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Schweizerisches Bundesblatt.

^lI. .Jahrgang. I1.

Nr. 29.

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des

schweizerischen Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1859.

Geschäftkreis des politischen Departements.

Verhalten der Schweiz zum Kriege in Italien.

Die Hauptmoinente der auswärtigen Beziehungen der Schweiz während des Jahres 1859 liegen in dein Verhalten der Eidgenossenschaft zu dem zwischen den drei Naehbarniächten Frankreich, Sardinien und Oesterreieh ausgebrochenen Kriege in Jtalien.

Nachdem die an den KriInkrieg und den Pariserfrieden von 185.... sich knüpfende Frage der DonaufiirstenthüIner, weiche im Jahre 1858 die europäischen Großstaaten vorherrschend beschäftigt hatte. endlich geregelt war und eine neue friedliche Aera gesichert schien, wurden durch die dekannte Neujahrsanrede des Kaisers der Franzosen an den österreichischen Gesandten vom 1. Januar 1859 die Friedenshoffnungen wieder bedeutend erschüttert.

Wir versäumten nicht, die Möglichkeit eines Krieges zwischen benachbarten Mächten unverweiit in's Auge zu fassen und über die von der Schweiz deßfalls einzunehmende Stellung uns in's Klare zu sezen.

Wir folgten den Erscheinungen, weiche die zunehmende Verweklung und Spannung der Lage andeuteten , sehr aufmerksam und fchritten mit entsprechenden vorbereitenden Maßnahmen vor. Sehon am 28. Januar machten wir durch unser politisches Departement die schweizerischen Vertreter in Paris und Wien auf die Frage und Lage de.s neutralisirten B u n d e s b l a t t .

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158 Savor^eus aufmerksam. Bereits am 9. Hortung ermächtigten wir Herrr^ 'Minister Kern, wo er es räthlich finde, vorläufig konsidentiell zu erklären, daß bei einem allfällig ausbrechenden Kriege die Schweiz jedenfalls ihr...

neutrale Stellung behaupten werde. Zugleich beschäftigten wir uns auch genauer mit der Frage, wie die Schweiz zu den neutralisirten Provinzen Savoyens sich zu verhalten habe.

Wir halten uns verpflichtet, die Anschauungen und Erwägungen^ welche uns bezüglich auf die neutrale Stellung der Schweiz und unser ganzes darauf begründetes Verfahren geleitet haben. hier etwas ausführe licher Initzutheilen.

Daß im Falle des Kriegsausbruches die Schweiz eine neutrale Stellung zu bewahren habe, war für uns von vorneherein unzweifelhaft...

Das R e c h t . neutral zu sein, steht uns von Natur zu, weil ohne voraus.^ gegangenes Bündniß kein Staat verpflichtet Ist, sich an den Kämpfen anderer zn betheiligen.

Die Anerkennung der schweizerischen Neutralität durch die europäischen Mächte hat also nicht die Bedeutung, daß sie uns ein im Wesen nicht da gewesenes Recht brachte, fondern nur die, daß sie die Mächte verpflichtet, die schweizerische Neutralität zu respektiren und jede derselben berechtigen würde, die Verleznng derselben durch eine der.

übrigen anerkennenden Mä.chte zum Kriegsfall zu machen; wir sagen aus^ drüklich das R e c h t , denn eine Pflicht dazu fließt aus der bloßen AII^.

erkennung nicht.

Die Urkunde der Mächte vom 20. November 1815 enthält aber neben der Anerkennung der Neutralität auch die Gewährleistung der Jn^ tegxität und Unveriezdarkeit des schweizerischen Gebietes und der schweize^ rischen Neutralität. Dieß verpflichtet die garantirenden Mächte allerdings, eine Verlezung der Neutralität der Schweiz zum ^riegsfalle zu machen und sich derselben werkthatig zu widersezen. Ob die Mächte in gegebenem Falle dieser Verpflichtung nachkommen würden, ist eine andere Frage.

Jedenfalls soll die Schweiz sieh dessen nicht getrösten.

Will die Schweiz eintretenden Falls ihr Neutralitätsrecht behaupten,..

so muß sie also vor Allem ^ihre eigene Krast und Entschlossenheit l.e^ währen ; eine bloße Proklamation der Neutralität, eine Berufung auf ihr^ europäische Anerkennung und Gewährleistung. eine Protestation gege... ihre Verlezung sind von keiner Bedeutung, wenn diese ^lkte nicht
von den..

.....ntschlusse begleitet sind, mit den Waffen in der Hand dafür einzustehen.

Wenn ül.er die Handhabung der Neutralität des eigenen Gebietes kein Zweifel waltete. so erschien uns dagegen die Frage schwieriger iI^ Beziehung auf den der schweizerischen Neutralität einverleibten Theil von Savo^en. Darüber herrschte vorerst te..ne abweichende Meinung, daß di^ garantirenden Mächte zu dein neutralisirten Savoven in ganz gleichem Verhältnisse stehen, wie zu deni neutralisirten Schweizergebiete selbst, d. h. sie haben die Neutralität Nordsavov.ens anerkannt und gewährleistet

15.^ in

gleicher Weise wie diejenige der Schweiz; jede von ihnen hat als^

^ie Verpflichtung dieselbe zu respektiren und nötigenfalls werkthätig dafür einzustehen.

Ob die Schweiz aber zu dem neutralisirten Savoven in gleichem Verhältnisse stehe wie zu der Neutralität ihres eigenen Gebietes, ist eine andere Frage. Besonders handelt es sich darum, ob die Verteidigung .der savovischen Neutralität, beziehungsweise die Besezung ihres Gebietes, für die Schweiz bl^ß ein Recht oder aber auch eine Pflicht sei.

Weder die Erklärungen der Mächte vom 29. März 1815, noch die Ur..

kunde voin 20. November gleichen Jahres, noch der Turinervertrag vor^ ^1816 legen der Schweiz eine V e r b i n d l i c h k e i t auf, die neutralisâtes Gebietstheile zu besezen, sondern überlassen es ihrem E r m e s s e n , ob ste Truppen dahin verlegen will. Selbst wenn der Wortlant - was durchaus nicht der Fall ist --. zweifelhaft wäre, müßte die Frage so entschieden werden. indem, wenn eine Verbindlichkeit nicht positiv stipnlirt ist, sie nicht als exiftirend angesehen wird. Diese Auffassung ist um fo richtiger, als in zwe.i andern Richtungen die nämlichen europäischen Urkunde^ ganz aiisdrüklich V e r b i n d l i c h k e i t e n festfezen, einerseits gegen die Schweiz, indem diese v e r p f l i c h t e t wird, rükziehenden sardinischen Truppen den Durchpaß dnreh das Wallis zu gestatten , andererseits gegen die garantirenden Mächte. indem bestimmt wird, daß keine Truppen einer andere Macht (als der Schweiz) das neutralisirte Geriet Savovens durchziehen ^der besezen sollen. Hätten die Mächte in einer dritten Richtung dei..

Schweiz eine Verbindlichkeit auferlegen wollen, fo hätten sie dieß niit ^usdrüklichen und deutlichen Worten gethan.

Mit Rüksicht auf den bevorstehenden Krieg erhält diese Frage eine besondere praktische Bedeutung durch den llnistand. daß die in nenern Jahren erbaute Eisenbahn von Lvon nach Ehamber.... und dem MontEenis durch den äußersten Theil des neutralistrten savovifchen Gebietes

führt. Ei.^e Verpflichtung der Schweiz, die ailsällige Be.iuzung dieser

Bahn zum Transporte franzöfifcher Truppen nach d.em Mont^Eeni^ zu verhindern, durste un.. so weniger angenommen werden, als zur Zeit der Wiener- und Pariserverträge die Militär- resp. Hauptstraße von Lv^on nach EhanIl.^r.) und dem Mont^Eenis nicht dnrch das neiitralisirte Gebiet

führte, so daß tatsächlich vorliegt, daß es keineswegs in der .Absicht der

Wiener- und Pariserkongreßrnächte lag, die Straße Frankreichs nach Jtalien über den M o n t - E e n i s in das Nentralitätss^ein der Schweiz hineinzuziehen.

Deßhalb kommen wir zu dem Schlösse, daß ini Falle des Kriegs^ ansbruches die Frage einer schweizerischen Besezung des neutralisirten Savov.ens bloß vom Standpunkte der Konvenienz aus zu beurtheilen und folglich eine B...fezang nur dann un^ nur insoweit auszuführen sei, als es iin Jnteresse der Sicherung und Verteidigung der schweizerischen Neutralität und der Jntegrität des schweizerischen Gebietes liegt.

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160 Von diesen Grundanschauungen geleitet und nach einläßlicher reis.^ licher Berathung stellten wir bezüglich auf die Haltung der Schweiz und für unser weiteres Verfahren durch e^chlußnahme vonI 5. März folgende ^rundsäze auf : 1) Bei einem ausbrechenden oder nahe bevorstehenden Kriege soll die Schweiz mit allen ihr zu Gebote stehenden Kräften die Jntegrität ihres Gebietes und ihre Neutralität vertheidigen.

2)

So weit es im Jntereffe der Sicherung und Verteidigung der schweizerischen Neutralität und der Jntegrität des schweizerischen Gebietes liegt, solt^ die Eidgenossenschaft auch von dein ihr nach.^ den europäischen Traktaten zustehenden Rechte der Besezung dex neutralisirten Gebietstheile von Savoyen Gebranch machen.

3)

Jin Sinne dieser Grundsäze sind die erforderlichen diplomatischen Notifikationen an die europäischen Mächte zu erlassen und speziell an S a r d i n i e n über die Regelung der hier besonders in Fr.^ge kommenden Verhältnisse.

4) Das Militärdepartenient soll sich mit den nöthigen Vorbereitungen einer alifälligen Trnppenausstellung befassen.

:5) Das Finanzdepartement soll sich damit beschäftigen , wie die er^ forderlichen Geldmittel nötigenfalls am beßten beschafft werden könnten, und auch daraus Bedacht nehmen, daß hinlänglick.es Rohmaterial für die Pulverfabrikation rechtzeitig zur Stelle ge^ bracht werde.

Die Notifikation an die Mächte wurde am 14. März erlassen nnd an alle Unterzeichner der Verträge von 1^15, so wie an die Nachbarstaaten Sardinien, Bauern, Württemberg und Baden gerichtet. Wir zögerten damit nicht länger, weil uns daran gelegen war, noch in der Periode der zwischen den Mächten schwebenden diplomatischen Verhandlungen und Vermittlungen ihnen unfern Entschluß zur Kenntniß zu bringen und damit über die Haltung der Schweiz von vorneherein Jedermann iIn Klaren sei und zudem fezten wir Werth darauf, auch Volk und Be^ hörden der Schweiz über die zu befolgende Politik rechtzeitig zu orientiren, zu welchem Ende die erlassene Neutralitätserklärung auch sämnitlichen Kantonsregierungen mitgetheilt und unmittelbar daraus der Oeffentlichkeit übergeben wurde. Die Notifikation selbst lautet: ..Obschon gegenwärtig noch die Staaten Europas sich der Segnun.

gen des Friedens ^u erfreuen baben, so läßt sich doch nicht in Abrede gellen , daß das Vertrauen auf die Fortdauer dieser Zustände erschüttert worden ist und die Möglichkeit Raum gewonnen hat, daß die dernialige Ruhe durch kriegerische .Ereignisse unterbrochen werden könnte.

