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Bundesblatt

80. Jahrgang.

Bern, den 28. November 1928.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 2O Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zualtglick Nachnahme- and Postbestellungsgebiihr.

Einriidttttiasgebüiir : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie, in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Sicherstellung von Ansprüchen aus Lehens Versicherungen inländischer Lebensversicherungsgesellschaften.

(Vom 23. November 1928.)

Wir haben die Ehre, Ihnen den Entwurf zu einem Gesetze vorzulegen, -das die Frage der Sicherstellung der Ansprüche aus den bei inländischen Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossenen Lebensversicherungen regelt. Es bringt somit eine Änderung und Ergänzung der Sicherstellungsvorschriften des bestehenden Bundesgesetzes über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften vom 4. Februar 1919 (Kautionsgesetz, VKG), insbesondere des Titels III dieses Gesetzes, der die besonderen Bestimmungen über die Kautionen der inländischen Versicherungsgesellschaften enthält.

Der Entwurf gibt zugleich eine Beantwortung des Postulates, das Herr Nationalrat Vonmoos am 8. Februar 1923 im Nationalrat stellte und das folgenden Wortlaut hat: «Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht das Bundesgesetz über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften vom 4. Februar 1919 dahin revidiert und ergänzt werden sollte, dass sowohl die schweizerischen als die in der Schweiz konzessionierten ausländischen Versicherungsgesellschaften zur vollständigen Sicherstellung ihrer Verpflichtungen angehalten werden.» Die Prüfung der im Postulat berührten Fragen hat ergeben, dass eine ·Gesetzesrevision einzig für die Lebensversicherung und nur für die schweizerischen Versicherungsgesellschaften wünschbar erscheint. Das Kautionsgesetz gibt, wie gezeigt werden'wird, der Aufsichtsbehörde in bezug auf die übrigen Versicherungsgesellschaften eine hinreichende Handhabe, um sie in den Stand zu setzen, diejenigen Sicherungsmassnahmen zu treffen, die nach der heutigen Erkenntnis der Wirtschaftsprobleme und nach der besonderen Lage der Gesellschaften als angemessen betrachtet werden dürfen. Es mag auch bemerkt werden, dass nicht besondere Beobachtungen in der Geschäftsführung oder der Bundesblatt. 80. Jahrg. Bd. II.

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862 Geschäftslage der Gesellschaften die erhöhte Sicherstellung der Versicherungsansprüche wünschbar erscheinen lassen. Die eingehende gesetzliche Begelung dieser Frage ist erforderlich aus allgemeinen Gesichtspunkten, wie sie sich ergeben aus der Betrachtung einer auf Grund der geltenden Aufsichtsgesetzgebung bestehenden ungenügenden Bechtslage.

Bevor auf die Besprechung der allgemeinen Grundsätze, auf denen der Entwurf aufgebaut ist und auf die Erläuterung der einzelnen Entwurf sbestimmungen eingetreten wird, soll in gedrängter Darstellung ein Überblick gegeben werden über die Entwicklung des Gedankens der Sicherstellung der Versicherungsansprüche in der schweizerischen Gesetzgebung und die im Kautionsgesetz getroffene Lösung, über die in ausländischen Gesetzen bestehenden Vorschriften betreffend die Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche bei inländischen Gesellschaften, sowie über die Vorbereitungsarbeiten zum vorliegenden Entwurfe.

A. Allgemeiner Teil.

I. Die geltende Gesetzgebung betreffend die Sicherstellung der Versicherungsansprüche bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften.

1. Die schweizerische Gesetzgebung.

Die Bundesverfassung von 1874 unterstellt den Geschäftsbetrieb von privaten Versicherungsunternehmungen der Aufsicht und Gesetzgebung des Bundes. Schon bei der Beratung des Gesetzes, das in Ausführung der erwähnten Verfassungsbestimmung zur Begelung der Staatsaufsicht erlassen werden sollte, wurde die Frage der Sicherstellung der Versicherungsanspruche wenigstens in einem gewissen Umfange eingehend erwogen. Der Entwurf des Bundesrates zu dem Gesetze sah von der Forderung einer materiellen Sicherstellung völlig ab. Allerdings hatte die vorberatende Kommission eine Kautionsleistung in Erwägung gezogen, aber nur als Ersatz dafür, dass eine Garantie für die Vollziehung schweizerischer Urteile im Hbimatstaate der Gesellschaft nicht bestand. Aber auch mit dieser bescheidenen Kautionsleistung konnte sich der Entwurf des Bundesrates nicht befreunden ; er sah von der Forderung einer Kautionsleistung gänzlich ab. Man fürchtete, den Gesellschaften durch die Verpflichtung einer wirksamen Kautionsleistung zu schwere Lasten aufzuerlegen und man scheute auch davor zurück, dem Staate die Verantwortung für die Vermögensanlagen der Gesellschaften und für die Verwahrung der Anlagewerte zu überbinden. Mit der eingehenden Prüfung der Solidität der Gesellschaften bei der Konzessionserteilung und der dauernden Überwachung der konzessionierten Gesellschaften glaubte man die Interessen der Versicherten in hinreichendem Masse zu schützen.

In den parlamentarischen Beratungen des Gesetzesentwurfes wurde dann die Frage der Kautionsstellung neuerdings aufgegriffen und bildete in beiden Bäten Gegenstand eines lebhaften Meinungsaustausches. Von einer Hinterlegung technischer Beserven war allerdings noch nicht die Bede. Ein Antrag von Nationalrat Forrer verlangte aber von den ausländischen Gesellschaften

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eine Kaution, die für die Erfüllung ihrer schweizerischen Verbindlichkeiten hinreichen sollte. Dieser Antrag "wurde jedoch mit kleinem Mehr verworfen.

Von einer Sicherstellung der Versicherungsanspruche bei den inländischen Gesellschaften war in der Debatte überhaupt nicht die Bede. Das aus den Beratungen schliesslich hervorgehende «Bundesgesetz betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens» vom 25. Juni 1885 (Aufsichtsgesetz, VAG) begnügte sich mit sogenannten Administrativ- oder Betriebskautionen, Das Aufsichtsgesetz stellt die Pestsetzung dieser Kaution in das Ermessen des Bundesrates. Die Betriebskaution wurde bei in- und ausländischen Gesellschaften nach einheitlichen Grundsätzen bemessen, wobei ihre Höhe nach der Art und Zahl der von einer Gesellschaft betriebenen Versicherungszweige bestimmt wurde.

Eine Ausnahme trat im Laufe der Jahre in bezug auf die zwei amerikanischen und auf die neukonzessionierten ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften ein, von denen die Hinterlegung des gesamten Deckungskapitals ihres schweizerischen Versicherungsbestandes gefordert wurde. Diese Massnahme. die im Einverständnis mit den betreffenden Gesellschaften erfolgte, war gedacht als Vorbereitung für die in Aussicht genommene gesetzliche Neuordnung der Kautionsverhältnisse im Sinne einer materiellen Sicherstellung der schweizerischen Versicherungsansprüche wenigstens bei den ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften. Sie sollte der schweizerischen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit geben, auf dem in mancher Beziehung noch unabgeklärten Gebiete der Hinterlegung der technischen Eeserven Erfahrungen für die künftige gesetzliche Eegelung zu sammeln. Diese erschien nach dem Inkrafttreten und der Durchführung des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908 (VVG) der Aufsichtsbehörde als die nächste Aufgabe. Eine allgemeine Neuordnung der Kautionsvorschriften im Sinne der materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche war in Aussicht genommen und die vorbereitenden Studien hierfür waren begonnen, als der Ausbruch des europäischen Krieges eine rasche Ausführung dieser Absichten verunmöglichte. Eine vorläufige Eegelung für die ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften brachte der Bundesratsbeschluss vom 5. Oktober 1915, der jene
verpflichtete, ausser einem festen Betrag von Fr. 100,000, das von der Gesellschaft für ihren schweizerischen Versicherungsbestand zu reservierende Deckungskapital als Kaution zu hinterlegen. Dieser Forderung kamen die Gesellschaften zwar innerhalb der vom Bundesrate aufgestellten Fristen nach, jedoch konnte infolge der durch den Krieg entstandenen Verhältnisse die Hinterlage zum grössten Teil nur in ausländischen Werten bewirkt werden.

Gleichzeitig mit dem Bundesratsbeschluss vom 5. Oktober 1915, der nur als eine vorläufige Massnahme zu betrachten war, wurde auch die gesetzliche Ordnung einer erweiterten Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche an die Hand genommen. Ein vom Eidgenössischen Versicherungsamt ausgearbeiteter Entwurf wurde zunächst von einer Expertenkommission durchberaten und die 'aus den Kommissionsberatungen hervorgehende Fassung am 9. De-

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zember 1916 vom Bundesrat genehmigt. Nach eingehender Beratung des Entwurfes in den parlamentarischen Kommissionen und in den beiden Bäten wurde er am 29. Januar im Ständerat und am 4. Februar 1919 im Nationalrat einstimmig angenommen und ist am 1. Juni des gleichen Jahres als «Bundesgesetz über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften» vom 4. Februar 1919 (Kautionsgesetz) in Kraft getreten. Die von der Aufsichtsbehörde bei der Ausführung des Aufsichtsgesetzes und des Kautionsgesetzes entwickelten Grundsätze wurden in einer einheitlichen VollziehungsVerordnung vom 16. August 1921 festgelegt.

Über die beim Erlasse der beiden Gesetze massgebenden Gesichtspunkte geben insbesondere die Botschaft des Bundesrates zum Aufsichtsgesetz (Bundesblatt 1885, I, 101 ff.) und die Botschaft zum Kautionsgesetz (Bundesblatt 1916, IV, · 485 ff.) Auskunft. Es sei auch verwiesen auf den «Bericht des eidgenössischen Versicherungsamtes über die Frage der Kautionsstellung der ausländischen, insbesondere der deutschen Lebensversicherungsgesellschaften» vom 25. August 1923, und auf die Arbeit des ersten Direktors des Versicherungsamtes, Herrn Dr. J. J. Kummer, über «Versicherungswesen» in Beichesberg, Handwörterbuch für schweizerische Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd. III.

Das Kautionsgesetz legte das Schwergewicht auf die Sicherstellung des schweizerischen Versicherungsbestandes der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften. Es verlangt von ihnen eine Kautionshinterlage im Umfange des für den schweizerischen Versicherungsbestand zurückzustellenden Deckungskapitals und überdies einen angemessenen Zuschuss. Erscheinen die Interessen der Gesamtheit der schweizerischen Forderungsberechtigten gefährdet und leistet die Gesellschaft der Aufforderung des Bundesrates zur Sanierung innerhalb der von ihm hierfür festgesetzten Frist nicht Folge, so kann dieser in der im Gesetze vorgeschlagenen Weise über die Kaution verfügen.

Dabei kommen zwei Möglichkeiten in Betracht : Der Bundesrat kann die Kaution dazu verwenden, entweder um den schweizerischen Versicherungsbestand der Gesellschaft mit Bechten und Pflichten ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft zu übertragen, oder um ihn nach Massgabe der Versicherungsverträge von Bundes wegen zu liquidieren. Die Kautionswerte gehen dabei von Gesetzes
wegen auf den neuen Versicherungsträger oder auf den Bund über. Beicht die Kaution zur Durchführung einer der genannten Massnahmen nicht aus, so beauftragt der Bundesrat das Konkursamt, sie konkursmässig zu liquidieren.

Das Kautionsgesetz hat bei den ausländischen Lebens Versicherungsgesellschaften den Grundsatz der materiellen Sicherstellung voll zur Anwendung gebracht. Nicht so weit glaubte es bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften gehen zu sollen. Auch diese haben zwar eine Kaution zu stellen, aber der Umfang der Kautionspflicht wird im Gesetz nicht umschrieben.

Massgebend ist in bezug auf die inländischen Gesellschaften nur die allgemeine Bestimmung des Gesetzes, dass der Bundesrat die Höhe der Kaution für jede Gesellschaft nach Massgabe ihrer Betriebsverhältnisse festzusetzen habe.

Der Bundesrat kann zwar, wenn die besonderen Umstände es erfordern, auch von den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften die Hinterlegung

865 des vollen Deckungskapitals ihres schweizerischen Versicherungsbestandes fordern; doch soll bei ihnen, wie die Botschaft zum Kautionsgesetz ausdrücklich betont, «die Kaution für den Regelfall die Bedeutung einer Betriebskaution beibehalten» (Bundesblatt 1916, IV, 489).

In der Botschaft zum Kautionsgesetz wird die den inländischen Gesellschaften gewährte grössere Freiheit damit begründet, dass die Überwachung dieser Gesellschaften durch die Aufsichtsbehörde viel leichter sei. Sie hätten ihren Sitz in der Schweiz, und die Behörde habe jederzeit die Möglichkeit, die gesamten Verhältnisse der Gesellschaft an Ort und Stelle zu prüfen. Der ungünstige Stand einer Gesellschaft könne daher rechtzeitig erkannt und eine geeignete Sanierungsmassnahme veranlasst werden. Da sich zudem das ganze Vermögen, soweit es nicht zur Kautionsstellung in andern Ländern herangezogen wird, in der Schweiz befinde, müsse es gegebenenfalls auch im Inlande und nach schweizerischem Eecht verwertet werden. Die inländische Gesellschaft könne sich daher auch nicht den Anordnungen des Bundesrates dadurch entziehen, dass sie den Geschäftsbetrieb in der Schweiz aufgibt, wie dies vor dem Erlass des Kautionsgesetzes bei ausländischen Gesellschaften tatsächlich vorgekommen ist. Der Gesetzgeber glaubte aus solchen Überlegungen den inländischen Gesellschaften «die erhebliche Mühe und Arbeit einer Ausscheidung und gesonderten Verwaltung des schweizerischen Versicherungsbestandes ersparen zu können» (Bundesblatt 1916, IV, 489).

Dem Kautionsgesetz erscheint denn auch als die wichtigste Vorkehr zum Schutze der schweizerischen Versicherungsansprüche die rechtzeitige Sanierung der Gesellschaft. Der Bundesrat kann zu diesem Zwecke die Einberufung einer Generalversammlung verlangen und sich in dieser vertreten lassen. Um die Sanierung zu ermöglichen, kann er überdies der Gesellschaft bis zu einem Drittel ihrer Versicherungsverpflichtungen Stundung für bestimmte Zeit gewähren.

Der Unterschied der Verhältnisse bei den inländischen und ausländischen Gesellschaften zeigt sich in den Massnahmen, die vom Bundesrat beim Nichtzustandekommen der Sanierung zu treffen sind. Ist die Sanierung einer ausländischen Gesellschaft nicht möglich oder weigert sie sich, der Aufforderung zur Sanierung Folge zu leisten, so hat der Bundesrat als Aufsichtsbehörde
keine Möglichkeit, gegen die Gesellschaft an ihrem Sitze Massnahmen zu ergreifen. Die Gesellschaft untersteht dem Eechte ihres Heimatstaates und in den meisten Fällen auch der Aufsicht einer heimischen Aufsichtsbehörde, in deren Kompetenzbereich die schweizerische Aufsichtsbehörde nicht eingreifen kann. Wohl aber soll der Bundesrat nunmehr über die in der Schweiz befindlichen Hinterlagen im Interesse des schweizerischen Versicherungsbestandes verfügen können. Das Kautionsgesetz gibt ihm daher die Befugnis, die Kautionen in dem oben erwähnten Sinne zu verwenden. Befindet sich die Gesellschaft noch im Besitze der Konzession, so wird ihr dieselbe selbstverständlich entzogen.

Entsprechend der vom Kautionsgesetz für die inländischen Gesellschaften vorgesehenen Ordnung, wonach diesen die materielle Sicherstellung der in der

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Schweiz zu erfüllenden Versicherungsansprüche nicht vorgeschrieben wird, können die von der Aufsichtsbehörde beim Nichtzustandekommen der Sanierung zu treffenden Massnahmen nicht in erster Linie in der Verwendung der Kaution bestehen, wie sie für die ausländischen Gesellschaften vorgesehen ist.

Anderseits kann aber die Gesellschaft nicht mehr im Besitze der Konzession zum Abschluss neuer Verträge belassen werden, da sie nicht mehr vertrauenswürdig ist. Es kann sich nur noch fragen, ob sie gerichtlich oder aussergerichtlich zu liquidieren sei. Klarheit hierüber werden voraussichtlich schon die Sanierungsverhandlungen gegeben haben, andernfalls müsste sie durch eine Liquidationsbilanz erbracht werden. Ist die Gesellschaft noch nicht überschuldet, so wird der Bundesrat verfügen, dass sie nach Massgabe der zutreffenden Bestimmungen des Obligationenrechtes zu liquidieren sei. Liegt dagegen Überschuldung vor, so hat die Verwaltung das Gericht behufs Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft zu benachrichtigen. Da bei den Sanierungsverhandlungen schon alle zur Erhaltung der Gesellschaft möglichen Massnahmen geprüft wurden, so soll eine Aufschiebung des Konkurses durch das Gericht zur Vornahme weiterer Sanierungsversuche im Sinne der Art. 657, Abs. 3, und Art. 704, Abs. 2 OE nicht statthaft sein.

Wird die Gesellschaft aussergerichtlich liquidiert, so werden die Versicherungsverträge mit den vorhandenen Mitteln der Gesellschaft vertragsgemäss abgewickelt. Zum Erlass besonderer Anordnungen in bezug auf eine sofortige Verwendung der Kaution besteht für diesen Fall kein Bedürfnis; das Kautionsgesetz enthält daher hierüber keine Vorschriften. Wird dagegen über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet, so wird nunmehr die der Kaution zukommende Funktion des Pfandes in Erscheinung treten müssen. Das Kautionsgesetz bestimmt daher, dass im Konkurse der Gesellschaft die Kaution in erster Linie zur Befriedigung der zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Forderungen zu verwenden sei. Da jedoch bei den inländischen Gesellschaften das Gesetz die Kautionshinterlage nicht im Umfange der technischen Eeserven fordert, werden im Konkurse der Gesellschaft die Versicherungsforderungen durch die Kaution nicht voll gedeckt sein. Für den nicht gedeckten Teil der Forderungen räumt das Gesetz den schweizerischen
Anspruchsberechtigten ein Konkursvorrecht in der dritten Klasse ein, das übrigens auch für die nicht zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherungen besteht, soweit für diese nicht im Auslande Sicherheit zu bestellen ist. Die Verbindung von Kaution und Konkursvorrecht bildet normalerweise die gesetzliche Schutzvorkehr zugunsten der in der Schweiz zu erfüllenden Versicherungsforderungen. Wurde jedoch von einer Gesellschaft mit Bücksicht auf ihre besondern Betriebsverhältnisse die Bestellung der Kaution in einer Höhe verlangt, die eine Verwendung der Kaution ermöglicht, wie sie bei den ausländischen Gesellschaften vorgesehen ist, so kann der Bundesrat auch im Konkurse der inländischen Gesellschaft die gleiche Massnahme treffen. Hat also die inländische Lebensversicherungsgesellschaft das Deckungskapital ihres schweizerischen Versicherungsbestandes als Kaution hinterlegt, so wird

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der Bundesrat den Versicherungsbestand mit Hechten und Pflichten ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft übertragen oder von Bundes wegen liquidieren. Die Versicherungsnehmer scheiden in diesem Falle von der weitern Beteiligung am Konkurse aus.

2. Die ausländische Gesetzgebung.

Die Botschaft zum Kautionsgesetz (Bundesblatt 1916, IV, 475 ff.) gab einen gedrängten Überblick über die Vorschriften ausländischer Gesetze betreffend die Sicherstellung der Versicherungsansprüche der inländischen und ausländischen Versicherungsunternebmungen, auf den wir auch an dieser Stelle verweisen. In der Botschaft zum vorliegenden Gesetzesentwurf sollen die von ausländischen Gesetzen vorgesehenen Massnahmen zusammengestellt werden, soweit sie die Sicherstellung der Versicherungsansprüche aus Lebensversicherungen bei inländischen Gesellschaften betreffen. Eine solche Darstellung ist geeignet, das Verständnis für die Vorschriften des Entwurfes zu erleichtern.

Sie erscheint auch deshalb notwendig, weil seit der Abfassung der Botschaft zum Kautionsgesetz teilweise Änderungen oder Ergänzungen gesetzlicher Bestimmungen eingetreten sind und in einzelnen Staaten erst seither diesbezügliche Gesetzesbestimmungen erlassen wurden.

D e u t s c h l a n d . Dieser Staat hat als erster den Gedanken der materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche nicht nur bei ausländischen, sondern auch bei den inländischen Versicherungsgesellschaften konsequent durchgeführt. Es geschah dies im Eeichsgesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901. Durch die Novelle vom 19. Juli 1923 wurde das Gesetz den bei seiner Anwendung gemachten Erfahrungen und den durch die Verhältnisse der Nachkriegszeit geschaffenen Bedürfnissen angepasst.

Die Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche beruht auf dem Grund satz der rechtlichen Bindung des Prämienreservefonds zugunsten der Anspruchsberechtigten. Der Prämienreservefonds der inländischen Gesellschaft ist von ihrem übrigen Vermögen getrennt zu verwalten und am Sitze der Gesellschaft oder an einem von der Aufsichtsbehörde gebilligten Orte zu verwahren. Die den Prämienreservefonds bildenden Bestände sind einzeln in ein Eegister einzutragen, und am Schlüsse des Geschäftsjahres ist der Aufsichtsbehörde eine Abschrift der im Laufe desselben vorgenommenen Eintragungen
vorzulegen. Der .Prämienreservefonds muss in den gesetzlich vorgeschriebenen Werten angelegt werden. Es dürfen ihm nur diejenigen Beträge entnommen werden, die durch Eintritt des Versicherungsfalles, durch Bückkauf oder andere Fälle der Beendigung des Versicherungsverhältnisses frei werden. Die Eröffnung des Konkurses kann nur auf den Antrag der Aufsichtsbehörde ausgesprochen werden. Die Versicherungsnehmer besitzen für den rechnungsmässigen Betrag der Prämienreserve ihrer Versicherungen ein Konkursvorrecht, das allen andern Forderungen an die Gesellschaft vorgeht.

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Die Aufsichtsbehörde ist auch befugt, Massnahmen zur Vorbeugung de» Konkurses zu treffen. Ergibt sich nämlich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage der Gesellschaft, dass diese zur Erfüllung ihres Verpflichtungen auf die Dauer nicht mehr imstande ist, die Vermeidung der Konkurses aber im Interesse der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde die zu diesem Zwecke erforderlichen Anordnungen treffen, sowie die Vertreter der Gesellschaft auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder die sonstige Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Die Aufsichtsbehörde kann auch, um die Sanierung zu ermöglichen, alle Arten von Vermögensleistungen an die Versicherten untersagen und den Eückkauf und die Beleihung von Versicherungen, sowie Vorauszahlungen auf dieselben zeitweilig verbieten. "Überdies ist die Aufsichtsbehörde befugt, die Verpflichtungen der Gesellschaft aus den laufenden Versicherungen, dem Stande ihres Vermögens entsprechend, herabzusetzen. Die Ermässigung geschieht in der Weise, dass zunächst die rechnungsmässigen Prämienreserven der einzelnen Versicherungen herabzusetzen und hierauf die Versicherungssummen neu festzustellen sind. Die Verpflichtung der Versicherungsnehmer zur Prämienzahlung soll durch diese Massnahme nicht berührt werden. Die Sicherstellung der Versicherungsansprüche kann noch durch die Forderung einer Kaution verstärkt werden, deren Höhe und Zweckbestimmung von der Aufsichtsbehörde nach freiem Ermessen festgesetzt wird.

Österreich. Schon das österreichische Versicherungsregulativ vom 5. März 1896 sah vor, dass von den zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Gesellschaften, «um die stete Erfüllbarkeit der von der Anstalt übernommenen Verpflichtungen zu sichern», eine «nach Massgabe der Umstände und der Zeitverhältnisse» bemessene Kaution gefordert werden könne. In einem Entwurf vom 5. April 1905 wurde der Versuch einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Staatsaufsicht gemacht. Als Vorbild diente dabei das deutsche Aufsichtsgesetz. Der Entwurf erhielt indessen keine Gesetzeskraft. Dagegen wurde das erwähnte Eegulativ nach Beendigung des Krieges eingehend revidiert. Die österreichische Staatsaufsicht beruht nunmehr auf der «Verordnung des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht im Einvernehmen mit den beteiligten
Bundesministerien vom 7. März 1921, betreffend die Neufassung des Versicherungsregulativs».

Die Verordnung sucht die Sicherstellung der Versicherungansprüche bei den Lebensversicherungsgesellschaften durch ähnliche Vorschriften zu erreichen, wie das deutsche Aufsichtsgesetz. Auch nach der österreichischen Verordnung sind die Gesellschaften verpflichtet, alljährlich die Prämienreserve für die bestehenden Versicherungen zu berechnen und den Prämienreservefonds gesondert zu verwalten und vorschriftsgemäss anzulegen. Die Werte des Fonds sind in ein Register einzutragen und eine Ausfertigung desselben ist der Aufsichtsbehörde einzureichen und alljährlich zu ergänzen. Dem Fonds dürfen Werte nur unter Einstellung von zulässigen Ersatzwerten oder, im Fall

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der Verminderung der Gesamtprämienreserve, mit Einwilligung der Aufsichtsbehörde entnommen werden.

Wird über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet, so ist das Prämienreserveregister abzuschliessen und der Aufsichtsbehörde zur Feststellung des Standes des Fonds zu übermitteln. Die zum Fonds gehörigen Werte bilden eine Sondermasse, aus der die Versicherungsansprüche in gleicher Rangordnung befriedigt werden, wobei für die laufenden Versicherungen auf die Prämienreserve abgestellt wird.

Die Verordnung gibt der Aufsichtsbehörde weitgehende Befugnisse, um bei gefährdeter Vermögenslage der Gesellschaft eine rechtzeitige Sanierung zu bewirken. Sie kann sich bei den Versammlungen und Sitzungen der Körperschaftsorgane vertreten lassen und den Vollzug von rechts- oder statutenwidrigen oder die öffentlichen Interessen gefährdenden Beschlüssen bis zum Entscheide durch sie hemmen. Ist Gefahr im Verzüge, so kann die Aufsichtsbehörde die Einberufung der Körperschaftsorgane und die Ankündigung der Tagesordnung selbst vornehmen. Dagegen gibt die Verordnung der Aufsichtsbehörde nicht die Befugnis zur Stundung der Gesellschaftsverpflichtungen, zur Herabsetzung der Versicherungsansprüche und zum Verbot des Bückkaufs und der Beleihung der Versicherungen, wie dies im deutschen Gesetze vorgeschrieben ist.

Ausserdem kann von den Gesellschaften, um die stete Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gegenüber dem Staat und den Versicherungsnehmern zu sichern, eine nach Umständen und Zeitverhältnissen zu bemessende Kaution gefordert werden. Die Kautionsstellung erfolgt zugunsten des'Staates. Über den gänzlichen oder teilweisen Verfall der Kaution entscheidet die Aufsichtsbehörde.

Frankreich. Die französische Staatsaufsicht wird geregelt durch Gesetz vom 17. März 1905 (Loi relative à la surveillance et au contrôle des sociétés d'assurances sur la vie et de toutes les entreprises dans les opérations desquelles intervient la durée de la vie humaine) und durch die in Ausführung desselben erlassenen Verordnungen. Auch das französische Gesetz hat den Gedanken der Sicherstellung der Versicherungsansprüche bei inländischen und ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften durchgeführt. Diesem Zwecke dienen eingehende Vorschriften über die von den Gesellschaften anzuwendenden technischen Grundlagen, über die Vermögensanlagen, über
die Führung von Registern, in welche die Versicherungen getrennt nach Versicherungsarten einzutragen sind, und über die der Aufsichtsbehörde zu erstattenden periodischen Nachweise. Sodann haben die Gesellschaften eine Garantiereserve zu bestellen, die durch bestimmte, durch Verordnung festgesetzte Zuwendungen aus den jährlichen Prämieneinnahmen solange zu äufnen ist, bis der Fonds 10 % der Prämienfeserve erreicht hat.

Die Sicherstellung selbst erfolgt nicht, wie im deutschen und österreichischen Gesetz, durch Ausscheidung und Bindung bestimmter Vermögenswerte im

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Umfange der sicherzustellenden Forderungen, sondern durch die Errichtung eines gesetzlichen Generalpfandrechtes im Sinn des Art. 2101 Code civil an den sämtlichen Vermögenswerten der Gesellschaft. Die Anpruchsberechtigten besitzen also ein Konkursprivileg, das durch die übrigen Gläubiger der Gesellschaft kaum beeinträchtigt wird.

England. Massgebend ist der Assurance Companies Act vom 3. Dezember 1909. Nach demselben haben die in- und ausländischen Versicherungsgesellschaften für jeden von ihnen betriebenen Versicherungszweig eine Kaution (deposit) zu leisten. Sie besteht in einem festen Betrag von 20,000 £, und ist in den vom Handelsministerium zugelassenen Werten anzulegen. Über jeden Versicherungszweig ist gesonderte Eechnung zu führen und aus den Einnahmen ein besonderer Fonds zu bilden, der ausschliesslich für die Verpflichtungen des betreffenden Versicherungszweiges haftet. Bei der Lebensversicherung entspricht dieser Fonds der Prämienreserve. Ist eine Gesellschaft nicht imstande, ihren Verpflichtungen weiterhin nachzukommen, so kann das Gericht, wenn es dies für angemessen erachtet, statt die Auflösung der Gesellschaft anzuordnen, die Bedingungen der Versicherungsverträge ändern und die Versicherungssummen herabsetzen. Zur Sicherung der Versicherungsansprüche dienen noch besondere Vorschriften über die Fusion und Auflösung der Versicherungsgesellschaft und über die Übertragung des Versicherungsbestandes.

Alle diese Massnahmen müssen vom höchsten Gerichtshof ausgehen.

Es besteht die Absicht, dieses Gesetz durch ein neues Gesetz, das eine erhöhte Sicherung der Versicherungsansprüche bringen soll, zu ersetzen. Der im Auftrage des Board of Trade von Fachleuten aufgestellte Entwurf einer « Bill to amend thè law relating to thé carrying on of insurance undertakings» wurde im März 1927 veröffentlicht. Er erweitert den Kreis der dem Gesetz unterstehenden Versicherungsunternehmungen und verschärft die Vorschriften über die Rechnungslegung und über die der Öffentlichkeit und dem Board of Trade zu erstattenden Nachweise. Die wesentlichste Neuerung aber besteht in einer wirksamen materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche.

Für die Lebens-, Renten- und Sparversicherungen und für die Krankenund Invalidenversicherungen wird die Bildung besonderer Fonds vorgeschrieben, die auch unter der
Bezeichnung « Amalgamated Fonds »in einen Fonds zusammengefasst werden können. Die Fonds sind vom übrigen Vermögen getrennt zu verwalten. Eingehende Vorschriften regeln die Verwaltung, Speisung und Beanspruchung der Fonds. Bei der Liquidation oder im Konkurse der Gesellschaft sollen sie zur Erfüllung der Versicherungsansprüche Verwendung finden.

In bezug auf die Lebensversicherung ist im englischen Entwurfe die Sicherstellung der Versicherungsansprüche nach ähnlichen Gesichtspunkten geordnet wie im vorliegenden Entwurfe.

Italien. In der Botschaft zum Kautionsgesetz wurde erwähnt, dass die Lebensversicherung in Italien durch Gesetz vom 4. April 1912 monopolisiert wurde und dass infolgedessen den Bestimmungen des italienischen Handels-

871 gesetzbuches, die bei den in- und ausländischen Gesellschaften die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche in einem gewissen Umfange vorsahen, nur noch transitorische Bedeutung zukomme. Durch Dekret vom 29. April 1923, das am 17. April 1925 als Gesetz erklärt worden ist, wurde das Staatsmonopol wieder aufgehoben, und die privaten Gesellschaften sind neuerdings zum Geschäftsbetrieb zugelassen worden. Auf dem Gebiete der Lebensversicherung tritt die Monopolanstalt (Istituto nazionale) mit jenen in freie Konkurrenz, doch wird ihr in mehrfacher Beziehung eine bevorzugte Stellung eingeräumt.

Das genannte Gesetz und eine ausführende Verordnung vom 4. Januar 1925 regeln umfassend die Aufsicht über das ganze private Versicherungswesen. Bei der Lebensversicherung wird insbesondere die Sicherung der Versicherungsanspruche sorgfältig geordnet durch Vorschriften über die finanzielle Ausstattung der Gesellschaften, über die Geschäftsführung, über die Rechnungslegung und Berichterstattung an das Aufsichtsamt und durch Bestimmungen, die die Schaffung von Garantien für die Erfüllung der Versicherungsansprüche bezwecken.

Die Versicherungsverpflichtungen der Monopolanstalt sind durch den Staat garantiert.

Die privaten Lebensversicherungsgesellschaften haben eine Kaution von 500,000 Lire zu leisten, die auch zur Erfüllung der Versicherungsverträge bestimmt ist. Neu sich gründende Gesellschaften müssen einen Anfangsfonds von 1,5 Millionen Lire stellen, der auf die sich bildende Prämienreserve angerechnet wird. Bei gemischten Betrieben sind die für die Lebensversicherung bestimmten Vermögensteile von dem übrigen Vermögen der Gesellschaft auszuscheiden und separat zu verwalten und dürfen zu keinen andern Zwecken Verwendung finden.

Von den in Italien abgeschlossenen Versicherungen müssen die privaten Gesellschaften einen Teil, der nach der Dauer der Konzession abgestuft ist, an die Monopolanstalt abtreten. Er beträgt während der ersten zehn Jahre nach der Konzessionserteilung 40 %, während der zweiten zehn Jahre 30 %, während der dritten zehn Jahre 20 % und später 10 % der von den Gesellschaften übernommeneu Risiken. Für die an die Monopolanstalt abgetretenen Teile der Versicherungen besteht ebenfalls die staatliche Garantie.

Die zur Deckung der Prämienreserve bestimmten Vermögensanlagen sind,
einschliesslich des in Bückversicherung gegebenen Teiles, in den vorgeschriebenen Werten zu bestellen und zugunsten der Versicherten zu vinkulieren.

Diese Vorschrift besteht jedoch nicht für die an die Monopolanstalt abgetretenen Teile der Prämienreserve, für welche die Rücklagen nach den für die Anstalt geltenden Vorschriften zu bewerkstelligen und zu verwalten sind.

Die zur Deckung der Prämienreserve bestimmten Titel sind von den Gesellschaften bei der Cassa depositi e prestiti oder beim Istituto di emissione zu hinterlegen und mit einem Verhaftungsvermerk zugunsten der Gesamtheit

872 der zum italienischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherten zu versehen. Änderungen der Hinterlage dürfen nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorgenommen werden. Die Hinterlegungspflicht besteht nicht hinsichtlich der Namenpapiere, wenn die Unternehmung, welche die Titel ausgibt, auf denselben den Verhaftungsvermerk anbringt. Die Verhaftung von Grundstücken erfolgt durch die Eintragung einer Hypothek zugunsten der Berechtigten.

An den zur Deckung der Prämienreserve bestimmten Vermögenswerten besteht zugunsten der Gesamtheit der zum italienischen Versicherungsbestand gehörigen Versicherten ein Privileg gemäss Art. 1958, Ziff. 6 des italienischen Zivilgesetzbuches.

Stellt die Aufsichtsbehörde einen Fehlbetrag in der Deckung der Prämienreserve fest, so fordert sie die Gesellschaft auf, ihn innerhalb eines Monats zu decken. Kann diese ohne hinreichende Eechtfertigung der Aufforderung nicht Folge leisten, so wird durch königliches Dekret über die Gesellschaft die Liquidation eröffnet. Die Verfügung ist unwiderruflich. Der Gesellschaft wird ein Liquidator bestellt, dessen Befugnisse im Emennungsakt umschrieben werden. Die Versicherungssummen werden nach der in der Ausführungsverordnung vorgesehenen Berechnungsweise neu festgestellt, doch kann der Versicherungsnehmer die ursprüngliche Versicherungssumme beibehalten, wenn er die entsprechende höhere Prämie bezahlt. Die Versicherungen werden auf die Monopolanstalt übertragen, deren Haftung mit dem Ablauf von 60 Tagen nach der Liquidationseröffnung beginnt. Im Falle des Konkurses besitzen die Versicherten an den zur Deckung der Prämienreserve bestimmten Eücklagen das oben erwähnte Konkursprivileg.

Holland ordnet die Staatsaufsicht über die private Lebensversicherung durch Gesetz vom 22. Dezember 1922. Eine materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche wird nur von den ausländischen Gesellschaften gefordert. Bei den inländischen Gesellschaften sollen die Interessen der Versicherten gewahrt werden durch Massnahmen, welche die Sanierung der notleidend gewordenen Gesellschaft und ihre strenge Kontrolle bezwecken. Das Gesetz enthält hierüber eingehende Vorschriften.

