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Bundesblatt 82. Jahrgang.

Bern, den 27. August 1930.

Band II.

Erscheint wöchentlich Preis "O Franken im Jahr, M Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr. 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die am 24. März 1930 in Genf abgeschlossene internationale Handelsübereinkunft.

(Vom 26. August 1930.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen die am 2-4. März 1980 in Genf unterzeichnete internationale Handelsübereinkunft zur Genehmigung vorzulegen.

I.

An der im September letzten Jahres abgehaltenen 10. Völkerbundsver sammlung ist von verschiedenen Fuhrern europäischer Delegationen nachdrücklich auf die grosse Bedeutung der wirtschaftlichen Probleme für die Arbeit des Volkerbunds hingewiesen worden, Eindringlich wurde dargetan, dass in den meisten Staaten die Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz von 1927 nur ganz ungenügend befolgt worden seien und es deshalb zu den wichtigsten Pflichten des Volkerbunds gehöre, sich in vermehrtem Masse für -eine vernunftige wirtschaftliche Zusammenarbeit einzusetzen. Die Beratungen über diese Fragen, die sowohl in den Plenarsitzungen als im Schosse der II. Kommission erfolgten, führten schliesslich zur Annahme eines engliseh-französischbelgischen Antrages, wonach ungesäumt die Vorarbeiten zum Abschluss eines Zollwaffenstillstandes in Angriff genommen werden sollten, eines Waffenstillstandes, der die Grundlage für eine gemeinsame Aktion zum durchgreifenden Abbau der Wirtschaftsschranken zu bilden hätte. Die Völkerbundsversammlung stimmte diesem Antrag durch Annahme der folgenden Eesolution zu: «Die Völkerbundsversammlung, a. nach Kenntnisnahme der Beratungen des konsultativen wirtschaftlichen Komitees spricht den intensiven Bemühungen dieses Komitees und des Wirtschaftsausschusses ihre Anerkennung aus; b. in Berücksichtigung der Wichtigkeit der Annahme aller für die Verwirklichung der Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz von 1927 geeigneten Mittel; Bundesblatt. 82. Jahrg. Bd. II.

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138 e. in der Meinung, dass in Zukunft keinerlei -wirksame Aktion unternommen werden könnte, ohne dass die Eegicrungen eingeladen würden, ihrerseits alle Fragen zu prüfen, die vor dem konsultativen Wirtschaftskomitee und dem Wirtschaftsausschuss hängig sind, wobei die Arbeiten dieser beiden Komitees für die zu treffenden Entschliessungen zu berücksichtigen wären, d. empfiehlt, dass unter den folgenden Bedingungen zwischen den Mitgliedern des Völkerbundes und den Nichtmitgliedern, die mitzumachen wünschen, eine gemeinsame Aktion unternommen werde: 1. Damit diese gemeinsame Aktion auf solider Grundlage und in einer Atmosphäre des Vertrauens durchgeführt werden kann, empfiehlt die Versammlung den Staaten, die bereit sind, sich zu beteiligen, sich dahin zu verständigen, während der Dauer von 2--3 Jahren auf Erhöhung ihrer Schutzzolltarife sowie auf die Einfuhrung von neuen Schutzzöllen oder von neuen Handelshemmnissen zu verzichten. Dabei besteht die Meinung, dass diese Verpflichtung nicht zur Folge haben sollte, die Bestrebungen der Staaten nach Ermässigung ihrer Zolltarife auf autonomem oder bilateralem Wege, wie dies von der Weltwirtschaftskonferenz empfohlen wurde, zu verzögern.

2. Die Versammlung ladet demgemäss die Mitglieder und Nichtmitglieder des Völkerbunds ein, dem Völkerbnndssekretariat unter eventueller Bezeichnung ihrer Delegierten vor dem 31. Dezember 1929 mitzuteilen, ob sie bereit seien, sich an einer vorläufigen Konferenz von Begierungsvertretern zu beteiligen, die zum Zwecke hätte, die unter § l vorgesehene Vereinbarung abzuschliessen und gegebenenfalls ein Programm für weitere Verhandlungen aufzustellen, welche den Abschluss von kollektiven Verträgen zum Zwecke hätten, die die wirtschaftlichen Beziehungen mit allen zweckmässigen Mitteln, namentlich durch Verringerung der Handelshemmnisse, erleichtern; Ersucht den Völkerbundsrat, den Wirtschaftsausschuss zu beauftragen, in seiner nächsten Session einen VorentwurJ! aufzustellen, der als Diskussionsbasis zu dienen hätte; Gestützt auf die eingegangenen Autworten wird der Völkerbundsrat darüber Beschluss fassen, ob es angezeigt sei, die im § 2 vorgesehene diplomatische Konferenz einzuberufen. Dabei ist der Zahl und dem Charakter derjenigen Staaten, die zustimmend geantwortet haben, gebührend Eechnung zu tragen; Ersucht den Generalsekretär,
alle zweckmässigen Anordnungen zu treffen, damit die erwähnte vorläufige Konferenz möglichst bald nach Ablauf des Monats Januar 1930 stattfinden kann.

3. Die Versammhing empfiehlt, dass nach Abschluss des Zollwaffen&tillstandes die im ersten Absatz des § 2 erwähnten Verhandlungen zwischen den Staaten eingeleitet werden, welche den erwähnten Waffenstillstand

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abgeschlossen haben. Diese Staaten können in gemeinsamem Einverständnis jeden andern Staat, der dies -wünscht, einladen, an den Verhandlungen teilzunehmen.

4. Eine diplomatische Schlusskonferenz wird von den Ergebnissen der erwähnten Verhandlungen Kenntnis nehmen, sie prüfen und wenn nötig ergänzen.

Zu dieser Konferenz werden alle Staaten, ohne Ausnahme, eingeladen.» In der Völkerbundsversammlung selber wurde diese Resolution ohne "Widerstand und Vorbehalte angenommen. Dagegen, hatten im Schosse der II. Kommission verschiedene aussereuropäische Staaten deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich einer solchen Aktion fernhalten würden. Die Vertreter der europäischen Staaten hingegen stimmten alle dem Gedanken mit mehr oder weniger Wärme zu. Es konnte und musste deshalb in jenem Zeitpunkt damit gerechnet werden, dass der Abschluss eines Zollwaffenstillstande unter europäischen Staaten keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten werde.

Dem ihm erteilten Auftrage nachkommend, arbeitete der Wirtschaftsausschuss in seiner Oktoberscssion den Entwurf zu einer Zollwaffenstillstandskonvention aus. Er hielt sieh an dìo durch die erwähnte Resolution festgelegten Richt linieri, suchte aber doch durch Ausnahmebestimmungen gewissen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die hei der eingehenden Behandlung der Frage aufgetaucht waren.

Der Inhalt des Entwurfes lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Grundsätzlich ist die Einführung neuer Schutzzölle und anderer protektionistischer Massnahmen bei der Ein- und Ausfuhr von Waren verboten und es dürfen auch die bestehenden Schutzmassnahmen nicht verstärkt werden.

Von diesem Grundsatz worden dreierlei Arten von Ausnahmen vorgesehen, nämlich zunächst die rein fiskalischen Charakter tragenden Zölle. Dabei war sich der "Wirtschaftsausschuss darüber klar, dass deren generelle Definition unmöglich ist, dass die unter diesem Titel für jeden Staat zuzulassenden Ausnahmen vielmehr listenmässig hätten bestimmt werden müssen. Sodann sah der Entwurf eine generelle Ausnahme im Sinne einer sogenannten «Katastrophen-Klausel» vor, und endlich war auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Vertragsstaaten für die einzelnen Unterzeichner der Konvention bestimmte Einzelausnahmen zulassen würden. Allfällige Streitigkeiten aus der Konvention sollten der obligatorischen
Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt sein.

Dieser Entwurf des "Wirtschaftsausschusses wurde den Staaten durch das Völkerbundssekretariat zugestellt, mit der Einladung, bis zum 81, Dezember zu erklären, ob sie bereit seien, auf der Basis dieses Entwurfe an einer für den Monat Februar 1980 vorgegebenen diplomatischen Konferenz teilzunehmen.

140 II.

Dieser Entwurf für eine Zollwaffenstillstandskonventioii hat sofort nach seiner Publikation die Öffentlichkeit in starkem Masse beschäftigt. In verschiedenen Staaten, auch in solchen, deren Vertreter die Initiative zu einem Zollwaffenstillstand ergriffen hatten, erhob sich eine lebhafte Opposition, Besonders diejenigen Kreise regten sich, die schon seit langem für eine weitere Verstärkung der wirtschaftlichen Schutzmassnahmen eingetreten waren und aus der Annahme der Konvention eine Durchkreuzung ihrer Wünsche befürchteten.

Der Bundesrat hat den Entwurf den wirtschaftlichen Spiteenverbänden des Landes zur Vernehmlassung zugestellt und ihn auch mündlich mit deren Vertretern eingehend erörtert. Die Meinungen dieser Kreise waren, wie es kaum anders zu erwarten war, geteilt: Exportindustrie und Konsumenten sprachen sich grundsätzlich für den Entwurf aus, wenn sie auch verschiedene Bestimmungen als zu elastisch kritisierten und namentlich darauf aufmerksam machten, dass es stossond sei, wenn ein Land mit niedrigen Zöllen die gleichen Verpflichtungen übernehmen müsse wie die Staaten, deren Zollmauern bereits eine kaum mehr zu steigernde Höhe erreicht haben. Die Landwirtschaft wünschte, dass sich die Schweiz an der vorgesehenen Konferenz nicht beteilige, sich aber jedenfalls hinsichtlich der Gestaltung der landwirtschaftlichen Zölle weitgehende Freiheit vorbehalte.

Nach einlässlicher Prüfung des ganzen Problems sind wir zur Überzeugung gekommen, dass der Abschluss einer Zollwaffenstillstands-Konvention im Interesse unseres Landes liege, und zwar weniger als Selbstzweck wie vielmehr als Mittel zum Zwecke, die nötige Grundlage für weitere Verhandlungen über den Abbau der Wirtschaftsschranken zu schaffen. Auch wenn, wie damals schon vorauszusehen war, sich eine solche Konvention auf Europa beschränkte, hätte sie doch für unsern undustriellen und landwirtschaftlichen Export Sicherungen gebracht, die äusserst wertvoll und durch eine gewisse, auch uns zugemutete Bindung nicht zu teuer erkauft gewesen wären. Wir erteilten deshalb der schweizerischen Delegation die Instruktion, grundsätzlich für die Konvention einzutreten, dabei aber auf eine klarere Fassung einzelner Bestimmungen zu dringen und insbesondere unsere endgültige Zustimmung davon abhängig zu machen, dass die Mehrzahl der europäischen Staaten,
mindestens aber alle unsere Nachbarn, sich ebenfalls an der Vereinbarung beteiligten.

Die schweizerische Delegation wurde bestellt aus den Herren Bundesrat Schulthess, Chef des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, Direktor Stucki, Chef der Handelsabteilung, und Oberzolldirektor Gassmann. Im Laufe der Konferenz wurde Herr Nationalrat Dr. Wetter als weiterer Delegierter bezeichnet. Das . Sekretariat besorgte Herr Péquignot, Sekretär des Volkswirtschaftsdepartements .

Die Konferenz trat am 17. Februar 1980 unter dem Präsidium des Grafen Moltke, ehemaligem dänischen Aussenministet, zusammen. Vertreten waren, und zwar fast durchwegs durch amtierende Minister, die sämtlichen Staaten

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Europas, mit Ausnahme von Bussland und Albanien. Von aussereuropäischen Staaten Hessen sich nur Japan, Kolumbien und die Türkei vertreten, während einige weitere aussereuropäische Eegierungen Beobachter entsandt hatten.

III.

In der vier Tage dauernden Generaldiskussion sprach sich die überwiegende Mehrheit der anlesenden Delegationen grundsätzlich für einen Zollwaffenstillstand aus. Mehrere der abgegebenen Erklärungen waren abor derart verklausuliert, dass sich schon in den ersten Tagen sehr starke Zweifel hinsichtlich der Durchführbarkeit einer solchen Konvention aufdrängten. Diese verstärkten sich, als sich der Vertreter einer andern Delegation in ziemlich unverblümter Weise gegen die dem Entwurf des Wirtschaftsausschusses zugrunde liegende Idee überhaupt aussprach und diese als verfrüht bezeichnete.

