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4458 Neunter Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 2. November 1948.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom 8. April bis zum 7. Oktober 1948 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität ergriffen haben.

Departemente.

B. Departement des Innern.

Am 6. August 1943 erliess der Bundesrat, wie in den Jahren 1989, 1940, 1941 und 1942, jagdgesetzliche Bestimmungen über die Ausübung der Jagd (A. S. 59, 619).

Es wurde die gleiche Eegelung getroffen -wie im Jahre 1942. Während die Bundesratsbeschlüsse über die Ausübung der Jagd der vergangenen Jahre jeweilen auf das laufende Jahr befristet waren, bleibt dagegen der Bundesratsbeschluss vom 6. August 1948 ab 12. August 1948 bis auf weiteres in Kraft.

C. Justiz- und Polizeidepartement.

I. Jnstizabteilung.

Bundesratsbeschlüsse über den A u f s c h u b des Umzugstermins in den Gemeinden Bern vom 16. April 1943 (A. S. 59,321), Grenchen vom 20. April und 14. September 1948 (A. S. 59, 323 und 728), Biel vom 22, April 1943 (A. S. 59, 340), Biberist vom 14. September 1943 (A. S. 59,780), Solothurn vom 20. September 1943 (A. S. 59, 751), Derendingen vom 22. September 1948 (A. S. 59, 753) u n d Chur vom 27. September 1948 (A. S. 59, 768). In diesen Gemeinden machte es die Schwierigkeit bei der Beschaffung von Baumaterial wiederum notwendig, einen Aufschub des ordentlichen Umzugstermins zu bewilligen, weil verschiedene

99fi Neubauten, namentlich ganze Wohnkolonien, nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnten, so dass jeweilen viele Familien obdachlos geworden wären, wenn sie am ordentlichen Urnzugstag ihre bisherige Wohnung hätten verlassen müssen. Zu den Schwierigkeiten der Materialbeschaffung trat in Chur speziell noch der Mangel an Arbeitskräften infolge des Aufgebots von Truppen im Anschluss an die Ereignisse in Italien. Die erlassenen Beschlüsse stimmen inhaltlich mit den frühern überein; so durfte insbesondere-der Aufschub des Umzugs stets nur von Fall zu Fall bewilligt worden (vgl. sechster, siebenter und achter Vollmachtenbericht in Bundesbl. 1942, S-328 und 745, und Bundesbl. 1943, S. 887).

Den Gesuchen zweier weiterer Gemeinden um Aufschub des Umzugstermins wurde nicht entsprochen. Es handelte sich in der einen Gemeinde nur um eine, in der andern Gemeinde nur um zwei Familien, die keine Wohnung gefunden hatten, ohne dass ihnen auf einen spätem Zeitpunkt eine neue Unterkunft bestimmt zur Verfügung gestanden hätte. Wir hielten dafür, dass hier keine generellen Gründe zum Aufschub des ordentlichen Umzugstermins vorlagen, so dass es sich nicht gerechtfertigt hätte, von den ausserordentlichen Gesetzgebungskompetenzen des . Bundesrates Gebrauch zu machen. Das Departement lehnte es daher ab, dem Bundesrat in diesen Fällen den Erlass eines Vollmachtenbeschlusses zu beantragen.

Bundesratsbeschluss vom 4. Oktober 1943 über die Verlängerung der Anpassungsfrist für Gesellschaften und Genossens c h a f t e n des alten Eechts (A, S. 59, 792). Nach Art. 2 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum revidierten Obligationenrecht haben Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens des Gesetzes im Handelsregister eingetragen sind, binnen einer Frist von fünf Jahren, d. h. bis zum 30. Juni 19~42, ihre Statuten den neuen Bestimmungen anzupassen. Kommen sie dieser Vorschrift nicht nach, so sind sie nach Ablauf dej: Frist durch den Handelsregisterführer von Amtes wegen als aufgelöst zu erklären.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 1941 verlängerte der Bundesrat auf Grund seiner Vollmachten die Anpassungsfrist bis zum 30. Juni 1944. Wegleitend war dabei die Tatsache, dass die durch den gegenwärtigen Krieg geschaffene Lage zahlreichen Gesellschaften die Anpassung
ihrer Statuten an das ne\ie Becht in ausserordentlicher Weise erschwert oder gar verunmöglicht. Abgesehen von den vielen kleinen Gesellschaften, die ihr Kapital auf die vorgeschriebene Mindesthohe bringen müssen, und den Genossenschaften, die vielfach ihre Eechtsform zu ändern haben, ist die Stàtuteiirevision -oft auch bei grossen Gesellschaften im jetzigen Zeitpunkt entweder nicht durchführbar oder dann nicht ratsam.

Diese Gründe sind auch jetzt noch masegebend. So ist, wie aus den verschiedenen Gutachten, die wiederum beim Vorort des Schweizerischen Ilandelsund Industrie Vereins, dem Schweizerischen Gewerbeverband und der Schweizerischen Bankiervereinigung eingeholt wurden, allgemein hervorgeht, für eine

997 Eeihe von Gesellschaften das Bedürfnis nach einer weitern Verlängerung der Anpassungsfrist vorhanden.

In Berücksichtigung dieser Tatsachen hat daher der Bundesrat die am 80. Juni 1944 ablaufende Anpassungsfrist um weitere drei Jahre, d. h. bis zum 30. Juni 1947, erstreckt. Diese Lösung wurde getroffen in der Annahme, dass einerseits vermutlich noch geraume Zeit verstreichen wird, bis wieder einigermassen normale Zustände herrschen werden und es anderseits während dieser dreijährigen Frist den betroffenen Gesellschaften möglich sein dürfte, ihre Statuten dem geltenden Eecht anzupassen.

II. Folizeiabteilnng.

Bundesratsbeschluss vom 18. Mai 1943 über A u s b ü r g e r u n g (A. 8. 59, 397). Schon 1941 war verlangt worden, man möchte Schweizern, die als ausgesprochene Schädlinge an Land und Volk handeln, das Bürgerrecht entziehen. Vorläufig wurde aber eine solche Massnahme nur für Doppelbürger vorgesehen. Der Bundesratsbeschluss vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechtes bestimmt deshalb in Art. 3 : Wenn das Verhalten eines Doppelbürgers den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist, kann das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ihm das Bürgerrecht entziehen.

Ausserdem kann das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement von einem in der Schweiz wohnhaften Doppelbürger verlangen, dass er sich der andern Staatsangehörigkeit entledige. Es kann ihm das Bürgerrecht entziehen, wenn er dies trotz vorhandener Möglichkeit nicht tut oder wenn er sich um die Beibehaltung der fremden Staatsangehörigkeit bemüht hat.

