#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

Xll. Jahrgang. I.

Nr. 7.

#ST#

B

e

r

i

18. Februar 1860.

ch

t

des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über Vornahme und periodische Wiederkehr einer neuen Volkszählung.

(Vom 28. Jänner 1860.)

Tit. 0 Sie haben unterm 2.1. Jänner laufenden Jahres in weiterer Entwrklung des Art. 24, Ziffer 8 des Bundesgesezes über die Organisation des Bundesrathes vom 19. Mai 1849 beschloffen. ein unter der Leitung vom Departement des Jnnern stehendes statistisches Bureau zu errichten.

Gleichzeitig hat der Ständerath uns eingeladen. ,,der .Bundesversammlung im Laufe dieser Si.zung eine Vorlage einzubringen. behnss Veranstaltung einer allgemeinen Volkszählung im Jahr 1860 und zwar wo möglich im Monat März."

Der Bundesrath hat sich schon früher. als die öffentliche Presse .

immer allgemeiner für eine neue eidgenössische Volkszählung sprach, und sich auch die Regierung des h. Standes St. Gallen mit der Frage an uns wandte, ob im Jahr 1860 von Bundeswegen eine Volkszählung stattfinden werde, unterm 23. und 26. Dezember 1859 mit dieser Angelegenheit beschäftigt ; er konnte aber keinen bestimmten Beschluß über dir Vorlage einer dießsälligen Botschaft fassen. bis die h. .......indesversamIn..

lung in Sache der Organisation der Statistik entschieden hatte. indem der Nuzeu einer Volkszählnng wesentlich durch eine schnelle und einläßliche Ausbeutung des Materials bedingt ist. Nach der Lösung dieser Frage steht nun einer Bevölkernngsaufnahme kein dießfälliges Hinderniß uiehr entgegen; die Errichtung eines statistischen Büreau's ist vielmehr eine der

Bnndesbtatt. Jahra. ....II. Bd.tt.

24

294 Ursachen, warum wir Jhnen auf das Jahr 1860 eine allgemeine Volks...

Zahlung vorschlagen. Wir wollen versuchen, Jhnen die hauptsächlichstem Gründe hiefür weiter zu entwikeln.

Wie schon in der Botschaft über die Organisation der Statistik be..

..nerkt wurde, bildet die Bevölkerung eine der Hauptabtheilungen des ^atiftisehen Gebietes, ja sie ist derjenige Theil, welcher beinahe für alle .andern ziir Grundlage der Berechnungen dient; darum ist es für die Arleiten des statistischen Bürean's sehr wichtig, daß es den Zustand der Bevölkerung kenne.

Bei einer einmaligen Beobachtung oder Aufnahme darf man abe-...

.nicht stehen bleiben, weil analog mit der sich auch imnIer verändernden Wirkung der Staatskräste der Bestand der Bevölkerung nach ^iner beStimmten Ordnung wechselt, folglich in jedem Zeitraum ein anderer ist.

Die Kenntniß der Geseze dieser Veränderungen und ihrer Ursachen ist.

.nun unstreitig für die Administration von großem Werth und die Dar^ Stellung derselben bildet eine der Hauptaufgaben der Statistik.

Ein bestimmter Zwek für die Verwaltung des Bundes oder einzelner Kantone kann von uns bei der vorgeschlagenen Volkszählung nicht in's Auge gefaßt werden. Die Art. 19 und 39 der Bundesverfassung. welche alle 20 Jahre eine Revision der Mannschasts^ und Geldskala bestimmen.

können, da die Festfezuug dieser leztern nach der Erhebung von 1850.

.vorgenommen wurde. auf die Vornahme einer solchen keine Einwirkung .^aben, hingegen steht es den Bundesbehörden frei, auf die gefundenen Resultate d.r Volkszählung hin eine Abänderung des ^ahlgesezes vorzunehmen. jedoch kann diese, da die Aufnahme aus Gründen, die wir später entwikeln werden, im Monat Dezember stattfinden soll, auf di^. nächste Vertretung im Nationalrath von keinem Einfluß sein.

