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2682 Botschaft dee

ßundesrates an die Bundesversammlung betreffend 'die Bewilligung eines Bundesbeitrages von Fr. 500,000 an die ,,Stiftung des Internationalen Hochschul-Sanatoriums" in Leysin.

(Vom 12. Dezember 1980.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Gemütszustand des Tuberkulösen ist für dessen Behandlung von grosser Wichtigkeit ; in vielen Fallen hängen von ihm die Möglichkeit und die Zeitdauer der Heilung ab. Allo Sanatoriumsärzte wissen auch, wie sehr entmutigend der Aufenthalt in den Heilstätten sein kann, wenn der Kranke zu vollkommener Untätigkeit gezwungen ist; Trägheit und Müssiggang sind im Sanatorium, wie man schon gesagt hat, die hauptsächlichsten Verbündeten der Tuberkulose.

Aus diesem Grunde wird seit einiger Zeit die Anwendung des Arbeitspriuzipes zur Ergänzung der Sanatoriumskur geprüft, und diese Prüfung führte auch schon zu einigen praktischen Verwirklichungen. Auf schweizerischem Gebiete können wir zum Beispiel auf die Anstalten hinweisen, die das MilitärDepartement für die tuberkulösen Wehrmänner errichtete, ferner auf die Klinik-Werkstätte von Dr. Kollier, die als ausserordentlich interessante Anlage kürzlich in Leysin eröffnet wurde.

Der geistig arbeitende ist viel mehr als jeder andere Kranke der moralischen Depression zugänglich, welche unvermeidlich durch das vegetative Sanatoriumsleben verursacht wird. «Er verzehrt sich vor Langeweile», schreibt Duhamel, der das Talent eines seltenen Schriftstellers mit dem Scharfblick eines Arztes und Psychologen verbindet, «er verzehrt sich vor Langeweile unter Kranken, die weder seine Lektüre, noch seine Gedankengänge verstehen und die sich von ihm mit achtungsvollem Misstrauen fernhalten.

Alle Umstände zwingen ihn, seine Studien aufzugeben und, auf die Gefahr hin, jede geistige Geschmeidigkeit zu verlieren, für lange Zeit auf alle geistigen Übungen eines wissenschaftlichen und denkenden Menschen zu verzichten.»

900 Was Duhamel vom Intellektuellen im allgemeinen sagt, trifft in besonderem Masse für den Studierenden zu. Aus seinen Studien herausgerissen, wird er in eine fremde Umgebung hineinversetzt, die weder seine Ziele, noch seine Hoffnungen verstehen kann; mit schmerzlicher Sehnsucht verfolgt er von ierne die Erfolge seiner Kameraden, die von der Krankheit verschont blieben; dazu noch oft von finanziellen Sorgen geplagt, muss er mehr als andere Kranke der Entmutigung und den Folgen ausgesetzt sein, welche diese geistige Verfassung auf seineu physischen Zustand ausüben kann.

Man kann es deshalb gut verstehen, dass sich weitsichtige Menschen damit befassten, die Mittel und "Wege zu suchen, die es den krankheitshalber im Sanatorium weilenden Studenten ermöglichen sollen, aus ihrer geistigen Abgeschlossenheit herauszukommen und ihnen die Gewissheit zu geben, dass sie nach Beendigung ihrer Kur ihre Studien wieder aufnehmen und in der menschlichen Gesellschaft eine nützliche Bolle ausüben können.

Betroffen von der besondern Lage dieser Kranken verfocht der Arzt Dr. Vauthier, von Leysin, vor einigen Jahren den Gedanken der Errichtung eines internationalen Universitäts-Sanatoriums. Aus Gründen, die hier nicht näher darzulegen sind, konnte diese Anregung damals nicht vollständig verwirklicht werden. Die Initiative Dr. Vauthiers führte aber doch zu einem ersten Ergebnis, nämlich zur Gründung des schweizerischen Hochschul- Sanatoriums in Leysin, das heute in vollem Betriebe steht und das zu einem schönenTeil aus freiwilligen Beiträgen unterhalten wird, die sich die Studierenden und die Lehrkörper unserer Universitäten aus dem Bewusstsein ihrer Zusammengehörigkeit heraus auferlegten.