,,Unter solchen Umbänden ist es der ^ürde der Schweiz als eines unabhängigen und selbstständigen Staates, so wie ihrer politischen Ver^

.l...^ Raffung und Organisation angemessen, daß fie rechtzeitig und ohne Riik^ .halt sich über die Stellung ausspreche, welche sie auf gewisse Eventuali^ .täten hin einzunehmen gedenkt, und die ihr nach ihrer Lage und Geschichte, ^iach äußern Verhältnissen und innern Bedürfnissen vorgezeichnet ist.

,,Die schweizerische Eidgenossenschaft wird, das erklärt der Bundes.xath mit Bestimmtheit. für den Fall, daß der europäische Frieden gestört werden sollte, die Jntegrität und Neutralität ihres Gebietes. die ihr als selbstständigem Staate zukommen und die diirch die europäischen Verträge von 1815 feierlich anerkannt und gewährleistet sind, mit allen ihr zu ^Gebote stehenden Kräften vertheidigen und anfrecht erhalten. Sie wird diese Sendung gegen Jedermann mit guten Treuen erfüllen.

,,Die Verträge von I815 erklären sodann auch gewisse. Gebietstheile .von Savoven, welche integrirende Bestandtheile des Staatenkomplexe^ Seiner Majestät des Königs von Sardinien ausmachen , als in der schweizerischen Neutralität inbegriffen.

,,Diirch diese Verträge nämlich , und zwar laut der Erklärung der hohen Mächte vom 29. März 1815 und der Beitrittsurkunde der schweizerischen Tagsazung vom 12. August 1815, der Wienerschlußakte vom 9. Juni 1815 (^lrt. 92). dein Frieden von Paris vom 20. November 1815 (Art. 11l) nnd der Urkunde der Mächte über die Anerkennung und Gewährleistung der schweizerischen Neutralität voin nämlichen Tage, sind die erwähnten Gebietstheile der gleichen ^Neutralität wie die Schweiz theilhastig, mit der nähern Bestimmung, ,,daß bei wirklich ausgebrochenen, ,,oder unmittelbar bevorstehenden Feindseligkeiten zwischen benachbarten ,,Mächten die Truppen Seiner Majestät des Königs sich zurükzuzieheu ,,haben und dafür, wenn es nothwendig ist, ihren Weg durch das Wallis ,,nehmen können und daß keine anderen bewaffneten Truppen irgend einer ,,Macht sich dort aufhalten oder durchziehen dürfen, Init Ausnahme der^ ,,jenigen. welche die schweizerische Eidgenossenschaft daselbst aufzustellen für ,,gut finden wird^.

,,Die vorstehenden Bestimmungen der allgemeinen Traktate haben ir^

allen Theilen ihre ausdrükliche Bestätiguug erhalten durch den Speziai-

vertrag. welcher unterm I6. März 18I6 zwischen der schweizerischen Eidgenossenschast und Seiner Majestät dem Könige von Sardinien abgeschlossen worden ist.

,,So weit es zur Sicherung und Verteidigung der schweizerische^ Neutralität und der Jntegrität des schweizerischen Gebietes erforderlich ist, wird die Eidgenossenschaft eintretendenfalls von diesem ihr nach deI^ europäischen Traktaten zustehenden Besezungsrechte der nentralisirten Gebietstheile von Savor^en Gebrauch machen . wobei e.^ sich von selbst ver.^ steht. daß von ihrer Seite die zitirten Stipulationen in jeder Richtung gewissenhafte Beachtung finden werden, also anch darin, daß eine schweizerische Okkupation die Eivilverwaltung jener Provinzen auf kein.^ ^Weis^ beschränken soll. ^s wird der schweizerische Bundesrath bemüht^

.l62 sein, über die nähern Modalitäten einer solchen Okkupation mit der Re-.

.gierung Seiner Majestät des Königs von Sardinien steh in's Einverständniß zu sezen.

,,Der schweizerische Bundesrath darf sich der Erwartung hingeben.

daß diese eben so sreimüthigen als loyalen Erklärungen eine gute Auf..nahme finden und die hohen Mächte den Standpunkt vollkommen würdi^ .gen werden, welchen unter den gegenwärtigen politifchen Konjunkturen und im Hinblike auf mögliche Eventualitäten er einzunehmen in der Lage gewesen ist.^ Es wurde nebenbei nicht unterlassen, zu Handen der Mächte die .......

Ansicht des Bundesrathes offen zu erkennen zu geben, daß er die äußerste Spize des neutralisirten savor^ischen Gebietes, über welche die Viktor^ ..^niannel-Bahn führt. nicht als innert der natürlichen Verteidigung.^ ^ränze der Schweiz liegend erachte und folglich einer allfälligen Be^iuzung dieser Bahn durch französische Truppen sich nicht widersezen werde.

Das österreichische Kabinet schien Anfangs gegen diese Auffassung rekla.miren zu wollen; eine wirkliche Reklamation erfolgte jedoch nicht. viel^nehr zeigte sich später auch dieser Staat mit der schweizerischen Haltung einverstanden.

Unsere Notifikation vom 14. März wurde von allen Mächte^ beant.wortet :. alle drükten über den darin knnd gegebenen Entschluß ihre AnerNennung und Befriedigung aus und^ namentlich gab sich keine abweichende Anpassung zu erkennen bezüglich auf das Neutralitätsverhältniß von Sa^ov.en. (Die dießfallsigen Antworten sind im Biindesblatte von 1859,

.Bd. 1.)

Von Sardinien insbesondere wurde die Bereitwilligkeit ausgesprochen, .in Verhandlungen zur Regelung des Verhältnisses, betreffend die neutrali^ Wirten Provinzen bei einer allsälligen Besezung durch eidgenössische Trup^^en zu tre:en. Die Unterhandlungen wurden späterhin wirklich eröffnet, gediehen aber zu keinem ^bschlusse, weil über gewisse prinzipielle Aiiffasfingen man sich nicht einigen konnte und die schnelle Beendigung des Krieges, so wie die spätere Entwiklung der Savor^rfrage die Oppor^ ^unität dieser Verhandlungen in den Hindergrund drängte.

Neben feinen diplomatischen Schritten ordnete der Bundesrath auch .die zii einer allfälligen Truppenaufstellung erforderlichen militärischen VorBereitungen an, die spezieller aufzuzählen hier nicht am Orte ist; wir Verweisen dafür auf unsere Botschaft an die Räthe vom 29. April 1859.

Am 23.,^. A^ril ging die sichere Nachricht ein, daß Oesterreieh ^In Sardinien das Ultimatum gestellt habe. Dieß veranlasse uns zu einigen Vorsichtsmaßnahmen im Kanton Hessin, dessen^ Gränze den Kriegs^chanplaz unmittelbar berührte. Zu diesem Zweke wurden etwa 2()00 Mann aufgeboten und unter das Kommando des Hrn. Obersten Bontems

Bestellt.

1^ Am 26. April, nach Eingang der Nachricht, daß die französischem .Truppen au verschiedenen Punkten die sardinisehe Gränze überschritten, permehrten wir das Aufgebot nach T essi n um weitere 2000 Mann.

Als die Oestexreicher den Tessin überschritten hatten, ^In Simplon ein Bataillon aufgestellt.

wurde auch

Diese Truppenausstellungen wurden weniger hervorgerufen durch die Besorgniß eines direkten Angriffs aus unsere Neutralität von der einen ^odex andern der kriegführenden Parteien ; denn die positiven Versicherun.gen, die uns sowol von Oesterreich wie von Frankreich dießfalls gegeben ^ tvurden. so wie die natürlichen Jnteressen der kriegführenden Theile selbst, beruhigten uns in dieser Hinsicht in hohem Grade. Der Zwek des Aufgebotes war vielmehr, an der. den Kriegsschauplaz unmittelbar berührenden Gränze die Ordnung aufrecht zu erhalten . in der Richtung besonders, daß vom Schweizergebiet aus keine neutralitätswidrigen Akte, rvie Waffenzufuhr u. s. w. stattfinden und daß andererseits gegenüber flüchtigen Personen, zersprengter oder auf Schweizergebiet gedrängter ^Rilitärkorps der kriegführenden Theile die nöthigen Maßnahmen durch.geführt werden können.

Dahin zielten die von uns getroffenen SchlußnahnIen, so wie die Jnstruktionen, welche dem Militärkommando ertheilt wurden. Die Ausfuhr von Waffen und Kriegsmunition über die italienische Gränze, so wie die Ansammlung solcher Gegenstände in der Nähe dieser Gränze wurde untersagt. Waffen und Munition, welche^ von Jtalien her auf Schwei-

zexgebiet gebracht würden. sollten der ^tegel nach mit Beschlag belegt Werden.

Der Durchzug von waffenfähigen Leuten über Schweizergebiet, um sich aus dem Gebiete der einen kriegführenden Macht in dasjenige der andern zu begeben, wurde ebenfalls untersagt, und es sollten solche Leute entweder dahin zurükkehren, woher sie gekommen, oder nach dem Jnnern des Landes verwiesen werden.

Diese und damit verwandte Maßregeln schienen uns vollkommen dem ^roklamirten Grundsaze einer konsequenten und unparteiischen Neutralität zu entsprechen und was die Ausführung derselben betrifft, so war ge.messene Weisung ertheilt, stch strenge innerhalb der Gränzen einer weisen Humanität zu halten.

Bei weiterer Entwiklung der Kriegsereignisse, als namentlich durch .die Bewegungen des Garibaldischen Korps die tesstnische Gränze unmittel..

^ax bedroht erschien, erfolgten einige weitere Truppenaufgebote.

Diese Maßnahme rechtfertigte steh uin so mehr . als bekanntlich bei Varese, ....aveno und Eomo Gefechte vorfielen und fomit die Möglichkeit und selbst ^die Wahrscheinlichkeit vorhanden roar, daß von der einen oder der andern .Partei einzelne Truppentheile auf Schweizergebiet gedrängt werden dürsten..

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Zum Schuze der Gränze zwischen Graubiinden ans der einen Seite und dem Veltlin und dem Tyrol auf der andern Seite war die Au^ stellung einer befondern Brigade durchaus unerläßlich. Diese erfolgte zu Anfang des Juni.