Bei Entzug des Bürgerrechts bestimmt das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, auf welche Familienglieder er sich erstreckt.

Es zeigte sich aber bald, dass das nicht genügte. Treibereien von Schweizern im Ausland gegen ihr Vaterland und deren Werben bei heimattreuen Schweizern verlangten nach einer weitergehenden Massnahme.

Schweizer, die sich, im Inland oder im Ausland, schwer gegen die Sicherheit oder die politische Unabhängigkeit des Landes vergangen haben, sind der Macht des schweizerischen Staates entzogen, solange sie sich im Ausland aufhalten.

Die Einleitung von Strafprozessen gegen Schweizer im Ausland verspricht in den gegenwärtigen Zeiten wenig Erfolg, Strafen können an ihnen nicht vollstreckt werden, solange sie nicht in die Schweiz zurückkehren.

Namentlich aber musste festgestellt werden, dass ins Ausland geflohene Schweizer mit andern abtrünnigen Elementen ihre Tätigkeit im Ausland fortsetzten und unter den treugebliebenen Schweizern Anhänger suchten. Die zum grössten Teil gut schweizerisch gesinnten Landsleute im Ausland fühlten sich von der Heimat im Stich gelassen, solange die vielfach äusserst aktiven Anhänger unschweizerieoher Anschauungen im Schutze dos Schwoizornamena sie mit ihrer Propaganda und Werbung für die von ihnen gegründeten Vereinigungen bedrängen konnten. Der Bundesrat sah sich deshalb, obgleich er sich der Bundesblatt. 95. Jahrg. Bd. I.

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grundsätzlichen Unerfreulichkeit der Ausbürgerung bewusst war, genötigt, diese für Schweizer im Ausland vorzusehen, die sich durch schwerwiegende Handlungen des Schweizerbürgerrechtes unwürdig erwiesen hatten.

Politische Sauberkeit und Klarheit verlangen, dass der Schweizername, der mit dem schweizerischen Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht verbunden ist, nicht zu vaterlandsfeindlicher Tätigkeit missbraucht wird.

Unsere Landsleute im Ausland aber haben einen Anspruch darauf, dass wir Klarheit schaffen und sie wenigstens auf diese Weise vor der Propaganda von solchen Treulosen schützen. Passentzug und Verweigerung von Unterstützungen wirken bei solchen Leuten nicht.

Mit Antrag vom 25. Januar 1948 legte das Justiz- und Polizeidepartement dem Bundesrat einen ersten Entwurf zu einem Bundesratsbeschluss über die Ausbürgerung vor.

Antrag und Entwurf gingen sodann zur konsultativen Beratung an die Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Eäte.

Die Vollmachtenkommission des Nationalrates nahm dazu am 1. Februar 1948, die ständerätliche Kommission am 2./3. Februar 1948 Stellung.

Die dabei geäusserten Wünsche und Anregungen sind bei der Ausarbeitung der endgültigen Fassung weitgehend berücksichtigt worden.

Für Einzelheiten wird auf den Antrag des Departementes an den Bundesrat vom 15. Mai 1943 verwiesen.

Der Ausbürgerungsentscheid steht dem Justiz- und Polizeidepartement zu.

Es hat zuvor die Stellungnahme des Heimatkantons einzuholen. Der Entscheid wird dem Betroffenen, dem Heimatkanton und der Heimatgemeinde eröffnet.

Allen drei steht der Bekurs an den Bundesrat offen. In der Praxis gibt das Justiz- und Polizeidepartement vor seinem Entscheid auch dem Auszubürgernden Gelegenheit zur Vernehmlassung; es macht ihn auch ausdrücklich auf die Möglichkeit des Bekurses aufmerksam.

Der Bundesratsbeschluss ist am 20. Mai 1948 in Kraft getreten. Seine Geltungsdauer ist auf 2 Jahre beschränkt, und es ist zu hoffen, dass sie nicht verlängert werden muss.

Aber schon die Tatsache seines Inkrafttretens hat ihre gute Wirkung gehabt und in den Kolonien wie bei den einzelnen Auslandschweizern Beruhigung und Sicherheit gebracht.

Als wirksames Mittel gegen vaterländsfeindliches Treiben treuloser Schweizer im Ausland ist in ausserordentlichen Zeiten die Ausbürgerung berechtigt, auch wenn sie, wie zu hoffen ist,
auf verhältnismässig wenig Fälle Anwendung findet.

m. Bundesanwaltschaît.

1. Durch den Bundesratsbeschluss vom 25. Mai 1948 über die Auflösung der «Eidgenössischen Arboiter- und Bauernpartei» (A. S. 59, 414) wurde diese an Zahl kleine rechtsextremistische Vereinigung aufgelöst, weil sie entgegen dem Versprechen des Leiters ihre politische Arbeit

999 nicht einstellte und viele Mitglieder wegen Verbrechen gegen den Staat und die Landesverteidigung verurteilt oder in Untersuchung gezogen worden sind; 2. Der B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 1. Juni 1948 b e t r e f f e n d Widerhandlungen gegen Parteiverbote (A. S. 59, 431) wurde durch die Kritik veranlagst, die während der Wintersession 1942 im Nationalrat bei der Beratung des 7. Vollmachtenberichtes, insbesondere bei der Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 4. August 1942 über Straf- und Verfahrensbestimmungen zum Schutze der Landesverteidigung und der Sicherheit der Eidgenossenschaft angebracht worden ist. Es wurden insbesondere die unterschiedlichen Strafandrohungen bei den Widerhandlungen gegen die Verbote der links- und rechtsextremistischen Parteien gerügt. Diese Ungleichheit ist darauf zurückzuführen, dass die Verbote gegen die Eechtsextremisten auf Art. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Dezember 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schutze der Demokratie abstellten, wahrend sich die sogenannten Kommuuistenerlasse auf den Bundesbeschluss vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität stützten. Eine weitere Ungleichheit bei der Verwahrung nach Art. 8 und der Sicherheitshaft des Art. 10 des genannten Bundesratsbeschlusses vom 4. August 1942 ist auf Streichungen im Entwurfe zu jenem Beschlüsse zurückzuführen, die in der konsultativen Beratung der nationalrätlichen Vollmachtenkommission beschlossen wurden. Vgl. Sten. Bull- Nat.

Eat 1942, 281 ff.

Der Bundesrat genehmigte am 15. Januar den Entwurf zum vorliegenden Beschlüsse und leitete ihn an die Vollmachtenkommissionen der beiden Bäte zur konsultativen Beratung weiter, die am S. Februar, 21. und 25. Mai stattfand.