«Das Beispiel des Hochschul-Sanatoriums von Leysin», so schreibt weiter Duhamel, «ist zu überdenken. Diese Anlage gehört tatsächlich zur Universität, da sie nicht nur die Studierenden, sondern auch die Lehrer aufnimmt. Nichts ist für diese kranke Jugend erfrischender, als sich in steter Verbindung mit denen zu fühlen, welche, selbst von der Krankheit betroffen, noch ihre Führer und Batgeber bleiben. Sie wohnen hier freundschaftlich beisammen, pflegen gemeinsame Unterhaltungen, veranstalten Vorlesungen und debattieren über wissenschaftliche Streitfragen. Da die Anzahl der in Behandlung stehenden Professoren aber nicht sehr gross ist,
ordnen die schweizerischen Universitäten Lehrer zu zwei- bis dreitägigen Kursen ab, die der ganzen Anstalt Unterrichtsstunden, Vorlesungen, ja selbst ganze Kurse erteilen ... Sie kommen alle her, und die für Monate, manchmal für Jahre untätigen Studierenden bekommen so das Gefühl, nicht verlassen zu sein, den Kontakt mit der Mutter-Schule nicht zu verlieren, so dass sie dank dieser wohltuenden Methode immer hoffen, den Anschluss wieder zu finden, was auch oft tatsächlich möglich ist.» Die bereits vorliegenden Ergebnisse zeigten die Nützlichkeit des Hochschul-Sanatoriums in der Art, wie es seine Gründer in Leysin geplant haben; die Besultate haben ihre Erwartungen vollauf bestätigt. Durch diesen Erfolg ermutigt, den namhafte europäische Persönlichkeiten anerkennen, nahm

901 unter der unermüdlichen Antriebskraft von Dr. Vauthier ein Komitee den Gedanken eines internationalen Hochschul-Sanatoriums wieder auf. Dieses Komitee, das sich aus schweizerischen und ausländischen Persönlichkeiten zusammensetzt und das durch Professor Eappard in Genf präsidiert wird, nahm sich der Frage an, und nach eingehender Prüfung der verschiedenen Seiten des Problems gelangte es zur Auffassung, dass sich eine positive Lösung aufdränge; es fasste die Erichtung einer Stiftung ins Auge und beauftragte bestimmte Experten mit der Prüfung der finanziellen Grundlagen und der Aufstellung der entsprechenden Pläne. In seiner Zuschrift vom 19. Juli 1928 setzte uns Dr. Vauthier die Bestrebungen des Komitees auseinander und ersuchte uns, in dessen Namen das Patronat über das Komitee zu übernehmen ; wir entsprachen diesem Gesuche mit unserm Beschlüsse vom 7, August 1980 gleichen Jahres.

Der Plan eines internationalen Hochschul-Sanatoriums fand aber auch sehr gute Aufnahme bei jenen, denen die neue Anlage dienen soll, nämlich bei den Studierenden selbst. Ihre internationale Vereinigung anerkannte auf einem Kongress, der unter den Auspizien der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit in Genf tagte, die Wichtigkeit und Notwendigkeit des projektierten Werkes und beschloss, sich an seiner Errichtung zu interessieren. Die Kommission selbst nahm entschieden dafür Stellung und hat in einer Sitzung, die im Jahre 1928 in Bern stattfand, die Mitarbeit der verschiedenen internationalen Gruppen, die sie vertritt, organisiert.