Besteht die Gefahr, dass eine Gesellschaft ihre Verpflichtungen auf die Dauer nicht mehr erfüllen kann, so hat die Gesellschaftsleitung oder die Aufsichtsbehörde dem Gericht
hiervon Anzeige zu machen. Dieses stellt fest, dass sich die Gesellschaft in einem Zustande befindet, der im Interesse der Gesamtheit der Versicherten besondere Anordnungen erfordert. Der Beschluss kann für eine zum vornherein bestimmte Zeit oder für unbegrenzte Dauer gefasst werden. Auf Antrag der Aufsichtsbehörde kann ihn das Gericht jederzeit wieder aufheben.

Durch den Beschluss wird die Gesellschaft unter Geschäftsvormundschaft gestellt. Alle wichtigen Entschliessungen der Gesellschaft bedürfen der Einwilligung der Aufsichtsbehörde. Weigern sich die Aktionäre oder Gesellschaftsmitglieder, die zur Vornahme einer geschäftlichen Massnahme erforderliche

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Entschliessung zu fassen, so kann die Aufsichtsbehörde an ihrer Stelle handeln.

Diese ist auch befugt, Direktoren und Verwaltungsmitglieder abzuberufen und durch andere zu ersetzen. Fehlen Gesellschaftsorgane, so werden sie durch die Aufsichtsbehörde vertreten.

Der Gerichtsbeschluss bewirkt, dass die Gesellschaft nicht mehr betrieben werden kann und bereits eingeleitete Betreibungen und Pfändungen dahinfallen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Verträge,1 die nach dem Beschluss mit der Gesellschaft eingegangen werden. Versicherungen, die aufgelöst wurden, weil die Versicherten die Prämien wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht zahlten, können vom Gericht wieder in Kraft gesetzt werden. Dieses ist auch befugt, die mit der Gesellschaft geschlossenen Verträge zu ändern, doch dürfen den Gläubigern keine Verpflichtungen auferlegt werden, die ihnen nicht schon nach dem Vertrage obliegen; die Prämien dürfen also nicht erhöht werden, dagegen kann das Gericht die Versicherungssummen und Eenten herabsetzen.

Das Gericht kann auf Antrag der Aufsichtsbehörde den Konkurs über die Gesellschaft eröffnen. Es ist berechtigt, über die Bangordnung, in welcher die Gläubiger am Konkurse teilnehmen, Vorschriften zu erlassen. Durch die Konkurserklärung wird der Beschluss des Gerichtes, der die Gesellschaft als notleidend erklärt hat, aufgehoben. Die Forderungen aus Verträgen, die nach diesem Beschluss abgeschlossen wurden, gemessen ein Konkursvorrecht am gesamten Vermögen der Gesellschaft, das den Forderungen der übrigen Gläubiger vorgeht.

Schweden, Norwegen und Dänemark haben die Staatsaufsicht über die inländischen Lebensversicherungsgesellschaften in der Hauptsache übereinstimmend geordnet (Schwedisches Gesetz vom 24. Juli 1900, Norwegisches Gesetz vom 29. Juli 1911 und Dänisches Gesetz vom 1. April 1914).

Eine besondere Kaution wird von den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften nicht verlangt. Dagegen enthalten die angeführten Gesetze eingehende Vorschriften zur Sicherung der Versicherungsansprüche. Die Prämienreserve ist als Versicherungsfonds in den vorgeschriebenen Werten anzulegen und getrennt zu verwalten. Die Anlagewerte sind durch einen Vermerk zugunsten der Anspruchsberechtigten aus den zum inländischen Bestand gehörenden Versicherungen zu binden. Bei Grundstücken
ist ein entsprechender Vermerk in das Grundbuch einzutragen. Die Ausführung dieser Vorschrift ist von einem Vertrauensmann zu überwachen. Streichungen der Vermerke und damit Entlassungen der Werte aus der Sonderhaftung dürfen nur mit Einwilligung der Aufsichtsbehörde vorgenommen werden. An den gebundenen Werten besitzen die Versicherten im Konkurse der Gesellschaft ein Vorzugsrecht Sind die Interessen der Versicherten durch die Lage der Gesellschaft gefährdet und nimmt diese zur Beseitigung dieses ZustandeS die erforderlichen Massnahmen nicht innerhalb der ihr hierfür angesetzten Frist vor, so kann sie von der Aufsichtsbehörde unter Zwangsverwaltung gestellt werden.

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Die Aufsichtsbehörde wird zunächst versuchenden Versicherungsbestaüd, wenn nötig unter Herabsetzung der Versicherungsbeträge, auf eine andere Gesellschaft zu übertragen. Die Übertragung gilt als zustande gekommen, wenn innerhalb der hierfür festgesetzten Frist nicht wenigstens ein Fünftel der Versicherten Einspruch erhebt. Gelingt die "Übertragung des Versicherungsbestandes nicht, so setzt die Aufsichtsbehörde die endgültige Herabsetzung der Versicherungsbeträge fest und beruft die Versicherten zu einer Versammlung ein, die über die Gründung einer Gegenseitigkeitsgesellschaft auf Grund des von der Behörde vorgelegten Planes Beschluss fassen soll. Kommt die Gründung einer Gegenseitigkeitsgesellschaft nicht zustande, so wird die Zwangsverwaltung fortgesetzt.

Finnland hat im Gesetz vom 5. Februar 1926 die Sicherstellung der Ansprüche aus den bei inländischen Gesellschaften abgeschlossenen Lebensversicherungen in ähnlicher Weise wie die skandinavischen Staaten geordnet.

Die dem Deckungskapital entsprechenden Werte sind gesondert auszuweisen und als besonderer Fonds zu verwalten. Dieser ist jährlich nach Abschluss der Bilanz auf den Sollbetrag zu ergänzen. Weist der Fonds einen Überschuss auf, so ist der Mehrbetrag der Gesellschaft herauszugeben. Es können ihr auch im Laufe des Eechnungsjahres Werte freigegeben werden, wenn sie eine bedeutende Überdeckung nachweist.

An den Werten des Fonds besitzen die Anspruchsberechtigten ein Pfandrecht. Im Falle der Liquidation oder des Konkurses der Gesellschaft wird der Fonds einer besonderen behördlichen Verwaltung unterstellt, auf die auch die Eechte und Pflichten aus den Versicherungsverträgen übergehen. Die Aufsichtsbehörde kann auch einen oder mehrere Konkursverwalter bestellen.

Beicht der Fonds zur Erfüllung der Versicherungsansprüche nicht aus, so besteht zugunsten desselben im Umfange des Fehlbetrages ein privilegiertes Forderungsrecht an die Konkursmasse. Die Verwaltung des Fonds darf aus diesem nur nach Verhältnis der vorhandenen Mittel Zahlungen leisten.

Die Verwaltung soll zunächst versuchen, den Versicherungsbestand auf eine andere Gesellschaft zu übertragen. Die Übertragung wird rechtskräftig, wenn nicht wenigstens ein Fünftel der Anspruchsberechtigten innerhalb der hierfür angesetzten Frist Einspruch erhebt. Ist die Übertragung innerhalb zwei
Jahren nach der Konkurseröffnung nicht zu bewerkstelligen, so sind die Versicherungsnehmer aufzufordern, zur Fortführung des Geschäftes eine Gegenseitigkeit sgesellschaf t zu gründen. Die Gründung kommt jedoch nicht zustande, wenn sich wenigstens ein Drittel der Versicherungsnehmer gegen sie ausspricht.

In diesem Falle ist der Fonds unter die Anspruchsberechtigten nach Verhältnis ihrer Forderungen zu verteilen.

Polen regelt die Staatsaufsicht über die Versicherungsunternehmungen durch die Verordnung des Staatspräsidenten vom 26. Januar 1928 über die Versicherungskontrolle.

875 Die inländischen Versicherungsgesellschaften haben die technischen Reserven aus der Lebensversicherung gesondert auszuweisen. Die zu ihrer Bedeckung dienenden Aktiven sind in ein besonderes Eegister einzutragen, und die Gesellschaft kann nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde über sie verfügen.

Die Werte dieser Rucklagen müssen bei einer öffentlichen Bank hinterlegt werden, sofern die Gesellschaft nicht über eine eigene, hinreichend sichere Stahlkammer verfügt. Sie dürfen nur für Versicherungsforderungen in Anspruch genommen werden.

Wird einer Gesellschaft von der Aufsichtsbehörde die Konzession entzogen, so ist sie nötigenfalls durch vom Gericht ernannte Liquidatoren zu liquidieren. Der Versicherungsbestand, für den die Eintragung der Anlagewerte in das Register vorgeschrieben ist, kann ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft übertragen werden. Die Übertragung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die übernehmende Gesellschaft tritt in alle Rechte und Pflichten der liquidierenden Gesellschaft ein.

Der Konkurs kann nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde über die Gesellschaft eröffnet werden. Im Konkurse bilden die in das Register eingetragenen Werte einen besonderen Fonds, der von einem vom Gericht ernannten Kurator verwaltet wird. Die ausstehenden Erträgnisse der Werte fallen in den Fonds. Für den durch diesen nicht gedeckten Teil des Deckungskapitals werden die Anspruchsberechtigten auf die Konkursmasse angewiesen. Auch im Konkurse kann der durch den Fonds sichergestellte Versicherungsbestand mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde mit Rechten und Pflichten ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft übertragen werden. Die Übertragung bedarf überdies der Bestätigung durch das Gericht. Dieses kann nötigenfalls die Versicherungssummen und Rentenbeträge der zu übertragenden Versicherungen herabsetzen.

Überzeugt sich der Kurator, dass die Übertragung des Versicherungsbestandes nicht angezeigt oder undurchführbar ist, so macht er dem Gericht hiervon Mitteilung. Nachdem dieses das Aufsichtsamt und Vertrauensleute der Versicherten angehört hat, erklärt es gegebenenfalls die Versicherungsverträge auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Konkurses als aufgelöst und verfugt die Aufteilung des Sicherungsfonds auf Grund des ihm vom Kurator vorzulegenden Verteilungsplanes.
Spanien. Die Staatsaufsicht über das private Versicherungswesen stützt sich auf das Gesetz vom 14. Mai 1908 und auf die AusfuhrungsVerordnungen, insbesondere auf das Dekret vom 18. Februar 1927. Die Versicherungsgesellschaften haben eine Kaution zu leisten, die für in- und ausländische Lebensversicherungsgesellschaften 500,000 Pesetas beträgt. 50 % der Prämienreserve der inländischen Versicherungen sind bei der Depositenkasse oder bei der Bank von Spanien zu hinterlegen und in den vorgeschriebenen Werten anzulegen. 50 % davon müssen spanische Werte sein. Diese Anlagewerte dürfen nur zurückgezogen werden, soweit dies zur Erfüllung der Verbindlichkeiten aus Versicherungsverträgen erforderlich ist. Im übrigen dürfen Änderungen der Hinterlagen nur mit Einwilligung der Aufsichtsbehörde vorgenommen werden,

876

50 % der zur Deckung der Prämienreserve erforderlichen Werte bleiben in der Verwaltung der Gesellschaft, doch sind sie in einem besonderen Verzeichnis aufzuführen, das der Aufsichtsbehörde jederzeit die Kontrollierung der Anlagen ermöglicht. Für die in Bückversicherung gegebenen Eeserveteile müssen die Anlagewerte im Besitze des Erstversicherers sein, sofern der Bückversicherer nicht eine spanische Gesellschaft ist.

Die als Anlage der Prämienreserve ausgeschiedenen Werte dienen ausschliesslich zur Sicherstellung der Ansprüche aus Versicherungen des spanischen Versicherungsbestandes. Zu diesem gehören alle Versicherungen, die in Spanien abgeschlossen werden, sowie die von Spaniern im Ausland abgeschlossenen Versicherungen, sofern ein Erfüllungsort in Spanien vereinbart wurde.

Portugal verpflichtet die Lebensversicherungsgesellschaften durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 zur Leistung einer Minimalkaution und zur Hinterlegung des Deckungskapitals der im Inlande abgeschlossenen Lebensversicherungen in den gesetzlich bezeichneten Werten. Die hinterlegten Werte bilden einen besonderen Fonds, der ausschliesslich zur Befriedigung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen bestimmt ist.

Wird einer Gesellschaft die Konzession zum Geschäftsbetriebe entzogen oder fällt sie in Konkurs, so wird sie nach den hierfür aufgestellten Vorschriften liquidiert. Die Aufsichtsbehörde versucht, den portugiesischen Versicherungsbestand auf eine andere Gesellschaft zu übertragen. Ist dies nicht möglich, so legt die Aufsichtsbehörde den Versicherungsnehmern den Entwurf zur Gründung einer Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit vor. Diese kommt zustande, wenn die Mehrheit der an der Versammlung anwesenden Versicherungsnehmer dem Entwurf zustimmt. Wird der Vorschlag der Aufsichtsbehörde verworfen, so werden die Werte unter die Versicherungsnehmer nach Verhältnis ihrer Ansprüche verteilt.

Bulgarien hat im Gesetz vom 26. Juli 1926 dem Gedanken der materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche der inländischen Versicherten weitgehend Geltung verschafft. Die inländischen und ausländischen Gesellschaften haben, ausser einer bei der Konzessionierung zu bestellenden erheblichen Kaution, die den technischen Beserven des bulgarischen Versicherungsbestandes entsprechenden Hinterlagen in den vom Gesetz zugelassenen Werten zu
leisten. Bei den Lebensversicherungsgesellschaften muss die Hinterlage im Umfange des Deckungskapitals erfolgen, einschliesslich der auf die Bückversicherung entfallenden Beserveanteile. Das Gesetz und die zu demselben erlassene Ausführungsverordnung enthalten auch eingehende Bestimmungen über die von den Gesellschaften hinsichtlich der sicherzustellenden Beserven zu führenden Begister und über die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde.

Griechenland. Das Gesetz vom 2. November 1917, abgeändert durch das Gesetz vom 5. Juni 1920, sieht davon ab, die Sicherstellung der Versicherungsansprüche eingehend zu regeln. In bezug auf die in- und ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften bestimmt es nur, dass die Hälfte der in

877

·Griechenland eingenommenen Prämien in den vom Gesetz vorgeschriebenen Werten anzulegen sei. Die Versicherten besitzen an den sämtlichen Vermögensanlagen der Gesellschaft ein Konkursprivileg im Umfange ihrer Forderungen.

Vereinigte Staaten von Nordamerika. Die meisten Staaten haben die Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche gesetzlich geregelt. Als Beispiel führen wir das Gesetz des Staates New York an. Die Gesetze der übrigen Staaten enthalten ähnliche Vorschriften.

Nach dem Gesetz vom 17. Februar 1909 haben die Lebensversicherungsgesellschaften eine Kaution zu leisten, die zurzeit für inländische Gesellschaften auf 100,000 $ und für ausländische Gesellschaften auf 200,000 $ angesetzt ist.

Die Kaution dient ausschliesslich zur Sicherstellung der im Staate New York wohnenden Versicherungsnehmer.

In den bei amerikanischen Gesellschaften abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen kann überdies vereinbart werden, dass dem Deckungskapital entsprechend Werte an dritter Stelle zu hinterlegen sind (registered policies). Die Anspruchsberechtigten aus solchen Policen besitzen ein Anrecht auf ausschliessliche Befriedigung aus den hinterlegten Werten. Die Gesellschaften sind verpflichtet, den Sollbetrag des Deckungskapitals jedes Jahr nach den im Gesetz erwähnten technischen Grundlagen zu ermitteln. Das zugunsten der registrierten Policen bestehende Depot ist jeweilen mit dem Ergebnis dieser Ermittlung in Einklang zu bringen.

Wenn eine Gesellschaft nach der Auffassung der Aufsichtsbehörde nicht mehr in der Lage ist, ihre Verpflichtungen auf die Dauer zu erfüllen, so macht diese dem Gericht hiervon Anzeige. Das Gericht ernennt einen Verwalter (receiver), dem ausgedehnte Vollmachten zustehen. Er wird zunächst die finanzielle Lage der Gesellschaft eingehend prüfen. Ist das Ergebnis der Prüfung günstig, so enthebt das Gericht den Verwalter seiner Aufgabe, andernfalls beauftragt es ihn, die Liquidation der Gesellschaft vorzunehmen. In diesem Falle wird der Liquidationserlös der zugunsten der registrierten Policen hinterlegten Werte unter die Policeninhaber nach Verhältnis ihrer Ansprüche verteilt. Ein anfälliger Überschuss fällt in die Konkursmasse.

Japan. Die Gesetze vom 22. März 1900 und 6. April 1912 geben der Aufsichtsbehörde die Befugnis, von den inländischen Versicherungsgesellschaften eine
Hinterlage zu verlangen, deren Höhe sie nach ihrem Ermessen festsetzt.

Die Anspruchsberechtigten aus Lebensversicherungsverträgen besitzen ein Konkursvorrecht bis zum Betrage des Deckungskapitals ihrer Versicherungen.

II. Die Neuordnung der Sicherungsmassnahmen.

1. Die Neuordnung in der Lebensversicherung.

Die vorstehende Darstellung zeigt, dass der Gedanke der Sicherstellung der Versicherungsansprüche insbesondere in der Lebensversicherung eine immer "weitere Verbreitung gefunden hat. Einige Staaten haben ihn schon vor dem Bundesblatt.

80. Jahrg. Bd. II.

67

878

Kriege verwirklicht. Die im Gefolge des Krieges eingetretenen schlimmen wirtschaftlichen Erfahrungen haben andere Staaten veranlasst, die Staatsaufsicht über die private Versicherung neu einzuführen oder neu zu ordnen und dabei der Sicherstellung der Versicherungsansprüche besonders auf dem Gebiete der Lebensversicherung sorgfältige Aufmerksamkeit zu schenken. Die Lösung dieser Frage wurde auf verschiedenen Wegen gesucht. Das Schwergewicht wurde zum Teil mehr auf präventive Massnahmen gelegt, namentlich auf eine eingehende Kontrolle der Gesellschaften durch die Aufsichtsbehörde und auf Vorschriften über die von den Gesellschaften anzuwendenden technischen Grundlagen, über die Eechnungslegung, über die Vermögensanlagen der Gesellschaften und über die Mitwirkung der Aufsichtsbehörde bei der Sanierung der Gesellschaft. Als besondere Sicherheit wird von einigen Gesetzen den Versicherten ein Konkursvorrecht für ihre Versicherungansprüche eingeräumt. In andern Staaten wird mehr Gewicht gelegt auf die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche. Bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften geschieht dies durch die Ausscheidung und gesetzliche Bindung von Vermögensteilen im Umfange des Deckungskapitals, zu welchem oft auch noch Zuschläge gefordert werden. In den meisten Gesetzen werden beide Formen der Sicherung in der einen oder andern Weise miteinander verbunden.

Das schweizerische Kautionsgesetz hat, wie gezeigt wurde, bei den ausländischen Gesellschaften den Gedanken der materiellen Sicherstellung restlos verwirklicht, indem es von denselben die Hinterlegung des gesamten schweizerischen Deckungskapitals als Kaution verlangt und für den Fall des Misslingens der Sanierung der Gesellschaft die Möglichkeit der zweckmässigen Verwertung der Kaution durch gesetzliche Vorschriften gewährleistet. In bezug auf die inländischen Gesellschaften überwiegt der im Aufsichtsgesetz enthaltene Gedanke der Sicherung der Versicherungsansprüche durch eine intensive und fortdauernde Überwachung der Gesellschaften, die ja beim inländischen Sitz derselben in weit nachdrücklicherer Weise möglich ist, als bei den ausländischen Gesellschaften. Doch ist den Versicherten als besondere Garantie ein Konkurs Vorrecht eingeräumt, während der Kaution normalerweise nur die Bedeutung einer Betriebskaution zukommt. Die
Einforderung des Deckungskapitals als Kaution soll nur ausnahmsweise als Notmassnahme in Frage kommen, zu deren Anwendung sich die Aufsichtsbehörde bis heute noch keiner Gesellschaft gegenüber genötigt sah. Sie gibt aber doch der Aufsichtsbehörde die Handhabe, auch den inländischen Gesellschaften gegenüber in dringenden Fällen die materielle Sicherstellung des schweizerischen Versicherungsbestandes zu verfügen.

Durch diese Vorschriften sorgt das Kautionsgesetz schon in weitgehendem Masse für den Schutz der Interessen der Versicherten bei den schweizerischen Versicherungsunternehmungen. Das gilt auch für das Gebiet der Lebensversicherung. Wenn gleichwohl die Frage geprüft wird, ob nicht in bezug auf die Lebensversicherung eine Verstärkung der Sicherstellungsmassnahmea

879 gegenüber der jetzt bestehenden gesetzlichen Ordnung an die Hand zu nehmen sei, so geschieht dies nicht etwa im Einblick auf eine besondere Gefährdung der Lage der schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften, sei es im allgemeinen, sei es einzelner Gesellschaften, sondern es sind allgemeine Gründe, die eine solche Prüfung nahelegen. Bei der Lösung des Sicherstellungsproblems sind auch die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten ins Auge zu fassen, wobei die Anschauungen darüber, welche Ordnung als die zweckmässigste zu betrachten sei, sehr wohl ändern können. Dies ist beim schweizerischen Gesetzgeber der Fall. Die von ihm noch vor wenig Jahren aufgestellten Vorschriften über die Sicherstellung der Versicherungsansprüche können heute nicht mehr als ausreichend betrachtet werden. Zu dieser Erkenntnis haben zum Teil die Erfahrungen beigetragen, die sich aus den wirtschaftlichen Erschütterungen des Krieges und der Nachkriegszeit ergeben haben. Auch die Entwicklung der ausländischen Gesetzgebung, die immer mehr dahinzielt, von in- und ausländischen Gesellschaften die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche zu erwirken, zwingt den schweizerischen Gesetzgeber dazu, die Sicherstellungsvorschriften in bezug auf die inländische Lebensversicherung mehr als bisher nach dieser Eichtung auszugestalten.

Den Kernpunkt des im Kautionsgesetz für die Versicherten der schweizerischen Gesellschaften vorgesehenen Versicherungsschutzes bildet das Konkursvorrecht der Versicherungsforderungen, die in der dritten Klasse eingereiht sind. Da bei den Versicherungsgesellschaften den Forderungen mit einem gleichgestellten oder vorgehenden Konkurs Vorrecht im Verhältnis zu den gesamten Versicherungsverpflichtungen der Gesellschaft nur eine geringe Bedeutung zukommt und sie daher das Liquidationsergebnis nur ganz unwesentlich zuungunsten der Versicherungsnehmer zu beeinflussen vermöchten, darf gesagt werden, dags das Kautionsgesetz den Versicherungsnehmern in Wirklichkeit ein Vorrecht an den gesamten Aktiven der Gesellschaft einräumt, soweit diese nicht durch Sicherstellungen im Ausland gebunden sind. Gleichwohl ergibt die nähere Prüfung, dass diese Lösung nicht völlig zu befriedigen vermag.

Die Schwäche des Konkursvorrechtes als gesetzlicher Sicherung der Versicherungsansprüche liegt darin, dass es erst
wirksam wird, wenn die Sanierung der überschuldeten Gesellschaft nicht mehr möglich ist und über sie wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit der Konkurs eröffnet werden muss. Es vermag das Gesellschaftsvermögen nicht vor dem Zugriff dritter Gläubiger zu schützen.

Als solche kommen namentlich Banken oder andere Darlehensgeber in Betracht, bei denen sich eine in schwierige finanzielle Lage geratene Gesellschaft die für den Betrieb notwendigen Mittel unter Umständen gegen Hingabe wertvoller Anlagen verschafft hat. Das Anfechtungsrecht des Konkursgesetzes bildet keinen hinreichenden Schutz gegen die Vorwegnahme von Vermögenswerten, die zur Erfüllung von Versicherungsansprüchen erforderlich wären; denn es ist bei einer Lebensversicherungsgesellschaft unter Umständen ausserordentlich schwer, mit Sicherheit festzustellen, ob in einem gewissen Zeitpunkt eine Überschuldung vorlag und ob somit die Befriedigung von Kredit-

880

gebern als eine [Rechtshandlung zu betrachten sei, die von der Gesellschaft in der dem andern Teil erkennbaren Absicht vorgenommen wurde, die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Infolge der langen Dauer der Versicherungsverträge und der Besonderheit des technischen Aufbaues der Lebensversicherung ist die Bedeutung einer finanziellen Massnahme für die künftige Zahlungsbereitschaft der Gesellschaft nicht immer leicht zu ermessen. Eine Massnahme, die zur Zeit ihrer Vornahme für die Gesellschaft noch als tragbar erscheinen mag, kann sich in der Folge als einen die Kräfte der Gesellschaft übersteigenden Vermögenseingriff erweisen. Das gilt auch für die Verpfändung von Vermögenswerten an die Kreditgeber der Gesellschaft. Da Pfandrechte dem Konkursvorrecht vorgehen, vermindern sie, falls sie unanfechtbar sind, die Konkursanteile der Versicherungsnehmer. Es ist somit die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass durch rechtlich nicht anfechtbare Eechtshandlungen die Mittel, die zur Erfüllung der Versicherungsansprüche erforderlich wären, in einem Masse geschwächt würden, dass im Konkurse der Gesellschaft das Konkursvorrecht seinen Zweck nur noch unvollkommen zu erfüllen vermöchte.

Insbesondere besteht keine Gewähr dafür, dass gestützt auf das Konkursvorrecht der schweizerische Versicherungsbestand gesamthaft auf einen anderen Versicherer übertragen oder nach Massgabe der Versicherungsverträge liquidiert werden kann, wie dies nach Art. 9 VKG für die ausländischen und nach Art. 16 VKG bei genügender Kautionsstellung auch für die inländischen Gesellschaften möglich ist.

Die Inanspruchnahme eines erheblichen Teiles der Aktiven zur Befriedigung oder Sicherstellung von Drittgläubigern könnte für eine Gesellschaft selbst dann bedenklich werden, wenn die verbleibenden Aktiven zur Bedeckung des Deckungskapitals noch ausreichen würden. Zu jenen Zwecken werden nämlich in erster Linie die wertvolleren und leicht realisierbaren Werte Verwendung finden. Geschieht dies in zu starkem Ausmasse, so dass die Gesellschaft zur Erfüllung der Versicherungsverpflichtungen auf die schwer verwertbaren Werte angewiesen wäre, so müsste dies die Zahlungsbereitschaft der Gesellschaft beeinträchtigen, und sie könnte dadurch leicht in eine bedrängte Lage versetzt werden. Die Notwendigkeit, unter dem Zwang einer Notlage schwer realisierbare
Vermögensteile zu liquidieren, kann zu Verlusten führen, die sich in erhöhtem Masse dann einstellen würden, wenn über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet werden müsste. Gegen die Gefahr, die den Versicherungsnehmern aus dieser Sachlage für die Erfüllung ihrer Versicherungsansprüche erwachsen könnte, vermag sie natürlich das Konkursvorrecht nicht zu schützen, denn seine Wirksamkeit hängt ab von dem Umfang und der Güte der verfügbaren Vermögenswerte.

Das Bedürfnis nach einer Verstärkung des Versicherungsschutzes besteht noch aus besonderen Gründen bei den Gesellschaften, die ihren Geschäftsbetrieb auf das Ausland ausgedehnt haben. Von den elf konzessionierten Schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften sind gegenwärtig sieben im Ausland tätig. Die Versicherung beruht auf dem Gesetz der grossen Zahl und

881 Sucht daher, um einen weitgehenden Gefahrenausgleich herbeizuführen, möglichst zahlreiche und auf weite Gebiete verteilte Eisiken zu erfassen. Auch kann durch einen rationell geführten Grossbetrieb der verhältnismässige Betrag der Betriebskosten herabgesetzt werden. Der Drang nach territorialer Entfaltung des Geschäftsbetriebes liegt im Wesen der Versicherung : er ist für die schweizerischen Gesellschaften um so begreiflicher, als die Schweiz, namentlich auch angesichts des ausserordentlich starken Wettbewerbes, den Aufbau eines Versicherungsbetriebes nur auf einer verhältnismässig begrenzten Grundlage erlaubt. Das Streben, diesen über die Landesgrenzen auszudehnen, entspricht der natürlichen Entwicklung. Von diesem Gesichtspunkte der Internationalität des Geschäftsbetriebes aus betrachtet ist daher eine Verstärkung der Sicherungsmassnahmen geboten, nicht nur im Hinblick auf die Gesellschaften, die schon jetzt im Auslande arbeiten, sondern auch durch die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten.

Nun wurde gezeigt, dass gerade diejenigen Staaten, die für die schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften das wichtigste ausländische Geschäftsgebiet darstellen, eine weitgehende materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche durch die Hinterlegung von Vermögenswerten im Umfange des Deckungskapitals des betreffenden Versicherungsbestandes vorschreiben. Die hinterlegten Werte sind gesetzlich gebunden für die Erfüllung der Forderungen, zu deren Sicherstellung sie bestimmt sind. Im Konkurse1 der Gesellschaft fallen sie daher nicht in ihre allgemeine Konkursmasse, sondern werden zugunsten der Versicherungsnehmer des betreffenden Staates gesondert liquidiert. Die Hinterlagen müssen nach gesetzlicher Vorschrift dem Sollbetrag des Deckungskapitals entsprechen, zu welchem zum Teil noch erhebliche Zuschläge verlangt werden. Normalerweise wird die Gesellschaft, wenn sie einmal über einen hinreichenden Bestand verfügt, ihren Kautionsverpflichtungen mit den Mitteln des Versicherungsgeschäftes im ausländischen Staate Folge leisten können. Eeichen diese hierzu nicht aus -- z. B. infolge starker Verluste auf den Anlagewerten --, so muss die Gesellschaft die zur Auffüllung des Fehlbetrages erforderlichen Werte ihrem übrigen Vermögen entnehmen. Die Gesellschaft muss die Auffüllung nach Massgabe der gesetzlichen
Vorschriften vornehmen, sofern sie nicht Gefahr laufen will, im betreffenden Staat als zahlungsunfähig erklärt zu werden.

Um dieser Gefahr vorzubeugen, müsste sie die in der Schweiz befindlichen Aktiven heranziehen. Eine solche Massnahme aber könnte leicht in Widerstreit geraten mit den Gesamtinteressen der Gesellschaft, namentlich dann, wenn die Auffüllung nur möglich wäre durch Verwendung von Aktiven, die zur Bestellung der notwendigen freien Eeserven und zur Bedeckung des Deckungskapitals der übrigen Versicherten erforderlich sind. Im Konkurse der Gesellschaft könnten die ausländischen Versicherten eine Forderung für den nicht gedeckten Teil ihrer Ansprüche anmelden, wobei es nach dem Wortlaut des Art. 17, Abs. 2 VKG nicht ausgeschlossen erscheint, dass sie auch an dem Konkursvorrecht teilnehmen würden.

882 Nun soll allerdings die schweizerische Gesellschaft Aktiven, die sich im Inland befinden, in grösserem Umfange nicht ohne Zustimmung der schweizerischen Aufsichtsbehörde in das Ausland überführen. Diese wird daher gestützt auf die Mitteilung der Gesellschaft und auf die bei ihrer Aufsichtstätigkeit gemachten eigenen Beobachtungen in der Lage sein, die zum Schutze der Gesellschaft und der Versicherten erforderlichen Vorkehren zu treffen. Die wirksamste Vorkehr bildet die Befugnis des Bundesrates, bei Bedrohung der Interessen der schweizerischen Versicherten die Gesellschaft zur Kautionsleistung im Umfange des schweizerischen Deckungskapitals zu verhalten und die Hinterlegung der entsprechenden Werte bei der schweizerischen Nationalbank zu verfügen. Die Aufsichtsbehörde wird von 'dieser Massnahme Gebrauch machen, sobald Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die Interessen der schweizerischen Versicherten gefährdet sind, und sie könnte auch innert kurzer Frist ins Werk gesetzt werden. Immer aber bestände die Gefahr eines Konfliktes mit dem ausländischen Staat, wenigstens dann, wenn die Forderung desselben sich überraschend einstellte und daher die Vorkehr erst im Zeitpunkte der Geltendmachung dieser Forderung getroffen werden könnte. Da das Gedeihen einer Lebensversicherungsgesellschaft auf dem öffentlichen Vertrauen beruht, könnte ein solcher Vorgang für sie auch dann zu einer schweren Beeinträchtigung ihres Geschäftserfolges führen, wenn die Interessen der schweizerischen Versicherten vollkommen geschützt werden könnten und die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft nicht in Frage stünde.

Aus diesen Betrachtungen geht die Bevisionsbedürftigkeit der Vorschriften des Kautionsgesetzes über die Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche hervor. Diese Vorschriften vermögen ihren Zweck nicht vollkommen zu erfüllen und sind daher durch wirksamere Massnahmen zu ersetzen. Die Lösung kann nur in der Leistung einer materiellen Sicherheit bestehen, die dadurch herbeizuführen ist, dass Werte im Umfange des Deckungskapitals gebunden werden zugunsten der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten, deren Forderungen sichergestellt werden sollen. Diese Lösung vermeidet den der Sicher&tellung durch ein Konkursvorrecht anhaftenden Mangel, dass die Massnahme erst im Konkurse der Gesellschaft wirksam wird. Durch
sie wird der Gefahr vorgebeugt, dass schon vor der Konkurseröffnung zur Befriedigung dringender Verpflichtungen oder zur Sicherstellung von Drittgläubigern Aktiven der Gesellschaft in Anspruch genommen werden, die zur vertragsmässigen Abwicklung der Versicherungsverträge notwendig sind.

Durch die Bindung von Werten im Umfange des Deckungskapitals ist auch die Möglichkeit gegeben, das Vorhandensein der zu seiner Bedeckung erforderlichen geeigneten Werte festzustellen. Dieser Massnahme kommt somit die gleiche Wirkung zu, wie der Kautionsstellung seitens der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften.

Die Ausscheidung und Festlegung eines grossen Teils der Aktiven zu besondern Zwecken wird allerdings zur Folge haben, dass den schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften die Bewegungsfreiheit, die ihnen das

883

Kautionsgesetz mit Bücksicht auf ihre besondere Lage als inländische Gesellschaften in möglichst weitgehendem Masse belassen wollte, erheblich eingeschränkt wird. Der Möglichkeit der Sanierung einer in bedrängte Lage geratenen Gesellschaft werden engere Grenzen gezogen, was sich namentlich in Zeiten einer allgemeinen Wirtschaftskrise als ein Nachteil erweisen könnte.

Indessen hält dieses Bedenken nicht stand gegenüber dem Vorteil einer klaren Eegelung der Deckungsfrage, die den jederzeitigen Nachweis des Vorhandenseins der zur Bestellung der technischen Beserveu erforderlichen Werte ermöglicht und sie ihrer Zweckbestimmung erhalt.

Diese Lösung des Sicherstellungsproblems empfiehlt sich auch aus dem Grunde, weil sie in besonderem Masse geeignet ist, das Vertrauen der Versicherungsnehmer in die schweizerischen Lebensversieherungsgesellschaften zu erhalten und zu stärken. Sie wird von erheblicher moralischer Wirkung sein, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Die materielle Sicherstellung der Versicherungsanspruche wird auch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen in hohem Masse geeignet sein, die Versicherten über das Schicksal ihrer Versicherungen zu beruhigen. Sie beseitigt bei den Versicherten das Gefühl eines unzureichenden Interessenschutzes, das, wie schon festgestellt werden konnte, namentlich durch die Tatsache hervorgerufen wird, dass das Kautionsgesetz die materielle Sicherstellung des Deckungskapitals zwar von den ausländischen, nicht aber von den inländischen Gesellschaften fordert. Auch wird etwa darauf hingewiesen, dass eine Anzahl Gesetze ausländischer Staaten für die Versicherten der inländischen Gesellschaften einen weitergehenden Interessenschutz vorsehen als das schweizerische Gesetz, indem sie auch von diesen die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche verlangen.

Allerdings wird dabei die Wirksamkeit der Sicherstellungsvorschriften, die das schweizerische Kautionsgesetz schon jetzt für die inländischen Gesellschaften enthält, leicht unterschätzt. Es liegt jedoch im Interesse einer ruhigen Entwicklung der schweizerischen Lebensversicherung, dass auch den gefuhlsmässigen Bedenken der Versicherten Bechnung getragen werde, und dass dies am besten durch eine materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche geschehen kann, ist wohl zweifellos. Diese
Sicherstellungsmassnahme ist die augenfälligste, für die Versicherten am leichtesten verständliche und zugleich wirksamste und daher am ehe&ten geeignet, das Vertrauen der Versicherten in ihre Versicherer zu erhalten.