Den von der ständerätlichen Kommission vorgeschlagenen Ergänzungen und Abänderungen konnte das Justiz- und Polizeidepartement nicht zustimmen.

Der neue Beschluss stellt eine selbständige Strafvorschrift gegen die Übertretung aller vom Bundesrat erlassenen Parteiverbote auf und beseitigt die bisherigen Ungleichheiten in den Strafandrohungen.

8. Am 6. Juli 1943 erliess der Bundesrat den Beschluss über die A u f lösung der «Eidgenössischen Sammlung» und der «Nationalen Gemeinschaft S c h a f f h a u s e n » (A. S. 59, 539).
Aus Ausführungen in den Zeitungsorganen der Eidgenössischen Sammlung und der Nationalen Gemeinschaft Schaffhausen «Die Front» und «Der Grenzbote» ging hervor, dass diese politische Bewegung die Neutralitätspolitik des Bundesrates nicht befolgen wollte. Auf Grund polizeilicher Feststellungen hatte sich ferner eine enge Verflechtung der Eidgenössischen Sammlung und der Nationalen Gemeinschaft Schaffhausen mit landesverräterischen Elementen ergeben.

Dem Leiter der Eidgenössischen Sammlung wurde im April 1942 in einer Einvernahme durch das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement Gelegenheit gegeben, eine Säuberung der Mitglieder und der politischen Haltung der Bewegung auf rein schweizerischem Boden durchzuführen. Der Leiter der

1000 Eidgenössischen Sammlung hätte seit dem April 1942 reichlich Zeit gehabt, den Nachweis zu erbringen, dass die Eidgenössische Sammlung auf dem Boden einer säubern Neutralitätspolitik arbeiten will. Dieser Nachweis ist nicht erbracht worden. Aus Berichten kantonaler Polizeibehörden, der Bundesanwaltschaft und des Armeeauditorates ergab sich, dass die Zahl der belasteten Mitglieder und der Anhänger der Bewegung, die in Strafverfahren wegen Landesverrates, verbotenen politischen und militärischen Nachrichtendienstes und ähnlicher Tatbestände verwickelt 'waren, zu gross wurde, als dass ein Weitergewährenlassen verantwortet werden durfte. Eine Partei, die eine so grosse Zahl von politisch unzuverlässigen und staatsgefährlichen Elementen aufweist und nicht gewillt oder fähig ist, selber Ordnung zu schaffen, ist selbst staatsgefährlich.

Mit dem- Verbot der Eidgenössischen Sammlung und der Nationalen Gemeinschaft Schaffhausen war das Verbot ihrer Zeitungsorgane «Die Front» und «Der Grenzbote» zu verbinden. Wenn auch das Presseunternehmen, das die Herausgabe der genannten Zeitungen zum Zwecke hat (Nationaler FrontVerlag Zürich und Schaffhausen, Druckerei Ereudenfels, Schaff hausen), von der Partei organisatorisch getrennt ist, so besteht doch ein enger politischer und personeller Zusammenhang zwischen der Bewegung und ihrer Presse. Die beiden Zeitungen sind die Kampfblätter der Bewegimg. Der Zusammenhang kommt auch in der Zusammensetzung der Bedaktionskommission zum Ausdruck.

In Ausführung des Art. 4 des Bundesratsbeschlussos vom 6. Juli 1943 über die Auflösung der Eidgenössischen Sammlung und der Nationalen Gemeinschaft Schaffhausen hat das eidgenössische Justiz- imd Polizeidepartement nun auch die Auflösung folgender Hufs- und Unterorganisationen verfügt (in Kraft getreten 14. Oktober 1948): 1. Freunde der Erneuerung. 2. Vaterländischer Arbeiterschützenverein Zürich. 3. Genossenschaft Arbeiter-Hilfswerk Union. 4. Nationaler Front-Verlag in Zürich und Schaff hausen. 5. Genossenschaft Freudenfels Schaffhausen-Iminobiliengenossenschaft (mit Einschluss des Wirtschaftsbetriebes). 6. Druckerei Freudenfels in Schaffhausen.

7, Freie landwirtschaftliche Genossenschaft Schaffhausen. 8. Frauengruppe der Nationalen Gemeinschaft Schaffhausen. 9. Basler Pfalz-Gesellschaf t zur Pflege kultureller Gemeinschaft in Basel.

D. Militärdepartement.

1. Bundesratsbeschluss vom 20. April 1943 über die Organisation und die Zuständigkeit der Militär-Pensionskommission (A. S. 59, 825). Die Kritik, welche im Parlament und auch in der Öffentlichkeit an der Militärversicherung geübt wurde, erhob u. a. den Vorwurf, dass es viel zu lange dauere, bis ein Versicherter eine Pension zugesprochen erhalte. Im Zuge der Bestrebungen, das Verfahren der Militärvoreierierung rationeller zu gestalten, musste daher auch dasjenige vor der eidgenössischen Pensionskommission überprüft werden. Nach Art. 39 des Militärversicherungsgesetzes

1001 1901, abgeändert durch Art. 55 des M. V. G. 1914 und den Vollmachtenbeschluss des Bundesrates vom 14. Januar 1921 betreffend Erweiterung der MilitärPensionskommission besteht die Pensionskoinmission aus 7 Mitgliedern und der nötigen Zahl von Ersatzmitgliedern. Ihre Aufgabe ist es, auf Grund der Akten und eines ihr von der Militärversicherung vorgelegten Berichtes und Antrages über die Gewährung oder Verweigerung, ebenso über den Entzug und jede Änderung einer Pension zu entscheiden und die Höhe, den Beginn und das Ende der Pension festzusetzen. Während nach Art. 14 der Vollziehungsverordnung vom 12. November 1901 zum M. V. G. 1901 vorgesehen wai, dass die Pensionskommission vierteljährlich eine ordentliche Sitzung abhalte und ausserordentliche Sitzungen nach Bedürfnis, ist die Arbeitslast der Konimission zufolge des Aktivdienstes derart gestiegen, dass heute regelmässig jede Woche eine Sitzung abgehalten werden muss. Die Bewältigung dieser Aufgabe war bisher nur möglich, weil die Pensionskommission gestützt auf Art. 2 des oben erwähnten Vollmachtonbeschlusses vom 14. Januar 1921 in Abteilungen tagte. Die derzeitige starke Belastung der Pensionskommission wirkt sich auch äusserst hemmend aus, wenn neue Mitglieder oder Ersatzmitglieder ernannt werden müssen.

