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Schweizerisches Bundesblatt

XII. Jahrgang. II.

Nr. 39.

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.20. Juli 1860

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der

kommission des Ständerathes über die Savoyerfrage.

(Vom

18. Juli 1860.)

Tit. !

Die Kommission , weiche Sie mit der abermaligen Vorprüfung der Savoryerfrage betraut haben, hat von den Akten Einficht genommen und

die ganze .Angelegenheit reiflich besprochen. Demzufolge ist sie e i n stimmig zu dem Schlösse gekommen. Jhnen zu beantragen, dem Beschlusse des h. Nationalrathes, dahin lautend: ,,Die dem Bundesrathe vermittelst Schlußnahme vom 4. April 1860 übertragenen Vollmachten werden erneuert... - einfach beizupflichten.

Jhre Kommission ging dabei zwar von der Ansicht aus. es ware ohne einen sachbezüglichen Antrag des Bundesrathes eine derartige Schlußnahine der gesetzgebenden Räthe nicht einm.il notwendig gewesen, indem der Beschluß vom 4. April auch ohne Erneuerung der darin enthaltenen Vormachten in fortwährender Wirksamkeit geblieben wäre, und indenI anderseits die Bundesverfassu ng selbst dem Bundesrathe die gewünschten Vollmachten in generellster Weise ertheilt. Die Kommission kam zu dieser Betrachtung nur darum, weil ste fand, eine Erneuerung des BeSchlusses vom 4. April fei, wenigstens in einzelnen Theilen desselben, der dermaligen Sachlage eigentlich nicht mehr angemessen; sie sand indeß auf der andern Seit..., daß der Hauptpunkt in dem Beschlusse vom 4. April die Ertheilnng einer sogenannten G e n e r a l v o l l m a c h t an den Bundesrath war; und da die kommission von der Ansicht ausgeht, es fei dieß ebenfalls das Wesentliche, um das es sich beim h e u t i g e n Beschlusse

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handle, so glaubte sie füglich sich um dieser Hauptsache willen . über kleinere formelle Bedenken hinwegsetzen zu dürfen.

Die faktischen Verhältnisse, welche zur Erneuerung einer solchen sogenannten Generalvollmacht Veranlassung bieten, glaubt die Kommission als bekannt voraussetzen zu dürfen. Die Sachlage hat sich seit dem 4. April insofern wesentlich verändert. als seither Frankreich förmlich Besitz von den nentralisirten Provinzen von Savoven. genommen hat.

Nachdem in Folge dieser Besitzergreifung von Seiten Frankreichs die.

Frage mehr auf das Gebiet der reinen diplomatischen Unterhandlungen getreten ist, so blieben für die Bundesbehörden zwei verschiedene Wege offen. entweder der Weg direkter Unterhandlungen mit Frankreich, als dein jetzigen Besitzer des im Streite liegenden Landes, oder der Weg der Anrufung. einer Vermittlung von Seiten Dritter. letztere zunächst in der Forin einer Konferenz der Wienerkvngreßmächte als Garanten des Wienervertrags.. Der Bundesrath ist aus letzterem Wege verharrt. Wenn in der Kommission sich auch abweichende Ansichten geltend machten . ob nicht in frühern Stadien ein anderer Weg mehr indizirt gewesen wäre, so war sie dennoch ebenfalls der Meinung. daß dei g e g e n w ä r t i g e r Sachlage der vom Bundesrathe gewählte Weg der angemessenste sei.

Die Kommission war indeß nicht der Anficht, daß der gewählte Weg als der a l l e i n mögliche. für alle Zukunft festgehalten werden müsse.

Vorerst ist es überhaupt noch nicht ganz gewiß. sondern nier wahrscheinlich, daß die Konferenzen zu Stande kommen werden ; dann aber kann bei den Konferenzverhandtungen selbst ein anderer Weg als besser zum Ziele führend .erkannt werden, wie solches schon jetzt in den Alten angedeutet ist. Die Kommission glaubt, der Bundesrath thue gut daran, sich durch keinerlei vorzeitige. Erklärungen die Möglichkeit des Betretens ei.ies andern Weges zu verschließen, und sie glaubt übrigens, es müsse dem Bundesrathe auch in dieser Beziehung durchaus freie Hand gelassen werden, indem je nach dein Gange der Verhandlungen verschiedene Eventualitäten gedentbar wären. Es versteht sich dabei wohl von selbst. daß der Bundesrath sich auch in keine F o r in der Unterhandlungen einlassen wird, welche der Ehre der Schweiz irgendwie nachtheiiig sein könnten.

Eine weitere Frage. welche die Kommission lebhaft
beschäftigte, ist die , ob dem Bundesrathe aiif diesen Weg der diplomatischen Unterhandlungen irgend welche bestimmtere D i r e k t i o n e n bezüglich des in Aussicht zu nehmenden Z i e l s gegeben werden sollend Die Kommission kam indeß

zuletzt ebenes e i n m i i t h i g zu dem Schlusse, daß jede solche Direktion

anpassend wäre. indem sie die Freiheit der Aktion des Bundesrathes beschränken würde. Jndem die Kommission aiso beaniragt. die verlangten Vollmachten dein Bundesrathe mit Vertrauen neuerdings in die Hände zu legen, spricht sie lediglich den Wunsch aus. es möchte der h. Bundesrath dafür besorgt fein. ein bevorstehendes p o s.i t i v e s o d e r n e g a t i v e s Resultat dei.. Unterhandlungen so rechtzeitig der Bundesversammlung zur

6I3 Kenntniß zu bringen, daß dieser noch die Möglichkeit eines freien letzten Entsebeiees nach jenen beiden Richtungen hin gewahrt bliebe. Die Kom.mission will es übrigens gänzlich dem Ermessen des Bundesrathes selbst anheimstellen, ob nnd inwieweit er diesem Wunsche Folge geben wolle oder könne.

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Die Kommission befchästigte sich altf Anregung eines ihrer Mitglieder dann noch besonders mit der Spezialfräge, ob die Besetzung Genfs durch eidgenössische Truppen. noch längere Ze.it. fortzudauern habe oder nichts Die Kommission glaubte, es solle auch hierin dem Bundesrathe freie Hand gelassen werden, uni fo mehr, da bisher die Maßregel in offenbar bernhigendem Sinn auf die Bevölkerung Genfs gewirkt habe. Doch glaubte die Kommission ebenfalls einstimmig dem h. Bundesrathe empfehlen zu sollen, daß er die Frage der Fortdauer dieser Besetzung in neue Erwägung ziehen möchte, indem es der Kommission scheinen wollte, daß die Sachlage sich in letzter Zeit erheblich verändert habe.

Jndem die . Kommission schließlich den Wunsch . ausfpricht, daß es dem .h. Bundesrathe gelingen möge, unter solch' schwierigen Uniständen ein Resultat zu erzielen, welches die Rechte und Jnteressen der Schweiz zu befriedigen und ihr für die Zukunft neue Beruhigung zu gewähren im

.Stande sei, ergreift Sie den .Anlaß, Jhnen, Tit. , die Versicherung voll-

kommener Hochachtung zu erneuern.

Bern, den 18. Juli 1860. ^ ^ ... . Namens der- Mitglieder der Kommission: dubs, Berichterstatter. ...

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Bericht der Kommission des Ständerathes über die Savoyerfrage. (Vom 18. Juli 1860.)

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20.07.1860

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