annehmbar.

Bei dieser Sachlage glaubte der herwärtige Abgeordnete in Turin , bei dem Ministerium dahin wirken zu sollen, daß eine Vereinbarung auf dem Wege einer miethweifen Ueberlassung eines oder zweier schweizerischen Dampfboote an die sardinifche Verwaltung zu Stande kommen und daß zu dem Behuse die ununterbrochenen Konferenzverhandlungen in Loearno wieder ausgenommen werden.

Dieser Vorschlag wurde in der That vom Ministerium günstig ausgenommen. und es konnten auf diese Grundlage hin die Konferenzen wieder eröffnet werden. Das Resultat der daherigen Verhandlungen ist der Vertrag vom 28. April d. J. , den wir hier anzuschließen die Ehre^ haben. ^) Obgleich die jährliche Vergütung von 6 % von dein durch eine.

Schäznng auszumittelnden Werthe der Schiffe als Ersaz für den ZiIis und Amortisation des Kapitals und sür den Abgang an Material nicht gerade hoch genannt werden darf, so erscheint der vorliegende Miethvertrag gegenüber dem Selbstbetriebe nicht unvorteilhaft, wenn man bedenkt, daß sämintliche große und kleine Reparaturen an den Schiffen, mit Aus^ nahnie derjenigen, welche durch höhere Gewalt verursacht werden und die von jeder der beiden Verwaltungen zur Hälfte zu tragen find, der fardinischen Verwaltung zur Last fallen. Nach der Erklärung eines Technikers ist der Vertrag selbst bei der nicht hohen jährlichen Zinsvergütung als weit vortheilhafter anzusehen, als wenn von der sardinischen Verwaltung zwar eine bedeutend höhere Entschädigung bezahlt, dagegen aber der Unterhalt der Schiffe der schweizerischen Verwaltung überlassen bliebe.

Da laut Vertrag die sardinische Verwaltung die Danipfboote nach Ablauf von vier Jahren in vollkommen gutem Zustande wieder an die Eidgenossenschaft abzuliefern hat, fo ist es, damit diese Bedingung erfüllt werde, unumgänglich nothwendig, daß namentlich die Maschine und das Verde..

gut unterhalten werden. wodurch ein erheblicher Abgang ai1 den Schiffen vermieden werden kann.

Unter diesen Einständen haben wir unterm 29. Mai befchlossen. den ,,Ticino" und den "Benedek" (jezt ,,Simplon") zu den ini Vertrage vom.

28. April, der unsererseits ratifizirt worden ist. enthaltenen Bedingungen der sardinifchen Verwaltung in Miethe zii geben.

Was das dritte Schiff. den ,,Radezky" (je.,t ,,Helvetia..)

betrifft,

so bleibt dasselbe unserer Militärverwaltung zur Verfügung gestellt.

)

Es

Der obgedachte Vertrag erscheint in der amtlichen Sammlung der Geseze und Verordnungen der Eidgenossenschaft.

645 Oft dasselbe auf die Rubrik ,,Kriegsmaterial" getragen, wie dieß z. B.

miit dein in Bellinzona befindlichen Artillerievorrathe auch der Fall ist.

Die sardinifche Verwaltung würde zwar auch dieses Schiff in Miethe .nehmen; allein durch diese Operation würde der Zwek verfehlt, den wir bei Erwerbung der Flotille zunächst iin Auge gehabt haben. Die Zustände in Jtalien sind immer noch in einer Uebergangsperiode begriffen, und daher muß die Eidgenossenschaft Werth daraus legen, das .Mittel nicht aus der Hand zu lassen,. um fich bei gewissen Eventualitäten ^die freie Schifffahrt aus dem Langensee zu sichern. Hinwieder werden ..wir darauf Bedacht nehmen, die^ Verwaltung der ,,Helvetia auf einem möglichst ökonomischen Fuße einzurichten und darauf nur diejenigen Aus..

lagen zu verwenden. welche im Jnteresse dess Schiffes selbst unerläßlich find.

Die Verniiethung der Schiffe ,,Tirino" und "Simplon" geschah innerhalb der dem Bundesrathe eingeräumten Kompetenz , und deßhalb sind wir nicht im Falle. mit Anträgen an Sie zu gelangen, sondern können uns darauf beschränken, Jhnen von den getroffenen Vorkehrungen, .durch welche das angelegte Kapital wenigstens theilweife fruchtbar ge..macht worden ist, Kenntniß gegeben zu haben.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hoch-

Achtung.

B e r n , den 9. Juli 1860.

Jm Namen des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

F. Frey-Herosee.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft ..

Schien.

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Bericht des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über Verwendung der von Österreich gekauften Dampfschiffe. (Vom 9. Juli 1860.)

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1860

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28.07.1860

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