Von welcher Bedeutung die materielle Sicherstellung der Ansprüche aus Lebensversicherungen bei inländischen Lebensverdcherungsgesellschaften sowohl für die Versicherten als auch die Gesellschaften ist, geht mit aller Deutlichkeit aus der folgenden Tabelle l hervor.

Bund drei Viertel sämtlicher Aktiven unserer inländischen Lebensversicherungsgesellschaften werden nach dem Gesetzesentwurf zugunsten der Versicherten verhaftet sein.

Erscheint nach diesen Darlegungen eine Neuordnung der Sicherstellungsvorschriften im Sinne einer Verstärkung der Sicherungsmâssnahmen möglich

884 Tabelle 1.

Gesamtbetrag der Aktiven am 31 . Dezember 1927

Gesellschaft

Davon waren nach gesetzlichen Vorschriften Im Ausland zu hinterlegen

Eentenanstalt . . . .

La Suisse Basler-Leben Genfer Lebens- Vers. Verein . .

Patria Volksfürsorge Vita Winterthur Union Genf Neuenburger

Fr.

340,425,550 89,474,650 307,901,468 100,146,033 42,585,642 66,196,950 6,463,471 43,393,074 24,695,824 14,897,427 5,863,621

Fr.

23,667,215

Total

1.042,043,710

46,473,914

19,831,081 --

1,970,710 903,662 101,246

Davon wären nach dem Gesetzentwurf In der Schweiz sicherzustellen

Fr.

256,759,314 67,140,362 208,857,780 82,281,194 33,270,059 49,077,824 5,589,301 22,836,856 10,695,671 4,274,693 807,476

741,590,530

und wünschbar, so soll doch andererseits darauf hingewiesen werden, dass es keine Form der Sicherstellung geben kann, die den Versicherungsnehmern eine restlose Gewähr für die Erfüllung ihrer Versicherungsansprüche zu bieten vermag. Nicht sämtliche Ursachen, die zum Vermögensverfall einer Gesellschaft fuhren können, sind zum vornherein erkennbar, und insbesondere ist es nicht möglich, die Formen und Wirkungen künftiger wirtschaftlicher Entwicklungen vorauszusehen. Eine Massnahme, die sich im einen Fall als Schutzvorkehr bewährt, kann in einem andern Fall den Versicherten zum Nachteil gereichen. Kein Heilmittel gibt es gegen die durch eine allgemeine wirtschaftliche Erschütterung herbeigeführte Vermögensentwertung ; denn die Wirkungen wirtschaftlicher Katastrophen vermag auch die materielle Sicherstellung nicht zu verhindern. Es kann sich daher bei der gesetzlichen Neuregelung der Sicherstellungsvorschriften nur darum handeln, diejenige Form der Sicherstellung zu finden, die die grösste Wahrscheinlichkeit des Erfolges für sich hat.

2. Die übrigen Versicherungszweige.

Die Frage drängt sich auf, ob ähnliche Massnahmen auch für die übrigen Versicherungszweige oder einzelne derselben geboten erscheinen oder ob die Anwendung des neuen Gesetzes auf die Lebensversicherung beschränkt bleiben soll. Auch diese Frage wurde eingehend geprüft; indessen sind wir zu der Auffassung gelangt, dass eine Änderung der Sicherstellungsvorschriften des Kautionsgesetzes für die Unfall- und Schadensversicherung nicht erforderlich sei.

885

Diese Stellungnahme gründet sich auf Erwägungen, die sich aus der verschiedenen wirtschaftlichen Bedeutung und den Besonderheiten des technischen Aufbaues der Lebensversicherung einerseits und der übrigen Versicherungszweige anderseits ergeben.

Bei der Lebensversicherung ist der Eintritt des Versicherungsfalles gewöhnlich gewiss; unbestimmt ist nur der Zeitpunkt, in welchem sich dieser ereignet. Da aber das Eisiko für den Versicherer mit dem zunehmenden Alter der Versicherten wachst, müsste zur Deckung desselben eine steigende Prämie bezahlt werden, die aber aus praktischen Gründen für die ganze Versicherungsdauer ausgeglichen wird. Ferner muss sie um eine jährliche Spareinlage vermehrt werden, damit die Versicherungssumme auch im Erlebensfalle bereitsteht. Von den so bemessenen Prämien muss die Gesellschaft jenen Teil zurücklegen, der nicht zur Bestreitung der im Eechnungsjahre eingetretenen Versicherungsfälle und der Verwaltungskosten in Anspruch genommen wird. Diese Eücklage, das sogenannte Deckungskapital, ist der Fonds, der von der Gesellschaft aus den Prämienzahlungen der Versicherten geäufnet werden muss, um diesen gegenüber die Versicherungsverpflichtungen erfüllen zu können. Die den Gegenwert des Deckungskapitals bildenden Werte sind ein Spargut der Versicherungsnehmer, das sie der Versicherungsgesellschaft anvertrauen und das ihnen als Bestandteil der Versicherungssumme beim Eintritt des Versicherungsfalles wieder zurückerstattet werden muss. Die Lebensversicherungsgesellschaften sind daher nicht nur Versicherer, sondern zugleich Verwalter von Spargut, und ein bedeutender Teil des ersparten Volksvermögens ist bei ihnen angelegt.

Bei der Unfall- und Schadensversicherung nimmt der Versicherungsnehmer Deckung gegen einen Vermögensschaden, der ihm aus einem zukünftigen, ungewissen Ereignis entstehen kann. Die statistische Erfassung dieser Ereignisse zeigt, dass sie mit einer gewissen Konstanz eintreten. Diese Erscheinung gibt die Möglichkeit, die zur Deckung der Schäden erforderlichen Aufwendungen zu bemessen. Da aber der Verlauf des Eisikos ein gleichmässiger ist und nicht, wie bei der Lebensversicherung, wächst, bedarf es bei diesen Versicherungsarten zur Erfüllung der künftigen Verpflichtungen der Gesellschaft nicht der Eückstellung eines Deckungskapitals. Die Prämie ist vielmehr eine
Bisikoprämie, die zur Deckung der im Eechnungsjahr eintretenden Schaden bestimmt ist. Eine Sparprämie ist in ihr nicht enthalten, und es findet die Ansammlung eines Spargutes der Prämienzahler nicht statt.

Die von den Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaften zurückzustellenden Prämienreserven enthalten nur die Prämienteile der im Verlaufe des Eechnungsjahres bezahlten Jahresprämien, die beim Eechnungsabschluss noch nicht verdient sind, sowie die Prämienvorauszahlungen. Diese Eücklagen sind finanzmässig als transitorische Passiven und nicht, wie in der Lebensversicherung, als Eücklagen für sicher eintretende künftige Verpflichtungen der Gesellschaft zu betrachten. Daneben hat die Gesellschaft eine Schadenreserve für die bereits eingetretenen, aber am Bilanztage noch nicht erle-

886 digten Schadenfälle zu bestellen. Diese Eeserve, die einen erheblichen Teil der Bilanzsumme betragen kann, wickelt sich in den meisten Fällen innerhalb kurzer Zeit ab.

Aus der Verschiedenheit des technischen Aufbaues der Lebensversicherung und der übrigen Versicherungszweige ergeben sich auch andere Ansprüche der Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherungsgesellschaft bei der Auflösung des Versicherungsvertrages. Bei der Lebensversicherung müssen dem Versicherungsnehmer die in der Vergangenheit gemachten Spareinlagen zurückerstattet werden. Tritt er vom Vertrage zurück, so ist ihm aus der Spareinlage der Eückkaufswert auszurichten; er kann aber auch auf Grund des vorhandenen Deckungskapitals seine Versicherung in eine prämienfreie umwandeln lassen. Im Konkurse der Gesellschaft, sowie in den im Versicherungsvertragsgesetz besonders erwähnten Fällen kann der Versicherungsnehmer das Deckungskapital zurückfordern.

Da bei der Unfall- und Haftpflichtversicherung die Prämie nur die Bedürfnisse des Eechnungsjahres deckt und daher in diesem verbraucht wird, soweit nicht Bruchteile der Prämie auf das folgende Jahr übertragen werden, hat der Versicherungsnehmer bei der Auflösung des Versicherungsvertrages keinen Anspruch auf Prämienzahlungen aus früheren Jahren. Nach dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag verfällt bei einseitiger Auflösung des Versicherungsvertrages die ganze Prämie für die zur Zeit der Vertragsauflösung laufende Versicherungsperiode dem Versicherer und nur die für mehrere Versicherungsperioden vorausbezahlten Prämien sind dem Versicherten zu mindestens drei Vierteilen zurückzuerstatten (Art. 25 VVG).

Nur wenn der Versicherer den Versicherungsvertrag nach einem Teilschaden aufhebt (Art. 42, Abs. 2 VVG), sowie in den Fällen des Art. 36 VVG und im Konkurse der Gesellschaft kann er die bezahlte Prämie für die noch nicht abgelaufene Versicherungszeit ganz zurückfordern. Dagegen besitzt der Versicherungsnehmer in keinem Falleinen Anspruch auf die auf frühere Eechnungsjahre entfallenden Prämienbeträge.

Aus dieser Darlegung ergibt sich, dass die durch den Zusammenbruch einer Versicherungsunternehmung bedrohten Interessen bei der Lebensversicherung und bei der Unfall- und Schadensversicherung nicht gleich geartet sind.

Bei der Lebensversicherung läuft der Versicherungsnehmer
Gefahr, sein angesammeltes Spargut zu verlieren, während bei den übrigen Versicherungszweigen die Vermögenseinbusse darin besteht, dass Teile von Jahresprämien oder Prämienvorauszahlungen oder fällige und noch nicht bezahlte Schadenbeträge verlorengehen. Volkswirtschaftlich ist daher ein solches Ereignis auf dem Gebiete der Lebensversicherung von ungleich schwerwiegenderen Folgen, als bei den übrigen Versicherungszweigen. Es ist auch zu beachten, dass die Lebensversicherten durch die Zahlungsunfähigkeit nicht allein eine fühlbare Vermögenseinbusse erleiden, sondern dass es ihnen bei vorgerückterem Alter oder erschütterter Gesundheit nicht mehr oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, den durch die Versicherung erstrebten Fürsorgezweck

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zu verwirklichen. Bei der Unfall- und Schadensversicherung wird es dagegen dem Versicherungsnehmer eher möglich sein, unter gleichen Bedingungen einen anderen Versicherer zu finden.

Auch bei der Unfall- und Schadensversicherung werden allerdings durch die Zahlungsunfähigkeit ' einer Versicherungsunternehmung wertvolle und eines wirksamen Schutzes würdige Vermögensinteressen der Versicherungsnehmer berührt. Es drängt sich daher die Frage auf, ob nicht auch bei diesen Versicherungszweigen eine Verstärkung des Interessenschutzes der Versicherten durch eine Sicherstellung der technischen Reserven (Prämien- und Schadenreserve) vorgenommen werden soll. Eine solche Massnahme könnte indessen bei diesen Versicherungszweigen nicht ohne grosse Nachteile für die Versicherungsgesellschaften durchgeführt werden und sie würde die Interessen der Versicherungsnehmer wohl mehr beeinträchtigen als fördern.

Die Risikoprämien müssen dem Versicherer für die Erfüllung seiner laufenden Verpflichtungen zur Verfügung stehen ; die Bindung der technischen Reserven würde bei diesen Versicherungszweigen zu einer Festlegung der zum Betriebe erforderlichen liquiden Mittel führen, die eine zu starke Beengung der finanziellen Bewegungsfreiheit dieser Gesellschaften wäre. Auch würde durch eine solche Massnahme der Geschäftsverkehr zwischen Erstversicherer und dem Rückversicherer, dem ein erheblicher Teil der Prämie überwiesen wird, erschwert. Die gesetzliche Bindung der Prämienreserve könnte zur Folge haben, dass die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen fremde Mittel heranziehen müsste, was den Versicherungsbetrieb verteuern würde. Diese Möglichkeit könnte sich namentlich dann ergeben, wenn die Mittel der Gesellschaft durch ein Katastrophenereignis in ausserordentlichem Masse in Anspruch genommen würden. Wollte aber den Betriebsbedürfnissen Rechnung getragen und der Gesellschaft die zur Bestreitung der Zahlungsverbindlichkeiten erforderlichen Mittel aus den gesetzlich gebundenen Reserven herausgegeben werden, so könnte das eine Unstabilität derselben zur Folge haben, die den Wert dieser Sicherungsrnassnahmen in Frage stellen müsste.

Nun wird allerdings von den ausländischen Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaften als Kaution eine Hinterlage verlangt, welche die auf den Schweizerbestand entfallenden technischen
Reserven in einem gewissen Umfange bindet. Sie beträgt mindestens die Hälfte und bei der Transportversicherung mindestens ein Viertel der im letzten Rechnungsjahr in der Schweiz eingenommenen Prämien. Dieser Massstab wäre indessen für die Bemessung des Sollbetrages eines Sicherungsfonds nicht geeignet, da er nur auf einer rohen Schätzung beruht und daher die volle Erfüllung des Kautionszweckes nicht für alle Fälle zu gewährleisten vermag. Das Kautionsgesetz müsste sich bei den ausländischen Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaften mit dieser unvollkommenen Methode der Kautionsbemessung begnügen, um für den Fall der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft den Versicherungsnehmern ein Pfand zu geben, das immerhin eine weitgehende Erfüllung ihrer Forderungen ermöglichen soll.

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Bei den inländischen Gesellschaften wird das gleiche Ziel durch das Konkursprivileg der Versicherungsnehmer erreicht. Da sich das Vermögen der Gesellschaften im Inland befindet, gibt das Konkursvorrecht die Möglich-?

keit, die gesamten Aktiven der Gesellschaft zur Befriedigung der Anspruchsberechtigten heranzuziehen. Da auch andere Staaten die Hinterlegung der technischen Reserven von den Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaften nicht verlangen, sondern die Kautionshinterlagen nur in festen Beträgen fordern, die die Höhe dieser Eeserven nicht erreichen, so besteht auch nicht, wie bei der Lebensversicherung hinsichtlich des Deckungskapitals, die Notwendigkeit, die technischen Eeserven des Schweizerbestandes besonders zu schützen. Sollte sich jedoch die Gefahr ergeben, dass einer Gesellschaft zur Sicherstellung anderer Gläubiger Aktiven in einem Umfange entzogen würden, der die Bedeckung der schweizerischen Eeserven in Frage stellte, so könnte der Bundesrat gestützt auf das Kautionsgesetz zum Schutze der schweizerischen Versicherungsnehmer jederzeit höhere Hinterlagen verlangen.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass bei den inländischen Unfall- und Schadensversieherungsgesellschaften eine Sicherungsmassnahme, wie sie für die Lebensversicherung verwirklicht werden soll, ohne schwere Beeinträchtigung der Gesellschaft nicht durchführbar wäre, weshalb davon abgesehen werden muss. Indessen erweckt diese Tatsache keine Bedenken, da die schon bestehenden Vorschriften des Kautionsgesetzes die Interessen der Versicherungsnehmer bei diesen Gesellschaften hinreichend schützen. Es wurde deshalb davon Umgang genommen, eine Neuordnung der Sicherungsmassnahmen auch in bezug auf die Unfall- und Schadensversicherung vorzusehen und im vorliegenden Entwurfe hierüber Bestimmungen aufzunehmen.

Nun gibt es aber nicht allein in der Lebensversicherung, sondern auch auf andern Gebieten der Peisonenversicherung und der Haftpflichtversicherung Vergicherungsformen, bei denen die Leistung des Versicherers, wie in der Lebensversicherung, auf Grund einer Ablaufsordnung berechnet wird und bei denen zur Bestreitung der künftigen Verpflichtungen der Gesellschaft ebenfalls ein Deckungskapital bestellt werden muss. Es sind dies die Versicherungen, bei denen an Stelle eines Kapitalbetrages eine Eente vereinbart ist, die Versicherung
mit Prärnienrückgewähr, die lebenslängliche Eisenbahnund Dampfschiffunglückversicherung und die Krankenversicherung. Da die Verhältnisse hier ähnliche sind wie bei der Lebensversicherung, liegt der Gedanke nahe, auch diese Versicherungsforrnen dem vorliegenden Gesetz zu unterstellen und dadurch eine materielle Sicherstellung der Versicherungsleistungen zu bewirken.

Obwohl theoretische Erwägungen hierfür sprechen, sieht doch der Entwurf aus praktischen Überlegungen davon ab, das Gesetz auch auf diese Versicherungen auszudehnen. In der Gesamtbilanz der Unfall- und Haftpflichtversicherungsgesellschaften sind sie von verhältnismässig geringer Bedeutung, da sie nur l--2 % der Bilanzsumme ausmachen. Es würde sich kaum rechtfertigen, diese Gesellschaften für einen so kleinen Teil ihres Geschäftsbetriebes

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besonderen Sicherstellungsvorschriften zu unterstellen. Die Krankenversicherung wird von keiner in der Schweiz konzessionierten Versicherungsgesellschaft betrieben, und es ist auch nicht wahrscheinlich, dass dieser Fall eintrete, da sich diese Versicherungsart für einen geschäftsmässig eingerichteten Grossbetrieb nicht eignet, sondern diese Aufgabe besser durch einfacher organisierte Genossenschaften und Vereine und durch öffentliche Krankenkassen gelöst wird. Soweit dieselben auf Grund des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung vom Bundesrat anerkannt werden, unterstehen sie den Bestimmungen jenes Gesetzes und der Aufsicht des Bundesamtes für Sozialversicherung. Sie erhalten auch die gesetzlichen Bundesbeiträge, ohne welche es einer Krankenversicherungsgesellschaft kaum möglich wäre, mit den anerkannten Krankenkassen in Wettbewerb zu treten.

Aus diesen Gründen ist der Entwurf dazu gelangt, von der Unterstellung auch dieser Versicherungsarten unter das Gesetz abzusehen und es ausschliesslich auf die eigentliche Lebensversicherung zu beschränken. Die Bestimmungen des Gesetzes sollen übrigens auch dann keine Anwendung finden, wenn eine jener Versicherungsarten von einer Lebensversicherungsgesellschaft betrieben wird.

3. Die Vorarbeiten zur Neuordnung.

Auf Grund von Überlegungen, wie sie in den vorstehenden Darlegungen enthalten sind, gelangte die Aufsichtsbehörde schon bald nach Inkrafttreten des Kautionsgesetzes und nach dem Erlass der Vollziehungsverordnung vom 16. August 1921 zur Überzeugung, dass die Vorkehren, die von den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften zur Sicherstellung der Versicherungsansprüche in Ausführung der gesetzlichen Vorschriften verlangt werden, nicht völlig befriedigen können. Zu dieser Überzeugung führten vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit. Zu Beginn des Jahres 1922 setzte sich das Versicherungsamt mit der Direktorenkonferenz der schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften in Beziehung, um mit ihr gemeinsam die Frage einer angemessenen Neuordnung der Sicherstellungsmassnahmen im Sinne einer Verstärkung derselben zu prüfen. Man dachte zunächst an eine Lösung auf der Grundlage der bestehenden Gesetzesvorschriften. Aus manchen Gründen erschien es wünschbar, neue Grundsätze für eine Sicherstellung des Deckungskapitals
nicht in einem Zeitpunkte gesetzlich festzulegen, in dem die Auswirkungen der allgemeinen Wirtschaftskrise noch nicht bekannt und manche Fragen, die sich aus den ungewöhnlichen Verhältnissen ergaben, noch nicht abgeklärt waren.

In einer Eingabe vom 12. April 1922 unterbreitete die Direktorenkonferenz dem Versicherungsamt ihre Vorschläge. Diese sahen vor, dass die zur Bedeckung des Deckungskapitals der schweizerischen und der noch nicht sichergestellten ausländischen Versicherungen erforderlichen Werte in ein besonderes Eegister eingetragen werden sollten. Den Gesellschaften sollte es untersagt

890 sein, ohne unverzüglichen gleichwertigen Ersatz über die eingetragenen Werte zu verfügen. Die Berechnung des Sollbetrages des Deckungskapitals hätte jährlich erfolgen und das Register entsprechend ergänzt -werden sollen. Der Aufsichtsbehörde sollten von den Gesellschaften alle Nachweise gegeben werden, die dieser erforderlich schienen, um die ordnungsmässige Führung der Begister überwachen zu können.

Die Durchführung dieses Vorschlages hätte einen klaren Einblick in die Deckungsverhältnisse vermittelt. Die Führung der Eegister hätte die Gesellschaften auch gezwungen, die zur Bedeckung des Deckungskapitals geeigneten Werte stets bereit zu halten, und ihre Verwendung zu anderen Zwecken wäre der Gesellschaft unmöglich gewesen, .ohne Verletzung der ihr von der Aufsichtsbehörde auferlegten Pflichten. Der Vorschlag konnte indessen den Anforderungen, die an eine wirksamere Gestaltung der Sicherstellungsmassnahmen gestellt werden müssen, aus dem Grunde nicht entsprechen, weil die Eintragung der Werte in das Eegister eine Bindung derselben zugunsten des Deckungskapitals nicht herbeizuführen vermochte. Die Ausscheidung der Werte war nur als eine buchmässige gedacht und hätte sie nicht vor dem Zugriff dritter Gläubiger geschützt. Im Konkurse der Gesellschaft wären diese Werte in die Masse gefallen, und die Anspruchsberechtigten wären für die Befriedigung ihrer Forderungen auf das Konkursvorrecht angewiesen gewesen. Der Vorschlag verwirklichte also das Postulat einer materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche nicht. Es musste eine Lösung gesucht werden, die die Bindung der zur Bedeckung des Deckungskapitals ausgeschiedenen Werte gewährleistet.

Wollte man von einer Gesetzesrevision zunächst absehen, so kam als einzige Massnahme, bei der die an eine materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche zu stellenden Erfordernisse erfüllt erschienen, die Hinterlegung der dem Deckungskapital entsprechenden Vermögenswerte an einem Drittorte in Betracht. Diese Vorkehr hätte in der Erweiterung der Kautionsverpflichtungen der Gesellschaft bestehen müssen. Durch die Hinterlegung wären die Werte dem Zugriffe dritter Gläubiger entzogen worden. Die Aufsichtsbehörde hätte diese Massnahme auf Art. 3, Abs. l VKG stützen können, nach welchem der Bundesrat die Höhe der Kaution auch bei den inländischen
Gesellschaften nach Massgabe der Betriebsverhältnisse festsetzt.

Es hätte sich sehr wohl der Standpunkt vertreten lassen, dass die oben geschilderte Lage der inländischen Lebensversicherungsgesellschaften eine Besonderheit der Betriebsverhältnisse darstelle, die den Bundesrat berechtigen würde, von denselben eine Kautionsleistung im vollen Umfange des Deckungskapitals zu verlangen. Damit wäre nach Art. 2 VKG eine ausschliessliche Haftung der hinterlegten Werte für die in der Schweiz zu erfüllenden Versicherungsverträge und für die öffentlich-rechtlichen Forderungen des Bundes und der Kantone, soweit sie sich aus dem Aufsichtsgesetz oder dem Kautionsgesetz ergeben, begründet worden. Im Konkurse der Gesellschaft hätte der Bundesrat nach Art. 16, Abs. 2 VKG die Ausscheidung der Kautionswerte aus der

891 Konkursmasse verfügen und sie zur vertragsmässigen Abwicklung der Versicherungsverträge oder zur Übertragung des schweizerischen Versicherungsbestandes auf einen anderen Versicherer verwenden können, wie dies auch für die Kautionen der ausländischen Gesellschaften vorgesehen ist. Es wäre also durch diese Massnahme in vollem Umfange eine materielle Sicherstellung der zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherungen herbeigeführt worden.

In einer Konferenz des Versicherungsamtes mit den Vertretern einer Anzahl Gesellschaften und der Schweizerischen Nationalbank, die als Hinterlegungsstelle in Aussicht genommen war und deren Mitwirkung bei der Durchführung der Massnahmen nicht hätte entbehrt werden können, wurde die Lösung des Sicherstellungsproblems auf dieser Grundlage besprochen. Die eingehende Prüfung der Frage ergab jedoch, dass auch diese Eegelung nicht zu befriedigen vermochte L Die Verpflichtung der Gesellschaften, einen grossen Teil ihrer Aktiven an einem Drittort in Verwahrung zu geben, würde den Geschäftsbetrieb ausserordentlich erschweren und die Verwaltungskosten erhöhen. Es erschien deshalb als richtiger, von dieser Lösung als einer allgemeinen Sicherungsmassnahme abzusehen und sie, wie bisher, als eine Notmassnahme vorzubehalten, falls die besondere Lage einer Gesellschaft eine solche Vorkehr erfordern sollte.

Gleichzeitig befestigte sich die Überzeugung, dass eine zweckmässige und einfache Lösung des Problems der materiellen Sicherstellung der Lebensversicherungsansprüche nur durch eine gesetzliche Eegelung erreicht werden könne. Sie gibt auch die Möglichkeit, eine Anzahl Fragen, die mit der materiellen Sicherstellung in Zusammenhang stehen und die ohne gesetzliche Eegelung nicht gelöst werden können, gleichzeitig zu ordnen.

Die Grundzüge einer gesetzlichen Eegelung der materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche wurden am 4. Juni 1925 in einer Konferenz des Versicherungsamtes mit den Direktoren der schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften, zu der auch einige weitere Experten zugezogen wurden, erstmals beraten. Der Beratung lag ein vom Versicherungsamt ausgearbeiteter Gesetzesentwurf zugrunde. Zur weitern Behandlung des Gesetzesentwurfes wurde eine engere Expertenkommission ernannt, der ausser den Vertretern des Versicherungamtes angehörten:
die Herren Bundesrichter Dr. C. Jaeger, Dr. H. Müller, Eechtsanwalt in Zürich, Dr. E. Alexander von der Justizabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes und die Herren Direktoren Dr. G. Schaertlin, Dr. H. Koenig, Dr. M. de Cérenville und Dr. H. Eenfer.

Unter dem Vorsitz des Direktors des eidgenössischen Versicherungsamtes.

Herrn Prof. Dr. Dumas, hat die Kommission den Entwurf in mehreren Sitzungen beraten. Eine grosse Zahl schwieriger rechtlicher und technischer Fragen bedurfte erst der Abklärung, bevor ein endgültiger Entwurf aufgestellt werden konnte. Die Darlegungen in den Abschnitten B und C dieser Botschaft geben über Inhalt und Bedeutung der Entwurfsbestimmungen Auskunft.

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B. Die Grundzüge des Gesetzes.

I. Der Sicherungsfonds.

1. Die Zweckbestimmung (Art. l und 2).

Der Zweck, der mit dem vorliegenden Gesetz verfolgt wird, ist die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche aus den Lebensversicherungen bei inländischen Lebensversicherungsgesellschaften. Dieses Ziel kann nur dadurch erreicht werden, dass Vermögenswerte der Gesellschaft im Umfange dieser Ansprüche zugunsten der Forderungsberechtigten gesetzlich gebunden und dadurch dem Zugriffe dritter Gläubiger entzogen werden. Es ist, m. a. W., ein Fonds zu bilden, welchem die dem Deckungskapital entsprechenden Werte überwiesen werden. Er wird im Entwurf als Sicherungsfonds bezeichnet.

Durch den Sicherungsfonds sollen die von einer Gesellschaft abgeschlossenen direkten Versicherungen sichergestellt werden. Die Sicherstellung erstreckt sich daher auch auf die in Bückversicherung gegebenen Teile der Versicherungen. Dagegen kann für das Deckungskapital der von einer Gesellschaft in Bückdeckung übernommenen Versicherungen die Bestellung des Sicherungsfonds nicht verlangt werden, da dies zu einer doppelten Sicherstellung führen würde.

Für die Errichtung des Sicherungsfonds kann das Deckungskapital des gesamten Lebensversicherungsbestandes als eine Einheit betrachtet werden; er umfasst daher grundsätzlich alle bei einer Gesellschaft bestehenden Verpflichtungen aus Lebensversicherungen. Indessen kann sich unter gewissen Voraussetzungen doch das Bedürfnis ergeben, für einzelne Gruppen von Versicherungen besondere Fonds zu errichten, dem auch im Entwurf Bechnung getragen ist.

Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob durch das Gesetz nur die zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden oder alle von der Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungen geschützt werden sollen. Sie stellt sich für die Gesellschaften, die ihren Betrieb auf das Ausland ausgedehnt haben ; sie kann aber auch bei den nur in der Schweiz arbeitenden Gesellschaften auftreten, insoweit bei ihnen Versicherungen laufen, die nicht in der Schweiz zu erfüllen sind.

Der Gedanke der Beschränkung der Sicherstellung auf den inländischen Versicherungsbestand liegt dem Kautionsgesetz zugrunde, das die Kautionsstellung nur für die in der Schweiz zu erfüllenden Versicherungsverträge vorschreibt. Auch die von den inländischen Gesellschaften zu
bestellende Kaution haftet nur für die zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherungen. Das Kautionsgesetz hat indessen doch auch den Versicherungsnehmern aus ausländischen Versicherungen einen Anspruch auf Sicherstellung insofern zuerkannt, als es diese neben den schweizerischen Versicherungsnehmern im gleichen Bange am Konkursvorrecht teilnehmen lässt. Die gleichzeitige Sicherstellung der Versicherungsansprüche aus inländischen und aus-

893 ländischen Versicherungen durch das zu erlassende Gesetz ist ein Gebot der Billigkeit. Die schweizerische Staatsaufsicht umfasst den gesamten Versicherungsbetrieb der Gesellschaft. Die ausländischen Versicherungsnehmer können daher erwarten, dass die schweizerische Staatsaufsicht und insbesondere die von der Aufsichtsbehörde zu treffenden Si cher ungsmassn ahmen sich in vollem Umfange auch zu ihren Gunsten auswirken. Viele ausländische Versicherungsnehmer werden sich gerade im Hinblick auf die schweizerische Staatsaufsicht zum Abschlüsse einer Lebensversicherung bei einer schweizerischen Gesellschaft entschliessen. Es müsste das Eechtsgefühl verletzen, wenn das Gesetz die Möglichkeit geben würde, die Mittel der Gesellschaft bis zu ihrer Erschöpfung zur Sicherung der schweizerischen Ansprüche heranzuziehen, ohne Eücksicht auf die Ansprüche der übrigen Versicherungsnehmer der Gesellschaft. Diese haben zum mindesten ein moralisches Anrecht auf einen gleichwertigen Schutz ihrer Interessen, wie er den schweizerischen Versicherungsnehmern durch das Gesetz zuteil wird. Es kann sich übrigens fragen, ob dieses Anrecht nicht dort zu einem rechtlichen werde, wo die Staatsverträge zwischen der Schweiz und dem Ausland die Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsbürger vorsehen.

Ein solches Anrecht besteht indessen nicht, wenn für die Versicherungen die materielle Sicherstellung im Ausland verlangt wird.

Aus diesen Erwägungen sieht der Entwurf vor, dass der Sicherungsfonds den gesamten Versicherungsbestand der Gesellschaft umfasse, soweit die Versicherungen nicht im Auslande sichergestellt werden müssen. Diese Lösung erweckt um so weniger Bedenken, als den schweizerischen Versicherungsnehmern dadurch kein Nachteil entsteht, wenn nur dafür gesorgt wird, dass der Sicherungsfonds stets voll gedeckt ist und dadurch die Voraussetzung geschaffen wird, dass im Falle des1 Zusammenbruchs der Gesellschaft die Forderungen aus den Lebensversicherungen befriedigt werden können. Übrigens sei darauf hingewiesen, dass gerade die Staaten, in denen die schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften ihre grössten ausländischen Versicherungsbestände besitzen, die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche vorschreiben, so dass diese Versicherungsbestände in den schweizerischen Sicherungsfonds nicht einbezogen
werden. Der Fonds wird daher auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ganz oder zum weitaus überwiegenden Teil nur für den schweizerischen Versicherungsbestand bestellt werden müssen.

' Es kann nicht Aufgabe des Gesetzes sein, alle Verhältnisse in bezug auf die Errichtung des Sicherungsfonds im einzelnen zu ordnen. Eine zu eingehende Regelung würde zu einer allzu starken Einengung der Gesellschaft führen, sie der notwendigen Bewegungsfreiheit berauben und eine rasche Anpassung der erforderlichen Vorschriften an eine Veränderung der Verhältnisse verunmöglichen. Das Gesetz muss sich daher in seinen Bestimmungen auf das Wesentliche beschränken und im übrigen die zur Errichtung und Bereithaltung des Fonds erforderlichen Vorschriften der Ausführungsverordnung oder der besonderen Beschlussfassung durch den Bundesrat überlassen.

Bandesblatt. 80. Jahrg. Bd. II.

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2. Der Sollbetrag (Art. 3 und 4).

Die Höhe des Sicherungsfonds muss mit dem Gesamtbetrage der Deckungskapitalien der sicherzustellenden Versicherungen übereinstimmen. Dazu kommen die schwebenden Versicherungsleistungen, die den Versicherungsnehmern gutgeschriebenen Gewinnanteile und ein angemessener Zuschuss. Die Summe dieser Beträge bildet den Sollbetrag des Sicherungsfonds. Doch können vom Sollbetrag Darlehen und Vorausbezahlungen auf Versicherungen, sowie ausstehende und gestundete Prämien abgezogen werden.

Die Berechnung des Sollbetrages muss periodisch erfolgen, und zwar wird hierbei am besten auf das Eechnungsjahr abgestellt. Da der Sollbetrag des Sicherungsfonds in der Hauptsache durch das Deckungskapital der sicherzustellenden Versicherungen bedingt und dieses auf den Schluss des Rechnungsjahres berechnet wird, so ist es gegeben, dass für die Berechnung des Sollbetrages der gleiche Zeitpunkt gesetzlich festgelegt wird. Anderseits kann aber von der Gesellschaft nicht verlangt werden, dass sie der Aufsichtsbehörde unmittelbar nach Schluss des Rechnungsjahres den Sollbetrag mitteile, sondern, da seine genaue Berechnung gewisse Vorarbeiten erfordert, muss ihr hierfür eine angemessene Frist eingeräumt werden. Der Entwurf bestimmt daher, dass die Feststellung des Sollbetrages innerhalb der ersten vier Monate des neuen Eechnungsjahres zu erfolgen habe.

Nun können aber im Laufe des Eechnungsjahres Umstände eintreten, die eine Berechnung und Feststellung des Sollbetrages auf einen andern als den hierfür normalerweise vorgesehenen Zeitpunkt wünschbar erscheinen lassen.

Dieser Fall wird sich namentlich dann ergeben, wenn bei der Gesellschaft ausserordentliche Verluste eintreten und eine rasche Abklärung der Verhältnisse auch in bezug auf den Sicherungsfonds geboten ist. Nach dem Entwurf kann daher der Bundesrat aus wichtigen Gründen verfügen, dass eine Feststellung des Sollbetrages während des Eechnungsjahres auf einen von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt vorzunehmen sei. Ist das Bedürfnis nach einer Abklärung der Verhältnisse besonders dringend, so kann der Bundesrat auch jederzeit eine Schätzung des Sollbetrages veranlassen und seine Massnahme auf diese gründen. Der blossen Schätzung wird die genaue Berechnung des Sollbetrages folgen müssen.

3. Die Bestellung des Fonds (Art. 5 bis 8).

Die Bestellung
des Fonds erfolgt durch die Überweisung von Werten an ihn im Umfange des Sollbetrages der durch den Fonds sicherzustellenden Verpflichtungen der Gesellschaft. In diesem Betrage müssen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes für die erstmalige Bestellung des Fonds Vermögenswerte zur Verfügung gestellt werden. Ergibt sich bei den spätem Feststellungen oder Schätzungen des Fonds, dass dieser nicht voll gedeckt ist, so muss, um

895 die stete Bereitschaft der Sicherheit zu gewährleisten, für seine Ergänzung gesorgt werden. Bei einer sich entwickelnden Gesellschaft ist die Unterdeckung infolge des Ansteigens des Deckungskapitals eine normale Erscheinung. Es kann deshalb der Gesellschaft für die Ergänzung des Fonds eine angemessene Frist eingeräumt werden, um ihr zu ermöglichen, ihre finanziellen Massnahmen in Buhe treffen zu können. Der Entwurf räumt ihr hierfür eine Frist von einem Monat ein. Ausserordentliche Umstände können aber eine raschere Deckung des Fehlbetrages wünschbar erscheinen lassen. Dies wird namentlich dann zutreffen, wenn besondere Verhältnisse eine Feststellung oder Schätzung des Fonds im Laufe des Geschäftsjahres veranlassen. In diesem Falle soll der Bundesrat die Frist bestimmen, innerhalb welcher der Fonds ergänzt werden muss.

