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Bericht der

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates Über ihre Tätigkeit vom 1.Oktober 1941 bis zum 30.September 1942.

(Vom 3. November 1942.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen nach Art. 12 des Eegulativs für die gemeinsame Finanzdelegation der eidgenössischen Eäte (vom 25. September 1907) Bericht zu erstatten.

I. Personelles.

Am 1. Oktober 1941 war die Finanzdelegation bestellt aus den Herren: Nationalräten Seiler, Scherrer und Müller-Biel; Ständeräten Bolla, Egli und Loepfe.

Als Ersatzmänner amteten die Herren: Nationalräte Gallati, Aeby und Meierhans; Ständeräte Wenk, de Coulon und Malche.

Herr Seiler, dessen Amtsdauer Ende März 1942 ablief, wurde durch Herrn Nationalrat Müller-Amrisw il ersetzt.

Die Herren Bolla und Egli traten Ende Dezember wegen Ablaufs der Amtsdauer und Herr Loepfe infolge Demission von ihrem Amte zurück.

An ihre Stelle wurden die Herren Ständeräte de Coulon, Malehe und Wenk gewählt ; als Ersatzmänner die Herren Ständeräte Evéquoz, Pricker und Walker.

Am Ende des Berichtsjahres war die Finanzdelegation wie folgt zusammengesetzt : Mitglieder: Nationalräte Scherrer, Müller-Biel und Müller-Amriswil.

Ständeräte de Coulon, Malche und Wenk.

Ersatzmänner: Nationalräte Gallati, Aeby und Meierhans.

Ständeräte Evéquoz, Fricker und Walker.

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II. Sitzungen.

Im Berichtsjahre fanden 16 Sitzungen in Bern statt.

III. Ycrhandlnngsgegenstände.

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18.

Voranschlag des Bundes für das Jahr 1942.

Eidgenössische Staatsrechnung 1941.

Nachtragskredite II. Folge 1941 und I. Folge 1942.

Kreditübertragungon von 1941 auf 1942.

658 von der eidgenössischen Finanzkontrolle verfasste Bevisionsprotokolle.

Anregungen der eidgenössischen Finanzkontrolle über die Verwendung der Kredite.

1156 Bundesratsbeschlüsse, den Finanzhaushalt des Bundes betreffend.

Verwendung der ausserordentlichen Wehrkredite.

Mobilisations- und kriegswirtschaftliche Ausgaben.

Gehälter der Mitglieder des Bundesrates.

Entschädigung der Mitglieder des Nationalrates und der Kommissionen der eidgenössischen Eäte.

Dezentralisation der Verwaltung; Verlegung von Bundesämtern ausserhalb Born.

Beitrag an das internationale Bote Kreuz.

14. Vernebelungsubungen, Schäden.

15. Bestand des Grenzwachtkorps.

16. Holzverzuckerungs-AG.

17. Erweiterung des Fernheizkraftwerkes der Eidgenössischen Technischen Hochschule.

18. Wiederwahl von Beamten für die Amtsdauer 1942--1944.

19. Programm für Arbeitsbeschaffung, Finanzierung.

20. Neue Finanzmassnahmen.

Zahlreiche Geschäfte, die Gegenstand unserer Beratungen waren, gaben Anlass zu Anfragen. Wir erwähnen hier einige, die uns von besonderer Bedeutung erscheinen.

1. Staatsrechnung 1941.

Die Staatsrechnung weist die Eigenart auf, ih zwei ganz verschiedene Teile gegliedert zu sein: in die ordentliche und die ausserordentliche Rechnung. Diese Unterscheidung hat jedoch nichts Starres an sich, da sie einzig darauf zurückzuführen ist, dass die Fehlbeträge jeder dieser Bechnungen auf verschiedene Art getilgt werden sollen. Zwischen den beiden Rechnungen besteht keine scharfe Grenze, und die Fälle sind unvermeidlich, bei denen die Buchung einer Ausgabe in einem der beiden Konti willkürlich erscheinen kann. Das führt dazu, dass nachträglich Verschiebungen von einem Konto auf das andere stattfinden, je nachdem schliesslich festgestellt wurde, ob eine Ausgabe als ausserordentliche oder im Gegenteil als normale Verwaltungsausgabe betrachtet werden muss.

863 Diese Feststellung ist nicht als Kritik aufzufassen; sie soll nur darauf hinweisen, dass der Stand der Bundesfinanzen, wie er sich aus der ordentlichen Rechnung ergibt, anders ausfallen würde, wenn diese Zweiteilung in der Dar Stellung der Bundesausgaben nicht bestünde. Es darf nicht ausser acht gelassen werden, dass diese Lage nur vorübergehend ist und dass eines Tages sämtliche Buchungen wieder vereinigt sein werden. In jenem Zeitpunkte wird die ordentliche Rechnung -- die einzige, die bestehen bleiben wird -- durch eine Reihe von Ausgaben wieder belastet werden, von der sie gegenwärtig befreit ist. Dies trifft beispielsweise ganz besonders beim Militärdepartement zu, bei dem ein guter Teil der normalen Ausgaben, der ihm später wieder zukommen wird, gegenwärtig zu Lasten des Aktivdienstes fällt. Wichtiger als diese künstliche Verteilung aber ist die Gesamtverschuldung des Bundes.