Die schweizerische Delegation sprach sich in ihrer Erklärung deutlich für den Grundsatz eines Zollwaffenstillstandes aus. Sie verlangte aber, dass der Grundsatz selber nicht durch zu viele Ausnahmen durchlöchert werde und namentlich, dass mindestens ihre vier Kachbarstaaten die gleiche Verpflichtung übernehmen raüssten wie sie selber. Der Chef der schweizerischen Delegation führte dann weiter aus : « Gewiss sind gegen den vorliegenden Entwurf bei uns und anderswo ernsthafte Einwendungen erhoben worden. Die Schweiz könnte darauf hinweisen, dass ihre Zolle zu den niedrigsten gehören. Auch sie würde es vorziehen, wenn vor jeder Stabilisierung gewisse Staaten ihren übertriebenen Zollschutz ermässigen würden. Wir begreifen aber, dass solche Massnahmen Zeit erfordern und wünschen ebenfalls einen Beweis unseres Geistes der Solidarität zum Ausdruck zu bringen und bei der wirtschaftlichen Annäherung der Staaten mitzuwirken. Niemand ist Utopien und phantastischen Projekten weniger zugänglich als wir nüchternen Schweizer. Aber wir sind überzeugt, dass auf dem Gebiete der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit Fortschritte möglich sind, auch wenn sie sich langsam verwirklichen und bescheiden erscheinen. Wir halten dafür, dass wir alle die Pflicht haben, wenigstens einen Versuch zu machen. Wir geben uns Eechenschaft über die ernsthaften Schwierigkeiten, die sich vor uns auftürmen. Aber es handelt sich ja für die Staaten nicht etwa darum, morgen das zu zerstören, was sie gestern aufgebaut haben. Man verlangt von ihnen vorläufig nur, dass sie sich an das Bestehende halten, dass sie ihre wirtschaftlichen Schutzmassnahmen nicht verstärken, dass sie sich besinnen und gemeinsam prüfen, ob man nicht im Interesse aller neue
Wege beschreiten sollte.» Von dieser grundsätzlichen Einstellung hat sich die schweizerische Delegation von Anfang bis zu Ende der Konferenz leiten und ihre Stellungnahme zu den sämtlichen allgemeinen und speziellen Fragen, die in der Folge auftauchten, bestimmen lassen.

Nach dem wenig befriedigenden Besultat der allgemeinen Aussprache trat die Konferenz an die auf Kommissionen und Unterkommissionen verteilte

142 Detailarbeit zur Prüfung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes. Dabei zeigte sich immer deutlicher, dass nur verhältnismässig wenige Delegationen bereit waren, die wesentlichen Punkte dieses Entwurfes anzunehmen oder ihn gar im Sinne strafferer Bestimmungen zu verbessern. Verschiedene Staaten, die sich in der G-eneraldiskussion grundsätzlich für die Konvention ausgesprochen hatten^ bewiesen durch die Stellung von Detailanträgen, dass sie im Grunde jeder ernsthaften Bindung auf zollpolitischem Gebiete wenig sympathisch gegenüberstanden. Als dann nach einer Woche fast vergeblicher Detailarbeit die französische Delegation erklärte, den vorliegenden Entwurf und damit einen eigentlichen Zollwaffenstillstand überhaupt nicht annehmen zu können, wurde diese Abklärung der Situation von vielen Delegationen direkt als Erleichterung empfunden. Der Entwurf des Wirtschaftsausschusses wurde verlassen und man suchte, zunächst in privaten Besprechungen kleinerer Kreise, nach neuen Wegen, um wenigstens einigennassen noch der durch die Eesolution der 10, Völkerbundsversammlung verkörperten Idee Eechnung zu tragen.

IV.

In der zweiten Phase der Konferenz trat immer deutlicher ein gewisser Gegensatz zwischen der Gruppe von Ländern, die traditionell über die Gestaltung ihres Zolltarif es keine zwischenstaatlichen Abmachungen zu treffen pflegen (Grossbritannien, Holland etc.), einerseits und der Gruppe der sogenannten Tarifvertragsstaaten anderseits hervor. Die Vertreter der ersten Gruppe erklärten sich bereit, Garantien für die Aufrechterhaltung ihres liberalen Zollregimes zu geben, falls die zweite Gruppe sich, wenn auch in beschränktem Umfange, verpflichte, ihren Protektionismus nicht zu steigern und später an einer gemeinsamen Aktion zu dessen Einschränkung ernsthaft mitzuwirken.

Verschiedene Delegationen wollten zunächst nur die Verpflichtung stipulieren, für eine bestimmte Zeit die bestehenden Tarifhandelsverträge nicht zu kündigen.

Dies konnte aus begreiflichen Gründen der ersterwähnten Gruppe aber nicht genügen, da in vielen Ländern ein verhältnismässig sehr kleiner Teil des Zolltarifs vertraglich gebunden ist. Sie wünschte auch etwelche Sicherungen für den nichtgebundenen Teil der Zolltarife. Im Bestreben, die liberalen Staaten für die Beibehaltung ihres heutigen Systems zu verpflichten und ihnen dagegen gewisse Garantien von Seiten der Tarifvertragsstaaten zu verschaffen, hat die Konferenz nach ausserordentlieh mühsamen und schwierigen Verhandlungen schliesslich, am 24. März, zur Unterzeichnung des beiliegenden Handelsabkommens geführt. Es musste dabei leider zahlreichen Sonderwünschen Bechnung getragen werden, die fast durchwegs zu einer Durchlöcherung der aufgestellten Grundsätze führten und fast jede Bestimmung so elastisch gestalteten, dass man sich ernsthaft fragen muss, inwieweit überhaupt noch präzise und damit wertvolle Bindungen bestehen. Die schweizerische Delegation hat sich an diesem Meinungsstreit lebhaft beteiligt und dabei nicht nur von jedem einschränkenden Antrag Umgang genommen, sondern sich mit Hartnäckigkeit

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bemüht, den Inhalt der Konvention soweit als irgendwie möglich dem ursprünglichen Entwurf und damit dem Grundsatz eines Zollwaffenstillstandes anzunähern. Wenn sie in diesem Bestreben nur bescheidenen Erfolg erzielt hat, so wird man eben nicht vergessen dürfen, dass es in solchen Konferenzen keine Mittel gibt, um einen Staat, dessen Mitwirkung bei der internationalen Zusammenarbeit notwendig ist, zur Änderung der ihm gutscheinenden Haltung zu zwingen.

V.

Der Inhalt der Handelsübereinkunft lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen : 1. Verpflichtung von Grossbritannien. Dänemark, Norwegen, Holland und Portugal, d. h. der Staaten, die keine Tarifhandelsverträge abzuschliessen pflegen, die bei ihnen bestellenden Schutzzölle über den heutigen Stand hinaus nicht zu erhöhen und keine nouen, heute noch nicht bestehenden Schutzzölle einzuführen (vgl. Artikel IV und Protokoll ad IV).

2. Verpflichtung der Tarifvertragsst aaten, die bestellenden Handelsverträge vor dem 1. April 1981 nicht zu kündigen (vgl. Artikel I).

3. Verpflichtung der Tarifvertragsstaaten, vor Erhöhung von in Handelsverträgen nicht gebundenen Zöllen den übrigen Vertragsstaaten Mitteilung zu machen, worauf die sich in ihren Interessen verletzt fühlenden Staaten über die getroffenen Zollerhöhungen Verhandlungen verlangen und, wenn diese nicht zu einer Einigung fuhren, die Übereinkunft kündigen können (vgl. Artikel II und III).

Diese Eegoln sind allerdings dadurch nicht unwesentlich abgeschwächt worden, dass für bestimmte Ausnahmefälle sowohl die Pflicht der Voranzeige als diejenige, in Verhandlungen einzutreten, in Wegfall kommt.

4. Die Tarifvertragsstaaten haben das Eecht. von der Übereinkunft zurückzutreten, falls einer der der andern Gruppe angehörenden Staaten ihre Interessen durch neue Fiskal-Zollmassnahmen ernstlich verletzt (Artikel V).

5. Das in der Konvention vorgesehene Verfahren ("Voranzeige -- Verhandlung -- Kündigung) findet auch Anwendung bei der Einführung neuer Einoder Ausfuhrbeschränkungen (vgl. Artikel VI).

6. Da eine derartige Handelsubereinkunft für die meisten Staaten nur annehmbar ist, wenn eine bestimmte Anzahl anderer Staaten sich ebenfalls binden, so musste für sie eine Rücktrittsmöglichkeit vorgesehen werden für den l'ali der Kündigung der Übereinkunft durch andere Staaten. Es ist klar, dass dieses System in vielen Eällen fast automatisch dazu führen muss, dass durch eine vereinzelte Kündigung die ganze Konvention ins Wanken kommt. Anderseits schafft gerade diese Tatsache eine gewisse Beruhigung, indem sich wohl jeder Staat der Verantwortung und der weitgehenden Folgen einer von ihm ausgesprochenen Kündigung bewusst sein wird (vgl. Artikel VII).

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7. Artikel VIII enthalt gewisse Präzisierungen über Detaillragen, auf die hier nicht näher einzutreten ist.

8. Die Übereinkunft ist für die Dauer eines Jahres abgeschlossen worden, wird aber automatisch von sechs zu sechs Monaten verlängert, -wenn von keiner Seite eine Rücktrittserklarung erfolgt. Aber auch diese äusserst kurze Frist wird praktisch dadurch auf ein Minimum reduziert, da«s die Konvention der Eatifikation der verschiedenen Parlamente bedarf. Infolge der parlamentarischen Verhältnisse in gewissen Staaten nrasste für die Hinterlegung der Ratüikationsurkunden eine Frist bis zum 1. November Ü930 gewahrt werden, worauf vor dem ]5. November die vertragsschließenden Staaten zusammenkommen, um, je nach dem Stand der eingelaufenen Ratifikationen, über dio Inkraftsetzung der Konvention endgültig zu beschliessen. Die rechi liehe Dauer der Abmachung beschränkt sich somit auf die Zeit vom 15. Xovember 1980 bis zum 1. April 1931 (vgl. Artikel IX und XIII).

Hinsichtlich aller übrigen Bestimmungen verweisen wir auf den Text der Übereinkunft und des dazu gehörigen Protokolls.

Das Abkommen ist innerhalb der in Artikel XII festgesetzten Frist von folgenden Staaten unterzeichnet -worden: Deutschland, Österreich, Belgien, Grossbritannien und Xordirland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Holland, Polen, Rumänien, Schweden und der Schweiz. Es ergibt sich daraus, dass verschiedene Staaten, die für die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa von Bedeutung sind, dem Abkommen bis jetzt nicht zugestimmt haben. Wir erinnern an Spanien, die Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien. Andere Staaten haben mit Rücksicht auf zollpolitische Ereignisse, die nach der Unterzeichnung eingetreten sind, hinsichtlich der Ralii'izierung alle Vorbehalte gemacht, Da
VII.

Angesichts der von fast allen europäischen Regierungen und Parlamenten gutgeheissenen Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz von 1927, angesichts der Stimmung, wie sie in der 10. Völkerbundsvorsammlung zum Ausdruck kam und mit Bücksicht auf die grosse Zeit und die Mühe, die in siebenwòchiger Arbeit in Genf aufgewendet worden sind, wird man das erzielte Resultat als sehr bescheiden bezeichnen müssen. Mit andern Staaten muss die Schweiz in ihrem eigenen und im Interesse Europas bedauern, dass es nicht

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möglich war, einen 'wirklichen Zollwaffenstillstand herbeiztil'ühren und einen soliden Damm gegen dio in bedrohlicher Weise immer "weitergehende -wirtschaftliche Büstung aufzuwerten. Und trotzdem wäre es unserer Ansicht nach ein Fehler gewesen, auf alles zu verzichten und den Dingen ihren Lauf zu lassen. So bescheiden der Inhalt der Konvention ist, so stellt er doch wenigstens gewisse rechtliche und namentlich auch moralische Hemmungen gegen weitere Zolbnassnahmen dar. Ihre Hauptvorteile erblicken wir in deinümstand, dass es gelungen ist, gewisse Staaten, die heute noch eine liberale Handelspolitik befolgen, in denen aber der Euf nach deren Änderung immer mächtiger wird, auf eine Bindung des heutigen Zustande« /u verpflichten. Die Tatsache, dass die Schweiz in diese Staaten (England, Holland etc.) jährlich für ca.

400 Millionen Franken exportiert, zeigt deutlich, welches Interesse wir an dieser Regelung haben. Gewiss ist die von den sogenannten Tarifvertragsstaaten eingegangene Bindung äusserst dehnbar und bietet keine genügende Sicherheit gegen weitere Zollerhöhungen. Man darf aber nicht vergessen, dass ohne die Konvention der Wunsch nach vermehrtem Zollschutz sich in vielen Ländern in noch bedeutend verstärktem Masse Gehör vorschaffen könnte.

Wir möchten deshalb der Hoffnung Ausdruck geben, dass es gelingen werde, diesen ersten, bescheidenen Anfang einer wirtschaftlichen Verständigung Europas in Kraft zu setzen, da nur auf dieser Grundlage die vorgesehenen weitern Arbeiten für den Abbau der Handelsschranken möglich sind.

Was diese weitern Aktionen anbelangt, so hat die gleiche Konferenz für sie ein Programm aufgestellt, welches in einem ebenfalls am 24. März unterzeichneten Protokoll niedergelegt ist. Zu Ihrer Orientierung fügen wir dieses Protokoll der vorliegenden Botschaft bei.