Dank dieser Ermutigungen hielt das Initiativkomitee dafür, dass allo Wege für die Verwirklichung seines Planes offen seien. Zufolge dieser Auffassung übergab es unter Beibehaltung des Patronates die Geschäfte einem Aktionskomitee, welches mit der weitern Ausführung der Pläne beauftragt wurde. Dieses Komitee konstituierte sich am 21. Dezember 1929 als Verein im Sinne von Artikel 60 ff. des schweizerischen Zivilgesetzbuches und liess sich im Handelsregister von Aigle eintragen. Das Komitee wird von Professor Eohn, dem Vorsitzenden des schweizerischen Schulrates, präsidiert und hat seineu Sitz in Leysin. Die Bundesbehörden sind in ihm durch die Herren Dr. Carrière, Direktor des eidgenössischen Gesundheitsamtes, und L. Jungo, Direktor der eidgenössischen Bauten, vertreten. Es
zählt ferner zu seinen Mitgliedern die Vertreter der grossen internationalen Studentenvereinigungen; später soll es durch die Vertreter der fremden Eegierungen ergänzt werden.

Das Aktionskomitee machte sich unverzüglich ans Werk. Es prüfte die Projekte und Pläne, welche im Auftrage dos Initiativkomitees durch die Experten ausgearbeitet worden waren. Das Internationale Hochschul-Sanatorium soll danach keine «Universität im Gebirge» sein; eine solche Utopie kann nicht verwirklicht werden. Was dio Initianten wollen, ist auf einer breitern Basis im Grunde nichts anderes, als was die Gründer des schweizerischen Hochschul-Sanatoriums bereits verwirklicht haben: es soll den Studierenden die Möglichkeit geboten werden, während der Behandlung zur Wiedererlangung ihrer Gesundheit ihre Studien nicht vollständig unterbrechen zu müssen,

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sondern ihre Arbeit in dem Umfange fortzusetzen, den ihr Gesundheitszustand gestattet; zu diesem Zwecke sollen ihnen eine Bibliothek und Laboratorien zur Verfügung gestellt werden. Feiner sollen ihnen Dozenten unserer Universitäten Unterricht erteilen und Vorlesungen halten. Kurz, es handelt sich darum, eine geistige Atmosphäre um sie herzustellen, den Kontakt mit der Hochschule, von der die Kranken kommen und zu der sie zurückzukehren hoffen, aufrecht zu erhalten. Wir fügen bei, dass das Sanatorium auch den Lehrkräften der Universitäten offenstehen soll, und die Ausführungen von Duhamel, welche wir oben erwähnten, zeigen deutlich die grossen Vorteile, die sich aus einem solchen Zusaminenwohnen ergeben.

Die doppelte Zweckbestimmung -- als Kur- und als Lehranstalt -- einer Anlage dieser Art bedingt ihre besondere Organisation. Die aufgestellten Plane sehen denn auch ausser den Einrichtungen, die zu jedem Sanatorium gehören, noch eine Eeihe wissenschaftlicher Anordnungen vor, die der Anlage ihren besondern Charakter verleihen und die sie mit den Universitäten verknüpfen sollen. Es sind dies die fünf Laboratorien für Chemie, Physik, Biologie, Zoologie und Botanik, eine grosse Bibliothek, Lesesäle und Vorlesungszimmer.

Die ganze Anstalt soll 208 Kranken, Studenten und Mitgliedern der HoehsehulLehrerschaft, eine Sanatoriumskur ermöglichen. Entsprechend der Stiftungsurkunde wird dem Hochschul-Sanatorium in Leysin als internationaler Institution ein internationaler Eat vorstehen, in dem die Eegierungen und Universitäten, sowie die physischen und juristischen Personen vertreten sein sollen, welche durch Stiftung einer Anzahl Betten Beiträge an die Gründung des Werkes leisten werden.

