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Kreisschreiben des

Bandesrates an die Kantonsregierungen über die künftige Bemessung der den Kantonen (und Gemeinden) aus Krediten des Oberbauinspektorates, der Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei und des Gesundheitsamtes zu bewilligenden Subventionen.

(Vom S.August 1932.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

I. Die in hohem Masse unerfreulichen "wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, die Ihnen bereits in früheren Kreisschreiben dargelegt wurden, ·zwingen dazu, den Voranschlag der vorstehend genannten Verwaltungsabteilungen schon für das Jahr 1933 mit grösster Sorgfalt und Zurückhaltung aufzustellen. Die Ausgabenkredite sind durchwegs unter dem Gesichtspunkt äusserster Sparsamkeit zu bemessen und vor allem sollen die Subventionen, soweit sie überhaupt als unerlässlich anzusehen sind, in erheblichem umfange gekürzt werden. Ohne vorerst die Eevision bestehender Bundesgesetze und Bundesbeschliisse zu beantragen, müssen wir doch bestimmt darauf dringen, dass an der gesamten Subventionsausgabe des Bundes, die gegenwärtig die gewaltige Höhe von 43,6 Millionen erreicht hat, schon im Jahre 1933, nach Massgabe der ·striktesten Bedürfnisse der unterstützten Institutionen und Unternehmungen, und, soweit die Subventionen auf Gesetz beruhen, im Rahmen der durch diese ·Gesetze gegebenen Möglichkeiten wirksame Einsparungen gemacht werden.

Dabei sind wir naturgemass in hohem Masse auf die Mithilfe der Kantone angewiesen; an ihnen ist es in erster Linie, nur Projekte zur Subventionierung anzumelden, deren Ausführung einem wirklichen Bedürfnis entspricht und dringlich ist; an ihnen auch, alle Projekte wirtschaftlich rationell zu gestalten und dafür zu sorgen, dass deren, Kosten das unerlässliche Mass nicht übersteigen.

Auch sollen die Kantone und Gemeinden kleine Projekte in Zukunft mehr noch als bisher auf eigene Kosten, ohne Bundessubvention, anafübrftn lassen. Wir ·selbst sind gezwungen bei der Prüfung der zur Subventionierung angemeldeten Werke fortan nach allen den angedeuteten Eichtungen einen strengeren

375 Masstab anzulegen und besonders die Bedürfnis- und Dringlichkeitsfrage in allen Fällen genau zu p r ü f e n , Projekte, .die sich als unwirtschaftlich darstellen, überhaupt zurückzuweisen und solche, die nicht absolut dringlich sind, zurückzustellen, es sei denn, dass ihnen für die Arbeitsbeschaffung in der betreffenden Landesgegend eine besondere Bedeutung zukomme.

Als weitere Massnah'me -müssen wir notgedrungen auch eine Herabsetzung der Beitragsquoten des B un de s in allen den Fällen in Aussicht nehmen, wo deren Festsetzung ganz oder innerhalb bestimmter Grenzen in das Ermessen unseres Departementes des Innern, des Bundesrates oder der eidgenössischen Eäte gestellt ist. Eine solche Kürzung der Subventionsansätze im Verhältnis zur bisherigen Praxis rnuss sowohl bei den Gewässerkorrektionen und den forstlichen .Projekten im weitesten Sinne (den Aufforstungen und Verbauungen, den Waldwegbauten und Einrichtungen für den Holztransport) als anderseits bei den Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose und der Epidemien sowie der Lebensmittelkontrolle Platz greifen. Dort, wo die Gesetze es zulassen, soll sich die Kürzung ferner auch auf die Bundesbeiträge an die Personalausgahen der "Kantone beziehen. Was sodann, das Ausmass der vorzunehmenden Kürzungen anbetrifft, so kann es generell dahin umschrieben werden, dass, während auf den einschlägigen Gebieten bisher, meist die in den Gesetzen vorgesehenen maximalen Subventionsansätze zur Anwendung gelangten, diese höchsten Beiträge in Zukunft nur noch ganz ausnahmsweise zugebilligt und die Bundessubventionen sich der Regel nach gegen die Minima hin bewegen sollen.