Unter den Geschäften der Pensionskommission befinden sich regelmässig viele unbedeutende Geschäfte, die ohne jede Benachteiligung des Versicherten oder des Staates statt von der Kommission oder einer Abteilung vom Präsidenten oder in seiner Vertretung von- einem vom Präsidenten beauftragten Mitglied erledigt werden können. Es ist selbstverständlich, dass die erstmalige Festsetzung einer Pension, bei welcher Eragen grundsätzlicher Bedeutung, wie namentlich die Haftungsfrage, zu entscheiden sind, nach wie vor durch die Pensionskommission erfolgen muss, im ordentlichen Verfahren. Wo es sich aber nur darum handelt, eine Zeitrente nach ihrem Ablauf auf Grund der neuen ärztlichen Begutachtung für eine bestimmt begrenzte Zeit wieder neu festzusetzen oder eine laufende Zeitrente für den Best der Laufzeit den veränderten Verhältnissen anzupassen, rechtfertigt sich ein summarisches Verfahren. Abgesehen von einer grossen Entlastung der Pensionskommission durch die Einführung der Entscheidungen durch ein Einzelmitglied wird damit ein wesentlicher
Zeitgewinn erreicht. In diesen Fällen wird kein schriftlicher Bericht und Antrag der Militärversicherung gestellt, der dem Versicherten unter Ansetzung einer Frist zur Stellungnahme zugeht, sondern es wird nur auf Grund der Akten entschieden. Der direkte Weiterzug der Entscheidung im summarischen Verfahren an das eidgenössische Versicherungsgericht ist gewährleistet.

Die Einführung dieser Neuerung machte einen Vollmachtenbeschluss des Bundesrates nötig, weil dadurch die bisherige gesetzliche Regelung abgeändert wurde. Bei dieser Gelegenheit sind der auf den Bundesbeschluss vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten sich stützende Bundesratsbeschluss vom 14. Januar 1921 betreffend Erweiterung der Militärr Pensionskommission aufgehoben und die noch geltenden Bestimmungen in den neuen Beschluss aufgenommen worden.

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In Nachachtung des Auftrages in Art. 89, Abs. 6, des Gesetzes (neue Fassung) hat der Bundesrat durch einen Beschluss auch vom 20. April 1948 das Verfahren vor der Militär-Pensionskommission neu geordnet (A. S.59,827).

2. Bundesratsbeschluss vom 15. Juli 1948 b e t r e f f e n d die Ergänzung des Bundearatsbeschlusses über die U n t e r k u n f t der Truppe während des Aktivdienstes (A. S. 59, 551). Nach Art. 13, Abs. l, des Bundesratsbeschlusses vom 27. Mai 1941 über die Unterkunft der Truppe während des Aktivdienstes (A. S. 57, 577) sind die Gemeinden verpflichtet, die von der Truppe erhaltenen Entschädigungen den Unterkunftgebern ohne jeden Abzug auszubezahlen. Trotz dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung, welche den häufigen Streitigkeiten zwischen Besitzern von Unterkunftsräumlichkeiten und Gemeinden einen Eiegel schieben sollte, haben sich da und dort einzelne Gemeinden über diese Vorsch-ift hinweggesetzt and den Unterkunftgebern die von der Truppe bezogenen Entschädigungen nicht in vollem Umfange oder überhaupt nicht ausgerichtet. Auf Beschwerden gegen ein derartiges Vorgehen konnten mangels Zuständigkeit weder die eidgenössische Militärverwaltung noch deren Bekurskommission eintreten, da es sich eben um einen Anspruch Dritter gegen Gemeinden handelte, der nach dem kantonalen Prozessrecht zu erledigen war.

Auf eine bei einem kantonalen Verwaltungsgericht erhobene Klage eines Unterkunftgebers gegen eine Gemeinde auf Auszahlung der Unterkunftentschädigung wurde nicht eingetreten mit der Begründung, dass dieser Streit nach Bundesrecht zu erledigen sei; in einem andern Kanton erklärte sich der Zivilrichter aus dem gleichen Grunde unzuständig; das hatte schliesslich zur Folge, dass der Bürger in Bezug auf Geltendmachung der Kantonnementsentschädigung praktisch rechtlos war.

Durch die Ergänzung des Bundesratsbeschlusses vom 27. Mai 1941 (neuer Abs. 5 von Art, 13) ist zum Entscheid über streitige Ansprüche aus Truppenunterkunft die Bekurskommission der eidgenössischen Militärverwaltung als einzige Instanz eingesetzt worden. Damit sind in Zukunft Unzuständigkeitserklärungen von kantonalen Gerichten oder Verwaltungsbehörden mit den geschilderten Bechtsfolgen verunmöglicht worden. Die Rekurskommission ist aber auch sachlich am besten in der Lage, über derartige Forderungen zu befinden,

E. Finanz* und /Olldepartement.

Finanzverwaltung.

1. Bundesratsbeschluss vom 80. April 1943 b e t r e f f e n d Abänderung des Bundesratsbeschlusses über den Lohnanspruch der im Aktivdienst stehenden Bundeadienstpflichtigen (A. S. 59, 861). Seit Beginn des Aktivdienstzustandes sind Lohnanspruch und Soldanrechnung grundsätzlich für drei Personalgruppen verschieden geordnet worden:

1003 1. für die grosse MehrzaHl der Bundesbediensteten, die bei einem Stab oder ihrer Truppe ausserhalb ihres Wohnortes Dienst leisten und sich nicht zu Hause verpflegen können (Art. l und 2 des Bundesratsbeschlusses vom 23. Januar 1940) ; 2. für Beamte und Angestellte von Abteilungen des eidgenössischen Militärdepartementes, die dem Armeekommando unterstellt sind, aber im allgemeinen ähnliche Aufgaben erfüllen wie vor ihrem Einrücken zum Aktivdienst (Waffenabteilungen des eidgenössischen Militärdepartements, Oberkriegskommissariat und Kriegsmaterialverwaltung, Art. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1940) ; 3. für Bundesbedienstete, die an ihrem Wohnort Militärdienst leisten und denen gestattet ist, ihre Mahlzeiten zu Hause einzunehmen (Art. 4 des Bundesratsheschluss vom 28. Januar 1940).

Von Anfang an war bei dieser Begelung unbefriedigend, dass das Personal der Abteilung für Plugwesen und Fliegerabwehr nicht zur Gruppe 2 gezählt werden konnte, sondern wie die Gruppe l hehandelt werden musste. Die zuständigen Amtsstellen vertraten den Standpunkt, das Personal dieser Abteilung könne nach dem Wortlaut von Art. 5, Abs. l, des Bundesratsbeschlusses vom 23. Januar 1940 nicht wie die übrigen Waffenabteilungon des Militärdepartementes behandelt werden. Es handle sich nicht um eine dem Armeekommando unterstellte Dienstabteilung; vielmehr sei die ganze Abteilung mit dem Beginn des Aktivdienstzustandes im Stab der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen aufgegangen.