Indem wir Ihnen Zustimmung zu der vorliegenden Übereinkunft durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfs empfehlen, versichern wir Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. August 1930.

Im Xamen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Musy.

Der Vizekanzler: Leimgrnber.

Beilagen.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die am 24. März 1930 in Genf abgeschlossene internationale Handelsübereinkunft.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 26, August 1980, beschliesst :

Art. 1.

Der am 24. März 1930 in Genf abgeschlossenen internationalen Handelsübereinkunft wird die vorbehaltene Genehmigung erteilt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

147 Übersetzung.

Handelsübereinkunft.

Der Deutsche Reichspräsident ; Der Präsident der Bundesrepublik Österreich; Seine Majestät der König der Belgier; Seine Majestät der König von Grossbritannien, Irland und der Britischen überseeischen Gebiete, Kaiser von Indien; Seine Majestät der König von Dänemark; Die Eegierung der Bepublik Estland; Der Präsident der Eepublik Finnland; Der Präsident der Französischen Republik; Der Präsident der Hellenischen Eepublik; Seine Majestät der König von Italien ; Der Präsident der Eepublik Lettland ; Ihre Königliche Hoheit die Grossherzogin von Luxemburg; Seine Majestät der König von Norwegen; Ihre Majestät die Königin der Niederlande; Der Präsident der Polnischen Eepublik; Seine Majestät der König von Rumänien; Seine Majestät der König von Schweden; Der Schweizerische Bundesrat, Von dem Wunsche geleitet, den Eesolutionen der Weltwirtschaftskonferenz von 1927 eine rasche und wirksame Durchführung zu sichern und für die von der Völkerbundsversammlung im Verlauf ihrer zehnten Session gemeinsam ins Auge gefasste Aktion feste Grundlagen und eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, haben beschlossen, zu diesem Zwecke unter sich ein Abkommen abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : (Aufzählung der Bevollmächtigten) die nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben: Artikel I.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, vor dem 1. April 1981 keinen Gebrauch von der Kündigungsmöglichkeit der zweiseitigen Handelsverträge zu machen, welche jeder von ihnen mit irgendeinem andern der Hohen Vertragschliessenden Teile geschlossen hat und dio am heutigen Tage in Kraft sind.

Artikel II.

Wenn ein anderer als einer der in Artikel IV erwähnten Hohen Vertragschliessenden Teile sich genötigt sieht, vor Ablauf dieser Übereinkunft Zollerhebungen über den Stand der am heutigen Tage geltenden Zölle hinaus vorzunehmen oder heute noch nicht bestehende neue Zölle einzuführen, die

148 geeignet sind, die Interessen irgendeines andern Hohen Vertragschliessenden Teils ernstlich zu beeinträchtigen, so hat der Teil, der seine Interessen als verletzt erachtet, das Becht, von der in Artikel III vorgesehenen Mitteilung an und innert zwei dieser Mitteilung folgenden Monaten die Eröffnung von freundschaftlichen Verhandlungen zu verlangen, um das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen.

Pur den Fall, dass diese Verhandlungen innert einer Frist von zwei Monaten vom Datum des Begehrens an zu keinem Ergebnis führen, hat der Teil, der ihre Eröffnung verlangt hat, das Hecht, diese Übereinkunft sogleich zu kündigen mit der Wirkung, dass dieselbe für ihn einen Monat nach der Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes ihre Gültigkeit verliert. Diese Kündigung kann entweder sämtlichen Hohen Vertragschliessenden Teilen gegenüber erfolgen oder nur demjenigen gegenüber, der zu einer Zollerhöhung oder zur Einführung neuer Zölle geschritten ist.

Die Zolländerungeri, die auf Grund von Gesetzen oder infolge dringender Umstände erfolgt sind, welche die unverzügliche Anwendung dieser Änderungen verlangen, sind den vorgenannten Bestimmungen über Verhandlungen nicht unterworfen. Doch bleibt das im zweiten Absatz dieses Artikels vorgesehene Kündigungsrecht jedem Hohen Vertragschliessenden Teil, der seine Interessen als verletzt erachtet, vorbehalten.

Artikel III.

Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile, auf die der Artikel II zur Anwendung kommt, verpflichtet sich, den andern Hohen Vertragschliessenden Teilen von der Erhöhung bestehender Zölle oder der Einführung neuer Zölle, zu denen er sich veranlasst sieht, in allen Fällen, wo dies möglich ist, zwanzig Tage vor der Anwendung dieser Massnahmen oder, wenn dies nicht möglich ist, im Zeitpunkt, in dem die fraglichen Massnahmen zum Zwecke ihrer Anwendung veröffentlicht werden, Kenntnis zu geben.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Gesetze, welche die unverzügliche Anwendung von Zolländerungen vorsehen, dazu berechtigen, die obengenannte Voranzeige zu unterlassen.

Artikel IV.

Diejenigen Hohen Vertragschliessenden Teile, die ihre Zölle nicht oder nur in Ausnahmei'älleu handelsvertraglich binden, verpflichten sich, vor Ablauf dieser Übereinkunft die bestehenden Schutzzölle über den heutigen Stand hinaus nicht zu erhöhen und keine
neuen, heute noch nicht bestehenden Schutzzölle einzuführen.

Artikel V.

Wenn einer der in Artikel IV erwähnten Hohen Vertragschliessenden Teile vor dem Ablauf dieser Übereinkunft zur Erhöhung von Fiskalzöllen

149 oder zur Einführung heute nicht bestehender Fiskalzölle schreitet, die geeignet ·wären, die Interessen irgendeines der Hohen Vertragschliessenden Teile ernstlich zu beeinträchtigen, so hat der Teil, der seine Interessen als verletzt erachtet, das Recht, diese Übereinkunft sofort xn kündigen mit der Wirkung, dass dieselbe für ihn einen Monat nach der Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes ihre Gültigkeit verliert.

Artikel VI.

Unbeschadet weitergehender Verpflichtungen, welche sich für jeden der Hohen Vertragschliessenden Teile aus der Inkraftsetzung der Internationalen Übereinkunft vom 8. November 1927 über die Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -bescbränkungen ergeben sollten, werden die Hohen Vertragschliessenden Teile das heute auf diesem Gebiet bestehende Regime nicht erschweren, andernfalls das in den Artikeln II und III dieser Übereinkunft vorgesehene Verfroren anwendbar wäre.

Artikel VII.

"Wenn irgendeiner der Hohen Vertragschliessenden Teile von dem in den Artikeln II, V, VI dieser Übereinkunft und im Unterzeichnungsprotokoll zu Artikel I--C, 5. Absatz, vorgesehenen Kündigungsrecht Gebrauch macht, kann jeder andere Hohe Vertragschliessende Teil, der die Auffassung hat, die vorgenommene Kündigung sei geeignet, für ihn das Gleichgewicht dieser Übereinkunft ernstlich zu verändern, diese selbst ebenfalls sofort kündigen mit der Wirkung, dass dieselbe für ihn einen Monat nach der Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes ihre Gültigkeit verliert, Artikel VIII.

a. Die vor dem heutigen Tage gekündigten zweiseitigen Handelsverträge fallen nicht unter die Bestimmung des Artikels I.

Die Tariferhöhungen, die sich aus dieser Kündigung ergeben sollten, bilden nicht Gegenstand des in Artikel II vorgesehenen Verfahrens.

b. Die vor dem heutigen Tage abgeschlossenen, aber noch nicht in Kraft getretenen zweiseitigen Handelsverträge können während der Geltungsdauer dieser Übereinkunft an die Stelle bestehender Verträge gesetzt werden; sie fallen dann unter die Bestimmung des Artikels I.

Die Tariferhöhungen, die sich aus der im vorangehenden Absatz erwähnten Ersetzung (bestehender Verträge) ergeben, bilden nicht Gegenstand des in Artikel II vorgesehenen Verfahrens.

c. Die an die StellevonHandelsverträgen getretenen vorläufigen Abkommen, welche vor dem heutigen Tage gekündigt worden sind und am genannten Tage in Kraft stehen, können während der Geltungsdauer dieser Übereinkunft

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t durch endgültige Handelsverträge oder andere provisorische Abkommen ersetzt -werden. Der Artikel I kommt auf diese letzteren Verträge oder Abkommen zur Anwendung.

Wenn sich jedoch aus diesen neuen Verträgen oder Abkommen Tariferhöhungen ergeben sollten, können diese Gegenstand des in Artikel II vorgesehenen Verfahrens bilden.

d. Die zweiseitigen Handelsverträge, auf die der Artikel I zur Anwendung kommt, können während der Geltungsdauer dieser Übereinkunft abgeändert oder ganz oder teilweise durch neue Abkommen ersetzt werden.

Um den Interessen der andern Hohen Vertragschliessenden Teile, insbesondere der in Artikel IV erwähnten, Bechnung tragen zu können, ist jedoch vereinbart worden, dass, wenn sich aus diesen neuen Abkommen Tariferhöhungen ergeben würden, diese Gegenstand des in Artikel II vorgesehenen Ver- " fahrens bilden könnten.

Artikel IX.

Diese Übereinkunft ist für die Dauer eines Jahres vom 1. April 1930 an abgeschlossen.

Vor dem 1. Februar 1931 kann jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile dem Generalsekretär des Völkerbundes mitteilen, dass er beabsichtige, am 1. April 1931 sich von der Übereinkunft zurückzuziehen.

Erfolgt keine solche Mitteilung, so bleibt die Übereinkunft für eine weitere Dauer von 6 Monaten in Kraft und so fort von 6 zu 6 Monaten. 2 Monate vor Ablauf dieser jeweiligen Dauer von 6 Monaten kann jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile dem Generalsekretär des Völkerbundes mitteilen, dass er beabsichtige, sich nach Beendigung der laufenden Gültungsdauer von der Übereinkunft zurückzuziehen.

Artikel X.

Wenn einer der Hohen Vertragschliessenden Teile von dem in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Hecht, sich von der Übereinkunft zurückzuziehen, Gebrauch macht, kann jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile, indem er sich zu diesem Zweck an den Generalsekretär des Völkerbundes wendet, eine Befragung unter allen Hoben Vertragschliessenden Teilen veranlassen, um über das Schicksal der Übereinkunft zu bestimmen. Wenn der: Generalsekretär es für notwendig erachtet, wird er eine Zusammenkunft der Hohen Vertragschliessenden Teile, die sich zur Teilnahme dazu verpflichten, einberufen.

Artikel XI.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile, entschlossen, diese Übereinkunft in einem Geiste loyaler Zusammenarbeit anzuwenden, verpflichten sich, von

151 jeglicher Massnahme abzusehen, die etwa darauf hinaus laufen könnta, die sieh aus der genannten Übereinkunft ergebenden Verpflichtungen zu umgehen.

Artikel XII.

Diese Übereinkunft, deren französischer und englischer Text gleich massgebend sind, trägt das Datum des heutigen Tages und kann bis zum 15. April 1930 von jedem auf der Konferenz vertretenen Mitglied des Völkerbundes und Nichtmitgliedstaat unterzeichnet werden.

Sie soll ratifiziert werden, und die ^Ratifikationsurkunden sollen vor dem 1. November 1930 beim Generalsekretär des Völkerbundes niedergelegt werden, der ihren Eingang sofort allen Mitgliedern des Völkerbundes sowie den Nichtraitgliedstaaten mitteilt, die an der Konferenz, welche diese "Übereinkunft aufgestellt hat, teilgenommen haben oder der Übereinkunft beigetreten sind.

Artikel XIII.

Der Generalsekretär des Völkerbundes beruft zwischen dem l, und 15. November 1930 eine Zusammenkunft der Hohen Vertragschliessenden Teile ein, die die Übereinkunft ratifiziert haben, und derjenigen, die gemäss den Bestimmungen des Artikels XIV ein Bcitrittsgesuch eingereicht haben.

Im Laufe dieser Zusammenkunft wird das Datum der Inkraftsetzung der Übereinkunft; festgesetzt und gegebenenfalls die Liste der Mitglieder des Völkerbundes und Nichtmitgliedstaaten, deren Beitritt für die Inkraftsetzung der genannten Übereinkunft als notwendig angesehen wird, aufgestellt.

Der Generalsekretär des Völkerbundes kann zu dieser Zusammenkunft alle Unterzeichner dieser Übereinkunft und auf das Verlangen eines der Hohen Vertragsdiliessenden Teile, der die genannte Übereinkunft ratifiziert hat, jedes andere Mitglied des Völkerhundes oder jeden Nichtmitgliedstaat, die an dieser Konferenz teilgenommen haben, einberufen, Artikel XIV.

Jedes Mitglied des Völkerbundes so-«ie jeder Nichtmitgliedstaat kann beim Generalsekretär des Völkerbundes ein Gesuch um Beitritt zu dieser Übereinkunft stellen.

Dieses Gesuch wird sofort durch den Generalsekretär den Mitgliedern des Völkerbundes und den Nichtmitgliedstaaten mitgeteilt, in deren Namen die Unterzeichnung dieser Übereinkunft oder der Beitritt zu ihr erfolgt ist.