Wie wir soeben erwähnten, wird das Sanatorium 208 Betten aufweisen, und der Kostenvoranschlag, der gleichzeitig mit den Planen durch Architekt Epiteaux in Lausanne ausgearbeitet wurde, gibt die Erstellungskosten mit insgesamt Fr. 5,200,000 an, so dass sich die Kosten des Krankenbettes auf rund Fr. 25,000 stellen. Wenn es sich um ein gewöhnliches Sanatorium handeln würde, so müsste dieser Preis als übersetzt bezeichnet werden; er erklärt sich aber, wenn man die vorgesehenen besondern Einrichtungen berücksichtigt, die wir nicht nochmals aufzuzählen brauchen.

Die Verteilung der Betten unter die Staatsangehörigen der verschiedenen
Länder, die an die Errichtung des Sanatoriums Beiträge leisten werden, wird im Verhältnis zu ihrer finanziellen Beteiligung erfolgen, und zwar in der Art, dass auf einen Beitrag von je Fr. 25,000 ein Bett zugeteilt wird. Die Betriebskosten müssen aus den Pensionsgeldern der Kranken bestritten werden. Wenn man annimmt, dass während des ganzen Jahres 95% der Betten, d. h. 197 Betten, besetzt sind, so sollte der tägliche Pensionspreis, alles inbegriffen, Fr. 11 nicht übersteigen. Man darf immerhin erwarten, dass sich die nationalen und internationalen Studentenvereinigungen, entsprechend dem Beispiel der Professoren und Studierenden unsrer schweizerischen Universitäten, die sieh gerne freiwilligen Beitragsleistungen unterzogen, welche erlaubten, den Pensionspreis in unserm schweizerischen Sanatorium von Fr. 12 auf Fr. 6. 50

903 herabzusetzen, ebenfalls zu einer Beitragsleistung an die Betriebskosten des Hochschul-Sanatoriums entschliessen werden, das ja nie versuchen wird, irgendeinen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Eine solche Absicht würde der Heilstätte übrigens schon die gewählte juristische Form der Institution nicht gestatten.

Das sind in kurzen Worten die Hauptlinien des vom Aktionskomitee angenommenen Projektes.

Das Komitee ist der Auffassung, dass es die Schweiz sich selbst schuldig sei, der Verwirklichung dieses Werkes ihre moralische und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Mit Eingabe vom 25. Januar 1980 stellte das Komitee beim eidgenössischen Departement des Innern das Gesuch, der Bundesrat möchte der Stiftung des internationalen Hochschul-Sanatoriums entweder im Böhmen des Bundesgesetzes betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose, oder aus einem Spezialkredit einen Bundesbeitrag von Fr. 500,000 leisten, der einer Stiftung von 20 Betten entsprechen würde. Das Komitee fügte bei, dass es alle Anstrengungen machen werde, um von den Kantonen, den Universitäten, von Industrie- und Handelsunternehmungen, sowie von Privaten die Stiftung weiterer 80 Betten zu erlangen, so dass durch diese Subskriptionen zusammen mit der Bundessubvention ein Viertel der Baukosten des Sanatoriums sichergestellt würde. Diese 80 Betten sollen schweizerischen Studenten reserviert sein, und das Aktionskomitee hofft, dass dieselben der in Artikel 14 des Bundesgesetzes betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose vorgesehenen Subvention teilhaftig werden können.

Das Aktionskomitee ersuchte den Bundesrat ferner, diejenigen fremden Regierungen, die sich zur Mitarbeit an der Errichtung des Sanatoriums bereit erklären werden, zur Bezeichnung eines Vertreters in dem Aktionskomitee einzuladen. Dieser Vertreter sollte in seinem Heimatlande gleichzeitig Vorsitzender eines Propaganda-Komitees sein, das eine Zusammenfassung der interessierten Gruppen, wie Universitäten, Studentenvereinigungen, gemeinnützige Vereine, industrielle Unternehmungen usw. erstreben und ihre Beteiligung an der Errichtung des internationalen Hochschul-Sanatoriums einleiten soll.