Für die Form, in welcher der Sicherungsfonds errichtet werden soll, wurde eine möglichst einfache Lösung gesucht. Unnötige Verwaltungskosten sollen vermieden und die Gesellschaften in der für einen rationellen Geschäftsbetrieb erforderlichen Bewegungsfreiheit nicht beeinträchtigt werden. Die Hinterlegung der zum Fonds gehörigen Werte bei der-Schweizerischen Nationalbank oder bei einer andern Hinterlegungsstelle, wie sie das Kautionsgesetz für die Kautionsbestellung -vorschreibt, erscheint aus den im allgemeinen Teil der Botschaft (S. 890 ff.) angegebenen Gründen nicht als angemessen. Jedoch muss die Mindestforderung gestellt werden, dass die zum Fonds gehörigen Werte von der Gesellschaft ge&ondert ausgewiesen werden, damit der Bestand des Fonds jederzeit überprüft und im Konkurse der Gesellschaft die ihm überwiesenen Werte vom übrigen Vermögen ohne weiteres ausgeschieden und für den Sicherungszweck verwendet werden können. Unter diesen Voraussetzungen kann der Gesellschaft die Verwaltung und Verwahrung des Fonds überlassen werden.

Diesen Erfordernissen wird entsprochen durch die Erstellung eines Registers, in das die Werte des Sicherungsfonds einzutragen sind. Der Entwurf bestimmt daher, dass die Überweisung der Werte an den Fonds durch ihre Eintragung in dieses Begister erfolge.

Damit dem Sicherungsfonds die Eigenschaft eines für einen bestimmten Zweck ausgeschiedenen Sondervermögens der Gesellschaft zukomme, genügt indessen der Ausweis der zu ihm gehörigen Werte durch die
Eintragung in ein Register nicht, sondern es müssen mit ihr auch gewisse Rechtswirkungen verbunden werden. Die Eintragung begründet die Zugehörigkeit der Werte zum Fonds und diese sollen ausschliesslich dem Zwecke der Sicherstellung dienen, solange sie nicht aus dem Register gestrichen sind. Dagegen geht es nicht an, das Register mit öffentlichem Glauben auszustatten. Diese Eigenschaft kann nur einem von einer Behörde geführten Register gegeben werden.

Die Tatsache, dass die Führung des Registers des Sicherungsfonds der Aufsicht des Bundesrates untersteht, vermag dieses Erfordernis nicht zu ersetzen.

Die Rechte, die Dritte gutgläubig an den eingetragenen Werten erwerben, müssen daher auch gegenüber der Eintragung anerkannt werden.

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4. Die Nachweise über den Sicherungsfonds (Art. 9).

Um dem Bundesrat die Kontrolle über den Sicherungsfonds zu ermöglichen, müssen ihm von der Gesellschaft die hierfür notwendigen Unterlagen gegeben werden. Die Vertreter der Aufsichtsbehörde können sie auf Grund der ihr nach dem Aufsichtsgesetz zustehenden Befugnisse auch jederzeit am Sitz der Gesellschaft 'einsehen. Um die Kontrolle zu erleichtern, soll die Gesellschaft nach der Vorschrift des Entwurfes der Aufsichtsbehörde den von ihr errechneten Sollbetrag des Fonds bekanntgeben und ihr ein Verzeichnis der Werte desselben zustellen. Hierfür muss den Gesellschaften eine angemessene, nicht zu lange Frist eingeräumt werden, die vom Entwurf auf einen Monat nach der Feststellung des Sollbetrages festgesetzt wird.

5. Ausscheiden von Werten aus dem Fonds (Art. 10 und 11).

Die Anlagen des Sicherungsfonds sind fortwährenden Änderungen unterworfen. Durch Fälligwerden oder Veränderung von Werten scheiden solche aus und müssen durch neue ersetzt werden. Auch können Bücksichten auf den Geldmarkt es der Gesellschaft ratsam erscheinen lassen, Werte des Sicherungsfonds gegen andere, geeignetere Werte auszuwechseln. Aus dieser Tatsache müsste sich ein fortwährendes Schwanken im Bestände des Fonds ergeben, das die Sicherheit desselben beeinträchtigen könnte. Wenn der Fonds seine Zweckbestimmung, die Sicherstellung der Versicherungsansprüche jederzeit zu gewährleisten, erfüllen soll, so muss nach Möglichkeit dafür gesorgt werden, dass die dem Fonds einmal ziigeführte Deckung nicht vermindert werde. Der Gesellschaft darf es daher nicht gestattet sein, dem Fonds Werte zu entnehmen, ohne gleichzeitig für ihren Ersatz zu sorgen. Das Fälligwerden von Werten ist in der Eegel zum voraus bekannt, und die Gesellschaft daher in der Lage, rechtzeitig für Ersatz zu sorgen. Das Gleiche gilt für die Auswechslung von Werten aus finanzpolitischen Erwägungen. Die dem Fonds als Ersatz zu überweisenden Werte müssen die gleiche Sicherheit wie die ausscheidenden Werte bieten. Nach dem Entwurf darf daher die Gesellschaft Werte aas dem Fonds nur gegen gleichzeitigen, vollwertigen Ersatz ausscheiden. Indessen können Vorhältnisse vorliegen, in denen der gleichzeitige Ersatz ausscheidender Werte unmöglich ist oder von der Gesellschaft nur mit Verlust bewerkstelligt werden könnte. Dieser
Fall muss im Gesetz berücksichtigt werden. Der Bundesrat soll daher befugt sein, der Gesellschaft aus besonderen Gründen für den Ersatz ausscheidender Werte Fristen zu bewilligen.

MUSS im Interesse einer wirksamen Sicherstellung der Versicherungsansprüche der Grundsatz der vollen Deckung des Sicherungsfonds mit möglichster Strenge durchgeführt werden, so darf anderseits der Gesellschaft eine wesentliche Überdeckung nicht zugemutet werden. Sie bedarf der nicht durch das Deckungskapital der Versicherungen gebundenen Mittel zu andern Gesellschaftszwecken. Der Bundesrat soll daher, wenn die ordentliche Fest-

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Stellung des Sollbetrages eine Überdeckung des Sicherungsfonds ergibt, der Gesellschaft den dem Mehrbetrag entsprechenden Teil der "Werte freigeben.

Eine Ausnahme sieht das Gesetz für den Fall vor, dass sich eine Überdeckung bei einer ausserordentlichen Feststellung oder Schätzung des Sollbetrages ergibt. Diese Massnahme wird hauptsächlich dann getroffen, wenn die finanzielle Lage der Gesellschaft zu Bedenken Anlass geben kann, sei es infolge ungünstigen Geschäftsganges, sei es infolge einer allgemeinen finanziellen Krise. Es ist daher wohl denkbar, dass die Lage trotz der Ermittlung des Deckungsverhältnisses des Sicherungsfonds nicht völlig abgeklärt ist. Die Vorsicht gebietet in einem solchen Falle, vor der Verfügung über den Mehrbetrag zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten. Die Freigabe der Werte wird daher in das Ermessen des Bundesrates gestellt.

6. Zulässige Werte (Art. 13).

Für die Sicherheit des Fonds ist seine Anlage von entscheidender Bedeutung.

Die Wahl der Anlagewerte und die für ihre Einschätzung massgebenden GrundSätze bedürfen eingehender und sorgfältiger Überlegung. Vor das gleiche Problem sah sich auch das Kautionsgesetz hinsichtlich der Kautionsanlagen gestellt. Trotz der Wichtigkeit, die diesen Fragen beigemessen werden muss, sah der Gesetzgeber davon ab, sie im Gesetz selbst zu lösen, sondern betrachtete dies als eine Aufgabe der Gesetzesausführung. Für diese Stellungnahme war die Erwägung ausschlaggebend, dass die gesetzliche Regelung die Anpassung an eine Änderung der Anlagemöglichkeiten und der Verhältnisse des Wertpapiermarktes zu sehr erschweren und daher eine zu starke Bindung für die Zukunft bedeuten kann. Die Ordnung dieser Fragen wurde daher der vom Bundesrate zu erlassenden Ausführungsverordnung überlassen, und diese enthält hierüber auch eingehende Vorschriften (Ausführungsverordnung vom 16. August 1921, Art. 7 bis 11; Botschaft, Bundesblatt 1916, IV, 493).

Die gleichen Gesichtspunkte haben auch für die Anlage des Sicherungsfonds Geltung. Der Entwurf sieht daher vor, dass der Bundesrat auf dem Verordnungsweg zu bestimmen habe, welche Werte zur Bildung des Sicherungsfonds zugelassen werden und wie sie einzuschätzen sind.

Bei der Vorbereitung des Kautionsgesetzes wurde die Frage eingehend erwogen, ob für die Kautionshinterlagen in vollem Umfange Schweizerwerte
verlangt werden müssten, oder ob bis zu einem gewissen Betrage ausländische Werte zugelassen werden könnten. Der Gesetzgeber gelangte zu der Auffassung, dass die Möglichkeit, einen Teil der Kaution in ausländischen Werten zu bestellen, nicht ganz ausgeschlossen werden dürfe. Er wollte ein Ventil schaffen für den Fall, dass die Schweizerwerte infolge einer Krise plötzlich entwertet würden (Botschatt, Bundesblatt 1916, IV, 493). Dagegen sollte der Umfang, in welchem die Anlagen in fremden Werten zuzulassen seien, durch das Gesetz selbst festgesetzt werden. Dieses beschränkt ihn auf einen Vierteil des Sollbetrages (VKG Art. 4, Abs. 1).

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Auch bei der Anlage des Sicherungsfonds müssen ausländische Werte zugelassen werden. Während aber bei der Kaution für ihre Zulassung nur finanzpolitische Erwägungen ausschlaggebend waren, ist bei der Anlage des Sicherungsfonds noch die besondere Natur der Verpflichtungen, die den Sollbetrag des Fonds bilden, in Betracht zu ziehen. Es ist zu beachten, dass der Fonds nicht allein die in der Schweiz, sondern auch die im Ausland abgeschlossenen und auf eine fremde Währung lautenden Versicherungen sicherzustellen hat, soweit für sie nicht im Auslande Sicherheit zu leisten ist. Der Bestand an solchen Versicherungen kann starken Schwankungen unterworfen sein, und es ist aus diesem Grunde nicht möglich, für die Zulassung ausländischer Anlagewerte im Gesetz einen prozentualen Höchstbetrag vorzusehen. Es muss daher dem Bundesrat überlassen werden, durch Verordnung oder Einzelverfügung die für die Zulassung fremder Werte massgebenden Grundsätze festzulegen.

7. Die Verwahrung des Ponds (Art. 13).

Der Entwurf überlässt aus den oben, S.890ff., angegebenen Gründen der Gesellschaft die Verwaltung und Verwahrung des Sicherungsfonds (vgl. auch Tabelle l, S. 884). Über den Bestand der von der Gesellschaft verwahrten Titel gibt das Register des Sicherungsfonds Auskunft, nicht aber darüber, ob diese auch wirklich vorhanden sind. Um der Aufsichtsbehörde zu ermöglichen, jederzeit ohne Schwierigkeit feststellen zu können, ob die im Eegister ausgewiesenen Werte sich ini Fonds befinden, ist die Gesellschaft zu verpflichten, sie getrennt von ihrem übrigen Vermögen zu verwahren.

In der Eegel werden die Werte des Sicherungsfonds von der Gesellschaft an ihrem Sitze verwahrt. Aus berechtigten Gründen kann sie indessen den Wunsch haben, die Werte ganz oder zum Teil an einem Drittort zu verwahren.

Der Gesellschaft soll diese Möglichkeit nicht verschlossen werden. Da aber der Verwahrungsort für die Sicherheit des Fonds von Bedeutung ist, kann seine Wahl nicht dem freien Belieben der Gesellschaft überlassen werden, sondern bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese soll jedoch aus wichtigen Gründen jederzeit eine Änderung des Verwahrungsortes verfügen können.

Die an den Anlagewerten eintretenden Änderungen werden die GesellSchaft oft in die Lage versetzen, zu Verwaltungszwecken dem Fonds Titel entnehmen zu müssen, ohne
dass sie aus demselben ausscheiden. Diesem Bedürfnis ist im Gesetz Rücksicht zu tragen, wenn der geordnete Geschäftsbetrieb nicht gestört werden soll. Eine Ersetzung der herausgenommenen Werte bis zu ihrer Rückerstattung an den Fonds könnte der Gesellschaft nicht wohl zugemutet werden. Der Entwurf ermächtigt daher die Gesellschaft, Werte vorübergehend aus der Verwahrung zurückzuziehen, wenn die Verwaltung des Fonds es erfordert.

899 I

8. Die Haftung des Fonds (Art. 14).

Um durch die Errichtung eines Fonds die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche zu bewirken, genügt es nicht, die in denselben übergeführten Werte in einem Kegister auszuweisen und getrennt vom übrigen Vermögen zu verwahren. Das Gesetz muss dem Fonds die Eigenschaft als eines für die Verpflichtungen aus den sicherzustellenden Versicherungen haftenden Sondergutes ausdrücklich zuerkennen. Die Werte des Fonds sind dem Zugriffe dritter Gläubiger zu entziehen und im Konkurse der Gesellschaft sollen sie nicht in die Masse fallen, sondern vorab zur Befriedigung der Ansprüche aus den am Fonds beteiligten Versicherungen Verwendung finden können. Dieser Forderung wird durch die Bestimmung des Entwurfes entsprochen, dass die Werte des Sicherungsfonds und ihre ausstehenden Erträgnisse gemäss den Vorschriften des Gesetzes in erster Linie für die durch ihn sicherzustellenden Ansprüche haften. Damit ist die rechtliche Natur des Sicherungsfonds als eines Garantiefonds klar gekennzeichnet.

II. Sichernde Massnahmen.

1. Sanierungsmassnahmen (Art. 15).

Der schon im Kautionsgesetz zum Ausdruck gelangte Gedanke, dass die Aufgabe eines Gesetzes, das den Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer zum Gegenstand hat, nicht allein darin bestehen könne, eine materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche zu schaffen, sondern seine Wirkung auch eine vorbeugende sein müsse, hat in gleichem Masse auch für das Sicherstellungsgesetz Geltung. Es genügt nicht, dass im Gesetz Vorschriften aufgestellt werden über die Verwendung des Vermögens der zusammengebrochenen Gesellschaft, sondern es ist nicht minder wichtig, dass die kranke Unternehmung womöglich geheilt und die aussergerichtliche oder konkursmässige Liquidation vermieden werde. Dies ist zu wünschen, sowohl im Interesse der Gesellschaft als der Versicherungsnehmer. Selbst dann, wenn der Sicherungsfonds voll gedeckt ist, kann die Abwicklung des Versicherungsbestandes zu Verlusten führen, die bei der Fortführung des Versicherungsgeschäftes auf sanierter Grundlage nicht eintreten würden. Die Liquidation einer Lebensversicherungsgesellschaft wegen unsicherer finanzieller Lage oder wegen Zahlungsunfähigkeit kann aber auch weittragende moralische Folgen haben. Sie wird viele Versicherte der Gesellschaft trotz des Bestehens
eines Sicherungsfonds für das Schicksal ihrer Versicherung in Sorge versetzen und ist geeignet, das Vertrauen in die Lebensversicherung allgemein zu erschüttern. Das wäre volkswirtschaftlich von grossem Nachteil, weil die Lebensversicherung zu ihrem Gedeihen des allgemeinen Vertrauens notwendig bedarf. Ist eine Gesellschaft in eine finanzielle Notlage geraten, so wird daher die Aufsichtsbehörde zunächst bestrebt sein, sie aus dieser herauszuführen, und erst dann, wenn sich dies als unmöglich erweist, eine ihre Existenz berührende Massnahme treffen.

900

Aus diesen Überlegungen ist der Entwurf, gleich wie das Kautionsgesetz (Art. 8 und 14 VKG; Botschaft, Bundesblatt 1916, IV, 501 f., 508 ff.), dazu gelangt, die Sanierung an die Spitze der Vorkehren gegenüber einer notleidenden Gesellschaft zu stellen. Erscheinen die Interessen der Versicherungsnehmer gefährdet, so wird der Bundesrat die Gesellschaft zunächst auffordern, Sanierungsmassnahmen zu treffen. Er ist auch befugt, gegebenenfalls die Einberufung der Generalversammlung oder eines andern zur Beschlussfassung über die Sanierungsmassnahme zuständigen Organs zu verlangen und sich bei den Verhandlungen über die Sanierung vertreten zu lassen.

2. Verfügungen des Bundesrates (Art. 16).

Liegen die Voraussetzungen zur Einleitung von Sanierungsmassnahmen vor, so wird der Bundesrat vor allem das Deckungsverhältnis des Sicherungsfonds feststellen lassen und für die Auffüllung eines allfälligen Fehlbetrages besorgt sein. Nun wird aber die sofortige Ergänzung des Sicherungsfonds einer in bedrängter Lage befindlichen Gesellschaft unter Umständen schwer fallen oder unmöglich sein. Das strenge Festhalten an jener Forderung könnte daher die Sanierung in Frage stellen, wahrend diese vielleicht durch eine Fristverlängerung zu erreichen wäre. Der Bundesrat soll daher ermächtigt sein, die gesetzliche Frist für die Ergänzung des Sicherungsfonds nach freiem Ermessen zu verlängern, wenn eine solche Massnahme im Interesse des Zustandekommens der Sanierung geboten erscheint.

Das Bekanntwerden der ungunstigen finanziellen Lage einer Gesellschaft wird die Arersicherungsnehmer sehr rasch in eine grosse Beängstigung versetzen, die einen Ansturm auf die Gesellschaft durch massenhafte Eückkaufsbegehren auslösen kann; auch dadurch könnte die Sanierung durchkreuzt werden.

Um dies zu verhüten, gibt der Entwurf, wie schon das Kautionsgesetz, dem Bundesrat die Befugnis, den Rückkauf und die Beleihung von Policen zu untersagen, wobei die im Kautionsgesetz vorgesehene Beschränkung des Verbotes auf die Dauer von drei Jahren fallengelassen wird. Dem gleichen Zwecke dient die Ermächtigung des Bundesrates, den Gesellschaften für ihre sämtlichen Verpflichtungen Stundung zu gewähren. Das bedingt andererseits, dass auch den Versicherungsnehmern die Prämienzahlungen gestundet werden.

Erweist sich die Sanierung als unmöglich, so wird die Aufsichtsbehörde es nicht bei diesen Massnahmen bewenden lassen. Da die Gesellschaft nicht mehr vertrauenswürdig erscheint, muss ihr die Konzession zum Geschäftsbetrieb entzogen werden. Ist die Gesellschaft noch nicht überschuldet, so wird sie die aussergerichtliche Liquidation beschliessen müssen. In diesem Falle ist der Bundesrat befugt, ihr einen Liquidator zu bestellen. Liegt Überschuldung vor, so muss die Gesellschaft die Konkurseröffnung beantragen (Art. 657, Abs. 2 und Art. 704, Abs. l OE).

901 III. Der Konkurs.

1. Die Konkurseröffnung (Art. 18 bis 22).

Die Eröffnung des Konkurses über eine Gesellschaft erfolgt durch das Konkursgericht auf Benachrichtigung durch die Gesellschaftsverwaltung, dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind, oder auf Betreibung der Gläubiger, deren Forderungen von der Gesellschaft nicht befriedigt werden. Dadurch entsteht aber die Gefahr, dass das vom Bundesrat veranlasste Sanierungsverfahren, das vielleicht trotz der augenblicklichen Bedrängtheit der Gesellschaft erfolgreich sein könnte, durch das Konkursbegehren durchkreuzt, oder dass die Anhandnahme einer noch möglichen Sanierung vereitelt wird. Um dies zu verhüten, läge es nahe, den Bundesrat zu ermächtigen, an Stelle des Konkursgerichtes die Konkurseröffnung zu verfügen. Die Vornahme konkursrechtlicher Handlungen ginge indessen über den Aufgabenkreis der Aufsichtsbehörde hinaus. Der Bundesrat müsste richterliche Kompetenzen ausüben, die ihm nicht zugemutet werden könnten.

Anderseits muss aber doch dafür gesorgt werden, dass die Anhandnahme einer im Interesse der Versicherungsnehmer liegenden Sanierung nicht durch das Vorgehen Dritter durchkreuzt wird. Vor der Konkurseröffnung soll das Ergebnis des im Zeitpunkt des Konkursbegehrens bereits schwebenden oder erst einzuleitenden Sanierungsverfahrens abgewartet werden. Der Entwurf bestimmt daher, dass der Konkurs über eine inländische Lebensversicherungsgesellschaft nur mit Zustimmung des Bundesrates eröffnet werden dürfe. Erklärt die Verwaltung beim Konkursgericht die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder verlangt ein Gläubiger die Konkurseröffnung, so ist der Konkursrichter verpflichtet, den Bundesrat unverzüglich zu benachrichtigen.

Das Gericht setzt bis auf weiteres das Erkenntnis über die Konkurseröffnung aus.

Der Bundesrat wird nun prüfen, ob die Sanierung der Gesellschaft noch durchführbar sei. Er kann, um sie zu ermöglichen, auch jetzt noch die schon erwähnten, ihm nach dem Gesetz zustehenden sichernden Massnahmen anwenden.

Kommt die Sanierung nicht zustande, so muss das Konkursverfahren wieder aufgenommen werden. Der Bundesrat bewilligt in diesem Falle die Fortsetzung des Verfahrens durch den Konkursrichter.

2. Das Konkursverfahren (Art. ä3 und 24).

Die ausserordentlich grosse Zahl der
Versicherungsverträge und die Besonderheit des technischen Aufbaues der Lebensversicherung machen es unmöglich, die Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes über das Konkursverfahren auf den Konkurs einer Lebensversicherungsgesellschaft in allen Teilen anzuwenden. Dies gilt sowohl für den Schuldenruf

902 als für die Konkursverwaltung. Aus dieser Tatsache ergibt sich die Notwendigkeit, in das Gesetz Bestimmungen über das Konkursverfahren aufzunehmen, die in das geltende Eecht eingreifen. Der Bundesrat soll befugt sein, durch Vorschriften, die von der geltenden gesetzlichen Ordnung abweichen, den Schuldenruf den für die Feststellung der Schuldverpflichtungen einer Lebensversicherungsgesellschaft bestehenden besonderen Erfordernissen anzupassen. Auch das Liquidationsverfahren bedarf einer besonderen Begelung.

Die konkursmässige Liquidation eines grossen Lebensversicherungsbestandes ist eine Aufgabe, die von der ordentlichen Konkursverwaltung kaum in zweckmässiger Weise gelöst werden kann; sie erfordert fachmännische Kenntnisse und einen technischen Apparat, die der Verwaltung nicht zur Verfügung stehen.

Der Bundesrat wird daher ermächtigt, zur Durchführung des Konkurses eine besondere Konkursverwaltung zu ernennen. Angesichts der grossen Zahl und der auf ein grosses Gebiet zerstreuten Anspruchsberechtigten wird es auch nicht möglich sein, die Gläubigerversaminlung einzuberufen. Der Bundesrat soll daher die jener nach dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz zustehenden Befugnisse der von ihm bestellten Konkursverwaltung übertragen können.

Die Durchführung des Verfahrens untersteht der Aufsicht des Bundesrates.

Er kann jederzeit über den Stand desselben Auskunft verlangen und der Konkurs Verwaltung verbindliche Weisungen erteilen.

3. Das Konkursvorrecht (Art. 26).

Wie das Kautionsgesetz, so räumt auch der Entwurf allen Versicherungsnehmern, die bei der Gesellschaft einen Versicherungsvertrag abgeschlossen haben, ein Konkursvorrecht in der dritten Klasse ein. Aus den oben. S. 892 ff., angegebenen Gründen erstreckt es sich auch auf die nicht zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherungen, und bei den Gesellschaften mit gemischtem Betrieb nehmen auch die Versicherungen aus den übrigen Versicherungszweigen an ihm teil. Das Konkursvorrecht kann aber nur soweit bestehen, als der Anspruchsberechtigte für seine Forderung nicht schon anderweitige Deckung besitzt ; denn die Sicherstellung durch Privilegierung der Forderung und durch eine materielle Sicherheit können nicht gleichzeitig wirksam sein. In erster Linie werden die Anspruchsberechtigten auf Befriedigung aus dem Sicherungsfonds
und den Kautionen angewiesen und nur für den nicht gedeckten Teil ihrer Forderung am Konkursvorrecht beteiligt. Für die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen besteht das Konkursvorrecht zugunsten des Fonds.

4. Die Verwendung des Sicherungsfonds (Art. 27 bis 29).

Die Eigenschaft des Sicherungsfonds als eines zur materiellen Sicherstellung der Versicherungsansprüche dienenden Sondergutes tritt im Konkurse der Gesellschaft in Erscheinung. Die Werte des Fonds scheiden aus der Konkursmasse aus, um die im Gesetz vorgesehene gesonderte Verwertung zu finden.

903 Bestehen mehrere Fonds, so soll ein allfälliger Überschuss des einen Fonds nicht in die Konkursmasse fallen, sondern vorerst zur Deckung eines Fehlbetrages der andern Fonds Verwendung finden. Nur ein verbleibender Restbetrag ist der Konkursmasse zu überweisen (Art. 25).

Der Sicherungsfonds soll die Erhaltung des Versicherungsbestandes und damit die Erreichung des mit der Versicherung verbundenen Fürsorgezweckes ermöglichen. Zu diesem Zwecke müssen die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen der privatrechtlichen Wirkung der Konkurseröffnung entzogen werden. Diese Versicherungen werden daher, entgegen der Vorschrift des Art. 37, Abs. l WG, durch die Konkurseröffnung nicht aufgelöst, Der Entwurf ist bei der Aufstellung der Vorschriften über die Verwendung des Sicherungsfonds im Konkurse der Gesellschaft dem Vorbilde des Kautionsgesetzes gefolgt (Art. 9 und 10 VKG). Da der Sicherungsfonds die Summe des Deckungskapitals der zu ihm gehörigen Versicherungen, der gutgeschriebenen Gewinnanteile, sowie der schwebenden Versicherungsleistungen in vollem Umfange deckt, schafft er die Voraussetzung zu einer normalen Abwicklung der Verträge. Wie das Kautionsgesetz in Bezug auf die Kautionen, bestimmt daher auch der Entwurf, dass der Bundesrat im Konkurse der Gesellschaft den Sicherungsfonds dazu verwenden könne, um den durch diesen sichergestellten Versicherungsbestand mit Hechten und Pflichten ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft zu übertragen oder von Bundes wegen nach Massgabs der Versicherungsverträge zu liquidieren. Er wird die Werte des Fonds der Gesellschaft übergeben oder sie selbst übernehmen, womit sie samthaft auf den neuen Versicherer übergehen.

Diese Verwendung des Sicherungsfonds hat zur Voraussetzung, dass die ihm zugewiesenen Werte zur Fortführung der Versicherungsverträge ausreichen. Ist der Sicherungsfonds nicht voll gedeckt und ist es nicht möglich, genügend Mittel frei zu machen, um die Erfüllung der Versicherungsansprüche zu gewährleisten, so müsste der Versicherungsbestand konkursmässig liquidiert werden. Auf diesem Standpunkt steht das Kautionsgesetz ^ Art. 10 VKG).

Diese Alternative entspricht indessen nicht immer den Interessen der Versicherungsnehmer. Unter Umstanden wird die Übertragung oder Liquidation von Bundes wegen durch die Bestimmungen des Versicherungsvertrages
über die Gewinnbeteiligung erschwert werden. Um die Übertragung zu erleichtern, soll daher der Bundesrat diese Bestimmungen ändern oder aufheben können. Aber auch eine massige Herabsetzung des Versicherungsanspruches und die Fortführung der Versicherung zu einem entsprechend reduzierten Betrage kann für den Versicherungsnehmer wirtschaftlich wertvoller sein, als die konkursmässige Liquidation des Vertrages. Der Versicherungsbestand soll in diesem Fall auch dann erhalten bleiben, wenn der Sicherungsfonds zur Erfüllung der Versicherungsansprüche nicht ausreicht. Der Bundesrat soll daher befugt sein, um eine der oben erwähnten Massnahmen zu ermöglichen, die Bedingungen der zum Fonds gehörenden Versicherungen zu ändern und

904 die Versicherungsansprüche und Ansprüche auf gutgeschriebene Gewinnanteile herabzusetzen.

5. Die konkursmässige Verwertung des Sicherungsfonds (Art. 30).

Nun ist allerdings der wirtschaftliche Vorteil der Portführung einer herabgesetzten Versicherung an eine Grenze gebunden, bei deren Überschreitung die konkursmässige Liquidation des Versicherungsbestandes vorzuziehen ist.

Wo die Grenze liegt, kann zum vornherein nicht bestimmt werden, vielmehr wird das von den Verhältnissen des besonderen Falles abhängen. Die Entscheidung hierüber muss dem Ermessen des Bundesrates anheimgegeben werden, der bei seiner Massnahme vom Gesamtinteresse der Versicherungsnehmer ausgehen wird. Diese Sachlage bringt der Entwurf durch die Bestimmung zum Ausdruck, dass der Bundesrat die Konkursverwaltung mit der konkursmässigen Verwertung des Sicherungsfonds beauftragen werde, wenn die Herabsetzung der Versicherungsansprüche nach seinem Ermessen nicht im Interesse der Gesamtheit der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten liege.

Mit der Verfügung des Bundesrates, die den Sicherungsfonds der Konkursverwaltung zur konkursmässigen Verwertung überweist, treten für die Versicherungsverträge die "Wirkungen der Konkurseröffnung ein. Die Versicherungsverträge erlöschen, und die Versicherungsnehmer können nunmehr im Konkurs das Deckungskapital ihrer Versicherungen (Art. 36, Abs. 3 VVG), sowie die Ansprüche auf fällige Leistungen und gutgeschriebene Gewinnanteile geltend machen. Auf diese Forderungen findet das Konkurs Vorrecht des Art. 26 des Entwurfes Anwendung.

IV. Strafbestimmungen (Art. 31 bis 35).

Die neue Ordnimg der Sicherstellungsvorschriften für die inländischen Lebensversicherungsgesellschaften erfordert die Aufnahme besonderer Strafbestimmungen, da die den Strafbestimmungen des Kautionsgesetzes zugrunde liegenden strafbaren Tatbestände denjenigen des Sicherstellungsgesetzes nicht in allen Teilen entsprechen. Aber auch dort, wo gleichwertige Tatbestände vorliegen, erscheint es angezeigt, die betreffenden Strafbestimmungen in den Entwurf aufzunehmen, um eine klare und geschlossene Ordnung der strafrechtlichen Vorschriften zu erhalten. Auf Verletzungen des Sicherstellungsgesetzes finden somit ausschliesslich die Strafbestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, soweit es sich nicht um Tatbestände handelt, die dem allgemeinen Strafrecht unterstehen, wobei eventuell die Konkurrenznormen Platz greifen.

V. Übergangsbestimmungen (Art. 36 bis 4-2).

Die Durchführung des neuen Gesetzes verlangt eine Anzahl Vorschriften^ die die reibungslose Überführung des bisherigen Zustandes in die neuen Verhältnisse ermöglichen. Diese Vorschriften betreffen die erstmalige Berechnung des Sollbetrages und die Bestellung des Sicherungsfonds, ferner die Überführung

905 der noch in Verwahrung des Bückversicherers befindlichen Werte in den Fonds und die Behandlung der nach Art. 44 des Bundesgesetzes betreffend die Verwendung der Kautionen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften und eine den schweizerischen Versicherten zu gewährende Bundeshilfe, vorn 8. April 1924 (Hilfsgesetz), bei der Schweizerischen Nationalbank hinterlegten Werte als besonderer Fonds. Anlässlich des Erlasses des Gesetzes sollen die Befugnisse des Bundesrates hinsichtlich der Sanierung der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften den ihm nach dem Entwurf zustehenden Befugnissen insofern angepasst werden, als die im Kautionsgesetz vorgesehene Beschränkung des Verbotes des Eückkaufs und der Belehnung von Policen auf drei Jahre (Art. 8, Abs. 2 und Art. 9, Abs. 2 VKG) beseitigt und der Bundesrat berechtigt wird, auch für die Prämienzahlung Stundung zu gewähren. Die Notwendigkeit, die Befugnisse des Bundesrates zu vorsorglichen Massnahmen auch gegenüber den unter dem Kautionsgesetz stehenden Gesellschaften zu erweitern, hat sich aus den Erfahrungen der Nachkriegszeit ergeben.

VI. Das Verhältnis des Entwurfes zum Kautionsgesetz.

Das Sicherstellungsgesetz will eine Materie, die bisher vom Kautionsgesetz geordnet war, neu regeln. Die Kegelung ist eine erschöpfende in dem Sinne, dass die Bestimmungen des neuen Gesetzes auf die in Betracht kommenden Verhältnisse ausschliesslich Anwendung finden. Die Bestimmungen des Kautionsgesetzes werden durch jenes soweit ausser Kraft gesetzt, als sie die Sicherstellung der Ansprüche aus Versicherungen bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften zum Gegenstand haben. Diese können also nicht mehr zur Leistung einer Kaution als Garantie für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber den schweizerischen Versicherungsnehmern verhalten werden. Es werden auch die in Titel III des Kautionsgesetzes enthaltenen «Besonderen Bestimmungen für die inländischen Gesellschaften» hinsichtlich der inländischen Lebensversicherungsgesellschaften hinfällig, soweit sie den Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer bezwecken. Das gleiche gilt für die Strafbestimmungen, die, wie oben, S. 904, erwähnt wurde, auf Verletzungen des Sicherstellungsgesetzes ebenfalls ausschliesslich Anwendung finden. Eine subsidiäre Geltung des Kautionsgesetzes kommt dem
Sicherstellungsgesetz gegenüber nicht in Betracht. Obwohl dieses das Kautionsgesetz nur in einzelnen Beziehungen abändert, tritt es doch selbständig neben dasselbe. Es kann deshalb nicht als eine Novelle des Kautionsgesetzes bezeichnet werden.

So einfach diese Sachlage erscheint, so bedarf doch die Frage der Kautionsleistung noch einer Klarstellung. Nach Art. 2 VKG hat die Kaution eine doppelte Zweckbestimmung: Sie dient zur Sicherstellung der in der Schweiz zu erfüllenden privatrechtlichen Versicherungsansprüche, sowie der aus dem Aufsichtsgesetz und dem Kautionsgesetz sich ergebenden öffentlich-rechtlichen Forderungen des Bundes und der Kantone.

906 Eine Sicherstellung öffentlich-rechtlicher Forderungen ist im Entwurf nicht vorgesehen. Ei sieht aus grundsätzlichen Erwägungen hiervon ab.

Der Sicherungsfonds hat die Bedeutung einer technischen Eeserve der zu ihm gehörenden Versicherungen. Es können daher nur technisch erfassbare, nicht aber künftige, völlig Ungewisse Verpflichtungen und Forderungen bei der Berechnung des Sollbetrages des Eonds berücksichtigt werden. Sie würden die technische Grundlage des Sicherungsfonds stören. Solche Forderungen sind diejenigen des Bundes und der Kantone nach Art. 2, Ziff. 2 VKG. Der Entwurf hat sie aus den angegebenen Gründen nicht in den Sicherungsfonds einbezogen.

Nun könnte sich der Entwurf allerdings in der Weise helfen, dass er die Sicherstellung der öffentlich-rechtlichen Forderungen in den Zuschuss zum Sollbetrag des Sicherungsfonds einschlösse. Diese Lösung wurde vom Kautionsgesetz getroffen, indem es bestimmt, dass der Kautionsbetrag bei den ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften «dem für den schweizerischen Versicherungsbestand (Art. 2, Ziff. 1) jeweilen zurückzustellenden Deckungskapital und einem angemessenen Zuschuss entsprechen müsse» (Art. 3, Abs. 2 VKG). Der Zuschuss soll als Ausgleich für Schwankungen im Kautionsbestand und als Garantie für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen dienen. In Art. 3, Ziff. 4 des Entwurfes dagegen ist der Zuschuss nur als zusätzliche Garantie für die durch den Sicherungsfonds sichergestellten Ansprüche gedacht und kann daher, aus den schon oben erwähnten Gründen, nicht zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Forderungen herangezogen werden.

Die Bedenken, die gegen die Sicherstelluug technisch nicht erfassbarer Forderungen durch den Sicherungsfonds geltend gemacht wurden, bestehen auch in bezug auf die Kaution der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften. Eine andere Lösung war aber nicht möglich, da die Sicherstellung hier nur in einer Kautionsleistung besteht. Bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften kann die Sicherstellung bewirkt werden, ohne dass die technische Grundlage des Fonds mit nicht technischen Elementen vermischt werden muss. Dies kann dadurch erreicht werden, dass bei ihnen für die Sicherstellung der öffentlich-rechtlichen Forderungen die Kautionsleistung beibehalten wird.