Aus dieser Betrachtungsweise ergaben sich immer wieder neue stossende Verhältnisse, weil das Personal der Abteilung für Flugwesen in Bern und in den früheren Diensträumen im allgemeinen ähnliche Aufgaben erfüllte, wie vor dem Einrücken zum Aktivdienst. Die Folge dieser Ordnung war, dass ledige Bedienstete dieser Abteilung auf ihrem Diensteinkommen, verglichen mit dem Zustand vor der Kriegsmobilmachimg, teilweise grosse Einbussen erlitten, während Verheiratete -- und namentlich höhere Offiziere -- (obschon sie nach wie vor ungefähr den gleichen Dienst versahen) mit dem Anteil aus Zivilgehalt und Militärsold teilweise höhere Bezüge erreichten als mit der frühern vollen Besoldung. Ein durchschlagender Gesichtspunkt, diese Verschiedenartigkeiten weiter bestehen zu lassen und die Bundesbediensteten des Stabes der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen
anders zu behandeln als jene der übrigen Waffenabteilungen des eidgenössischen Militärdepartementes, bestand aber nicht. Durch den Bundesratsbeschluss vom 30. April 1948 ist nun die Grundlage für die Gleichbehandlung geschaffen worden.

2. Bundesratsbeschluss vom 11. Juni 1948 b e t r e f f e n d Abänderung des Bundesratsbeschlusses über den Lohnanspruch der im Aktivdienst stehenden Bundesdieiistpllichtigen (A, S. 59, 467). Dieser Beschluss wurde notwendig, weil die Mundportionsvergütung vom 1. März 1948 an von Fr. 1.50 auf Fr. 2 erhöht worden ist. Die frühern

1004 Bundesratsbeschlüsse über diesen Gegenstand enthielten Hinweise auf den Betrag von Fr. l .50 und Berechnungstabellen mit diesem Betrage. Ausserdem ist durch die Instruktion über die Verwaltung der Armee im Aktivdienst (IVA 43) das Soldverhältnis neu geregelt worden für Wehrmänner, die an ihrem Wohnort Dienst leisten und denen gestattet ist, ihre Mahlzeiten zu Hause einzunehmen. Es war neu zu bestimmen, wieviel einem solchen Wehrmann von seinem Militärsold auf das Zivilgehalt anzurechnen sei, je nachdem der Stab oder seine Truppe sich selber verpflegt oder sogenannte Pensionsverpflegung hat (Ziffer 111 der WA). In beiden Fällen bleibt nach der neu geschaffenen Ordnung einem solchen Wehrmann nun gleichviel.

Weil aus diesen beiden Gründen ohnehin eine Änderung des Bundesratsbeschlusses vom 23. Januar 1940 unvermeidlich geworden war, benützte der Bundesrat den Anlass, um eine Inkongruenz zu beseitigen, die in bezug auf die Behandlung Geschiedener bestand. Nach Art. 87, Abs. 8, des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 erhalten Geschiedene, -die einen eigenen Haushalt führen, den für Verheiratete massgebeiiden Ortszuschlag, und nach dem Bundesratsbeschluss über Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1948 sind Geschiedene mit eigenem Haushalt ebenfalls den Verheirateten gleichgestellt. Die Begelung für den Lohnanspruch Mobilisierter deckte sich damit aber nicht. Bisher wurden nur jene geschiedenen Mobilisierten mit eigenem Haushalt wie Verheiratete behandelt, in deren Haushalt entweder eigene Kinder oder Pflegekinder lebten. Ein guter Grund zu dieser abweichenden Begelung konnte eigentlich nie vorgebracht werden, weshalb mit dem jüngsten Bundesratsbeschluss auch in dieser Hinsicht die fehlende Gleichstellung verwirklicht wurde.

Da aus den erwähnten Gründen der Bundesratsbeschluss vom 28. Januar 1940 ohnehin ergänzt werden musste, ist die Gelegenheit des Erlasses eines Bundesratsbeschlusses gleichzeitig dazu benützt worden, um zu bestimmen, dass, wer im Luftschutz Dienst leistet und dafür wie ein Wehrmann Sold erhält, in bezug auf Lohnanspruch und Soldanrechnung gleich zu behandeln ist wie der für die Armee Mobilisierte. Das wurde bisher nicht einheitlich so gehandhabt, weil eine formelle Unterlage fehlte.

3, Bundesratsbeschluss vom 1. O k t o b e r 1943 über die A u s richtung einer
zusätzlichen Teuerungszulage an das B u n d e s personal für das Jahr 1948 (A. S. 59, 787). Eür die Vorbereitung des Bundesratsbescblusses vom 7. Januar 1943 über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1948 musste auf den Stand der Teuerung gegen Ende 1942 abgestellt werden. Die für 1943 getroffene Ordnung der Teuerungszulagen lehnte sich an die Empfehlungen der eidgenössischen Lohnbegutachtungskommission an, ohne freilich deren Bichtsätze für den Teuerungsausgleich, die damals erst für das 3. Quartal 1942 bekanntgegeben waren, zur absoluten Richtschnur zu nehmen.

Das weitere Ansteigen der Teuerung im Laufe des Jahres 1948 veranlasste die Personalverbände, den Bundesrat um eine Herbstzulage zu ersuchen. Er

1005 entsprach dem Begehren mit Beschluss vom I.Oktober 1943, weil in der Tat der Teuerungsausgleich als nicht mehr genügend angesehen werden konnte. Da es sich in erster Linie darum handelte, dem Personal die notwendigen Herbateinkäufe zu ermöglichen, wurde die Zulage für die Bedienstete» aller Besoldungs-, Gehalts- und Lohnkategorien gleich bemessen, immerhin mit dem Vorbehalt, dass sie nicht mehr als einen bestimmten Prozentsatz deß Vorkriegsbezuges ausmachen dürfe. Die Zulage beträgt: für Verheiratete 250 Franken, jedoch höchstens 9 % des Vorkriegsstandes, für Ledige, die eine Unterstützungspflicht erfüllen, 210 Franken, jedoch höchstens 7% % des Vorkriegsstandes, für die übrigen Alleinstehenden 170 Franken, jedoch höchstens 6 % des Vorkriegsstandes.

Für die Bediensteten der untersten Einkommensgruppe beträgt damit der gesamte Teuerungsausgleich 45 %, während der Landesindex der Lebenshaltungskosten in den Monaten Juli, August und September 1943 durchschnittlich eine Teuerung von etwa 48,5 % auswies.