Die Mitglieder des Völkerbundes oder Nichtmitgliedstaaten, die der Übereinkunft beizutreten wünschen, haben in ihrem Beitrittsgesuch anzugeben, ob sie wünschen, dass die Bestimmungen des Artikels II
oder des Artikels ÏV auf sie zur Anwendung kommen sollen. Sobald die Übereinkunft gemäss den Bestimmungen von Artikel XIII in Kraft gesetzt worden ist, wird der General-

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Sekretär die Hohen Vertragschliessenden Teile, welche diese Übereinkunft ratifiziert haben, in dieser Beziehung anfragen. Der Beitritt wird erst ein endgültiger mit der Zustimmung aller Hohen Vertragschliessenden Teile.

Er wird einen Monat nach dem Datum der Mitteilung von der getroffenen Einigung durch den Generalsekretär wirksam.

Artikel XV.

Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann im Augenblick der Unterzeichnung, der Eatifikation oder des Beitritts erklären, dass er durch die Annahme dieser Übereinkunft keine Verpflichtung für die Gesamtheit oder einen Teil seiner Kolonien, Schutzgebiete oder der Gebiete übernimmt, die seiner Suzeränität oder seinem Mandat unterstehen. In diesem Fall findet die Übereinkunft keine Anwendung auf die Gebiete, für die diese Erklärung abgegeben worden ist.

Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann in der Folge dem Generalsekretär des Völkerbundes mitteilen, dass er diese Übereinkunft auf die Gesamtheit oder einen Teil der Gebiete anwendbar erklären will, die Gegenstand der im vorangehenden Absatz vorgesehenen Erklärung waren. In diesem Fall wird das in Artikel XIV vorgesehene Verfahren angewendet.

Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann jederzeit erklären, dass diese Übereinkunft auf die Gesamtheit oder einen Teil seiner Kolonien, Schutzgebiete oder Gebiete, die seiner Suzeränität oder seinem Mandat unterstehen, nicht mehr anwendbar sein soll. In diesem Fall hört die Anwendbarkeit der Übereinkunft auf die in der genannten Erklärung aufgeführten Gebiete einen Monat nach Eingang dieser Erklärung beim Generalsekretärdes Völkerbundes auf.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Übereinkunft unterzeichnet.

Geschehen zu Genf am vierundzwanzigsten März eintausendneunhundertdreissig in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Völkerbundssekretariats niedergelegt wird. Eine beglaubigte Abschrift davon wird allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen Nichtmitgliedstaaten, die auf der Konferenz vertreten waren, übermittelt.

153

Protokoll der Handelsübereinkunft, Bei der Unterzeichnung der am heutigen Tage abgeschlossenen HandelsUbereinkunft haben die ordnungsgomäss bevollmächtigten Unterzeichneten, um die Durchführung dieser Übereinkunft zu sichern, folgende Bestimmungen vereinbart : Zu Artikel I.

A.

Der Ausdruck «Handelsvertrag» findet im Sinne dieser Übereinkunft Anwendung auf alle Arten von Vertragen, Übereinkünften, Abkommen oder Vereinbarungen -- endgültigen oder vorläufigen --, die Handelsbestimmungen enthalten, sowie auf alle ihnen angefügten Vereinbarungen.

B.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die für eine bestimmte Zeit und ohne Kündigungsklausel abgeschlossenen zweiseitigen Handelsverträge zwischen 2 der Hohen Vertragschliessenden Teile während der Geltungsdauer dieser Übereinkunft in Kraft bleiben, vorbehaltlich der Bestimmungen von Artikel VIII, d.

G.

Bei der Unterzeichnung dieser Übereinkunft erklärt Österreich, die Bestimmungen der genannten Übereinkunft auf seine gegenwärtig in Kraft stehenden Verträge mit Ungarn und der Tschechoslowakei nicht anwenden zu können.

Bei der Unterzeichnung dieser Übereinkunft erklärt die Tschechoslowakei, die Bestimmungen der genannten Übereinkunft auf ihren gegenwärtig in Kraft stehenden Handelsvertrag mit Ungarn nicht anwenden zu können.

Bei der Unterzeichnung dieser Übereinkunft erklärt Ungarn, um Österreich und der Tschechoslowakei die Unterzeichnung zu ermöglichen, dass es die in den Absätzen l und 2 hiervor von diesen beiden Staaten gemachten Vorbehalte annehme.

In gleicher Weise erklärt die Tschechoslowakei, um Österreich die Unterzeichnung zu ermöglichen, dass sie den im ersten Absatz hiervor von diesem Staat gemachten Vorbehalt annehme.

Falls sich aus Verhandlungen zwischen den drei obengenannten Ländern oder aus einer Kündigung eines der gegenwärtig bestehenden Verträge eine Zollerhebung ergeben sollte, ist vereinbart worden, dass jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile das Eocht hat, diese Übereinkunft mit einer Voranzeige von einem Monat gegenüber dem einen oder den beiden Teilen, die Bundesblatt. 82. Jahrg. Bd. II.

13

154 verlangt haben, die oben erwähnten Verträge von der Anwendung der Übereinkunft ausschliessen zu können, oder allen Hohen Vertragschliessenden Teilen gegenüber zu kundigen, ohne dass die Bestimmungen von Artikel II anwendbar würden.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Bestimmungen von § G nur auf die gegenwärtig in Aussicht genommene Revision der 3 vorerwähnten Verträge zur Anwendung kommen.

D.

Indem die Hohen Vertragschliessenden Teile der bestehenden besondern Lage Griechenlands in bezug auf seine hauptsächlichsten Ausfuhrprodukte Eechnung tragen, erkennen sie diesem Lande das Eecht zu, von dem in seinen Handelsverträgen vorgesehenen Kündigungsrecht in dem Falle Gebrauch zu machen, wo Massnahmen eines der Hohen Vertragschliessenden Teile, der Unterzeichner des einen oder andern der genannten Verträge ist, das Gleichgewicht im Handel zum Nachteil des genannten Landes ernstlich stören würden, ohne dass die Ausübung dieses Kündigungsrechts als den Verpflichtungen des Artikels I zuwiderlaufend angesehen würde.

Zu Artikel II.

A.

Die Bestimmungen des Artikels II finden keine Anwendung auf allfällige Zolländerungen, die in den bis zum heutigen Tage unterzeichneten Abkommen ausdrücklich vorgesehen oder zugelassen sind. Sie finden auch keine Anwendung in dem Falle, wo ein vorübergehend unter den Ansatz des autonomen Tarifs herabgesetzter Zoll auf diesen Ansatz wieder hinaufgesetzt wird,

B.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Bestimmungen dieser Übereinkunft keine Anwendung finden in dein Fall, wo die in einem Handelsvertrag mit einem an dieser Übereinkunft nicht teilnehmenden Staat vorgesehenen Vertragszölle infolge der Kündigung des genannten Handelsvertrages ausser Kraft treten.

Die Vertagszölle des gekündigten Vertrages können in diesem Fall entweder durch die Zölle des autonomen Tarifs oder die Vertragszölle aus andern in Kraft stehenden Verträgen ersetzt werden.

Zu Artikel II und V.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Hohen Vertragschliessenden Teile, indem sie die allfällige Kündigung der Übereinkunft im dritten Absatz von Artikel II und Artikel V vorsehen, keineswegs die Absicht haben, freundschaftliche Abmachungen zu untersagen, soweit die Lage und die Gesetzgebung der interessierten Staaten dies gestatten.

155

Zu Artikel III.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile erklären, dass sie sich verpflichten, die in Artikel III festgesetzte Voranzeigefrist von 20 Tagen in allen Fällen zu befolgen, wo ihre Gesetzgebung dafür kein Hindernis bildet, und in allen Fällen, wo nicht dringende Umstände eine unverzügliche Anwendung von Erhöhungen bestehender Zölle oder eine solche neuer Zölle erfordern.

Zu Artikel IV.

Die in Artikel IV erwähnten Hohen Vertragschliessenden Teile sind : Grossbritannien, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Portugal.

Zu Artikel V.

Die in Artikel IV erwähnten Hohen Vertragsohliessenden Teile erklären, daes sie den Ausdruck «Fiskalzölle» nicht in einem weiten Sinne auslegen und dass sie insbesondere diesen Ausdruck nicht auf Zölle anwenden werden, welche den Zweck haben, die nationale Produktion gegen die ausländische Konkurrenz zu schützen.

Zu Artikel VIII, d.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile sind einverstanden, dass die Bestimmungen von Artikel VIII, d, hauptsächlich den Zweck haben, Zollermässigungen zu ermöglichen, die normalerweise Gegenstand von Handelsvertragsverhandlungen bilden, ohne jedoch Zollerhebungen durch zweiseitige Abkommen über Anpassungen in Einzelheiten zu verhindern.

Zu Artikel XV.

Diese Übereinkunft findet Anwendung auf die Kanal-Inseln und die Insel Man, wie -wenn sie Kolonien -wären.

Dieses Protokoll hat die gleiche Rechtskraft, die gleiche Bedeutung und die gleiche Geltungsdauer wie die am heutigen Tage abgeschlossene Übereinkunft, als deren integrierenden Bestandteil es angesehen werden muss.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten dieses Protokoll aufgestellt.

Geschehen zu Genf am vierundzwanzigsten März eintausendneunhundertdreissig in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des VölkerbündeSekretariats niedergelegt wird; eine beglaubigte Abschrift davon wird allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen Nichtmitgliedstaaten, die auf der Konferenz vertreten waren, übermittelt.

156

Protokoll über das

in der Resolution der zehnten Völkerbundsversammlung erwähnte Programm der spätem Verhandlungen.

Die Unterzeichneten als Vertreter ihrer Eegierungen, vom Wunsche geleitet, den Resolutionen der Weltwirtschaftskonferenz von 1927 zum Durchbruch zu verhelfen, sind im Sinne der Besolution der zehnten Versammlung zur Erkenntnis gelangt, dass es unerlässlich ist, eine gemeinsame Aktion zur Erreichung einer engern Zusammenarbeit, einer Verbesserung der Ordnung von Produktion und Handel sowie einer Erweiterung der Absatzgebiete durch Erleichterung der Beziehungen der europäischen Märkte unter sich und zu den überseeischen Märkten zu unternehmen, um dadurch den Wirtschaftsfrieden unter den Nationen zu festigen.

Sie sind zur Ansicht gelangt, dass zu diesem Zwecke innert kürzester Frist internationale Verhandlungen aufgenommen werden sollten, um die schnellsten und wirksamsten Mittel zu bestimmen zur gegenseitigen Anpassung der wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Länder, zur rationelleren Organisation der Produktion und des Umsatzes der Güter und zur möglichsten Beseitigung der ungerechtfertigten Hindernisse, die sich der Entwicklung des internationalen Warenaustausches entgegensetzen.

Die Unterzeichneten haben daher übereinstimmend folgendes beschlossen : Artikel 1.

Von den Mitteln, die zu dem hiervor umschriebenen Ziele führen können, heben die Unterzeichneten namentlich diejenigen hervor, die das Zollwesen betreffen, besonders diejenigen, die die Herabsetzung der Tarife bewirken, wie auch alle andern zweckdienlichen Massnahmen, die auf eine bessere Organisation der Produktion und einen rationelleren Absatz der Produkte hinzielen.

In diesem Sinne sollen die an. der Konferenz vertretenen Staaten eingeladen werden, sobald wie möglich den diesem Artikel beigefügten Fragebogen zu beantworten. Die Antworten sollen vom Bestreben geleitet sein, über die aufgeworfenen Probleme wenn möglich bestimmte Vorschläge zu machen, die als Grundlage für die spätem Besprechungen dienen können.

157 Die Wirtschaftsorganisation soll diese zuvor vom Völkerbundssekretariat zusammengestellten Antworten studieren und dann den Eegierungen der befragten Staaten möglichst rasch formulierte Vorschläge zur Prüfung unterbreiten, die der bestehenden Lage Rechnung tragen und geeignet sind, für diese Prüfung in dem Sinne eine genügende Grundlage zu bieten, dass dann bei den in Aussicht genommenen Verhandlungen positive Eesultate erreicht werden können.

Auf Grund der Antworten der befragten Staaten auf die genannten Vorschläge soll der Völkerbundsrat das weitere Verfahren beschliessen. Er soll dabei dem Interesse Eechnung tragen, das daran besteht, die allfälligen Verhandlungen über das in den Artikeln l und 2 des vorhegenden Protokolls ausgearbeitete Programm vor dem Ablauf der heute abgeschlossenen Handelsübereinkunft zu beginnen.

Anlage zu Artikel 1.

A.

a. Worin besteht in jedem Lande die landwirtschaftliche Überproduktion ?

b. Welches sind die normalen Absatzgebiete dieser Produkte?

c. Welche zweckdienlichen Mittel können angewendet werden, um den Absatz und die Verteilung der "Überschüsse in diese normalen Absatzgebiete und in die andern Länder mit ungenügender Produktion sicherzustellen ?