Diese Lösung trifft der
Entwurf. Durch das neue Gesetz werden die inländischen Lebensversicherungsgesellschaften von der Stellung einer Kaution nur insoweit entbunden, als diese zur Sicherung von Lebensversicherungsansprüchen bestimmt war. Dagegen bleibt für sie die Kautionspflicht zur Sicherstellung von andern Versicherungsansprüchen und der öffentlichrechtlichen Forderungen des Bundes und der Kantone bestehen. Art. l VKG findet auf diese Gesellschaften auch weiterhin Anwendung, mit der Beschränkung, dass die Kaution nur noch zur Befriedigung der in Art. 2, Ziff. 2 VKG erwähnten Forderungen dient. Die Höhe dieser Kaution wird vom Bundesrat nach Massgabe der Betriebsverhältnisse der Gesellschaft bestimmt (Art. 3, Abs. l VKG). Auch die übrigen Bestimmungen des Kautionsgesetzes, die für

907 die Administrativkaution Geltung hatten, bleiben weiterhin in Kraft. Es betrifft dies Art. 5, der die Hinterlegung der Kaution bei der Schweizerischen Nationalbank und die Tragung der Hinterlegungskosten durch die Gesellschaft vorschreibt, und Art 16, Abs. l über die Verwendung der Kaution im Konkurse der Gesellschaft. Es sei noch darauf hingewiesen, dass nach dem Kautionsgesetz die öffentlich-rechtlichen Forderungen des Bundes und der Kantone kein Konkursvorrecht besitzen und dass auch durch den Entwurf hieran nichts geändert wird. Soweit die Kaution zur Befriedigung dieser Forderungen nicht ausreichen sollte, sind sie auf die Masse angewiesen.

C. Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Entwurfes.

Im vorhergehenden Abschnitt wurden die allgemeinen Grundzüge des Gesetzes dargelegt. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen über die Bedeutung und Tragweite der einzelnen Entwurfsbestimmungen noch eingehendere Aufklärung geben. Um eine Wiederholung der schon im allgemeinen Teil der Botschaft gegebenen Begründung einer Entwurfsbestimmung zu vermeiden, wird bei den einzelnen Artikeln auf die früheren Darlegungen verwiesen.

l. Der Sicherungsfonds.

Art. 1. Zweckbestimmung. 1. Sicherstellung der Versicherungsanspräche.

(Vgl. S. 892 ff.)

An die Spitze des Gesetzes stellt der Entwurf die Pflicht der inländischen Lebensversicherungsgesellschaften zur materiellen Sicherstellung der bei ihnen abgeschlossenen Lebensversicherungen durch die Errichtung des Sicherungsfonds. Unter den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften, die zur Bestellung des Fonds verpflichtet sind, werden die Gesellschaften verstanden, die ihren Hauptsitz in der Schweiz haben. Würde eine ausländische Lebensversicherungsgesellschaft in der Schweiz eine Zweigniederlassung besitzen, so fände doch auf ihren Schweizerbestand nicht dieses Gesetz Anwendung, sondern die Sicherheit wäre auch weiterhin durch eine Kautionshinterlage nach den Bestimmungen des Kautionsgesetzes zu leisten.

Durch den Fonds sind die Ansprüche aus allen Arten von Lebensversicherungen sicherzustellen. Dagegen besteht, wie S. 888 dargelegt wurde, die Pflicht zur Errichtung eines Fonds nicht für die Ansprüche aus andern Personenversicherungsverträgen, für die von den Gesellschaften ebenfalls ein Deckungskapital zurückzustellen ist. Das gilt auch für Lebensversicherungsgesellschaften, die zum Betrieb der Unfall- und Haftpflichtversicherung ermächtigt sind.

Keine Sicherstellungspflicht besteht ferner für Ansprüche auf einen Teil am Geschäftsgewinn oder Jahresüberschuss, sofern er den Versicherungsnehmern nicht gutgeschrieben ist (Art. 3, Ziff. 8; vgl. S. 912 ff. unten).

Nicht in den Sicherungsfonds einbezogen werden sodann die vorausbezahlten Prämien, d. h. Vermögensbeträge, die der Gesellschaft vom Ver-

908

sicherungsnehmer anvertraut werden, damit sie aus ihnen die künftigen Prämienzahlungen bestreite. Die Prämien Vorauszahlung ist keine Versicherungsleistung des Versicherungsnehmers, sondern ein Depot, bis zu deren Betrag er der Gesellschaft gegenüber ein Bankguthaben besitzt. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Einmalprämie, mit der der Versicherungsnehmer beim Abschluss der Versicherung seine volle Prämienzahlungspflicht erfüllt und deren rechnungsmässiger Anteil daher im Deckungskapital enthalten ist.

Der Sicherungsfonds umfasst ebenfalls nicht die Versicherungssummen, die der Versicherungsnehmer bei der Gesellschaft stehen liess, obwohl sie ihm nach ihrer Fälligkeit zur Verfügung gestellt wurden. Mit dem Übergang der Versicherungssumme in das Depot der Gesellschaft tritt eine Novation der Forderung des Versicherungsnehmers ein, der Versicherungsanspruch verwandelt sich in ein Bankguthaben, für welches nur das freie Vermögen haftet wie für die Forderungen anderer Drittgläubiger. Diese Summen scheiden aus dem Deckungskapital aus und sind daher durch den Sicherungsfonds nicht sicherzustellen. Das gleiche gilt für Versicherungssummen, die von der Gesellschaft an einem Drittort hinterlegt werden, weil die Frage der Empfangsberechtigung der Personen, die Anspruch auf die Versicherungsleistung erheben, nicht abgeklärt ist.

Wird ein Versicherungsbestand nach Art. 18 VKG von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen, so liegt seine Sicherstellung nach Massgabe dieses Gesetzes der übernehmenden Gesellschaft ob. Eine Abweichung von diesem Grundsatz durch Parteivereinbarung wäre nicht zulässig. Die ausländische Gesellschaft wird mit der Übertragung von ihrer Kautionspflicht für das schweizerische Deckungskapital entbunden. Sie wird eine Kaution nur noch zu leisten haben zur Sicherstellung der noch nicht erledigten, auf ihre eigene Eechnung laufenden Versicherungen und der öffentlich-rechtlichen Forderungen des Bundes und der Kantone. Sollte ein Versicherungsbestand von einer schweizerischen auf eine ausländische Gesellschaft übertragen werden, so tritt an die Stelle der Sicherstellung durch den Sicherungsfonds die Kautionsleistung.

Bei Bestandesübertragungen zwischen inländischen Gesellschaften ist der Sicherungsfonds von der übernehmenden Gesellschaft zu bestellen. Die gleichen Grundsätze gelten
bei der Übertragung eines Bestandes auf den Bund zum Zwecke der Verwendung der Kaution einer ausländischen (Art. 9, Abs. l VKG) oder des Sicherungsfonds einer inländischen Gesellschaft (Art. 27 und 28 des Entwurfes).

Das Gesetz bezweckt die Sicherstellung der Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer. Der Sicherungsfonds soll daher die direkten Versicherungen in vollem Umfange umfassen. Die Werte, die zur Bedeckung des auf die Bückversicherung entfallenden Teiles des Deckungskapitals dienen, müssen somit ebenfalls vom Erst Versicherer verwahrt und in den Sicherungsfonds überführt werden. Dies wird in Abs. l, Satz 2 durch die Bestimmung, dass für die rückversicherten Beträge der Erstversicherer Sicherstellung zu

909 leisten habe, noch ausdrücklich festgelegt. Die Verhältnisse der Übergangszeit regelt Art. 37 des Entwurfes (vgl. S. 942 ff.).

Die Einbeziehung aller sicherzustellenden Versicherungen in einen gemeinsamen Fonds wird unter Umständen den tatsächlichen Bedürfnissen nicht gerecht. Besondere Verhältnisse können es wünschbar erscheinen lassen, iür einzelne Gruppen von Versicherungen getrennte Fonds zu errichten. Die Anregung kann von der Gesellschaft ausgehen oder die Errichtung besonderer .Fonds von der Aufsichtsbehörde vorgeschrieben werden.

Die Gründe für die Bildung getrennter Fonds können mannigfaltig sein.

In Betracht kommen kann z. B. die gesonderte Sicherstellung eines übertragenen Bestandes oder die Trennung der Bestände bei der Einführung neuer Eechnungsgrundlagen, wobei für den alten und neuen Bestand ein gesonderter Ponds errichtet wird. Ferner ist zu denken an die Bildung von Versicherungsgruppen, die besondere Verwaltung von Volksversicherungen und an die Trennung des Bestandes nach der Nationalität des Versicherungsvertrages.

Angesichts der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse muss von einer allgemeinen Stellungnahme zu dieser Frage im Gesetz abgesehen und ihre Lösung der Gesetzesausführung überlassen werden.

Art. 2. 2. Ausnahmen (vgl. S. 892 ff.).

Der Grundsatz, dass auch die nicht zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherungen durch den Sicherungsfonds sicherzustellen seien, kann keine Anwendung finden auf Versicherungen, die im Ausland sichergestellt werden müssen, da andernfalls für die gleiche Forderung doppelte Sicherheit geleistet würde. Die ausländischen Versicherungen werden aber auch dann in den schweizerischen Sicherungsfonds nicht einbezogen, wenn die im Ausland verlangte materielle Sicherheit nicht das volle Deckungskapital umfasst. Eine Lösung etwa in dem Sinne, dass der Teil des Deckungskapitals, der durch die im Ausland geleistete Hinterlage nicht gedeckt ist, in der Schweiz sichergestellt würde, wäre nicht annehmbar. Es kann nicht Aufgabe der schweizerischen Aufsichtsbehörde sein, die Massnahmen, die ein ausländisches Gesetz als hinreichenden Schutz der Versicherungsnehmer betrachtet, auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Der Versicherungsbestand eines ausländischen Staates scheidet demnach aus dem Sicherungsfonds aus,
sobald das ausländische Gesetz in irgendeiner Form die materielle Sicherstellung der Ansprüche aus den bei ausländischen Gesellschaften abgeschlossenen Lebensversicherungen verfügt. Dagegen entbindet die Pflicht zur Leistung einer blossen Administrativkaution im ausländischen Staat nicht von der Verpflichtung zur Sicherstellung des ausländischen Versi cherungsbestandes durch den schweizerischen Sicherungsfonds. Soweit die Versicherungsnehmer aus den im Ausland geleisteten Hinterlagen nicht befriedigt ·werden, können sie ihre Forderung im schweizerischen Konkurs anmelden und nach Art. 26 am Konkursvorrecht teilnehmen.

Bundesblatt.

80. Jahrg. Bd. II.

69

910 Über die Natur und die Höhe des Sollbetrages der von den einzelnen inländischen Lebensversicherungsgesellsohaften nach ihren Bilanzen auf 31. Dezember 1927 im Auslande zu hinterlegenden Kautionen orientiert die nachstehende Tabelle 2. Die einzelnen Hinterlagen sind in ihrem zu den Bilanzierungskursen in Schweizerfranken umgerechneten Betrage ausgesetzt.

Tabelle 2.

Sollbeirag de r Hinterlagen

Gesellschaft

Staat

Bentenanstalt .

Deutschland . .

Frankreich . . .

Holland . . . .

375,000

Basler-Leben

Deutschland Saargebiet .

Frankreich .

Luxemburg

.

.

.

.

387,500 10,000

Vita

Deutschland . .

Holland . . . .

Spanien . . . .

926,250 52,250 793,854

30,614 167,742

956,864 219,992 793,854

Winterthur. . .

Deutschland . .

Freistaat Danzig

873,792 21,825

8,045

881,837 21,825

Union- Genf . .

Griechenland . .

Palästina . . .

75,296 25,950

Total

3,668,817

Betriebskaution Fr.

.

.

.

.

105,000

21,600

Sonstige Hinterlagen Fr.

Total Fr.

7,980,755 5,576,924 9,629,536

8,355,755 5,576,924 9,734,536

13,844,107

14,231,607 , 10,000 4,533,620 1,055,854

4,533,620 1,034,254

-- 42,805,597

75,296 25,950 46,473,914

Art. 3. Sollbetrag. 1. TTmîang (vgl. S. 894).

Der Entwurf bezeichnet die Summe der durch den Sicherungsfonds sicherzustellenden Ansprüche als Sollbetrag des Sicherungsfonds. Der Sollbetrag setzt sich daher, mit Ausnahme des Zuschusses, aus Beträgen zusammen, die auf der Passivseite der Bilanz der Gesellschaft erscheinen; er bildet in.

seinem Gesamtbetrag das Passivum des Sicherungsfonds. Die Komponenten, aus denen der Sollbetrag besteht, sind : 1. das geschäftsplanmässig berechnete Deckungskapital für die laufenden Versicherungen; 2. die Bückstellung für schwebende Versicherungsleistungen; 3. die den einzelnen Versicherungsnehmern gutgeschriebenen Gewinnanteile ; 4. ein angemessener Zuschuss.

911

1. Die wichtigste und überwiegende Komponente ist das geschäftsplanmässig berechnete Deckungskapital für die laufenden Versicherungen.

Dieses besteht aus dem eigentlichen Deckungskapital und dem sogenannten Prämienübertrag.

Unter Deckungskapital versteht man in der Lebensversicherung denjenigen Teil der bezahlten Prämien, der vom Versicherer auf Grund einer Sterbetafel und eines gewählten Zinsfusses in einem bestimmten Zeitpunkt (Bilanztermin) verzinslich angesammelt sein muss und der zusammen mit den in der Zukunft noch fälligen Prämien ausreichen wird, um die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen. Das Deckungskapital eines ganzen Versicherungsbestandes besteht aus der Summe der Deckungskapitalien ' der einzelne)!

Versicherungsverträge. Es ist eine rechnerisch festzustellende Grosse, die von der gewählten Sterbetafel, dem Zinsfuss, der Zusammensetzung des Bestandes und der Berechnungsmethode abhängig ist. Es bildet beim vorzeitigen Eücktritt von einem Lebensversicherungsvertrage die Grundlage für die Berechnung des Eückkaufswertes.

Zum eigentlichen Deckungskapital der Gesellschaft muss noch der Prämienübertrag hinzugefügt werden, um das geschäftsplanmässig berechnete Deckungskapital zu erhalten. In der Eegel stimmen bei einer Lebensversicherungsgesellschaft Versicherungsjahr und Rechnungsjahr nicht übcrein. Von der im Laufe eines Rechnungsjahres bezahlten Prämie ist daher ein gewisser Betrag, der sogenannte Prämienübertrag, auf das nächste Jahr zu übertragen. Da angenommen werden kann, dass sich die Prämienfälligkeiten eines Versicherungsbestandes ungefähr gleichmässig über das Jahr verteilen, so beläuft sich dieser Prämienübertrag in der Eegel auf die halbe Prämieneinnahme.

2. Einen weiteren Bestandteil des Sollbetrages bilden die Versicherungsleistungen (Versicherungssummen, Eenten, Bückkaufsbeträge), die trotz Eintritts des Versicherungsfalles oder des Fälligkeitstages der Eente, oder der Einreichung des Eückkaufsbegehrens von der Gesellschaft noch nicht ausbezahlt wurden. Für die Liquidation dieser Versicherungsleistungen ist eine gewisse Zeit erforderlich, und das Versicherungsvertragsgesetz lässt daher die Fälligkeit der Ansprüche erst eintreten nach Ablauf einer bestimmten Frist nach der Tatsache, welche die Forderung des Versicherungsnehmers auslöst (Art. 41, Abs. l und Art. 92,
Abs. 3 WG). Der Gesamtbetrag dieser schwebenden, noch unerledigten Versicherungsansprüche ist von den Gesellschaften ebenfalls sicherzustellen. Normalerweise wird dieser Betrag im Verhältnis zum geschäftsplanmässig berechneten Deckungskapital unbedeutend sein. "Wenn eine Gesellschaft aber in eine kritische Lage kommt und es ihr an flussigen Mitteln gebricht, können diese schwebenden Versicherungsansprüche rasch zu ansehnlicher Höhe anwachsen. Die materielle Sicherstellung der Versicherungsansprüche niuss sich auch auf diese Forderungen erstrecken, und sie wurden daher in den Sollbetrag des Sicherungsfonds ein bezogen.

3. Einen weiteren Bestandteil des Sollbetrages des Sicherungsfonds bilden die den einzelnen Versicherungsnehmern gutgeschriebenen Gewinnanteile.

912 Die Gesellschaften kennen zahlreiche Arten der Gewinnverteilung an die Versicherten. Dabei sind folgende Hauptformen zu unterscheiden: Die Gesellschaft verteilt die Gewinne sofort und bezahlt sie bar an die Versicherten; mit dieser Art der Gewinnverteilung haben wir uns hier nicht zu beschäftigen.

Die Zeit zwischen der Generalversammlung, welche die Verteilung genehmigt, und der Ausrichtung der Gewinnanteile ist sehr kurz, und nach der Gewinnauszahlung besteht für die Gesellschaft aus dieser Gewinnzuweisung keine Verpflichtungmehr. Eine Sicher&telhmg des Gewinnanspruches kommt hiernicht in Frage.

Eine andere Form der Gewinnzuweisung besteht darin, dass die Gesellschaft den Gewinn ebenfalls unter die Versicherten aufteilt, aber statt ihn sofort den Anspruchsberechtigten auszurichten, behält sie ihn in Verwahrung und teilt bloss den Versicherten den Betrag ihres Gewinnanteiles mit. Im Umfange desselben besitzen die Versicherten eine Forderung gegenüber der Gesellschaft. Die beiden Hauptformen dieser Verteilungsart sind die verzinsliche Bücklage und der Bonus. Im er&ten Falle verwaltet die Gesellschaft die Gewinne als Depot, das sie verzinst. Die Gesellschaft hat hier eine ähnliche Stellung wie eine Sparkasse, doch können die Anspruchsberechtigten nur unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. bei der Fälligkeit der Versicherung oder zum Zwecke der Prämienzahlung, über ihr Depot verfügen.

Die Gesellschaft schuldet dem Versicherten einen festen Betrag, für den sie billigerweise die gleichen Sicherheiten zu leisten hat, wie für die Versicherungssumme. Diese Gewinnansprüche bilden den in Ziff. 8 erwähnten Bestandteil des Sollbetrages des Sicherungsfonds. Bei dem Bonus dagegen verwendet die Gesellschaft den Gewinnanteil des einzelnen Versicherten zur Erhöhung der Versicherungssumme, Das Deckungskapital eines Bonus bildet daher einen Bestandteil des gemäss Ziff. l berechneten geschäftsplanmässigen Deckungskapitals für die laufenden Versicherungen.

Die Gesellschaften kennen noch eine dritte Art der Gewinnverteilung, die von den schweizerischen Gesellschaften am meisten angewendet wird.

Sie überweisen die zur Ausrichtung von Gewinnen an die Versicherten bestimmten Summen einem Gewinnfonds, ohne den Gewinnanteil jedes Versicherten zu bestimmen. Diese Eeserve soll die Ausrichtung gleichmässiger Gewinnanteile
und die Innehaltung des beim System der steigenden Dividende in Aussicht genommenen Steigerungssatzes ermöglichen. Diese Bücklage bildet also ein Beservoir, aus dem die zwar planmässig vorausberechneten, aber durch die Gesellschaft erst später zu beschliessenden Gewinnanteile der Versicherungsnehmer geschöpft werden. Solange die Gewinnzuweisung nicht erfolgt ist, stellt der Gewinnanspruch des Versicherungsnehmers keine Forderung in einem vertraglich gewährleisteten Umfange dar, sondern nur einen Anspruch auf Gewinnzuweisung nach Massgabe der Mittel, die der Gesellschaft nach ihrer Bilanz ohne Gefährdung der Gesamtinteressen der Versicherungsnehmer zu diesem Zwecke zur Verfügung stehen. Dieser Gewinnanspruch der Versicherungsnehmer kann daher durch den Sicherungsfonds nicht sichergestellt werden.

913

4. Der Sollbetrag des Sicherungsfonds erfährt eine Erhöhung durch einen von den Gesellschaften zu leistenden angemessenen, über die bilanzmässigen unter den Ziffern l bis 3 aufgeführten Verpflichtungen hinausgehenden Zuschuss. Dieser Zuschuss hat die Bedeutung einer zusätzlichen Garantie. In erster Linie soll er ein Äquivalent bilden für gewisse Kursschwankungen, denen die Anlagewerte immer ausgesetzt sein werden. Zum andern soll er in einem angemessenen Ausmasse einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Werte zur Bestellung des Sicherungsfonds diesem in der Eegel erst fünf Monate nach dem Zeitpunkt zugeführt werden, für welchen die Berechnung des Sollbetrages vorgenommen wurde. Für eine Gesellschaft mit wachsendem Versicherungsbestande würde sich aber bei erneuter Peststellung des Sollbetrages im Momente der Bestellung des Sicherungsfonds ein höherer Sollbetrag ergeben als für den ordentlichen Feststellungstermin, den 31. Dezember des Vorjahres. Überdies ist den besondern Verhältnissen bei neugegründeten Gesellschaften Eechnung zu tragen, und dies kann am besten dadurch geschehen, dass ein fester Betrag als anfänglicher Zuschuss verlangt wird.

Das Mass des Zuschusses wird in der Durchführungsverordnung zum Gesetze festgelegt werden. Eine zahlenmässige Fixierung des Zuschusses im Gesetze selbst ist nicht zweckmässig, da dies eine Anpassung an nicht vorauszusehende Verhältnisse erschweren würde.

Als angemessener Zuschuss ist die Summe von 5 % des Sollbetrages in Aussicht genommen. Er soll jedoch wenigstens Fr. 500,000 betragen, bis die 5 °/o des Sollbetrages des Sicherungsfonds diese Summe übersteigen.

Um den Gesellschaften die Anpassung an die neuen Verhältnisse zu erleichtern, können in der Durchführungsverordnung für die erste Bestellung des Zuschusses Übergangsfristen gestutzt auf Art. 36 des Entwurfes vorgesehen werden.

Nach dem letzten Absatz des Art. 3 können Darlehen und Vorauszahlungen auf Versicherungen vom Sollbetrag abgezogen werden. Sie werden maximal bis zur Höhe des Eückkaufswertes gewährt. Da Darlehen oder Vorauszahlungen bei der Fälligkeit der Versicherung zur Bückzahlung fällig werden und mit der Leistung der Gesellschaft zu verrechnen sind, kann der Gesellschaft aus der Gewährung solcher Darlehen und Vorauszahlungen kein Verlust erwachsen.

Im Umfange der gewährten Darlehen
und Vorauszahlungen vermindern sich die eigentlichen Verpflichtungen der Gesellschaft. Sie sollen daher vom Sollbetrag des Fonds abgezogen werden können. Dasselbe gilt von den gestundeten Prämienraten und von den ausstehenden Prämien. Diese bilden eine Forderung der Versicherungsgesellschaft an den Versicherungsnehmer. Sie werden beim Eückkauf oder bei der Umwandlung einer Versicherung jeweils mit dem Anspruch des Versicherten verrechnet, und diese Verrechnung würde auch im Konkursfalle stattfinden. Es ist daher angebracht, dass eine Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten auch um diese Beträge kürzen darf. Ob ausstehende und gestundete Prämien in ihrem Brutto- oder Nettobetrag in Abzug gebracht werden

914 können, hängt davon ab, ob der Prämienübertrag gestützt auf die Brutto- oder die Nettoprämie bestellt wird. Berechnet sich der Prämienübertrag auf der Nettoprämie, so kann der Sollbetrag um ausstehende und gestundete Prämien nur im Nettobetrage, d. h. frei von den Zuschlägen für Abschluss-, Verwaltungsund Inkassokosten, gekürzt werden.

Die nebenstehende Tabelle 3 gibt Aufschluss über die verschiedenen Komponenten des Sollbetrages des Sicherungsfonds der einzelnen schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften. Der Übersicht liegen die Zahlen der Bilanzen auf den 31. Dezember 1927 zugrunde. Der Zuschuss ist nach den oben entwickelten Grundsätzen bestimmt worden.

Art. 4. 2. Feststellung (vgl. S. 894).

Der Sollbetrag des Sicherungsfonds ist alljährlich zu ermitteln und zwar innerhalb der ersten vier Monate eines neuen Eechnungsjahres. Da sämtliche Komponenten des Sollbetrages, ausgenommen der Zuschuss, Bilanzposten der Gesellschaft sind, so ist es gegeben, dass der Zeitpunkt seiner Feststellung mit dem Bilanzierungszeitpunkt übereinstimmt. Damit kann den Gesellschaften erspart werden, eine umständliche Arbeit doppelt machen zu müssen. Die Frist von vier Monaten ist durch die Praxis begründet.

Der Zeitpunkt, auf den die Berechnung zu erfolgen hat, ist der Zeitpunkt des Rechnungsabschlusses. Beiden schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften fallen Kalenderjahr und Kechnungsjahr zusammen. Der Sollbetrag wird daher periodisch auf den 81. Dezember eines Jahres festgestellt Die Vorschrift des Entwurfes, dass der Bundesrat aus wichtigen Gründen verfügen könne, dass eine Feststellung des Sollbetrages während des Recnnungsjahres auf einen von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt vorzunehmen sei, wird besonders ini Falle der Anordnung sichernder Maßnahmen gute Dienste leisten.

Sie wird erlauben, sich in einem solchen Falle auf den durch die Umstände gebotenen Zeitpunkt genaue Rechenschaft über die Lage einer Gesellschaft zu geben.

Die vom Bundesrat in dringlichen Fallen anzuordnende Schätzung des Sollbetrages kann, im Gegensatz zu der in der Regel mehrere Monate erfordernden genauen Berechnung desselben, innerhalb weniger Tage erfolgen. Da es sich um eine rechnerische Schätzung handelt, kommt ihr genügende Genauigkeit zu. um gestützt auf sie die der besondern Lage angepassten Massnahmen zu ergreifen.
Art. 5. Bestellung des Fonds. 1. Überweisung von Werten (vgl. S. 894 ff.).

Die Bestellung des Sicherungsfonds erfolgt dadurch, dass ihm aus dem Vermögen der Gesellschaft Werte im Umfange des in Art. 3 umschriebenen Sollbetrages überwiesen werden. Diese Werte werden damit zugunsten der

Tabelle 3.

Übersicht über die bei schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossenen Tersicherungen, die nach dem Entwurf sicherzustellen sind. (Stand 31. Dezember 1927.)

Gesellschaft

Währung

Versicherungssummen

Renten

i

a

s

4

Deckungskapital

«

5

Schweizerfranken Franz. Franken Belg. Franken Ital. Lire Eugl. Pfund Türk. Pfund Amerik. Dollar

839,929,126 8,863,654 273,300 232,200 6 4,226 476,637

10,992,023 72,229 300

,,Die Schweiz" Lebens- und Unfallversicherungs-Gesellscliaft

Schweizerfranken

Basler Lebens-VersicherungsG es ellschaft

Prämien- und Gutgeschriebene Geschuldete RentenNebenleistungen Versicherungsbeträge übertrag 13,553,877 198,529 5,366

484 6 11,553

248,632,581 5,760,090 171,914 20,421 4,739 1,164 126,831

260,155,425

615,035

64,852,469

4,172,017

Schweizerfranken Franz. Franken Belg. Franken Goldmark

637,622,459 17,972,138 66,553,883 1,585,000

1,936,705 190,548 105,462

188,133.425 12,500,476 13,429,337 10,174

13,216,176 334,670 1,432.803 32^283

Genfer Lebens-VersicherungsGesellschaft

Schweizerfranken Franz. Franken Belg. Franken

290,465,926 2,681,662 43,734,587

1,978,748 242,540 89,506

77,302,453 2,645,134 8,329,918

4,919,747 50,367 911,014

Schweizerischer Lebens-Versicherungs-Verein

Sckweizerfranken

143,236,267

49,904

34,744,164

372,436

,,Patria"

Schweizerfranken

172,595,982

172,915

49,718,518

991,126

Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt

Schweizerische Volksfürsorge

Schweizerfranken

25,563,365

875

5,108,207

,,Vita"

Schweizerfranken Belg. Franken

126,395,224 25,067,500

786,480 81,123

20,770,697 1,604,521

2,751,842 560,573

,,Wiuterthur" Lebensversich.-Gesellschaft

Schweizerfranken Belg. Franken Holland. Gulden Engl. Pfund Amerik. Dollar

103,267,288 37,641,863

305,484 2,815 1,500

8,739,105 1,951,156 5,762

400 45,000

4,407

35,760

1,748,350 758,694 1,500 8 1.166

Schweizerfranken Engl. Pfund Ägypt. Pfund Palast. Pfund Amerik. Dollar

34,166,827 37,600 185,860 650 17,000

126,121

3,704,395 684 2,900

,,Neuenburger" Lebensyersich.-Gesellschaft

Schweizerfranken Belg. Franken

14,322,618 90,000

Total

Schweizerfranken Franz. Franken Belg. Franken Goldmark Ital. Lire Holland. Gulden Engl. Pfund Türk. Pfund Ägypt. Pfund Paläst. Pfund Amerik. Dollar

2,647,720,507 29,517,454 173,361,133 1,585,000 232,200 38,006 4,226 185,860 650 538,637

321

710,735 867 4,339 14 408

110,698

186,581 92

256,244 332

17,074,988 505,317 279,206

701,892,595 20,905,700 25,486,938 10,174 20,421 5,762 5,423 1,164 2,900

42,896,754 583,566 3,668,782 32,283

1,500 484 6 15,960

162,912

8

220,343 22,229

1,500 996 71 4,339 14 13,544

(5)+(li)+(7)+(8) 9

Polioendarlehen und Vorauszahlungen

Ausstehende Prämien

Gestundete Prämien

10

11

12

Summe der Abzüge

Sollbetrag ohne Zuschuss

(10) +(11) + (12)

(H)-(13)

13

14

15,841,681 154,126

1,921,023 28,513

2,086,417 361 882

19,849,121 183,000 882

5

262,406,801 5,980,848 177,280 20,421 4,860 1,235 138,806

190

4,209

7,253

630,058

243,555

69,898,099

4,264,679

581,280

22,121,406

576.740 272,600 30,568

224,047,747 13,107,746 14,892,708 42,457

18,413,244 708,845 701,710 700

223,575 33,197 50,952

82,445,775 2,728,698 9,291,884

99,928

42,808

26,548

25,234

--

121 71 11,970

204,204

Union Genf, Lebens- u. UnfallversicherungsGesellschaft

t

Summe der Sollposten

--

-- 22,884,728

(14) + (15) IS

16

11,652

242,557,680 5,797,848 176,398 20,421 4,860 1,235 127,154

12,127,881 289,892 8,820 1,021 2-13 62 6,358

254,685,564 6,087,740 185,218 21,442 5,103 1,297 133,512

1,108,938

5,954,897

63,943,202

3,197,160

67,140,362

2,318,579 32,829 271,282 12,939

8,879,848 10,060 134,091 13,008

29,611,671 751,734 1,107,083 26,647

194,436,076 12,356,012 13,785,625 15,810

9,721,804 617,801 689,281 791

204,157,880 12,973,813 14,474,906 16,601

3,650,515 90,550 406,410

1,664,830 19,670 209,950

586,042 42,463

5,901,387 110,220 658,823

76,544,388 2,618,478 8,633,061

3,827,219 130,924 431,653

80,371,607 2,749,402 9,064,714

35,259,336

3,273,572

36,165

263,829

3,573,566

31,685,770

1,584,289

33,270,059

69,938

--

4,020,641

46,740,785

2,337,039

49,077,824

50,761,426

3,950,703

5,312,534

193,^90

29,743

223,233

5,089,301

500,000

5,589,301

112,277

23,641,604 2,165,094

1,150,929 8,200

302,219 864

733,834 109,055

2,186,982 118,119

21,454,622 2,046,975

1,072,731 102,349

22,527,353 2,149,324

246

10,487,701 2,709,850 7,262 8 36,926

85,519 28,300

202,492 1,133,724

408,615 186,340

696,626 1,348,364

489,554 68,074 363

41

41

9,791,075 1,361,486 7,262 8 36,885

10,280,629 1,429,560 7,625 8 38,729

4,415,130 1,551 7,239 14 729

440,818

85,000 320 1,580

239,695 280 1,850

765,513 600 3,430

500,000

175

200

375

3,649,617 951 3,809 14 354

4,149,617 951 3,809 14 354

442,825 424

200

58,729

76,481

135,410

500,000

807,415 424

769,118,978 21,817,292 29,237,240 42,457 20,421 7,262 6,419 1,235 7,239 14 176,461

51,265,350 953,521 1,144,620 700

7,269,998 81,012 1,615,820 12,939

14,383,699 10,421 472,831 13,008

72,919,047 1,044,954 3,233,271 26,647

320

280

600

35,857,680 1,038,617 1,300,177 791 1,021 363 243 62

1,580

1,850

3,430

4,384

7,494

12,068

732,057,611 21,810,955 27,304,146 16,601 21,442 7,625 6,0fi2 1,297 3,809 14 172,595

Z

--

Sollbetrag der Hinterlage

123

-- 6,788

Zuschuss

--

-- 1,444,901 328,026 81,520

5

90

--

307,415 \ 424 696,199,931 20,772,338 26,003,969 15,810 20,421 7,262 5,819 1,235 3,809 14 164,393

1,844

8,202

915 Anspruchsberechtigten aus den sicherzustellenden Versicherungen vinkuliert.

Die Überweisung der Werte soll nicht nur nach Summen erfolgen, was auf ·die Errichtung eines Konkursvorrechtes hinausliefe, sondern die zu überweisenden Werte müssen als zum Fonds gehörig kenntlich gemacht werden.

Insofern ist die Überweisung ein analoger Vorgang wie die Bestellung einer Kaution. Während aber die Kaution ein öffentlich-rechtliches Pfand darstellt und die Kautionswerte dem Bundesrat als Treuhänder der Gesamtheit der zum schweizerischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherten durch eine Verpfändungserklärung übergeben und an einem Drittort, der Schweizerischen Nationalbank, hinterlegt werden, bleiben die Werte des Sicherungsfonds im Besitze der Gesellschaft. Durch die Überweisung der Werte in den Fonds gelangen nicht dingliche Eechte an denselben zur Entstehung. Die Bestellung des Fonds und die Sperrung der Werte zugunsten desselben sind eine interne Angelegenheit der Gesellschaft. Die einzelnen Versicherungsnehmer erhalten an dem Fonds, abgesehen von seiner konkursmässigen Verwertung (Art. 30). keine individuellen Eechte, und insbesondere können sie die Gesellschaft nicht auf Verwertung der Werte des Fonds betreiben, wie dies nach Art. 7 VKG in bezug auf die Kaution der ausländischen Versicherungsgesellschaften der Fall ist.

Bezuglich der übrigen Bestimmungen über die Bestellung, Verwaltung und Haftung des Fonds sei auf die Erläuterungen zu den nachfolgenden Artikeln dieses Abschnittes des Entwurfes verwiesen.

Art. 6. 2. Ergänzung des Fonds (vgl. S. 894 ff.).

Ergibt sich bei der periodischen, jährlichen Feststellung des Sollbetrages, dass der Sicherungsfonds ergänzt werden muss, so ist der Gesellschaft dafür eine Frist von einem Monat eingeräumt. Diese Frist schliesst sich an die viermonatige Frist zur Feststellung des Sollbetrages an. Normalerweise wird daher der Fonds einer Gesellschaft längstens fünf Monate nach dem Zeitpunkt, auf den der Eechnungsabschluss erfolgt, d. h. also auf Ende Mai jeden Jahres, «rgänzt sein.

Bei den schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften, deren Versicherungsbestände im Wachsen begriffen sind, wird auch der Sollbetrag des Sicherungsfonds voraussichtlich noch viele Jahre wachsen. Die Feststellung des Sollbetrages wird daher in der Eegel eine Unterdeckung
des Fonds ergeben. Diese kann aber nicht nur durch das Anwachsen des Sollbetrages entstehen, sondern auch bei gleichbleibendem Sollbetrag durch Wertverminderung der Anlagewerte. Normalerweise wird die Ergänzung mühelos vor sich gehen.

Die Frist von einem Monat wird, von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, stets genügen, indem eine Gesellschaft schon im Laufe des Eechnungsjahres aus der Prämieneinnahme für die Ergänzung geeignete Werte anschaffen kann.

Ergibt eine im Laufe eines Eechnungsjahres auf Verfügung des Bundesrates vorgenommene Feststellung oder eine Schätzung des Sollbetrages, dass

916 der Sicherungsfonds nicht voll gedeckt ist und daher ergänzt werden muss, so bestimmt der Bundesrat, innerhalb welcher Frist diese Ergänzung zu erfolgen hat. Er nmss in diesem Palle in der Fristsetzung frei sein, um in jedem einzelnen Falle, der eine ausserordentliche Feststellung des Sollbetrages erfordert, auch für die Ergänzung des Fonds die den Umständen angepassten Verfügungen treffen zu können. Es kann sich dabei eine sofortige Ergänzung als notwendig erweisen; doch kann der Gesellschaft, um die Sanierung zu ermöglichen, auch eine längere Frist eingeräumt werden, wie das in Art. 16, Abs. l für die Erganzungsfrist nach Art. 6, Abs. l ausdrucklich vorgesehen ist.