Hier lag das Eigenthümliche vor. daß aus einigen Stellen auch diejenigen Gränzeu zu besezen waren, welche seit langen Zeiten zwischen der Schweiz und Oesterreich streitig sind. Wir gingen von der Ansicht aus, daß die Schweiz diese streitigen Territorien gleichfalls okkupiren müsse, indem diese Aufgabe angemessener einer, den Wechfelsällen des Krieges weniger unterworfenen neutralen Macht überlassen werde.

Die k. k. Regierung glaubte anfänglich nur theilweife auf diese Anschauung eingehen zu können, indem ste .zwar d^ Besezung des Gebietes zwischen Brnsto und Tirano der Schweiz zugestand, dagegen aber die Okkupation der Linie zwischen Taufers und Münster ans strategischen.

Rüksichten für sich in Anspruch nahm.

Wir konnten diese Auffassung nicht theilen, fondern bemerkten im Gegentheil. wenn die Schweiz ...as streitige Gebiet beseze, so werde das.^ selbe von den andern kriegführenden Theilen als eidgenössisches Territorium respektirt; wenn aber Oesterreich die Okkupation vornehme, so würde bei einem allfälligen Angriffe die neutrale Stellung der Schweiz möglicherweise gefährdet werden. Es liege mithin im beiderseitigen Jnteresse. daß die Besezung der zweifelhaften Gränzgebiete überall durch den neutralen Staat und nicht theilweise durch eine in den Krieg verwikelte Macht erfolge.

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Die kaiserliehe Regierung erklärte mit Note vom 14. Juli auf diese Ansicht eingehen und die Befezung der betreffenden Gebietstheile durch die Schweiz zugeben zu wollen , natürlich unter dem von uns selbst schon gemachten Vorbehalte, daß hiedurch der Rechtsfrage in keiner Weise vorgegriffen werden solle.

neber^etretene ..^rnppentheiile der kriegführenden Machte.

Bereits in unserer Botschaft vom I. Juli 1859 hatten wir Jhneu zur .^..enntniß gebracht, daß am 2. Juni fieben Soldaten des Garibaldi^ schen ^orps und am 9. Juni die abgeschnittene österreichische Besazung von Laveno, zulezt noch 736 Mann stark. aus schweizerisches Gebiet übergetreten sei. Die erstern wurden nach Luzern, die leztern nach Zürich,.

Neu St. Johann und Lenzburg instradirt.

Es versteht sich von selbst, daß diese militärischen Flüchtlinge mit .aller Humanität und mit möglichster Schonung ihres Ehrgefühls behandelt wurden. Jn dieser Beziehung waren die gemessensten Befehle ertheilt^ .die ebenso gewissenhaft vollzogen worden sind.

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Wichtig, weil neu, war die Frage, wie die Schweiz gegenüber solchen Mannschaften, die stch möglicherweise noch vermehren konnten, weiter vorzugehen habe.

Wir gingen hier von dem Gesichtspunkte aus, .den wir übrigens in.^ loyaler Weise den kriegführenden Mächten selbst entwikelt haben, daß dem neutralen Lande in Fällen solcher Art nicht zugemnthet werden könne, an.

der Stelle der kriegführenden Parteien eine quasi Kriegsgefangenschaft zu handhaben. Wenn somit die Schweiz verirrte, verdrängte oder abgeschnittene Trnppentheiie bei sich aufnehme und ihnen momentan ein As.^ gewähre, so erfülle sie damit einen Akt der Humanität und nicht ein Gebot des Völkerrechts. da solche Truppen auch dem Kriegsloose überlassen.

werden könnten. Hinwieder niüsse die Schweiz an der Anfchanung festhalten, daß die Rükkehr solcher Uebergetretener in die Heiinath auch noch.

während der Kriegsdauer unter Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln zuläßig sei. Diese Maßregeln bestünden tn der Entwaffnung und Jnternirung der Mannschaft und in der Zurükbehaltung der abgenommenen.

Waffen bis nach beendigtem Kriege und endlich gegen die offizielle Erkiärung der betreffenden Regierung , die zurükge^hrten Mannschaften.

während des waltenden Krieges nicht mehr gegen den Feind zu verwenden. Diese Erklärungen erfolgten von Oesterreich unterm 27. Juni und von Sardinien unterm 4. Juli und es stand somit der Rükkehr der Uebergetretenen kein Hinderniß mehr entgegen. Hiemit war ein modu^ vivendi zur Geltung gelangt, der für die Schweiz bei ihrer Internationalen Stellung in der Zukunft von Bedeutung werden kann.

Der Friedensschluß und der Kon^re^.

Der am 1I. Juli zwischen Frankreich und Oesterreich vorläufig abgeschlossene Frieden änderte natürlich die Situation vollständig und fezte.^ uns in die Lage. die Truppen nach und nach entlassen zu können, welche Entlassung grundsäzlich schon unterm 11. Juli ausgesprochen werden.

durste.

Die Rükkehr sämmtlicher Trnppenabtheilnngen in die HeiInath er^

folgte zwischen dem 13. und 22. Juli.

Durch Verfügungen vom 13. gleichen Monats wurde der auf Wasfen gelegte Sequester wieder aufgehoben und der auf die Ausfuhr von ^Pferden erhöhte Zoll wieder beseitigt. Ebenso traten die übrigen, im.

Jnteresse der Gränzpolizei getroffenen eidgenössif^en Maßnahmen anße.^ .Kraft und wurde die Handhabung dieser Polizei wieder den betreffender^ .Kantonen zurükgegeben.

Am Schlnsse diefer zwar kurzen, aber an folgenschweren Ereignissen reichen Kriegsepifode durfte die Schweiz sich gestehen. gegen alle betheiligten eine durchaus gleichmäßige, unparteiische, ebenso strenge als anfrichtige Neutralität beobachtet zu haben. Sie durfte in dieser Beziehung

^66 ^auf Anerkennung rechnen, ur.d es ist ihr diese auch vielfach zu Theil ge^ ^vorden.

Es wurde selbst erklärt, daß in Würdigung der von der Schweiz eingehaltenen Stellung ihr die Ehre zu Theil werden solle, die Friedens^ Konferenz bei sich aufzunehmen.

Die Abgeordneten zu dieser Konferenz traten am 6. August und den folgenden Tagen in Zürich zusammen. Die dortige Regierung traf mit großer Zuvorkommenheit alle Anstalten, um die hohen Gäste würdig und ihrem Range gemäß zu empfangen.

Die Verhandlungen der Konferenz verlängerten sich jedoch bis in den November. so daß der gleich Anfangs ergangenen Einladung zum .Besuche der Bundesstadt erst am 1.5. jenes Monats Folge gegeben wer.^ den konnte. Sowol bei diesem Anlasse, als später gegenüber ihren hohen Regierungen sprachen die Abgeordneten ihre volle Anerkennung aus für die ihnen zu Theil gewordenen Beweise der Gastfreundschaft.

.....aa^e der Schweizer in Jtalien.

Wir bedauern hier noch anführen zu müssen. daß die Bevölkerung mehrerer italienischer Städte die Stellung der Schweiz während des Krieges in einem minder günstigen Lichte beurtbeilt hat. Unsere Lands^ lente in Toskana. in Mailand, im Modenesischen wurden mehrfach be^ droht, und es kam mitunter selbst zu Tätlichkeiten. Wir haben in unserm Berichte vom 1. Juli diese ungünstigen Verhältnisse besprochen nnd dabei die Gründe erwähnt. welchen jene Gereiztheit zuzuschreiben war.

Ebenso haben wir Jhnen gemeldet, welche Schritte von uns zur Auf^ Klärung der öffentlichen Meinung und zum Schule der Schweizer in Jtalien gethan worden sind. Unsere dießfälligen Bemühungen sind nicht ohne Erfolg gewesen und späterhin sind keine Beschwerden in jener Rich^tung mehr eingelangt.

Was insbesondere die Schweizer in Venedig betrifft. so ermächtigte ^ie großbritannische Regierung auf unser dießsälliges , im Hinblike aus etwaige Kxiegseventualitäten gestelltes Gesuch in verdankenswertber Weise den Generalkonsul Jhrer Majestät in Venedig den dortigen Schweizern seinen Schuz angedeihen zu lassen.

.^chweizeritrnppen in Neapel.

Als Hauptgrund der ooen berührten feindseligen Stimmung gegen ^die Schweiz müssen die in neapolitanischen und römischen Diensten stehenden Fremdenregimenter bezeichnet werden, wenn gleich die römischen frem.den Truppen damals schon nur zum geringen Theile aus Angehörigen der Schweiz bestanden und auch nicht einmal den Namen Schweizerregi^ ^nenter mehr führten. Anders verhielt es fi.^ mit den Fremdenregimentern

167^ ^ Neapel. Jndessen waren auch hier die Kapitulationen. vermöge welcher sie seiner Zeit gebildet wurden, größtenteils schon früher ausgelaufen

und die lezte ging mit deni 15. ^uli 1.^59 zu Ende. ^iuf uns zuge-

.^ommene Berichte. daß diese Regimenter, ungeachtet ihre Kapitulationen erloschen waren und die Bundesgeseze die Bildung von Schweizerkorps.

und Anwerbung von Schweizern für fremde Kriegsdienste untersagten.

.noch die schweizerischen Abzeichen auf ihren Fahnen führten. hatten wir bereits unterin 27. Mai v. J. unfern Generalagenten in Neapel angewiesen. zuständigen Orts und konfidentiell die nötigen Schritte zu thun.

^amit die schweizerischen Wappen, zu deren Tragen nach Ablauf der .Kapitulationen die nunmehr zu bloßen Fremdenregimentern gewordenen Schweizerkorps keinerlei Befugniß Iuehr haben konnten, von den Regi^nentsfahnen entfernt würden. Hr. Menrieoffre vollzog nnlern Auftrag ..^it a^er nöthigen lln.sicht und mit Erfolg. Nicht das Gleiche kann von der Ausführung dieser Aenderung berichtet werden. Schon seit längerer Zeit scheint bei den Regimentern eine immer steigende Unzufriedenheit hinter Offizieren und Soldateu über das Verhalten der Offiziere gewaltet zu haben. ^ie .1lrt und Weife wie zu der Entfernung der alten Ab.zeichen von den Fahnen gefchritten wurde, brachte diese Unzufriedenheit ^IIIu Ausbruche und führte zu den bekannten bedauerlichen Ereignissen vom 7./8. Juli. Wir behalten uns vor, über diesen Aufstand des 1l. und 111. Regiments im Einzelnen Jhnen s. Z. ausführlichen Berieht zu erstatten. Hier können wir uns daraus beschränken, zu erwähnen, daß bei ^en gedachten Regimentern es in Folge desselben der nicht in Hast gebrachten Mannschaft freigestellt wurde, sosort ohne Rükstcht ans ihre Dienstverpflichtung heimzukehren oder ihre Dienstzeit auszudienen. .^ei ^900 Mann machten von diefem Zugeständniß Gebrauch und wurden -hiie Zögern nach Marseille eingeschifft.