Wir prüften diese Eingabe mit der Sorgfalt, die das gesteckte Ziel verlangt, und nach Einholung der Vernehmlassungen des Departements des Innern, des Politischen Departementes, sowie
des Justiz- und Polizeidepartementes gelangen wir zum Schlüsse, dass sich die Schweiz diesem hohen Werke gegenüber nicht ablehnend verhalten darf.

Seine Wichtigkeit für diejenigen, für die es bestimmt ist, ergibt sich so offensichtlich, dass wir darauf verzichten können, den Ausführungen, die wir am Anfang dieser Botschaft machten, weitere Erklärungen beizufügen. Was die moralische Seite der Frage anbetrifft, so denken wir, dass es für die Schweiz nicht gleichgültig ist, wenn ein Werk von dieser Wichtigkeit in unserm Lande errichtet wird. Es wird ein neues Glied in der Gruppe der internationalen Institutionen sein, die man uns anvertraute, und es wird vielleicht mehr als

904 jede andere dazu beitragen, den Ruf der Schweiz zur vollen Geltung zu bringen, wie dies auch das Aktionskomitee in seiner Eingabe hervorhebt. Unser Land ist an dem Projekte aber nicht nur moralisch, sondern in nicht zu unterschätzendem Masse auch materiell interessiert, ganz abgesehen von dem propagandistischen Wert eines auf Schweizerboden errichteten internationalen Sanatoriums für unsere Bergsanatorien im allgemeinen, deren volkswirtschaftliche Bedeutung wohl kaum unterstrichen zu werden braucht. Auch vom Standpunkte der internationalen Verständigungspolitik aus erweist sich das in Frage stehende Projekt nach den günstigen Erfahrungen des schweizerischen Hochschul-Sanatoriums schliesslich als begrüssenswert. Aus allen diesen Gründen glauben wir, dass das uns vorgelegte Gesuch wohlwollend aufgenommen werden darf, und wir werden im folgenden prüfen, wie und in welchem Umfange wir an der Errichtung des internationalen Hochschul-Sanatoriums mitwirken sollen.

In seiner Eingabe ersucht das Aktionskomitee von Leysin den Bundesrat um die Stiftung von 20 Betten, welche einem Bundesbeitrag von Fr. 500,000 entsprechen würde. Diese Unterstützung solle entweder auf Grund des Bundesgesetzes betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose oder auf Grund eines besondern Beschlusses der Bundesversammlung ausgerichtet werden.

Wir glauben, dass das Bundesgesetz betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose im vorliegenden Falle nicht angewendet werden kann. Es enthält tatsächlich keine Bestimmung, welche es gestatten würde, ein internationales Werk zu subventionieren. Es spricht Bundesbeiträge vielmehr nur den nationalen Fürsorgewerken und Heilstätten zu, deren Notwendigkeit anerkannt worden ist. Wenn das Gesetz auf das internationale Hochschul-Sanatorium angewendet werden sollte, so müsste zunächst festgestellt werden, dass dieses für die Schweiz unbedingt notwendig und dass eine bestimmte Anzahl Betten für unser Land reserviert sei, so dass innerhalb der ganzen Anlage eine besondere schweizerische Abteilung für schweizerische Studenten bestände. Wie wir bereits erklärten, besitzen wir heute schon in Leysin ein Hochschul-Sanatorium, das unseren gegenwärtigen Bedürfnissen genügt. Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre und wenn die Schweiz sich veranlasst sähe, im internationalen Sanatorium eine Anzahl Betten
für sich reservieren zu lassen, so könnte die vom Aktionskomitee vorgeschlagene Art der Bundesunterstützung nicht angewendet werden. Das Gesetz würde es dem Bundesrat nicht gestatten, die gesamten Kosten für die 20 Betten, von denen das Komitee spricht, zu übernehmen. Auf Grund des klaren Wortlautes von Artikel 14 des Gesetzes könnte der Bundesbeitrag nur 25% dieser Kosten betragen und würde demnach höchstens die Summe von Fr, 125,000 erreichen. Für diese Anwendung des Gesetzes wäre aber, wie gesagt, erste Voraussetzung, dass diese 20 Betten für die Schweiz reserviert blieben; wir glauben aber annehmen zu müssen, dass dieser Vorbehalt nicht in der Absicht des Aktionskomitees liegt. Aber selbst wenn man annimmt, dass diese 20 Betten für uns notwendig seien, was nach unsern soeben gegebenen Erklärungen nicht zutrifft, so erscheint es doch unmöglich, dass sich die Schweiz für ihre besondern Bedürfnisse einen