Art. 7. 3. Register (vgl. S- 894 ff.).

Nach Vorschrift von Art. 7 sind die Werte, die zum Sicherungsfonds gehören, in ein Register einzutragen. Dieses Register hat eindeutige Auskunft darüber zu geben, welche Vermögenswerte einer Gesellschaft zum Sicherungsfonds gehören.

Über die Einrichtung des Eegisters hat der Bundesrat den Gesellschaften bestimmte Weisungen zu erteilen. Bei der Mannigfaltigkeit der möglichen buchtechnischen Einrichtungen wird wohl davon Umgang zu nehmen sein, die Form des Eegisters vorzuschreiben, da diese zweckmässiger durch die bestehenden internen Einrichtungen der einzelnen Gesellschaften bestimmt werden dürfte. Um so grösseres Gewicht wird darauf gelegt werden müssen, den Inhalt, d. h. das. was im Register über die einzelnen Werte vorzumerken ist, festzulegen. Darüber, ob das Register zum Sicherungsfonds lediglich dazu dienen soll, die Haftung der eingetragenen Werte zu verurkunden oder ob dieses sich mit Vorteil organisch in die Buchhaltung der Gesellschaften eingliedern lässt, sind verschiedene Auffassungen von den direkt interessierten Kreisen geäussert worden. Es lassen sich aber ohne Nachteil die Anforderungen für die Anlage des Registers zum Sicherungsfonds so gestalten, das& es den Gesellschaften unbenommen bleibt, das Register entweder organisch in die Buchhaltung einzugliedern oder als Spezialregister zu führen. Im Interesse der Übersichtlichkeit und Einfachheit und namentlich deshalb, weil das Register für eine längere Zeitdauer Bestand haben soll, sind Eintragungen über Einzelheiten, die dem Wechsel der Zeit unterliegen, tunlichst zu vermeiden. Es werden deshalb für die Eintragung die Nennwerte
der Titel massgebend sein.

Die Eintragung im Register bildet die «Überweisung an den Fonds» (Art. 5} und hat konstitutive Wirkung für den Beginn der Haftung. Durch sie wird die Haftung der Werte für die durch den Fonds sichergestellten Ansprüche im Sinne von Art. 14 des Entwurfes begründet. Die im Zivilgesetzbuch für die Errichtung eines Pfandrechts vorgesehenen Formen müssen daher nicht beobachtet werden. So entsteht die Haftung an Schuldscheinen und Inhaberpapieren durch deren blosse Eintragung im Register, ohne dass die in Art. 900 und 901 ZGB vorgesehenen Formen zu erfüllen sind.

917 Nach dem Entwurf soll die Möglichkeit bestehen, auch Grundstücke in den Ponds aufzunehmen. Auch hier wird die Haftung durch die Eintragungdes Grundstückes im Eegister begründet. Von dieser Eintragung an darf über das Grundstück nicht mehr verfügt werden. Art. 31, lit. c stellt die Belastung und Veräusserung von im Eegister eingetragenen Grundstücken ausdrücklich unter Strafdrohung. Um aber zu vermeiden, dass die Haftung des in das Eegister eingetragenen Grundstückes durch die Errichtung von Grundpfandrechten illusorisch gemacht werde, soll auf Anordnung des Bundesrates im Grundbuch eine Verfügungsbeschränkung im Sinne des Art. 960 ZGB vorgemerkt werden. Damit erhält die Haftung "Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Eechte. Gutgläubiger Eiwerb Dritter ist fortan nicht mehr möglich.

Die Vormerkung soll, ähnlich wie die in Art. 960, Ziff. l vorgesehene Vormerkung, auf Grund einer Anordnung der Aufsichtsbehörde eingetragen werden. Aber auch die Löschung darf nur auf ihre Anordnung hin erfolgen,, sei es, dass das Grundstück gemäss Art. 10 des Entwurfes ersetzt oder gemäss Art. 11 freigegeben wird. Dabei hat sich die Aufsichtsbehörde über ihre Berechtigung, die Eintragung oder Löschung herbeizuführen, nicht weiter auszuweisen, da sie sich aus dem Gesetz ergibt. Es dürfen also namentlich zur Löschung nicht noch die Erklärungen irgendwelcher anderer Personen verlangt werden.

Art. 8. 4. Wirkung der Eintragung (vgl. S. 894 ff.).

Die Werte gelten als zum Fonds gehörend, solange sie im Eegister eingetragen sind. Erst mit der Streichung aus dem Eegister scheiden sie aus dem Sicherungsfonds aus. Die vorübergehende Herausnahme von Werten zu Verwaltungszwecken (Art. 13, Abs. 3) unterbricht daher nicht ihre Zugehörigkeit zum Fonds, Über die eingetragenen Werte darf die Gesellschaft nicht frei verfügen, auch nicht zur Erfüllung laufender Verpflichtungen. Ein Ausscheiden von Werten darf nur nach Massgabe der Art. 10 und 11 über den Ersatz und die Freigabe von Werten erfolgen. Die Eigenschaft des Fonds als Garantie für die Erfüllung der Versicherungsansprüche erfordert strenge Vorschriften zu seiner Erhaltung.

Das Eegister des Sicherungsfonds geniesst keinen öffentlichen Glauben wie das Grundbuch. Durch die Eintragungen in dasselbe werden auch keine Eegisterpfandrechte begründet, wie etwa nach Art. 885
ZGB für die Viehverpfändung. Die Verurkundung der Fondszugehörigkeit eines Wertes im Eegister ist ein interner Vorgang, der nach aussen nicht in Erscheinung tritt.

Zu der Eegistereintragung treten keine Verpfändungserklärungen hinzu.

Der Fonds ist gegenüber Verfügungen zugunsten von Dritten nicht durch dingliche Wirkung der Eintragung, sondern einzig durch Strafbestimmungen

918

geschützt. Eine Ausnahme besteht, wie zu Art. 7 bemerkt wurde, nur für Grundstücke, vermöge der Vormerkung im Grundbuch nach Art. 960 ZGB.

Da dem Eegister öffentlicher Glaube nicht zukommt, ist es Dritten auch nicht zugänglich. Diese können an den im. Eegister eingetragenen Werten gutgläubig Eechte erwerben und müssen in ihrem guten Glauben geschützt werden. Art. 8 macht daher ausdrücklich einen Vorbehalt zugunsten der in gutem Glauben erworbenen Eechte Dritter. Hat dagegen ein Dritter einen zum Fonds gehörigen Wert in bösem Glauben erworben, indem er wusste, dass derselbe im Eegister eingetragen ist oder dass er doloser Weise aus ihm gestrichen wurde, so kann er auf Eückgabe des Wertes belangt werden.

Art. 9. Dem Bundesrat zu erstattende Nachweise (vgl. S. 896).

Die Aufsichtsbehörde hat streng darüber zu wachen, dass die jährliche Feststellung des Sollbetrages und die Bestellung und Ergänzung des Sicherungsfonds ordnungsgemäss, wie in Art. 4 bis 6 vorgeschrieben, erfolgen. Die Gesellschaften werden nach Art. 9 verhalten, dem Bundesrat über die Erfüllung dieser Obliegenheiten Bechenschaft abzulegen. Sie haben den Sollbetrag mitzuteilen und ein Verzeichnis der Werte des Fonds einzureichen.

Diese Nachweise müssen dem Bundesrat spätestens fünf Monate nach dem Bilanztermin zugehen, während für die jährliche Eechnungslegung den Gesellschaften durch das Aufsichtsgesetz eine sechsmonatige Frist eingeräumt wird. Diese Unterlagen, in Verbindung mit den üblichen Ausweisen über die Eechnungslegung, sind äusserst wertvoll, um die finanzielle Lage einer Unternehmung zu beurteilen. Sie geben auch die notwendigen Anhaltspunkte darüber, ob und in welchem Sinne allenfalls sichernde Massnahmen auf Grund des Sicherstellungsgesetzes zu treffen sind.

Die Form der verlangten Nachweise setzt der Bundesrat fest. Die Feststellung des Sollbetrages fusst auf umfangreichen Berechnungen. Der Bundesrat wird sich damit begnügen müssen, dass ihm der Versicherungsbestand, der sichergestellt wird, das Deckuagskapital dieser Versicherungen, allenfalls nach Bechnungsgrundlagen und nach Währungen zerlegt, ferner die übrigen Elemente, die in Art. 3 dieses Gesetzes erwähnt sind, aufgegeben werden. Es sind dies im wesentlichen Schlussresultate, und wenn eine genaue Überprüfung der Berechnungen erforderlich wird, so muss diese am
Sitze der Gesellschaft erfolgen. Aus praktischen Gründen wird im Gesetz nicht eine Abschrift des Eegisters verlangt, sondern nur ein Verzeichnis der in jenem eingetragenen Werte. Dieses Verzeichnis dürfte im wesentlichen einen Auszug aus dem Eegister darstellen, der durch eine Bewertung der Anlagen des Fonds auf den betreffenden Zeitpunkt ergänzt werden muss. Mit diesen Nachweisen allein wird sich der Bundesrat indessen nicht begnügen, sondern er wird durch seine Aufsichtsorgane periodische Inspektionen veranlassen.

919

Art. 10. Ausscheiden von Werten. 1. Ersatz (vgl. S. 896 ff.).

In Art. 10 -wird der Grundsatz aufgestellt, dass Werte aus dem Sicherungsfonds nur gegen gleichzeitigen, vollwertigen Ersatz aasgeschieden werden dürfen.

Nach der Bestellung und Ergänzung des Sicherungsfonds gemäss Art. 5 und 6 darf der Bestand des Eonds weder verringert noch verschlechtert werden.

Mannigfaltig sind aber die Fälle, die eine Gesellschaft nötigen oder veranlassen können, Auswechslungen vorzunehmen. Es können Titel ausgelost oder zur Rückzahlung gekündigt werden, oder es mögen die Yorsicht oder kaufmännische ·Gesichtspunkte der Vermogensverwaltung gebieten, Werte aus den Eonds auszuscheiden und zu ersetzen. Das Sicherstellungsgesetz soll und darf die Gesellschaften in solchen finanziellen Operationen nicht behindern. In dieser Hinsicht muss es ihnen jene Freiheit belassen, die ihnen bis anhin zustand. Daher sollen die Gesellschaften auch befugt sein, solche Auswechslungen vorzunehmen. Sie haben aber dafür besorgt zu sein, dass mit dem Ausscheiden von Werten gleichzeitig Ersatz geleistet wird. d. h. mit dem Ausscheiden eines Wertes muss Zug um Zug dem Fonds der Ersatz überwiesen werden. Weiter wird bestimmt, dass der Ersatz vollwertig sein muss. Er soll also gleicher Gute wie ·der aus dem Eegister gestrichene Wert »ein. Bei der Beurteilung der Gute ist in erster Linie auf die Sicherheit des Kapitals und des Zinseingangs abzustellen, während der Grad der Liquidität in diesem Zusammenhang von untergeordneter Bedeutung ist.

Es müsste aber als eine Unzulänglichkeit und Härte des Gesetzes empfunden werden, wenn die Gesellschaften in allen Fällen gleichzeitigen Ersatz zu leisten hätten. Es können Werte über hohe Summen zur Rückzahlung fällig werden, die sich vielfach nicht sofort ohne Beeinträchtigung der notwendigen Umsicht durch Daueranlagen ersetzen lassen. Dies dürfte mitunter bei Rückzahlung von grossen Hypotheken oder Darlehen öffentlich-rechtlicher Körperschaften der Fall sein. Ferner kann die Verfassung des Kapitalmarktes so ungünstig gestimmt sein, dass die Gesellschaft nur unter erheblichen Einbussen gleichzeitigen Ersatz zu beschaffen vermöchte. Hier ist eine Milderung notwendig. Diese bringt Abs. 2, der bestimmt, dass der Bundesrat einer Gesellschaft aus besondern Gründen für den Ersatz der ausscheidenden Werte
Fristen bewilligen kann.

Art. 11. 2. Freigabe (vgl. S. 896 ff.).

Ergibt die jährliche Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, Abs. l eine Überdeckung des Sicherungsfonds, so besitzt die Gesellschaft nach dem Entwurf einen Anspruch auf Herausgabe des Mehrbetrages im ganzen Umfange.

Ein Grund, den Mehrbetrag im Sicherungsfonds zurückzubehalten, besteht nicht; zur Sicherstellung der Yersicherungsanspruche bedarf es keiner den Sollbetrag des Fonds übersteigenden Deckung. Wohl aber könnte die Zurückbehaltung des Mehrbetrages die Gesellschaft in finanzielle Bedrängnis bringen.

920 Eine Überdeckung des Fonds -wird sich, abgesehen von einer Wertsteigerung der Anlagewerte, bei einem abnehmenden Bestand infolge Sinkens des Sollbetrages ergeben. Dies wird dadurch eintreten, dass die Summen der im abgelaufenen Jahre fällig gewordenen Versicherungsbeträge aus dem Sollbetrag auf Ende des Jahres ausscheiden. Zur Erfüllung ihrer fälligen Verpflichtungen ist aber die Gesellschaft auf die im Sicherungsfonds noch enthaltenen Beträge angewiesen. Sie müssen ihr daher, wenn sie nicht in Zahlungsschwierigkeiten geraten soll, herausgegeben werden.

Vor der gleichen Sachlage steht man, wenn der Sollbetrag nach Art. 4r Abs. 2 und 3 auf Verfügung des Bundesrates festgestellt oder geschätzt wird.

Doch führen besondere Erwägungen für diesen Eall zu einer abweichenden Eegelung. Eine solche Verfügung wird vom Bundesrat namentlich dann getroffen werden, wenn die finanzielle Lage der Gesellschaft zu Bedenken Anlass gibt. Sie kann ihren Grund im Ungenügen der technischen Grundlagen oclex* in der Unsicherheit der Anlagewerte haben. In beiden Fällen kann die Eückbehaltung eines angemessenen Teiles des Mehrbetrages als Schwankungsreserve notwendig erscheinen.

Bei einem rasch sinkenden Bestände kann eine Gesellschaft auch im Laufe des Jahres zur Erfüllung der fälligen Versicherungsansprüche der im Sicherungsfonds hierfür bereitstehenden Mittel bedürfen. Für diesen Fall ist der Bundesrat befugt, der Gesellschaft jederzeit einen den Sollbetrag desFonds übersteigenden Mehrbetrag der Werte herauszugeben, wenn sie selbst die Überdeckung nachweist.

Art. 12. Zulässige Werte (vgl. S. 897 ff.).

Wie das Kautionsgesetz für die Kautionshinterlagen (Art. 4, Abs. 2 VKG).

so sieht auch der Entwurf davon ab, Kichtlinien darüber aufzustellen, welche Werte zur Bildung des Sicherungsfonds zugelassen werden, in welchem Umfange sie aus ausländischen Werten bestellt werden dürfen und wie sie zu bewerten seien. Die Festlegung dieser Grundsätze muss der Ausführungsverordnung überlassen werden, weil diese sich leichter als das Gesetz den Änderungen des Wertschriftenmarktes und einem aus der Erfahrung sich ergebenden Wechsel der Anschauungen über die Sicherheit von Vermögensanlagen anpassen kann.

Die Frage der zuzulassenden Werte wird für den Sicherungsfonds nicht so abschliessend geregelt werden können, wie für die Kaution
(Verordnung vom 16. August 1921, Art. 8). Da der Sicherungsfonds auch ausländische Versicherungsbestände mit fremden Währungen umfassen kann, muss für die Anlagewerte in ausländischen Werten grösserer Spielraum gewährt werden als für die Kaution, die nur den schweizerischen Versicherungsbestand sicherzustellen hat (vgl. Tabelle 3, S. 914/915). Während nach Art. 4, Abs. l VKG dieKaution bis höchstens zu einem Vierteil in ausländischen Werten bestellt werden

921 darf, soll nach dem Entwurf der Bundesrat unter Berücksichtigung der besondern Verhältnisse das zulässige Mass bestimmen.

Für den Sicherungsfonds sind die vom Obligationenrecht für die Bilanzierung aufgestellten Bewertungsvorschriften nicht verbindlich; da der Siehe rungsfonds den Anspruchsberechtigten bei der Liquidation und im Konkurse der Gesellschaft volle Befriedigung gewähren will, müssen die für ihn geltenden Bewertungsgrundsätze besonders streng sein. Dass die Bewertungsgrundsätze des Obligationenrechtes auf den Fonds nicht in allen Teilen anwendbar sind, da sie unter Umständen als zu wenig streng erscheinen, möge ein Beispiel verdeutlichen: Es bestehen heute noch niederverzinsliche Darlehen aus früheren Jahrzehnten, die nach den Bewertungsgrundsätzen des Obligationenrechts zum Nennwert bilanziert werden können. Ist die Verzinsung des Titels wesentlich unter dem technischen Zinsfuss, so wäre es jedoch nicht unbedenklich, sie in jedem Fall für den Sicherungsfonds zum Nennwert einzuschätzen.

Art. 13. Verwahrung des Fonds (vgl. S.

Die dem Sicherungsfonds überwiesenen Werte sind vom übrigen Vermögen getrennt zu verwahren. Diese Vorschrift ist notwendig im Interesse der Ordnung und der Kontrolle. Insbesondere würde die Kontrolle eine blich erschwert, wenn die Werte des Fonds nicht vom übrigen Vermögen der Gesellschaft gesondert verwahrt würden. Die getrennte Verwahrung sichert den Gesellschaften anderseits in der Eegisterführung erhebliche Erleichterungen, auf die bei Art. 7 hingewiesen wurde. Diese Forderung ist auch durch die Natur des Sicherungsfonds als eines zu bestimmten Zwecken bereitgestellten Sondervermögens gegeben und gerechtfertigt. Die Bestimmung des Verwahrungsorts unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat. In der Eegelwird die Gesellschaft die Werte des Fonds an ihrem Sitze selbst verwahren. Aus berechtigten geschäftlichen Gründen kann das Bedürfnis eines andern Verwahrungsortes bestehen, sei t es für den ganzen Fonds oder einen Teil desselben. In diesem Falle wird die getrennte Verwahrung die Errichtung eines gesonderten Fonds (Art.l, Abs. 2) erfordern. Die Genehmigung des Verwahrungsortes durch den Bundesrat ist erforderlich, weil er für die Sicherheit des Fonds von Bedeutung ist.

Eine Änderung des Verwahrungsortes soll der Bundesrat nur aus wichtigen Gründen
verfügen. Die Gründe selbst sind im Gesetz nicht genannt, da sie nicht zum voraus bestimmt werden können. Sie müssen im Schutz der Interessen der Gesamtheit der Anspruchsberechtigten begründet sein.

Abs. 8 will den Gesellschaften die Möglichkeit geben, diejenigen Vorkehren zu treffen, die eine Vermögensverwaltung erfordert. Die Bestimmungen der Art. 10 und Art. 13, Abs. 3 sichern den Gesellschaften die für sie notwendige Bewegungsfreiheit in ihren geschäftlichen Massnahmen und ermöglichen eine reibungslose Durchführung des Gesetzes.

922 Art. 14. Haftung des Fonds (vgl. S. 899).

In diesem Artikel -wird die Sicherstellung der Ansprüche aus den von den inländischen Gesellschaften abgeschlossenen Lebensversicherungen rechtlich verankert. Dies wird durch die Erklärung bewirkt, dass die Werte des Fonds in erster Linie für die Erfüllung der sicherzustellenden Ansprüche, also der in Art. 3 erwähnten Forderungen, haften. Dem Sicherungsfonds kommt damit die gleiche Funktion zu, wie der nach dem Kautionsgesetz zu bestellenden Kaution. Wahrend aber diese die Eigenschaft eines öffentlich-rechtlichen Pfandes besitzt, das durch Verpfändung der Werte an den Bundesrat als gesetzlichen Treuhander der Gesamtheit der Versicherungsnehmer bestellt wird, kommt dem Sicherungsfonds ein Pfandcharakter nicht zu. Der Fonds ist vielmehr als ein separat verwaltetes Sondeigut der Gesellschaft zu betrachten, das zur vorzugsweisen, in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise vorzunehmenden Befriedigung der im Gesetz erwähnten Forderungen bestimmt ist und dessen Erhaltung durch Straf Vorschriften geschützt wird.

Eine Haftung des Sicherungsfonds für die durch ihn sichergestellten Ansprüche besteht sowohl vor, als nach der Eröffnung des Konkurses.

a. Während des Bestehens der Gesellschaft zeigt sich die Sonderhaftung des Fonds darin, dass die Anlagewerte dem Zugriff dritter Gläubiger (z. B.

Euckversicherer, Banken und andere Darlehensgeber) entzogen sind. Dies ergibt sich aus Art. 14 in Verbindung mit Art. l, der die Zweckbestimmung des Sicherungsfonds als einer Sondergarantie für die Ansprüche aus den Lebensversicherungen klar ausspiicht.

Auch für einzelne Versicherungsanspruche kann die Gesellschaft nicht, wie dies in Art. 7 VKG hinsichtlich der Kautionen der ausländischen Versicherungsgesellschaften vorgesehen ist, auf Verwertung der Werte des Sicherungsfonds betrieben werden. Die Versicherungsnehmer befinden sich nach dem Entwurfe in der gleichen Eechtslage, wie schon nach dem Kautionsgesetz die Versicherungsnehmer der inländischen Gesellschaften, d. h. sie können die Gesellschaft nur auf Konkurs betreiben. Zur Befriedigung ihrer Gläubiger darf die Gesellschaft unter Strafandrohung dem Fonds keine Werte entnehmen, es sei denn, dass gleichzeitig vollwertiger Ersatz geleistet werde oder der Bundesrat seine Zustimmung gebe (Alt. 10).

b. Die wesentliche
Funktion des Sicherungsfonds besteht in der Haftung für die Gesamtheit der durch ihn sichergestellten Forderungen. Diese Eigenschaft tritt im Konkurse der Gesellschaft in Erscheinung. Der Fonds soll die Grundlage bilden für die Erhaltung und vertragsmässige Abwicklung des Versicherungsbestandes. Zu diesem Zwecke wird er im Konkurse aus der Masse ausgeschieden und vom Bundesrat nach den Vorschriften der Art. 27 bis 29 verwendet. Kur wenn die Werte des Fonds zu einer der gesetzlich vorgesehenen Verwendungsartcn nicht ausreichen, sollen sie konkursmâssig liquipiert werden. Aber auch in diesem Falle bleibt die Sonderhaftung des Fonds

923 bestehen, indem aus dem Verwertungserlös in erster Linie die Anspruchsberechtigten aus den zum Fonds gehörenden Versicherungen zu befriedigen sind.

Als sicherzustellende Ansprüche aus Lebensversicherungen gelten die Ansprüche sowohl gegen Aktiengesellschaften, als gegen Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit. Nach schweizerischer Theorie und Praxis sind die letztern Genossenschaften im Sinne des XXVII. Titels des Obligationenrechtes. Nun ist aber die Eechtsnatur der Versicherungsansprüche auf Grund des schweizerischen Rechtes streitig. Nach der einen Auffassung sind sie echte Vertragsrechte, während sie nach der andern Auffassung Mitgliedschaftsrechte darstellen, die im Konkurse der Gesellschaft den Forderungen der übrigen Gläubiger nachgehen. Grundsätzlich ist die Frage vom Bmidesgericht bis jetzt noch nicht entschieden worden: die bevorstehende Revision des Gesellschaftsrechtes -wird darüber Abklärung bringen.

An dieser Steile mag festgestellt werden, dass das vorliegende Gesetz^ gleich wie das Versicherungsvertragsgesetz, das Aufsichtsgesetz und da& Kautionsgesetz, ohne Ausnahme auf alle bei einer konzessionierten Ä^ersicherungsgesellschaft abgeschlossenen, in ihm erwähnten Versicherungen Anwendung findet. Wie die Kaution und das Konkursvorrecht nach Art. 17 VKG auch den Anspruchsberechtigten aus Versicherungen bei konzessionierten Versicherungsgenossenschaften vor den übrigen Gläubigern eine vorzugsweise Befriedigung gewährleistet, RO soll ts auch hinsichtlich des Sicherstellungsfonds und des Konkursvorrechtes nach Art. 26 der Fall sein. Damit verliert der Streit über die erwähnte Rechtsfrage für die konzessionierten Versicherungsgenossenschaften die praktische Bedeutung.

Neben den in das Register des Fonds eingetragenen Werten haften nach: Art. 14 auch die ausstehenden Erträgnisse. Als solche fallen namentlich die Zinsen der Wertschriften und Hypotheken und bei Grundstücken die Mietund Pachtzinse in Betracht. Mit der Konkurseröffnung verliert die Gesellschaft das Verfügungsrecht über die in diesem Zeitpunkt ausstehenden und in Zukunft noch fällig werdenden Erträgnisse der Werte des Sicherungsfonds,, und sie haften wie die im Register eingetragenen Werte.

II. Sichernde Massnahmen.

Art. 15. Sanierungsmassnahmen (vgl. S. 899 ff.).

/ Art. 15 des Entwurfes entspricht dem schon im Kautionsgesetz in Art. 8 und 14 zum Ausdruck gebrachten Gedanken, dass im Falle einer Gefährdung der Interessen der Versicherungsnehmer durch die unsichere Lage der Gesellschaft die Aufsichtsbehörde nicht allein für die Deckung des Sicherungsfonds sorgen und gegebenenfalls seine Verwertung ins Auge fassen soll, sondern dass die Sanierung der Gesellschaft an erster Stelle zu stehen habe. Dabei hält auch der Entwurf an dem Grundsatz fest, dass die Sanierung eine An-

«24 gelegenheit sei, die von der Gesellschaft selbst beschlossen und durchgeführt werden müsse. Pflicht der Aufsichtsbehörde ist es, die Sanierung nötigenfalls zu veranlassen und dabei für die Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer zu sorgen. Sie soll daher die Gesellschaft auffordern, die zum Zwecke der Sanierung erforderlichen Massnahmen vorzunehmen, wenn die zuständigen Gesellschaftsorgane sie nicht aus eigenem Antrieb treffen sollten.

Um aber die Sanierung wirksam anbahnen zu können, bedarf der Bundesrat einiger Befugnisse, die ihm nach dem Aufsichtsgesetz fehlen. Er soll die Einberufung der Generalversammlung oder eines andern zur Beschlussfassung über die Sanierungsinassnahmen zuständigen Organes der Gesellschaft verlangen können, uni über Sanierungsmassnahmen, die eine Beschlussfassung durch die Gesellschaftsorgane erfordern, beschliessen zu lassen. Der Voraussetzung des Art. 657, Abs. l OR bedarf es hierbei nicht. An den Verhandlungen kann sich der Bundesrat vertreten lassen. Dies wird der Aufsichtsbehörde Gelegenheit geben, den zuständigen Organen ihre Auffassung der Sachlage darzulegen, und aus den Verhandlungen kann sie auch wertvolle Anhaltspunkte für eine zutreffende Beurteilung der Verhältnisse gewinnen. "Weigert sich die Gesellschaft, Sanierungsmassnahmen zu treffen oder sind ihre Massnahmen nicht geeignet, die Vertrauenswürdigkeit der Gesellschaft herzustellen, so wird ihr der Bundesrat nach Art. 9 VAG die Konzession zum Geschäftsbetrieb entziehen.

Art. 16. Verfügungen des Bundesrates (vgl. S. 900).

Die Sanierung kann eine stille oder öffentliche sein. Ob die Sanierung in der einen oder andern Form durchgeführt werden muss, hängt nicht vom Willen der Aufsichtsbehörde, sondern von den Umständen ab. Im allgemeinen wird es der Sanierung förderlich sein, wenn sie ohne Bekanntwerden in der Öffentlichkeit durchgeführt werden kann, da dies ermöglicht, die Sanierungsmassnahmen ruhig und ohne Störung durchzuführen. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass der Aufsichtsbehörde die öffentliche Bekanntgabe der Sanierungsbedürftigkeit einer Gesellschaft zur Pflicht wird. Das Bekanntwerden der Sanierungsbestrebungen wird auch dann nicht zu vermeiden sein, wenn die zu treffenden Massnahmen der Mitwirkung des obersten Gesellschaftsorganes bedürfen oder wenn die Gesellschaftsmitglieder
oder die Versicherungsnehmer durch sie finanziell betroffen werden, wie z. B. durch Einzahlungen auf die Aktien oder Eeduktion des Aktienkapitals, durch Herabsetzung der Gewinnanteile der Versicherten oder, bei der Versicherungsgenossenschaft, falls sie die Nachschusspflicht der Versicherungsnehmer vorsieht, durch die Einforderung von Nachschüssen. Das Bekanntwerden der Sanierungsbedürftigkeit der Gesellschaft wird die Versicherungsnehmer, die sich in ihren Vermögensinteressen bedroht sehen, in grosse Unruhe versetzen, die sich leicht in einen Sturm auf die Gesellschaft auslösen kann. Jedenfalls werden viele Versicherungsnehmer die Beleihung oder den Eückkauf ihrer Versicherungen

925 verlangen. Dadurch' würde die Lage der Gesellschaft noch verschlimmert, -während bei ruhiger Durchführung geeigneter Massnahmen eine wirksame Sanierung vielleicht noch zu erreichen wäre.

Um diese aus einer Bestürzung der Versicherungsnehmer sich ergebende Folge zu vermeiden, hat schon das Kautionsgesetz dem Bundesrat die Befugnis gegeben, in einem solchen Falle den Rückkauf und die Beleihung der Lebensversicherungen zu untersagen (Art. 8, Abs. 2, Art. 9, Abs. 2 und Art. 14, Abs. 2 VKG). Nach dem Kautionsgesetz darf das Verbot auf höchstens drei Jahre erlassen werden: feeine Erneuerung nach Ablauf dieser Frist ist nicht ·zulässig. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben nun aber gezeigt, dass die zeitliche Begrenzung des Verbotes den Bedurfnissen unter Umständen nicht gerecht wird. Die Sanierungsmassnahmen können auf lange Dauer bemessen ·sein und auch an sich nicht mehr berechtigte Befürchtungen der Versicherungsnehmer wachhalten, so dass mit einem neuen Ansturm derselben gerechnet werden muss. Der Entwurf hat daher die gesetzliche Begrenzung der Dauer des Verbotes fallen gelassen und seine Festsetzung in das Ermessen des Bundesxates gestellt. Dieser kann das Verbot zum vornherein zeitlich begrenzen und es nötigenfalls nach seinem Ablauf erneuern oder es für eine nicht begrenzte Dauer erlassen.

Die Möglichkeit einer Sanierung kann auch dadurch bedingt sein, dass der ·Gesellschaft für ihre Verpflichtungen eine Stundung eingeräumt wird. Das Kautionbgesetz gibt dem Bundesrat die Ermächtigung, einer in Not geratenen inländischen Versicherungsgesellschaft für ihre Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen eine Stundung bis zu einem Dritteil für eine von ihm bei ·der Stundung festzusetzende Zeit zu gewähren. Die Beschränkung der Stundungsmöglichkeit auf die Versicherungsverpflichtungen ist indessen nicht gerechtfertigt, da auch die übrigen Gläubiger an der Sanierung ein Interesse haben und sie daher wie die Versicherungsnehmer in angemessener Weise zur Sanierung beitragen sollen. Der Bundesrat soll daher berechtigt sein, auch diese Forderungen zu stunden. Auch die Begrenzung der Stundung auf einen Dritteil der Verpflichtungen entspricht nicht in allen Fällen dem Bedürfnis und wird daher im Entwurf fallen gelassen.

Werden einer Gesellschaft die Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen
gestundet, so werden die Versicherungsnehmer ihrerseits keine Prämienzahlungen mehr'leisten wollen; es kann ihnen dies auch nicht mehr zugemutet werden. Nach dem Kautionsgesetz ist der Bundesrat nur befugt, die Versicherungsverpflichtungen der Gesellschaft zu stunden, während bezüglich der Prämien Verpflichtungen der Versicherungsnehmer nichts bestimmt wird. Dies ist eine Lücke des Gesetzes, die der Entwurf für die Versicherungen bei den inländischen Lebensversicherungsgesellschaften dadurch ausfüllt, dass er den Bundesrat ermächtigt, auch den Versicherungsnehmern für die Prämienzahlung Stundung zu gewähren. Auch für diese Stundung sieht der Entwurf von einer zeitlichen Begrenzung ab.

Bundesblatt. 80. Jahrg.' Bd. II.

70

92ßDie Stundung bewirkt die Aufschiebung der Fälligkeit der Versicherungsleistungen. Die Leistungspflichtigen geraten daher durch die Nichtzahlung der geschuldeten Beträge nicht in Verzug. Für diese ist somit nicht ein Verzugszins, sondern der nach Art. 73 OE zu bestimmende Zins zu bezahlen. Auch die in den Versicherungsbedingungen für eine Verzögerung der Prämienzahlung vorgesehene Zinserhöhung kann während der Stundung nicht Platz greifen,, da die Zinserhöhung als vertraglicher Verzugszins zu betrachten ist.

Es ist anzunehmen, dass nach dem Erlass der Stundung auch die in Art. 93, Abs. l VVG an die Nichtzahlung der Prämien geknüpften Folgen nicht eintreten, da wohl auch diese als Verzugsfolgen zu betrachten sind. Unterbleibt die Prämienzahlung für eine Lebensversicherung, die wenigstens drei Jahre in Kraft bestand, so wird nach dieser Gesetzesbestimmung vom Versicherer nur noch der Umwandlungswert geschuldet, es sei denn, dass die Versicherungsbedingungen für den Versicherungsnehmer eine günstigere Eegelung vorsehen.

Diese wird aber schliesslich doch immer darin bestehen, dass eine Versicherung, für welche die Prämie nicht bezahlt wird, früher oder später in eine prämienfreie umgewandelt wird. Da die Stundung die Wirkung der Verzugsfolgen suspendiert, so könnte folgerichtig auch die mit der Einstellung der Prämienzahlung verknüpfte automatische Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie nicht eintreten. Die während der Dauer der Stundung auflaufenden Prämien würden demnach vom Versicherungsnehmer auch weiterhin geschuldet, und er wäre verpflichtet, sie nach Aufhebung der Stundung an den Versicherer nachzuzahlen.

Nun wäre aber denkbar, dass die Versicherungsnehmer nach Aufhebung der Stundung die Bezahlung der eingeforderten Prämien mit der Begründung verweigern, dass sie die Stundung gar nicht wünschten und von ihr auch keinen Gebrauch machten, sondern dass sie die Prämienzahlung einstellten, um nach Art. 93, Abs. l VVG die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie herbeizuführen. Wäre dieser Standpunkt rechtlich zulässig, so könnte die Gesellschaft die Prämien von diesen Versicherten nachträglich nicht mehr einfordern. Dagegen müsste sie die während der Stundung durch Eintritt des Versicherungsfalles fällig werdenden Versicherungssummen bezahlen, da die Anspruchsberechtigten die
Stundung selbstverständlich für sich gelten Hessen und die Ausrichtung der vollen Versicherungssumme beanspruchen würden.

Die Gesellschaft hätte also wohl das Eisiko zu tragen, ohne dafür die nach den technischen Grundlagen erforderliche Gegenleistung, die in der Prämie enthaltene Eisikoprämie, zu erhalten. Es könnten ihr daraus bedeutende finanzielleNachteile erwachsen, und den Schaden hätten schliesslich die übrigen Versicherten zu tragen. Auch könnte dadurch eine sonst mögliche Sanierung der Gesellschaft in Frage gestellt werden.

Ähnliche Bedenken können unter Umständen bestehen hinsichtlich der Nichtzahlung der drei ersten, nach Abschluss der Versicherung geschuldeten Jahresprämien. Allerdings treten nach der allgemeinen Vorschrift des Art. 20 VVG

927

die Säumnisfolgen der Nichtzahlung der Prämie erst ein nach dem erfolglosen Ablauf der gesetzlichen Mahnfrist. Eine Mahnung während der Dauer der Stundung ist aber nicht rechtswirksam, sie könnte vom Versicherer also erst nach der Aufhebung der Stundung an den Prämienschuldner gerichtet werden.

Bleibt die Mahnung ohne Erfolg, so hat der Versicherer nach Art. 21 VVG die Wahl, die Prämie einzufordern oder, unter Verzicht auf die ruckständigen Prämien, vom Vertrage zurückzutreten. Nun kommt es aber vor, dass im Versicherungsvertrag bei Nichtzahlung der zweiten oder dritten Prämie das Eecht des Versicherers auf Einforderung derselben ausdrücklich ausgeschlossen und die Versicherung als aufgehoben erklärt -wird. Es wäre denkbar, dass die Versicherungsnehmer sich in diesem Falle auf den Standpunkt stellen, die Aufhebung des Versicherungsvertrages gelte ruckwirkend auf den Zeitpunkt, in welchem die Prämie nach Erlass der Stundung erstmals geschuldet wurde, was die gleichen nachteiligen Folgen nach sich ziehen müsste, wie sie oben in bezug auf eine wahrend der Stundung eintretende automatische Umwandlung geschildert wurden.