B.

Welches sind die zweckdienlichen Mittel, um, namentlich durch Erhöhung der Kaufsmöglichkeit der Konsumländer, den Absatz der Industrieprodukte zu erleichtern?

C.

Welches sind im besondern, für die unter A und B hiervor erwähnten Produkte, die Zoll- und Administrativmassnahmen, die geeignet erscheinen, zur Erweiterung der Absatzgebiete und zur Verbesserung des internationalen Warenaustausches beizutragen ?

(Um die Vorbereitung eines zweckdienlichen Programms für Vorverhandlungen zu erleichtern, ist es wünschbar, dass vorerst, soweit die Tarife in Betracht gezogen werden, nur über diejenigen Änderungen einlässlichere Angaben gemacht werden, denen man die grösste Bedeutung beimisst.)

D.

Welches sind die zweckdienlichen Mittel, um den Austausch der europäischen Rohstoffe zwischen den verschiedenen Staaten und die bessere Ausnützung dieser Rohstoffe in befriedigenderer Weise sicherzustellen ?

158

Artikel 2.

Ohne die Ergebnisse der gemäss Artikel l vereinbarten Verhandlungen zu präjudizieren, beschliessen die Unterzeichneten, dass die hiernach erwähnten Angelegenheiten ebenfalls in das in der Eesolution der zehnten Völkerbundsversammlung vorgesehene Programm der spätem Verhandlungen aufgenommen werden sollen: 1. Jegliches Verfahren, das auf die Annahme einer vereinheitlichten Zollnomenklatur hinzielt, sobald die technischen Grundlagen eines bezuglichen internationalen Abkommens aufgestellt sind. Der Völkerbundsrat sollte daher die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes einladen, den dafür eingesetzten Sachverständigenausschuss zu beauftragen, die unerlässlichen Vorbereitungsarbeiten an die Hand zu nehmen und mit möglichster Beschleunigung durchzuführen; ferner die Möglichkeit der Anwendung der Massnahmen zu studieren, die vom Wirtschaftskomitee empfohlen würden, um die Prüfung und allfällige Verwendung des Arbeitsergebnisses der Sachverständigen zu beschleunigen.

2. Prüfung der verschiedenen Punkte des von der französischen Delegation vorgelegten, im Anhang wiedergegebenen Memorandums durch die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes : Studium und Vergleichung der Tarife ; einheitliche Kodifikation gewisser, gewöhnlich in zweiseitigen Handelsverträgen enthaltener nichttarifarischer Bestimmungen; Errichtung eines ständigen Schieds- und Vermittlungsorgans; Einberufung einer periodischen Begierungskonferenz.

3. Studien, Zusammenkünfte oder Konferenzen mit dem Zwecke, zu einer bessern Anwendung der Empfehlungen und Grundsätze der 1928 in Genf abgeschlossenen Übereinkunft für die Vereinfachung der Zollförmlichkeiten beizutragen.

4. Vor dem 1. September 1930 Mitteilung derjenigen Fälle von indirektem Protektionismus an das Völkerbundssekretariat, denen besonders dringlich abgeholfen werden sollte, gegebenenfalls unter Angabo der zweiseitigen Verträge, in denen bereits Massnahmen zur Verhinderung gewisser Arten dieses Protektionismus vereinbart worden sind. Die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes sollte durch den Eat eingeladen werden, einen Entwurf vorzubereiten für die Kodifikation dieser Bestimmungen in einer Übereinkunft.

5. Mitteilung aller Auskünfte, die sich dazu eignen, die verschiedenen Seiten der Frage der Ausfuhrprämien und Subventionen, welche bestimmt sind, die einheimische
Produktion zu begünstigen, abzuklären und dadurch, gegebenenfalls mittels internationaler Übereinkünfte^ die wünschbaren Lösungen finden zu helfen.

Zu diesem Zwecke sollte der Völkerbundsrat die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes einladen:

159

a. ein systematisches Verzeichnis der verschiedenen zur Anwendung gelangenden Arten von Prämien und Subventionen aufzustellen; b. die Gründe zu ermitteln, welche gewisse Eegierungen veranlasst haben, ein System von Prämien oder Subventionen einzuführen; c. zu untersuchen, in welchem Masse die bestehenden Systeme von Prämien und Subventionen die Interessen der andern Staaten beeinträchtigen; d. die Massnahmen zu ermitteln, zu denen die Staaten, welche sich über die Auswirkungen dieser Prämien und Subventionen zu beklagen haben, veranlasst werden könnten, um deren Wirkungen zu bekämpfen; e. zu ermitteln, ob nicht das gesamte Problem Gegenstand einer kollektiven Übereinkunft bilden könnte.

6. Im Zusammenhang mit den Problemen der illoyalen Konkurrenz: Namentlich Prüfung, ob die Bevision des Madrider Abkommens veranlasst werden sollte, um dessen Bestimmungen auszudehnen.

Die Unterzeichneten halten insbesondere dafür, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes mit der Vorbereitung der Grundlagen für eine besondere Übereinkunft zum wirksamen Schutze der Ursprungsbezeichnungen und der typischen Produkte betraut werden sollte.

7. Unterstützung und tatkräftige Mitarbeit bei den gegenwärtig im Gang befindlichen Untersuchungen, in der Hoffnung, dass das Unterkomitee der Veterinärexperten sobald wie möglich einen oder mehrere Vorentwürfe für internationale Übereinkünfte aufstellen und dass innert kürzester Frist, wenn möglich vor Ende 1981, eine Konferenz zusammentreten werde, um eine oder mehrere internationale V e t e r i n ä r u b e r e i n k ü n f t e abzuschliessen, die den Handel mit Tieren und tierischen Produkten erleichtern und jegliche Befürchtung unterschiedlicher Behandlung und ungerechtfertigter Protektion auf diesem Gebiete zu zerstreuen gestatten würden.

8. Sobald wie möglich Eröffnung oder Fortsetzung von Verhandlungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen, die sich aus der gleichzeitigen Anwendung verschiedener Fiskalgesetzgebungen ergeben können, und zum Abschluss von zwei- oder mehrseitigen Abkommen im Sinne der Empfehlungen, die im Bericht der Begierungsexperten für die Doppelbesteuerung und Steuerflucht enthalten sind, welche im Oktober 1928 in Genf versammelt waren.

9. Gleichzeitige Aktion, um zu erreichen, dass die zweite Tagung der im November 1929 abgehaltenen Internationalen
Konferenz für die Behandlung der Ausländer gemäss dem am 5. Dezember 1929 in Paris unterzeichneten Protokoll zur Aufstellung einer Übereinkunft auf liberalsten Grundlagen gelangt.

160

Artikel 3.

Die Unterzeichneten sind übereingekommen, dass bei der Anwendung der Artikel l und 2 den in der Beilage zu diesem Protokoll enthaltenen Empfehlungen und Erwägungen Rechnung getragen werden soll.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten dieses Protokoll aufgestellt.

Geschehen zu Genf am vierundzwanzigsten März eintausendneunhundertunddreissig in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Völkerbundssekretariates niedergelegt wird; eine beglaubigte Abschrift davon wird allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen Nichtmitgliedstaaten, die auf der Konferenz vertreten waren, übermittelt.

Beilage.

Kapitel

I. -- Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen industriellen und landwirtschaftlichen Ländern.

Kapitel II. -- Rückwirkung der Kollektivverträge auf die Beziehungen zwischen den beteiligten und den dritten Staaten.

Kapitel III. -- Verschiedene Fragen der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen.

Kapitel I. -- Begelang der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen industriellen and landwirtschaftlichen Ländern.

I.

Die Konferenz hat die Möglichkeiten diskutiert, sowohl vom Zoll- als auch vom allgemeinen praktischen Standpunkt aus eine bessere Organisation der Märkte und einen leichteren Absatz der landwirtschaftlichen Produktion zu sichern. Sie hat sich namentlich mit der Prüfung der Mittel befasst, die geeignet sind, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den europäischen Exportund Importstaaten von landwirtschaftlichen Produkten zu beleben, ohne der Entwicklung der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen zu schaden.

Die Agrarländer klagen über eine wirtschaftliche Depression, die ihres Erachtens namentlich vom direkten oder indirekten agrarischen Protektionismus gewisser europäischer Industrieländer herrührt wie auch von der Konkurrenz überseeischer Länder, die in ihrer Produktion durch wirtschaftliche Ausnahmebedingungen begünstigt sind. Sie verlangen von den Industrieländern mehr Stabilität und Sicherheit im Austausch von landwirtschaftlichen Produkten. Um sich mit der überseeischen Konkurrenz messen zu können, wünschen sie, dass die europäischen Industrieländer einen Teil ihrer Kapitalien mittels landwirtschaftlicher Kredite den Agrarländern zufliessen lassen;

16t endlich und vor allem wünschen sie eine engere Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Handels.

Die Industrieländer bekunden ebenfalls den Wunsch nach dieser Zusammenarbeit. Da sie gezwungen sind, für ihre Bedürfnisse landwirtschaftliche Produkte einzuführen, sehen sie in der Entwicklung und dem Wohlstand der Agrarländer die Möglichkeit, den Absatz ihrer Industrieprodukte auszudehnen, II.

Bei der Prüfung, durch welche Methode man zu dieser engern Zusammenarbeit zwischen den europäischen Agrar- und Industrieländern gelangen könnte, hat die Konferenz den Zollfragen eine ganz besondere Bedeutung beigemessen.

Sie hat die Besprechung eines Programms späterer Verhandlungen über Zollabkommen auf Grundlage einer Vorzugsbehandlung ins Auge gefasst.

Diese Abkommen sollten auf den gegenseitigen Interessen der Staaten aufgebaut sein und den Abschluss mehrseitiger, allen Ländern offenstehender Übereinkünfte zum Ziele haben.

Die Konferenz hat namentlich den Vorschlag einer Delegation geprüft, wonach die europäischen Staaten gegenseitig für europäisches Getreide in eine Eeduktion der Einfuhrzölle um 50 % einwilligen würden.

Diese Abkommen, die eine Ausnahme von der Meistbegünstigungsklausel darstellen würden '), würden eine entsprechende Anpassung der Zoll- und Handelspolitik der in Betracht fallenden Staaten erfordern. Es wäre namentlich wichtig, die Frage der Beziehungen mit den überseeischen Nationen zu regeln.

Die Konferenz hat die schwerwiegende Bedeutun'g solcher Bestimmungen im allgemeinen und besonders derjenigen, die die Gefahr in sich bärgen, den europäischen Markt in Gegensatz zum Weltmarkt zu setzen, ausdrücklich unterstrichen. Es ist nahegelegt worden, dass es angezeigt wäre, sich bei den interessierten Staaten darüber zu erkundigen, in welchem Masse sie eine europäische Zollpolitik zuliessen, die den Austausch der europäischen Agrarprodukte begünstigen würde. Gewisse Delegationen haben sich jedoch dieser Anregung nicht angeschlossen und erklärt, dass ihres Erachtens das Vorzugssystem nicht nur den internationalen Beziehungen schaden würde, sondern auch geeignet wäre, die schon bestehenden Schwierigkeiten zu verschärfen.

Sie haben deshalb geglaubt, vom Vorzugssystem abraten zu sollen.

III.

Bei dieser Gelegenheit haben mehrere Delegationen die Meinung ausgedrückt, dass man die Bedeutung der Zölle als Faktoren des internationalen Handels überschätze ; ihres Erachtens könnten nicht einmal Vorzugsabkommen eine ungünstige Lage ändern, die durch andere Elemente bestimmt ist, wie z. E. durch die Unvollkommenheit der Handelsorganisation. Diese Dele*) Vgl. bezüglich der Meistbegünstigungsfrage das Kapitel II hiernach.

162 gationen haben auch die dringende Notwendigkeit unterstrichen, gewisse landwirtschaftliche Produktionszweige zu rationalisieren, um ihnen zu ermöglichen, sieb auf dem internationalen Markte zu behaupten. Es ist ohne Zweifel angezeigt, diesen praktischen Massnahmen, die die Grundlage späterer Verhandlungen zur Ausgleichung der industriellen und der landwirtschaftlichen Interessen bilden könnten, eine wenigstens ebenso grosse Bedeutung beizumessen wie den Massnahmen auf dem Gebiete der Zollpolitik.

Die ungenügende Verteilungsorganisation der europäischen landwirtschaftlichen Produktion bildet eines der hauptsächlichsten Hindernisse für deren Absatz. Wenn in allen Agrarländern eine moderne Organisation bestünde, wie sie in andern Kontinenten besteht, wäre es viel leichter, den Überschüssen der europäischen Produktion einen lohnenden Absatz zu sichern.

Die Konferenz hat unterstrichen, dass es für jedes Land wichtig sei, seine Produktion auf eine rationelle Weise zu organisieren und für die Verteilung der landwirtschaftlichen Produktion besondere Organisationen zu schaffen, wie Kaufs- und Verkaufsgenossenschaften, die die Erleichterung des Ankaufs und der Einlagerung der Produkte ermöglichen, Kreditinstitute usw.