Der Zuschuss zur Kinderzulage, der bis anbin für Bedienstete mit l--2 Kindern 30 Franken pro Kind und für Bedienstete mit 3 oder mehr Kindern 40 Franken pro Kind jährlich betrug, wurde um 10 Franken pro Kind erhöht und damit dem allgemeinen Teuerungsausgleich angepasst.

Die Kosten der mit dem Beschluss vom 1. Oktober 1943 bewilligten Ergänzungszulagen belaufen sich insgesamt auf rund 20,1 Millionen Franken.

Auf die von den Personalverbänden ebenfalls vorgebrachten Begehren um Erhöhung der Teuerungszulagen für die Eentner der Personalversichorungskassen des Bundes glaubte der Bundesrat in diesem Zeitpunkt nicht eintreten zu können. Diese Frage wird anlässlich der Bemessung der Zulagen für das Jahr 1944 geprüft werden.

F. Volkswirtschaftsdepartement.

1. Bundesratsbeschluss vom 9. April 1943 über Fürsorge an der Zivilbevölkerung bei Kriegsschäden (A. S. 59, 295). Mit der Verschärfung des Krieges auf dem europäischen Kontinent wächst die Gefahr, dass unser Land durch Kriegshandlungen in Mitleidenschaft gezogen wird.

Da der passive Luftschutz zur Behebung grosser Bombenschäden und besonders für die Betreuung der Obdachlosen nicht eingesetzt werden könnte, musste für diese Aufgaben eine besondere Organisation geschaffen werden. Unser Erlass beschränkt sich ausdrücklich auf die Fürsorge an der Zivilbevölkerung.

Die zu ergreifenden Massnahmen haben den Zweck, Fürsorgebedürftige unterzubringen, zu verpflegen, mit dem dringendsten Bedarf zu versehen und ihnen alle weitere notwendige Hilfe angedeihen zu lassen, Gegenüber der Vorlage bestanden anfänglich Bedenken wegen der finanziellen Auswirkungen. Schliesslich war aber die Überlegung massgebend, dass eine wirksame Vorbereitung der Fürsorge ohne finanzielle Beteiligung des Bundes nicht möglich sein werde.

1006 Angesichts der Bedeutung, die den vorgesehenen Massnahmen vom allgemein militärischen Standpunkte aus zukommt, -wurde die Beteiligung des Bundes, an den Kosten mit einem Drittel beschlossen, währenddem Kantone und Gemeinden den Best je zur Hälfte zu bezahlen haben.

2. Bundesratsbeschluss vom 28. April 194S über die Landesversorgung mit B a u h f u t t e r und Streuemitteln (A. S. 59, 842). Der frühere Bundesratsbeschluss vom 25. September 1940 über die Landesversorgung mit- Rauhfutter und Streuemitteln vermochte namentlich in organisatorischer Hinsicht nicht mehr zu befriedigen, seitdem sich die Versorgung des Landes mit Futtermitteln zusehends verschlechterte. Besonders bei der Aufbringung der Heu- und Emdkontingente für die Armee und die zivilen Mangelbetriebe "bereiteten jene organisatorischen Mängel Schwierigkeiten. Daneben musste auch das Grünfutter, dessen Verwendung bisher nicht eingeschränkt war, der kriegswirtschaftlichen Bewirtschaftung unterstellt werden. Aus diesen Gründen haben wir den Erlass vom 20, September 1940 durch unsern Beschluss vom 28. April 1943 ersetzt, der das Kriegs-Ernährungs-Amt ermächtigte, die notwendigen Vollzugsmassnahmen zu treffen.

S. Bundesratsbeschluss vom 11. Mai 1943 über die Organisation des Solidaritätsfonds der schweizerischen S c h i f f l i s t i c k e r e i (Ai S. 59, S. 883). Die Schaffung eines Krisenfonds der-schweizerischen Schifflilohnstickerei unter finanzieller Beteiligung des Bundes und der an der Stickereiindustrie interessierten Kantone geht zurück auf den Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1932 über die Hilfeleistung für die schweizerische Schifflilohnstickerei. Nach dem genannten Bundesbeschluss bezweckt der Krisenfonds, Entschädigungen für während längerer Zeit stillstehende Schifflimaschinen auszurichten. In den Jahren 1983--1938 flössen ihm von Bund und Kantonen ratenweise Beiträge in der Höhe von insgesamt Fr. l 911 000 zu.

Eine günstige industrielle Entwicklung, die vor dem Kriege einsetzte, wurde durch diesen jäh unterbrochen, und die sich daraus ergebende starke Belastung des Fonds veranlasste Bund und Stickereikantone zu einer weiteren, auf die Jahre 1940 und 1941 beschränkten Hilfe, die im Bundesbeschluss vom 9. April 1940 über Massnahmen zugunsten des Krisenfonds der schweizerischen Schifflilohnstickerei geregelt ist. Gestützt
auf diesen Bundesbeschluss bewilligten Bund und Kantone für die Jahre 1940 und 1941 rund Fr. 301 000 an das Defizit des Fonds.

Aus der Erkenntnis heraus, dass die Frage der Sanierung des Krisenfonds nach wie vor akut bleibe, beauftragten wir das Volkswirtschaftsdepartement am 4. September 1941, eine neue, womöglich auf die Dauer berechnete Finanzierung des Fonds anzustreben. Die ausserordentlichen Zeitumstände zwangen jedoch dazu, sich zunächst wiederum mit einer zeitweiligen, d. h. bis Ende 1944 begrenzten Kompromisslösung abzufinden, die indessen eine Konsolidierung des Fonds ermöglichen soll und als Annäherung an nine Dauerlösung bewertet werden darf. Diese im Bundesratsbeschluss vom 11. Mai 1943 über die Organisation des Solidaritätsfonds der schweizerischen Schifflistickerei

1007 festgelegte Regelung liegt in der Eichtung einer stärker ausgebauten industriellen Selbsthilfe bei entsprechender Entlastung von Bund und Kantonen.

Das hervorstechendste Merkmal dieser neuen Eegelung ist die Beiziehung der Stickereiexporteure zur Finanzierung des Fonds. Diese Mitwirkung ist gerechtfertigt, weil die Exporteure an der Erhaltung der Stickereimaschinen in entscheidender Weise mitinteressiert sind. Bis dahin hatten aus der Industrie nur die Stickereifabrikanten (Lohnsticker) als gleichzeitig Bezugsberechtigte Beiträge an den Fonds geleistet. Entsprechend der wesentlich stärkeren Beteiligung der Industrie musste allerdings auch eine Verbesserung der zurzeit ungenügenden Entschädigungsleistungen aus dem Fonds zugestanden werden.