Welche der beiden Auffassungen über die Auslegung des Art. 93, Abs. l VVG oder des Versicherungsvertrages die richtige ist, hätte schliesslich der Eichter zu entscheiden. Es erscheint daher angezeigt, die Frage im Gesetz selbst in einem Sinne abzuklären, der die erwähnten Mängel vermeidet und den Interessen der Gesamtheit der Versicherten entspricht. Dies soll geschehen durch die Bestimmung des Abs. 3, nach der während der Stundung die Aufhebung der Versicherung oder ihre Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung nicht automatisch, sondern nur auf schriftliches Begehren des Versicherungsnehmers erfolgen kann. Damit wird andererseits dem Versicherungsnehmer auch für die Dauer der Stundung das ihm nach Art. 89 VVG zustehende Eecht vorbehalten, nach Entrichtung der ersten Jahresprämie durch eine schriftliche Erklärung an den Versicherer die Bezahlung weiterer Prämien abzulehnen und nach Art. 90, Abs. l VVG die Umwandlung der Versicherung in eine beitragsfreie Versicherung zu verlangen, sofern für sie wenigstens drei Jahresprämien entrichtet wurden. Er kann auch jederzeit den Eückkauf der Versicherung verlangen, nur ist dann der Eückkaufsbetrag vom Versicherer erst nach Aufhebung der
Stundung der von ihm geschuldeten Leistungen oder des Eückkaufsverbotes auszuzahlen.

Die Fälligkeit der vom Versicherer geschuldeten Leistungen tritt ein mit dem Zeitpunkte der Aufhebung der Stundung, und der säumige Versicherer schuldet von nun an Verzugszinsen. Anders verhält es sich bei der Prämienzahlung. Auch die rückständigen Prämien werden zwar mit der Aufhebung der Stundung fällig, dagegen treten die Verzugsfolgen erst ein, nachdem die im Gesetz oder im Versicherungsvertrag vorgesehene Mahnpflicht erfüllt ist. Ist dies der Fall, so finden nunmehr alle Bestimmungen des Gesetzes oder des Versicherungsvertrages über den Verzug der Prämienzahlung Anwendung.

Wird nach Aufhebung der Stundung die Versicherung auf Begehren des Versicherungsnehmers oder weil er die Bezahlung der Prämien verweigert,

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in eine prämienfreie umgewandelt, so sind die rückständigen Prämien gemäss den Versicherungsbedingungen mit dem rechnungsmässigen Kückkaufswert zu verrechnen. Ist der Eückkaufswert nicht hoch genug, um die rückständigen Prämien mit ihm in vollem Umfange zu verrechnen, so ist der Eestbetrag der Prämien vom Versicherungsnehmer nachzuzahlen.

Die Durchführung der Sanierung kann es wünschbar erscheinen lassen, die Frist zur Auffüllung eines bei der ordentlichen Feststellung des Sollbetrages sich ergebenden Fehlbetrages zu erstrecken. Der Bundesrat ist daher befugt, die in Art. 6, Abs. l hierfür vorgesehene Frist von einem Monat zu verlängern. Auch für diese Massnahme sieht der Entwurf keine Begrenzung vor. Der Bundesrat wird aber eine Verlängerung dieser Frist nur aussprechen, wenn eine Gefährdung der Ansprüche aus den am Fonds beteiligten Versicherungen als ausgeschlossen erscheint. Hinsichtlich der Frist zur Auffüllung eines bei einer ausserordentlichen Feststellung des Sollbetrages (Art. 6, Abs. 2) sich ergebenden Fehlbetrages bedarf es einer solchen Bestimmung nicht, da in diesem Falle die Frist ohnehin vom Bundesrat bestimmt wird.

Die Frage, inwieweit die Solidität einer Lebensversicherungsgesollschaft durch gewisse Ereignisse berührt werde und ob es möglich sei, ihre Vertrauenswürdigkeit durch Sanierungsmassnahmen wieder herzustellen, ist unter Umständen ausserordentlich schwer zu beurteilen. Da die Versicherungsverträge auf lange Dauer abgeschlossen sind, ist es denkbar, dass die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder die Auswirkung der Sanierungsmassnahmen erst nach Jahren sichtbar wird. Aus dem gleichen Grunde kann es auch zweifelhaft sein, ob die Gesellschaft in einem bestimmten Zeitpunkt schon als zahlungsunfähig zu betrachten sei und ob die Voraussetzungen der Zahlungseinstellung und des Antrages auf Konkurseröffnung nach Art. 657, Abs. 2 und Art. 704, Abs. l OE vorliegen. Der Aufsichtsbehörde wird daher durch die Pflicht, über die Vertrauenswürdigkeit der Gesellschaft und über die Angemessenheit von Sanierungsmassnahmen, und damit über das Schicksal der Gesellschaft zu entscheiden, eine ausserordentlich grosse Verantwortung auferlegt.

Der Entwurf nimmt den auch vom Kautionsgesetz gewahrten Standpunkt ein, dass sich die Massnahme der Aufsichtsbehörde gegenüber einer nach ihrem Dafürhalten
nicht mehr sanierungsfähigen Gesellschaft auf den Konzessionsentzug nach Art. 9, Abs. 2 VAG beschränken soll. Dagegen ist es Sache der Gesellschaft, die privatrechtlichen Folgen aus dem Konzessionsentzug zu ziehen. Da sie keine neuen Verträge mehr abschliessen kann, wird sie in Liquidation treten und ihren Versicherungsbestand vertragsmässig abwickeln oder auf eine andere Gesellschaft übertragen müssen. Die Ansprüche aus den zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen bleiben durch ihn auch nach der Liquidationseröffnung sichergestellt.

Der vertragsmässigen Abwicklung der Versicherungsverträge kann allerdings der Umstand entgegenstehen, dass die Versicherungsnehmer berechtigt sind, vom Versicherungsvertrage zurückzutreten und das ganze Deckungskapital

929 ihrer Lebensversicherung zurückzufordern, wenn der Gesellschaft die Konzession entzogen wird oder wenn sie auf diese verzichtet, ohne die vom Bundesrat verlangten Änderungen an ihrer Organisation oder Geschäftsführung vorgenommen zu haben (Art. 36 WG). Die beschleunigte Liquidation durch Auszahlung des Deckungskapitals an die Versicherungsnehmer könnte allerdings für die Gesellschaft zu Verlusten führen, die bei einer vertragsmässigen Abwicklung vielleicht vermieden würden. Der Entwurf will jedoch in die Normen des Versicherungsprivatrechtes nicht eingreifen. Das Bückkaufsund Beleihungsverbot und die Stundung sind mir zum Zwecke der Sanierung vorgesehen und können daher nach dem Scheitern derselben keine Anwendung mehr finden. Die liquidierende Gesellschaft untersteht bis zur endgültigen Abwicklung der Versicherungsverträge der Bundesaufsicht, und alle von ihr zu treffenden Massnahmen bedürfen daher auch weiterhin der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Diese wird insbesondere auch für die richtige Bestellung des Sicherungsfonds besorgt sein.

Ist die Gesellschaft überschuldet, so muss die Verwaltung beim Konkursgericht den Konkurs anmelden. Über die Frage, ob die Voraussetzungen der Konkurseröffnung nach den Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes gegeben seien, entscheidet das Konkursgericht. Im Konkurse der Gesellschaft wird der Bundesrat den Sicherungsfonds gemäss den Bestimmungen dieses Entwurfes verwenden.

Ait. 17. Bestellung eines Liquidators.

Da es für eine erfolgreiche Liquidation der Gesellschaft besonders wichtig ist, dass sie von erfahrener Hand durchgeführt werde, ist es angezeigt, dass auch die Aufsichtsbehörde bei der Ernennung des Liquidators mitspreche.

Der Bundesrat soll daher befugt sein, der Gesellschaft einen Liquidator zu bestellen. Er kann mit dieser Aufgabe eine Einzelperson oder eine Mehrheit von Personen oder : auch eine andere Lebensversicherungsgesellschaft betrauen. Der vom Bundesrat ernannte Liquidator ist jedoch nicht der Vertreter der Aufsichtsbehörde, der nach ihren Instruktionen handelt, sondern er ist wie jede andere Gesellschaftsleitung an die Statuten und die Beschlüsse der Gesellschaftsorgane gebunden. Der Aufsichtsbehörde ist er nach Massgabe der Aufsichtsgesetzgebung verantwortlich.

III. Konkurs.

Art. 18. Konkurseröffnung. 1. Zustimmung des Bundesrates (vgl. S. 901).

Die Bedrohung der finanziellen Lage einer Gesellschaft, die auf eine un-richtige betriebstechnische Methode zuiückzufUhren ist, wie z. B. eine zu hohe Belastung mit Verwaltungskosten, die Anwendung unzutreffender Eechnungs^ grundlagen oder eine unrichtige Anlagepolitik, wird von der Gesellschaft und

930

der Aufsichtsbehörde voraussichtlich erkannt werden, bevor die Überschuldung der Gesellschaft eintritt. Der Bunderat wird in diesem Fall die im II. Titel vorgesehenen Massnabmen treffen und den Anlass zur Konkursanmelduug durch die Gesellschaft selbst oder zu einem Konkursbegehren durch einen Gläubiger zu beseitigen suchen. Der überraschende Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann hauptsachlich durch eine allgemeine Wirtschaftskrise, durch welche die Anlagewerte rasch entwertet werden, herbeigeführt werden. In einer solchen Lage ist es denkbar, dass eine Gesellschaft sich nach gesetzlicher Vorschrift zur Anmeldung ihrer Zahlungsunfähigkeit veranlasst sieht oder die Gläubiger die Konkurseröffnung verlangen, bevor der Bundesrat sichernde Massnahruen eingeleitet hat oder während diese noch im Gange sind.

Würde das Konkursgericht die Konkurseröffnung beschliessen, so fiele damit für die Lebensversicherungsgesellschaft, deren Gedeihen so ausserordentlich auf dem öffentlichen Vertrauen beruht, jede Möglichkeit der Sanierung dahin.

Gerade in der Zeit einer allgemeinen Wirtschaftskrise aber, von der vielleicht die Mehrzahl oder alle Gesellschaften betroffen werden, ist es geboten, auch ausserordentliche Mittel und Wege zu suchen, um den Verhältnissen gerecht zu werden und die volkswirtschaftlich so wichtigen Lebensversicherungsunternehmungen zu retten. Diese Möglichkeit soll nicht durch eine übereilte Konkurserklärung abgeschnitten werden. Um dem Bundesrat auf alle Palle Gelegenheit zu geben, die zur Erhaltung der Gesellschaft geeigneten Vorkehren zu treffen, stellt der Entwurf den Grundsatz auf, dass die Konkurseröffnung über eine Gesellschaft nur mit seiner Zustimmung erfolgen dürfe.

Die Bestimmung, dass der Bundesrat die Zustimmung zur Konkurseröffnung zu geben habe, bedeutet nicht, dass auch der Antrag auf Konkurseröffnung von ihm ausgehen müsse. Der Konkursantrag richtet sich nach dem allgemeinen Eechte; nur darf ihm der Konkursrichter nicht Folge geben, ohne das Plazet des Bundesrates eingeholt zu haben. Der Entwurf steht also auf einem z. B. dem deutschen Aufsiehtsgesetz entgegengesetzten Standpunkt; jenes bestimmt in §68, Abs. l, dass der Antrag auf Eröffnung des Konkurses nur von der Aufsichtsbehörde gestellt werden könne.

Art. 19. 2. Benachrichtigung des Bundesrates (vgl. S. 901).

Der Konkurs
kann gegen eine Aktiengesellschaft oder Genossenschaft erkannt werden, wenn die Verwaltung gemäss Art. 657, Abs. 2 oder Art. 704, Abs. l OB das Konkursgericht von der Überschuldung der Gesellschaft benachrichtigt oder wenn sie von einem "Gläubiger, dessen Forderung nicht bafriedigt wird, batrieben wird. Tritt dieser Fall ein, so ist das Konkursgericht verpflichtet, den Bundesrat hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Das Gericht setzt nunmehr das Erkenntnis über die Konkurseröffnung bis auf weiteres aus. Vorsorgliche Massnahmen sind von ihm ebenfalls nicht zu treffen, da dies nunmehr Aufgabe des Bundesrates ist. Art. 170 und 171 SchKG finden also zunächst keine Anwendung.

931 Art. 20. Massnahmen des Bundesrates (vgl. 8. 901).

Auf die Mitteilung des Konkursgerichtes, dass ein Konkursbegehren vorliege, prüft der Bundesrat die Lage der Gesellschaft und wird das Sanierungsverfahren einleiten. Ist dieses schon im Gange, so setzt er es fort. Er trifft auch die durch die Verhältnisse gegebenen vorsorglichen Vorkehren. Da das Bekanntwerden des Konkursbegehrens bei den Versicherungsnehmern eine starke Beunruhigung auslösen muss, wird die Anwendung des Art. 16, Abs. 2 nicht zu umgehen sein. Gestützt auf die Bestimmung des Art. 9, Abs. l VAG wird der Bundesrat aber auch noch anderweitige, im öffentlichen und im Ge&amtinteresse'der Versicherten liegende vorsorgliche Massnahmen treffen können, namentlich solche, die die Wahrung des Vermögensbestandes und die Erhaltung der Geschäftsorganisation bezwecken. Er kann auch eine Änderung der Geschäftsleitung veranlassen, wenn sich diese als unzuverlässig erwiesen hat, oder der Gesellschaft einen Beistand geben.

Der Abschlags eines Nachlassvertrages nach den Vorschriften des XI.

Titels des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes kommt für die Lebensversicherungsgesellschaften nicht in Betracht. Diese Gesetzesbestimmungen werden zwar durch das vorliegende Gesetz nicht, berührt, aber sie sind angesichts der bei diesen Gesellschaften bestehenden besonderen Verhältnisse praktisch undurchführbar. Angesichts der grossen Zahl der Gläubiger und ihrer Verteilung über weite Gebiete erscheint die Erfüllung der vom Gesetz für das Znstandekommen des Nachlassvertrages aufgestellten Erfordernisse als ausgeschlossen.

Ein Zwangsvergleich der Gesellschaft mit ihren Gläubigern könnte unter Umständen wohl im allgemeinen Interesse der Beteiligten und auch der Öffentlichkeit liegen. Um ihn herbeizuführen, müsste dem Bundesrat die Befugnis gegeben werden, die Versicherungsansprüche in einem den vorhandenen Mitteln entsprechenden Masse ausserhalb des Konkurses herabzusetzen.

Dieser Gedanke, der z. B. im deutschen Aufsichtsgesetz (Reichsgesetz vom 12. Mai 1901, § 69, Abs. 2 und Novelle vom 19. Juli 1923) verwirklicht ist, entspricht an sich dem Wesen der Versicherung als einer solidarisch verbundenen Gesamtheit von Interessenten. Indessen stehen einer solchen Lösung doch erhebliche Bedenken entgegen. Einmal erscheint es als zweifelhaft, ob eine solche
Massnahme des Bundesrates sich auch auf diejenigen im Ausland abgeschlossenen Versicherungen erstrecken könnte, die am schweizerischen Sicherungsfonds nicht beteiligt sind. Die Herabsetzung nur eines Teiles der bei einer Gesellschaft laufenden Versicherungen wäre nicht angängig, weil dies auf eine Begünstigung der übrigen Versicherungen hinausliefe. Soll eine -ungleiche Behandlung der Gläubiger vermieden werden, so müssten auch die Forderungen der Drittgläubiger der Gesellschaft zwangsweise herabgesetzt werden können. Eine solche Vorschrift aber müsste die Kreditfähigkeit einer Lebensversicherungsgesellschaft in einer für sie nachteiligen Weise schwächen und die Quelle verstopfen, aus der vielleicht gerade die finanziellen Mittel

932 zur Sanierung der Gesellschaft geschöpft werden könnten. Der Entwurf hält es aus diesen Gründen für richtiger, die Herabsetzung der Versicherungsansprüche nur als eine Konkursmassnahme zur Erhaltung des durch den Sicherungsfonds sichergestellten Versicherungsbestandes vorzusehen (Art. 29).

Art. 21. Bewilligung der Konkurseröffnung (vgl. S. 901).

Bleibt das Sanierungsverfahren ohne Erfolg, so muss das Konkursverfahren fortgesetzt werden. Die Feststellung des Fehlschiagens der Sanierung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft; vielmehr bedeutet sie nur, dass die Gesellschaft nunmehr als vertrauensunwürdig gelten muss und nicht mehr zum Geschäftsbetrieb zugelassen werden kann. Damit das Konkursverfahren wieder aufgenommen werden kann, muss der Bundesrat dem Konkursgericht von dem Scheitern der Sanierung Kenntnis geben. Er bewilligt die Fortsetzung des Verfahrens.

Darin liegt weder ein Antrag noch eine Anweisung an das Gericht, den Konkurs zu eröffnen. Der Entscheid hierüber steht ausschliesslich dem Konkursrichter zu, der hierbei allein auf die Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes abstellt. Er kann auch noch vorsorgliche Massnahmen treffen, soweit solche nach den vom Bundesrat getroffenen Massnahmen ihm noch als notwendig erscheinen sollten. Die Verfügungen nach Art. 16 kann der Bundesrat auch nach der Konkurseröffnung hinsichtlich der am Sicherungsfonds beteiligten Versicherungen treffen. Sollte das Gericht die Eröffnung des Konkurses nicht beschliessen, so müsste die Gesellschaft aussergerichtlich liquidiert werden, da die Erlaubnis zur Fortführung des Geschäftsbetriebes für eine solche Gesellschaft nicht in Betracht kommen kann.

Art. 22. Nichtanwendung des Art. 37 VVGr.

Nach Art. 37, Abs. l VVG erlischt der Versicherungsvertrag mit dem Ablauf von vier Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung der Konkurseröffnung, und nach Abs. 3 kann der Versicherungsnehmer im Konkurse das Deckungskapital seiner Versicherung geltend machen. Diese Wirkung der Konkurseröffnung auf die Versicherungsverträge hätte zur Folge, dass auch der durch den Sicherungsfonds sichergestellte Versicherungsbestancl zerfallen müsste. Der Fonds wäre konkursmässig zu liquidieren, und den Versicherungsnehmern müsste das Deckimgskapital ihrer Versicherungen
ausbezahlt werden. Das wäre auch bei voller Deckung des Deckungskapitals für die Versicherungsnehmer ein Schaden, da die meisten von ihnen eine neue Versicherung nur zu erschwerten Bedingungen oder gar nicht mehr abschliessen könnten.

Um diese Folge der Konkurseröffnung zu vermeiden und den Versicherungsbestand zu erhalten, wird bestimmt, dass die Konkurseröffnung auf die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen die im Versicherungsvertragsgesetz vorgesehene Wirkung nicht ausübe. Auf die übrigen von einer schwei-

933 zerischen Lebensversicherungsgesellschaft abgeschlossenen Versicherungen, wie die Unfall- und Haftpflichtversicherungen, findet Art. 37 YVG dagegen Anwendung. Die Liquidation der im Ausland sichergestellten Versicherungen erfolgt nach den Vorschriften des auslandischen Gesetzes. Für den nicht gedeckten Teil ihrer Ansprüche können sie am schweizerischen Konkurs teilnehmen.

Art. 23. Konkursverfahren. 1. Schuldenruî (vgl. S. 901 ff.).

Die Vorschriften des VII. Titels SchKG sind auf den Konkurs einer Lebensversicherungsgesellschaft nicht zugeschnitten und können z. T. auch unmöglich Anwendung finden. Der Entwurf sah sich daher genötigt, durch besondere Bestimmungen die Anpassung des Verfahrens an die bei den Lebensversicherungsgesellschaften bestehenden Verhältnisse zu ermöglichen.

Die Feststellung der K o n k u r s m a s s e durch die Aufnahme einesInventars wird voraussichtlich keine Schwierigkeiten bieten, da die Gesellschaften nach den von der Aufsichtsbehörde erlassenen Vorschriften zu einer sorgfaltigen Buchführung verpflichtet sind. Auch anlässlich des Sanierungsverfahrens wird eine genaue Feststellung der Aktiven erfolgt sein. Eines Eingriffs in die Vorschriften des 1. Abschnittes des VII. Titels SchKG bedarf es daher nicht.

Anders liegen die Verhältnisse in bezug auf den S c h u l d e n r u f . Nach Art. 232 SchKG muss die Eiöffnung des Konkurses der Gesellschaft öffentlich bekanntgemacht werden und die Gläubiger, also auch die Berechtigten aus den Versicherungsverträgen, sind aufzufordern, ihre Ansprüche unter Beilegung der Beweismittel (Policen, Nachträge usw.) in Original- oder beglaubigter Abschrift dem Konkursamt binnen eines Monates seit der Bekanntmachung oder, wenn der Glaubiger seinen Wohnsitz ausserhalb Europas hat, binnen der festgesetzten Frist einzugeben. Als Prämienzahler und Darlehensnehmer sind die Versicherungsnehmer aber zugleich Schuldner der Gesellschaft und wären daher ferner aufzufordern, sich binnen der Eingabefrist als solche anzumelden, mit Strafandrohung für den Unterlassungsfall. Jedem Versicherungsnehmer, dessen Name und Wohnort bekannt ist, müsste sodann nach Art. 233 SchKG ein Exemplar der Bekanntmachung zugestellt werden.

Diese Vorschiiften wären, wie ohne weiteres einleuchtet, bei einer grossen Lebensversicherungsgesellschaft undurchführbar. Deren
Ausführung -Riirde jedenfalls einen ungeheuren Aufwand an Verwaltungsarbeit erfordern und einen grossen Teil der noch vorhandenen Aktiven verschlingen. Diese Verwaltungsarbeit kann auch ohne Schaden für die Gläubiger entbehrt werden, da ja die Ansprüche der Berechtigten anhand der von der Gesellschaft geführten Bücher und Akten festgestellt werden können. Diese Tatsache soll der Schuldenruf nicht ausser acht lassen. Es wird für ihn eine ähnliche Ordnung in Betracht kommen, wie sie nach Art. 246 SchKG für die Feststellung der aus den Grund- und Hypothekenbuchern ersichtlichen Forderungen und

934 nach Art. 13 des Hilfsgesetzes für die Anmeldung der Ansprüche bei den deutschen Lebensversicherungsgesellschaften gesetzlich festgelegt wurde.

Danach können die in den Eegistern der Gesellschaft aufgeführten Versicherungen für den Konkurs als angemeldet gelten. Da aber die Eegister Lücken oder Fehler aufweisen können und die Liquidation der Gesellschaft endgültig abgeschlossen werden muss, so kann doch ein Schuldenruf nicht ganz entbehrt werden. Er kann aber die Anmeldepflicht der Versicherungsnehmer sehr vereinfachen und diese unter gewissen Voraussetzungen von ihr ganz entbinden. Für eine solche Ordnung muss aber eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Nun können jedoch beim Konkurse einer Lebensversicherungsgesellschaft die Verhältnisse sehr verschieden sein, und es kann unmöglich vorausgesagt werden, welche Form des Schuldenrufes denselben angemessen sei.

Der Entwurf sieht daher davon ab, sie im Gesetz festzulegen. Forin und Inhalt des Schuldenrufes sollen vielmehr im Einzelfall vom Bundesrat bestimmt werden, wobei er berechtigt sein soll, von den Vorschriften des Schuldbetreibwigs- und Konkm'sgesetzes abzuweichen. Er wird dabei auch die Anmeldung der Ansprüche aus den zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen besonders zu berücksichtigen haben.

Ein Fehlbetrag im Sicherungsfonds wird vom Bundesrat gemàss Art. 26, Abs. 2 als Gesamtforderung im Konkurse anzumelden sein, und die Feststellungen der Aufsichtsbehörde über seinen Umfang werden hierbei für die Konkursverwaltung bindend sein. In den ausländischen Staaten mit besonderer Aufsichtsgesetzgebung richten sich Form und Inhalt des Schuldenrufes in erster Linie nach den gesetzlichen Vorschriften des betreffenden Landes.

Art. 24. 2. Konkursverwaltung (vgl. S. 901 ff.).

Wie die gesetzlichen Vorschriften über den Scbuldenruf, so sind auch diejenigen über die Konkursverwaltung (Titel VII., Abschnitt III. SchKG) in manchen Teilen auf den Konkurs einer Lebensversicherungsgesellschaft nicht anwendbar. Die Einberufung der Versicherungsnehmer zu einer beschlussfähigen Gläubigerversainmlung ist unmöglich. Sie liesse sich auch nicht durch eine Änderung der Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes über die Beschlussfähigkeit bewerkstelligen, da an der Gläubigerversammlung doch stets nur eine so kleine Zahl von
Versicherungsnehmern teilnehmen könnte, dass sie nicht als eine angemessene Vertretung der Gläubiger zu betrachten wäre. Die Wahrung der Gesamtinteressen der Gläubiger soll daher Aufgabe des Bundesrates sein, und es sollen ihm die Befugnisse der Gläubigerversammlung zustehen. Er kann zur Durchführung des Konkurses eine besonders Konkursverwaltung ernennen. Mit der Konkursverwaltung wird der Bundesrat einen erfahrenen Fachmann oder eine Kommission von Fachleuten betrauen und ihr das erforderliche Personal und die notwendigen technischen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, wobei in erster Linie an die

935 bereits bestehende G-eschäftsorganisation der in Konkurs befindlichen Gesellschaft zu denken ist. Auch kann eine andere konzessionierte Lebensversicherungsgesellschaft mit dieser Aufgabe betraut werden.

Der Bundesrat soll der Konkursverwaltung auch die Befugnisse der Gläubigerversammlung, sowohl der ersten als der zweiten (Art. 235 und 252 SchKG) übertragen können. Die Konkurs Verwaltung besorgt die Verwaltung und Verwertung der Masse nach den Vorschriften des Schuldbetreibungsund Konkursgesetzes.

Da eine Glaubigerversammlung nicht stattfindet, kann von den Gläubigern auch kein Gläubigerausschuss im Sinne des Art. 237, Abs. 3 SchKG bezeichnet werden. Dagegen steht die Konkurs Verwaltung unter der Kontrolle des Bundesrates. Dieser ist befugt, die Konkurs Verwaltung nach seinem Ermessen zu organisieren und ihr einen Aufsichtsrat beizugeben, dessen Kompetenzen er umschreibt und dem er eine dem Gläubigerausschuss analoge Stellung geben kann. Der Bundesrat soll von der Konkursverwaltung ferner jederzeit über den Stand des Konkursverfahrens Auskunft verlangen und ihr verbindliche Weisungen für die Durchführung des Konkursverfahrens erteilen können.

Ein Beschwerderecht im Sinne des Art. 239 SchKG steht dem Gläubiger gegenüber den verbindlichen Weisungen des Bundesrates nicht zu.

Ait. 25. Ausgleichung der Fonds.

Bestehen bei einer Gesellschaft mehrere Fonds, so haftet nach Art. 14 jeder derselben in erster Linie für die durch ihn sichergestellten Ansprüche.

Die Eechtslage ist die gleiche wie hinsichtlich der Haftung der Kautionen für die einzelnen Versicherungszweige nach Art. 2, Abs. 2 VKG. Eine Solidarhaftung der verschiedenen Fonds besteht nicht; für jeden derselben muss die Forderung aus einem allfälligen Fehlbetrag im Konkurse selbständig geltend gemacht werden.

Nun ist es denkbar, dass im Zeitpunkte der Konkurseröffnung ein Fonds überdeckt ist, während ein anderer Fonds bei der gleichen Gesellschaft einen Fehlbetrag aufweist. In diesem Fall soll der Gedanke der Gesamthaftung der Fonds doch insofern in einem beschränkten Grade Anerkennung finden, als der Überschuss des einen Fonds nicht in die Konkursmasse fliessen, sondern zur Deckung des Fehlbetrages des andern Fonds verwendet werden soll. Bestehen mehrere Fonds mit Fehlbeträgen, so wird der Überschuss unter sie nach Verhältnis derselben
verteilt. Bleibt noch ein Restbetrag, so fällt er in die Konkursmasse.

Art. 26. Konkursvorrecht (vgl. S. 902).

Der Entwurf räumt allen Ansprüchen aus in der Schweiz und im Ausland abgeschlossenen Lebensversicherungen ein Konkursvorrecht ein. Bei den Gesellschaften mit gemischtem Betrieb tritt neben das Konkursvorrecht

936

nach Art. 26 noch dasjenige der Ansprüche aus den übrigen Versicherungszweigen gemäss Art. 17 VKG. In beiden Gesetzen ist das Konkurs Vorrecht in die dritte Klasse eingereiht. Diese Übereinstimmung musste hergestellt, werden, um nicht im Konkurse der Gesellschaft die eine Versicherungskategorie vor der andern zu privilegieren. Auch abgesehen hiervon erscheint die Einreibung der Versicherungsansprüche in die III. Klasse als angemessen. Am Korikursvorrecht nehmen nicht teil Forderungen aus vorausbezahlten Prämien, aus stehengelassenen Versicherungssummen und aus stehengelassenen Gewinnanteilen, da diese nicht als Versicherungsansprüche zu betrachten sind (vgL oben S. 907 ff.).

Für die am Sicherungsfonds beteiligten Versicherungen soll an Stelle des Konkursvorrechtes des individuellen Anspruches des einzelnen Berechtigten ein Konkur s Vorrecht des Fonds im Umfange des Fehlbetrages treten. Damit will bewirkt werden, dass eine allfällige Konkursdividende im Interesse der Gesamtheit der am Fonds beteiligten Versicherungen verwendet werden kannDemgemäss bestimmt Abs. 2, dass das Konkursvorrecht nach Abs. l für die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen zugunsten des Fonds bestehe. Verfügt der Bundesrat gemäss Art. 30 die konkursmässige Verwertung des Sicherungsfonds, so tritt an Stelle des Konkursvorrechtes der Gesamtforderung des Fonds dasjenige des individuellen Anspruchs der einzelnen Berechtigten.

Art. 27. Verwendung des Sicherungsfonds. 1. Übertragung oder Liquidation von Bundes wegen (vgl. S. 902 ff.).

Im Konkurse der Gesellschaft soll der Bundesrat die zur Erhaltung des durch den Fonds sichergestellten Versicherungsbestandes dienlichen Vorkehren treffen können. Die im Entwurf hierfür vorgesehenen Massnahmen sind übereinstimmend mit den vom Kautionsgesetz für die Verwendung der Kaution aufgestellten Bestimmungen^ (Art. 9 und Art. 16, Abs. 2 VKG und Botschaft zum Kautionsgesetz, Bundesblatt 1916, IV, 501 ff., 512). Der Bundesrat kann den Sicherungsfonds dazu verwenden, um den durch diesen sichergestellten Versicherungsbestand mit Hechten und Pflichten ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft zu übertragen oder von Bundes wegen nach Massgabe der Versicherungsverträge zu liquidieren.

Die Übertragung des Versicherungsbestandes ist als Portefeuillezession zu verstehen. Die
Versicherungsverträge gehen mit Eechten und Pflichten an die übernehmende Gesellschaft über. Grundlage der Übertragung bildet ein mit der übernehmenden Gesellschaft abzuschliessender Vertrag, in welchem die Bedingungen der Portefeuillezession in allen Teilen festgelegt werden.

Bei der Liquidation von Bundes wegen gehen die Versicherungsverträge nicht auf den Bund über, vielmehr ist der Bundesrat gesetzlicher Liquidator des Versicherungsbestandes. Dieser wird aus der Konkursmasse ausgeschieden,

937 -am die vertragsmassige Abwicklung der Versicherungsverträge vornehmen zu können. Der zu liquidierende Bestand besitzt auch keine selbständige Rechtspersönlichkeit im Sinne des Privatrechts, etwa als Zwangsgenossenschaft, sondern ist eine Vermögensmasse, die vom Bundesrat kraft öffentlichen Bechtes verwaltet wird. Die Zuerkennung eigener Eechtspersonlichkeit könnte nur erfolgen durch die Errichtung einer Gesellschaft nach den Vorschriften des Obligationenrechtes, an welche der Bestand durch Portefé uillezession übertragen würde.

Der Bundesrat wird mit der Durchführung der Liquidation einen Liquidator betrauen ; dieser kann eine Behörde, eine Einzelperson, eine Kommission oder eine andere Gesellschaft sein. Die Befugnisse des Liquidators sind ihm vom Bundesrat delegiert ; er handelt nach seiner Vollmacht und nach den ihm erteilten Weisungen.

Welche der beiden Massnahmen Anwendung finden soll, richtet sich nach den Verhaltnissen. Jede derselben hat für die Versicherungsnehmer Zwangscharakter: ein Mitspracherecht steht ihnen nicht zu. Der Bundesrat handelt aus eigener Machtvollkommenheit, gestutzt auf die ihm durch das Gesetz erteilte Befugnis; einer Mitwirkung der Konkursverwaltung oder der Versicherungsnehmer bedarf es nicht. Die Vereinbarungen des Bundesrates mit der übernehmenden Gesellschaft und seine Anordnungen als Liquidator sind für die Vwsicherungmehmer verbindlich.

Bestehen mehrere Fonds, fco kann sie der Bundesrat in verschiedener Weise verwenden. Er kann auch eine Teilung des Eonds vornehmen, wobei er in bezug auf die einzelnen Teile in gleicher Weise vorgehen kann, wie beim Vorhandensein mehrerer Fonds. In der Verwendung der Fonds besteht somit für den Bundesrat die Möglichkeit einer weitgehenden Anpassung an die besondern Verhältnisse des einzelnen Falles.

Art. 28. 2. Übergang der Werte (vgl. S. 903).

Wie bei der Verwendung der Kaution (Art. 9, Abs. l VKG. Botschaft, Bundesblatt 1916, IV, 502 ff.), so sollen auch nach dem Entwurf die Werte des Sicherungsfonds bei der Portefeuilleubertragung auf den neuen Versicherungsträger und bei der Liquidation von Bundes wegen auf den Bund übergehen.

Die Werte können im allgemeinen Vermögen der übernehmenden Gesellschaft aufgehen oder von ihr, unter Bestellung eines besonderen Sicherungsfonds, separat verwaltet werden. Der Bund wird nicht
Eigentümer der auf ihn tibergehenden Werte, sondern Treuhänder. Er übernimmt keine über die Mittel des Fonds hinausgehenden finanziellen Verpflichtungen, und das Bundesvermögen haftet nicht für die Erfüllung der Versicherungsverträge. Eine Haftung des Bundes für die Durchführung der Liquidation und die Verwaltung der Kautionswerte besteht nur nach Massgabe des Art. 117 der Bundesverfassung, des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen

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Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 und der Bestimmungen des Obligationenrechtes über die Haftung aus unerlaubter Handlung (Art. 41 ff.).

Art. 29. 3. Herabsetzung der Versicherungsansprüche (vgl. S. 903 ff.).

Beicht im Konkurse der Gesellschaft die Deckung des Sicherungsfonds zu einer der in Art. 26 erwähnten Massnahmen nicht aus, so müssten die Versicherungsverträge aufgelöst, die Y/erte des Fonds verwertet und der Erlös anteilsmässig unter die Berechtigten verteilt werden. Infolge der Verluste, die eine konkursmässige Verwertung der Werte voraussichtlich zur Folge haben würde und der mit ihr verbundenen Kosten, müssten die Berechtigten noch weitere Einbussen auf ihren Forderungen erleiden, und gleichzeitig würde der mit der Versicherung verbundene Fürsorgezweck hinfällig. Diese Folgen der konkursmässigen Liquidation des Sicherungsfonds könnten dadurch vermieden werden, dass der Bestand unter Auferlegung gewisser Opfer an die Versicherungsnehmer fortgeführt würde. Der Bundesrat müsste befugt sein, zur Herbeiführung dieses Zweckes den im Gesamtinteresse der Versicherungsnehmer erforderlichen Eingriff in den Versicherungsvertrag vorzunehmen.

Auf diesem Gedanken beruht die Bestimmung des Art. 29. Eine Verwendung des ungenügend gedeckten Sicherungsfonds gemäss Art. 27 lässt sich vielleicht schon durch die Anwendung optimistischerer technischer Grundlagen als derjenigen, auf denen der Versicherungsbestand aufgebaut ist, ermöglichen. Damit muss sich gegebenenfalls eine Änderung der in Kraft befindlichen Versicherungsbedingungen verbinden. Namentlich kommt dabei eine Änderung der Bedingungen über Umwandlung und Rückkauf und die Gewinnbeteiligung in Betracht. Aber auch eine gewisse Herabsetzung der Versicherungsansprüche kann für die Gesamtheit der Versicherungsnehmer gegenüber der konkursmässigen Liquidation des Sicherungsfonds ein Vorteil sein.