Fragen wir nnn, warum soll d^nn gerade im Jahr 1860 und zwar ^Iu Dezember eine Volkszählung stattfinden^ Bisher herrschte in Hinsicht aiif die Bevölkerungsaufnahine in den verschiedenen Staaten die größte Mannigfaltigkeit. So zählten die ver..

einigten Siaaten von Nordamerika zuerst im Jahr 1790 und Seither in Perioden von zehn zu zehn Jahren; ebenso wurde bis dahin in Belgien, Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden. Norwegen und Sardinien alle zehn Jahre, in Oesterreich alle sechs Jahre, in Frankreich und Schwer den alle fünf Jahre, in Preußen
und den deutschen Zollvereinsstaaten ebenfalls alle zehn Jahre und dann zu besondern Vereinszweken noch von drei zu drei Jahren ein.^ Volkszählung vorgenommen.

Die Jahreszeit ^der Ausführung war ebenfalls sehr verschieden, so zählte England un^ .

Frankreich nn April, Norwegen im November, Dänemark im Februar.

Schweden und der deutsche Zollverein im Dezember.

Die internationalen statistischen Kongresse haben nun gleich nach ihrer

.^onstituiru^g ihre Thätigkeit auch den Volkszählungen zugewendet un^

295 ^estgesezt, daß alle zehn Jahre im Monat Dezember eine solche stattfinden und unt der ersten im Dezember 1860 begonnen werden solle. Diesen .Vorschlägen sind die .meisten Staaten Europas beigetreten, so daß auf selbige Zeit im weitaus größten Theil desselben eine Zählung vorgenom.Inen wird. Weil nun die Bevölkerung das getreuste Bild des jeweiligen Gesamint^ Staatslebens bietet, so mag eine Vergleichung des Bevölkernngs.zustandes verschiedener Länder. welche die internationalen statistischen Konpresse durch Feststellung eines gleichmäßigen Aufnahme-Forniulars und Bestimmung der nämlichen Erhebungszeit zu ermöglichen suchen. sebr interes^sante Erscheinungen zu Tage fördern, und nicht weniger werthvoll werden die Veränderungen des Bevölkerungszustan^s sein, welche sich in zehI...

Jahren aus einer dießfälligen Zusammenstellung sowol der verschiedener.

Länder unter sich, als auch jedes einzelnen Staates in beiden Zeitpunkten ergeben. Dieses wird aber bloß möglich, wenn die bestimmte Zeit süx die Erhebung der Bevölkerung inne gehalten wird. Außer diesem spricht sür ^die Vornahme einer eidg. Volkszählung im Monat Dezember auch ^der Unistand , daß aus das Zirkular des Departements des Jnnern vonii 27. Dezember 1859 fünfzehn Kantonsregierungen unbedingt das WinterQuartal für die geeigneteste Zeit der Bevölkerungsansnahnie bezeichneten und vier andere die Jahreszeit freistellten.

Fragen wir ferner, ,,was für Data des Bevölkernngsziistandes müssen bei Vornahme einer neuen Volkszählung erhoben werden .^ Die eidgenössischen Bevöikernngserhebnngen in den Jähren 1803 und 1816 waren mehr Schazungen als eigentliche Zählungen, die auf positiven Grundlagen beruhten, weil sie nicht von Haus zu Haus und dazu nicht gleichzeitig in allen Kantonen vorgenommen wurden.

So schrieb die Tagsazung im Jahr 1816 bei Festsezung der M^nnfchastsskala

^enI Kanton Zürich 18.^.000 und dem Kanton Bern nur 231,00(). Ein-

.Ivohner zu. Eine kantonale Volkszählung im Kanton Aargau im Jahr 1816 ergab beinahe 4000 Seelen über die von der Tagsaznng angesonimene Zahl hinaus. Ans gleiche Weife wurde auch in andern Kantonen über.. oder unterfchäzt. Von einer .Aufnahme des Gefchlechts, der .Konfession, Sprache, Herkunft .^e. war keine Rede. Die Volkszählung .von 183.^ erstrekte sich ebenfa.ls neben der Zahl nur auf wenige Data.^ sie beschränkte sich auf die Verzeichnung des Geschlechts^ und TanfnaInens..

^..es natürlichen Geschlechtes. der bürgerlichen oder Di^dungsheiinath im Kanton, die schweizerische und die ausländische Heimath. Ein Antrag .von Zürich und ^aadt. welcher aus das statistische und militärische Jnteresse der Alterserhebungen aufmerksam machte und die Aufnahme einer solchen Rubrik empfahl, wurde mit 12 gegen 7 Stimmen verworfen.