Diese beruht vor allem auf einer Wiederherstellung der ursprünglichen Tagesentscbädigung von Fr. 4 (statt Fr. 8) für eine stillstehende Maschine und in einer günstigeren Staffelung der Entschädigung hauptsächlich für die Besitzer von mehr als einer Maschine (Art. 10, Abs. l und 3).

Trotz diesen erhöhten Entschädigungen des Fonds sind anderseits die Leistungen der Industrie derart angesetzt, dass mit einer erheblichen Entlastung von Bund und Kantonen und schon bei einer Beschäftigung von 60 % der Schifflimaschinen mit einem Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben des Fonds gerechnet werden darf (statt wie nach bisheriger Eegelung erst bei 85 %).

Die Leistung des Bundes wird mit 40 % des Defizites der Jahre 1943 und 1944, höchstens jedoch Fr. 60 000 für jedes der beiden Jahre festgesetzt, unter der Voraussetzung eines gleich hohen Beitrages der Kantone (Art. 8, Abs. 1).

Als -weitere wichtige Neuerung ist die Einführung des Obligatoriums zu erwähnen (Art. 3). Sowohl der Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1982 (Art. 10) als auch derjenige vom 9. April 1940 (Art. 2) hatten uns die Möglichkeit gegeben, Statuten und Eeglemente des Krisenfonds für sämtliche Schifflilohnsticker als verbindlich zu erklären. Von dieser Befugnis haben wir jedoch erst jetzt Gebrauch gemacht, nachdem auch die Exporteure an den Fonds beisteuern und damit ein Werk der Solidarität der gesamten Schifflistickerei angestrebt wird.

Gleichzeitig haben wir eine Anpassung der rechtlichen Form des Fonds an das abgeänderte Obligationenrecht vorgenommen und die bisherige Genossenschaft in eine solche
öffentlich-rechtlichen Charakters im Sinne von Art. 829 OE übergeführt (Art. 1). Dadurch soll Bund und Kantonen nach wie vor die unbedingt erforderliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung des Fonds gesichert bleiben.

4. Bundesratsbeschluss vom 14. Mai 1943 betreffend Ergänzung und Abänderung der Verordnung über die A r b e i t s dienstpflicht (A. S. 59, 397). Nach der ursprünglichen Fassung der Verordnung über die Arbeitsdienstpflicht hatten sich der Bund, die Kantone und die Arbeitgeber in die Kosten der Zuschüsse für Minderverdienst und Mehrauslagen der zum Arbeitsdienst aufgebotenen Arbeitskräfte nach einheitlichen Begeln zu teilen. Da sich diese Vorschrift für gewisse Wirtschaftszweige als unzweckmäßig erwies, musste jeweils durch einen Bundesratsbeschluss eine

1008 Sonderregelung getroffen werden, während im übrigen das Volkswirtschaftsdepartement ohne weiteres zuständig war. Es rechtfertigte sich indessen, auch das Volkswirtschaftsdepartement für die Eegelung der Kostenzuschüsse zu ermächtigen, um den Arbeitseinsatz in den einzelnen Wirtschaftszweigen den verschiedenen und -wechselnden Verhältnissen ohne Verzug anpassen zu können.

Desgleichen wurde aus Gründen der Zweckmässigkeit dem Volkswirtschaftsdepartement die Befugnis erteilt, mit der Anwendbarkeit der Arbeitsdienstpflicht auf einem bestimmten. Gebiet auch die Krankenversicherung obligatorisch zu erklären.

5. Bundesratsbeschluss vom 7. Juni 1948 b e t r e f f e n d die Ausb e u t u n g von Lagerstätten mineralischer E o h s t o f f e (A. S. 59, 451).

Dieser Beschluss ist eine Neufassung des gleichnamigen Bundesratsbeschlusses vom 28. Oktober 1941 und trägt gewissen, von der Vollmachtenkommission des Ständerates gewünschten Abänderungen Eechnung. Insbesondere sind die kantonalen Hohoitsrechte noch besser verdeutlicht worden, wie z. B. die Befugnis der Kantone, über ihre Lagerstätten mineralischer Eohstoffe nach kantonalem Eecht selbst zu verfügen und Abgaben zu erheben. Das Verfahren, das die Berücksichtigung der kantonalen Hoheitsrechte gewährleisten soll, wird im einzelnen geregelt.

6. BundesratsbeschluBs vom 29. Juni 1943 über die Amortisation schweizerischer Seeschiffe und die Schaffung von Erneuerungsfonds (A. S. 59, 510). Über die Frage, ob die schweizerische Handelsflotte durch den Bau oder den Kauf von Schiffen noch weiter vergrössert werden sollte, gehen die Ansichten in Beeder- und Importeurkreisen weit auseinander. Daher wurde es als angezeigt erachtet, vor allem die Meinung dea Vororts des Schweizerischen Handels- und Industrievereins einzuholen. Dieser bejahte entschieden die Frage, wobei er die Auffassung vertrat, dass bei der Erwerbung von \veiteremSchiffsraum finanzielle Bedenken zurücktretenmüssten und der Staat die Privatinitiative unterstützen sollte. Schon im Jahre 1942 wurde beschlossen, die Schiffahrt durch den Bund nach der Normalisierung des Frachtenmarktes einzustellen, da sich die staatliche Betriebsform für eine Handelsflotte nicht geeignet hätte.

Unser Beschluss vom 29. Juni 1943 .kam im Einverständnis mit dem Verband Schweizerischer Eeedereien zustande. Er sieht vor,
dass für jeden Eigentümer schweizerischer Seeschiffe, die vom Kriegs-Transport-Amt gechartert werden, ein Erneuerungsfonds bei der eidgenössischen Finanzverwaltung geschaffen wird. Der Zweck dieser Fonds ist, den Eigentümern den Erwerb von Seeschiffen und ihre Amortisation auf einen provisorischen Nachkriegswert zu ermöglichen, sowie an die Deckung der durch politische Eisiken verursachten ausserordentlichen Aufwendungen beizutragen. Zur Erreichung dieses Zweckes zahlt das Kriegs-Transport-Amt den Schiffseigentümern erhöhte Frachtraten.

Aus diesem Grunde verfallen die Mittel der einzelnen Fonds der Bundeskasse, falls die Eigentümer sie nach der Festsetzung des definitiven Nachkriegswertes nicht in nützlicher Frist für den Ankauf von Schiffen verwenden.

1009 7. Bundesratsbeschluss vom 16. Juli 1943 über den Schutz der Bergarbeiter (Bergwerksordnung) (A. S-59, 568). Die zunehmende Verknappung mineralischer Rohstoffe seit Kriegsbeginn gab dem schweizerischen Bergbauwesen einen starken Auftrieb. Während vor dem Kriege nur wenige Bergwerke mit einigen hundert Arbeitern bestanden, sind heute mehr als 80 Minen mit rund 4100 Arbeitern in Betrieb. Das rasche Anwachsen dieser Betriebe hatte unter anderem auch eine Steigerung der Betriebsunfälle zur Folge.