Es ist besonders wichtig, die landwirtschaftlichen Statistiken zu vervollkommnen, in erster Linie hinsichtlich der Produktion und der Vorräte, und zwar im Kontakt mit dem Internationalen Landwirtschaftsinstitut in Rom, das seine Bemühungen weiterhin ganz besonders der Sammlung und dem Studium dieser statistischen Angaben widmen könnte.

Eine gute interne Organisation in den europäischen Ländern wäre die Voraussetzung, die nach der Ansicht verschiedener Delegationen gestatten würde, unter Umständen die Schaffung eines zentralen Organs ins Auge zu fassen, welches bestimmt wäre, die Beziehungen der nationalen Organisationen unter sich im Sinne einer Rationalisierung der Produktion zu erleichtern. Ohne der sehr nützlichen Tätigkeit des Internationalen Landwirtschaftsinstitutes und des Institutes für wissenschaftliche Arbeitsorganisation im mindesten Abbruch zu tun, würde sich dieses Zentralorgan nicht nur mit den Handelsmethoden, die den Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte erleichtern können, befassen, sondern auch mit der systematischen Prüfung der Produktion in den verschiedenen
Ländern, um diese Produktion den Bedürfnissen der Weltmärkte anzupassen.

IV.

Die Konferenz befürwortet alle Massnahmen, die die Organisation des l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Kredites erleichtern könnten.

Sie weist auf die Wichtigkeit der vom Völkerbund unternommenen Vorarbeiten für den Abschluss einer oder mehrerer internationaler Veterinärü b e r e i n k ü n f t e hin und wünscht, dass diese Arbeiten tatkräftig fortgesetzt werden, damit sie einen praktischen Erfolg zeitigen.

Die Konferenz hat die Zweckmässigkeit unterstrichen, durch Sachverständige die Frage des T r a n s p o r t e s der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Produkte

163

auf dem Schienen* und Wasserwege wie auch die Frage der auf die landwirtschaftlichen Produkte angewendeten Spezialtarife, unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass keine unterschiedliche Behandlung stattfinden soll, prüfen zu lassen.

Gewisse Delegationen haben auch die Nachteile eines Systems des indirekten Protektionismus hervorgehoben, das sich in den verschiedensten Formen äussert, wie in der Beschränkung des Vermahlens des fremden Getreides in künstlichen, mittels Getreidemonopols errichteten Schranken usw.

Ebenso ist von gewissen Delegationen das in verschiedenen Staaten angewendete System der gleitenden Zölle als Hindernis für die Stabilisierung der wirtschaftlichen Beziehungen erklärt worden. Sie halten dafür, dass dieses System selbst den einheimischen Landwirten keinen wirklichen Nutzen sichert und nur für die Spekulation und den Zwischenhandel vorteilhaft ist.

Wo ein solches System besteht oder eingeführt würde, sollten die tarifarischen Anpassungen auf genügend lange Zeitdauer angewendet werden, um der Spekulation und den durch dieses System auf dem Weltmarkt hervorgerufenen Störungen vorzubeugen.

Schiiissfolgerungen : 1. Die Konferenz empfiehlt, der Völkerbund möge die Mitteilungen sammeln, die der Vorbereitung einer spätem gemeinsamen Aktion dienlich sind, welche geeignet wäre, einerseits den Absatz der landwirtschaftlichen Produktion der europäischen Länder dadurch zu fördern, dass sie diesen die europäischen und andern Märkte sichert, und anderseits die für die industrielle Produktion wünschbaren Kompensationen zu bestimmen.

2. In der Erwägung, dass die Herstellung von direkten Handelsbeziehungen zwischen den landwirtschaftlichen Genossenschaften der Agrarländer und den Konsumgenossenschaften der Industrieländer und allen andern in Betracht fallenden Verbänden zur Entwicklung des Handels zwischen diesen beiden Arten von Ländern beitragen könnte, spricht die Konferenz den Wunsch aus, der Völkerbund möge zwecke Erreichung dieses Zieles die notwendigen Vereinbarungen mit den zuständigen Organen, die sich bereits mit der Frage befassen, fördern und auch prüfen, unter welchen Bedingungen die im Abschnitt III hiervor vorgesehenen Organisationen in den Ländern, die es wünschen, geschaffen werden könnten.

8. In der Erwägung, dass der Kapitalmangel für die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen den industriellen und den landwirtschaftlichen Ländern ein ernstliches Hindernis bildet, was die Kaufkraft der landwirtschaftlichen Länder bedeutend schwächt und auf die Warenausfuhr der Industrieländer zurückwirkt ;

164 mit Genugtuung von den in den Untersuchungen über die landwirtschaftliche Kreditorganisation hauptsächlich durch das Internationale Landwirtschaftsinstitut in Born erreichten Fortschritten Kenntnis nehmend: drückt die Konferenz die Hoffnung aus, dass dank der Zusammenarbeit des Völkerbundes mit dem genannten Institut eine befriedigende Lösung gefunden werden dürfte, indem die diesbezüglich auf die Lage bestimmter Länder anzuwendenden Mittel oder, in einem spätem Stadium, die Mittel zur Sicherstellung der internationalen landwirtschaftlichen Kreditorganisation ausfindig gemacht werden.

4. Unter Kenntnisnahme, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes, gestützt auf die bedeutenden Arbeiten der von ihr eingeladenen Sachverständigen, reichliches Material über die Organisation des tierärztlichen Dienstes in verschiedenen Ländern und über die Anwendung der Ein- und Ausfuhrvorschriften für Tiere und tierische Produkte besitzt: drückt die Konferenz die Hoffnung aus, das Wirtschaftskomitee des Völkerbundes werde in diesen Arbeiten die notwendigen Unterlagen finden, um dem Völkerbundsrat vorzuschlagen, sobald wie möglich eine internationale Konferenz einzuberufen zum Abschluss einer oder mehrerer Veterinärübereinkünfte, die den Handel mit Tieren und tierischen Produkten erleichtern und jegliche Befürchtung unterschiedlicher Behandlung und ungerechtfertigter Protektion auf diesem Gebiete zu zerstreuen gestatten würden.

Die Konferenz drückt daher den Wunsch aus, die an der Konferenz vertretenen Staaten möchten die in Angriff genommenen Studien unterstützen und dabei in der Absicht mitarbeiten, sie zu einem positiven Ergebnis ?u führen, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit der Ergänzung ihrer Handelsverträge durch zweiseitige Veterinärübereinkünfte ins Auge fassen.

5. Die Konferenz ersucht den Bat, die Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr des Völkerbundes in Verbindung mit der Wirtschaftsorganisation zu beauftragen, die Frage des Transportes der landwirtschaftlichen Produkte und der darauf anwendbaren Tarife zu prüfen, um sobald wie möglich zu zweckdienlichen Vereinbarungen zur Sicherung der tatsächlichen Durchfuhrfreiheit und zur Erleichterung des Transportes der landwirtschaftlichen Produkte zu gelangen.

6. Die Konferenz drückt den Wunsch aus, die Staaten möchten
ernstlich die Möglichkeit prüfen, der am 16. April 1929 in Born unterzeichneten Pflanzenschutzübereinkunft beizutreten, damit diese Übereinkunft baldigst auf eine möglichst grosse Anzahl von Staaten angewendet werden kann.

Sie hält es im Sinne einer der Resolutionen der zehnten Versammlung für angezeigt, dass das Wirtschaftskomitee eingeladen werde, seine Untersuchungen über die handelspolitische Seite des Problems tatkräftig fortzusetzen.

165

Kapitel II. -- Rückwirkung der Kollektivverträge auf die Beziehungen zwischen den beteiligten und den dritten Staaten1).

Die Konferenz ist bei der Besprechung über die Kollektivverträge, die als Ergebnis der von der Versammlung vorgesehenen Verhandlungen ins Auge gefasst wurden, von den Empfehlungen des Wirtschaftskomitees über die Beziehungen zwischen den zweiseitigen, auf der Meistbegünstigungsklausel beruhenden Verträgen und den mehrseitigen wirtschaftlichen Übereinkünften ausgegangen.

Mehrere Delegationen haben einerseits geltend gemacht, dass die Anwendung der unbeschränkten und bedingungslosen Meistbegünstigungsklausel, wie sie in den meisten zweiseitigen Verträgen enthalten ist, ein ernstliches Hindernis für die auf den Abschluss von Kollektivverträgen gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit des Völkerbundes bilde. Anderseits ist bemerkt worden, dass die Einschränkung der Meistbegünstigungsklausel hinsichtlich der sich aus den mehrseitigen Verträgen ergebenden Vorteile eine schwere Hemmung der freien Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen bedeute.

Die Konferenz ist sich bewusst, dass eine Einschränkung der Meistbegünstigungsklausel zugunsten der mehrseitigen Verträge nur mit gegenseitiger Zustimmung der Vertragsparteien in die Handelsverträge aufgenommen werden kann.

Gewisse Delegationen halten dafür, dass eine Einschränkung der Meistbegünstigungsklausel zugunsten der mehrseitigen Verträge nicht in die künftigen Handelsverträge aufgenommen werden sollte. Andere Delegationen sind hingegen der Meinung, es wäre zwecks Erleichterung des Abschlusses der mehrseitigen Verträge wünschbar, dass künftig in die Handelsverträge eine Bestimmung aufgenommen würde, um von den Wirkungen der Meistbegünstigungsklausel die Vorteile auszusobJiessen, die sich aus den mehrseitigen Verträgen von allgemeiner Tragweite ergeben, welche unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossen worden sind und allen Staaten zum Beitritt offenstehen. Nach der Auffassung dieser Delegationen sollte eine solche Bestimmung in dem Sinne ergänzt werden, dass ein derartiger Vorbehalt in dem Falle nicht anwendbar wäre, wo der Staat, der die aus dem mehrseitigen Vertrag sich ergebenden Vorteile beansprucht, ohne diesem Vertrage beigetreten zu sein, bereit wäre, volles Gegenrecht üu gewähren.

Diesbezüglich haben gewisse
Delegationen der Konferenz Formeln von Vorbehaltsklauseln bekannt gegeben, die schon in einigen ihrer Handelsverträge enthalten sind. Bei dieser Gelegenheit ist festgestellt worden, dass gewisse Staaten durch Notenaustausch die Wirkungen der in bestehenden Verträgen enthaltenen Meistbegünstigungsklausel im hier erwähnten Sinne beschränkt haben. Gewisse Delegationen haben darauf aufmerksam gemacht, dass es nützlich wäre, eine diesen Formeln entsprechende Musterklausel aufl

) Eine Seite dieser Frage ist im Kapitel I behandelt.

166 zustellen. Einige Delegationen haben sogar angeregt, den Abschluss einer mehrseitigen Übereinkunft zwischen den Staaten, die bereit wären, einen solchen Vorbehalt in ihren künftigen Handelsverträgen aufzunehmen, ins Auge zu fassen.

Eine Delegation hat die, übrigens auch von andern Delegationen geteilte Meinung ausgedruckt, dass die Einschränkung der Meistbegünstigungsklausel hinsichtlich der sich aus mehrseitigen Verträgen ergebenden Vorteile die Tragweite dieser Klausel vollständig ändern und ihre wesentliche und hauptsächlichste Wirkung aufheben würde.

Gewisse Delegationen haben die Hoffnung ausgedrückt, dass die Staaten mit in Kraft stehenden zweiseitigen Verträgen durch die Entwicklung der internationalen Wirtschaftspolitik veranlasst werden, die Möglichkeit ins Auge zu fassen, unter Wahrung ihrer Interessen und trotz der ihnen aus den bestehenden Verträgen zukommenden Eechte die Hindernisse zu überwinden, die sich gegebenenfalls angesichts dieser Verträge dem Abschluss von Kollektivabkommen entgegenstellen, weil es ihnen ja diese, allen Staaten zum Beitritt offenstehenden Abkommen möglich machen würden, sich deren Vorteile durch Teilnahme am gemeinsamen Werke zu sichern, Schlussfolgerungen : 1. Nach der Ansicht der Konferenz kann die Tragweite der Meistbegünstigungsklausel nur durch Vereinbarung unter den beiden beteiligten Parteien verändert werden.

2. Für die Zukunft ziehen es die vertretenen Begierungen vor, sich bezüglich der Frage der Zweckmässigkeit, von den durch gewisse Delegationen angeregten Methoden zur Beschränkung der Meistbegünstigungsklausel Gebrauch zu machen, volle Handlungsfreiheit vorzubehalten.

8. Mehrere Delegationen haben hervorgehoben, dass der Abschluss der in der Besolution der zehnten Versammlung ins Auge gefassten Kollektivabkommen erleichtert würde, wenn in die künftigen zweiseitigen Verträge eine Ausnahme von der unbeschränkten Meistbegünstigungsklausel aufgenommen würde.