Bedeutend vollständiger war die Erhebung im Jahr 1850, den....

^as Bnndesgefez sezt in Betreff jener Volkszählung fest: ,,in das Zählungsregister soll eingetragen werden: der Geschlecht^ und Vornan^, da^ Geschlecht, das Alter, der Familienstand, der Beruf, das Gewerbe, die

296 Heimath und das Religionsbekenntnis eines jeden Einwohners und ob der....

selbe Grundeigentümer sei.

Wenige hinzutretende Data werden genügen, um unserer Bevölkerung^ erhebung denjenigen Umfang zu geben, wie er von den internationale^ statistischen Kongressen festgesezt wurde. Die Versammlung in Pari....

stellte nämlich über diesen Punkt folgendes Programm aus: die Voiks^

zählungen begreifen insich:

a. Name und Vornamen, Filter, Geburtsort, Sprache, Religion...

bürgerlicher Stand, Profession oder Berufsart, fester oder gewöhn licher .Aufenthalt, zeitweiser oder augenblikiicher und vorübergehender Wohnsiz in der Gemeinde. Kinder, welche öffentlichen oder Privatunterricht genießen. Vertheilung der Häuser nach Etageu und nach der Zahl der zur Wohnung jeder Familie gehörenden Räumlichkeiten, die an das Haus angränzenden Gärten; h. augenscheinliche Krankheiten und Gebrechen: Blinde. Taubstumme^.

Jxren zu H^iise, in öffentlichen oder Privatanstalten, Eretins.

Es ist nun für die Vergleichung unserer Ergebnisse sowol in deu verschiedenen Bezirken nnd Kantonen unter sich, als auch mit den^.

jenigen anderer Staaten unerläßlich. daß unsere Volkszählung obige Data besonders i^.'s Auge sasse, was keineswegs einen so großer^

Schritt erfordert, als zwischen der 1837er bis zur 1^0er V ....lks..

zählung schon stattgefunden hat.

Hier niag nun der Ort sein, aus die Frage einzutreten. die auch.

schon im Ständerath besprochen wurde: ,,ob nänilich der h. Stand Bern^ welcher im Noven.ber 185.^ zählte und die Stände Luzern und St. Gal...

.len . welche im Januar dieses Jahren einen. Zensus vornahmen . von ^der vorgeschlagenen Bevölkerungsaufnahme befreit werden dürfen, wir ^uüsseu aber Iuit ,, nein ^ antworten. und zwar aus folgenden Gründen : 1) wurde in keinem der angefahrten Kantone nach dem Formular verfahren, welches wir für eine neue eidgenössische Volkszählung aufstellen werden. Jn Bern und St. Gallen wurde die Erhebung nach den .^dgenösstschen Forderungen im Jahr 1850^ gemacht, welche jezt nicht mehr genügen können und Liizern, welches wol auch besondere Rubriken für Blödsinnige und Jrre

aufstellt, sezt sich dadurch doch nicht in Stand, Ausschlüsse über

Blinde nnd Taubstnn.me, deren Anzahl und Vertheilnug auf die verschiedenen Kantone und Ortschaften sehr wichtig ist, geben zu können ; !2) geht ans der Vergleichu..^ der. Bevölkerung in den Jahren 1837 und I850 hervor, daß die Bevölkerung Berns si..^

2.^ Ehrlich im Durchschnitt um 3877 Seelen, solglich seit No-.

vember 1856

um mehr als 14,.500 Köpfe vermehrte,. wenr..

man gleiche Verhältnisse wie im Durchschnitt zwischen 1837

und 1850 voraussezen darf; Luzeru weist eine jährliche Verniehrung der Bevölkerung von ^40 Köpfen und St. GalleI..

eine solche von 830 Seelen nach, wenn man wieder die Durch..

schnittsverhältniffe von 1837 nnd 1850 als gewöhnliche annimmt und hieraus folgt, daß wenn die Veränderung in deu beiden leztgenannten Kantonen für die Gesammtbevölkerung der Schweiz keine wesentlich verschiedenen Resultate zu Tage fördert, fie doch bei Vergleichung statistischer Erscheinungen in den ver^ schiedenen Kantonen unrichtige Urtheile bewirken müssen, was noch um so mehr bei Bern der Fall ist; 3)^ muß, wenn^ unser Gesez über die Vornahme von periodischen Volkszählungen angenommen wird, das Schiksal jedenfalls.