Soweit überhaupt ein besonderer Schutz der Bergarbeiter bisher vorgesehen war, beruhte er auf der kantonalen Gesetzgebung, abgesehen von ganz wonigen Betrieben, die dem Fabrikgesetz unterstanden. Eine Umfrage bei den interessierten Kantonsregierungen ergab, dass die in den Kantonen vorhandenen Bestimmungen im allgemeinen dürftig und zudem sehr verschiedenartig sind.

Unter diesen Umständen drängte sich eine Ordnung des Schutzes der Bergbauarbeiter auf eidgenössischem Boden auf. Da nach fachmännischem Ermessen die Grosszahl dieser Bergwerksbetriebe nach Kriegsende wieder verschwinden wird, ein vermehrter Schutz der Bergarbeiter jedoch dringlich war, miisste vom Vollmachtenbeschluss Gebrauch gemacht werden.

Der Bundesratsbeschluss vom 16. Juli 1943 enthält im wesentlichen Vorschriften über Unfallverhütung und Gesundheitsschutz, Arbeitszeit, Beschäftigung von Jugendlichen und Frauen, Kontrollen, Sanktionen bei Widerhandlungen sowie Errichtung einer fachmännischen Bergwerksinspektion.

Vor Erlass dieser Vorschriften wurde sämtlichen Kantonen sowie den Spitzenverbänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

8. Bundesratsbeschluss vom 16. Juli 1943 über die A b ä n d e rung des Bundesratsbeschlusses b e t r e f f e n d die Einsetzung von strafrechtlichen Kommissionen des eidgenössischen Volkswirts c h a f t s d e p a r t e m e n t s (A. S. 59, 570). Gemäss unserem Beschluss vom l, September 1939 betreffend die Einsetzung von strafrechtlichen Kommissionen des Volkswirtschaftsdepartements setzten sich diese Konimissionen aus drei bis fünf Mitgliedern und zwei Ersatzmännern zusammen. Die steigende Zahl der kriegswirtschaftlichen Zuwiderhandlungen verursacht den Kommissionen eine bedeutende Mehrarbeit. Um sie zu entlasten, haben wir beschlossen, die Zahl der Ersatzmänner von zwei
auf vier zu erhöhen; diese werden mehr als bisher an Stelle der Mitglieder der Kommissionen treten können.

9. Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1948 über Errichtung von Sanitätsposten xind Bereitstellung von Sanitätsmaterial für die Zivilbevölkerung (A. S. 59, 595). Der Erlass dieses Bundesratsbeschlusses geht auf bestimmte Anregungen der Sanitätsdirektorenkonferenz zurück, die in einer Eingabe Massnahmon gegen übertragbare Krankheiten und für dio Zusammenarbeit von Armee und Zivilbevölkerung zum Schutze der Bevölkerung im Kriegsfalle vorgeschlagen hatte.

1010 Beim Erlasse unseres Beschlusses haben wir reiflich erwogen, welche Anforderungen an die Sanitätsposten zu stellen seien. Aus finanziellen und organisatorischen Gründen durfte nicht zu weit gegangen werden. Schliesslich wurde eine Fassung gewählt, die auch für kleinere Ortschaften keine untragbaren Opfer bringt. Unser Volkswirtschaftsdepartement wurde ermächtigt, für die Bereitstellung von Sanitätsmaterial das notwendige Minimum zu umschreiben.

In Analogie zur Eegelung im Bundesratsbeschluss vom 9. April 1943 über Fürsorge an der Zivilbevölkerung bei Kriegsschäden ist eine Bundessubvention vorgesehen. An die Sachausgaben, die Kantonen und Gemeinden aus der Durchführung des Beschlusses erwachsen, vergütet der Bund ein Drittel, soweit diese Ausgaben von ihm als unerlässlich erachtet werden, Kantone und Gemeinden tragen die verbleibenden Kosten je zur Hälfte.

10. Bundesratsbeschluss vom 18. September 1943 über Durchführung von N a t u r a l a k t i o n e n zu Fürsorgezwecken (A. S. 59, 755).

Mit unserem Beschluss vom 10. Oktober 1941 über Beitragsleistung des Bundes an Notstandsaktionen zugunsten der minderbemittelten Bevölkerung hatten wir die Grundlage für unsere Tätigkeit auf dem Gebiete der Kriegsfürsorge geschaffen. Diese Notstandsaktionen werden durch die Kantone und Gemeinden organisiert; der Bund beschränkt sich auf die Gewährung von Subventionen in der Höhe eines Drittels der gesamten Unterstützungsbeiträge. Personen, die vollständig oder überwiegend von der Armenpflege unterstützt werden, sind von diesen Notstandsaktionen auszuschliessen.

In Verbindung mit den Notstandsaktionen hat das Kriegs-Fürsorge-Amt schon bisher mit Zustimmung des Volkswirtschaftsdepartements mehrere Aktionen zur verbilligten Abgabe von Textilien als besondere Fürsorgemassnahmen durchgeführt, indem es solche Waren zum Selbstkostenpreis den Kriegsfürsorgestellen der Kantone oder der Gemeinden zur Verteilung an Minderbemittelte übergab. Die Aktionen konnten bisher ohne Inanspruchnahme von Bundesmitteln durchgeführt werden. Es wird jedoch künftig nicht mehr möglich sein, diesen Grundsatz in vollem Umfange zu beobachten. Es erwies sich daher als zweckmässig, für die Naturalaktionen eine eigene Eechtsgrundlage zu schaffen, namentlich auch deshalb, weil in beschränktem Umfange die Möglichkeit geboten werden muss,
bei einzelnen Aktionen Armengenössige mit einzubeziehen.

Der Bundesratsbeschluss vom 10. Oktober 1941 wird als Haupterlass seine praktische Geltung beibehalten und in seinen finanziellen Auswirkungen überragend bleiben. Der neue Beschluss ist dagegen als Ergänzungserlass gedacht, der die Durchführung von Naturalaktionen in besonderem Eahmen ermöglicht.

Obwohl die finanziellen Auswirkungen voraussichtlich verhältnismässig gering sein werden, wurde im neuen Erlass bestimmt, dass das Volkswirtschaftsdepartement für allfällige Bundesbeiträge zur Durchführung von Aktionen die Zustimmung des Finanzdopartements einholen muss.

1011 Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. November 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Celio.

4279

Der Bundeskanzler;

G. Bovet.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Neunter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 2. November 1943.)

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