Dabei versteht es sich immerhin von selbst, dass beim Ausmass der vorzunehmenden Kürzungen jeweilen auf die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des Subventionszweckes Bücksicht genommen und dort wo die Kantone selbst die Subventionsempfänger sind und das öffentliche Gemeinwesen wegen der eintretenden Verminderung der Bundeszuschüsso in die Lücke treten muss, auch dessen Finanzlage in billige Berücksichtigung gezogen werden wird.

II. In Anwendung dieser durch die Notlage der Zeit gebotenen neuen Grundsätze für die Bemessung der aus Krediten einzelner Abteilungen unseres Departements des Innern-auszurichtenden Subventionen beehren wir uns, zu den verschiedenen Gruppen noch folgendes zu
bemerken: 1. Gewässerkorrektionen.

Das Bundesgesetz über die Wasserbaupohzei vom 22. Juni 1877 enthält in seinem Art. 9, ad 3 und 4 folgende Vorschriften: «Die vom Bunde «u leistenden Beiträge sollen in der Begel 40%. der wirklichen Kosten nicht überschreiten. Ausnahmsweise können dieselben, wo die Kräfte der Kantone nicht ausreichen und ein namhaftes öffentliches Interesse an dem Zustandekommen eines Werkes in Frage liegt, bis auf die Hälfte der Kostensumme erhöht werden.» 20

376 Bisher wurden für WiMbackverbauungen im Gebirge, deren Wert zu einem erheblichen Teil auaserhalb des Gebietes der beitragspflichtigen Grundeigentümer zur Auswirkung gelangte, oder solche, die örtliche grosse Schäden beheben sollten, ohne dass eine erträgliche Kostenverteilung möglich gewesen wäre, mit 50% subventioniert. Es wird dies bei den gegenwärtigen Verhältnissen nur mehr in ganz seltenen Fällen, bei denen ausserordentliche Verhältnisse obwalten, möglich sein.

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Auch ein Beitrag von 40% wird bis .auf weiteres nur noch in absolut dringlichen Fällen, zur Abwehr grösserer Schäden in Gebirgsgegenden und für Schnitzarbeiten an Gebirgsflüssen, gewährt werden können. Für örtlichen Uferschutz dagegen muss fortan auch in diesen Fällen unbedingt ein niedrigerer Subventionsansatz zur Anwendung gelangen, als er in den letzten Jahren üblich gewesen ist.

Eine ganz erhebliche Ersparnis soll sich ferner aus der Beschränkung der Gesuche auf dringliche Schutzbauten und im Rahmen derselben auf die zunächst auszuführenden Werke ergeben.

Bei allmählicher Anpassung eines Korrektionswerkes an die Natur .des betreffenden Flusses lassen sich übrigens nicht nur schwerwiegende Ausgaben vermeiden, die in der gegenwärtigen Zeit nicht verantwortet werden könnten, sondern in vielen Fällen kann dann auch mit massigen Gesamtkosten ein; den Bedürfnissen besser entsprechendes Werk zur Ausführung gelangen, als dies bei einem überstürzten Bauvorgang möglich wäre.

Korrektionen von Gewässern in der Ebene, die keine grossen Schäden verursachen, können auf Grund des vorerwähnten Gesetzes nur noch mit Beiträgen von 20 bis 88 1 /s%, je nach ihrer Wirtschaftlichkeit und ihrer Lage innerhalb oder ausserhalb von Ortschaften, unterstützt werden.

Die Unterstützung der unvermeidlichen Schutzbauten mit erheblichen Beträgen im Sinne des Wasserpolizeigesetzes ist überhaupt nur noch möglich, wenn die Kantone selbst mithelfen, Ausgaben für Werke, die nicht unbedingt in der gegenwärtigen Zeit zur Ausführung gelangen müssen, 711 vermeiden.

2. Forstwesen.

a. Aufforstungen und Verbaue.