Sobald wir von den erwähnten Vorsällen, über welche der Vize^gent in Neapel uns sogleich auf telegraphischem Wege Meldung gemacht .^atte. ausführlichere Naebrichten erhielten, beschlossen wir einen besondern Abgeordneten in der Person des Hrn. Nationalrath Latour nach Neapel abzusenden. welcher in seiner Jnstruktion unter Anderm angewiesen wurde, hauptfächlich dahin zu wirken, daß die bisherigen Schweizerregimentex ^veder ^ die fchweizerifchen Abzeichen noch den SchweizernaInen fernerhin führen, daß den aufständifchen Truppen volle Amnestie gewährt werde, ^Ind daß diejenigen Soldaten, deren Dienstzeit abgelaufen sei,
ohne Hinderniß sosort nach der Heimath entlassen werden ; im Weitern hatte ^r der königlichen Regierung zu eröffnen, wie lebhast die Schweiz di^ gänzliche Auslösung der fraglichen Regimenter wünsche. und daß sie bereit sei, so viel an ihr zur möglichen Beschleunigung dieser Auflösung beizu.tragen. wobei er auf Haltung der den Truppen gemäß den Kapitulationen Zustehenden Vortheile dringen sollte.

..168 Hr. Latour reiste am 16. Juli von hier ab und traf bereits i......

Genf aus die erste Abtheilung der entlassenen Mannschaft.

Nach de^ ^hier eingezogenen Erknndigungen stellte es sich heraus. daß die Entfernung der schweizerischen Fahnen zwar nicht der einzige Grund. wohl aber di^ äußere unmittelbare Veranlassung des Ausbruchs der waltenden Unzusriedenheit war, indem die Soldaten befürchteten, als gemeine Söldlinge.

und ohne den geringsten sernern Verband mit der Heimath fortdienen zu müssen, und das Gerücht sich Geltung verschafft hatte, die Regiments^ obersten hätten auf eigene Faust neue Kapitulationen abgeschlossen. De...

26. langte Hr. Latonr in Neapel an. Seine Stellung war eine schwierige.

Wir hatten zwar das königliche Ministerium schon telegraphisch von seinem Absendung unterrichtet. aber seine Ankunft wurde von gewisser Seite nicht besonders günstig angesehen , und selbst im Ministerrathe soll die Rede.

davon gewesen sein , ihm das Landen nicht zu gestatten. Sei dem wi^ ihm wolle, Hr. Latour betrat ungehindert Neapel und begann unverzüglich seine Wirksamkeit. Er versicherte stch der Unterstüznng der Gesandten von England und Frankreich. welche ihni in höchst anerkennenswerter Weife zu Theil wurde. Erst am 2. August empfieng ihn der Ministex des Aeußern. welchem er seine Begehren überreichte, die ihrem WeseI^ nach dahin gingen : 1) Die schweizerischen Abzeichen sollten von den RegiInentssahnen ent^ sernt werden.

2) Sollten die betreffenden Regimenter den bisherigen Namen : ,,Schweiz zerreginienler^ nicht serner führen.

3) Möchte dem Abgeordneten gestattet werden, von den Akten der Un^ tersnd..ung Einsicht zu nehmen, welche gegen diejenigen Schweizer^ soldaten geführt werde , die seit dein 8. Juli verhaftet feien und dieß zu dem Zweke , um beurtheilen zu können . welche von diesem Soldaten der königlichen Regierung ^ur Begnadigung und zur Ent^ iassnng in die Heiniath empfohlen werden dürften.

Nach Dämpfung des Aufstandes waren nämlich über 250 Teilnehme...

an demselben verhaftet. und gegen sie strafrechtliche Unterfuchung eingeleitet worden. ^er Generalagent Herr Meurieoffer hatte sich zwar bereits thätigs..

zu ihren Gunsten verwendet. doch war ihm der Bescheid geworden. daß .vor der .^lnfIinft des bundesräthlichen Abgeordneten die Untersuchung schwer.^ lich gefchlossen Iind
vorher an eine Beurtheilung nicht zu denken sei. ^in.

bestimmtes Begehren auf Begnadigung von vorneherein zu gellen unterließ der Abgeordnete, weil er sich überzeugt hatte, daß ein so allgemein ge^ haltenes Verlangen nicht Ausficht auf Erfolg haben würde. indem anck^ solche, die gemeiner ^Verbrechen fich schuldig gemacht , sich unter den Ver^ hasteten befanden.

4) Um uns über die legten Ereignisse unter den Regimentern wahr^ heitsgetreuen Bericht einreichen zu können, ersuchte der Abgeordnet^ um Mittheilung der Berichte, welche der königlichen Regierung vor^

16!)

den Truppenkommandanten über die Inehrerwähnten Vorfälle erstattet worden und ^) verwies er auf den schmerzlichen Eindruk, den es in der Schweiz gemacht habe , daß bei der jüngsten Bewegung in Palermo auch wieder die . S c h w e i z erxegimenter zur Niederhaltung der freien Regungen des Volkes gebraucht worden seien; ein solches Verhältnis^ scheine nicht mehr haltbar und es wäre die Schweiz bereit , ja sie wünsche. so weit es ^ihre Angehörigen betreffe, zur möglich schnellen

Auflösung desselben beizutragen; die königliche Regierung möge in

ernste Ueberlegung ziehen , ob ste in dieser Hinsicht nicht entgegen kommen könnte.

.^ Was die Entlassung der Soldaten nach abgelaufener Dienstzeit anGelangt. so hatte Herr Latour durch anderweitige Erkundigungen sich die ^Gewißheit ve. schafft. daß denselben stets sreie Wahl gelassen worden und .nie Mittel zur Anwendung gekommen seien, um sie zu neuer Dienstnahme zu zwingen. Nach den Kapitulationen stand aber dem König das Recht ^zu. während eines Krieges diejenigen, deren Dienstzeit inzwischen abgelaufen war . noch im Dienste zu behalten. Von diesem Rechte hatte nun der König mit Rüksicht auf den lezten italienischen Krieg in soweit Gebrauch gemacht, als er den betreffenden Soldaten freistellen ließ, ob sie für ein ^weiteres Jahr Handgeld nehmen wollten , nach dessen Verflnß sie unter ^Illen Umständen heimkehren könnten. oder ob sie sich für die ganze Dauer .des Krieges wollten anwerben lassen. Den Soldaten, die lezteres vor.zogen, wurde gleich nach dein Friedensschluß der ...ibschied bewilligt. Gleichivohl nahm Herr. Latour. gemäß der erhaltenen Jnstruktion, auch diesen Punkt in seine Vorstellung auf.

Der Herr Minister ging bereitwilligst auf die vier ersten Punkte ein, wobei bloß hinsichtlich de^ dritten darauf verwiesen wurde. daß die Reginienter ihre eigene Gerichtsbarkeit hätten. Jn Betreff des fünften Punktes lehnte er jedoch ein Eintreten ab und bemerkte übrigens, e^ sei das Ganze Sache des Kriegsministeriums, dem er diese Begehren vorlegen und mit^ Ausnahme des legten Punktes bestens empfehlen werde. Am 10. August erhielt endlich Herr Latour eine Audienz beim Ministerpräsidenten und Kriegsininister Fürst Satriano.

Jnzwischen hatte die Bewegung in den Resten des ll. und 11I. Regiments , die nach Noeera und Maddaloni verlegt vorden waren , sich erneuert, und besonders aber auch das bisher ruhig gebliebene ^V. Regiment ergriffen und die Stimmung der Mannschaft erregte bei der Regierung lebhafte Bedenken.

...lm 9. August hatte General Wvttenbach dem IV.

Regiment eröffnet , der Bundesrath und alle europäischen Staaten verlangten. daß die Fahnen geändert werden, und deßhalb habe der König beschlossen , aus dem Regiamente zwei Jägerbataillone zu bilden. Der größte Theil der Mannschaft soll hierauf erklärt ha.^en, daß sie von einer solchen Aenderung nichts wissen. sondern ihrer Fahne treu bleiben wollen, belasse man ihnen diese nicht, so möge man ihnen die Heimkehr gestatten....

170 Diese Vorgänge führten zur Audienz vom 10. August. Das Resultat derselben war : Die Regierung beabsichtigte für die Regimenter keine nene^ Werbungen zu veranstalten , fondern solche nur zur Bildung von Jägerbataillonen zu verwenden . hiedurch wären die Regimenter nach und nael^ aiisgestorben und an deren Stelle Jägerbataillone getreten, die keine Fahne.

führen. Natürlich protestate Herr Latour energisch gegen eine solche Ver^ schiebung ans unbestimmte Zeit. Hinsichtlich der Gefangenen gab dei^

Ministerpräsident die Erklärung ab , daß sie nach der Urtheilsfällnng je-

densalls begnadigt werden sollten.

Nachdem aber ani 11. August von Ossizieren des 1V. Regiments di^ Erklärung ^abgegeben worden w a r , daß sie für niebts mehr gut stehen könnten , entschloß sich der König , in die Auflösung der Regimenter zr^ willigen und so unserm Hauptbegehren zu entsprechen. Die .^lrt und Weife, wie der Ministerpräsident von dieser Entschließung Herrn Latour verständigte, ließ Leztern befürchten. daß man sich der Ansprüche, welche di^ Truppen gemäß den Kapitulationen zu Inachen berechtigt waren , zu entziehen suchen möchte, besonders da die Abreise des 1V. Regiments scho^ aus den 1 5. August festgesezt wurde.

Er that daher Schritte , dainit iI.^ eine zu eilige Abreise von Seite des Regimentskoniniando's nicht gewilligt..

vor Altem aber die Entwaffnung nicht. zugegeben werde, bevor Alles vollständig geregelt sei nach Maßgabe eines Dekrets vom König Ferdinand 11^ vom i 4. März 1855, welches für ...en Fall einer Auflösung der Regi^ niente^ vor dem Ablaufe der Kapitulationszeit. möge dieselbe aus i r g e n d w e l c h e m G r u n d e erfolgen, die zu erteilenden Vergütungen und Rük^ zugsgehalte feftaefezt. Die Befürchtungen waren nicht nnbegründet. Wirklich stellte der Ministerpräsident gegen Herrn Latour die Behauptung auf. das Dekret könne deshalb nicht Anwendung finden, weil die königliche Regierung gezwungener Weife zur Auflösung schreiten muffe. Die Schritte unseres Abgeordneten hatten jedoch die Folge . daß der .^.önig verfügte, es solle bei der Abdankung dern oben erwähnten Dekrete nachgelebt werden.

Jm Weitern wurde der Aiiflösnngsbeschluß anch aus das 13. ^ägerbataillon ausgedehnt, da anch bei diesen Kundgebungen erfolgt und die Entlassung verlangt worden war.