Diese Delegationen ha.ben darauf gehalten, ihr Einverständnis mit dem folgenden, vom Wirtschaftskomitee formulierten Grundsatz zu bezeugen: «Der fragliche Vorbehalt wäre in dem Falle nicht anwendbar, wo der Staa,t, der die aus dem mehrseitigen Vertrag sich ergebenden Vorteile beansprucht, ohne diesem Vertrage beigetreten zu sein, bereit wäre, volles Gegenrecht zu gewähren.» Gewisse dieser
Delegationen haben immerhin noch erläutert, dass nach ihrer Meinung diese Gegenseitigkeit der Zustimmung aller Signatarstaaten des mehrseitigen Vertrages bedürfen sollte.

167

Andere dieser Delegationen haben auseinandergehende Meinungen geäussert einerseits über die Zweckmässigkeit von Musterformeln für den Vorbehalt und. andererseits über die Zweckmässigkeit einer mehrseitigen Übereinkunft zur Aufnahme des genannten Vorbehalts in die künftigen Verträge.

4. Anderseits haben sich mehrere Delegationen gegen alle diese Methoden ausgesprochen und überhaupt gegen alle Ausnahmen von der unbeschränkten Meistbegünstigungsklausel. Infolgedessen scheinen, trotz der gegenteiligen Ansicht einiger Delegationen, bei der gegenwärtigen Lage Kollektivverhandlungen über diese Frage nicht empfehlenswert ; die Konferenz hält aber dafür, dass die verschiedenen Gedanken, die während dei Besprechungen geäussert wurden, mit Nutzen in den künftigen Untersuchungen über die Gesamtheit des Problems wieder in Erwägung gezogen -werden könnten.

Kapitel III. -- Verschiedene Fragen der internationalen ·wirtschaftlichen Beziehungen.

a. Allgemeine und endgültige Inkraftsetzung der Übereinkunft für die Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen, Die Konferenz hat die Frage geprüft, ob es möglich wäre, die durch die Übereinkunft für die Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen zugestandenen besondern Ausnahmen zu beseitigen; sie hat aber nicht geglaubt, diesbezüglich Empfehlungen aufstellen zu können, weil ihres Erachtens die Bestimmungen der Übereinkunft hinsichtlich der in ihr besonders aufgeführten Ausnahmen selber vorsehen, dass diejenigen vorübergehender Natur verschwinden sollen und die andern wegen ihrer geringen Wichtigkeit aufrechterhalten bleiben können.

Was die in den Artikeln 4 und 5 der Übereinkunft für die Abschaffung der Verbote für die Vertragsstaaten vorgesehene Möglichkeit betrifft, unter gewissen Bedingungen Ein- und Ausfuhrverbote oder -beschränkungen zu erlassen oder beizubehalten, erachtet es die Konferenz nicht als ihre Sache, Änderungen des Textes der Übereinkunft anzuregen, da die Vertragsstaaten diesbezüglich selber zuständig sind.

Schliesslich betont die Konferenz ganz besonders die Wichtigkeit der Übereinkunft vom 8. November 1927 und des Ergänzungsabkommens vom 11. Juli 1928 und äussert den Wunsch, dass eine möglichst grosse Anzahl Staaten dieser Übereinkunft beitreten.

b. Ausbau der Übereinkunft von 1923 für die Vereinfachung der Zollformalitäten.

Die Konferenz hat die besondere Wichtigkeit dieser Übereinkunft festgestellt sowie die günstige Wirkung, die ihre Bestimmungen in den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Ländern ausgeübt haben.

168 Die Konferenz bekundet ihre Absicht, auf dem Gebiete der Vereinfachung der Zollformalitäten neue Fortschritte zu verwirklichen; über deren Form zu entscheiden und die besondern Fragen zu bestimmen, auf die sich die Fortschritte beziehen sollten, wird Sache der Organisationen des Völkerbundes sein.

Unter Anerkennung des Umstandes, dass das von dieser Übereinkunft erfasste weite Gebiet Fragen berührt, die nicht deshalb behandelt werden sollten, um zu einer revidierten Übereinkunft, sondern um, durch Zusammenkünfte der beteiligten Verwaltungen, zu zweckdienlichen Vereinbarungen zu gelangen, ist die Konferenz der Ansicht, dass die Staaten sich verpflichten sollten, an jeglichen künftigen Arbeiten, Zusammenkünften oder Konferenzen teilzunehmen, die zum Ziele haben, zu einer immer wirksameren Anwendung der in dieser Übereinkunft enthaltenen Empfehlungen und Grundsätze beizutragen.

Sie drückt den "Wunsch aus, dass eine möglichst grosse Anzahl Staaten, und namentlich alle europäischen Staaten, mögliphst bald dieser Übereinkunft beitreten.

c. Beseitigung des indirekten Protektionismus.

Die Konferenz drückt den Wunsch aus, dass man rasch und mit den geeignet erscheinenden Mitteln zur Beseitigung des indirekten Protektionismus in allen seinen Formen gelange, und wünscht die diesbezüglich von der Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes unternommenen Arbeiten zu einem guten Ende geführt zu sehen.

d. Ausdehnung der Anwendung der Abkommen über das Schiedsgerichtswesen in Handelssachen.

Die Konferenz drückt den Wunsch aus, dass das Protokoll von 1923 und ·die Übereinkunft von 1927 unter einer möglichst grossen Anzahl Staaten .rasch in Kraft gesetzt werden und dass insbesondere die Staaten, die bereits das Protokoll von 1923 angenommen haben, auch die Übereinkunft für 1927, die eine natürliche Ergänzung des Protokolls bildet, ratifizieren.

e. Möglichkeiten der Abschaffung der Ausfuhrprämien und Subventionen, die bestimmt sind, die nationale Produktion zu begünstigen.

Die Konferenz drückt die Erwartung aus, dass in möglichst weitem Masse àie Übung, direkte oder indirekte Prämien und Subventionen zu gewähren, in allen Fällen verschwindet, wo diese Massnahmen geeignet sind, dadurch einen merklichen Einfluss auf die internationalen Handelsbeziehungen auszuüben, dass sie durch andere Mittel als die Molle
die Konkurrenzbedingungen auf dem internationalen Markte verändern, und sie erwartet, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes beauftragt wird, alle Mitteilungen zu sammeln, die dazu dienen, die verschiedenen Seiten der Frage zu beleuchten und so die Ermittlung der wünschbarsten Lösungen zu erleichtern.

169

/. Verallgemeinerung der Abkommen über die Verhinderung der Doppelbesteuerung und der Steuerflucht.

Die Konferenz ist der Ansicht, dass die teilnehmenden Staaten sobald wie möglich Verhandlungen einleiten sollten, um das Netz der auf diesem Gebiete bestehenden zweiseitigen Übereinkünfte auszudehnen, für welche Verhandlungen die vom Völkerbund aufgestellten Entwürfe sehr nützlich waren.

g. Vereinheitlichung der Gesetzgebungen über die Kreditpapiere.

In der Überzeugung, dass die Vereinheitlichung der Gesetzgebungen des sogenannten kontinentalen Systems der Wechsel, Orderpapiere und Checks, wie sie in den Entwürfen vorgesehen ist, die der vom Völkerbund auf den 18. Mai 1980 nach Genf einberufenen Konferenz unterbreitet werden, für die Erleichte- ' rung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Ländern wirklich nützlich und sehr wichtig wäre, drückt die Konferenz den Wunsch aus, dass diejenigen vertretenen Staaten, die das kontinentale System angenommen haben, an der bevorstehenden Konferenz teilnehmen, um diese zu einem fruchtbaren Ergebnis zu führen.

h. Abschlags einer internationalen Übereinkunft über die Behandlung der Ausländer, mit Inbegriff der Zulassnngsfragen.

Nachdem die Konferenz vom Schlussprotokoll der ersten, im November 1929 in Paris abgehaltenen Konferenz über die Behandlung der Ausländer Kenntnis genommen hat, stellt sie mit Befriedigung fest, dass die beteiligten Staaten dort die Nützlichkeit hervorheben, die darin läge, die ins Auge gefasste Übereinkunft auf liberalster Grundlage aufzustellen; sie wünscht, die nächste Tagung möge zu einem Ergebnis gelangen, das dieser Auffassung Eechnung trägt.

Was die Frage der Zulassung betrifft, nimmt die Konferenz Kenntnis von der Besolution der zehnten Versammlung, wonach das Wirtschaftskomitee eingeladen worden ist, dem Hat sobald wie möglich die Unterlagen zu liefern, die ihm ein Urteil darüber gestatten würden, ob, in welcher Form und in welchem Umfang die wirtschaftliche Seite des Problems der Zulassung der Ausländer untersucht werden könnte, und sie regt an, das Wirtschaftskomitee möge die tauglichen Mittel prüfen, um mit Bezug auf die Zulassung zu einem möglichst umfassenden Abkommen zu gelangen.

i. Ursprungsbezeichnungen.

Eine Delegation hat darauf hingewiesen, dass es wünschbar wäre, den Ursprungsbezeichungen für die Produkte, die ihre besondern Eigenschaften dem Boden oder Klima verdanken, einen Schutz zu gewähren. In diesem Zusammenhang ist bemerkt worden, das Madrider Abkommen sei diesbezüglich ungenügend.

Bundesblatt. 82. Jahrg.

Bd. II.

14

170 Eine aridere Delegation hat verlangt, dass dieser Schutz auf gewisse Arten von Industrieprodukten ausgedehnt werde.

Eine dritte Delegation hat hervorgehoben, dass eine gründliche Prüfung der Frage auch den Schutz der mit Eücksicht auf die ihnen innewohnenden Eigenschaften oder die Produktionsmethoden typischen Produkte erfassen sollte.

Die Konferenz hält dafür, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes beauftragt werden sollte, diese Probleme als eine Seite der illoyalen Konkurrenz zu studieren und demgemäss zu prüfen, ob nicht die Eevision des Madrider Abkommens im Sinne einer Ausdehnung seiner Bestimmungen veranlasst werden sollte, oder aber die Grundlagen für eine besondere Übereinkunft auf diesem Gebiete vorzubereiten.

j. Industriekartelle.

Die Konferenz drückt den Wunsch aus, dass die vom juristischen und ·wirtschaftlichen Standpunkt aus über diese Frage vorgenommenen Untersuchungen und Arbeiten des Wirtschaftskomitees fortgesetzt werden, um rasch zu befriedigenden Ergebnissen zu gelangen.

Je. Rationalisierung.

Die Konferenz erachtet es als wünschbar, dass die Zusammenarbeit der Wirtschaftsorganisation mit dem Internationalen Institut für wissenschaftliche Arbeitsorganisation fortgeführt werde. Sie ist der Ansicht, dass der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr empfohlen werden sollte, die Fragen der Eationalisierung, die sich auf dem Gebiete des Transportwesens stellen, nicht aus dem Auge zu lassen.

l. Ausdehnung der internationalen Transportabkommen.

Die Konferenz erachtet es als von grösster Wichtigkeit, dass die auf dem Gebiete des Transportwesens bestehenden internationalen Abkommen von einer möglichst grossen Anzahl Staaten ratifiziert werden.

Sie drückt die Hoffnung aus, dass die gegenwärtigen Studien zur Ausarbeitung eines internationalen Abkommens über den Automobilverkehr zu Handelszwecken sobald wie möglich zu gutem Ende geführt werden.

Die Konferenz erachtet es als zweckmässig, dass die Möglichkeit des Abschlusses eines internationalen Abkommens über die Schiffahrt auf den nationalen Wasserstrassen geprüft wird, welches Abkommen namentlich die Grundsätze aufnehmen würde, die gegenwärtig im Zusatzprotokoll zum Übereinkommen von Barcelona von 1921 enthalten sind.

Die Konferenz hält es ebenfalls für nützlich, dass die Bahnverwaltungen der verschiedenen Länder durch deren Eegierungen eingeladen werden, die Möglichkeit zu prüfen, ihren internationalen Abkommen auf dem Gebiete des Transportwesens Grundsätze zugrunde zu legen, die mit denjenigen über die Freiheit der- Verkehrswege übereinstimmen.

171 Gleichmässige Anwendung der ESsenbahntarife.

In der Meinung, das« gewisse Transporttarife für die Einfuhr wie auch gewisse Inlandstarife, aus denen sich eine unterschiedliche Behandlung der fremden Waren ergibt, eine Art des indirekten Protektionismus sein und dass anderseits gewisse Spezialtarife für die Ausfuhr indirekten Ausfuhrprämien gleichkommen können, empfiehlt die Konferenz, dass diese Fragen durch die Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr in Verbindung mit der Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes geprüft werden.

n. Statistik.

Die Konferenz stellt mit Genugtuung die auf dem Gebiete der Statistik erzielten Fortschritte fest, die namentlich im Abschluss der Übereinkunft vom 14. Dezember 1928 zum Ausdruck gekommen sind. Sie hat ebenfalls Kenntnis genommen von den Vereinbarungen, die vom Völkerbund im Einvernehmen mit der Internationalen Handelskammer getroffen worden sind, .um das durch diese Übereinkunft entstandene Werk fortzusetzen und zu vervollständigen, und sie sieht mit Vertrauen den günstigen Ergebnissen entgegen, die aus dieser Zusammenarbeit erwartet werden können.