Bezüglich des Zinsen- und Tilgungsdienstes inuss darauf hingewiesen werden, dass die im Jahre 1941 festgestellte Entlastung -- ohne dass man sie deshalb als fiktiv bezeichnen könnte --· vor allem darauf beruht, dass von einer Zinsenausgabe von 138,5 Millionen nicht weniger als 66,6 Millionen der ausserordentlichen Rechnung belastet wurden. Dieses Vorgehen hat seine Berechtigung in der Tatsache, dass gewisse Steuern für die Amortisation der ausserordentlichen Ausgaben erhoben werden. Bei Ausserachtlassen der genannten Überschreibung könnte dieses Vorgehen zur irrigen Auffassung führen, die Zinsenlast des Bundes habe eine starke Verminderung erfahren. Teilweise trifft dies zu, da durch vorteilhafte Konversionen Zinsersparnisse erzielt wurden.

Die Tatsache aber, dass die Zinsenlast in ihrer Gesamtheit wesentlich angewachsen ist, bleibt bestehen. Um sich darüber Rechenschaft zu geben, genügt es hervorzuheben, dass die konsolidierte Schuld, die sich Ende 1940 auf Fr. 8 287 868 900 belief, am 30. September 1942 die Summe vonFr.4 671 816 000 aüfweist, d. h. einen Zuwachs von 1434 Millionen Franken.

Eine eingehende Prüfung sämtlicher Guthaben der Eidgenossenschaft zeigt einerseits die unglaubliche Verschiedenheit der Unternehmungen, an denen der Bund beteiligt ist, und anderseits, dass in vielen Fällen mit einer Rückerstattung der Summen, welche als Vorschusse oder als zinslose Anleihen auf bestimmte Zeit bewilligt wurden,
leider nicht mehr gerechnet werden kann.

Es hegt uns ferne, diese Hilfsaktionen völlig fallen lassen zu wollen. Aber man könnte sich fragen, ob dies nicht zu weit führt und ob eine solche Zersplitterung der Bundesfinanzen nicht zugunsten Aktionen allgemeinen Charakters eingeschränkt werden sollte. Es gibt eine ganze Anzahl Fälle, deren die Kantone sich hätten annehmen sollen, und da man davon spricht, die gegenseitigen fiskalischen Kompetenzen der Kantone und des Bundes festzulegen, wäre es angezeigt, ebenfalls zu bestimmen, auf welchen Gebieten der Bund und auf welchen die Kantone Hilfe zu leisten haben.

Um jedes Missverständnis auszuschliessen sei beigefügt, dass die geleisteten Vorschüsse gestützt auf die von den eidgenössischen Räten eingeräumten Kredite bewilligt wurden und dass einzig ihre Verteilung Sache der Exekutivbehörde ist.

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&. Kriegswirtschaft.

Bis Ende September 1942 beliefen sich die Ausgaben der kriegswirtschaftlichen Organisationen auf Fr. 948 891 649.28. Dieser Betrag umfasst die Ausgaben für Warenankäufe, Tankanlagen, Güterwagen und Schiffe, Schiffsfrachten, Kriegsfürsorge etc. Die Verwaltungskosten betragen Franken 31426850.68.

Die kriegswirtschaftlichen Organisationen beschäftigten Ende September 1942 2669 Beamte und Angestellte, sowie 156 Experten.

Den Gesamtausgaben von Fr. 948 891 649.28 stehen Einnahmen aus Warenverkäufen, Schiffsfrachten, Mieten und Rückvergütungen, Gebühren, Bussen etc. im Betrage von Fr. 751 618 595.54 gegenüber.

Der Unterschied zwischen Ausgaben und Einnahmen von Fr. 197 278 058 entspricht der beim eidgenössischen Kassen- und Rechnungswesen ausgewiesenen Schuld der Kapitalrechnung «Kriegswirtschaftliche Organisationen».

Vierteljährlich wird zuhanden der Finanzdelegation eine Abrechnung erstellt, welcher alle Belege -- ausgenommen die den Warenverkehr betreffenden, welche von den in Frage kommenden Sektionen nicht wohl entbehrt werden können -- beizugeben sind. Diese Abrechnung erzeigt Aufwendungen und Einnahmen jeder Sektion und jedes Spezialkontos für das betreffende Quartal und den Gesamtaufwand jeder Sektion seit Beginn, d. h. seit 1. Januar des laufenden Jahres.

3. Ausgaben für den Aktivdienst 1939 bis 30. September 1942.

Durch Art. 4 des Bundesbeschlusses vom SO. August 1939 über die Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität ist zur Deckung der damit verbundenen Ausgaben dem Bundesrat der notwendige Kredit eingeräumt worden. Die Gesamtausgaben für den Aktivdienst betrugen bis 80. September 1942 Fr. 2 117 725 465.