So hatte denn Herr Latour den Zwek seiner Sendung in allen Beziehungen erreicht. Freilich wurde von Offizieren, die den Fortbestand der Regimenter wünschten , ^llle^ aufgeboten , um den ^luflöfungsbefchluß rükgängig zu machen ; sie wurden aber anf den Bericht des Jnspektors der Schweizertruppen verwiesen, worin General Nnnziante sich dahin aussprach..

daß die Regimenter keinen Halt mehr hatten und überall nur der Wunsch uach Auslösung und Heimkehr sich kund gab. -... Jn der That verlangten die ineisten Soldaten den Abschied und schon am 2l. August ging die

Einschiffung des 1V. Regiments vor sich . welchem bald auch die Mann^

schast der übrigen Regimenter aus Palermo,

folgte

Noeera und

Maddaloi^

i7^ Die königliche Regierung erfüllte getreulich die eingegangenen Verpflichtungen in Beziehung ans die durch oben erwähntes Dekret zugesicherter^ Resormentschädigungen. Die Soldaten mit weniger als 10 Dienstjahrer...

.erhielten eine vollständige Jahresiöhnung ausbezahlt. denjenigen mit längerer Dienstzeit wurden drei Monate Löhnung ausgerichtet und die Verwaltungsxäthe der ausgelösten Regimenter mit der Liquidation der dieser Kategorie zukommenden Pensionen beauftragt. Die Liquidation ist indessen ungeachtet der eifrigen Bemühungen unseres Abgeordneten für ihre Beschleunigung noch nicht zu Ende geführt und deren Ergebniß noch zu gewärtigen. Einzig.

für die gleich nach dem Aufstande entlassene Mannschaft wollte eine Ver-

bindlichkeit zu gleicher Behandlung nicht zugestanden werden. weil dieselbe^ freiwillig ihre Entlassung verlangt und die königliche Regierung dadurch.

jeder Verpflichtung entbunden habe. Wir haben zwar zu ihren Gunsten uns verwendet. bisher aber ohne Erfolg. Auch die Zusage, daß die an^ Aufstande Betheiligten begnadigt werden sollten, fanden ibre Erfüllung un.d in der Folge wurden fäinIntliche Angehörige der ehemaligen Schweizer.reginienter, die früher schon wegen verschiedener Vergehen vernrtheilt worden.

waren , der Hast und in die Heimath entlassen , so daß gegenwärtig unseres Wissens keine Schweizer mehr in neapolitanischen Gefängnissen sich befinden.

Nur ein kleiner Theil der aufgelösten Regimenter, namentlich Osfiziere . konnte in Neapel zurükgehalten werden. Wir sorgen dafür, das^ a^eh diesen das Gesez über die Werbung und den Eintritt in fremder^ Kriegsdienst. welches Sie .^.. 30. .^....nn.onat erlassen haben, zur Kenntnis^ gelange.

Nachdem die dringendsten Geschäfte. welche unserm Abgeordneten anffielen, so viel an ihm ihre vorläufige Erledigung gefunden hatten , kehrte e.r Mitte Dezember auf Erlaub zurük und die Fortführung der weiter nöthigen Verhandlungen wurden interimistisch dem Herrn Generalagenten übertragen. Wir können diesen Abschnitt ni.^t schließen, ohne Herrn Latour , wie dem Generalagenten Herrn Meurieoffer , sür die Umsicht und Thätigkeit . wele^e sie in dieser schwierigen Angelegenheit an den Tag gelegt haben^ unsere volle .Anerkennung auszufprechen.

Das nentralif.irte Savo^en.

Jn engein Zusammenhange mit den .^l.enischen Verhältnissen i.in^ deren Gestaltung nach dem Friedensschluß zu Villafranea standen ferner unsere Beziehungen zn dem neutralisirten Theile Savovens. Wir haben schon oben den Standpunkt entwikelt, von welchem aus wir unsere Rechte .und Pflichten in Beziehung anf diese Landschaften auffaßten ; wir haben ferner der Unterhandlungen erwähnt , weiche von uns mit Sardinien gepflogen wurden z^ dem Zweke , die Bedingungen zu regten, unter dene^ ..inr eventuelle Bese..ung .der fraglichen Gebietstheile durch eidgenössisch^ Truppen bewerkstelligt und durchgeführt werden sollte.

^72 Die Möglichkeit einer Abtretung Savovens an Frankreich hatte uns frühzeitig beschästigt. Schon am 28. Jänner 1859 wurde unsern Ver^ tretern in Paris und Wien die Stellung der Schweiz zu Savo^en ver^traulich in Erinnerung gebracht und sie zum aufmerksamen Verfolgen diefer Frage eingeladen ; eine Verlezung der Neutralität unserer Gebiete von der .einen wie von der andern Seite besorgten wir weniger , wohl aber . daß infolge einer. gewaltsamen Lösung der italienischen Frage Savor^en an Frankreich abgetreten werden dürfte, wodurch Genf fehr gefährdet würde.

Wir nahmen zu aller Vorsorge rechtzeitig auch darauf Bedacht, eine Denk.^ schrift über die Verhältnisse Savovens zur Schweiz vorzubereiten, uIn solche im geeigneten Momente den Regierungen der Staaten , welche im Jahr .^ 1815 die schweizerische Neutralität, also auch die Stellung der neutrali.firten Provinzen gewährleistet haben, mitzutheilen.

Bald traten bestimmtere Anzeichen hervor, daß der Anschluß S.ivo^ens an Frankreich in Frage kommen dürfte, und wir ermangelten daher nicht...

unterm 29. Juni unfern Minister in Paris offiziell anzuweisen. auf die .Besorgnisse der Schweiz in dieser Richtung an geeigneter Stelle auf^erks.m .zu machen. Wir verwiesen auf die fachbezüglichen Bestimmungen der Akten von 1815 .und unterließen^nicht, auch der altern Verträge (von 1564 ^und 1603) zu erwähnen. deren Bestimn.ungen nachweisbar mit ein Motiv bildeten im TIIrinervertrage von 1816, die ältern Verträge ansdrüklich zu bestätigen. Wir hoben hervor, wie durch ^ Vereinigung Savo.^ens niit Frankreich alle diese fchüzenden Bestimmungen für die Schweiz illusorisch würden, wie Genf al.... Stapelplaz des ganzen Bassins des Pa.^de Gex und des obern Savo^ens sich als unabhängiger Staat auf die Dauer nicht halten könnte, durch di^ französische Zollinie ^rdrükt würde, und wie eine militärische Verteidigung desselben i^urch die Schweiz nicht mehr möglich wäre, weil wir faktisch kein^ militärischen Rechte mehr in Savo...en besizen würden. Wir betonten besonders, daß die Schweiz k e i n e s w e g s l ü s t e r n nach Ge b ie t s e r w e r b un^u sei, daß ab^r , wenn Befizän^ dernngen mit S...vonen vo... s..^ ^^ ^e.^ sie im I n t e r e s s e d e r Sicherheit und^esVollb^.st.^d.^.^s b i s h e r i g e n G e b i e t e s verlangen müßte, daß der .^..^ .....^ ....^ .^avo^n
nicht mit Frankreich, sondern mit der Schweiz vereinigt we-d.^ Abgesehen von diesen Anregungen zo^ .^ a^ere. durch den italien.sehen Krieg herbeigeführt^ Kombination nufere .^u^erksanikeit aus sich.

Jn den Friedenspräliminarien vou Viilasr...n^ war unter anderm ^.iuch die Rede von d^ Bi^u^ .^.^ it^uis.^n Konföderation. Die Verwirklichung dies^ .^oj..k^ berührte eventuell. auch unsere Rechte und Jnteressen gegenüber Savo^en ^ fo^ n.i^uiich .^ie fa..dinische Regierung aiich für die der schweizerischen Nentr^it.it einverleibten Gebietsteile einer Dolchen Konföderation beigetr.^u n^d iu ^ol^.^ Dessen andere konföderirten Staaten Jtaliens ix^.^ud w.^^ .uiii^.-is^.. P siich.en und Besiignisse in Bezug auf das neutraiisir^ .Savo^n eingeräumt worden wären.

173 Wir suchten bei den Regieruugen Frankreichs, Oesterreichs und Saxdiniens Aufschluß über die in dieser Richtung waltenden Absichten zu er.halten. Der französische Minister Graf W a l e w s k i äußerte am 12. August sich gegen unfern Gesandten bestimmt dahin, es werde steh an der .^onserenz in Zürich noch nicht darum handeln können, des Nähern auf die Bildung eines italienischen Bundes einzutreten; sollte es sich aber später einmal darum handeln, so w e r d e k e i n e der Mächte die A b s i c h t h a b e n , d i e S t i p u l a t i o n e n v o n 1 8 l 5 , f o w e i t s o l c h e sich a u f die N e u t r a l i f i r u n g der sa v o^ Ischen G e b i e t s t h e i l e b e z i e h e n , zu .^nahe zu t r e t e n . Von Seite Oesterreichs wurde bemerkt. daß die Frage .^ bei den Friedensverhandlungen nicht zur Sprache kommen könne und die Schweiz immer noch Gelegenheit haben werde, ihre dießfälligen Rechte ^durch eine Erklärung zu wahren, .wenn einmal die betheiligten italienischen Regierungen zu Unterhandlungen über die Konföderation zusammentreten würden. Sardinien ließ die Anfrage unerledigt, hinwieder machte der far^dinifche Ministerresident unferrn Präsidium die Eröffnung, daß von der königlichen Regierung unterm 6. August ein Memorial an die Mächte er.lassen worden sei, in welken. die Gerüchte über die Abtretung Savov.eus ^.an Frankreich widerlegt werden.

Unbeirrt durch diese Erklärungen widmeten wir fortwährend der Savov.erfrage unsere volle Aufmerksamkeit. Die Ausarbeitung der oben berührten Denkschrift über die Beziehungen der Schweiz zu diesen Landschaften wurde so befördert, daß wir am 30. September dieselbe genehnIigen konnten. Die vertrag^rechtlichen Verhältnisse werden darin, nach ^orausgeschikter einläßlicher Erörterung, solgendermaßen zusammengefaßt: 1) Die betreffenden favov.ifehen Provinzen, welche in dem Wienerprototolle vom 29. März und in dem zweiten Pariserfrieden bezeichnet erscheinen, find der schweizerischen Neutralität einverleibt.

Alle Mächte, welche die Verträge von 1815 unterzeichnet haben, sind

verpflichtet, diese Neutralität zu achten.

2^ Die Schweiz ist bereinigt. bei ausgebrocheneIn oder nahe bevorstehendem Kriege zwischen benachbarten Mächten die neutralisirteu Provinzen Savovens militärisch zu besezen und die dort befindlichen sardinischen Truppen haben sich aus denselben zurükzuziehen.

3.^ Wenn für den Rükzug der sardinischen Truppen der Weg durch das Wallis erforderlich ist, so ist die Schweiz verpflichtet, denselben den Durehmarsch zu gestatten.