Wo die Grenze der Wirtschaftlichkeit einer solchen Massnahme liegt, kann zum vornherein nicht gesagt werden, sondern die Beantwortung dieser Frage wird sich nach den Verhältnissen des einzelnen Falles richten. Die Entscheidung muss daher in das Ermessen des Bundesrates gestellt werden. Demgemäss bestimmt Art. 29, dass der Bundesrat, um eine Massnahme nach Art. 27 zu ermöglichen, berechtigt sein soll, die Bedingungen der zum Fonds gehörenden Versicherungen
zu ändern und die Versicherungsansprüche und Ansprüche auf gutgeschriebene Gewinnanteile bis zu einem den vorhandenen Mitteln entsprechenden Betrage herabzusetzen.

Art. 30. Konkursmässige Verwertung des Sicherungsfonds (vgl. S. 904).

Entspricht eine Massnahme nach Art. 29 nach dem Ermessen des Bundes rates dem Gesamtinteresse der Versicherungsnehmer nicht, so wird er verfügen, dass der Sicherungsfonds konkursmässig zu verwerten sei. Mit der Verwertung ist die Konkursverwaltung zu beauftragen.

939 Die Verfügung des Bundesrates hat für die "Versicherungsverträge die Wirkung der Konkurseröffnung. Sie werden aufgelöst, und die Versicherungsnehmer können nunmehr gemäss Art. 36, Abs. 3 WG im Konkurse eine Forderung in der Höhe des Deckungskapitals ihrer Versicherung geltend machen. Die ruckständigen Prämien, sowie die Policendarlehen und ausstehenden Zinsen sind mit dem Deckungskapital zu verrechnen. Ist das rechnungsmässige Deckungskapital nicht ausreichend, um die Verrechnung in vollem Umfange vorzunehmen, so ist der Restbetrag der Prämien vom Versicherungsnehmer in die Konkursmasse einzuzahlen. Es mag dies als eine Härte erscheinen. Die Nachzahlung des Restbetrages ist aber in der durch den zweiseitigen Versicherungsvertrag gegebenen Rechtslage begründet.

Die Bezugsberechtigten erhalten zunächst ihren Anteil aus dem Verwertungserlös der Anlagewerte des Sicherungsfonds, der nach Art. 14 auch bei der konkursmässigen Verwertung ausschliesshch zur Befriedigung der durch ihn sicherzustellenden Ansprüche dient. Der hierbei nicht gedeckte Betrag der Forderung ist auf die Konkursmasse angewiesen und in der III. Klasse prh ilegiert (Art. 26).

ÌV. Strafbestimmungen.

Art. 31. Ordnungsbussen.

Wie schon das Aufsichts- und Kautionsgesetz, so unterscheidet auch der Entwurf zwischen gerichtlichen Strafen und administrativen Ordnungsbussen.

Art. 31 gibt dem Bundesrat die Kompetenz zu administrativen Strafverfügungen bei Widerhandlungen gegen die Vorschriften des Entwurfes oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen oder Verfügungen. Darunter fallen irgendwelche Widerhandlungen gegen Vorschriften des Entwurfes, namentlich auch solche, die keine gerichtliche Bestrafung nach sich ziehen.

So, wenn die Gesellschaft es unterlässt, den Sollbetrag innerhalb der ersten vier Monate des neuen Rechnungsjahres festzustellen (Art. 4, Abs. 1), oder der in Art. 9 vorgesehenen Verpflichtung zur Vorlage der verlangten Nachweise an den Bundesrat nicht gehörig nachkommt. Eine Ordnungsbusse kann aber auch ausgesprochen werden, wenn den zur Ausführung des Entwurfes erlassenen Verordnungen oder Verfügungen des Bundesrates zuwidergehandelt wird. Als Beispiel sind zu nennen Fälle, wo die Gesellschaft eine vom Bundesrat gestützt auf Art. 4, Abs. 2 verfügte Feststellung des Sollbetrages während des Rechnungsjahres nicht vornimmt oder wo sie sich einer Missachtung der Verfügung des Bundesrates über den Verwahrungsort (Art. 13) schuldig macht.

Die Ausfällung der Administrativstrafe fällt in die Kompetenz des Bundesrates und ist ein Ausfluss deiner Stellung als Aufsichtsbehörde über das private Versicherungswesen. Die Administrativstrafe besteht, wie auch nach dem Kautionsgesetz, in einer Ordnungsbusse bis auf fünftausend Franken und kann sowohl gegen Gesellschaften als solche und deren Organe, als auch

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gegen die verantwortlichen Leiter und gegen die bei der Umgehung des «Gesetzes beteiligten Hilfspersonen ausgesprochen werden.

Art. 38. Strafen (vgl. S. 904).

Die Versicherten besitzen, wie oben S. 918 ff. ausgeführt wurde, keinen ·dinglichen Anspruch an den Werten des Fonds. Dagegen sollen sie gegenüber rechtswidrigen Verfügungen über Werte des Ponds, welche ihre Sicherheit beeinträchtigen können, strafrechtlich geschützt werden. Art. 82 enthält die verschiedenen strafrechtlichen Tatbestände, die an die im Entwurf enthaltenen Verpflichtungen zur Bestellung und Erhaltung des Sicherungsfonds im Sollbetrage anknüpfen. In subjektiver Hinsicht ist ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln der Täter erforderlich; dabei wird jedoch blosse Fahrlässigkeit geringer bestraft.

Nach Art. 32, lit. a ist strafbar die falsche Berechnung des Sollbetrages ·des Sicherungsfonds oder die Mitteilung eines falschen Betrages an die Aufsichtsbehörde, sei es mit Vorsatz, sei es aus Fahrlässigkeit. Liegt kein Verschulden vor, wie bei blossem Kechhungsfehler oder bei irrtümlicher Übermittlung eines unrichtigen Betrages an die Aufsichtsbehörde, so kann keine gerichtliche Bestrafung eintreten. Eine Strafandrohung gegen verschuldete Falschberechnung oder Falschmitteilung des Sollbetrages ist dagegen erfor·derlich und gerechtfertigt, da diese Handlungen geeignet sind, die den Versicherten zukommende Sicherheit zu beeinträchtigen. Andere Verletzungen der Vorschriften des Art. 4, wie namentlich die Fristversäumnis, sind nicht gerichtlich, sondern gegebenenfalls administrativ durch Ordnungsbusse strafbar.

Ergibt die Feststellung des Sollbetrages, dass der Fonds ergänzt werden muss, so sind ihm die hierzu erforderlichen Werte innerhalb der in Art. 6 vorgesehenen Fristen zu überweisen. Die vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassung dieser Ergänzung des Sicherungsfonds ist in lit. b unter Strafe gestellt.

Die Überweisung der Werte an den Fonds erfolgt durch ihre Eintragung in das in Art. 7 des Entwurfes vorgesehene Register. Die Gesellschaft, welche die Führung dieses Eegisters unterlässt, verhindert damit die Bestellung oder Ergänzung des Fonds und ist daher ebenfalls strafbar.

Art. 82, lit. c umfasst die Fälle der rechtswidrigen Verfügung über Werte des Sicherungsfonds. Nach Art. 10 des Entwurfes darf die Gesellschaft aus
dem Sicherungsfonds Werte nur gegen gleichzeitigen, vollwertigen Ersatz ausscheiden. Doch kann der Bundesrat aus besonderen Gründen für den Ersatz der ausscheidenden Werte Fristen bewilligen. Ein in Zuwiderhandlung gegen diese Vorschriften vorgenommenes Ausscheiden von Werten aus dem Fonds ist strafbar. Davon werden jedoch diejenigen Fälle nicht betroffen, wo das Ausscheiden mit Einwilligung der Aufsichtsbehörde erfolgt, wie namentlich bei Freigabe von Werten entsprechend Art. 11 des Entwurfes wegen Überdeckung oder zwecks Kautionsbestellung in einem ausländischen Staate. "Als Ausscheiden von Werten fallen alle Handlungen in Betracht, welche die Werte

941 dem Fonds -- und damit der Haftung zugunsten der Versicherten -- ganz oder teilweise entziehen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen. Einmal, .indem Werte, die im Eegister des Fonds eingetragen sind, daraus ohne Ersatz und ohne Einwilligung der Aufsichtsbehörde gestrichen werden. Ferner aber auch, ohne dass die Streichung im Eegister erfolgt, dadurch, dass die Werte an Dritte veräussert oder mit Pfandrechten belastet werden, da die Eechte gutgläubiger Dritter gemäss Art. 8 des Entwurfes vorgehen.

Als besonderer Fall des Ausscheidens von Werten wird in lit. c noch ausdrücklich erwähnt die Veräusserung oder Belastung von Grundstücken, die in das Eegister eingeschrieben sind. Eine solche Verfügung über Grundstücke wird vom Zeitpunkte an, wo gemäss Art. 7, Abs. 2 des Entwurfes eine Verfügungsbeschränkung im Grundbuch vorgemerkt ist, überhaupt nicht mehr möglich sein. Die Veräusserung oder Belastung ist aber schon vorher, sobald das Grundstück im Eegister der Gesellschaft eingetragen ist, unstatthaft und strafbar.

Endlich ist überhaupt jede vorsätzliche oder fahrlässige Handlung, welche die Sicherheit der Werte des Fonds vermindert, unter Strafe gestellt, selbst wenn ein Ausscheiden dieser Werte aus dem Fonds nicht stattfindet.

Lit. d des Art. 32 vereinigt gewisse Fälschungstatbestände, wie die unrichtige Verurkundung erheblicher Tatsachen in den Eegistern oder in den der Aufsichtsbehörde einzureichenden Verzeichnissen (Art. 9 des Entwurfes), deren Fälschung oder Verfälschung, überhaupt allgemein jede falsche Angabe gegenüber der Aufsichtsbehörde über den Sicherungsfonds oder die Anlagen.

Der Kreis der strafbaren Personen wurde, wie bereits in Art. 20 des Kautionsgesetzes, weit gezogen. Die Gesellschaft als solche scheidet hier -- im Gegensatz zur administrativen Ordnungsbusse -- aus, da sich die gerichtliche Bestrafung nur gegen physische Personen richten kann. Dagegen können nicht' nur Organe, die statutarisch vorgesehen sind, sondern auch verantwortliche Leiter und Hilfspersonen der Gesellschaft strafbar werden, sofern sie sich einer der in lit. a bis d aufgeführten Handlungen schuldig machen. Die Verantwortlichkeit wird im Einzelfall festgestellt werden müssen.

Handelt der Täter vorsätzlich, so besteht die Strafe in Gefängnis oder Busse bis auf zwanzigtausend Franken ; beide Strafen
können verbunden werden.

Gefängnis kann gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 4. Februar 1853 über das Bundesstrafrecht bis auf 6 Jahre ausgesprochen werden. Diese Strafbestimmung ist strenger als diejenige in Art. 20 des Kautionsgesetzes, wo die Gefängnisstrafe auf höchstens zwei Jahre begrenzt ist. Diese strengere Strafdrohung rechtfertigt sich als Korrelat der grösseren tatsächlichen Möglichkeit zu rechtswidriger Verfügung über die Werte des Sicherungsfonds, im Vergleich zur Kaution. Es sei nur daran erinnert, dass, während die Kaution bei der Schweizerischen Nationalbank oder an einem vom Bundesrat bezeichneten Drittort zu hinterlegen ist, der Sicherungsfonds von der Gesellschaft, allerdings getrennt von ihrem übrigen Vermögen, verwahrt wird. Die Straf beBundesblatt.

80. Jahrg.

Bd. II.

71

942 Stimmungen bilden einen -wesentlichen Teil des Schutzes der Versicherten und können daher einer gewissen Strenge nicht entbehren.

Bei blosser Fahrlässigkeit soll die Strafe, wie auch im Kautionsgesetz, bis auf zehntausend Franken Busse gehen können. Eine Gefängnisstrafe ist für diesen Fall nicht vorgesehen.

Art. 33. Geltung des Bundesstraîrechtes.

Auf die in Art. 82 bezeichneten strafbaren Handlungen sind subsidiär die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 4. Februar 1853 über das Bundesstrafrecht anwendbar. Es sind dies Titel l--7 des ersten Abschnittes betreffend Strafen, Vorsatz und Fahrlässigkeit, Vollendung und Versuch, Urheberschaft und Mitschuld, Zurechnung und Zumessung der Strafe und Erlöschen der Strafbarkeit durch Verjährung.

Art. 34. Bnndesstrafgeiichtsbaikeit.

Die in Art. 32 genannten strafbaren Handlungen sind der Bundesstrafgerichtsbarkeit unterstellt. Gemäss Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 und 25. Juni 1921 kann jedoch der Bundesrat die Untersuchung und Beurteilung auch dieser Strafalle den kantonalen Behö'den übertragen. Doch haben die Kantons behörden bei der Beurteilung das Bundesstrafrecht anzuwenden.

Art. 35. Konzessionsentzug.

Hat eine administrative oder gerichtliche Bestrafung stattgefunden, so kann der Bundesrat, wie nach Kautionsgesetz, der Gesellschaft die Konzession entziehen. Dieser Konzessionsentzug steht auch bei gerichtlicher Bestrafung nur dem Bundesrat und nicht dem urteilenden Gericht, sei es das Bundesstrafgericht oder ein mit der Beurteilung beauftragtes kantonales Gericht, zu.

Ob ein Entzug stattzufinden hat, ist nicht von strafrechtlichen, sondern von aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten aus zu entscheiden. Dazu ist ausschliesslich der Bundesrat als Aufsichtsbehörde in der Lage. Bei seinem Entscheid über den Konzessionsentzug ist er an die in Art. 9, Abs. 2 VAG vorgesehene Frist nicht gebunden.

V. Übergangs- und Schlussbestimmungen (vgl. S. 904 ff.).

Art. 36. Erstmalige Bestellung des Fonds.

Den Ausgangspunkt für die Errichtung des Sicherungsfonds bildet die erstmalige Feststellung seines Sollbetrages und die Überweisung der entsprechenden Anlage werte an den Fonds. Auf welchen Zeitpunkt die erstmalige Bestellung des Fonds zu erfolgen hat, kann im Gesetz nicht zum vornherein festgesetzt werden. Massgebend hierfür ist nicht allein das Datum des Inkraft-

943 tretens des Gesetzes, sondern es werden auch die besonderen Verhältnisse bei den einzelnen Gesellschaften mit in Betracht gezogen werden müssen. Der Entwurf überlässt daher die Bestimmung dieses Zeitpunktes dem Bunderat.

Als Grundsatz wird zu gelten haben, dass die Bestellung des Fonds nach dem Inkrafttreten des Gesetzes möglichst rasch und möglichst gleichzeitig erfolgen soll.

Art. 37. Vom Bückversicherer verwahrte Werte.

Der in Art. l, Abs. l aufgestellte Grundsatz, dass der Erstversicherer auch die rückversicherten Beträge sicherzustellen habe, bedingt, dass er auch die Anlagewerte des Deckungskapitals des rückversicherten Teils in Verwahrung hält. Dies ist in der Lebensversicherung auch allgemein Übung.

Indessen werden auf Grund älterer Verträge auch heute noch in Einzelfallen die Werte des Deckungskapitals vom Bückversicherer verwahrt. Von den Werten des Deckungskapitals der in Bückversicherung gegebenen Beträge der inländischen Lebensversicherungsgesellschaften befinden sich insgesamt noch Fr. 10,358,991 in Verwahrung des Bückversicherers, wenn die Beträge in ausländischen Valuten zum Bilanzierungskurs in Schweizerfranken umgerechnet werden. Um diese Werte in die Verwahrung des Erstversicherers zu überführen, bedarf es einer Verständigung zwischen diesem und dem Bückversicherer. Der Bundesrat soll befugt sein, die hierfür notwendigen Fristen zu bewilligen. In der Zwischenzeit wird das Guthaben an den Bückversicherer die fehlenden Werte des Sicherungsfonds zu ersetzen haben, es sei denn, dass der Erstversicherer aus eigenen Mitteln Deckung leiste.

Art. 38. Sicherstellung der Versicherungen des Hilfsgesetzes.

Nach Art. 44 des Hilfsgesetzes vom 8. April 1924 haben die schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften die Werte der Deckungskapitalien der auf Grund des genannten Gesetzes bei ihnen abgeschlossenen Versicherungen im ganzen Umfange bei der Schweizerischen Nationalbank zu hinterlegen. Die Hinterlagen haften als Kaution in erster Linie für die neuen Versicherungen.

Der Gesetzgeber wollte also für diese eine Sondergarantie schaffen, was im bisherigen Becht nur durch eine Kautionsbestellung nach Massgabe des Kautionsgesetzes geschehen konnte.

Die durch das Hilfsgesetz vorgesehene Sicherstellung dieser Versicherungsbestände will der Entwurf belassen. Dagegen soll diesen
Hinterlagen nicht mehr der Charakter einer Kaution im Sinne des Kautionsgesetzes zukommen, vielmehr sollen sie besondere Fonds im Sinne des Art. l, Abs. 2 des Sicherstellungsgesetzes bilden. Es finden also auf sie alle Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung, und die Schweizerische Nationalbank kann dabei als ein durch Gesetz verfügter besonderer Verwahrungsort im Sinne des Art. 18, Abs. 2, Satz 2 des Entwurfes gelten.

944

Art. 39. Aul ausländische Gesellschaften anwendbare Bestimmungen.

Dieser Artikel tritt insofern aus dem Bahmen des Gesetzes heraus, als er die Anwendung einzelner Bestimmungen desselben auch auf die ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften vorsieht. Es betrifft dies die Befugnis des Bundesrates, zur Erhaltung des Versicherungsbestandes im Sanierungsverfahren oder im Konkurse der Gesellschaft besondere Massnahmen zu treffen.

Das Kautionsgesetz beschrankt diese Befugnisse des Bundesrates bei den ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften auf das Rückkaufs- und Beleihungsverbot für eine Höchstdauer von drei Jahren (Art. 8, Abs. 2 und Art. 9, Abs. 2 VKG). Die Erwägungen, die dazu führten, im Entwurf im Interesse der Erhaltung des zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungsbestandes dem Bundesrat weitergehende Befugnisse einzuräumen, können auch für den schweizerischen Versicherungsbestand der auslandischen Lebensversicherungsgesellschaften Geltung beanspruchen. Das Fehlen solcher Befugnisse hat sich namentlich auch bei der Liquidation der schweizerischen Bestände der deutschen Lebensversicherungsgesellschaften nachteilig fühlbar gemacht.

Art. 39 will dieser Sachlage Eechnung tragen und dem Bundesrat gegenüber den ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften die gleichen Befugnisse einräumen, wie sie ihm nach Art. 16, Abs. 2 und Art. 29 des Entwurfes nunmehr den inlandischen Gesellschaften gegenüber zustehen sollen.

Diese beiden Artikel werden demnach die Bestimmungen der Art. 8, Abs. 2 und Art. 9, Abs. 2 VKG ersetzen.

Art. 40. Vollziehung.

Der Bundesrat vollzieht das Gesetz. Er wird die hierfür erforderlichen Anordnungen und Weisungen allgemeiner Natur in einer Verordnung zusammenfassen.

Art. 41. Anfechtung durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Bundesgesetz über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege bestimmt in Art. VII, Abs. l des Anhangs, dass alle Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes oder des Versicherungsamtes, die auf Grund des Versicherungsaufsichts- oder Kautionsgesetzes getroffen werden, der Anfechtung durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne des Art. 4, lit. c, des Gesetzes unterliegen, ausgenommen die Verweigerung der Bewilligung zum Betriebe eines Versicherungsunternehmens. In Abs. 2, lit. a bis /wird
eine Anzahl der wichtigsten Fälle solcher Entscheide beispielsweise angeführt.

Die in Art. VII des Anhanges des Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflegegesetzes erwähnten Gesetze bildeten zur Zeit des Erlasses desselben die gesetzliche Grundlage der Aufsicht über das private Versicherungswesen.

Zu den Aufsichtsgesetzen tritt nun noch das Sicherstellungsgesetz hinzu. Es besteht kein Grund dafür, dass die für das Versicherungsaufsichts- und

945 Kautionsgesetz geltende Regelung betreffend die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht auch für das Sicherstellungsgesetz Geltung haben soll. Art. 41 des Entwurfes soll dieser Tatsache Rechnung tragen.

Mit dieser Ordnung werden gemäss Art. 50 des Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflegegesetzes auch Entscheide auf Grund des Sicherstellungsgesetzes von Gesetzes wegen an das Departement oder das Versicherungsamt delegiert. Die Vollziehungsverordnung des Bundesrates wird die Zuständigkeit der beiden Instanzen bestimmen.

Art. 42. Aufhebung bisherigen Rechtes.

Die Vorschriften des gesamten bisherigen Rechtes werden aufgehoben, soweit sie mit den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes in Widerspiuch stehen. Es wurde die allgemeine Eorm der Derogationsklausel gewählt, da es nicht möglich wäre, die dem neuen Gesetz widersprechenden Vorschriften in diesem erschöpfend aufzuzahlen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 23. November 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

946 (Entwurf.)

fiundesgesetz betreffend

die Sicherstellung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen inländischer Lebensversicherungsgesellschaften.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, . gestützt auf Art. 34, Abs. 2, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. November 1928, beschliesst : L Der Sicherungsfonds.

Art. 1.

Jede inländische Lebensversicherungsgesellschaft, die auf Grund des Bundesgesetzes betreffend Beaufsichtigung von Privatunterneh1. Sieheretellung; der Versiche- mungen im Gebiete des Versicherungswesens vom 25. Juni 1885 rnngsanaprü- (Aufsichtsgesetz) der Aufsicht des Bundes untersteht, hat die Anche.

sprüche aus den von ihr abgeschlossenen Lebensversicherungen durch einen Fonds (Sicherungsfonds) sicherzustellen. Für die rückversicherten Beträge hat der Erstversicherer Sicherstellung zu leisten.

Der Bundesrat kann verfügen, dass für einzelne Gruppen von Versicherungen besondere Fonds gebildet werden.

Zweckbestimmung.

Art. 2.

2. Ausnahmen.

Sollbetrag.

1. Umfang.

Die Pflicht zur Sicherstellung gemäss diesem Gesetze besteht nicht hinsichtlich der Versicherungen, die im Ausland sichergestellt werden müssen.

Art. 3.

Der Sollbetrag des Sicherungsfonds ist gleich der Summe 1. des geschäftsplanmässig berechneten Deckungskapitals für die laufenden Versicherungen ; 2. der Rückstellung für schwebende Versicherungsleistungen;

947

3. der den einzelnen Versicherungsnehmern gutgeschriebenen Gewinnanteile; 4. eines angemessenen Zuschusses.

Vom Sollbetrag können Darlehen und Vorauszahlungen auf Versicherungen, sowie ausstehende und gestundete Prämien abgezogen werden.

Art. 4.

Die Gesellschaft hat den Sollbetrag binnen der ersten vier 2. Feststellung.

Monate des neuen Rechnungsjahres festzustellen. Er ist auf den Zeitpunkt des Rechnungsabschlusses zu berechnen.

Aus wichtigen Gründen kann der Bundesrat verfügen, dass eine Feststellung des Sollbetrages während des Rechnungsjahres auf einen von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt vorzunehmen sei.

Der Bundesrat kann jederzeit eine Schätzung des Sollbetrages anordnen.

Art. 5.

Der Sicherungsfonds ist von der Gesellschaft durch die Über- Bestellung des Weisung von Werten im Umfange seines Sollbetrages zu bestellen. t. Überweisung von Werten.

Art. 6.

Ergibt sich bei der Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, a.Ejganzung Abs. l, dass der Fonds ergänzt werden muss, so sind ihm die hierzu erforderlichen Werte binnen eines Monates zu überweisen.

Ergibt sich bei der Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, Abs. 2 oder bei der Schätzung nach Art. 4, Abs. 3, dass der Fonds nicht voll gedeckt ist, so bestimmt der Bundesrat die Frist, binnen welcher er ergänzt werden muss.

Art. 7.

Die Überweisung der Werte an den Fonds erfolgt durch ihre 3. Register.

Eintragung in ein von der Gesellschaft nach Weisung des Bundesrates zu erstellendes Register.

Werden Grundstücke als Werte angenommen, so ist überdies im Grundbuch durch Anordnung des Bundesrates eine Verfügungsbeschrankung im Sinne des Art. 960 des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 vorzumerken.

Art. 8.

Die Werte gelten als zum Fonds gehörend, solange sie im 4. Wirkung der Register eingetragen sind und soweit nicht Dritte an denselben '"rasung' gutgläubig Rechte erworben haben.

948

Art. 9.

Dem Bundesrat Dem Bundesrat sind von der Gesellschaft binnen eines Nachweise. Monates nach, der Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, Abs. l der Sollbetrag und ein Verzeichnis der Werte des Sicherungsfonds mitzuteilen.

Der Bundesrat bestimmt die Form dieser Nachweise.

Art. 10.

Ausscheiden von Die Gesellschaft darf aus dem Sicherungsfonds Werte nur gegen i Eisatz " gleichzeitigen, vollwertigen Ersatz ausscheiden.

Der Bundesrat kann jedoch der Gesellschaft aus besondern Gründen für den Ersatz der ausscheidenden Werte Fristen bewilligen.

2. Freigabe

Art. 11.

Ergibt die Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, Abs. l eine Überdeckung des Sicherungsfonds, so gibt der Bundesrat der Gesellschaft den dem Mehrbetrag entsprechenden Teil der Werte frei.

Der Bundesrat kann Werte freigeben, wenn die Überdeckung des Fonds sich aus einer Feststellung des Sollbetrages nach Art. 4, Abs. 2 oder aus einer Schätzung nach Art. 4, Abs. 3 ergibt, oder wenn die Gesellschaft von sich aus eine Überdeckung nachweist.

Art. 12.

Zulässige Werte.

Der Bundesrat bestimmt auf dem Verordnungsweg, welche Werte zur Bildung des Sicherungsfonds zugelassen werden, wie sie einzuschätzen sind und in welchem Umfange der Fonds in schweizerischen Werten zu bestellen ist.

Art. 13.

Verwahrung des

Die Gesellschaft hat die Werte des Sicherungsfonds getrennt von ihrem übrigen Vermögen zu verwahren.

Der Ort der Verwahrung unterliegt der Genehmigung des Bundesrates. Aus wichtigen Gründen kann dieser jederzeit eine Änderung des Verwahrungsortes verfügen.

Die Gesellschaft kann Werte aus der Verwahrung vorübergehend zurückziehen, wenn die Verwaltung des Fonds es erfordert.

Art. 14.

Haftung des Die Werte des Sicherungsfonds und ihre ausstehenden Erträg°" *' nisse haften gemäss den Vorschriften dieses Gesetzes in erster Linie für die durch ihn sicherzustellenden Ansprüche.

949 u. Sichernde Massnahmen.

Art. 15.

Erscheinen die Interessen der Versicherungsnehmer gefährdet, Sanierungsso fordert der Bundesrat die Gesellschaft auf, die zum Zwecke der massnahmen.

Sanierung erforderlichen Massnahmen zu treffen.

Der Bundesrat ist befugt, die Einberufung einer Generalversammlung oder eines andern zur Beschlussfassung über die Sanierungsmassnahmen zuständigen Organes der Gesellschaft zu verlangen. Er kann sich bei den Verhandlungen der Gesellschaftsorgane über die Sanierung vertreten lassen.

Art. 16.

Der Bundesrat kann die in Art. 6, Abs. l erwähnte Frist zur Verfugungen des Bundesrates.

Ergänzung des Sicherungsfonds verlängern.

Er kann überdies den Rückkauf und die ßeleihung von Policen untersagen oder der Gesellschaft für ihre Verpflichtungen, sowie den Versicherungsnehmern für die Prämienzahlung Stundung gewähren.

Während der Stundung der Prämienzahlung kann die Aufhebung der Versicherung oder die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung nur auf schriftliches Begehren des Versicherungsnehmers erfolgen.

Art. 17.

Ist eine Sanierung nicht möglich und wird die Gesellschaft Bestellung eines liquidiert, so ist der Bundesrat befugt, ihr einen Liquidator zu Liquidators.

bestellen.

III. Konkurs.

Art. 18.

Die Konkurseröffnung über eine Gesellschaft darf nur mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen.

Art. 19.

Erklärt die Verwaltung der Gesellschaft gemäss Art. 657,' Abs. 2 oder Art. 704, Abs. l des Obligationenrechtes ihre' Zahlungsunfähigkeit oder verlangt ein Gläubiger die Konkurseröffnung, so gibt der Konkursrichter dem Bundesrat hiervon unverzüglich Kenntnis.

Das Gericht setzt bis auf weiteres das Erkenntnis über die Konkurseröffnung aus.

Art. 20.

Der Bundesrat prüft, ob eine Sanierung noch möglich sei.

Gegebenenfalls wird er die in Art. 15 und 16 erwähnten Anordnungen und Verfügungen treffen.

Konkurseröffnung.

1. Zustimmung des Bundesrates.

2. Benachrichtigrung des Bundesratea.

3. Massnahinen des Bundesrates.

950

4. Bewilligung der Konkurseröffnung.

Art. 21.

Kommt die Sanierung nicht zustande, so bewilligt der Bundesrat die Fortsetzung des Konkursverfahrens durch den Konkursrichter.

5. Nichtanwendung des Art. 87 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag.

Art. 22.

Die Konkurseröffnung hat für die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen die in Art. 37, Abs. l des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908 vorgesehene Auflösung der Versicherungsvertrage nicht zur Jbolge.

Konkursverfahren, l. Schuldenruf

Art. 23.

Der Bundesrat kann für den Schuldenruf besondere, von den Bestimmungen des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 abweichende Vorschriften aufstellen.

Versicherungsansprüche, die anhand der Register der Gesellschaft festgestellt werden können, gelten als angemeldet.

Art. 24.

Der Bundesrat kann zur Durchführung des Konkurses eine besondere Konkursverwaltung ernennen und ihr sämtliche Befugnisse der Glàubigerversammlung übertragen.

Er kann jederzeit über den Stand des Konkursverfahrens Auskunft verlangen und der Konkursverwaltung verbindliche Weisungen erteilen.

Art. 25.

Ausgleichung Bestehen bei einer Gesellschaft mehrere Fonds, so sind Fehldes Fonds.

beträge der einen Fonds aus Überschlissen der andern Fonds zu decken.

Art. 26.

Konkursvorrech».

Die Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten besitzen für den nicht gedeckten Teil ihrer Versicherungsansprüche ein Konkursvorrecht in der dritten Klasse.

Das Konkursvorrecht nach Abs. l besteht für die zum Sicherungsfonds gehörenden Versicherungen zugunsten des Fonds.

2. KonkursVerwaltung.

Art. 27.

Verwendung des Der Bundesrat kann im Konkurse der Gesellschaft den Sichei "über"TM u" *' Fingsfonds dazu verwenden, um den durch diesen sichergestellten oder Liqui- Versicherungsbestand mit Rechten und Pflichten ganz oder teilweise dation von Bundes wegen.

951

auf eine andere Gesellschaft zu übertragen oder von Bundes wegen nach Massgabe der Versicherungsverträge zu liquidieren.

Art. 28.

Macht der Bundesrat von der Befugnis des Art. 27 Gebrauch, 2. Übergang so gehen die Werte des Sicherungsfonds von Gesetzes wegen auf der Werteden neuen Versicherungsträger oder auf den Bund über.

Auf Grundstücke findet Art. 656, Abs. 2 des schweizerischen Zivilgesetzbuches Anwendung.

Art. 29.

Reicht der Sicherungsfonds zu einer Massnahme des Art. 27 s Herabsetzung nicht aus, so kann der Bundesrat, um eine solche Massnahme zu nmgs-6TM10 °" ermöglichen, die Bedingungen der zum Fonds gehörenden Versiehe- anspruche.

rungen ändern und die Versicherungsansprüche und Ansprüche auf gutgeschriebene Gewinnanteile bis zu einem den vorhandenen Mitteln entsprechenden Betrage herabsetzen.

Art. 30.

Liegt die Herabsetzung der Versicherungsansprüche nach dem Konkursmasse Ermessen des Bundesrates nicht im Interesse der Gesamtheit der sIcnTru'ngs&nSs.

Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten, so beauftragt er die Konkursverwaltung mit der Verwertung des Sicherungsfonds.

Mit der Verfügung des Bundesrates nach Abs. l erlöschen die Versicherungsverträge. Die Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten können nunmehr die Ansprüche des Art. 36, Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag, sowie die Ansprüche auf fallige Versicherungen und gutgeschriebene Gewinnanteile geltend machen.

IV. Strafbestimmungen.

Art. 31.

Der Bundesrat kann gegen Gesellschaften, ihre Organe, verant- Ordnungsbussen, wortlichen Leiter und Hilfspersonen, die den Vorschriften dieses Gesetzes oder den zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen oder Verfügungen zuwiderhandeln, Ordnungsbussen bis auf fünftausend Franken aussprechen.

952

strafen.

Art. 32.

Organe, verantwortliche Leiter und Hilfspersonen einer Gesellschaft, die vorsätzlich a. den Sollbetrag des Sicherungsfonds falsch berechnen oder der Aufsichtsbehörde einen falschen Betrag mitteilen; b. es unterlassen, den Sicherungsfonds innerhalb der Fristen des Art. 6 oder Art. 16, Abs. l zu ergänzen und die Register des Fonds zu führen ; o. aus dem Sicherungsfonds ohne Einwilligung der Aufsichtsbehörde Werte ausscheiden, ohne sie gleichzeitig oder innerhalb der nach Art. 10, Abs. 2 gewährten Frist durch andere vollweitige Werte zu ersetzen, oder Grundstücke, die in das Register eingetragen sind, zum Nachteil des Fonds belasten oder veräussern, oder Handlungen vornehmen, welche die Sicherheit der Werte des Fonds vermindern; d. in den Registern oder in den der Aufsichtsbehörde einzureichenden Verzeichnissen erhebliche Tatsachen unrichtig verurkunden, diese Register und Verzeichnisse falschen oder verfälschen oder der Aufsichtsbehörde anderweitig falsche Angaben über den Sicherungsfonds oder die Anlagen machen werden mit Gefängnis oder mit Busse bis auf zwanzigtausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Handelt der Tätei fahrlässig, so wird er mit Busse bis auf zehntausend Franken bestraft.

Art. 33.

Geltung des Die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 4. Ferechtes. " bruar 1853 über das Bundesstrafrecht finden auf die in Art. 32 bezeichneten strafbaren Handlungen Anwendung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird.

Art. 34.

BundesstrafDie in Art. 32 genannten strafbaren Handlungen sind der 9 ar 6| · Buudesstrafgerichtsbarkeit unterstellt. Der Bundesrat kann die Untersuchung und Beurteilung den kantonalen Behörden übertragen (Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 und 25. Juni 1921).

Konzessionsen zug.

Art. 35.

Der Bundesrat kann in den Fällen der Art. 31 und 32 der Gesellschaft die Konzession entziehen.

953

V. Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Art. 36.

Der Bundesrat bestimmt, auf welchen Zeitpunkt der Sollbetrag erstmals zu berechnen und der Sicherungsfonds zu bestellen ist.

Art. 37.

Der Bundesrat kann der Gesellschaft zur Überführung der vom Rückversicherer verwahrten Werte in den Sicherungsfonds Fristen bewilligen.

Erstmalige Bestellung des Fonds.

Vom Rückversicherer verwahrte Werte.

Art. 38.

Die Werte, die nach Art. 44 des Bundesgesetzes betreffend die Verwendung der Kautionen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften und eine den schweizerischen Versicherten zu gewahrende Bundeshilfe vom 8. April 1924 bei der Schweizerischen Nationalbank hinterlegt sind, bilden besondere Fonds im Sinne des Art. l, Abs. 2 dieses Gesetzes.

Art. 39.

Die Art. 16, Abs. 2 und Art. 29 dieses Gesetzes finden auch auf den schweizerischen Versicherungsbestand der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften Anwendung.

Sicherslejlung der Versicherungen des Hilfsgesetzes.

Auf ausländische Gesellschaften anwendbare Bestimmungen.

Art. 40.

Der Bundesrat vollzieht das Gesetz. Er erlasst die zu seiner Ausführung erforderlichen Verordnungen.

Vollziehung.

Art. 41.

Die auf Grund dieses Gesetzes vom eidgenössischen Justiz- und Anfechtung durch VerwaltungsPolizeidepartement oder vom Versicherungsamt getroffenen Entscheide die gerichts, beschwerde.

unterliegen der Anfechtung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. VII des Anhanges zum Bundesgesetz über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege, vom 11. Juni 1928.

Art. 42.

Die Vorschriften des bisherigen Rechtes werden aufgehoben, soweit sie mit diesem Gesetz in Widerspruch stehen.

Aufhebung bisherigen Rechtes.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Sicherstellung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen inländischer Lebensversicherungsgesellschaften. (Vom 23. November 1928.)

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