Nach Art. 42, Ziff. l und 3 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 und Art, l des Bundesgesetzes vom 14. März 1929 soll der Bund an Aufforstungen sowie an Steinschlag- und Lawinenverbaue Beiträge von 50 bis 80% leisten; an anderweitige Verbaue und an
Einfriedungen bis zu 50%; an die Bodenerwerbskosten bei Enteignung oder Kauf zu öffentlichen Händen bis zu 50%; gegebenenfalls wird dem Bodenbesitzer der 3 bis lOfache Jahresertrag des aufzuforstenden Grundstückes vergütet.

. Wohl wissend, dass eine grössere Einsparung auf diesen Gebieten nur durch eine Eeyision der Gesetze, im Sinne der Herabsetzung der Subventionsaneätze unter 50% ermöglicht werden könnte, glauben wir doch die Kantone

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gerade hier mit besonderm Nachdruck einladen zu sollen, ihre Subventionsbegehren einzuschränken, alle Projekte, die nicht unbedingt dringlich sind, zurückzulegen und kleine Projekte mehr -wie bisher, ohne Bundesbeitrag, auf eigene Kosten ausführen eu lassen. Daneben müssen wir doch auch die Beitragsquoten für die Zukunft im Eahme» der gesetzlichen Vorschriften ermässigen, in dem Sinne, dass die maximalen Ansätze von 50 und 80%, im Gegensatz zur bisherigen Praxis, nur noch ganz ausnahmsweise bewilligt werden sollen.

b. Abfuhrwege und Einrichtungen für den Holztransport.

Hiebei ist das zu wiederholen, was schon mit Bezug auf die Aufforstungen und Verbaue gesagt wurde, mit der Ergänzung, dass die bisher üblichen Beitragsquoten im Eahmen der gesetzlichen Vorschriften hier so weit herabgesetzt werden sollen, dass der durchschnittliche Subventionsansatz für die Zukunft unter den bisherigen Durchschnitt von rund 80% sinkt.

c. Forstpersonal.

Nach Art. 40, Abs. l des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 leistet der Bund Beiträge an die Besoldungen a. des höhern Forstpersonals der Kantone von . . . . 25 bis 85% b. der höhern Beamten der Gemeinden, Korporationen und anerkannten Waldgenossenschaften von 5 bis 25 % c. des untern Forstpersonals von 5 bis 20% Nach Art. 40, Abs. 2 beteiligt sich der Bund ferner bis zu ^j an der Unfallversicherung des Forstpersonals. Die Beiträge an die Besoldungen der höhern kantonalen Forstbeamten (Forstingenieure) sowie des untern Forstpersonals werden nach einer vom Bundesrat aufgestellten Skala bemessen.

Die Besoldungsbeiträge für die höhern Forstbeamten der Gemeinden, Korporationen und Waldgenossenschaften werden von Fall zu Fall festgesetzt.

Wiewohl auch in dieser Beziehung vorerst von einer Änderung des Gesetzes, dio allein eine wesentliche Entlastung der Bundesfinanzen bringen könnte, Umgang genommen werden soll, so müssen wir doch unserm Departement des Innern nahelegen, durch die Oberforstinspektion, in Fühlung mit den andern Bundesämtern, wo analoge Verhältnisse vorliegen (Abteilung für Landwirtschaft, Gesundheitsamt, otc,), prüfen zu lassen, ob sich durch Abänderung der vorerwähnten Verteüimgsskala, durch restriktivere Auslegung der gesetzlichen Vorschriften oder sonstwie in gerechter und gleichmässiger Weise Einsparungen, die an sich unerlässlich sind, verwirklichen
lassen.

3. Gesundheitswesen.

a. Bekämpfung der Tuberkulose.