4) Laut dem Wienerprotokolle vom 29. März 1815 steht der Schweiz

die Handels- und Militärverbindung zwischen Gens und dem Wallis durch die sogenannte SiInplonstraße (durch das Ehablais) in gleicher Weise zu, wie solche in der^Wienererklärinig voin 20. März auf der (damals noch zu Frankreich gehörenden) Straße von Versoix für die Verbindung zwischen Genf und der Waadt von Frankreich zugestanden wurde, d. h. daß die Straße j e d e r z e i t frei bleibe. daß daselbst weder Posten noch Reisende, noch Warensendungen mit

^ndesblau Jahrg. XII. Bd. Il.

17

174 irgend einer Douanenuntersuchung belästigt oder irgend einer Gebühr unterworfen werden und daß der Durchmarsch der Sehweizertruppen keinerlei Hindernisse leiden darf.

Daß die Straße von Versoix später ganz unter schweizerische Hoheit gelangte, ändert an dein für die Ehablaisstraße ftipiilirten

Verhältniß natürlich nichts.

Das in dem gleichen Protokolle stipulirte sreie Durchzugsrecht der Gensermilizen nach dem Mandement von Jussr,. ist dagegen in Folge der spätern Desenelavirung dieses Bezirks dahin gefallen.

Hinwieder sollen laut Art. 8 des Turinervertrages die Handelst verbindungen zwischen den Provinzen von Savor^en durch das Gebiet von Gens zu allen Zeiten frei sein , vorbehalten die Polizei^ maßregeln, denen die sardinischen Unterthaneu, gleich den Genferu selbst, unterworfen werden.

Dazu kommen die speziellen Stipulationen des Wienerprotokolles.

vom 29. März, bezüglich des freien Transits vom Hasen von Genua her über die Simplonstraße in ihrer ganzen Ausdehnung durch

Wallis und Gens.

5) Gleich wie auf der Seite gegen das Pa..s de Gex die französische Douanenlinie von der Schweizergränze zurükgezogen ist, so sind in Folge des Pariserprotokolls vom 3. November 1815 und Art. 3 des Turinervertrages auch die fardinifchen Zollstätten von der schweizerisch-genferischen Gränze weg verlegt worden (zollfreie Zone).

Laut Art. 4 des Turinervertrages ist ferner der Ausgang aller für den Verbranch der Stadt und des Kantons Gens bestimmten Lebensmittel ans dem Herzogthum Savor^en jederzeit frei und keinen Abgaben unterworfen, allgemeine Verwaltungsmaßregeln vorbehalten.

die bei eintretendem Mangel in den eigenen Staaten die Regierung Sr. Majestät angemessen erachten würde.

Jn dem Handelsvertrage zwischen der Schweiz und Sardinien vom 8. Juni 1851, der auf eine Zeitdauer von zehn Jahren ab^ geschlossen wurde. sind über die in obigen Artikeln 4 und 5 berührten Zollverhältnisse einige nähere Bestimmungen festgestellt wor..

den. die mit Ablauf des Vertrages natürlich wieder dahinsallen.

.^) Nach den durch Art. 23 des TiIrinervertrages neu bestätigten Verfügungen der alten Traktate soll die Schweiz die Waadt und das Haus Savoven das Ehablais, Faneignv und Genevois, der Erhaltnng guter Nachbarschaft wegen, an keinen dritten Herrn abtreten oder veräußern.

Beide Theile sollen in diesen ihren angränzenden Gebieten keine neue Befestigungen gegen einander bauen . und innerhalb einer Meile Weges gegen die Grenzen keine Kriegsrüstungen sammeln. noch halten.

17^ Jin Umkreise von vier Stunden von Genf soll das Haus Savopen kein Kriegsvolk versammeln, keine Garnisonen halten un.^ keine Festungen anlegen. (Ein ähnlicher Schuz ward in dem zweiten Pariserfrieden zu Gunsten der Stadt Basel auf der Seite gegeu Frankreich stipulirt.)

Ferner berührt die Denkschrift die geographische Lage, die politischen und militärischen Betrachtungen, welche für die von uns geltend gemachte ^..luschauung sprechen und uns zu dem Schlusse führten: ,,Daß die Schweiz und die übrigen, bei den europäischen Ver. ,,trägen beteiligten Mächte sehr hohen Werth darauf sezen müssen^ die ,,bestehenden Rechte und Beziehungen zwischen der Schweiz und Savoven ,,sorgfältig ausrecht zu erhalten und darüber zu wachen, daß sie in ,,keiner Weise eine Schmälerung oder Gefährdung erleiden.^ Jn grellem Widerfpruche mit den gegentheiligen Versicherungen der offiziellen Organe stand eine Nachricht aus zuverlässiger Ouelle, die im Lause des Monats Oktober uns zugegangen ist, und deren hier beiläufig zu erwähnen wir uns nicht enthalten können. Nach derselben wnrde nämlich schon vor dem Einmarsche des französischen Heeres in Jtalien ein Vertrag unterzeichnet, in welchem Sardinien einwilligte, Savoven und Nizz..^ an Frankreich abzutreten, wenn die Vergrößerung Sardiniens auf der^ Befiz von eilf Millionen italienifcher Unterthanen angestiegen fein werde, in welchem Falte Sardinien auch die Kriegskosten an Frankreich vergüten sollte. Jn Savoven selbst, vorzugsweise im südlichen, nach Frankreich abfallenden Theile , zeigten sich die Anfänge einer Agitation sür die fpätex in Gang gebrachte .^nnexionsbewegnng.

Am 10. November wurde in Zürich der zwischen den Konferenzbe^ollmächtigten der dr^i Staaten vereinbarte Friedensvertrag unterzeichnet.

Der Zusammentritt eines europäischen Kongresses, welcher den stattgefundenen Gebietsänderungen die Sanktion zu ertheilen härte, stand nun ix^ unmittelbarer Aussicht und es war anzunehmen. daß seine nächste Ausgabe darin bestehen werde, die italienischen Verhältnisse im Allgemeinen zu ordnen, mithin auch die in den Präliminarien von Villafranea vorgesehene Bildnng eines italienischen Staatenbundes zu behandeln. Der Augenblik war also gekommen, wo die Schweiz ihren Besorgnissen in Beziehung auf das neutralifirte Savo^en offiziellen Ausdrnk zu verleihen nicht länger säugen
durfte Trat der Kongreß wirklich zusammen , so war es für die Eidgenossenschaft von höchster Wichtigkeit, daß kein direkt ihre Jnteressen berührender Gegenstand ohne ihre Mitwirkung behandelt werde, zumal eine ohne die Zustimmung der Schweiz getroffene Aenderung in unsern vertragsmäßigen Verhältnissen zu den neutralisirten Provinzen für sie rechtlich nicht verbindlich sein konnte.

Dem gemäß richteten wir an die Mächte, welche die WienerkongreßeIkte unterzeichnet haben, untern 18. November und unter Beilegung der

176 .mehrerwähnten Denkschrift eine Rote, die ihrem Wesen nach folgender Maßen lautet: ,,So entfernt der schweizerische Bundesrath davon ist, in Verhand...

Jungen sich zu mischen, die nur die Jnteressen dritter Staaten berühren.

so sehr. muß er dagegen darauf halten , daß, wenn bei solchen Verhand^ langen bestehende völkerrechtliche Beziehungen der Schweiz berührt werden,.

er ebenfalls angehört und zur Mitwirkung berufen werde.

,,Bestehende völkerrechtliche Beziehungen der Schweiz werden aber betroffen, wenn eine italienische Konföderation wirklich gebildet werden un^ Sardinien auch mit den in der schweizerischen N e u t r a l i t ä t be.

g r i f f e n e n Theilen S a v o v e n s i n d i e s e l b e t r e t e n sollte.

,,Die bestehenden Stipulationen bestimmen nämlich : ,,Daß, so oft die der Schweiz benachbarten Mächte sich im Zustande wirklich ausgebrochener oder unmittilbar bevorstehender Feindseligkeiten be...

finden werden , die Truppen Sr. Majestät des Königs von Sardinien, welche altfällig in den neutralsten Provinzen stehen möchten , sich zurükziehen, und dafür, wenn es nothwendig ist, ihren Weg durch da.^ W a l l i s nehmen können; daß k e i n e a n d e r n b e w a f f n e t e n T r u p p e n i r g e n d einer Macht sich dort aufhalten oder durchziehen können, mit Ausnahme derjenigen, welche die s c h w e i z e r i s c h e E i d g e n o s s e n s c h a f t daselbst auszustellen für gut finden würde.

,,Es fällt nun in die Augen, daß die Stellung der neutralisirteu savo^ischen Provinzen zur Schweiz wesentlich verändert wird, wenn dieselben mit in die italienische Konföderation gezogen werden. Denn es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß diese Konföderation nicht bloß politische und kommerzielle, fondern vorzüglich auch die Inilitärifchen Jnteressen Jtaliens vereinigen wird. Sollten nun wirklich K o n f ö d e r a t i o n s t r u p p e n j.e in die neutralisirten Provinzen verlegt werden oder dafelbft sich aufhalten .dürfen .. Werden solche Truppen auch das Rükzugsrecht durch das Wallis in Anspruch nehmend Welche militärischen Befugnisse, z. B. bezüglich der .Anlage von Festungen, sollen der Konföderation in den neutralistrten Pro^ vinzen eingeräumt werdend ,,Diese Fragen find für die Schweiz um so bedeutungsvoller , als auch Staaten ersten Ranges an dem italienischen Bunde Theil nehmen
sollen, auch deren Truppen also bezüglich auf Savov.en in die nämliche Lage kämen, und als in den vertragsmäßigen militärischen Beziehungen der Schweiz zu Savo^en überhaupt, sie künftig nicht bloß dem bisherigen Königreiche Sardinien, sondern der gesammten italienischen Konföderation ^. i. einer Macht ersten Ranges gegenüber stehen würde.

,,Der schweizerische Bundesrath weiß zwar wohl, daß die bestehenden vertragsmäßigen Verhältnisse zwischen der Schweiz und dem neutralisirteu Savo^en ohne Einwilligung der Schweiz rechtlich nicht verändert werden können und er ist auch vollständig überzeugt, daß die Mächte diesem Grund^ saze ihre Anerkennung nie versagen werden. Allein durch die Theilnahm...

177 .^ener Provinzen am italienischen Bunde würde die t a t s ä c h l i c h e Lage .wechselseitig sehr verändert und in Fragen der Stellung und Befugnisse .eines italienischen Bundes gegenüber den neutralisierten Provinzen und der Schweiz müßten abweichende Auslegungen und Konflikte unausbleiblich sein.

Selbst ein ausdrüklicher Vorbehalt der bestehenden Rechte der Schweiz.

würde solchen Konflikten nicht vorbeugen ; es muß vielmehr , wenn die rieutralisirten savovischen Provinzen am Bunde wirklich Theil nehmen sollten, das Verhältniß zwischen der Schweiz und dem Bunde auf v e r t r a g s . m ä ß i g e m Wege von vornherein sehr genau und schars bestimmt werden.