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Zehntel der Betten eines internationalen Sanatoriums reservieren liesse, das ja entsprechend den Grundsätzen der Gründer des Werkes zur Aufnahme von Studierenden aus einer grossen Anzahl von Ländern bestimmt sein soll. Wir gelangen deshalb zur Bestätigung unserer Auffassung, dass das Bundesgesetz betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose im vorliegenden Falle nicht anwendbar ist, von welcher Seite aus man die Frage auch prüfen mag.

Es bleibt somit nur die zweite der vom Aktionskomitee vorgesehenen Möglichkeiten, nämlich diejenige einer Schenkung oder einer Stiftung des Bundes. Es kann sich nur noch darum handeln, die Bedeutung dieser Stiftung zu bestimmen. Aus den verschiedenen Überlegungen, welche wir oben auseinandersetzten, halten wir dafür, dass die finanzielle Beteiligung der Schweiz am internationalen Hochschul-Sanatorium durchaus am Platze ist. Der Betrag von Fr. 500,000, der im Gesuche der Stiftung von 20 Betten gleichgesetzt wird, könnte vielleicht übersetzt erscheinen. Wir glauben indessen, dass die Beteiligung der Schweiz an der Verwirklichung des Werkes den andern Staaten, deren Mitwirkung verlangt werden wird, den Umfang andeuten sollte, den sie ihrerseits ihrem Beitrage zumessen möchten. Wir haben deshalb beschlossen, Hmenzubeantragen,demAktionskomitee den verlangtenBundesbeitrag von Fr. 500,000, der einer Stiftung von 20 Betten gleichkommt, zuzusprechen.

Wir glauben dabei nochmals darauf verweisen zu müssen, dass diese 20 Betten nicht ausschliesslich für Studierende schweizerischer Nationalität reserviert bleiben sollen. Wenn diese Bedingung durchgeführt werden sollte, so würde unser Beitrag seinen Charakter als Beteiligung an einem internationalen Werk verlieren; es würde sich nur noch um die Erstellung eines zweiten schweizerischen Hochschul- Sanatoriums innerhalb des internationalen Sanatoriums handeln. Diese Betten sollen vielmehr der Stiftung zur Verfügung gestellt werden, die sie entsprechend ihrem Bedürfnisse verwenden wird; immerhin soll das in der Weise geschehen, dass die schweizerischen Studierenden in erster Linie von unsrer Stiftung Nutzen ziehen können, sofern unser eigenes Sanatorium nicht mehr genügen sollte. Umgekehrt glauben wir annehmen zu dürfen, dass das internationale Sanatorium sich nicht weigern wird, die Pfleglinge des Schweizerischen Hochschul-Sanatori
ums in gebührendem Masse der Vorteile der neuen Anstalt in pädagogischer Hinsicht teilhaftig werden zu lassen.

Wir fügen noch bei, dass es sich nur um eine grundsätzliche Entscheidung handelt, wenn wir Ihnen beantragen, den Beitrag der Schweiz an die Errichtung des internationalen Hochschul-Sanatoriums auf Fr. 500,000 festzusetzen.