Im Bestreben, diese gemeingefährliche Kntukhwil mit allen Mitteln wirksam zu bekämpfen, wandten wir bisher bei der Festsetzung der im Gesetz vorgesehenen Beiträge an die Kantone durchwegs die maximalen Ansätze an. Obschon

378 nach wie vor der Auffassung, dass diese Subventionen an sich ihre volle Berechtigung haben, erachten "wir es doch als möglich, auch an ihnen für dio Zukunft einige Einsparungen zu machen, und so haben wir beschlossen, wahrend der Krisenzeit statt der maximalen vorübergehend die minimalen Ansätze des Gesetzes zur Anwendung zu bringen. Diese Ansätze werden fortan also 20% der Ausgaben der Kantone und Gemeinden, 20% für die Erstellung, Erweiterung und den Erwerb von Sanatorien, Präventorien, Tuberkulosespitälern, etc. und 10% der Betriebskosten solcher Anstalten betragen. Was dagegen die Fürsorge- und Beratungsstellen betrifft, die sich als das Zentrum im Kampfe gegen die Tuberkulose darstellen, so werden wir zu ihren Gunsten nach wie vor den Höchstansatz von 33 % rar Anwendung bringen.

Im übrigen erlauben wir uns, die Kantone sehr nachdrücklich an ihre in Art. 10 dos Gesetzes statuierte Pflicht zu erinnern, darüber zu wachen, dass die Errichtung neuer Heilstätten, Präventorien, etc. durchwegs einem wirklichen Bedürfnis entspreche; nirgends mehr als gerade auf diesem Gebiete, wo nur Konzentration der Kräfte zu Erfolg führen kann, ist es in der Tat unerlässlich, jede Zersplitterung der Kräfte und der Mittel und jede unnötige Ausgabe strikte zu vermeiden.

b. Bekämpfung der Epidemien, Um den Kantonen, die ihren Ärzten die Möglichkeit zu unentgeltlicher bakteriologischer Untersuchung speziell der Diphteriefälle bieten, eine Entschädigung von einem Franken für jedo Untersuchung verabfolgen zu. können, haben wir im Jahre 1931 eines Kredites von Fr. 23,000 bedurft und in den Voranschlag für 1982 eine Summe von Fr. 25,000 eingesetzt. Um künftig auch auf diesem Gebiete eine Einsparung zu machen, gedenken wir in dem Voranschlag für 1933 nur mehr Fr. 18,000 einzustellen, in der Meinung, dass diese Summe pro rata der erfolgton Untersuchungen gleichmäßig verteilt werden solle.

c. Lebensmittelkontrolle.

Eine stärkere Herabsetzung des Beitrages der Eidgenossenschaft an die Kosten, dio sich aus der Anwendung des eidgenössischen Gesetzes über den Verkehr mit Lebensrmitteln und Gebrauchsgegenständen ergeben, liesse sich nur durch eine Eevision dieses Gesetzes erreichen, indem es in seinein Art. ]0 nur den einen festen Subventionsansatz von 50% vorsieht.

Immerhin lassen sich schon durch Sparmassnahmen det K a
n t o n o auch die Ausgaben der Eidgenossenschaft auf dem Gebiete nicht unerheblich vermindern. Zu dem Zwecke hat unser Departement des Innern schon durch Zirkular vom 21. März 1932 die kantonalen Aufsichtsbehörden über die Lebensmittelkontrolle eingeladen, ihre daherigen Ausgaben soweit einzuschränken, als es ohne Beeinträchtigung der Wirkung der Kontrolle überhaupt möglich ist. Wir erlauben uns, Ihre Aufmerksamkeit auf dieses Zirkular zu lenken und Sie zu

379 ersuchen, selbst auch boi den genannten Aufsichtsbehörden dahin zu wirken, dass sie dem Begehren nach Möglichkeit Rechnung tragen. Soweit uns bekannt ist, haben übrigens einige Kantono bereits Massnahmen nach der Richtung getroffen, und wir zweifeln nicht daran, das? auch die andern ihrem Beispiele folgen worden.

Indem wir Sio zum Schluss sehr angelegentlich bitten, uns zur Bekämpfung der Finanznot der Zeit, auf allen den Gebieten, die dieses Kreisschreiben beschlägt, Ihre wertvolle Mithilfe angedeihen zu lassen, benützen wir auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfohlen.

Bern, den 8. August 1932.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates: Der Bundespräsident :

Motta.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

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10.08.1932

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374-379

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