,,Der schweizerische Bundesrath, im Namen des Landes. das ex . vertritt. muß deßhalb an die Mächte das gerechte Verlangen richten, daß..

.wenn an dem bevorstehenden Kongresse die Bildung einer italienischen Konsöderation verhandelt werden und diese leztere auch die in der schweizerischer^ Neutralität begriffenen Theile Savov.ens umfassen soll, die Schweiz, s^ weit es ihre Beziehung zu dem neutralisixten savo.^ischen Gebiete betrifft ,.

zu den Verhandlungen zugelassen werde.

,,Es könnte bei gleichem Anlasse auch eine andere Frage der savo^ischeu Neutralität einer nähern Feststellung unterworfen werden , nämlich ob die in den neuern Jahren angelegte Eisenbahn von Euloz nach Ehambery fernerhin zu dem nentralisirten Gebiete gehörer. solle. Durch eine dießfällige bestimmte Fassung würden für die Zukunft abweichende Auslegungen beseitigt und Reklamationen und Vorwürfen gegen die Schweiz vorgebeugt, die leztes Frühjahr hie nnd da laut werden wollten , als sie eine Pflicht nicht anerkennen wollte , die Benuzung genannter Eisenbahn durch französische Truppen zu verhindern...^ Auf diese Note ist uns nur von Oesterreich (unterm 7. Dez. 1859) .und Großbritannien (unterm 12. Januar lezthin) eine bestimmte Zusicherung geworden , daß sie , im Falle die Sache bei einem Kongresse wirklich zur Sprache kommen sollte , sich unserer Rechte kräftig annehmen werden. Der Umstand . daß die Verhandlungen über den Zusammentritt des projektirten Kongresses sich zerschlugen , erklärt das Ausbleiben weiterex Zusicherungen hinreichend. Was serner in Sachen geschehen ist,

sällt in das Geschäftsjahr 1860, es ist also hier nicht der Ort, den...

seitherigen Verlauf der für die Schweiz fo hochwichtigen Frage zu folgen.

.^ess^ner Biisthn..nssra^.

Unser Geschäftsbericht über das Jahr 1858 widmet dem Gang...

dieser Angelegenheit eine ausführliche Darstellung . nach welcher weitere Schritte bei dem heiligen Stuhle als voraussichtlich nnzlo^ und mit de.^ Stellung der Eidgenossenschaft als freier und unabhängiger Staat unver^ träglich betrachtet werden mußten. Vor unserer Botschaft vom 15. Juni I859 änderte sich die Sachlage in so weit, als auch der Erzbischoff von ^ .Mailand, laut Anzeige der Tessiner Regierung vom 17. Mai mit Tod.

l 78 ^bgieng und ein Generalvikar während der Sedisvakanz in der PersoIr des Monsignor Eaeeia Dominion^ bestellt wurde , welchem die Regierung jedoch das Plazet verweigerte und jede Dienstverrichtung im Kanton bis zur Erledigung der Trennungsfrage untersagte. Unsererseits ersuchten wir den päpstlichen Geschäftsträger um Suspension der Wahl eines neuen Erzbischofs und eventuell um Einrüknng eines Vorbehaltes in die Ernen^nngsbiille, wie wir solches auch bei der Erledigung des bischöflichen Stures zu Eonio gethan hatten , und stellten übrigens einen Entscheid der Bnndesversammlung in Aussicht. Unterm 30. Mai erwiderte der Geschäfts^ .träger unsere Eröffnung dahin, daß weder durch die bereits erfolgte Be^ zeichnung eines Generalvikars, noch durch eine etwa vorzunehmende Wahl ^.

des Erzbifchoss der Lösung der Frage vorgegriffen werden sollte ; er be^ Dauerte den Beschluß der Tefstnerregierung , welcher dem Generalvikar die Ausübung seines Amtes untersagte und ebenso die von uns demselben ge.währte Billigung und verwahrte stch gegen diese Entschließungen , in welchen ...r eine Verlezuiig der Prinzipien der katholischen Kirche und der Rechte des .heiligen Stuhles erbliken müsse. Dabei sprach er übrigens die Erwartung aus, daß der Bundesrath nur versöhnliche und zwekdienliche Anträge der Bundesversammlung vorlegen und diese selbst jede Entscheidung vermeiden werde, die weitere Verhandlungen unmöglich machen würde. Jn einer .weitern Note vom II. Juni verwahrte sich der Geschäftsträger endlich ge^ gen eine Angabe im Geschäftsberichte von 1858, nach welcher der heilige Stuhl hinsichtlich der tesfinischen Bisthum.^angelegenheit die früher gestellten Bedingungen znrükgezogen und seine Forderungen in Betreff der Trennung .erhöht hätte; die römische Kurie, bemerkte er. werde vielmehr stets bereit ^ein, ans Grundlage der von ihm unterm 11. Juti 1856 und l3. Febr.

1858 gemachten Eröffnungen in Unterhandlung zu treten.

Aus unsere Botschaft vom 15. Juni 1859 erklärten Sie durch BeSchluß vom 22.,^25. Juli jede auswärtige Episkopaljurisdittion aus Schweizergebiet für aufgehoben und beauftragten den Bundesrath mit den zur Durchführung dieses Beschlusses nöthigen Verhandlungen. Hierdurch trat ^ie Frage in ein neues Stadium. Es mußte sich nun zunächst^ uni die Aufstellung von Generalvikarien für die durch jenes Gesez
betroffenen Ge..

genden handeln. Wir beeilten uns daher, den Regierungen von Gran...

Bünden und Tesstn , wie auch derjenigen von Wallis davon Kenntniß zu ^geben, lezterer mit der Anfrage. ob im dortigen Kantone noch einzelne .Gemeinden (z. B. St. Gingolp^ etwa unter savor^ischer bischöflicher Gerichtsbarkeit stehen. Ebenso theilten wir unternI 17. August dem päpst^ Wichen Geschäftsträger das Gesez mit und ersuchten ihn, zuständigen Ortes .dahin zn wirken , daß für die Bezeick.nnng von Generaivikarien für die .bis anhin mit den Diözesen Eomo und Mailand verbundenen schweizerischen .Gebietstheile das Erforderliche vom heiligen Stuhle verfügt werde. Wix knüpften hieran das weitere Begehren. zur desinitiven Re.giitirung der neuen ..^piskopalverhältnisse Hand bieten zu wollen, zu welchem Ende wir di^

17^ Abhaltung von Konferenzen als das nach unserer Anficht zwekdienlichst...

Mittel vorschlugen.

Von Wallis wurde uns unterm 14. Oktober die Erwiderung, daß ^die Ortschaft St. Gingolph die einzige Gemeinde des Kantons sei, welche .nicht zunI Sprengel von Bitten, sondern zum Bisthum Annech gehöre.

Die Gemeinde wünsche die Trennung nicht; sollte man aber auf dieser bestehen . so müsse sie auch die Ausscheidung der dem walliser und dem savo^ifchen Theile der Ortschaft gemeinsamen Kommunalgüter verlangen.

Unter solchen Umständen halte die Regierung dafür, daß gegenüber dieser ^.Gemeinde von der Abtrennung Umgang zu nehmen sei. Wir konnten auf ^ diese Anschauungsweise nicht eingehen, da es sich hier nicht um eine pro.jektirte Trennung der Gemeinde und um Anhörung ihrer Wünsche handelte, sondern um die Vollziehung eines Bundesbeschlusses, dem zufolge die Einverleibung von Schweizerisch-St. Gingolph in ein schweiz. Bisthum statt^ zufinden hat. Die Regierung wurde daher eingeladen , sowohl über die spirituellen, als die temporellen Verhältnisse der Gemeinde St. Gingolph nähere Aufschlüsse zu geben, welche zur Zeit aber noch ausstehen.

Jn Sachen der lombardischen Bisthinner erklärte sich die Regierung .von Tessin mit dem gegen den päpstlichen Geschäftsträger vorgeschlagenen weitern Verfahren einverstanden, mit dem Beifügen, daß wenn eine Konserenz zu Stande kommen sollte, sie dabei sich vertreten lassen werde.

Erst nachdem wir die Möglichkeit , eine Konferenz auch ohne Theilnahine der geistlichen Gewalt abzuhalten, in's Auge gefaßt und einerseits die Betheiligten Regierungen zur Vernehmlassung eingeladen, in welcher Weife die Dotationen zu geschehen hätten u. f. w., andererseits am 8. Nov.

ein Erinnerungsschreiben an den päpstlichen Geschäftsträger gerichtet hatten, ließ stch dieser zu einer Beantwortung unserer Note vom 17. August herbei, indem er mit Schreiben vom 28. Nov. berichtete, der heilige Vater könne nicht unihin, gegen den Bundesbeschluß vom 22.^25. Juli Verwahrung

einzulegen, da derselbe die Rechte beeinträchtigte, welche Sr. Heiligkeit

vermöge seiner souveränen Machtvollkommenheit über die ganze Kirche zustehen; gleichwohl wünsche der Papst zum Wohle der schweizerischen Katholiken , so viel an ihm, beizutragen und habe sich im Vertrauen, daß die herwärtigen Behörden ihm die freie .Ausübung seiner Macht möglich zu machen wissen werden, bereit erklärt, nicht nur über die Regelung der geistlichen Verwaltung im Kanton Tessin sich zu verständigen, fondern auch.

in die mehrmals angebotenen Unterhandlungen über alle übrigen geistlichen Angelegenheiten zu treten, welche eine beförderliche und wirksame Erledigung.

erheischen. Von der am 7./29. Juli 1857 ihm mitgetheilten Erklärung

^er Regierung von Graubünden , den beiden Gemeinden Posehiavo und Brusio Ersaz für die im bisherigen Bisthnmsverbande genossenen Vor^ theile zu verschaffen zu suchen , habe der .heilige Stuhl Akt genommen, und es finde sieh hierdurch eines der beiden Bedenken gegen die Trennung derselben gehoben.

.180 Diese Note wurde den Ständen Graubünden und Tesstn mitgetheilt ^.und sie zur Befchikung einer Konferenz mit dem Vorsteher des Departe^ ments eingeladen, zur Besprechung über die anzustrebenden, definitiven Bisthumseinrichtungen und die Erledigung der Temporalienfragen.

Durch den Frieden von Zürich waren inzwischen die Bisthümer Eomo

und Mailand definitiv unter sardinische Botmäßigkeit gelangt. Mit Rük^ ficht hierauf erachteten wir es von Wichtigkeit^ daß die königliche Regierung

sowohl vom Bundesbeschluße über die Aufhebung der auswärtigen Epis^ kopaljurisdiktion, weicher nunmehr gegenüber Sardinien nicht nur die kleine, zum Bisthum Annech gehörende Parzelle im Kanton Wallis betras, als auch vom jezigen Stande der Unterhandlung unterrichtet ^..erde. Es.

geschah dieß am 30. November mit dem Ersuchen, zu den für die Tempo^ ralienfrage erforderlichen Verhandlungen Hand zu bieten und überhaupt zum Abschlusse der Angelegenheit sreundnachbarlich mitzuwirken.