Es erscheint uns ohne weiteres gegeben, dass unser Beitrag, der ungefähr den zehnten Teil der Baukosten ausmachen soll, nur unter der Voraussetzung der vorgesehenen internationalen Beteiligung gewährt und entsprechend gekürzt wird, wenn die Baukosten die im Voranschlag berechnete Summe nicht erreichen oder wenn die Pläne noch gewisse Vereinfachungen erfahren sollten.

Im übrigen wird unser Beitrag nicht auf einmal ausgerichtet werden, sondern in jährlichen Baten je nach dem Stand der Arbeiten.

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Indem wir Sie ersuchen, sieh unserem Antrage anzuschliessen, glauben wir, auf das auch vom Aktionskomitee in seinem Gesuche hervorgehobene Argument verweisen zu dürfen, dass die Haltung, welche die Schweiz gegenüber dem internationalen Hochschul-Sanatorium einnimmt, gewissermassen für die Stellungnahme der fremden Eegierungen, die der Bundesrat zur Beteiligung am Werke einladen soll, massgebend sein wird. Wir müssen, mit andern Worten gesagt, mit dein Beispiel vorangehen, um unsern weitern Schritten und somit auch dem internationalen Hochschul-Sanatorium selbst den Erfolg zu sichern.

So sehr wir dafür halten, dass dem ersten Gesuche in der Eingabe des Aktionskomitees von Leysin entsprochen werden solle, so müssen wir uns gegenüber dem zweiten Gesuche ablehnend verhalten, mit dem der Bundesrat um Ausrichtung des in Artikel 14 des Tuberkulosegesetzes vorgesehenen Bundesbeitrages von 20 bis 25% der Kosten für die Betten ersucht wird, welche das Komitee aus den Unterstützungen der Kantone, der Universitäten und von Privaten beschaffen will. Wenn wir diesem Gesuche entsprechen wollten, so mussten diese Betten für schweizerische Studenten reserviert bleiben. Wir setzten jedoch bereits auseinander, dass unser schweizerisches Hochschulsanatoriuin unsern gegenwärtigen Bedürfnissen im allgemeinen genügt und dass heute kein ausreichender Grund besteht, im künftigen internationalen Hochschulsanatorium 30 Betten der Schweiz vorbehalten zu lassen, deren Stiftung das Aktionskomitee als Frucht seiner eigenen Bemühungen glaubt erwarten zu dürfen. Es wird eher von den Behörden und Personen abhängen, welche die notwendigen Mittel für die Beschaffung dieser Betten zur Verfügung stellten, deren Bestimmung näher zu umschreiben. Auf jeden Eall hat in dieser Beziehung die Eidgenossenschaft nicht zu intervenieren.

Es bleibt noch eine weitere Frage zu prüfen, die zwar in die Befugnis des Bundesrates fällt. Wir halten es aber für angebracht, sie hier zur Vervollständigung unserer Darlegungen zu erwähnen. Nach Artikel l, Absatz 4, des Entwurfes zum Stiftungsstatut des internationalen Hochschul-Sanatoriums soll die Stiftung entsprechend Artikel 84 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches der Aufsicht des Bundesrates unterstellt sein. Mit seiner Zuschrift vom 14. Februar 1930, mit der das Aktionskomitee unser Patronat nachsuchte,
bat es uns auch um Übernahme dieser Aufgabe. Wir unterbreiteten dieses Gesuch zusammen mit dem Entwurfe des Stiftungsstatutes unserm Justiz- und Polizeidepartement zur Begutachtung; sein Bericht vom 24. Februar 1980 bestätigt die Zuständigkeit des Bundesrates. Die Stiftung hat rein internationalen Charakter. Ein internationales Aufsichtsorgan ist nicht vorgesehen; da aber nach Artikel 84 des Zivilgesetzbuches jede in der Schweiz domiziherte Stiftung unter die Aufsicht eines Gemeinwesens gestellt werden muss, bestehen keine Zweifel darüber, dass der Bundesrat die Aufgabe der Aufsichtsbehörde für die in Frage stehende Stiftung des internationalen HochschulSanatoriums übernehmen kann. Zum Entwurfe des Stiftungsstatutes selbst hatte das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit Ausnahme von