Anhang.

Memorandum der französischen Delegation.

Abschnitt I. -- Umrechnung der spezifischen Zölle in Prozente des Warenwertes.

a. Es würde sich empfehlen, dass die Staaten für jede in der vereinheitlichten Zollnomenklatur aufgeführte Ware deren wertmässige Belastung durch die in ihren Tarifen enthaltenen spezifischen Zölle bestimmen.

fe. Diese Bestimmung wäre so vorzunehmen, dass das Verhältnis der wirklich erhobenen Zölle zum Mittelwert jeder Ware berechnet würde.

c. Unter den wirklich erhobenen Zöllen sollte verstanden werden die Gesamtsumme der Zollgebühren jeder Art, die bei der Einfuhr auf den fremden Waren erhoben werden, ohne auf die einheimischen Waren anwendbar zu sein.

d. Die Bestimmung des Mittelwertes der Waren sollte nach den einheitlichen Regeln vorgenommen werden, wie sie im Abschnitt II aufgestellt sind.

e. Die Staaten, die an einem Abkommen zur Erreichung des vorgenannten Zwecks teilnähmen, würden sich verpflichten, dem Völkerbundssekretariat die Ergebnisse ihrer Untersuchungen Kapitel für Kapitel sofort nach deren Abschluss mitzuteilen. Das Völkerbundssekretariat könnte davon allen teilnehmenden Staaten, die es wünschen würden, Kenntnis geben; es hätte überdies die Aufgabe, das Ergebnis dieser Arbeiten in einer Tabelle zusammenzustellen.

172

Abschnitt H. -- Bestimmung des Wertes.

Die teilnehmenden Staaten sollten sich verpflichten, bei der Bestimmung der wertmässigen Belastung durch die in ihren Tarifen aufgeführten spezifischen Zölle die nachstehenden einheitlichen Eegeln zu beobachten: 1. Die teilnehmenden Staaten wurden unverzüglich nach Warenkategorien den für die Bestimmung der Mittelwerte zu erfassenden Zeitraum vereinbaren. Dieser Zeitraum sollte grundsätzlich nicht kürzer sein als zwei Jahre.

2. Für die Waren, wofür ein Weltmarkt besteht (Getreide, Zucker, Kautschuk usw.), und für die Waren, deren Grosshandelpreise regebnässig durch öffentliche Preisnotierungen festgestellt werden (basische chemische Produkte, Eisen und Stahl usw.), würden die Werte nach den monatlichen Mitteln der sich auf den wichtigsten Märkten während des erfassten Zeitraumes ergebenden Kurse bestimmt.

3. Für die übrigen Waren wären die Werte für jeden teilnehmenden Staat grundsätzlich diejenigen, die von den statistischen Ämtern oder Steuerbehörden angenommen werden.

4. Die teilnehmenden Staaten würden sich verpflichten, innert möglichst kurzer Frist das Verzeichnis der so bestimmten Werte in der Reihenfolge der Kapitel der vereinheitlichten Zollnomenklatur aufzustellen. Die Ergebnisse der in diesem Abschnitt und im Abschnitt I vorgesehenen Arbeiten würden in eine nach dem beiliegenden Muster aufzustellende Tabelle eingetragen.

5. Die teilnehmenden Staaten würden sich verpflichten, die so erstellten Tabellen über jedes Kapitel der vereinheitlichten /Ollnomenklatur, sobald eine abgeschlossen ist, dem Generalsekretariat des Völkerbundes einzusenden, das diese Tabellen denjenigen teilnehmenden Staaten übermitteln könnte, die es verlangen würden.

Das Generalsekretariat des Völkerbundes (oder irgendein damit betrautes ständiges Organ) bekäme den Auftrag, die so erhaltenen Auskünfte zu sammeln und vergleichend zusammenzustellen.

Sollte diese Vergleichung in der Einschätzung der Werte für die nämlichen Warengattungen durch die teilnehmenden Staaten besonders grosse Unterschiede ergeben, so könnte das Generalsekretariat des Völkerbundes (oder das damit betraute ständige Organ) von sich aus oder auf Verlangen eines der -teilnehmenden Staaten den Gründen dieser Unterschiede nachforschen und unter den beteiligten Staaten darüber einen Meinungsaustausch veranlassen.
Wenn dieser Meinungsaustausch nicht zu einer Verständigung über die Bestimmung der fraglichen Werte führen würde und daraus für einen der teilnehmenden Staaten infolge der Auswirkung zweiseitiger oder mehrseitiger Verträge eine Benachteiligung entstünde, so könnte die benachteiligte Partei

173 verlangen, dass die Angelegenheit dem Schiedsspruch des im Abschnitt IV vorgesehenen ständigen Organs unterbreitet würde.

Abschnitt m. -- Allgemeine Sicherstellnag der Durchführung.

o. Die teilnehmenden Staaten sollten sich verpflichten, innert kurzer Frist über eine mehrseitige nichttarifarische Handelsübereinkunft zu verhandeln.

b. Diese Übereinkunft sollte sich die neusten Handelsverträge sowie die Empfehlungen des Wirtschaftskomitees und der Internationalen Übereinkunft über die Zollformalitäten zum Vorbild nehmen. Sie würde die bestehenden zweiseitigen Verträge nicht ersetzen, ihnen aber übergeordnet sein.

c. Sie würde Garantien enthalten namentlich mit Bezug auf: 1. die Meistbegünstigungsklausel; 2. die Anwendung der spezifischen Zölle (Brutto- und Nettoverzollung, Tara usw.); 8. die Berechnung der Wertzölle; 4. die Ausfuhrgebühren; 5. die innern Abgaben; 6. die Ursprungszeugnisse; 7. die Zollauskünfte; 8. die Erfüllung der Formalitäten für die Durchfuhr, Umladung usw.; 9. die Nationalität der Waren; 10. die Regelung des freien Verkehrs; 11. die Behandlung der Warenproben und Muster; 12. die Eeinheits- und Analysezeugnisse; 18. die Ursprungsbezeichnungen.

Abschnitt IV. -- Ständiges Vermittlungs- und Schiedsorgan.

a. Beim Völkerbundsrat sollte ein ständiges Vermittlungs- und Schiedsorgan geschaffen werden.

b. Dieses Organ hätte die Kompetenz, alle Streitigkeiten zu untersuchen und zu entscheiden, die ihm von den teilnehmenden Staaten über die Auslegung und Anwendung der im vorerwähnten Rahmen getroffenen Massnahmen und der gegenwärtigen oder spätem zwei- oder mehrseitigen Handels- und Zollübereinkünfte unterbreitet würden.

c. Sollte der durch dieses Organ erlassene Spruch von der einen oder andern beteiligten Partei nicht anerkannt werden, so könnte diese innert einer zu bestimmenden Frist Berufung an den Ständigen Internationalen Gerichtshof einlegen.

Abschnitt V. -- Verfahren.

a. Der Völkerbundsrat würde ein oder mehrere Fachkomitees beauftragen, möglichst bald einen Entwurf für eine im Sinne der vorstehenden Angaben gehaltene Übereinkunft auszuarbeiten.

174

b. Dieser Entwurf würde der hiernach erwähnten Konferenz zur Beratung unterbreitet.

Abschnitt VI. -- Periodische Begierungskonferenz.

Der Völkerbundsrat würde wenigstens einmal jährlich eine Konferenz der Kegierungsvertreter einberufen.

Diese Konferenz nähme von den Berichten, die ihr der Generalsekretär des Völkerbundes über die Durchführung der getroffenen Vereinbarungen unterbreiten würde, Kenntnis, würde das Programm für die Massnahmen zur Verbesserung der Bedingungen des internationalen Handels entwerfen und dessen Verwirklichung verfolgen.

Beilage zum Anhang.

TarifNr.

1

Bezeichnung der Ware (nach der vereinheitlichten Zollnomenklatur)

2

Zollbelastung

Massstab für die Zollerhebung

Zoll

Mittelwert

3

4

6

(Verhältnis der Kolonne 4 zu der Kolonne 5)

6

Bemerkungen

7

175

Schlussakte.

Die Regierungen von Deutschland, Österreich, Belgien, Grossbritannien und Nordirland, Bulgarien, Columbien, Dänemark, Spanien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, dem Irischen Freistaat, Italien, Japan, Lettland, Litauen, Luxemburg, Norwegen, den Niederlanden, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, der Schweiz, der Tschechoslowakei, der Türkei und Jugoslawien haben auf Einladung des Völkerbundsrates zur Teilnahme an einer Vorkonferenz für eine gemeinsame Wirtschaftsaktion zu diesem Zwecke folgende Delegierte ernannt: (Aufzählung der Delegierten.)

Diese Delegationen haben in Genf getagt.

Der Völkerbundsrat hat den Grafen Carl Moltke, bevollmächtigten Minister, alt Minister der Auswärtigen Angelegenheiten von Dänemark, mit den Befugnissen des Präsidenten der Konferenz betraut.

Die Konferenz hat zwei Kommissionen eingesetzt, deren Präsidentschaft übertragen wurde: für die erste Herrn Colijn (Präsident der Delegation der Niederlande) und für die zweite Herrn Madgearu (Präsident der rumänischen Delegation).

Nach der Abreise des Herrn Madgearu wurden beide Kommissionen von Herrn Colijn präsidiert, der sich dieser schweren Aufgabe mit der grössten Hingebung und mit einem seltenen "Weitblick gewidmet hat.

Die Konferenz drückt dem Präsidenten und den beiden Vizepräsidenten ihre volle Anerkennung aus.

In den vom 17. Februar bis 24. März 1930 abgehaltenen Versammlungen sind die nachstehend aufgeführten Vereinbarungen abgeschlossen worden: I. Handelsübereinkunft vom 24. März 1930; II. Protokoll der Übereinkunft; III. Protokoll über das Programm der spätem Verhandlungen.

Die Konferenz hat ferner die nachstehenden Empfehlungen angenommen : A.

Die Konferenz, in Anbetracht der Wichtigkeit, die die überseeischen Märkte für die europäische Wirtschaft haben; in der Erwägung, dass es für Europa von grosser Bedeutung ist, alle möglichen Mittel ausfindig zu machen, um.seine Stellung auf den genannten Märkten zu erweitern;

176

in der Erwägung, dass die meisten Überseeländer Erzeuger von Rohstoffen und Nahrungsmitteln sind, wovon Europa einer der hauptsächlichsten Verbraucher ist; in der Erwägung, dass es, damit die durch die gegenwärtige Konferenz beabsichtigten künftigen Verhandlungen vollständige Ergebnisse zeitigen können, von Nutzen wäre, die Überseeländer soweit nur möglich heranzuziehen : empfiehlt, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes eine sachliche Prüfung derjenigen Mittel vornehme, die geeignet wären, eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den überseeischen Ländern herbeizuführen, indem hauptsächlich die Bedingungen des Handelsaustausches zwischen Europa und den genannten Ländern untersucht würden, aus denen sich gegenseitige Vorteile ergeben könnten.

B.

Die Konferenz stellt fest, dass die in der Übereinkunft enthaltenen Bestimmungen nur einen ersten Schritt auf dem Wege der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Europas bedeuten.

Sie erklärt, dass die in dieser Übereinkunft vorgesehenen Verpflichtungen nur in enger Verbindung mit den im heutigen Protokoll über das Programm der spätem Verhandlungen vorgesehenen Bestimmungen voll zur Auswirkung gelangen können.

Sie bestätigt infolgedessen ihre Überzeugung von der Nützlichkeit, die in den Artikeln I und II des genannten Protokolls vorgesehenen Untersuchungen und Verhandlungen nebeneinander zu führen, um möglichst auf eine Gesamtheit von Vereinbarungen hinzuzielen, die den anerkannten Bedürfnissen der verschiedenen nationalen Wirtschaften entspricht und deren Inkraftsetzung gleichzeitig alle ungerechtfertigten Hindernisse des internationalen Handels herabmindern könnte.

C.

Die Konferenz ist der Meinung, dass die vertretenen Staaten sowohl die Handelsübereinkunft als auch das Protokoll über das Programm der spätem Verhandlungen unterzeichnen sollten.

Zu Urkund dessen haben die Delegierten diese Schlussakte unterzeichnet.

Geschehen zu Genf am 24. März eintausendneunhundertunddreissig in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Völkerbundssekretariats niedergelegt wird. Eine beglaubigte Abschrift davon wird allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen Nichtmitgliedstaaten, die auf der Konferenz vertreten waren, übermittelt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die am 24. März 1930 in Genf abgeschlossene internationale Handelsübereinkunft. (Vom 26. August 1930.)

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1930

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

35

Cahier Numero Geschäftsnummer

2599

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.08.1930

Date Data Seite

137-176

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