4. Ausserordentliche Wehrkredite.

Die von der Bundesversammlung oder vom Bundesrat bewilligten Kredite belaufen sich auf insgesamt 2335 Millionen Franken.

Aus naheliegenden Gründen kann an dieser Stelle auf die Zusammensetzung dieses gewaltigen Kredites, sowie über den Stand der Ausgaben bis Ende September 1942 und über die durch Bestellungen bereits engagierten Beträge nicht eingetreten werden. Über die Verwendung der ausserordentlichen Kredite wurde die Finanzdelegation regelmässig auf dem laufenden gehalten.

Das Parlament bzw. die Finanzkommissionen und vorab die Finanzdelegation haben das Recht, Auskunft zu verlangen. Von diesem Eecht ist denn auch während des Berichtsjahres weitgehend Gebrauch gemacht worden.

Die Auskunft ist jeweilen bereitwillig erteilt worden.

865 Im Gegensatz zur ordentlichen Eechnung, in der jeder Ausgaben- und Einnahmenposten übersichtlich und bis ins kleinste Detail hinein nachprüfbar ist, liegen in bezug auf die ausserordentlichen Ausgaben (Kriegswirtschaft und Landesverteidigung) nur Gesamtzahlen vor, denn grösste Zurückhaltung ist geboten, damit nicht militärisch oder wirtschaftlich wichtige Tatsachen preisgegeben werden.

Die Ausgaben für die Zeit von Ende August 1939 bis Ende September 1942 verteilen sich auf folgende 4 Posten: 1.

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4.

Verstärkung der Landesverteidigung Aktivdienst Kriegswirtschaftliche Organisationen Verschiedene Massnahmen zum Schutze des Landes

1170 Millionen Franken 2118 » » 198 » » 25

»

»

3511 Millionen Franken Die Finanzdelegation verfolgt aufmerksam die Entwicklung dieser Ausgaben; sie hat von den vom Bundesrat bewilligten ausserordentlichen Krediten Kenntnis genommen, in der Überzeugung, dass die Exekutive die Notwendigkeit jeweils sorgfältig prüft, bevor sie die von der Armeeleitung und von den verantwortlichen Organen der Kriegswirtschaft eingereichten Kreditgesuche genehmigt. Es sei uns immerhin gestattet, auf die zwingende Notwendigkeit hinzuweisen, überall da Ersparnisse zu machen, wo es mit der Sorge um die Sicherung der Landesverteidigung vereinbar ist. Wir wissen übrigens, dass in dieser Hinsicht Massnahmen bereits getroffen sind; andere werden noch folgen. Sie sind unerlässlich, wenn man nicht die Gefahr laufen will, die gesamte Wirtschaft in Frage zu stellen. Es genügt festzuhalten, dass gegenwärtig der Mangel an Zement und anderem Material so gross ist, dass es sozusagen unmöglich ist, die Bewilligung zum Bau von Wohnhäusern zu erhalten, obschon in gewissen Gegenden über Wohnungsmangel geklagt wird. Sache des Bundesrates wird es sein, unsere Beserven gerecht auf die militärischen und zivilen Zwecke zu verteilen.

IV. Yerkehr mit der eidgenössischen Finanzkontrolle.

Die Kontrolle der gewöhnlichen Rechnungen, welcher diejenige der kriegswirtschaftlichen Ausgaben und des Aktivdienstes hinzugefügt wurde, ist keine Kleinigkeit. Wir benützen deshalb gerne die uns gebotene Gelegenheit, einmal mehr die unermüdliche Tätigkeit der Finanzkontrolle, die ihre schwierige Aufgabe mit viel Geschick, Beständigkeit und Entschlossenheit erfüllt, hervorzuheben.

Die parlamentarische Mitwirkung ist sehr beschränkt, wenn es sich um Ausgaben für die Versorgung und Verteidigung des Landes handelt. Denn deren Bewilligung fällt in die Befugnisse des Bundesrates, dem die eidgenösBundeeblatt. 94. Jahrg. Bd. I.

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Bischeri Bäte die hiezu erforderlichen Vollmachten erteilt haben. Diese Tatsache hat die Finanzdelegation veranlasst, den ausserordentlichen Ausgaben vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken. Auf diesem Gebiet hat uns die Finanzkontrolle und vor allem ihr Bevisorat für die kriegswirtschaftlichen Organisationen die Arbeit sehr erleichtert. Wir haben uns von der unbestreitbaren Nützlichkeit der sowohl formell als materiell begründeten Beanstandungen der Finanzkontrolle überzeugen können. Die Delegation macht es sich zur Pflicht, dies hier ausdrücklich festzustellen,

Y. Inspektionen.

Im Berichtsjahre wurden eine Eeihe von Inspektionen durchgeführt, welche im allgemeinen einen vorzüglichen Eindruck hinterlassen haben.

Bern, den 8. November 1942.

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'

Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte, Der abtretende Präsident: Marcel de Coulon, Ständerat.

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Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates Über ihre Tätigkeit vom 1.Oktober 1941 bis zum 30.September 1942. (Vom 3. November 1942.)

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26.11.1942

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