^.olIe^iini.n Borromaun..

Durch Beschluß vom 2.5. Juli I856 hatten Sie den Bundesrath beaustragt, die Ansprüche der bei dieser Stiftung interessirten Kantone zum Zweke einer Auslösung der bestehenden Rechte, so weit an ihm, zu unter^ stüzen. Beinahe gleichzeitig hatte jedoch die kais. Oesterr. Regierung Ver^ sügungen getroffen, damit die Aufnahme von 24 schweizerifchen ZöglingeI...

im Seminar zu Mailand ohne Hinderniß in der vor 1848 üblichen Weise stattfinden könne. Da nun die meisten betheiligten Kantone sich hiedurch zufrieden gestellt erklärten, und die Oesterr. Regierung einer Auflösung sich durchaus abgeneigt bezeigte, so ließen wir die Sache, wie wir im Ge^ schäftsberichte von 1857 bemerkt haben, bis auf Weiteres aus sich beruhen.

Den Uebergang der Lombardei an Sardinien betrachteten wir al^ einen günstigen Moment für die Wiederaufnahme von Schritten zur Vollziehnng des oben erwähnte^ Auftrages. Ueberdieß wurde der Gegenstand von mehreren Ständen wieder in Anregung gebracht, und wir säumten daher nicht , die Sardinische Regierung damit zu behelligen. Unterm 9. Sept. übermachten wir der königlichen Gejandtschast eine ausführliche Denkschrift über den Eharakter der auf das Kollegium BorroInäum den schweizerischen Ständen zukommenden Rechte und verbanden damit die Eröffnung. daß man fchweiz. Seits auf den Fortgenuß der fraglichen Frei^ stellen, sofern dafür eine angemessene Entschädigung geleistet würde. zu verzichten geneigt und bereit wäre , dießfalls bestimmtere Unterhandlungen

zu pflegen und auf ein billiges Abkommen in dieser Richtung sich einzulassen. Eine Antwort der Sardinien Regierung erfolgte erst irn lau^ senden Jahre durch Note der hiesigen Gesandtschaft vom l 1 . Januar.

Da die Hindernisse, welche der Aufnahme von fchweiz. Zöglingen im Seminar zu Mailand in jüngster Zeit entgegengestanden , nunmehr gehoben seien , so müsse sich die königliche Regierung an das zwischen der Eidge^..

181 uossenschast und Oesterreich im Jahr 1842 getroffene UebereinkoI.nmeu halten und die 24 Freistellen der schweizerischen Behörde zur Verfügung belassen ; auf eine Auslösung könne sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht eintreten.

^ranz.oerhaltnisse.

Jm Geschäftsberichte von 1858 konnten wir Jhnen anzeigen, daß.

die Oesterreichische Regierung Kommissäre ernannt habe, um niit schweizexischen Abgeordneten , die 1ängs der graubündnerischen Gränze streitigen.

Punkte zu begehen und wo möglich eine Vereinbarung herbeizuführen.

Die Gränzbegehung fand im Laufe des verwichenen Septembers statt, hatte ^ aber nur in Bezug ans die Gränze im Münsterthale eine Verständigung zur Folge. Wir haben die Ergebnisse der bezüglichen Verhandlungen mit^ Spezialbericht vom 23. Dezember 1859 Jhnen unterbreitet, und es hat das Protokoll über Regnlirung der Münsterthalergränze unterm 12.,^18.

Januar lezthin Jhre Genehmignng erhalten , von Seite der österr. Regierung ist jedoch eine dießfällige Entschließung uns noch nicht mitgetheilt worden.

Andere Gränzanstände Handlung.

gelangten im

Berichtsjahre

keine zur Be^

Ueber die D a p p e n t h a l a n g e l e g e n h e i t haben wir Jhnen unterm 9. Dezember 1859 ebenfalls ausführlichen Bericht erstattet, und es bedarf daher eines Zurükkominens ans die hier waltenden Verhältnisse nicht. -Hingegen haben wir hier einer Gebietsverlezung zu erwähnen.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1858 Inachte uns die Regierung von Waadt die Anzeige, daß am 29. Nov. ein DetafcheInent von 50 Mann französischer Jnfanterie von der Garnison des Forts. ,,Les Roussel unter einem Offizier über eine Viertelstunde herwärts der Gränze vorgerükt sei. Wir ordneten sofort die nöthige Untersuchung zur Konstatirung des Tatbestandes aI...

und beauftragten , gestüzt auf die Ergebnisse dieses Untersuches , unsere Minister in Paris . bei der kaiserlichen Regierung über die stattgehabte Gebietsverlezung Beschwerde zu führen. Die Antwort des französifehe^ Ministeriums vom 29. Januar beschränkte sich auf die Anzeige, daß das.

betreffende Militärkommando angewiesen worden sei , die nöthigen Anordnungen zu treffen . damit derartige Vorfälle sich nicht erneuern. Da die Rükäußerung keine genugthuende Erklärung und ebenso wenig Auskunft über Verfügungen gegen den fehlt.aren Offizier enthielt, so glaubten wir dießfalls Ausschluß verlangen zu sollen. Bei einer dießfalls aIn 12. Februar stattgefundenen Unterredung unseres Gesandten mit Gras Walewski erklärte nun Lezterer, die sranzösische Regierung bedaure den Vorfall, ex.^

sei gegen ihre Absicht geschehen; in weitere schriftliche Erklärungen, als die oben erwähnte, könne Inan nicht eingehen, ohne dann gleichzeitig die^ ^anze Stellung, welche Frankreich im Konflikte über das Dappenthal bisher

182 eingenommen habe , zu berühren , was man aber gerade im Jnteresse der.

noch schwebenden Unterhandlungen zu vermeiden wünsche. Die Erfolg^ ..osigkeit weiterer Schritte voraussehend und mit Rüksicht darauf, daß Graf Walewski obige mündliche Erklärung selbst als eine offizielle bezeichnete, ermächtigten wir unsern Gesandten, von ferneren Reklamationen Umgang zu nehmen.

Verschiedenes.

Jn Bezug auf den gewöhnlichen Geschäftsverkehr mit den auswärtigen Staaten haben wir die Befriedigung, bemerken zu können, daß dex^ selbe durchwegs einen freundschaftlichen Eharakter trug.

Erwähneswerth ist in dieser Hinsicht lediglich Folgendes : Die f r a n z ö s i s c h e Regierung fand sich im lezten Dezember aus Verschiedenen Gründen , auf die näher einzutreten hier nicht nöthig ist, veranlaßt, unsere Einwilligung zur Verlegung des in La-Ehaux-de-fonds im Jahr 1858 aufgestellten Vizekonsulats nach Neuenburg zu verlangen.

welchem Ansuchen wir auch entsprachen, nachdem wir der Regierung von Neuenburg Gelegenheit gegeben, sich über das Begehren zu äußern. Frei.^ ..ich hätte diese Behörde die gänzliche Aufhebung des Konsulats lieber ge^ sehen. und wir haben diesem Wunsche auch gegenüber dein französischen .Botschaster Ansdrnk verliehen , doch steht kaum zu erwarten . daß diesem Ansinnen willfahren werde.

Von schweizerischen Angehörigen in Traun (O e st er r eich) war schon 1858 Beschwerde geführt worden. daß die dortige Geistlichkeit ihren Einslnß geltend mache, damit Kinder ans gemischter Ehe gegen den Willen des Vaters in der katholischen Konfession erzogen werden. Eine dießsällige .Reklamation hatte den Erfolg, daß die betreffenden Unterbehördeii auf die Unzuläßigkeit eine.^ derartigen Vorganges aufmerksam gemacht und ange.wiesen wurden, von solchen Schritten abzustehen.

Besonders erfreulich war für uns der Entschluß der königlichen P r e u ßischen Regierung, bei der Eidgenossenschaft wieder sich diplomatisch vertreten .....u lassen . und die Wahl , welche fie in der ^erfon ihres Vertreters ge.troffen hat, kann auf die Unterhaltung freundschaftlicher Beziehung nur günstig einwirken.

Ein Uebereinkomnien betreffend Befreiung der gegenseitigen Angeht rigen vom Militärdienste oder einer dafür zu entrichtenden Steuer , wie solche früher mit Bauern und Württemberg abgeschlossen worden sind, kam zu Stande, und
es sind demselben sämmtliche Kantone Init Ausnahme von ^Waadt beigetreten.

Die Landsgemeinde von Uri erklärte am 1. Mai den Beitritt zu ^enI Vertrage mit Frankreich betreffend Niederlassung vom 30. Mai 1827.

- ^^^^^^^ ^

183 ^Der Landrath von G l a r u s beschloß am 18. November ebenfalls, diesem ^ertrage, wie auch den Vorkommnissen mit Baden, Bauern, dem König^eich Sachsen und Württemberg über das Konkursrecht beizutreten.

. Jm Diplomatischen- und Konsulatspersoual fanden folgende Verän..

Gerungen statt: Die königliche Preußische Regierung hat zu ihrem außerordentlichem ^Gesandten und bevollmächtigten Minister den Geheimen Legationsrath Hrn.

^.oon Kainptz ernannt.

..

Der bisherige spanische Ministerresident Marquis de San Earlos ^vurde abberufen und durch Don Manuel Raneés .., Villanueva mit der Ei-^ ^enfchaft eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers Jhrer katholischen Majestät ersezt.

Das Exequatiir wurde an folgende Konsularagenten ertheilt:

^

^errn Eharles Eduard Lullin in Genf, als Generalkonsul für SachsenWeimar, Sachsen-Altenburg und Sachsen^Meiuingen, in Er^ezung des Herrn P. E. Lullin.

,,

Joh. Dom. Bruno in Genf, als sardinischer Konsul, in Ersezuna, des Herrn Baron Michaud.

,,

Martial Ehevalier in Genf, als französischer Konsul honoraire, in Ersezung des Vizekonsuls Denoix.

Jnnere ....^erh^ltni^e.

^

Die öffentliche Ruhe und Ordnung im Jnnern haben iIn Lause des Geschäftsjahres keine Störung erlitten.

Ein Einschreiten der BundesBehörde erfolgte nur aus eingelangte Beschwerden hinsichtlich der iIn Fe^ruar abgehaltenen Großrathswahlen im Kanton Tefsin. Gegen unfern .Entscheid wurde an die Bundesversammlung rekurrirt , die Akten liegen ^Jhnen vor, und eine besondere Erörterung dieser Frage in gegenwärtigem Berichte erscheint daher überflüssig.

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Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1859.

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Bundesblatt

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1860

Année Anno Band

2

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29

Cahier Numero Geschäftsnummer

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02.06.1860

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157-183

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10 003 083

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