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Artikel 17 keine Bemerkungen anzubringen. Dieser Artikel sah nämlich vor, dasa die Stiftung durch einfachen Mehrheitsbeschluss des Stiftungsrates aufgelöst werden könne, -was den ausdrücklichen Vorschriften unseres Zivilgesetzbuches widerspricht; auf unsre Vorstellungen hin wurde diese Bestimmung im Sinne von Artikel 57 und 58, 83, Absatz 3, 86, 88 und 89 des Zivilgesetzbuches abgeändert. Die Stiftung als solche besteht übrigens heute noch nicht.

Nach schweizerischem Eecht kann eine Stiftung nicht als zu Eecht bestehend betrachtet werden, bevor sie durch öffentliche Urkunde errichtet und im Handelsregister eingetragen ist. Diese Formvorschriften können aber nicht erfüllt werden, bevor das Vermögen der Stiftung wenigstens teilweise vorhanden ist; für die Stiftung des internationalen Hochschul-Sanatori ums ist diese Voraussetzung noch nicht erfüllt. Wir müssen uns deshalb die Entschliessung über diese Frage der Aufsicht auf den Zeitpunkt vorbehalten, in dem diese Bedingungen erfüllt sein werden.

Was die bereits erwähnten Schritte hei den fremden Eegierungen anbetrifft, die man von uns wünscht, um sie am internationalen Hoch schul-Sanatorium zu interessieren, so werden wir dem Aktionskomitee von Leysin unsere Mitwirkung nicht versagen können. Diese Schritte können aber, wie wir bereits betonten, erst dann mit Aussicht auf Erfolg übernommen werden, wenn wir sie auf eine positive Erklärung über einen Beitrag der schweizerischen Eidgenossenschaft an das internationale Hochschul-Sanatorium stützen können.

Als Schlussfolgerung dieser Ausführungen beehren wir uns, Ihnen im folgenden den Entwurf zu einem Bundesbeschluss zur Genehmigung zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 12. Dezember 1980.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Eundespräsident : Musy.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Bewilligung eines Bundesbeitrages an die Stiftung des Internationalen Hochschul-Sanatoriums in Leysin.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 12. Dezember 1980, beschliesst :

Art. 1.

Der zu gründenden Stiftung des Internationalen Hochschul-Sanatoriums in Leysin wird ein einmaliger Bundesbeitrag von Fr. 500,000 bewilligt, welcher die Dotierung für 20 Betten zu einem Gestehungspreis von je Fr. 25,000 darstellt.

Art. 2.

Dieser Bundesbeitrag ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die fremden Staaten sich in der vorgesehenen Weise an dem Werk beteiligen; er wird herabgesetzt, wenn die Bau- und Einrichtungskosten den veranschlagten Betrag von Fr, 5,200,000 nicht erreichen, Art. 3.

Die von der schweizerischen Eidgenossenschaft gestifteten 20 Betten sollen in erster Linie für Studierende und Professoren schweizerischer Nationalität reserviert sein, sofern das schweizerische Hochschul-Sanatorium in Leysin den Bedürfnissen nicht mehr genügen sollte.

Art. 4.

Der Bundesbeitrag wird in jährlichen Baten ausgerichtet, deren Höhe der Bundesrat festsetzt; die erste Bäte wird erst ausbezahlt werden, wenn die Stiftung in definitiver Forin errichtet, die ergänzende Finanzierung von dritter Seite gesichert ist und die Bauarbeiten begonnen worden sind.

Art. 5.

Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seinem Vollzuge beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages von Fr. 500,000 an die ,,Stiftung des Internationalen HochschulSanatoriums" in Leysin. (Vom 12. Dezember 1930.)

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