immer einen oder mehrere Kantone treffen. mit der Volks....

zählung der lezte gewesen zu ^ sein und in verhältnißmäßig kurzer Frist zweimal zählen zu müssen,. daher soll dem Uebergang.

zu einem andern Volkszählungsmodus von den h. Ständen Bern, Luzern und St. Gallen Rechnung getragen werden, was um so eher geschehen kann, da i..ureh die periodische Wiederkehr einer eidgenössischen Volkszählung von nun an die Kantone von.

einer eigenen Aufnahme enthoben werden. .

Nachdem wir uns über die Gründe und den Umfang der Volks.zählung sowol auf die Data im Allgemeinen, als nach den Kantonen ausgesprochen haben, berühren wir schließlich noch den Kosten-

^punkt. Die Volkszählung von 1850 brauchte 430 Ries 10 Buch Papier zu 26^ Fr. .

.

.

.^ .

. F r . 11,377. 50 Saz nnd Druk rosteten . . . . . ,, 3,469. 20 Verpakung

.

.

.

.

.

.

.

.

Aushilfe bei der Zusammenstellung

.

.

.

.

..

.

,,

Zusammen

I4^..

2.^

1,571. 43.

Fr. 16.563. 33

Nach Errichtung des statistischen Büreau's würde nun die lezte Rubrik wegfallen und folglich sich die Summe im GefamInten reduzieren auf

Fr. 14.991. 90.

Nun schlagen aber die internationalen statistischen Kongresse für die Ausnahme folgendes Verfahren vor: ,,für je eine Familie oder Hanshaltung muß eine besondere Tabelle gebraucht werden u. s. w.^ Dieses.

würde, wenn man per Familie einen Zeddel von einem Viertelbogen berechnet und annimmt. es dürften 100,000 Exemplare verloren gehen, eine Auflage von 600,000 150.000 Bogen erfordern. Da aber mi^ den periodischen eidgenössischen Volkszählungen die Absicht verbunden wird^.

.298 .die Kantone von dem hie und da zu verschiedenen Zweken gemachtem Zensus zu entheben, ist es nothwendig, daß die Aufnahme doppelt erfolge, und auch für die Archive der Kantone ein vorzügliches Material z^ Spezialzweken gewonnen werde.

Hiedurch würden aber die Kosten Sie würden nämlich betragen für Papier

nicht

unerheblich

vergrößert..

1,100,000 Familienzeddel - 275,000 Boge^ 15.000 Gemeindezusammenzüge ....: 7,500 ,, 1.000 BezirkszusamnIenzüge ....

500 ,, 200 Kantonszusammenzüge

-

100

... .^

283. l 00 BogeI^.

oder in gerader Zahl 600 Ries. Sezen wir nun die Papierpreise ^.

höher als im Jahr 1850, wo sie 26^2 Fr. per Ries betrugen, so bringt dieses eine Suninie v o n .

.

.

.

.

. F r . 1.'.890

Drukkosten im Verhi.iltniß zu 1850 in runder Summe unvorhergesehenes

.

.

.

.

.

.

.

.

.,

5,000

..

1,1l^

Zusammen Fr. 24.000

Diese Summe wird nöthig sein, uni die Kosten der allgemeinen Anordnung einer Volkszählung, wie fie den Anforderungen der Zeit.

entspricht, bestreiten zu können und wir glauben zugleich, daß der Nuzen, welchen bei unfern neu zu schaffenden Einrichtungen für di^ statistische Ausbeutung des Materials erzielt werden, diese Ausgabe^ vielfach auswiesen würde.

Jndem wir Jhnen demnach den Initfolgenden Gesezentwnrs zu....

Genehmigung empfehlen, erneuern wir .^hnen, Herr Präsient. Herren National.. und Ständeräthe! die Versicherung unserer vollkoiniuenen Hoch^ Achtung.

Bern, den 28. Jänner 1860.

Der Bundespräfident : ^. ^re.^Herose^ Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^chietz.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über Vornahme und periodische Wiederkehr einer neuen Volkszählung. (Vom 28. Jänner 1860.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1860

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

07

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.02.1860

Date Data Seite

293-298

Page Pagina Ref. No

10 002 991

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.