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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Durchführung des Art. 35 der Bundesverfassung (Spielbankverbot).

(Vom 24. Juli 1928.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Immer mehr erweist sieh, dass Art. 35 der Bundesverfassung mangelhaft beachtet und vielfach umgangen wird. Die Handhabung der Spielpolizei ist allerdings Sache der Kantone ; der Bundesrat hat jedoch als Hüter der Verfassung (Art. 102, Ziffer 2, der Bundesverfassung) darüber zu wachen, dass diese Handhabung deren Willen entspreche, und ist somit auch befugt und berufen, diesen Willen festzustellen.

Art. 35 der Bundesverfassung gibt keine Begriffsbestimmung des Glücksspiels. Unter solchen nur Spiele zu verstehen, bei welchen der Spielausgang ausschliesslich vom Zufall abhängt, ginge selbstverständlich nicht an. Damit würde das Verbot geradezu illusorisch, da den meisten Spielen mit Leichtigkeit eine leise, oft beinahe nur vermeintliche Beeinflussung des Spielausganges durch den oder die Spieler eingefügt werden kann. Die g e m i s c h t e n S p i e l e , bei denen neben dem vom Verhalten der Spieler unabhängigen Zufall auch dieses Verhalten, als wirkliche oder vermeintliche Geschicklichkeit, das Spielergebnis beeinflusst, können daher nur dann als erlaubt angesehen werden, wenn von den beiden Faktoren : Zufall und Geschicklichkeit, der letztere unzweifelhaft von vorwiegendem Binfluss auf den Spielausgang ist. Dabei darf nicht auf die Geschicklichkeit von besonders gewandten oder eingeübten Personen abgestellt werden, vielmehr ist von der Geschicklichkeit des durchschnittlichen Spielpublikums auszugehen. Spiele, an welchen sich auch solche Personen beteiligen, die nur ,,setzen", aber keine Geschicklichkeit aufwenden, sind für diese Personen Zufallsspiel und daher ebenfalls verboten. -- Die S p i e l a u t o m a t e n fallen, trotzdem sie meist als Geschicklichkeitsspiele angepriesen werden, durchweg unter das Verbot des Art. 35. Regelmässig erwecken sie nur die Illusion, durch Geschicklichkeit wesentlich beeinflussbar zu sein.

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Würden sie der Geschicklichkeit des Durchschnittsspielers aber wirklich einen vorwiegenden Einfluss auf den Spielausgang einräumen, dann könnten sie dem Unternehmer unmöglich einen auch nur die Kosten deckenden Gewinn abwerfen.

Da die Achtung vor der Verfassung, sowie vor den sie handhabenden Behörden bedenklichen Schaden leidet, wenn Umgehungen geduldet werden, ersuchen wir Sie, die vorstehenden, von unserm Justiz- und Polizeidepartement schon mehrfach bekanntgegebenen Grundsätze mit angemessener Bestimmtheit zur Durchführung zu bringen.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 24. Juli 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Vizekanzler : G. Bovet.

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Bandesblatt. 80. Jahrg. Bd. II.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Durchführung des Art. 35 der Bundesverfassung (Spielbankverbot). (Vom 24. Juli 1928.)

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1928

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31

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01.08.1928

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372-373

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